Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, beziehen sich auf ungesunde Produkte. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hamburg. Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und der AOK-Bundesverband präsentierten die Untersuchung am 11. März 2021. "Wir müssen endlich die Ursachen angehen für Übergewicht bei Kindern - und Werbung ist dabei ein wichtiger Faktor", kritisierte Dr. med. Sigrid Peter, Kinderärztin in Berlin und stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVJK).
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Pressemitteilung der DANK und des AOK-Bundesverbandes vom 11. März 2021: Kinder sehen pro Tag 15 Werbungen für ungesundes Essen
1. Kindersehen pro Tag 15 Werbungen fürungesundes Essen
• Von Kindern gesehene Lebensmittelwerbungin TV und Internet
ist zu 92 Prozent für Fast Food, Snacks und Süßes
• Zahl der ungesunden Spots pro Stunde Fernsehenum 29 Prozent gestiegen
• Kinderärzte, Wissenschaftlerund AOK fordern Verbot von Kindermarketing für
Dickmacher
Berlin, 11. März 2021 – Ein mediennutzendesKind sieht in Deutschland durchschnittlich pro
Tag 15,48 Werbespots oder -anzeigenfür ungesunde Lebensmittel.Davon entfallen 5,14 auf
das Internetund 10,34 auf das Fernsehen.Zugleich ist die Zahl der TV-Spots pro Stunde um
29 Prozentgestiegen.Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hamburg, die heute
vorgestellt wurde,basierend auf Daten noch vor der Corona-Krise. Durchschnittlich 92
Prozent der Lebensmittelwerbung,die Kinder in Internetund TV wahrnehmen, bezogensich
auf ungesunde Produkte wie Fast Food, Snacks oderSüßigkeiten (Fernsehen89 Prozent,
Internet98 Prozent).Ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Kinderärzten und dem AOK-
Bundesverbanderneuertangesichts dieser Zahlen die Forderung, Kindermarketing für
ungesunde Produkte in allen Medienartenzu untersagen– wie es in vielen Ländern bereits
Standard ist.
Die Studie vonWirtschaftswissenschaftler Dr. Tobias Effertzanalysiert die Werbekontakte
von Kindern von 3 bis 13 Jahren für den Zeitraum März 2019 bis Februar 2020 für Internet
und von Juni bis September2019 für TV.Grundlagen waren nebeneigenenErhebungen
unter anderemDaten vonNielsen Media Research zum InternetsurfverhaltenvonKindern
und zur Reichweite von Webseitensowie Daten über rezipierte Werbung. Die Bewertungder
Produkte als gesund oder ungesunderfolgte nach dem Nutrition Profile Model der
Weltgesundheitsorganisation (WHO), das eigensfür den Bereich Kinder entwickelt wurde.
Die Auswertungbezogsich auf die Kinder, die Internet bzw.TV nutzen.
Die Ergebnisse sind erschreckend:So richten sich 70 Prozent der untersuchten
Lebensmittelwerbespotsim Fernsehendurch ihre Aufmachung oder Sendeumfeldspeziellan
Kinder. 89 Prozent aller TV-Spots werbenfür ungesunde Produkte.Die Zahl der von Kindern
gesehenenSpotspro Tag ist zwar seit 2007 etwa gleichgeblieben. Aber Kinder sehenheute
30 Minutenweniger fern.Pro Stunde werdenalso 29 Prozent mehr ungesunde Spots
ausgestrahlt als früher. „Die UnternehmenhabendenWerbedruck auf Kinder bewusst
erhöht“, kritisiert Dr. med.Sigrid Peter, Kinderärztin in Berlin und stellvertretende
Vorsitzende des BerufsverbandesderKinder- und Jugendärzte (BVJK).„Die schädlichen
2. gesundheitlichen Folgen davon sehenwir täglich in unserenPraxen.Wir müssenendlich die
Ursachen angehenfür Übergewicht bei Kindern – und Werbung ist dabei ein wichtiger
Faktor.“
Im InternetwerdenKinder vor allem überFacebook mit Werbepostings zu ungesunden
Produktenerreicht – überzehn Milliarden Mal pro Jahr in Deutschland. Zudem locken die
UnternehmenKindergezielt auf ihre Webseitenzu ungesundenProduktenund versuchen
sie dort durch Spiele oder ähnliches lange zu halten. Auf YouTube erfolgt die Werbung für
Ungesundesmit Kindermarketing zu zwei Dritteln durch Influencer.
„Über 15 mal am Tag werdenunsere Kinder von der Industrie dazu animiert, mehr Zucker,
Salz und Fett zu essen“,kritisiert ProfessorDr. Hans Hauner, Leiter des Else Kröner-
Fresenius-Zentrumfür Ernährungsmedizin der TU Münchenund Vorsitzenderder Deutschen
Diabetes Stiftung (DDS). „Das macht alle Bemühungenum eine Erziehung zur gesunden
Ernährung zunichte und darf nicht weiter toleriert werden.Diese Werbeaktivitäten in den
digitalen Medien nehmenrasch zu und sind besonderswirksam.“ Zumal esNachweise gebe,
dass Werbung sogar stärker wirken kann als ein gutes Vorbild der Eltern.
„Die Studie zeigt erneut,dass seitens der Lebensmittelindustrie offenkundigkeine
Übernahme von Verantwortungoder Unterstützungzu erwartenist“, sagt Dr. Kai Kolpatzik,
Leiter der Abteilung Prävention beim AOK-Bundesverband.„Eswird daher höchste Zeit,
diese Branche in die Pflicht zu nehmen.Denn freiwillige Selbstverpflichtungen, ganz egal ob
im Rahmen der Nationalen Reduktionsstrategie oder beim Werbeverbotfür
Kinderlebensmittel,liefen bisher ins Leere.“Ein gesetzlich verankertesWerbeverbotfordert
auch das Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK):
„Ernährungsbedingte Krankheiten habensich auch bei Covid-19 als verhängnisvolle
Risikofaktoren für schwere Verläufe und Versterbengezeigt“,sagt DANK-SprecherinBarbara
Bitzer. „Viele Todesfälle hätten verhindert werdenkönnen,wenndie Politik früher
Maßnahmen gegenÜbergewichtergriffen hätte. Deshalb ist ein Werbeverbotjetztmehr als
überfällig.“
Die Studie wurde von der DeutschenAllianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK),dem
AOK-Bundesverbandsowie sechsmedizinischen Fachgesellschaftenund Organisationen
finanziert.
Die Kurzfassungder Studie finden Sie auf der Website der DANKoder des AOK-
Bundesverbandes.
Die Langfassung findenSie unter www.bwl.uni-hamburg.de/irdw/forschung.html
Kontakt:
Deutsche AllianzNichtübertragbare Krankheiten (DANK)
c/o Deutsche Diabetes Gesellschaft
Barbara Bitzer (Sprecherin)
Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
Mobil 01577 393 41 81
Telefax 030 / 3 11 69 37 20