9. Subjekt – Handlung- Objekt
Mathematische Strukturen werden nicht durch
ein unbeteiligtes Subjekt von einem außerhalb
liegenden materiellen Prozeß abstrahiert,
sondern implizieren das handelnde
gesellschaftliche Subjekt (Eckart Leiser 1978)
10. Mathematik und Praxis
z.B. :
Zahlen: seit 35 000 Jahren eingekerbte Knochen,
Mondkalender...
Geometrische Muster: seit 10 000 Jahren auf Tonscherben
(Landwirtschaftliche Speicher: Krüge etc.)
- Zylinder für Tiere, Kugeln für Kornmaße...
11. Mathematik und Praxis
+ Festlegung der nach jeder
Nilüberschwemmung
verschwundenen Grenzen der
Ländereien durch
geometrische Verfahren
Ägypter: Dezimalsystem, Bruchrechnung: zur Berechnung
der Anzahl von Ziegeln für Häuser und
Pyramiden
15. Mathematik und Praxis
Hossenfelder:
• Idee des mathematischen Universums, in dem alle
mathematischen Strukturen existieren (Tegmark): Jede
Theorie führt zum Multiversum, solange Dateninput
fehlt
17. Wirklichkeit (D):
Welt = lebendige, bewegliche
sich selbst-entwickelnde
Totalität
(Hegel, Marx)
Logik - Dialektik
Wirklichkeit (L):
Welt = geordnete
Konstellation von streng
isolierbaren, unterscheidbaren
Dingen mit starr
angeordnetem Gerüst von
Attributen etc.
(Descartes, Ch. Wolff)
Wie ist die Welt strukturiert?
18. Dialektik:
Begreifen der
Wirklichkeit in Form
prozessierender,
widersprüchlicher
sich selbst
entwickelnder Totalitäten
Logik - Dialektik
Logik:
punktuelles, analytisch-
synthetisches Begreifen der
Wirklichkeit in Form eines
festen Gerüsts fixierbarer und
unterscheidbarer Begriffe und
Beziehungen
Erkenntnis
Abstraktion
20. Logik - Dialektik
„Indem sie in komplexen
beweglichen Zusammenhängen
Punkte isoliert und fixiert, feste
Qualitäten definiert und
unterscheidet, Strukturmomente
analysiert und synthetisiert, hilft sie
vereinfachen, ordnen, mit Dingen
operieren, quantitativ erfassen.“
Bedeutung der Logik
Aber Logik ist
beschränkt auf den
„logifizierbaren“
Aspekt der
Wirklichkeit.
22. Dialektik:
Innere Beziehungen:
im wirkenden Verhältnis;
im wirklichen Prozess,
der sich in
dial. Widersprüchen
bewegt
Logik - Dialektik
Logik:
Äußere Beziehungen:
Eigenschaft und Ding nur
äußerlich verbunden -
und Dinge zueinander auch.
Typ von Beziehungen
23. Logik - Dialektik
Dialektik:
Begreifen der
Wirklichkeit in Form
prozessierender,
widersprüchlicher
sich selbst
entwickelnder Totalitäten
Materialistische Dialektik:
Begreifen eines
Gegenstands schließt
seine sinnlich-
praktische Aneignung
ein
+
(...Wirkliche,
weil wirkende Gegenstände)
24. Logik - Dialektik
Erkenntnisse aus diesem Abschnitt:
1. Mathematik gehört zu noch nicht dialektischer
Erkenntnis (Physik auch nicht)
2. Erkenntnis bedarf sinnlich-praktischer Aneignung
(vgl. Handlung!)
26. Unterschied Mathe - Physik
Hossenfelder:
„Herausfinden, welche Theorie
richtig ist, kann man am Ende
nur, indem man prüft,
ob sie die Natur beschreibt;
nichtempirische
Theoriebewertung eignet sich
dafür nicht.“
27. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
Naturwissenschaft hat als Gegenstand nicht abstrakte
Dinge, Eigenschaften, Beziehungen, sondern wirkliche
Bewegungsformen der Materie (genauer: die Möglichkeit
wirklicher Bewegungsformen)
Die Bewegung wird beschrieben und prognostiziert
durch Gesetze: dargestellt als notwendige und
allgemeine (wesentliche) Zusammenhänge zwischen
Grundgrößen, die qualitative Merkmale der jeweiligen
Bewegungsform quantitativ vergleichbar, sprich:
messbar machen.
28. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
Die Bewegung wird beschrieben, erklärt und
prognostiziert durch Gesetze...
Engels: „Newtonsche Gravitation. Das beste, was
man von ihr sagen kann, ist, daß sie den
gegenwärtigen Zustand der Planetenbewegung nicht
erklärt, sondern veranschaulicht. Die Bewegung ist
gegeben.“ (MEW 20: 266)
29. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
Die Bewegung wird beschrieben, erklärt und
prognostiziert durch Gesetze...
Newtonsches Gesetz leistet „eine formale
Vermittlung zwischen punktuell-abstrahierenden
Beschreibungen zweier Aspekte* einer gegebenen
Bewegung“
* Körper 1 mit Masse 1 am Punkt 1 und Körper 2 mit Masse 2 am Punkt 2
30. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
Dabei werden die dialektischen Widersprüche der
Selbstbewegung der Materie nur in dualisierter Form
dargestellt:
Widerspruch der Ortsbewegung: „Ein Objekt ist an
einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten
Ort und nicht mehr an diesem Ort“
Wird zu: „Objekt am Ort“: dargestellt als Ort (x)
„Objekt bewegt sich vom Ort weg“: dargestellt
als Geschwindigkeit (v)
31. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
These 1: Die Wahl der angemessenen Grundgrößen,
nicht die mathematische Finesse, bestimmt die
Bedeutung neuer Theorien.
• Galilei: Grundgröße „Masse“
• Newton: Grundgrößen „Kraft“, „Impuls“...
KI mit Big Data auf kosmologische Daten ansetzen ???
(Hossenfelder 176)
32. Grundgrößen
Über die Logik und Mathematik hinaus:
These 2: In der Wissenschaftsentwicklung geschieht eine
Annäherung an „dialektischere“ Verhältnisse...
Hossenfelder:
• Die meisten Probleme sind „numerische Zufälligkeiten“
• Wichtig ist die Stelle, wo es echte Widersprüche gibt: bei
Vereinigung QFT – ART
33. Lost in Math?
1. Schon die Entwicklung der Mathematik braucht
erweiterte Praxis.
2. Einseitige Orientierung auf Mathematik verdeckt
Bedeutung der richtigen physikalischen Grundgrößen.
3. Neue Grundgrößen kann man sich nicht einfach
„ausdenken“, sondern sie leiten sich ab innerhalb einer
Praxis. Und wo die Praxis (noch) fehlt (weil außerhalb
der Reichweite im kosmologisch Großen oder des
hochenergetisch Kleinem) – fehlen auch die
angemessenen neuen Grundgrößen.
34. Lost in Math?
4. Heuristische Hinweise:
4.1. Schauen, was die Praxis an Neuem bringt, soweit sie
überhaupt derzeit möglich ist... Orientieren auf
andere Art als die bisherige Praxis...
4.3. Schauen, was „dialektischer“ als das Bisherige ist...
Was bringt dieser ganze
philosophische Quark?
4.2. Neben neuer Mathematik auch neue Grundgrößen
suchen (Orientieren an Messbarkeit)
35. Quellen
Devlin Keith (2002): Muster der Mathematik. Ordnungsgesetze des Geistes und
der Natur. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.
Hossenfelder, Sabine (2018): Das hässliche Universum. Frankfurt am Main: S.
Fischer.
Kaden, Friedrich (1985): Kleine Geschichte der Mathematik. Berlin:
Kinderbuchverlag.
Leiser, Eckart (1978): Widerspiegelungscharakter von Logik und Mathematik.
Frankfurt am Main: Campus.
Simonyi, Károly (2004): Kulturgeschichte der Physik. Frankfurt am Main:
Verlag Harri Deutsch.
Strathern, Paul (1999): Pythagoras & sein Satz. Frankfurt am Main: Fischer.
Wußing, Hans (1979): Vorlesungen zur Geschichte der Mathematik. VEB
Deutscher Verlag der Wissenschaften.