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Faszination mp3 – Wie ein Audiocodierverfahren
die Welt verändert hat
127. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ)
14. Bis 18. September 2012 Georg-August-Universität Göttingen

Inhalt

n  Die Fraunhofer-Gesellschaft und das Institut Fraunhofer IIS
n  Am Anfang war die Idee
n  Grundlegende Untersuchungen
n  Ein langer steiniger Weg
n  Der Durchbruch
n  Spektakulärer Erfolg

Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Institutsleiter (i. R.)
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS

© Fraunhofer IIS
Fraunhofer in Deutschland
                                                                                Itzehoe            Rostock
                                                                                          Lübeck
n  Gegründet 1949, Zentrale in München                         Bremerhaven Hamburg

n  60 Institute plus                         Oldenburg   Bremen

    Forschungsinstitutionen,                              Hannover                        Berlin
                                                                              Potsdam
    Arbeitsgruppen, Außenstellen und                         Braunschweig
                                                                                          Teltow
                                                                            Magdeburg
    Anwendungszentren an                                                                   Cottbus
                                     Oberhausen         Paderborn       Halle
    40 Standorten                             Dortmund              Schkopau       Leipzig
                                                  Duisburg                  Kassel
                                                           Schmallenberg                               Dresden
                                                           St. Augustin         Erfurt     Jena        Freiberg
                                              Aachen
n  Mehr als 20.000 Mitarbeiter                         Euskirchen
                                                         Wachtberg
                                                                       Gießen
                                                                                   Ilmenau
                                                                                                Chemnitz


                                                                  Darmstadt                Bayreuth
                                                                             Würzburg
n  Budget: 1,8 Milliarden €                     St. Ingbert
                                                                      Bronnbach
                                                                                       Erlangen

                                                                   Kaiserslautern Fürth Nürnberg
                                                Saarbrücken Karlsruhe
                                                                   Pfinztal
n  ca. 2/3 der Finanzierung durch                      Ettlingen
                                                                   Stuttgart                          Straubing
                                                                                         Freising
    Vertragsforschung und öffentliche                          Freiburg         Augsburg         Garching
    Projekte                                                                Oberpfaffenhofen
                                                                                            München
                                                                                                Prien
                                                                  Kandern
                                                             Efringen-            Holzkirchen
                                                             Kirchen




© Fraunhofer IIS   2
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS


 Gegründet: 1985
 Standorte in Erlangen,
 Fürth, Nürnberg, Dresden,
 Ilmenau, Würzburg,
 Bamberg, Waischenfeld
 Mitarbeiter: > 750
 Budget: ca. € 95 Mio.
 Finanzierung
  > 75% Projekte
  < 25% Grundfinanzierung



 www.iis.fraunhofer.de


© Fraunhofer IIS   3
Geschäftsfelder am Fraunhofer IIS




n  IC-Design und Entwurfsautomatisierung
n  Audio/Video/Multimedia
n  Digitale Rundfunksysteme
n  Kommunikationsnetze
n  Bildsysteme und Qualitätssicherung
n  Navigation, Lokalisierung und Robotik
n  Eingebettete Systeme
n  Logistik
n  Medizintechnik
n  Energiemanagement

© Fraunhofer IIS   4
Hervorragende technische Ausstattung




Schalllabor, digital ausgestattetes Kino,
Bildaufnahmestudio, Rundfunkstudio,
Antennenmessraum, Antennenmast 50 m,
Satellitenradio Uplink-Station, ...


© Fraunhofer IIS   5
Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre
Idee von Prof. Seitzer, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg,
Musiksignale über Telefonleitungen zu übertragen




                                                              Unkomprimierte
                                                              Musik: 1411 kbit/s
                                                              würde ca. 22 Telefon-
                                                              leitungen belegen
                                  1411 kbit/s

                                                            ?
  Prof. Dr.-Ing. Dieter Seitzer
  Gründungsdirektor des                            2 x 64 kbit/s
  Fraunhofer IIS                                2 ISDN-B Kanäle



© Fraunhofer IIS   6
Vorarbeiten an der Universität Erlangen-Nürnberg
n  Forschung auf dem Gebiet der digitalen
    Signalverarbeitung in Echtzeit startete 1978.
    Ein Bit-Slice-Signalprozessor wurde 1979
    realisiert (Gerhäuser)
n  Forschung auf dem Gebiet von Algorithmen
    für die Audiocodierung begann 1980 an der
    Universität Erlangen-Nürnberg
    (Brandenburg)
n  Die Algorithmen wurden am Anfang per
    Computersimulation an einem Laborrechner
    entwickelt (für 15 Sekunden Musik war eine
    Rechenzeit von mehr als 5 Stunden
    notwendig)
n  Signalverarbeitung in Echtzeit spielte eine
    Schlüsselrolle
n  Am 1985 gegründeten Fraunhofer IIS              1979: Erste Hardware für die
    begannen die Forschungsarbeiten auf dem         Audiocodierung am Lehrstuhl für
                                                    Technische Elektronik, Universität
    Gebiet der Audiocodierung 1986                  Erlangen-Nürnberg

© Fraunhofer IIS   7
Integrierte Schaltung für den ersten MP3-Spieler


 Layout des ersten Single-chip
 Decoders MAS3503C für das
 Audiocodierverfahren
 MPEG 1 Layer 3 (mp3) von
 Intermetall von 1994
                                  4k Worte         4k Worte
                                  RAM              ROM



   Prozess: 0,8 µm CMOS           1 Wort =
   Chipfläche: ca. 50 mm2,         20 Bit
   Verlustleistung: 200 mW @ 3V
   Firmware von Fraunhofer IIS               CPU


 Quelle: Micronas


© Fraunhofer IIS   8
Fraunhofer IIS »Home of mp3«



Entwicklung der Audiocodierung in Erlangen:
n  seit 1981 Forschungsthema an der Uni Erlangen
n  seit 1986 Audio-Codierung am Fraunhofer IIS
n  1992: MPEG-1 Layer 3 wird Internationaler
    Standard
n  1997: der mp3-Internet Boom beginnt             1987: der erste echtzeitfähige
                                                    Stereo-Audio-Codec
n  1997: der Nachfolger MPEG-2 AAC wird
    internationaler Standard
n  1999: mp3 ist de-facto Standard für Musik im
    Internet
n  2000: Zukunftspreis des Bundespräsidenten für
    mp3
                                                         2007: 20 Jahre später

© Fraunhofer IIS   9
Verringerung der Bitraten für eine Audioqualität nahe an
CD-Qualität für verschiedene Audiocodecs


Datenraten
           1600
in kbit/s,                    1411
Stereo     1400
           1200                                               About 30-times data reduction
                                                              and compression by Reduktion und
                                                               Mehr als 50-fache the same
                    1000
                                                              quality
                                                               Kompression der anfallenden
                        800                                    Datenmenge bei nahezu gleich
                               Original



                        600                                    bleibender Qualität!
                                          Original


                        400
                                                      192     160
                        200                                          128      96       64        24
                          0
                              PCM                    MPEG-1   AC-3   MP3    MPEG-2   MPEG-4   HE-AAC
                                                       L2                    AAC      AAC       v2




© Fraunhofer IIS   10
Wie funktioniert Audiocodierung?




© Fraunhofer IIS   11
Schallwellen
 Schallwellen entstehen wenn bei der Klangerzeugung eines Objektes die
 umgebende Luft verdrängt und dadurch der Luftdruck verändert wird.

                   Dieser Abstand
                   wird Amplitude   Dieser Abstand bestimmt die Frequenz
                   genannt                         der Welle




                                                                           Zeit




© Fraunhofer IIS      12
Schallwellen



                        Eine einzelne Welle ist
                        ein einzelner Ton




                        Musik als Zusammensetzung
                        von Tönen und Geräuschen




                                        www.lehrklaenge.de


© Fraunhofer IIS   13
Universalität durch Digitalisierung

 Bedeutung von »Digital« in der Technik:
 n  Umwandlung und Darstellung von analogen Signalen (z. B. Zeit,
     Temperatur, Spannung, …) als wert- und zeitdiskrete Zahlenfolgen

    Analoge Anzeige:                             Digitale Anzeige:
    •  unendlich viele Zeitpunkte                •  endlich viele    22:09:37
    •  fließende Übergänge                          Zustände
                                                 •  Übergänge in diskreten Stufen

 n  Weiterverarbeitung, Speicherung und Übertragung meist als Binärfolge
     von Nullen und Einsen durch digitale Elektronik in Geräten und Systemen
 n  Darstellung im Computer:
        Bit (0 oder 1) und Bytes (1 Byte = 8 Bit, 28 = 256 mögliche Kombinationen)
 n  Beispiel: Umwandlung einer Dezimalzahl in eine Dualzahl
        [173]10 = [1010 1101]2 = 1·27 + 0·26 + 1·25 + 0·24 + 1·23 + 1·22 + 0·21 + 1·20
 n  Größere Einheiten: 1 KiloByte, 1 MegaByte, 1 GigaByte, 1 TeraByte


© Fraunhofer IIS   14
Digitale Darstellung der Information



Binäre Informationsdarstellung (0, 1) erlaubt:


n  Einheitliche Verwendung von Bits und Bytes unabhängig von der Art der
    Information (Text, Sprache, Musik, Grafik, Bilder, Videos)
n  Einheitliche Technik für die digitale Signalverarbeitung (digitale
    Schaltkreise, Prozessoren)
n  Verlustfreies Kopieren, Speichern und Übertragen
n  Vielfältige Verarbeitungsmöglichkeiten
n  Verschlüsselung und elektronische Signatur
n  Qualität wird nur durch den Aufwand begrenzt




© Fraunhofer IIS   15
Abtastung und Quantisierung von Musik


Analoges Signal:




                                  Die Anzahl der Abtastwerte (Samples) pro Sekunde ist die
                                  »Sample-Rate«
                                                                Audio-CD hat 44.100
                                                                Abtastwerte pro Sekunde
                        Größter Wert: 32,767

Diskretes, digital
dargestelltes Signal:


                                 Kleinster Wert ist -32,768


© Fraunhofer IIS   16
Digitales Signal
Abtastrate: Anzahl der Abtastwerte pro Sekunde


 CD:
 Bandbreite: 16 Hz – 20 kHz
 Abtastfrequenz: 44,1 kHz
 (44.100 Abtastwerte pro
 Sekunde)

 Telefon:
 Bandbreite: 300 Hz - 3,4 kHz
 Abtastfrequenz: 8 kHz
 (8.000 Abtastwerte pro
 Sekunde)




© Fraunhofer IIS   17
Digitales Signal
Abtastrate: Anzahl der Abtastwerte pro Sekunde


 CD:
 Bandbreite: 16 Hz – 20 kHz
 Abtastfrequenz: 44,1 kHz
 (44.100 Abtastwerte pro
 Sekunde)

 Telefon:
 Bandbreite: 300 Hz - 3,4 kHz
 Abtastfrequenz: 8 kHz
 (8.000 Abtastwerte pro
 Sekunde)




© Fraunhofer IIS   18
Digitales Signal
Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample)


 16 Bit


 8 Bit


 4 Bit




      Beispiel: CD 16 Bit = 65.535 mögliche Werte für jeden Abtastwert
                    8 Bit: 256 Werte, 4 Bit: 16 Werte

© Fraunhofer IIS   19
Digitales Signal
Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample)


 16 Bit


 8 Bit


 4 Bit




© Fraunhofer IIS   20
Digitales Signal
Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample)


 16 Bit


 8 Bit


 4 Bit




© Fraunhofer IIS   21
Warum funktioniert Datenreduktion?
 n  Nur ein Bruchteil der Information ist tatsächlich nötig für guten Klang!
 n  Kernideen: »Redundanzreduktion« und »Irrelevanzreduktion«

 Redundante Signalanteile kann man
 ohne Informationsverlust entfernen
 è verlustlose Audiocodierung
 è  Mittlere Reduktion auf die Hälfte                                   Max. 10%
                                             Redundanz                   relevant

 Irrelevante Signalanteile sind für den
 Empfänger ohne Bedeutung;
 Reduktionsfaktor: 8...32 bei sehr guter
 Tonqualität erreichbar
 Reduktion ist - obwohl nicht hörbar – ein
 Informationsverlust (verlustbehaftete
 Audiocodierung)
                                                            Irrelevanz



© Fraunhofer IIS   22
Was hören wir eigentlich? - Die Ruhehörschwelle
Alles, was unterhalb der Ruhehörschwelle liegt, ist unhörbar




                          Musik


                                     Sprache


                   Ruhehörschwelle




© Fraunhofer IIS   23
Wie hören wir? - Die Mithörschwelle




                        Musik


                                      Verschiebung der
                                      Ruhehörschwelle
                                      durch Lautsignal (Maskierung)




 Der Mensch hört nicht alles gleich gut, es gibt »Maskierungseffekte«


© Fraunhofer IIS   24
Was überhören wir? - »Maskierte Töne«




                        Musik
                                    Sprache




 Der Mensch hört nicht alles gleich gut, es gibt »Maskierungseffekte«


© Fraunhofer IIS   25
Beispiel: Verdeckung im Frequenzbereich



                        Lautstärke                               Serie von Sinustönen
                        [dB]                     160 Hz          mit der selben
                              0
                                                                 Frequenz und
                            -10                                  ansteigender
                            -20                                  Lautstärke
                                                          7
                            -30      Verdecker
                            -40
                                                          6
                                                               Hörschwelle
                                                          5
                            -50
                                                          4
                            -60
                                                          3
                            -70
                                                          2
                            -80
                                                          1

                                                   1000 1200    Frequenz [Hz]




© Fraunhofer IIS   26
MPEG-1 »Stammbaum«



                                                   simplified version
                        IRT (MASCAM)                                       LAYER 1
                            Philips      MUSICAM
                                                                           LAYER 2
                          CCETT                       Psychoacoustic
                                                      model 2 (optional)

                        AT&T (PXFM)

                        Fraunhofer-IIS
                                                                           LAYER 3
                                          ASPEC                             (mp3)
                        Uni-Erl.(OCF)
                          Thomson
                        Brandt (MSC)

                            CNET




© Fraunhofer IIS   27
Blockdiagramm MPEG-1 Layer 3 („mp3“) Encoder




Source: Herre, J.: Lecture „Advanced Topics in Perceptual Audio Coding”, FAU Erlangen, SS 09


© Fraunhofer IIS   28
Blockdiagramm MPEG-1/2 Layer-3 („mp3“) Decoder




    Erste Einschätzungen zur Hardwarekomplexität von der amerikanischen
    Halbleiterindustrie 1990: »Complexity to high, to expensive!«


© Fraunhofer IIS   29
Status 1992:


Professionelle Anwendungen:
n  MPEG Layer-2 (Jingle-Abspieler, ISDN)
n  MPEG Layer-3 (nur einzelne Geräte)
n  Dolby AC-2 und andere

Consumeranwendungen:
n  MPEG Layer-1 (DCC)
n  MPEG Layer-2
      n  DAB
      n  CD-I (mit Video)
n  Dolby AC-2

n  kein MPEG Layer-3

© Fraunhofer IIS   30
FhG-Strategie 1993

Setzen auf den Markt für Profigeräte
Beginn der Zusammenarbeit mit Micronas (damals Intermetall)
Firma Telos Systems USA setzt auf Layer-3:
n  Kleine amerikanische Firma
n  Eigene Kapazität zur Entwicklung von Hardware
n  Sehr gutes Marketing im Rundfunkbereich
n  Wichtigste Person: Steve Church


Dialog-4 (Ludwigsburg) setzt auf Layer-3

Konferenz der Audio Engineering Society in New York 1993:
Stimmungsumschwung



© Fraunhofer IIS   31
Sysiphus hatte es auch nicht schwerer :-)
Internes Meeting am Fraunhofer IIS 1995
   »wir haben die Chance, Layer-3 zu dem Internet-Audio-Standard zu
   machen«


Jedoch:
n  1995: RealNetworks beginnt den Siegeszug, ohne mp3
n  1996: RealNetworks lizensiert eine Variante von Dolby AC-3
n  1997: Liquid Audio lizensiert Dolby Digital
n  1998: Lucent macht viel Werbung für EPAC
n  1999: Microsoft startet mit WMA ein eigenes Verfahren in Konkurrenz zu
    mp3 und AAC
n  1999: Sony verwendet ATRAC-3

Viele der genannten Firmen lizenzieren heute unsere Patente


© Fraunhofer IIS   32
1994 / 1995:

n  FAQ (Harald Popp), Internet als Vertriebsweg

n  Shareware als Marketinginstrument:
    gute Encoder/Decoder zum Testen für alle

n  Erste Pläne zu Echtzeitdecodierung auf PC’s

n  Weitere Anwender im Profibereich, Telos erreicht erheblichen
    Marktanteil

n  MPEG-2 Audio LSF-Erweiterungen werden fertiggestellt
    (LSF = low sampling frequency)
n  Der erste MASC Layer 3 - Decoderchip funktioniert



© Fraunhofer IIS   33
Wie mp3 sich im Internet durchsetzte:
 1995              n  Winplay3 als Demo, Name mp3 (14.7.95) Registriercodes bald
                       im Netz verfügbar
                   n  l3enc / l3dec eigentlich nur für Profinutzer oder Bastler,
                       Encoder sind teuer

 1996              n  Macromedia lizensiert Layer-3
                   n  Andere Decoder werden programmiert
                   n  Erste Lizenz an Microsoft

 1997              n  Ein Windows-Encoder wird gestohlen, der Kopierschutz
                       entfernt und und kostenlos als Download-Software im Internet
                       angeboten
                   n  mp3.com startet

 2003:             n  Apple startet die Musik-Internet-Handelsplattform iTunes
                       (verwendet AAC, die Nachfolgegeneration von mp3)


© Fraunhofer IIS   34
Wesentliche Elemente des Erfolges:

 Durchhalten: Eine Kerngruppe hat immer an den letztendlichen Erfolg
 geglaubt


 Die »good guys«:
 n  Wissenschaftlich korrekte Darstellung
 n  Im Zweifel immer mit anderen zusammenarbeiten
     hat langfristig Freunde gebracht
 n  Präsenz auf Tagungen und Messen: Wirkung manchmal erst nach langer
     Zeit
 n  Ruf als führende Forscher lange vor dem wirtschaftlichen Erfolg
 n  Vision mit Intuition kombinieren
 n  Fehler vermeiden (z. B. Copyright-Diskussion)
 n  Richtige Wege gehen (z. B. Bedeutung d. Internet)


© Fraunhofer IIS   35
Probleme der Musikindustrie mit mp3:


n  Folgendes wurde plötzlich um den Faktor 12 (die typische
    Kompressionsrate) billiger:
     n  Kosten der Speicherung von Musik am PC
     n  Kosten des Transfers von Musik über CD-ROM
     n  Kosten der Übertragung von Musik über Internet


n  Beginnend mit amerikanischen Studenten, wurde der Austausch von mp3-
    Musik zum Volkssport
n  Analoge Kassetten erlauben keine Kopie der Kopie, mp3's behalten ihre
    Qualität (solange nicht zwischendurch decodiert/encodiert wird)
n  Die Herkunft von mp3's ist nicht feststellbar
    (anonymes Veröffentlichen ist möglich)



© Fraunhofer IIS   36
Piraten und die Musikindustrie


Erste mp3-Websites Ende 1996 / Anfang 1997
Sommer 1997: Gerichtsbeschlüsse, Bekanntmachung in USA Today
n  Reaktion: mehr Piraten

Rio PMP300 von Diamond (erster mp3-Player in den Läden) wird im
Sommer 1998 angekündigt
Herbst 1998: Gerichtsverfahren gegen Diamond
Die RIAA (Recording Industry Association of America (RIAA - Verband der
Musikindustrie in den USA) verliert das Gerichtsverfahren
n  Reaktion: mehr Piraten

Ende 1999: Napster tritt auf ...
Weltweit wird mp3 ein Thema für die Medien


© Fraunhofer IIS   37
Reaktionen der Musikindustrie

   Zunächst: »geht uns nichts an«
   Ab 1997: langsames Verstehen der Situation, Versuch durch Schließung
   von Web-Sites .mp3 zu verbannen

   Bis heute ist es schwierig, legale elektronische Vertriebsrechte zu
   bekommen:
   n  Wer soll in Zukunft das Geschäft betreiben ?
   n  Oft ist die Rechtslage völlig unklar

   Seit Ende 1997: Entstehen einer »alternativen« Musikverlagsbranche:
   n  Elektronischer Vertrieb ohne Sicherheitssysteme

   Gesicherte Systeme haben es bis jetzt doppelt schwer: wenig Content,
   Konkurrenz zu .mp3


© Fraunhofer IIS   38
Lizensierung im Internetzeitalter

Lizensierung über Thomson Multimedia
n  Seit 1999 in San Diego, Kalifornien
Fraunhofer war wesentlich an der Entwicklung der Lizenzmodelle beteiligt
(1995 - 2000)
n  z. B. Verhandlungen bei Microsoft

Was nicht funktioniert hat:
n  Gebühr pro Decoder auch bei Software
n  Kopplung freier Decoder an Kopierschutz
     n  Kein Content im geschützten Format
     n  Konkurrenz durch andere Decoder
Was funktioniert:
n  Flexibilität, eingehen auf viele Geschäftsmodelle

© Fraunhofer IIS   39
Mitgliedschaft in Standardisierungsgremien und
Organisationen




© Fraunhofer IIS   40
5 Generationen erfolgreicher Audio Codecs




                                                                 xHE-AAC, -ELDv2
                                                      MPEG Surround, AAC-ELD

                                              HE-AAC, HE-AACv2

                              AAC, AAC Low Delay

                   mp3, mp3 Surround, mp3HD



                   1992      1997             2003     2007      2012


© Fraunhofer IIS    41
Apple Facetime nutzt Fraunhofer-Codec
AAC-ELD für beste Kommunikationsqualität


n  Apple Facetime ist die neue VoIP-
    Anwendung von Apple für iPhone,
    iPad und Mac OSX
n  Apple Facetime nutzt den
    Kommunikations-Codec Enhanced
    Low Delay AAC (AAC-ELD) für die
    Übertragung von Sprache in CD-
    Qualität
n  Das Fraunhofer IIS war maßgeblich
    an der Entwicklung von AAC-ELD
    beteiligt
                                        Fraunhofer-Technologie in
                                        allen iPhone4, iPad2 und
                                        Mac OS X Lion Computern

© Fraunhofer IIS   42
MP3: Eine deutsche Erfolgsgeschichte!

n  MP3 sichert mehr als 10.000 Arbeitsplätze in Deutschland
n  MP3 garantiert 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen pro Jahr
n  MP3 sichert der Fraunhofer-Gesellschaft jährlich Einnahmen in
    Millionenhöhe
n  Erster MP3-Decoderchip stammt aus Deutschland
n  Über 1000 Lizenznehmer von Audio-Patenten und hunderte erfolgreiche
    Produkte mit Fraunhofer- Software




© Fraunhofer IIS   43
Mehr als 1000 Lizenznehmer unserer Audiocodecs




© Fraunhofer IIS   44
International Audio Laboratories Erlangen
Einzigartige Konzeption und Struktur:
   Gemeinsame Forschungseinrichtung des Fraunhofer IIS und der
   Universität Erlangen-Nürnberg
n  Finanzierung vom Fraunhofer IIS für zunächst 10 Jahre (15 angestrebt)
n  Ziel: Top-Forschung im Gebiet Audio & Multimedia


           Fraunhofer IIS                                             Uni / FAU

           Abteilungen                          Technische Fakultät
           Audio &                              Department EEI
           Multimedia Echtzeitsysteme


                        International Audio Laboratories Erlangen

                        (»IIS Labs«)            (»AudioLabs-FAU«)
                        40 MA                    6 Professoren +
                                                 6 x 2 wiss. MA


© Fraunhofer IIS   45
Erfolgsgeschichte MP3 –
Am Fraunhofer IIS arbeiten heute mehr als
200 Experten auf dem Gebiet der Audiotechnik




© Fraunhofer IIS
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit



 Viele in diesem Vortrag nicht genannte Kollegen des Fraunhofer IIS und von
 anderen Organisationen haben zum Erfolg von MP3 beigetragen.
 Ihnen danke ich an dieser Stelle ausdrücklich.

 Besondere Anerkennung gebührt:

 Bernd Edler, damals an der Universität Hannover
 James D. Johnston, damals bei den Bell Laboratories, USA
 Ernst Schroeder, damals bei Thomson Consumer Electronics in Deutschland




© Fraunhofer IIS   47

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GDNÄ 2012: Prof. Heinz Gerhäuser über die "Faszination MP3"

  • 1. Faszination mp3 – Wie ein Audiocodierverfahren die Welt verändert hat 127. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) 14. Bis 18. September 2012 Georg-August-Universität Göttingen Inhalt n  Die Fraunhofer-Gesellschaft und das Institut Fraunhofer IIS n  Am Anfang war die Idee n  Grundlegende Untersuchungen n  Ein langer steiniger Weg n  Der Durchbruch n  Spektakulärer Erfolg Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Institutsleiter (i. R.) Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS © Fraunhofer IIS
  • 2. Fraunhofer in Deutschland Itzehoe Rostock Lübeck n  Gegründet 1949, Zentrale in München Bremerhaven Hamburg n  60 Institute plus Oldenburg Bremen Forschungsinstitutionen, Hannover Berlin Potsdam Arbeitsgruppen, Außenstellen und Braunschweig Teltow Magdeburg Anwendungszentren an Cottbus Oberhausen Paderborn Halle 40 Standorten Dortmund Schkopau Leipzig Duisburg Kassel Schmallenberg Dresden St. Augustin Erfurt Jena Freiberg Aachen n  Mehr als 20.000 Mitarbeiter Euskirchen Wachtberg Gießen Ilmenau Chemnitz Darmstadt Bayreuth Würzburg n  Budget: 1,8 Milliarden € St. Ingbert Bronnbach Erlangen Kaiserslautern Fürth Nürnberg Saarbrücken Karlsruhe Pfinztal n  ca. 2/3 der Finanzierung durch Ettlingen Stuttgart Straubing Freising Vertragsforschung und öffentliche Freiburg Augsburg Garching Projekte Oberpfaffenhofen München Prien Kandern Efringen- Holzkirchen Kirchen © Fraunhofer IIS 2
  • 3. Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS Gegründet: 1985 Standorte in Erlangen, Fürth, Nürnberg, Dresden, Ilmenau, Würzburg, Bamberg, Waischenfeld Mitarbeiter: > 750 Budget: ca. € 95 Mio. Finanzierung > 75% Projekte < 25% Grundfinanzierung www.iis.fraunhofer.de © Fraunhofer IIS 3
  • 4. Geschäftsfelder am Fraunhofer IIS n  IC-Design und Entwurfsautomatisierung n  Audio/Video/Multimedia n  Digitale Rundfunksysteme n  Kommunikationsnetze n  Bildsysteme und Qualitätssicherung n  Navigation, Lokalisierung und Robotik n  Eingebettete Systeme n  Logistik n  Medizintechnik n  Energiemanagement © Fraunhofer IIS 4
  • 5. Hervorragende technische Ausstattung Schalllabor, digital ausgestattetes Kino, Bildaufnahmestudio, Rundfunkstudio, Antennenmessraum, Antennenmast 50 m, Satellitenradio Uplink-Station, ... © Fraunhofer IIS 5
  • 6. Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre Idee von Prof. Seitzer, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg, Musiksignale über Telefonleitungen zu übertragen Unkomprimierte Musik: 1411 kbit/s würde ca. 22 Telefon- leitungen belegen 1411 kbit/s ? Prof. Dr.-Ing. Dieter Seitzer Gründungsdirektor des 2 x 64 kbit/s Fraunhofer IIS 2 ISDN-B Kanäle © Fraunhofer IIS 6
  • 7. Vorarbeiten an der Universität Erlangen-Nürnberg n  Forschung auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung in Echtzeit startete 1978. Ein Bit-Slice-Signalprozessor wurde 1979 realisiert (Gerhäuser) n  Forschung auf dem Gebiet von Algorithmen für die Audiocodierung begann 1980 an der Universität Erlangen-Nürnberg (Brandenburg) n  Die Algorithmen wurden am Anfang per Computersimulation an einem Laborrechner entwickelt (für 15 Sekunden Musik war eine Rechenzeit von mehr als 5 Stunden notwendig) n  Signalverarbeitung in Echtzeit spielte eine Schlüsselrolle n  Am 1985 gegründeten Fraunhofer IIS 1979: Erste Hardware für die begannen die Forschungsarbeiten auf dem Audiocodierung am Lehrstuhl für Technische Elektronik, Universität Gebiet der Audiocodierung 1986 Erlangen-Nürnberg © Fraunhofer IIS 7
  • 8. Integrierte Schaltung für den ersten MP3-Spieler Layout des ersten Single-chip Decoders MAS3503C für das Audiocodierverfahren MPEG 1 Layer 3 (mp3) von Intermetall von 1994 4k Worte 4k Worte RAM ROM Prozess: 0,8 µm CMOS 1 Wort = Chipfläche: ca. 50 mm2, 20 Bit Verlustleistung: 200 mW @ 3V Firmware von Fraunhofer IIS CPU Quelle: Micronas © Fraunhofer IIS 8
  • 9. Fraunhofer IIS »Home of mp3« Entwicklung der Audiocodierung in Erlangen: n  seit 1981 Forschungsthema an der Uni Erlangen n  seit 1986 Audio-Codierung am Fraunhofer IIS n  1992: MPEG-1 Layer 3 wird Internationaler Standard n  1997: der mp3-Internet Boom beginnt 1987: der erste echtzeitfähige Stereo-Audio-Codec n  1997: der Nachfolger MPEG-2 AAC wird internationaler Standard n  1999: mp3 ist de-facto Standard für Musik im Internet n  2000: Zukunftspreis des Bundespräsidenten für mp3 2007: 20 Jahre später © Fraunhofer IIS 9
  • 10. Verringerung der Bitraten für eine Audioqualität nahe an CD-Qualität für verschiedene Audiocodecs Datenraten 1600 in kbit/s, 1411 Stereo 1400 1200 About 30-times data reduction and compression by Reduktion und Mehr als 50-fache the same 1000 quality Kompression der anfallenden 800 Datenmenge bei nahezu gleich Original 600 bleibender Qualität! Original 400 192 160 200 128 96 64 24 0 PCM MPEG-1 AC-3 MP3 MPEG-2 MPEG-4 HE-AAC L2 AAC AAC v2 © Fraunhofer IIS 10
  • 12. Schallwellen Schallwellen entstehen wenn bei der Klangerzeugung eines Objektes die umgebende Luft verdrängt und dadurch der Luftdruck verändert wird. Dieser Abstand wird Amplitude Dieser Abstand bestimmt die Frequenz genannt der Welle Zeit © Fraunhofer IIS 12
  • 13. Schallwellen Eine einzelne Welle ist ein einzelner Ton Musik als Zusammensetzung von Tönen und Geräuschen www.lehrklaenge.de © Fraunhofer IIS 13
  • 14. Universalität durch Digitalisierung Bedeutung von »Digital« in der Technik: n  Umwandlung und Darstellung von analogen Signalen (z. B. Zeit, Temperatur, Spannung, …) als wert- und zeitdiskrete Zahlenfolgen Analoge Anzeige: Digitale Anzeige: •  unendlich viele Zeitpunkte •  endlich viele 22:09:37 •  fließende Übergänge Zustände •  Übergänge in diskreten Stufen n  Weiterverarbeitung, Speicherung und Übertragung meist als Binärfolge von Nullen und Einsen durch digitale Elektronik in Geräten und Systemen n  Darstellung im Computer: Bit (0 oder 1) und Bytes (1 Byte = 8 Bit, 28 = 256 mögliche Kombinationen) n  Beispiel: Umwandlung einer Dezimalzahl in eine Dualzahl [173]10 = [1010 1101]2 = 1·27 + 0·26 + 1·25 + 0·24 + 1·23 + 1·22 + 0·21 + 1·20 n  Größere Einheiten: 1 KiloByte, 1 MegaByte, 1 GigaByte, 1 TeraByte © Fraunhofer IIS 14
  • 15. Digitale Darstellung der Information Binäre Informationsdarstellung (0, 1) erlaubt: n  Einheitliche Verwendung von Bits und Bytes unabhängig von der Art der Information (Text, Sprache, Musik, Grafik, Bilder, Videos) n  Einheitliche Technik für die digitale Signalverarbeitung (digitale Schaltkreise, Prozessoren) n  Verlustfreies Kopieren, Speichern und Übertragen n  Vielfältige Verarbeitungsmöglichkeiten n  Verschlüsselung und elektronische Signatur n  Qualität wird nur durch den Aufwand begrenzt © Fraunhofer IIS 15
  • 16. Abtastung und Quantisierung von Musik Analoges Signal: Die Anzahl der Abtastwerte (Samples) pro Sekunde ist die »Sample-Rate« Audio-CD hat 44.100 Abtastwerte pro Sekunde Größter Wert: 32,767 Diskretes, digital dargestelltes Signal: Kleinster Wert ist -32,768 © Fraunhofer IIS 16
  • 17. Digitales Signal Abtastrate: Anzahl der Abtastwerte pro Sekunde CD: Bandbreite: 16 Hz – 20 kHz Abtastfrequenz: 44,1 kHz (44.100 Abtastwerte pro Sekunde) Telefon: Bandbreite: 300 Hz - 3,4 kHz Abtastfrequenz: 8 kHz (8.000 Abtastwerte pro Sekunde) © Fraunhofer IIS 17
  • 18. Digitales Signal Abtastrate: Anzahl der Abtastwerte pro Sekunde CD: Bandbreite: 16 Hz – 20 kHz Abtastfrequenz: 44,1 kHz (44.100 Abtastwerte pro Sekunde) Telefon: Bandbreite: 300 Hz - 3,4 kHz Abtastfrequenz: 8 kHz (8.000 Abtastwerte pro Sekunde) © Fraunhofer IIS 18
  • 19. Digitales Signal Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample) 16 Bit 8 Bit 4 Bit Beispiel: CD 16 Bit = 65.535 mögliche Werte für jeden Abtastwert 8 Bit: 256 Werte, 4 Bit: 16 Werte © Fraunhofer IIS 19
  • 20. Digitales Signal Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample) 16 Bit 8 Bit 4 Bit © Fraunhofer IIS 20
  • 21. Digitales Signal Quantisierung: Bit pro Abtastwert (Sample) 16 Bit 8 Bit 4 Bit © Fraunhofer IIS 21
  • 22. Warum funktioniert Datenreduktion? n  Nur ein Bruchteil der Information ist tatsächlich nötig für guten Klang! n  Kernideen: »Redundanzreduktion« und »Irrelevanzreduktion« Redundante Signalanteile kann man ohne Informationsverlust entfernen è verlustlose Audiocodierung è  Mittlere Reduktion auf die Hälfte Max. 10% Redundanz relevant Irrelevante Signalanteile sind für den Empfänger ohne Bedeutung; Reduktionsfaktor: 8...32 bei sehr guter Tonqualität erreichbar Reduktion ist - obwohl nicht hörbar – ein Informationsverlust (verlustbehaftete Audiocodierung) Irrelevanz © Fraunhofer IIS 22
  • 23. Was hören wir eigentlich? - Die Ruhehörschwelle Alles, was unterhalb der Ruhehörschwelle liegt, ist unhörbar Musik Sprache Ruhehörschwelle © Fraunhofer IIS 23
  • 24. Wie hören wir? - Die Mithörschwelle Musik Verschiebung der Ruhehörschwelle durch Lautsignal (Maskierung) Der Mensch hört nicht alles gleich gut, es gibt »Maskierungseffekte« © Fraunhofer IIS 24
  • 25. Was überhören wir? - »Maskierte Töne« Musik Sprache Der Mensch hört nicht alles gleich gut, es gibt »Maskierungseffekte« © Fraunhofer IIS 25
  • 26. Beispiel: Verdeckung im Frequenzbereich Lautstärke Serie von Sinustönen [dB] 160 Hz mit der selben 0 Frequenz und -10 ansteigender -20 Lautstärke 7 -30 Verdecker -40 6 Hörschwelle 5 -50 4 -60 3 -70 2 -80 1 1000 1200 Frequenz [Hz] © Fraunhofer IIS 26
  • 27. MPEG-1 »Stammbaum« simplified version IRT (MASCAM) LAYER 1 Philips MUSICAM LAYER 2 CCETT Psychoacoustic model 2 (optional) AT&T (PXFM) Fraunhofer-IIS LAYER 3 ASPEC (mp3) Uni-Erl.(OCF) Thomson Brandt (MSC) CNET © Fraunhofer IIS 27
  • 28. Blockdiagramm MPEG-1 Layer 3 („mp3“) Encoder Source: Herre, J.: Lecture „Advanced Topics in Perceptual Audio Coding”, FAU Erlangen, SS 09 © Fraunhofer IIS 28
  • 29. Blockdiagramm MPEG-1/2 Layer-3 („mp3“) Decoder Erste Einschätzungen zur Hardwarekomplexität von der amerikanischen Halbleiterindustrie 1990: »Complexity to high, to expensive!« © Fraunhofer IIS 29
  • 30. Status 1992: Professionelle Anwendungen: n  MPEG Layer-2 (Jingle-Abspieler, ISDN) n  MPEG Layer-3 (nur einzelne Geräte) n  Dolby AC-2 und andere Consumeranwendungen: n  MPEG Layer-1 (DCC) n  MPEG Layer-2 n  DAB n  CD-I (mit Video) n  Dolby AC-2 n  kein MPEG Layer-3 © Fraunhofer IIS 30
  • 31. FhG-Strategie 1993 Setzen auf den Markt für Profigeräte Beginn der Zusammenarbeit mit Micronas (damals Intermetall) Firma Telos Systems USA setzt auf Layer-3: n  Kleine amerikanische Firma n  Eigene Kapazität zur Entwicklung von Hardware n  Sehr gutes Marketing im Rundfunkbereich n  Wichtigste Person: Steve Church Dialog-4 (Ludwigsburg) setzt auf Layer-3 Konferenz der Audio Engineering Society in New York 1993: Stimmungsumschwung © Fraunhofer IIS 31
  • 32. Sysiphus hatte es auch nicht schwerer :-) Internes Meeting am Fraunhofer IIS 1995 »wir haben die Chance, Layer-3 zu dem Internet-Audio-Standard zu machen« Jedoch: n  1995: RealNetworks beginnt den Siegeszug, ohne mp3 n  1996: RealNetworks lizensiert eine Variante von Dolby AC-3 n  1997: Liquid Audio lizensiert Dolby Digital n  1998: Lucent macht viel Werbung für EPAC n  1999: Microsoft startet mit WMA ein eigenes Verfahren in Konkurrenz zu mp3 und AAC n  1999: Sony verwendet ATRAC-3 Viele der genannten Firmen lizenzieren heute unsere Patente © Fraunhofer IIS 32
  • 33. 1994 / 1995: n  FAQ (Harald Popp), Internet als Vertriebsweg n  Shareware als Marketinginstrument: gute Encoder/Decoder zum Testen für alle n  Erste Pläne zu Echtzeitdecodierung auf PC’s n  Weitere Anwender im Profibereich, Telos erreicht erheblichen Marktanteil n  MPEG-2 Audio LSF-Erweiterungen werden fertiggestellt (LSF = low sampling frequency) n  Der erste MASC Layer 3 - Decoderchip funktioniert © Fraunhofer IIS 33
  • 34. Wie mp3 sich im Internet durchsetzte: 1995 n  Winplay3 als Demo, Name mp3 (14.7.95) Registriercodes bald im Netz verfügbar n  l3enc / l3dec eigentlich nur für Profinutzer oder Bastler, Encoder sind teuer 1996 n  Macromedia lizensiert Layer-3 n  Andere Decoder werden programmiert n  Erste Lizenz an Microsoft 1997 n  Ein Windows-Encoder wird gestohlen, der Kopierschutz entfernt und und kostenlos als Download-Software im Internet angeboten n  mp3.com startet 2003: n  Apple startet die Musik-Internet-Handelsplattform iTunes (verwendet AAC, die Nachfolgegeneration von mp3) © Fraunhofer IIS 34
  • 35. Wesentliche Elemente des Erfolges: Durchhalten: Eine Kerngruppe hat immer an den letztendlichen Erfolg geglaubt Die »good guys«: n  Wissenschaftlich korrekte Darstellung n  Im Zweifel immer mit anderen zusammenarbeiten hat langfristig Freunde gebracht n  Präsenz auf Tagungen und Messen: Wirkung manchmal erst nach langer Zeit n  Ruf als führende Forscher lange vor dem wirtschaftlichen Erfolg n  Vision mit Intuition kombinieren n  Fehler vermeiden (z. B. Copyright-Diskussion) n  Richtige Wege gehen (z. B. Bedeutung d. Internet) © Fraunhofer IIS 35
  • 36. Probleme der Musikindustrie mit mp3: n  Folgendes wurde plötzlich um den Faktor 12 (die typische Kompressionsrate) billiger: n  Kosten der Speicherung von Musik am PC n  Kosten des Transfers von Musik über CD-ROM n  Kosten der Übertragung von Musik über Internet n  Beginnend mit amerikanischen Studenten, wurde der Austausch von mp3- Musik zum Volkssport n  Analoge Kassetten erlauben keine Kopie der Kopie, mp3's behalten ihre Qualität (solange nicht zwischendurch decodiert/encodiert wird) n  Die Herkunft von mp3's ist nicht feststellbar (anonymes Veröffentlichen ist möglich) © Fraunhofer IIS 36
  • 37. Piraten und die Musikindustrie Erste mp3-Websites Ende 1996 / Anfang 1997 Sommer 1997: Gerichtsbeschlüsse, Bekanntmachung in USA Today n  Reaktion: mehr Piraten Rio PMP300 von Diamond (erster mp3-Player in den Läden) wird im Sommer 1998 angekündigt Herbst 1998: Gerichtsverfahren gegen Diamond Die RIAA (Recording Industry Association of America (RIAA - Verband der Musikindustrie in den USA) verliert das Gerichtsverfahren n  Reaktion: mehr Piraten Ende 1999: Napster tritt auf ... Weltweit wird mp3 ein Thema für die Medien © Fraunhofer IIS 37
  • 38. Reaktionen der Musikindustrie Zunächst: »geht uns nichts an« Ab 1997: langsames Verstehen der Situation, Versuch durch Schließung von Web-Sites .mp3 zu verbannen Bis heute ist es schwierig, legale elektronische Vertriebsrechte zu bekommen: n  Wer soll in Zukunft das Geschäft betreiben ? n  Oft ist die Rechtslage völlig unklar Seit Ende 1997: Entstehen einer »alternativen« Musikverlagsbranche: n  Elektronischer Vertrieb ohne Sicherheitssysteme Gesicherte Systeme haben es bis jetzt doppelt schwer: wenig Content, Konkurrenz zu .mp3 © Fraunhofer IIS 38
  • 39. Lizensierung im Internetzeitalter Lizensierung über Thomson Multimedia n  Seit 1999 in San Diego, Kalifornien Fraunhofer war wesentlich an der Entwicklung der Lizenzmodelle beteiligt (1995 - 2000) n  z. B. Verhandlungen bei Microsoft Was nicht funktioniert hat: n  Gebühr pro Decoder auch bei Software n  Kopplung freier Decoder an Kopierschutz n  Kein Content im geschützten Format n  Konkurrenz durch andere Decoder Was funktioniert: n  Flexibilität, eingehen auf viele Geschäftsmodelle © Fraunhofer IIS 39
  • 40. Mitgliedschaft in Standardisierungsgremien und Organisationen © Fraunhofer IIS 40
  • 41. 5 Generationen erfolgreicher Audio Codecs xHE-AAC, -ELDv2 MPEG Surround, AAC-ELD HE-AAC, HE-AACv2 AAC, AAC Low Delay mp3, mp3 Surround, mp3HD 1992 1997 2003 2007 2012 © Fraunhofer IIS 41
  • 42. Apple Facetime nutzt Fraunhofer-Codec AAC-ELD für beste Kommunikationsqualität n  Apple Facetime ist die neue VoIP- Anwendung von Apple für iPhone, iPad und Mac OSX n  Apple Facetime nutzt den Kommunikations-Codec Enhanced Low Delay AAC (AAC-ELD) für die Übertragung von Sprache in CD- Qualität n  Das Fraunhofer IIS war maßgeblich an der Entwicklung von AAC-ELD beteiligt Fraunhofer-Technologie in allen iPhone4, iPad2 und Mac OS X Lion Computern © Fraunhofer IIS 42
  • 43. MP3: Eine deutsche Erfolgsgeschichte! n  MP3 sichert mehr als 10.000 Arbeitsplätze in Deutschland n  MP3 garantiert 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen pro Jahr n  MP3 sichert der Fraunhofer-Gesellschaft jährlich Einnahmen in Millionenhöhe n  Erster MP3-Decoderchip stammt aus Deutschland n  Über 1000 Lizenznehmer von Audio-Patenten und hunderte erfolgreiche Produkte mit Fraunhofer- Software © Fraunhofer IIS 43
  • 44. Mehr als 1000 Lizenznehmer unserer Audiocodecs © Fraunhofer IIS 44
  • 45. International Audio Laboratories Erlangen Einzigartige Konzeption und Struktur: Gemeinsame Forschungseinrichtung des Fraunhofer IIS und der Universität Erlangen-Nürnberg n  Finanzierung vom Fraunhofer IIS für zunächst 10 Jahre (15 angestrebt) n  Ziel: Top-Forschung im Gebiet Audio & Multimedia Fraunhofer IIS Uni / FAU Abteilungen Technische Fakultät Audio & Department EEI Multimedia Echtzeitsysteme International Audio Laboratories Erlangen (»IIS Labs«) (»AudioLabs-FAU«) 40 MA 6 Professoren + 6 x 2 wiss. MA © Fraunhofer IIS 45
  • 46. Erfolgsgeschichte MP3 – Am Fraunhofer IIS arbeiten heute mehr als 200 Experten auf dem Gebiet der Audiotechnik © Fraunhofer IIS
  • 47. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Viele in diesem Vortrag nicht genannte Kollegen des Fraunhofer IIS und von anderen Organisationen haben zum Erfolg von MP3 beigetragen. Ihnen danke ich an dieser Stelle ausdrücklich. Besondere Anerkennung gebührt: Bernd Edler, damals an der Universität Hannover James D. Johnston, damals bei den Bell Laboratories, USA Ernst Schroeder, damals bei Thomson Consumer Electronics in Deutschland © Fraunhofer IIS 47