2. Übersicht und Strahlenschutzrecht
Bereits kurze Zeit nach der Einführung der Röntgenstrahlen in die Medizin wurden erste
7 Deterministischer Effekt 7deterministische Effekte mit Hautschäden berichtet. In den folgenden Jahren wurden
7 Erythem 7Erytheme, 7Hautulzerationen, 7Malignome und selbst 7Todesfälle beobachtet [9].
7 Hautulzeration Heute kann die Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin sowohl für Patienten
7 Malignom als auch für beruflich exponierte Personen als sicher angesehen werden. Eine weltweite Über-
7 Todesfälle sicht von UNSCEAR (United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radia-
tion) über die berufliche Strahlenexposition für alle Anwendungen von ionisierender Strah-
lung zwischen 975 und 994 zeigt eine Zunahme der überwachten Arbeiter von fast 00%,
aber eine Abnahme der effektiven jährlichen Dosis von 0,8 mSv auf 0,3 mSv (. Abb. 1).
Eine Übersicht der gegenwärtigen Situation wurde von Lefaure u. Croft [0] anläss-
Berufliche Strahlenexposition lich des 6. Europäischen ALARA-Workshops in Madrid 2002 gegeben. Das relative Ni-
in der Medizin hängt vom Grad der veau der beruflichen Strahlenexposition in der Medizin hängt vom Grad der medizini-
medizinischen Versorgung ab schen Versorgung ab.
Internationale Strahlenschutzempfehlungen
7 ICRP 990 verabschiedete die 7ICRP die Richtung weisende Publikation 60 [W] (grundlegende
Empfehlungen zum Strahlenschutz bei ionisierender Strahlung). Die Empfehlung basiert
auf den ermittelten Daten über die Atombombenopfer von Hiroshima und Nagasaki.
7 Höherbewertung des Wesentliche Schlussfolgerungen waren die 7Höherbewertung des Strahlenrisikos, neue
Strahlenrisikos Gewebewichtungsfaktoren für die Berechnung der 7effektiven Dosis und die Empfehlung
7 Effektive Dosis niedriger Dosisgrenzwerte für beruflich exponierte Personen und die Bevölkerung.
Die Europäische Union übernahm die Empfehlungen der ICRP in den Richtlinien
7 Grundnorm 96/29/EURATOM (7Grundnorm) und 97/43/EURATOM (7medizinische Exposition).
7 Medizinische Exposition Auf der Grundlage der abgeschlossenen Verträge von Rom 957 (Europäische Atomge-
meinschaft) sind alle Staaten der EU verpflichtet, die EURATOM-Strahlenschutzregelun-
EU-Staaten sind verpflichtet, EURATOM- gen in nationales Recht umzusetzen.
Strahlenschutzregelungen in nationales
Recht umzusetzen Deutsches Strahlenschutzrecht
Konkretere Regelungen des Schutzes vor Röntgenstrahlung und radioaktiven Stoffen,
z. B. im Anwendungsbereich Medizin, sind in Deutschland durch
F die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und
F die Röntgenverordnung (RöV)
getroffen.
7 EURATOM-Richtlinien Aufgrund der oben genannten 7EURATOM-Richtlinien war die Bundesregierung ver-
pflichtet, das Atomgesetz sowie StrlSchV und RöV zu aktualisieren. Nahezu alle wesent-
Wesentliche Änderungen im lichen Änderungen im deutschen Strahlenschutzrecht sind durch die EURATOM-Richt-
deutschen Strahlenschutzrecht sind linien begründet. Zum 0.08.200 trat die neu erstellte StrlSchV in Kraft, die den Um-
durch EURATOM-Richtlinien begründet gang mit radioaktiven Stoffen und den Betrieb von Beschleunigern regelt. Die Erzeugung
und Nutzung von Röntgenstrahlung werden in Deutschland gesondert durch die zum
0.07.2002 in Kraft getretene, novellierte RöV geregelt. Die unterschiedlichen Daten des
Inkrafttretens der beiden Verordnungen haben für fachkundige Personen bzw. Personen
mit Kenntnissen die Konsequenz, dass unterschiedliche Fristen für die Aktualisierung
Dosisgrenzwerte und andere des Strahlenschutzwissens in Abhängigkeit der Verordnung zu beachten sind. Die Festle-
grundlegende Strahlenschutz- gungen der Dosisgrenzwerte und anderer grundlegender Strahlenschutzregelungen sind
regelungen stimmen in StrlSchV und in StrlSchV und RöV nahezu identisch.
RöV nahezu überein
Beruflich strahlenexponierte Personen
Personen, die ionisierende Strahlung an Menschen anwenden oder dabei technisch mit-
wirken, werden in die Kategorien A oder B eingeteilt. Für beide Gruppen gelten die in
292 | Der Radiologe 3 · 2005
3. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
Tabelle 1
Dosisgrenzwerte der effektiven Dosis
Beruflich strahlenexponierte Personengruppe Gültige Grenzwerte Veraltete Grenzwerte
>18 Jahre alt 20 mSv/Jahr 50 mSv/Jahr
<18 Jahre alt 1 mSv/Jahr 5 mSv/Jahr
<18 Jahre alt und mit Zustimmung der Behörde 6 mSv/Jahr –
Gebärfähige Frauen 2 mSv/Monat 5 mSv/Monat
Ungeborenes Kind 1 mSv am Uterus ab Mitteilung der Schwangerschaft –
Vergleich zwischen aktueller und alter RöV/StrlSchV
Tabelle 2
Grenzwerte für Organdosen nach StrlSchV/RöV
Organ Grenzwert [mSv/Jahr]
Augenlinse 150
Haut, Hände, Unterarme, Füße, Knöchel 500
Keimdrüsen, Gebärmutter, rotes Knochenmark 50
Schilddrüse, Knochenoberfläche 300
Dickdarm, Lunge, Magen, Blase, Brust, Leber, Speiseröhre und andere Gewebe (s. Anmerkungen in RöV, StrlSchV) 150
Für Personen <18 Jahren betragen die Organdosen 1/10 der angegebenen Werte
. Tabelle 1 und 2 aufgeführten Grenzwerte. Kriterium des Strahlenschutzbeauftragten In Kategorie B beträgt zu erwartende
für die Einteilung von Personen in die Kategorie B ist die zu erwartende Strahlenexpositi- Strahlenexposition <3/10 der Grenz-
on (<3/0 der Grenzwerte für beruflich Strahlenexponierte). Die Personen der Kategorie werte für beruflich Strahlenexponierte
B müssen nicht zur arbeitsmedizinischen Vorsorge und von einem im Strahlenschutz er-
mächtigten Arzt untersucht werden.
Effektive Dosis
Sie wurde ursprünglich als Dosisgröße im Strahlenschutz eingeführt, um Grenzwerte für
beruflich Strahlenexponierte festlegen zu können. Sie berücksichtigt das mit einer Strah-
lenexposition verbundene Risiko, an einem 7stochastischen Schaden zu erkranken bzw. 7 Stochastischer Schaden
zu sterben oder dass Folgegenerationen einen genetischen Schaden erhalten werden. Die
neue RöV (2002) und StrlSchV (200) haben den Begriff der effektiven Dosis der ICRP-
60-Publikation übernommen. Die Gewebewichtungsfaktoren haben sich gegenüber de- RöV und StrlSchV haben Begriff der ef-
nen der alten Verordnung wesentlich geändert. Sie sind, wie auch der Risikofaktor, als fektiven Dosis der ICRP-60-Publikation
Mittelwerte für beruflich Strahlenexponierte in der Altersgruppe 8–65 Jahre und über übernommen
beide Geschlechter angegeben. Das Risiko, an strahleninduzierten Tumoren zu sterben,
ist von ,25 auf 5%/Sv hochgesetzt worden.
Heute wird die effektive Dosis häufig auch zum Vergleich von medizinischer und na- Mit Hilfe der effektiven Dosis
türlicher Strahlenexposition verwendet. können medizinische und natürliche
Für Deutschland liegen die mittleren effektiven Dosen der Bevölkerung aufgrund Strahlenexposition verglichen werden
der medizinisch bedingten und natürlichen Strahlenexposition jeweils im Bereich von
2 mSv/Jahr.
Dosisgrenzwerte
Aufgrund der neuen Bewertung des Strahlenrisikos der ICRP wurden die Dosisgrenz- Der Grenzwert der effektiven Dosis wur-
werte der effektiven Dosis deutlich reduziert (. Tabelle 1). Der Grenzwert der effekti- de für beruflich Strahlenexponierte von
ven Dosis ist für beruflich Strahlenexponierte von 50 auf 20 mSv/Jahr herabgesetzt wor- 50 auf 20 mSv/Jahr reduziert
den. Die Summe der in allen Kalenderjahren ermittelten effektiven Dosen darf in der Re-
gel 400 mSv nicht überschreiten. Das Überschreiten der Grenzwerte der 7Berufslebens- 7 Berufslebensdosis
dosis sowie der vorher genannten Grenze führt behördlicherseits nicht grundsätzlich zu
einem Verbot der bisherigen Tätigkeit. In außergewöhnlichen Einzelfällen können auch
Der Radiologe 3 · 2005 | 293
4. Dosiswerte bis 00 mSv und bei Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren von Personen
von 250 mSv (-mal im Leben) genehmigt werden.
Auch die Dosisgrenzwerte für die Bevölkerung sind deutlich reduziert worden. Der
Die Dosisgrenzwerte für die Bevölke- Grenzwert für das ungeborene Kind einer beruflich strahlenexponierten Frau ist dem-
rung wurden deutlich reduziert entsprechend auch auf mSv festgelegt worden. Die Dosis wird mit einem jederzeit ables-
baren Dosimeter am Bauch der Frau gemessen und muss der Schwangeren wöchentlich
mitgeteilt werden. Abhängig von der Strahlenart kann die Dosis an der Oberfläche des
Bauches der Frau deutlich höher als mSv sein.
7 Kontamination Inkorporation und 7Kontaminationen bei Personen müssen in Abhängigkeit von
In der neuen StrlSchV wurden den Gefährdungspotenzialen überwacht und für die Einhaltung der Grenzwerte berück-
bei der Festlegung von Grenzwerten sichtigt werden. In der neuen StrlSchV sind entsprechend der nuklidspezifischen, biolo-
nuklidspezifische, biologische gischen Wirkung neue Freigrenzen und Aktivitätsgrenzwerte festgelegt worden.
Wirkungen berücksichtigt Die Dosisgrenzwerte zur Vermeidung deterministischer Strahlenschäden (z. B. Haut-
schäden, Linsentrübung) haben sich nicht geändert, da die Wirkungsbeziehungen zwi-
7 Schwellendosis schen Dosis und Schaden (7Schwellendosen) schon sehr lange gut bekannt sind. In
. Tabelle 2 sind die Grenzwerte für einzelne Organe aufgelistet.
Heute ist die Gefahr einer beruflich strahlenexponierten Einzelperson, Dosisgrenzwer-
7 Bundesamt für Strahlenschutz te zu überschreiten, sehr gering. Das BfS (7Bundesamt für Strahlenschutz) veröffent-
lichte für das Jahr 2002 die Verteilung der beruflichen Strahlenexposition (medizinisch
und nichtmedizinisch) von 33.062 Personen in Deutschland. 99,4% der Personen hatten
jährliche individuelle Dosen <5 mSv, 0,48%≥5 mSv, 0,005% zwischen 20 und 50 mSv und
0,00%>50 mSv [7]. Ähnliche Daten der NRPB (National Radiological Protection Board)
hatten Lefaure u. Croft [0] für Großbritannien zusammengestellt (. Abb. 2).
Eine Datenerhebung aus Frankreich zeigte, dass bei weitem die größte Zahl überwachter
Personen (ohne Nuklearindustrie) aus der Radiologie kommt (53%), gefolgt von der Dental-
radiologie (5%), Strahlentherapie (5%), Nuklearmedizin (2%) und sonstigen (25%). 96% der
7 Jährliche berufliche überwachten Personen hatten eine 7jährliche berufliche Strahlenexposition < mSv.
Strahlenexposition
Körperdosen und Personendosimetrie
An Personen, die sich im Kontrollbereich aufhalten, muss in der Regel die Körperdosis
Körperdosis wird durch Messung der ermittelt werden. Die Körperdosis wird durch Messung der Personendosis ermittelt. Als
Personendosis ermittelt Personendosis gilt dabei die an einer für die Strahlenexposition repräsentativen Stelle mit
einem amtlichen Dosimeter gemessene Äquivalentdosis. Diese Messung muss von der
betroffenen Person geduldet werden. Andererseits haben die überwachten Personen An-
spruch auf Mitteilung der Messergebnisse und auf ein jederzeit ablesbares Dosimeter. Die
7 Personendosimetrie 7Personendosimetrie erfolgt durch von der zuständigen Behörde bestimmte Messstel-
7 Amtliches Filmdosimeter len. In der Regel werden heute noch 7amtliche Filmdosimeter (Filmplaketten) für die
Kontrolle der effektiven Dosis genutzt, auch wenn durch die neuen Verordnungen neue
Strahlenschutzmessgrößen entsprechend der Festlegungen der Internationalen Kommis-
7 ICRU sion für Radiologische Einheiten (7ICRU) eingeführt wurden.
Die Personendosimeter müssen bei einer Tätigkeit im Kontrollbereich an einer reprä-
sentativen Stelle der Körperoberfläche unterhalb der Schutzkleidung getragen werden.
Personendosimeter sind unter Bei dosisintensiven radiologischen Maßnahmen, wie z. B. interventionellen Verfahren,
der Schutzkleidung zu tragen, empfehlen die deutsche und internationale Strahlenschutzkommission, dass ein 2. Do-
bei interventionellen Verfahren wird simeter außerhalb der Schürze getragen werden soll, um die Dosis von ungeschützten
ein 2. Dosimeter außerhalb der Schürze Körperregionen besser abschätzen zu können. Empfehlenswert zu diesen Zwecken sind
empfohlen digitale, jederzeit ablesbare Dosimeter wie in . Abb. 3.
Ist vorauszusehen, dass im Kalenderjahr z. B. eine Organdosis an den Händen größer
50 mSv oder an der Augenlinse größer 45 mSv erreicht wird, müssen diese Körperteile
mit zusätzlichen Personendosimetern versehen werden. Abhängig von den Strahlenarten
müssen die Dosimeter geeignet sein, auch Oberflächendosen (β-Strahlung bei Radiosyn-
7 Ringdosimeter oviorthese) messen zu können. Moderne 7Ringdosimeter sind sterilisierbar.
Beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen sind in Anlage III der StrlSchV Tabel-
len mit Grenzwerten der Oberflächenkontaminationen zu beachten. Beim Umgang mit
hohen Aktivitätsmengen offener radioaktiver Stoffe am Arbeitsplatz muss abhängig von
7 Inkorporation der Halbwertzeit des Isotops regelmäßig die 7Inkorporation messtechnisch überwacht
294 | Der Radiologe 3 · 2005
5. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
Abb. 1 7 UNSCEAR-
Übersicht der beruflich
überwachten Personen
weltweit zwischen 1975
und 1994 (jährliche indivi-
duelle Dosis)
Abb. 3 8 Zusätzliches Dosimeter (EDD-30,
Unfors) außerhalb der Schürze, gibt zusätz-
lich akustische Signale in Abhängigkeit von
Dosisleistung; Tragen auch an Brille oder
unter Handschuh möglich
Abb. 2 7 Berufliche
Strahlenexposition in der
Medizin in Europa 1995
werden. Mittels Dosisfaktoren können inkorporierte Aktivitätsmengen in Körperdosen
umgerechnet werden.
Bei unterbliebener oder fehlerhafter Messung der Personendosis kann die Behörde
eine 7Ersatzdosis festlegen. Dies ist insbesondere bei versehentlicher, alleiniger Bestrah- 7 Ersatzdosis
lung des Dosimeters sinnvoll.
Patienten
Bei Durchleuchtungsverfahren ist die Strahlenexposition des Patienten maßgebend für die
des Personals. So lassen sich aus 7Dosisflächenproduktwerten des Patienten auch Körper- 7 Dosisflächenproduktwert
dosen der untersuchenden Ärzte abschätzen. Die gesetzlich in Deutschland vorgeschriebene
Messung des Dosisflächenprodukts bei interventionellen Verfahren und die Forderung nach
Patientendosimetrie für den Vergleich mit diagnostischen Referenzwerten fördern somit
nicht nur die Reduktion der Strahlenexposition von Patienten, sondern auch des Personals.
Diagnostische Referenzwerte (DRW)
Ihre Einführung hat zum Ziel, die Strahlenexposition von Patienten mittels 7Benchmar- 7 Benchmarking-Methode
king-Methode kontinuierlich zu senken und somit das stochastische Risiko radiologi-
scher Untersuchungen zu reduzieren. Die mit den Referenzwerten eingeführten Messme- DRW-Messmethoden haben die Über-
thoden ermöglichen auch die verbesserte Überwachung von Hautdosen bei dosisintensi- wachung von Hautdosen bei dosisinten-
ven Durchleuchtungsuntersuchungen. Im Grundsatz sind jedoch DRW nicht geeignet, siven Durchleuchtungsuntersuchungen
deterministische Strahlenschäden zu verhindern. verbessert
Berufliche Exposition in der Medizin
In dieser Übersicht werden folgende Themenkomplexe abgehandelt:
F Benennung von einigen typischen Fällen mit berufsbedingter Überexposition in der
interventionellen Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie
Der Radiologe 3 · 2005 | 295
6. F Übersicht über die Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin, bei der ein
erhöhtes Risiko einer berufsbedingten Überexposition bekannt ist
In Deutschland wird ein Teil der nuklearmedizinischen und strahlentherapeutischen Leis-
tungen von Radiologen erbracht. Obwohl Röntgenuntersuchungen und radiologische/
kardiologische Interventionen prozentual den größten Anteil bilden, wird in diesem Fort-
bildungsbeitrag auch auf Nuklearmedizin und Strahlentherapie eingegangen, da hier bei
neuen Verfahren (PET, Radiosynovirorthese, Brachytherapie) die größeren Risiken einer
beruflichen Überexposition vorliegen.
Typische Fälle mit berufsbedingter Überexposition
Endovaskuläre Interventionen
Sie werden in der Radiologie und in der Kardiologie mit hoher Frequenz durchgeführt.
Widmark et al. [7] präsentierten Messungen der beruflich bedingten Exposition wäh-
rend der endovaskulären Behandlung von abdominellen Aortenaneurysmen. Die ge-
mittelte Dosis an den Fingern von 6 Chirurgen und von 8 Radiologen wurde mit TLD
bestimmt. Eine der Schlussfolgerungen der Studie war: Eine nicht optimierte Untersu-
Schäden der Augenlinse bei Radiologen chungstechnik besitzt das Potenzial, die Extremitätendosis an den Fingern über den Do-
können durch vaskuläre und viszerale sisgrenzwert von 500 mSv ansteigen zu lassen. Diese Beobachtung gilt generell für alle
interventionelle Eingriffe verursacht fluoroskopischen Interventionen, bei denen der Eintrittspunkt des Katheters in den Pati-
worden sein enten nah am Strahlungsfeld liegt. Vano et al. [4] berichteten durch augenärztliche Un-
tersuchungen bestätigte Schäden der Augenlinse eines Radiologen, die auf vaskuläre und
viszerale interventionelle Eingriffe zurückzuführen waren. Die Untersuchungsräume wa-
7 Übertischröhre ren in diesen Fällen mit 7Übertischröhren und nicht mit speziellen Strahlenschutzein-
richtungen für die Augen ausgestattet. Abschätzungen der Dosis der Augenlinse lagen
zwischen 450 und 900 mSv/pro Jahr über mehrere Jahre.
Radioimmuntherapie
In der Nuklearmedizin wurde von Tosi [3] über einen Unfall in einer Abteilung berich-
tet, in der Radioimmuntherapien mit monoklonalen Antikörpern und/oder Peptiden
durchgeführt wurden. Hierbei wurde 90Y (maximale β-Energie 2,27 MeV) mit einer spe-
zifischen Aktivität bis zu 50 GBq/ml verwendet. Der Untersucher hielt die Spritze mit
Aktivität, die nur mit einem dünnen Bleihandschuh (Bleiäquivalent 0, mm) geschützt
war, nicht mit einer speziellen Zange, sondern direkt mit der Hand. Nach einigen Tagen
trat ein Fingererythem auf. Die Anzeige des Filmdosimeters, des TLD-Finger-Ringdo-
simeters und die Urinaktivität waren normal. Die abgeschätzte Dosis an den Fingern
ergab 2 Gy.
Kobaltquelle
In der Strahlentherapie berichtete Vuolo et al. [6] über 3 Unfälle, die in einer Strahlenthe-
rapieabteilung mit 60Co in Italien auftraten. In allen 3 Fällen fuhr die Kobaltquelle nicht in
ihre korrekte Parkposition zurück. Bei einer Person zeigte das Personendosimeter 54 mSv,
Aufgrund der relativ niedrigen Inzidenz die maximale Dosis wurde mit <0, Gy abgeschätzt. Die Schlussfolgerung aus diesen Un-
von Unfällen weiß das Personal nicht, fällen lautete, dass die relativ niedrige Inzidenz dieser Unfälle dazu führt, dass das Perso-
wie korrekt zu reagieren ist nal nicht weiß, wie es korrekt zu reagieren hat.
Berufliche Strahlenüberexposition in der Medizin
Das Risiko und die Frequenz einer beruflichen Überexpositionen hängen stark von
den unterschiedlichen Anwendungen ionisierender Strahlung ab. Hauptanwendungen
sind:
F Diagnostische Radiologie
F Interventionelle Radiologie
F Diagnostische Nuklearmedizin
296 | Der Radiologe 3 · 2005
7. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
F Therapie in der Nuklearmedizin
F Strahlentherapie mit externen Kobaltquellen (60Co oder Beschleuniger)
F Strahlentherapie mit internen Quellen (Brachytherapie)
Eine Übersicht über die berufliche Strahlenexposition in der Medizin in Europa im Jahr
995 ist in . Abb. 2 dargestellt.
Diagnostische Radiologie
Hier sind die berufliche Exposition und das Risiko einer Überexposition im Allgemeinen
sehr niedrig. Die meisten 7radiographischen Aufnahmen mit Film-Folien-Kombinatio- 7 Radiographische Aufnahme
nen oder digitalen Systemen (Digitale Radiographie) werden von Personal durchgeführt,
das sich während der Untersuchung außerhalb des Röntgenraums befindet. Nur ein ge-
ringer Prozentsatz von Untersuchungen kann zu Expositionen führen, die oberhalb der
Nachweisgrenze eines amtlichen Dosimeters liegen.
Die diagnostische Computertomographie (CT) und fast alle CT-Interventionen erfor-
dern keine Anwesenheit im Untersuchungsraum. Nur eine geringe Zahl von fluoroskopi- Diagnostische CT und fast alle
schen CT-Interventionen kann zu signifikanten Dosen der Finger, Hände oder Unterar- CT-Interventionen erfordern keine
me führen, falls mit der Hand innerhalb der CT-Gantry Katheter, Biopsienadeln oder an- Anwesenheit im Untersuchungsraum
dere Hilfsmittel gehalten werden.
Fluoroskopische Diagnostik. Wird – mit Bildverstärkern oder neuen dynamischen digi- Die fluoroskopische Diagnostik wird ent-
talen Festkörperdetektoren – entweder mit ferngesteuerten Systemen oder mit direktem weder ferngesteuert oder mit direktem
Patientenkontakt durch den Radiologen am Untersuchungssystem durchgeführt (norma- Patientenkontakt durchgeführt
lerweise mit 7Untertischröhren). Wenn der Radiologe aus irgendeinem Grund direkt 7 Untertischröhre
am Patienten tätig werden muss, können durch 7direkte Streustrahlung, insbesonde- 7 Direkte Streustrahlung
re bei Übertischröhren, relativ hohe Personalexpositionen auftreten. Strahlenschutzmaß-
nahmen für den Arzt und das Hilfspersonal bei Durchleuchtungen sind z. B. Bleischür-
zen, Schutzscheiben aus Bleiglas, einen Schilddrüsenschutz oder Bleiglasbrillen. Typi-
sche Anwendungen sind fluoroskopische Untersuchungen des Ösophagus, des Magens,
des Dünndarms, des Kolons, der Lunge und der knöchernen Strukturen. Diagnostische
Untersuchungen der Blutgefäße werden mit der 7digitalen Subtraktionsangiographie 7 Digitale Subtraktionsangio-
(DSA) durchgeführt. Typische Durchleuchtungszeiten aller oben aufgeführten Untersu- graphie
chungen liegen zwischen wenigen Minuten bis zu 30 min.
Interventionelle Radiologie
Die Grundsätze des Strahlenschutzes sind ähnlich denen in der diagnostischen Fluoro- Der Hauptgrund für signifikant
skopie. Hauptgrund für die signifikant höheren beruflichen Expositionen ist die länge- höhere berufliche Expositionen
re Durchleuchtungszeit, die in einigen Fällen –2 h überschreiten kann [5]. Für interven- bei interventioneller Radiologie im
tionelle Untersuchungen sind Systeme mit Untertischröhren wegen der geringeren Streu- Vergleich zur diagnostischen Fluorosko-
strahlung an Kopf und Augen des Untersuchers vorgeschrieben. . Abbildung 4 zeigt, pie ist die längere Durchleuchtungszeit
dass mit einer Untertischposition der Röhre die Belastung der Augen, des Kopfes und
des Halses signifikant reduziert werden kann. Wenn horizontale oder schräge Projektio- Dosisverhältnis der Streustrahlung
nen durchgeführt werden, sollte der Untersucher, wenn möglich, auf der Bildverstärker- von Röhrenseite zur Bildverstärkerseite
seite des C-Arms stehen. Das Dosisverhältnis der Streustrahlung auf der Röhrenseite zur beträgt 10:1
Bildverstärkerseite beträgt etwa 0:. . Abbildung 5 zeigt die Dosisverteilung und die Is-
odosenkurven um einen 7C-Bogen herum. 7 C-Bogen
Weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Strahlenexposition des Personals und z. T.
auch des Patienten sind ein großer Untersuchungsraum (7quadratisches Abstands- 7 Quadratisches Abstandsgesetz
gesetz), große Bleiglasfenster zum Untersuchungsraum, virtuelle Einblendung, zusätz-
liche Filter im Strahlengang, halbtransparente Blenden, gepulste Durchleuchtung, Ver-
wendung von LIH („last image hold“), Benutzung zusätzlicher Monitore zur Darstellung
von Referenzbildern, Benutzung von Kontrastmittelinjektoren, vertretbar niedrige Bild-
frequenzen bei der Akquisition von 7DSA-Serien und minimierte Durchleuchtungszei- 7 DSA-Serien
ten und Bildserien.
Wenn, um ein Interventionsergebnis zu dokumentieren, die Bildqualität der LIH aus
der 7gepulsten Fluoroskopie als Ersatz zu DSA-Bildserien ausreichend ist, können die 7 Gepulste Fluoroskopie
Der Radiologe 3 · 2005 | 297
8. Abb. 4 9 Streustrahlung,
a bei Übertischposition,
b bei Untertischposition
der Röhre, rot ohne, blau
mit Schutz der unteren
Extremitäten
Abb. 5 8 Isodosenkurve um C-Bogen für diagnostische und Abb. 6 8 Korrekte Präparation von Radiopharmazeutika
interventionelle Eingriffe
Abb. 7 9 Prinzip der
Radiosynoviorthese und
β-Dosimetrie der Finger
Patientendosis und damit auch die Exposition des Personals erheblich reduziert werden.
Bei der Sklerotherapie von Varikozelen bei jungen Männern wurde so eine Dosisreduk-
tion von 80% erreicht [].
Kritisch im Bezug auf die Extremitätendosis sind alle Interventionen, bei denen ein-
griffsbedingt die Hände des Untersuchers dicht am oder sogar im Strahlengang sind.
298 | Der Radiologe 3 · 2005
9. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
Tabelle 3
Hierzu zählen z. B. schwierige antegra- Kritisch für die Extremitätendosis
Risiko erhöhter beruflicher de Punktionen der A. femoralis und Gal- sind alle Interventionen, bei denen die
Exposition in der Nuklearmedizin lenwegdränagen (PTCD). Besonders bei Hände des Untersuchers dicht am oder
Diagnostischer Gebrauch + PTCD-Eingriffen am linken Leberlappen im Strahlengang sind
von Standardisotopen muss der Untersucher z. T. mit den Fin-
Positronenemissionstomographie ++ gern im Strahlengang arbeiten. Bereits
PET bei wenigen Interventionen können hier-
Präparation von β-Strahlern +++ bei höchste Fingerdosen im Monat von
50 mSv auftreten.
Anwendung von β-Strahlern +++
Ein Überblick aller Aspekte des Strah-
(z. B. Radiosynoviorthese)
lenschutzes in der interventionellen Ra-
+ gering, ++ mittel, +++ hoch diologie und Kardiologie mit fluoroskopi-
schen Systemen wird auf der 7MARTIR- 7 MARTIR-CD
Tabelle 4 CD gegeben. Sie ist ein mehrsprachiges au-
diovisuelles Unterrichtsystem für Radiolo-
Risiko erhöhter beruflicher Exposi- gen, Kardiologen, Gefäßchirurgen, Medi-
tion in der Strahlentherapie zinphysiker, MTRA und sonstiges Perso-
Externe • 60Co (+) nal. Die Entwicklung der CD wurde von
γ-Therapie • LINAC (+) der Europäischen Kommission gefördert.
Brachy- • Afterloading (+) Sie ist in englischer, französischer, deut-
therapie • Seeds, z. B. Prostata + scher, italienischer und spanischer Spra-
• Endovaskulär ++ che verfügbar. Sie beinhaltet für die ein-
zelnen Berufsgruppen individuelle Multi-
(+) minimal, + gering, ++ mittel ple-choice-Fragen für alle Kapitel und ist
über den Publikationsservice der EU frei
verfügbar [6].
Diagnostische Nuklearmedizin
Während der Präparation der Radiotracer im heißen Labor und während der Applikation
der Radiopharmaka können hohe Dosen und demzufolge hohe berufliche Expositionen Bei Präparation der Radiotracer und
auftreten. . Tabelle 3 zeigt verschiedene Risikostufen einer beruflichen Strahlenexpositi- Applikation der Radiopharmaka sind
on in der Nuklearmedizin in Abhängigkeit von der Art der Anwendung. Bei allen Schrit- hohe berufliche Expositionen möglich
ten der Präparation und Applikation ist es wichtig, die Flaschen oder Spritzen mit den Ra-
diopharmaka nicht direkt in der Hand zu halten bzw. ohne 7Spritzenabschirmungen zu 7 Spritzenabschirmung
verwenden. . Abbildung 6 zeigt die korrekte Präparation eines Radiopharmakons mit al-
len Abschirmmaßnahmen, der Verwendung von Handschuhen, einer Zange sowie eines
Fingerringdosimeters. Typische Schwankungen der Dosisrate am Zeigefinger während
der Präparation wurden von Martin et al. [2] mit elektronischen Fingerdosimetern ge-
messen. Hierbei wurden Werte bis zu 30 mGy/h bei der Präparation beobachtet.
Wegen der hohen Photonenenergie von 5 keV bei der Vernichtungsstrahlung der
7Positronenemissionstomographie (PET) ist über erhöhte berufliche Expositionen be- 7 Positronenemissions-
richtet worden. Eulisse et al. [4] verglichen die mit Filmdosimetern und Fingerringdosi- tomographie
metern gemessenen effektiven Dosen der Ärzte und der MTRA an PET-Einrichtungen
und fanden eine 2fach höhere Exposition gegenüber herkömmlichen nuklearmedizini-
schen Einrichtungen.
Gonzalez et al. [8] bestimmten Expositionen bei Radiopharmazeuten und medizini-
schem Personal bei speziellen Arbeitsschritten während der normalen Arbeit in einer
7PET-Zyklotron-Einrichtung. Die Messungen wurden mit speziellen TLD-Chips an den 7 PET-Zyklotron-Einrichtung
Fingern und mittels Ganzkörperdosimetrie durchgeführt. Bei normaler Arbeit betrug der
Durchschnitt der Ganzkörperdosis beim radiopharmazeutischen Personal zwischen 0,03
und 0,28 mSv/Monat, am Handgelenk wurden zwischen 0,42 und 2,67 mSv/Monat und
an den Fingern zwischen ,4 und 7,7 mSv/Tag für die linke Hand und 0,8–2,4 mSv/Tag
für die rechte Hand gemessen. Solche Variationen reflektieren die Erfahrung und unter-
schiedlichen Kenntnisse des Personals und die Bedeutung einer erforderlichen Optimie-
rung, um Dosisgrenzwerte einhalten zu können. Bei einzelnen Vorfällen wurden Finger-
dosen zwischen 6 und 3 mSv gemessen.
Der Radiologe 3 · 2005 | 299
10. Abb. 9 9 Applika-
tionssystem zur
Abb. 8 7 Hochfrequenzzu- intravaskulären
gangskontrollsystem für Strahlentherapie
Personal in einem Bestrah- der Koronararterien
lungsraum mit 90Sr-Quellen
Therapie in der Nuklearmedizin
Die Behandlung mit 3I ist die häufigste therapeutische Anwendung in der Nuklearmedi-
zin. Da 3I bereits seit vielen Jahren in der Therapie in Gebrauch ist, besteht hinreichend
Erfahrung im Strahlenschutz, sodass bisher nur wenige ernste Zwischenfälle oder Unfäl-
le mit erhöhter Personalexposition berichtet wurden.
Ein unterschätztes Problem in der nuklearmedizinischen Therapie sind hohe Hautdo-
7 Radiosynoviorthese (RSO) sen an den Fingern bei 7Radiosynoviorthesen (RSO). Barth u. Mielcarek [2] analysier-
ten unterschiedliche Arbeitsplätze für β-Strahler und beobachteten an den Fingern Haut-
Bei Behandlung entzündlicher Gelenk- dosen von mehr als 00 mSv/Prozedur bei der Behandlung entzündlicher Gelenkerkran-
erkrankungen mittels RSO sind Finger- kungen mittels RSO (β-Energie von 0,–3,5 MeV). Typische Nuklide für diese Anwendun-
hautdosen >100 mSv/Prozedur möglich gen sind die β-Strahler 69Er, 86Re und 90Y.
. Abbildung 7 zeigt das Prinzip einer Radiosynoviorthese und das dosimetrische Ver-
fahren. Die Schlussfolgerung der Autoren beinhaltet folgende Forderungen:
F Optimierung des Strahlenschutzes
F Einführung zugelassener β-Dosimeter
F Training und Informationen des Personals
F Austausch von Erfahrungen
Die Optimierung der Injektionstechnik Aubert et al. [] demonstrierten die Dosisreduktion durch Optimierung der Injektions-
kann die Dosis um den Faktor 8 redu- technik von 90Y. Sie fanden eine Dosisreduktion etwa um den Faktor 8 von 4–23 mSv
zieren auf ,6–2,8 mSv pro Injektion.
Strahlentherapie
Sie unterteilt sich im Wesentlichen in 2 Verfahren:
F Teletherapie mit Beschleunigern oder 60Co-Quellen
F Brachytherapie mit umschlossenen Quellen im unmittelbaren Kontakt zum Patienten
7 Teletherapie Bei der 7Teletherapie ist die einzige Gefährdung des Personals eine versehentlich Frei-
gabe der Strahlung während sich noch Mitarbeiter im Raum befinden.
7 Brachytherapie Schwerer wiegende Zwischenfälle werden bei der 7Brachytherapie (. Tabelle 4) be-
richtet. Die mit Abstand meisten Unfälle und Zwischenfälle verbunden mit einer akuten
Strahlenschädigung sind jedoch bei Patienten und nicht beim beruflich exponierten Per-
sonal berichtet worden. In einzelnen Fällen ist es jedoch auch zu Überexpositionen des
Die therapeutische Verwendung von Personals gekommen. Besonders die Anwendung von β-Quellen zu therapeutischen Zwe-
β-Quellen ist mit Risiko der erhöhten cken kann zu einer erhöhten Strahlenexposition der Finger und Hände führen. Aus die-
Strahlenexposition der Finger und sem Grund wird zunehmend eine spezielle Ausbildung im Strahlenschutz für solche An-
Hände verbunden wendungen gefordert.
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11. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
Tabelle 5
Auszug aus veröffentlichten Zwischenfällen und Unfällen in Deutschland 2001–2002
Zwischenfälle/Unfälle Strahlendosis
2001 (insgesamt n=14)
5 Angestellter im Beschleunigerraum <0,1 mSv
8 Biegung oder Knickung von Kathetern <1 mSv
13 Reinigungspersonal im Beschleunigerraum ~20 mSv
(absichtlicher Missbrauch des Dosimeters) geschätzte Dosis 1,3 mSv
14 Angestellter im Afterloadingraum 0,2 mSv
2002 (insgesamt n=24)
5 Geknickter Katheter mit 90Sr in der Leiste ~1 µSv
7 Angestellter im Beschleunigerraum Sehr niedrig
8 MTRA für 8,6 s im Beschleunigerraum Sehr niedrig
10 CT-Röntgenröhre schaltet nach „scan stop“ nicht ab Sehr niedrig
Teletherapie. Die Telekobalttherapie mit Co-60 Quellen ist nach wie vor im Einsatz, wird
aber zunehmend, insbesondere in den Industrieländern, durch 7Linearbeschleuniger er- 7 Linearbeschleuniger
setzt. Eine berufliche Strahlenexposition mit 60Co-Quellen kann auftreten, falls das Per-
sonal den Bestrahlungsraum während der Bestrahlung nicht verlässt oder wenn ein Feh-
ler am Verschlusssystem dazu führt, dass sich die Quelle nicht in der richtigen Ruheposi- Räume zur Strahlentherapie haben
tion befindet. Aus Gründen des Strahlenschutzes haben fast alle Räume zur Strahlenthe- meist eine sichere Position im
rapie mit externen Quellen eine Geometrie, bei der der Eingangsbereich mit der Tür kei- Eingangsbereich mit nur geringem
ne direkte Sichtverbindung zur Strahlenquelle aufweist. Aus diesem Grund kann selbst Streustrahlungsniveau
für den Fall, dass während einer Bestrahlung ein Mitglied des Personals im Bestrahlungs-
raum eingeschlossen ist, schnell eine sichere Position im Eingangsbereich mit nur gerin-
gem Streustrahlungsniveau erreicht werden. In . Abb. 8 ist ein neues 7Hochfrequenz- 7 Hochfrequenzkontrollsystem
kontrollsystem gezeigt, das vom Personal in einer Strahlentherapieabteilung getragen
wird. Es verhindert das Einschalten der Strahlung, falls außer dem Patienten noch Perso-
nal mit Überwachungssensor im Raum ist.
Brachytherapie. Bei diesen therapeutischen Anwendungen werden Quellen in den Pati-
enten eingebracht. Als Strahlenquellen werden hierbei, mit hohen Behandlungsfrequen-
zen bei gynäkologischen Karzinomen, in der Gastroenterologie und Pneumologie oder
zur Prävention von Restenosen in der Kardiologie, 92Ir, 37Cs und 90Sr eingesetzt. In der
Kardiologie kommen auch flüssige Strahlenquellen zur Anwendung.
Bei den meisten Behandlungen von Malignomen erfolgt das Einfahren der Quelle
ferngesteuert. Bei anderen Anwendungen wie in der Kardiologie ist es erforderlich, dass
der Arzt die Einführung und korrekte Positionierung der Quelle unter Durchleuchtung
direkt am Patienten durchführt und überwacht. Hierbei können beim unachtsamen Um-
gang mit den Führungsschläuchen hohe Expositionen der Finger auftreten.
. Abbildung 9 zeigt ein System zur 7intravaskulären Therapie von Koronararterien 7 Intravaskuläre Therapie
mit 90Sr-Quellen. In . Tabelle 5 sind Berichte über Zwischenfälle und Unfälle in Deutsch-
land aufgeführt, von denen mehrere durch Biegung oder Abknickung der Applikations-
katheter verursacht wurden [0].
Eine weitere spezielle Form der Brachytherapie ist die Implantation von 25I- oder 03Pd-
Seeds in den Beckenboden zur Behandlung des 7Prostatakarzinoms. Die Seed-Behand- 7 Prostatakarzinom
lung ist mit relativ niedrigen Expositionen des behandelnden Personals verbunden, je- Die Seed-Behandlung ist mit
doch dem zusätzlichen Risiko, dass vereinzelt radioaktive Seeds verloren gehen können. relativ niedrigen Expositionen des
behandelnden Personals verbunden
Fazit für die Praxis
Das Risiko einer beruflich bedingten Überexposition in der Medizin kann als sehr gering
angesehen werden. Dennoch sollte die Ausbildung im Strahlenschutz speziell für Medi-
Der Radiologe 3 · 2005 | 301
12. ziner, die Röntgenstrahlung komplementär zu ihrer ursprünglichen Tätigkeit anwenden
(z. B. Kardiologen, Gefäßchirurgen, usw.), verbessert werden.
Die Körperdosen von nachweislich exponierten Personen liegen zwischen 1,1 und
4,6 mSv/Jahr. Bei einer Ganzkörperdosis von 10 mSV muss dabei mit einem zusätzlichen
Mortalitätsrisiko durch eine maligne Erkrankung von 0,1–1‰ gerechnet werden. Zwi-
schen 1975 und 1994 fiel die mittlere Jahresdosis aller überwachten Personen weltweit
In Deutschland lagen 1998 nur 0,09% von 0,78 auf 0,33 mSv ab. In Deutschland lagen 1998 nur 0,09% der überwachten Perso-
der überwachten Personen in der nen in der Medizin über dem Grenzwert der Ganzkörperexposition von 20 mSv. Völlig un-
Medizin über dem Grenzwert der zureichend und zu selten sind Dosismessungen z. B. an den Händen. Dadurch ist dem
Ganzkörperexposition von 20 mSv Strahlenschützer die Möglichkeit genommen, radiologische Verfahren im Sinne des Strah-
lenschutzes zu optimieren.
Neue Probleme im Strahlenschutz und in der Dosimetrie ergeben sich beim Einsatz von β-
Strahlern und der Vernichtungsstrahlung bei der PET in der Nuklearmedizin. Darum ist un-
abdingbar, dass bei der Einführung neuer Techniken zugleich ein Training und Erfahrungs-
austausch im Strahlenschutz angeboten werden, um beruflich bedingte Überexpositio-
nen zu vermeiden.
Korrespondierender Autor
PD Dr. Dr. R. Loose
Institut für Interventionelle
und Diagnostische Radiologie,
Klinikum Nürnberg-Nord,
Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg
E-Mail: loose@klinikum-nuernberg.de
Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma,
deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.
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13. Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
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Es ist immer nur eine Antwort möglich. Fragen zur Zertifizierung
Der Jahresgrenzwert der Wann müssen Personendosimeter Eine Ganzkörperdosis von 0,01 Sv
effektiven Dosis der beruflichen getragen werden? (10 mSv) (Röntgenstrahlung)
Strahlenexposition beträgt: o bei einer Tätigkeit im Kontrollbereich erhöht das Risiko, an einer
o 20 Sv o bei einer Tätigkeit im malignen Erkrankung zu sterben.
o 20 mSv Überwachungsbereich Man erwartet bei dieser Dosis ein
o 200 mSv o grundsätzlich in jeder zusätzliches Mortalitätsrisiko durch
o 20 µSv Röntgenabteilung Leukämie und Krebs im Bereich von
o 200 µSv o nur wenn Gefahr besteht, dass o 0,01–0,1‰.
Grenzwerte überschritten werden o 0,1–1‰.
Wie viel Prozent der in der o nur wenn keine Inkorporation o 1–10‰.
Medizin überwachten Personen zu befürchten ist o 1–10%.
überschritten in Deutschland 1998 o 10–100%.
den Jahresgrenzwert der Was ist ein amtliches
Ganzkörperexposition? Personendosimeter? Wie hoch ist ungefähr die mittlere
o 19% o das jederzeit ablesbare Stabdosimeter effektive Dosis der Bevölkerung in
o 9% o eine Ionisationskammer Deutschland aufgrund natürlicher
o 1% o die Filmplakette Strahlenquellen?
o 0,9% o ein geeichtes Ortsdosismessgerät o 200 mSv/Jahr
o 0,09% o ein vom Strahlenschutzbeauftragten o 20 mSv/Jahr
kalibriertes Dosimeter o 2 mSv/Jahr
Welche Strahlenanwendung o 0,2 mSv/Jahr
beinhaltet kein Risiko einer Die Personendosis ist o 0,02 mSv/Jahr
erhöhten beruflichen o der Mittelwert der von einer Person
Strahlenexposition? an den wichtigsten Organen und Informationen zum Einsendeschluss
o intravaskuläre Strahlentherapie Geweben erhaltenen Äquivalentdosen. erhalten Sie unter cme.springer.de
der Koronararterien o die an einer für die Strahlenexposition
o Radiosynoviorthese repräsentativen Stelle der Körperober-
o fluoroskopische Interventionen fläche mit einem amtlichen Dosimeter
o digitale Radiographie gemessene Äquivalentdosis.
o Interventionen mittels CT-Fluoroskopie o die repräsentative Dosis eines
Patienten in der Röntgendiagnostik.
Welches Verfahren der Radiologie o die mit einem Stabdosimeter
führt zur höchsten Exposition der gemessene Ionendosis.
Hände und Finger? o die Dosis an Orten, an denen sich
o diagnostische Angiographie Personen aufhalten.
der Becken-Bein-Gefäße
o PTA der A. poplitea Die effektive Dosis berücksichtigt
o PTCD des linken Leberlappens das Risiko
o PTCD des rechten Leberlappens o stochastischer Schäden.
o PTA der A. carotis o aller Spätschäden.
o akuter Schäden.
o aller deterministischen Schäden.
o von Hautrötungen.
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