SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
Streikformen (Übersicht nach ÖGB)

1. Abwehrstreik zur Verhinderung von Anschlägen auf die Arbeitsbedingungen oder auf die
soziale Sicherheit von ArbeitnehmerInnen

2. Generalstreik: Alle Beschäftigten eines Landes legen die Arbeit nieder. Diese Streikform
wird in der Regel nur bei der Gefährdung staatsbürgerlicher Grundrechte oder
fundamentaler Arbeitsbedingungen angewandt. Je nach Schärfe des Generalstreiks werden
lebens- oder gesundheitswichtige Sparten von der Teilnahme am Streik ausgenommen. In
besonderen Auseinandersetzungen werden auch diese Ausnahmen verweigert.

3. Vollstreik: Streik aller Beschäftigten eines Wirtschaftszweiges, einer Branche, eines
Verkehrsverbandes oder einer Verwaltungseinheit.

4. Betriebs- oder Unternehmensstreik erfasst die Beschäftigten eines Betriebes oder eines
Unternehmens.

5. Sonderform des Streiks: nur eine Beschäftigtengruppe (ArbeiterInnen bzw. Angestellte)
streiken

6. Teilstreik: bestimmter Teil der Beschäftigten an Streik beteiligt (bestimmte
ArbeitnehmerInnengruppen oder Betriebsabteilungen)

7. Schwerpunktstreik (auch „Perlenstreik“): nur eine ausgewählte Anzahl von
ArbeitnehmerInnen, ohne deren Arbeit der Betrieb nicht aufrechterhalten werden kann
streikt. Es kann sich auch um die Einstellung der Arbeit an Produktionsengpässen
(„Flaschenhälse“) handeln, die zum gleichen Ergebnis führt. Die anderen ArbeitnehmerInnen
bleiben arbeitswillig, um Kosten und Risken des Arbeitskampfes niedrig zu halten.

8. Punktestreik (auch „Schachbrettstreik“ oder „rotierender Streik“): Es streikt abwechselnd
jeweils ein Teil der Beschäftigten in verschiedenen Abteilungen bzw. an verschiedenen Orten.
Ziel: Produktionsstillstand oder zumindest schwere Produktionsbeeinträchtigungen.
Voraussetzungen ähnlich wie beim „Schwerpunktstreik“.

9. Warnstreik: Befristeter Streik, der Folgerungen ankündigt bzw. dem Vertragspartner den
Ernst der Situation vor Augen führen will.

10. Proteststreik: normalerweise befristet, soll Unwillen der Streikenden mit einem
bestimmten Zustand, einem Vorfall oder einem Ereignis ausdrücken. Muss sich nicht
unbedingt gegen den Betriebsinhaber richten, kann sich auch auf außerbetriebliche
Ereignisse beziehen.

11. Solidaritätsstreik: normalerweise befristet, soll Verbundenheit mit dem Kampf anderer
zum Ausdruck bringen und diese psychologisch und moralisch stärken.

12. Sitzstreik: Die Streikenden verlassen den Betrieb nicht, sondern bleiben untätig auf ihren
Arbeitsplätzen. Wenn der Arbeitgeber die Streikenden für die Dauer des Streiks aus dem
Betrieb weist, liegt ein Betriebsverbot und keine Aussperrung vor.

13. Hungerstreik: Verweigerung jeder Nahrungsaufnahme durch die Streikenden zur
Durchsetzung ihrer Forderungen.
Nebeneffekt: Beeinflussung der Öffentlichkeit. Im Arbeitsleben sehr seltene Maßnahme,
doch wichtiges Kampfmittel politischer Häftlinge.

14. Der „wilde“ Streik: Bezeichnung für einen Streik, der ohne Einvernehmen mit der
Gewerkschaft geführt wird. Auch diese Maßnahme ist begrifflich und rechtlich ein Streik. Er
wird ohne Einvernehmen mit der Gewerkschaft geführt.
Die Haltung der Gewerkschaft gegenüber diesen Streiks ist grundsätzlich ablehnend.

Andere Kampfmaßnahmen

15. Passive Resistenz: Mit diesem Kampfmittel wird die Arbeit nicht eingestellt, doch werden
alle Vorschriften extrem streng und bürokratisch beachtet, womit der Produktionsablauf
behindert wird.
Wirksame Maßnahme, aber schwierig zu beherrschen. Wirksamkeit hängt aber auch von
Entlohnungsform ab. Bei Zeitlohnarbeiten größer, bei leistungsbezogenen Entgelten (Akkord,
Prämie usw.) eher gering, weil unmittelbare Auswirkungen auf Verdiensthöhe.

16. Einstellung von Überstunden: Kann, wenn davon Engpässe betroffen werden, wirksam
sein. Nachteile: Differenzen in Belegschaften können entstehen, weil nur eine Gruppe (jene,
die für Überstundenarbeit in Frage kommt) die Last des Kampfes für alle trägt.

17. Protestversammlungen: Dienen der Information und der Beratung der Belegschaft und
haben den Nebeneffekt, dass in dieser Zeit die Arbeitsleistung unterbleibt. Wirkung ähnlich
wie bei befristetem Proteststreik, in der Form jedoch gemäßigter.

18. Kündigung von Betriebsvereinbarungen: Kann auch den Charakter einer
Kampfmaßnahme annehmen, wenn sie entsprechend der konkreten Situation Druck erzeugt.
Da sich aber auch materielle Nachteile für ArbeitnehmerInnen (z. B. bei Kündigung eines
Akkordvertrages) ergeben können, sorgfältig prüfen, für wen Kündigung einer
Betriebsvereinbarung die größere Belastung darstellt und wer eine solche Maßnahme besser
aushält.

Weitere ähnliche Inhalte

Mehr von Werner Drizhal

Zustimmungspflichtige maßnahmen
Zustimmungspflichtige maßnahmenZustimmungspflichtige maßnahmen
Zustimmungspflichtige maßnahmenWerner Drizhal
 
Gpa bgf überblick und leitfaden
Gpa bgf überblick und leitfadenGpa bgf überblick und leitfaden
Gpa bgf überblick und leitfadenWerner Drizhal
 
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwald
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwaldVortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwald
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwaldWerner Drizhal
 
Erfahrungen der tn innen
Erfahrungen der tn innenErfahrungen der tn innen
Erfahrungen der tn innenWerner Drizhal
 
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)Werner Drizhal
 
Fotoprotokoll dezember 2012
Fotoprotokoll dezember 2012Fotoprotokoll dezember 2012
Fotoprotokoll dezember 2012Werner Drizhal
 
20019042 verteilungsgerechtigkeit präs 5-11-12
20019042 verteilungsgerechtigkeit  präs 5-11-1220019042 verteilungsgerechtigkeit  präs 5-11-12
20019042 verteilungsgerechtigkeit präs 5-11-12Werner Drizhal
 
Folien aktionswoche fsg
Folien aktionswoche fsgFolien aktionswoche fsg
Folien aktionswoche fsgWerner Drizhal
 
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scd
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scdInfo zum egb aktionstag 14-nov_2012_scd
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scdWerner Drizhal
 
Georg clementi zeitlieder
Georg clementi zeitliederGeorg clementi zeitlieder
Georg clementi zeitliederWerner Drizhal
 
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)Werner Drizhal
 
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)Werner Drizhal
 
Lehrgang soziale kompetenz übersicht
Lehrgang soziale kompetenz   übersichtLehrgang soziale kompetenz   übersicht
Lehrgang soziale kompetenz übersichtWerner Drizhal
 
Programm zukunft trotz herkunft
Programm zukunft trotz herkunftProgramm zukunft trotz herkunft
Programm zukunft trotz herkunftWerner Drizhal
 
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012Eurokrise fsg komprimiert okt 2012
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012Werner Drizhal
 

Mehr von Werner Drizhal (20)

Bv
BvBv
Bv
 
Betriebsübergang
BetriebsübergangBetriebsübergang
Betriebsübergang
 
Befugnisse
BefugnisseBefugnisse
Befugnisse
 
Zustimmungspflichtige maßnahmen
Zustimmungspflichtige maßnahmenZustimmungspflichtige maßnahmen
Zustimmungspflichtige maßnahmen
 
Gpa bgf überblick und leitfaden
Gpa bgf überblick und leitfadenGpa bgf überblick und leitfaden
Gpa bgf überblick und leitfaden
 
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwald
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwaldVortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwald
Vortrag unfallheilbehandlung & rehabilitation in der auva 2013 seiwald
 
Erfahrungen der tn innen
Erfahrungen der tn innenErfahrungen der tn innen
Erfahrungen der tn innen
 
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)
Präs ch kbm_gewerkschaft-(kst-)
 
Bmask soz jahr
Bmask soz jahrBmask soz jahr
Bmask soz jahr
 
Fotoprotokoll dezember 2012
Fotoprotokoll dezember 2012Fotoprotokoll dezember 2012
Fotoprotokoll dezember 2012
 
20019042 verteilungsgerechtigkeit präs 5-11-12
20019042 verteilungsgerechtigkeit  präs 5-11-1220019042 verteilungsgerechtigkeit  präs 5-11-12
20019042 verteilungsgerechtigkeit präs 5-11-12
 
Folien aktionswoche fsg
Folien aktionswoche fsgFolien aktionswoche fsg
Folien aktionswoche fsg
 
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scd
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scdInfo zum egb aktionstag 14-nov_2012_scd
Info zum egb aktionstag 14-nov_2012_scd
 
Ifam übersicht
Ifam übersichtIfam übersicht
Ifam übersicht
 
Georg clementi zeitlieder
Georg clementi zeitliederGeorg clementi zeitlieder
Georg clementi zeitlieder
 
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)
Griechenland fsg gpa djp (oktober 2012)
 
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)
Eurokrise fsg gpa-djp (oktober 2012)
 
Lehrgang soziale kompetenz übersicht
Lehrgang soziale kompetenz   übersichtLehrgang soziale kompetenz   übersicht
Lehrgang soziale kompetenz übersicht
 
Programm zukunft trotz herkunft
Programm zukunft trotz herkunftProgramm zukunft trotz herkunft
Programm zukunft trotz herkunft
 
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012Eurokrise fsg komprimiert okt 2012
Eurokrise fsg komprimiert okt 2012
 

Streikformen

  • 1. Streikformen (Übersicht nach ÖGB) 1. Abwehrstreik zur Verhinderung von Anschlägen auf die Arbeitsbedingungen oder auf die soziale Sicherheit von ArbeitnehmerInnen 2. Generalstreik: Alle Beschäftigten eines Landes legen die Arbeit nieder. Diese Streikform wird in der Regel nur bei der Gefährdung staatsbürgerlicher Grundrechte oder fundamentaler Arbeitsbedingungen angewandt. Je nach Schärfe des Generalstreiks werden lebens- oder gesundheitswichtige Sparten von der Teilnahme am Streik ausgenommen. In besonderen Auseinandersetzungen werden auch diese Ausnahmen verweigert. 3. Vollstreik: Streik aller Beschäftigten eines Wirtschaftszweiges, einer Branche, eines Verkehrsverbandes oder einer Verwaltungseinheit. 4. Betriebs- oder Unternehmensstreik erfasst die Beschäftigten eines Betriebes oder eines Unternehmens. 5. Sonderform des Streiks: nur eine Beschäftigtengruppe (ArbeiterInnen bzw. Angestellte) streiken 6. Teilstreik: bestimmter Teil der Beschäftigten an Streik beteiligt (bestimmte ArbeitnehmerInnengruppen oder Betriebsabteilungen) 7. Schwerpunktstreik (auch „Perlenstreik“): nur eine ausgewählte Anzahl von ArbeitnehmerInnen, ohne deren Arbeit der Betrieb nicht aufrechterhalten werden kann streikt. Es kann sich auch um die Einstellung der Arbeit an Produktionsengpässen („Flaschenhälse“) handeln, die zum gleichen Ergebnis führt. Die anderen ArbeitnehmerInnen bleiben arbeitswillig, um Kosten und Risken des Arbeitskampfes niedrig zu halten. 8. Punktestreik (auch „Schachbrettstreik“ oder „rotierender Streik“): Es streikt abwechselnd jeweils ein Teil der Beschäftigten in verschiedenen Abteilungen bzw. an verschiedenen Orten. Ziel: Produktionsstillstand oder zumindest schwere Produktionsbeeinträchtigungen. Voraussetzungen ähnlich wie beim „Schwerpunktstreik“. 9. Warnstreik: Befristeter Streik, der Folgerungen ankündigt bzw. dem Vertragspartner den Ernst der Situation vor Augen führen will. 10. Proteststreik: normalerweise befristet, soll Unwillen der Streikenden mit einem bestimmten Zustand, einem Vorfall oder einem Ereignis ausdrücken. Muss sich nicht unbedingt gegen den Betriebsinhaber richten, kann sich auch auf außerbetriebliche Ereignisse beziehen. 11. Solidaritätsstreik: normalerweise befristet, soll Verbundenheit mit dem Kampf anderer zum Ausdruck bringen und diese psychologisch und moralisch stärken. 12. Sitzstreik: Die Streikenden verlassen den Betrieb nicht, sondern bleiben untätig auf ihren Arbeitsplätzen. Wenn der Arbeitgeber die Streikenden für die Dauer des Streiks aus dem Betrieb weist, liegt ein Betriebsverbot und keine Aussperrung vor. 13. Hungerstreik: Verweigerung jeder Nahrungsaufnahme durch die Streikenden zur Durchsetzung ihrer Forderungen.
  • 2. Nebeneffekt: Beeinflussung der Öffentlichkeit. Im Arbeitsleben sehr seltene Maßnahme, doch wichtiges Kampfmittel politischer Häftlinge. 14. Der „wilde“ Streik: Bezeichnung für einen Streik, der ohne Einvernehmen mit der Gewerkschaft geführt wird. Auch diese Maßnahme ist begrifflich und rechtlich ein Streik. Er wird ohne Einvernehmen mit der Gewerkschaft geführt. Die Haltung der Gewerkschaft gegenüber diesen Streiks ist grundsätzlich ablehnend. Andere Kampfmaßnahmen 15. Passive Resistenz: Mit diesem Kampfmittel wird die Arbeit nicht eingestellt, doch werden alle Vorschriften extrem streng und bürokratisch beachtet, womit der Produktionsablauf behindert wird. Wirksame Maßnahme, aber schwierig zu beherrschen. Wirksamkeit hängt aber auch von Entlohnungsform ab. Bei Zeitlohnarbeiten größer, bei leistungsbezogenen Entgelten (Akkord, Prämie usw.) eher gering, weil unmittelbare Auswirkungen auf Verdiensthöhe. 16. Einstellung von Überstunden: Kann, wenn davon Engpässe betroffen werden, wirksam sein. Nachteile: Differenzen in Belegschaften können entstehen, weil nur eine Gruppe (jene, die für Überstundenarbeit in Frage kommt) die Last des Kampfes für alle trägt. 17. Protestversammlungen: Dienen der Information und der Beratung der Belegschaft und haben den Nebeneffekt, dass in dieser Zeit die Arbeitsleistung unterbleibt. Wirkung ähnlich wie bei befristetem Proteststreik, in der Form jedoch gemäßigter. 18. Kündigung von Betriebsvereinbarungen: Kann auch den Charakter einer Kampfmaßnahme annehmen, wenn sie entsprechend der konkreten Situation Druck erzeugt. Da sich aber auch materielle Nachteile für ArbeitnehmerInnen (z. B. bei Kündigung eines Akkordvertrages) ergeben können, sorgfältig prüfen, für wen Kündigung einer Betriebsvereinbarung die größere Belastung darstellt und wer eine solche Maßnahme besser aushält.