1. Pro Holz Schweiz Minergie‐Eco Siedlung
Exkursion 20.11.2009 in Gossau, St. Gallen
Minergie-Eco Siedlung in Gossau, St. Gallen
Fünfgeschossige Holzelementbauten in zukunftsweisender Holzbauweise. Durchdachtes
Konzept als Grundlage für einen sehr rationellen Baufortschritt
Rico Kaufmann, Dipl. Ing. Holzbau
Kurzbeschrieb
Anzahl Gebäude: 3
Anzahl Wohnungen: 42
Tiefgaragenplätze: 70
Wohnungsmix: 3 ½ , 4 ½ ,6
Standard: Minergie Eco
Masse pro Gebäude
Länge: 34 m
Breite: 17 m
Höhe: 14.5 m
Die Ausgangslage
Holz spielt seit Generationen und für Generationen eine Materialien
Bauweise: Holzelemente
tragende Rolle bei der Überbauung Aatal-Weiher. Ein Decken: Optiholz piano
Bauvorhaben aus drei Mehrfamilienhäusern à fünf Ge- Fassade: Naturschiefer
schossen mit insgesamt 42 Wohnungen. Dach: Ext. Begrünung
Fenster: Holz und Holz/Alu
Balkone: Lärchenholz
Das zentral gelegene Sägereigelände Bänninger in Gos-
sau ist der Ausgangspunkt des Bauvorhabens. Darauf
entsteht eine nachhaltige Überbauung. Die Sägerfamilie, dem Holz traditionell gut
gesinnt, lässt sich vom Investor überzeugen, dass aus Holz ein wegweisendes Projekt
entstehen soll. Der Investor, die Kaufmann Oberholzer AG, eine der grössten
holzverarbeitenden Betriebe der Schweiz, kann von Beginn weg, ein Team aus
Bauherrschaft, Architekt, Baumanagement, Holzbaubetrieb und Fachplanern
zusammenstellen. Ideale Voraussetzung für ein durchdachtes Konzept.
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Alles andere als 0/8/15
Gebaut wird viel. Und Vieles ist gleich und dadurch schwierig zu vermarkten. Holz bietet
andere Möglichkeiten. Gerade bezüglich Energieeffizienz, Wohnklima und Nachhaltigkeit.
Im mehrgeschossigen Holzbau hat der Ersteller grosse Erfahrung. Der Verkauf von 42
Eigentumswohnungen in dieser Bauweise hingegen kann nicht mit Erfahrungen belegt
werden. Entsprechend wurden im Vorfeld lokale Begebenheiten des Immobilienmarktes
geprüft. Die Überzeugung für den Verkauf kommt aus der Erfahrung aus den Einfamilien-
häusern in Holz. Durch die Sensibilisierung in umwelt-, energie- und gesundheitsrele-
vanten Themen des Bauens verzeichnet das KaufmannKlimahaus in den vergangen Jah-
ren stark steigende Nachfrage. Diese Chance möchte die Bauherrschaft nicht nur den
Einfamilienhauskäufern sondern auch den Käufern von Eigentumswohnungen geben. Wie
die aktuellen Verkaufszahlen beim Projekt Aatal-Weiher bestätigen, wird dadurch ein
grosses Bedürfnis gestillt.
Neben der Bauweise in Holz, im zertifizierten Minergie-ECO Standard, weichen auch die
Wohnungsgrundrisse vom Einheitsbrei ab. Eine moderne, gewagte Raumgestaltung der
Wohnungen und grosszügige Terrassen bzw. Balkone geben der Siedlung den ganz spe-
ziellen, modernen Charakter.
Der zur Sägerei gehörende Bach und Weiher werden renaturiert und bilden einen Umge-
bungsbestandteil der Überbauung.
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Minergie-ECO: Fluch oder Segen?
Die Anforderungen von Minergie-ECO sind hoch. Nicht unbedingt bezüglich den Wärme-
dämmungen. Diese werden in der Holzbauweise spielend erfüllt. Die Herausforderung
liegt in der Wahl der weiteren, benötigten Baustoffen, wie Dämmungen, Dichtungen, La-
cke und Farben. Auf einmal kommt zum Beispiel der gute, alte Seidenzopf anstelle des
PU-Schaumes für das Dämmen rund um die Fenster zum Einsatz.
Die Käuferschaft schätzt das Label. Es garantiert für Komfort, Gesundheit, Ökologie und
Energieeffizienz. Und daher ist es ein Segen – den die Käuferschaft, die Kundschaft ge-
winnt dabei – und nicht zuletzt die Umwelt.
Statik: Hochleistungswerkstoff Holz
Grundsätzlich wird in lineare und
punktuelle Lastabtragung unterschie-
den. Im vorliegenden Fall werden die
Lastenabtragungen auf vier Achsen
linear konzipiert und die fünfte Achse,
jene mit grossflächigen Fenstern,
punktuell. Ebenfalls punktuell ist die
Lastabtragung bei den Balkonen.
Die vertikale Lastabtragung, grössten-
teils über Brettschichtholz, stellt für
das Holz grundsätzlich keine „Anstren-
gung“ dar. Es könnten noch mehr
Stockwerke darauf gestellt werden.
Wichtig ist die Berücksichtigung des
Querdruckes und des Schwind- und
Quellverhaltens in radialer und tangen-
tialer Richtung von Holz. Daher werden
die vertikalen Lasten vom obersten bis
zum untersten Geschoss vollständig
über die Längsfasern des Holzes getra-
gen. Die Details müssen entsprechend
konstruiert werden.
Die Deckenspannweite und insbeson-
dere die Systemhöhe haben auf die
Wirtschaftlichkeit eine grosse Bedeu-
tung. Aufgrund der Bauvorschriften ist
die Gebäudehöhe eingeschränkt. Bei
den Raumhöhen wollte man grosszügig
sein. Also wurde die Systemhöhe der
Decken eingeschränkt. Mit dem De-
ckensystem Optiholz (Brettstapelmo-
dule) wurde ein kostengünstiges, effi-
zientes Tragelement eingesetzt.
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Brandschutz: Sicherheit, die kostet
Bis 6 Geschosse dürfen heute in der Schweiz in der Holzbauweise brandschutztechnisch
betrachtet erstellt werden. Mit fünf Geschossen gehört die Überbauung Aatal-Weiher zu
der obersten Kategorie mit entsprechenden Anforderungen. So muss das Treppenhaus
zwingend in Massivbauweise erstellt werden.
Die flächigen Teile, wie Decken, Innen- und Aussenwände sind in Holzbauweise REI60
nbb V sprich „nicht brennbar verkleidet“ auszuführen. Da heute im Holzbau mit Gipsfa-
serplatten gearbeitet wird, stellen diese Elemente keine Schwierigkeit dar.
Etwas komplexer wird es in den Details, bei den Bauteilübergängen zum Beispiel. Da ist
ab und zu ein Aufwand nötig, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Dank der guten Betreuung durch das im Brandschutz versierte Ingenieurbüro Josef Kolb
AG konnten optimierte Lösungen erarbeitet werden. Eine solche Überbauung wird von
Gesetzes wegen durch einen unabhängigen, anerkannten Fachingenieur „Brandschutz“
begleitet und überwacht. Die Schweizerische Holzbaubranche hat damit ein gutes In-
strument zur Sicherung eines hohen Standards geschaffen.
Schallschutz: Holzbau braucht sich nicht verstecken
Bei Minergie-Eco müssen die erhöhten Anforderungen
im Schallschutz gemäss den SIA-Normen erfüllt wer-
den. Dabei sind die Werte bei Decken von grösster
Bedeutung. Der Luftschalldämmwert hat grösser
gleich 55 dB und der Trittschalldämmwert kleiner
gleich 50 dB zu erreichen. Mit einem eigens für den
mehrgeschossigen Holzbau entwickelten Schweizer
Deckensystem auf der Basis einer Brettstapeldecke
werden die Werte übertroffen. Durch den mehrlagi-
gen Aufbau sind die Trittschalldämmwerte im Rah-
men von Betondecken, der Luftschalldämmwert so-
gar noch besser. Zusätzlich werden hervorragende
Werte im Tieftonbereich erreicht. Das System „Opti-
holz piano 60“ von Kaufmann Oberholzer bewährt
sich auch in preislicher Hinsicht.
Optiholz piano 60 (Deckensystem)
Trittschall: 44 dB < 52 dB (erhöhte Anforderungen)
Luftschall: 61 dB > 55 dB (erhöhte Anforderungen)
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Planung – neue Denkweise
Im Holzbau kommt der Planung grosse Bedeutung zu. Das Gebäude ist auf dem Reiss-
brett bzw. im CAD fertig zu konstruieren. Es bedeutet eine Umstellung in der Denkweise
und fordert Planungszeit und Vorstellungsvermögen. Das Resultat sind durchdachte
Details, eine kurze Bauzeit und Kosteneinsparungen.
Die Planung wird zu einem Teil der Produktion. Die Daten aus der dreidimensionalen
CAD-Planung werden auf der Abbundstrasse und den Elementtischen weiter verwendet.
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Installationskonzept
Konsequent wurde beim Projekt Aatal-Weiher das Installationskonzept durchdacht. Die
vertikale Erschliessung der Geschosse geschieht über eigens ausgeschiedene Schächte.
Die horizontale Verteilung der Lüftungsrohre wird über einen Kernbereich mit kleinerer
Deckenstärke in x- und y-Richtung bewerkstelligt und dann in Deckentragrichtung in
werkseitig vorgefertigten Kanälen in die Zimmer und Wohnräume gestossen. Ein einfa-
ches, sauberes Prinzip.
Für starre Heizungs- oder
Wasserrohre wurden be-
reits im Holzbauwerk Lö-
cher in die Deckenele-
mente gebohrt, sodass
der Installateur einfach
die genau definierte Posi-
tion einhält und die Rohre
nur noch durchzuschieben
braucht.
Wenn man bedenkt, wie-
viele Rohre und Leitungen
in solchen High-Tech-Ge-
bäuden eingebaut wer-
den, zeigt sich das ge-
wählte Konzept als opti-
mal und geordnet.
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Herstellung
Währenddem der Keller betoniert wird,
werden im Holzbauwerk die Wand-, De-
cken- und Dachelemente gefertigt. Ein
Mehrfamilienhaus in diesem Ausmass
benötigt viel Material und Elementferti-
gungskapazität. Der Logistik ist grosse
Bedeutung zuzumessen. In wenigen
Wochen konnten die Arbeiten in den
Werken Roggwil und Schönenberg ab-
geschlossen werden.
Beide Werke verfügen über moderne
Infrastruktur und klimatisierte Produktionsräume. Es ist wichtig, dass das Holz während
dem ganzen Prozess trocken gehalten werden kann. Ausserdem setzen Verklebungen
eine definierte Umgebungstemperatur voraus. Nur so kann die geforderte Qualität er-
reicht werden.
Baustelle
Zimmerleute arbeiten anders. Es
herrscht zwar emsiges Treiben bei der
Montage eines Elementbaues. Gleich-
zeitig geht alles geordnet und hoch-
konzentriert von statten. Der ganze
Ablauf wirkt ruhig und beständig.
In der Schweiz kann nicht immer von
Sonnenschein ausgegangen werden.
Grossprojekte, wie dieses, benötigen
daher eine Strategie für sehr schlech-
tes Wetter. Im vorliegenden Fall wurde
das erste Gebäude im November
aufgerichtet. Dabei gab es neben
Sonnenschein auch heftige Regenfälle
und sogar Sturm. Ein Notdach diente
als Schutz. Es bewährte sich und der
Bau konnte ins Trockene gebracht
werden.
Bereits im Rohbau umgibt den Besu-
cher eine beeindruckende, gute Atmo-
sphäre. Keine stinkige, feuchte Luft,
kein Höhlenklima, kein Mief. Man fühlt
sich wohl. Zudem ist die Baustelle sau-
ber. Ein neues Bild von einer Gross-
baustelle.
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Bilder
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Ausblick
Die Nachfrage nach den Wohnungen
bei der Überbauung Aatal-Weiher ist
sehr gross. „Holz, gesundes Wohn-
klima, Energieeffizienz und Nachhal-
tigkeit“ sind die am häufigsten ge-
nannten Gründe der Käuferschaft. Es
stimmt den Autor positiv, dass die
Menschheit beginnt umzudenken. Die
Nachhaltigkeit, die Ökologie wird zum
Thema. Über kurz oder lang werden
die noch heute erstellten, ökologisch
bedenklichen und energetisch rück-
ständigen Immobilien unverkäuflich.
Daher besteht ein riesiges Potential
für Bauten in der Bauweise wie beim
Projekt Aatal-Weiher. Infobox:
Die Entwicklung, welche wir bei den
Bauherrschaft
Einfamilienhäusern in den vergangenen
Kaufmann Oberholzer AG, Roggwil
Jahren erleben konnten, wird sich bei
Bänninger GmbH, Gossau
den Eigentumswohnungen ebenfalls
einstellen. Der Private verlangt in Zu-
Projektleitung / Bauleitung
kunft solche Wohnungen. Ob die insti-
Bauunterstützung Schwarz + Partner
tutionellen Anleger auch genügend
Rorschach
schnell reagieren, ist fraglich. Für
jene, welche vorausschauend sind,
Architektur
wird der mehrgeschossige Holzbau
plan b architekten, Goldach
schon bald zu einem Thema, wenn es
nicht heute schon eines ist.
Verkauf
Das Projekt Aatal-Weiher zeichnet sich Immobilienagentur
durch eine hohe Qualität der Arbeiten Ruedi Bleichenbacher, Gossau
aus. Für die zweite und dritte Etappe
werden die Details verfeinert und wei-
ter optimiert. Es ist von grosser Wich-
tigkeit, dass die hohe Bauqualität auch zukünftig umgesetzt wird. Es ist daher zu emp-
fehlen, die Erfahrung der ausgewiesenen Betriebe im mehrgeschossigen Holzbau, bereits
bei der Konzeptionierung zu berücksichtigen und einzubeziehen.
In der Holzbaubranche besteht noch ein grosses Entwicklungspotential. Die Vorfertigung
wird weiter optimiert und industrialisiert. Das mehrgeschossige Bauen wird in jeder Hin-
sicht interessant für Planer, Holzbauer, Käufer und für die Umwelt.
Mehr Infos zum Projekt unter: www.aatal-weiher.ch und www.kaufmann-oberholzer.ch
rk, Nov. 2009
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