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Wir sind Europa!
63.Europäischer Wettbewerb
Mahlet Melka Tadesse
Dreieichschule Langen
Klasse 11 (Q2)
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung: Europa..................................................2
2. Die Vision eines Europas des Friedens....................3
3. Die Entstehung der Europäischen Union.................4
4. Die EU als Wertegemeinschaft................................5
5. Ein Europa der Vielfalt............................................6
6. Europa betrifft uns! ….............................................7
7. Europa braucht uns! …............................................8
8. Wir sind Europa! ….................................................9
1. Einführung: Europa
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, liebe Europäer!
Ich würde Ihnen gerne eine kleine Geschichte erzählen: sie handelt von einer ganz besonderen Frau.
Als ich ihr zum ersten Mal begegnet bin, konnte ich nicht anders als ihre außergewöhnlichen
Gesichtszüge und ihren einzigartig geformten Körper zu bestaunen. Irgendetwas hatte sie an sich, das
anders war als bei ihren Mitmenschen. Doch es fiel mir schwer, festzumachen, was sie so anders
machte, was sie so anders wirken ließ. Vielleicht war es dieses schimmernde Etwas, das aufblitzte,
sobald man ihr in die Augen schaute. Als konnten diese nicht erwarten, davon zu erzählen, was so
einzigartig an jener Gestalt war, die sie bestückten. Vielleicht war es aber auch diese so schwer in
Worte zu fassende Verbindung, die ich zu ihr verspürte; eine Verbindung, die mir auf eine so
wunderliche Art und Weise selbstverständlich erschien. Ich wollte mehr über die Frau erfahren - mehr
über ihr Wesen, ihre Herkunft und mehr über ihre Geschichte, die ihr in jede einzelne Falte ihres
Gesichtes geschrieben zu sein schien.
Und genau jene Geschichte erzählte sie mir: eine ungeschönte Schilderung, geprägt durch das stetige
Wechselspiel von Höhen und Tiefen, Rück- und Fortschritten. Sie erzählte von schmerzender
Enttäuschung und von unermüdlicher Hoffnung genau dann, wenn diese am realitätsfernsten
erschien. Sie redete von Fehlern, aus denen sie gelernt habe, Fehlern, die ihre Vergangenheit bestimmt
und ihre Gegenwart verändert haben – zum Guten. Ich konnte nicht anders als den Worten der Frau
gespannt zu lauschen. Was trieb sie an, was ließ sie nachdenklich werden? Was machte sie aus und
was hatte es mit dieser seltsamen Verbundenheit auf sich, die ich zu ihr verspürte?
Nun, meine Damen und Herren, was wenn ich Ihnen sage, dass jeder Einzelne von Ihnen diese Frau
kennt? Halten Sie dies für eher unwahrscheinlich? Ich würde Sie gerne vom Gegenteil überzeugen,
denn diese „geheimnisvolle“ Gestalt ist nämlich niemand – oder vielleicht besser gesagt – nichts
anderes als EUROPA. Ja, genau, Europa!
Wahrscheinlich ist Ihnen „Europa“ bis jetzt noch nicht beim Einkaufen in der Stadt über den Weg
gelaufen – mir persönlich auch nicht. Denn das, an was Sie denken, wenn der Name „Europa“ fällt
und das „Europa“, über das ich heute gerne sprechen würde, ist keine Frau, geschweige denn ein
einzelner Mensch.
Nun fragen Sie sich wahrscheinlich: „Wozu dann diese seltsame Gleichsetzung Europas mit einer
weiblichen Begegnung, die einem plötzlich ihre Lebensgeschichte erzählt und dabei angeblich
fasziniert?“
Nun ja, die Geschichte, die ich Ihnen erzählt habe, ist eine Art Versuch der bildlichen Darstellung
meiner ersten Annäherung zu dem Kontinent, den ich ja eigentlich seit meiner Geburt kenne und
kennen sollte. Dennoch ist mir Europa bei jener ersten „richtigen“ Begegnung als etwas völlig Neues
eröffnet worden, was mich ungemein überrascht und dazu veranlasst hat, tiefer zu gehen.
Sich damit zu beschäftigen, was diesen Kontinent so ausmacht, für was er steht und was ich persönlich
als Europäerin für eine Rolle bei all dem spiele.
Viele EU-Bürger und EU-Bürgerinnen hatten noch kein derartiges Schlüsselerlebnis. Für sie bleibt
Europa, vor allem die Europäische Union und alles, was mit ihr zusammenhängt, ein abstraktes
Gebilde fern von ihrer Realität. Dabei beeinflussen gerade die Handlungen und Entscheidungen der
EU genau jene Realität in erheblichem Maße. Dennoch scheint die Union vielen Bürgerinnen und
Bürgern nicht so wichtig zu sein. Einige wissen nicht einmal, dass diese der ausschlaggebende Grund
dafür ist, dass über eine halbe Milliarde Europäer und Europäerinnen - darunter also auch sie
selbst - in Frieden leben können. Auch die Bedeutung, die unabdingbare Notwendigkeit eines
gemeinsamen Europas, das über die Grenzen der jeweiligen europäischen Staaten, aber auch über die
Grenzen in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger Europas, hinausgeht, scheint hierbei nicht
Bestandteil des Bewusstseins vieler EU-Bürger sowie EU-Bürgerinnen zu sein.
2. Die Vision eines Europas des Friedens
Die Gründerväter der EU waren sich dessen jedoch bewusst. Sie trieb eine einzigartige Vision an.
Eine Vision, die ausgehend von den Fundamenten unseres Kontinentes Veränderung schaffte.
Die Vision eines geeinten Europas, eines Europas der Bürger. Ein Kontinent des Friedens und der
Solidarität, ein Kontinent, der es schafft, sich von den Fesseln der Feindschaft zu befreien: Fesseln
der Feindschaft, die unser aller Heimat in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts verwüsteten und in
Form zweier schrecklicher Weltkriege mehr als 80 Millionen Menschen das Leben kosteten.
Aus jenen Trümmern unseres Kontinentes entstand jedoch die Hoffnung auf ein neues Europa: auf
ein Europa, das es schafft, unbezwingbar scheinende Hindernisse sowie Differenzen, die einst tiefe
Keile zwischen die Völker Europas trieben, zu überwinden – gemeinsam.
Ein Europa, in dem Identität nicht mehr in Konflikten mit und Abgrenzung zu anderen
europäischen Staaten begründet wird – nein – ein Europa, in dem das gemeinsam Erlebte, die
Geschichte, die einenden Werte, die einenden Ziele sowie schlichtweg das, was in den Unterschieden
verbindet, bestimmend für das Wesen des Kontinentes ist - bestimmend für den lang ersehnten
Frieden, der dauerhaft im Lebensraum hunderter Millionen von Menschen herrschen soll.
3. Die Entstehung der Europäischen Union
Und der erste wesentliche Schritt in Richtung eines solch friedlichen sowie geeinten Europas erfolgte
fünf Jahre nach dem Ende genau jenes Krieges, der einst Europa von jenem Ziel so gewaltsam zu
trennen schien. Am 09.Mai 1950 schlug Robert Schuman, der damalige Außenminister Frankreichs,
vor, dass die Kohle- und Stahlerzeugung der Staaten, die kurz zuvor noch Krieg gegeneinander
geführt hatten, einer gemeinsamen „Hohen Behörde“ unterstellt werden. Somit würden jene
Produktionen unter einer gemeinsamen Kontrolle sowie in Abhängigkeit zueinander stehen. Genau
ein Jahr später wurde diese Idee in Form der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der
Montanunion, umgesetzt. Und auf so wundersame Weise wurden plötzlich jene Rohstoffe, die die
Produktion von Waffen ermöglichten und daher essentiell für das Austragen von Kriegen waren, zu
Werkzeugen der Versöhnung und des Friedens.
Und so war tatsächlich der erste Schritt in Richtung europäische Einigung und Integration getan, der
sogleich eines der wichtigsten Güter des menschlichen Miteinanders erbrachte: Frieden. Frieden, der
so vielen Frauen, Männern und Kindern noch vor nicht viel mehr als 70 Jahren verwehrt blieb. Frieden,
der ihre Träume schmückte, während der Krieg ihre bittere Realität darstellte. Die ständige Angst
davor, dass der nächste Tag der letzte sein könnte, dass die geliebte Tochter vom alltäglichen Brotkauf
beim Bäcker nicht mehr nach Hause zurückkehren wird.
Uns jedoch, meine Damen und Herren, ist Frieden dank der so strebsamen und unermüdlichen
Hingabe zur Verwirklichung eines geeinten Europas in Form der europäischen Integration gesichert
– und das nun mehr als 70 Jahre. Mehr als 70 Jahre Frieden auf einem Kontinent, der Jahrtausende
lang von etlichen Konflikten und erbitterten Kriegen gezeichnet war. So unvorstellbar Frieden für die
Menschen damals war, so selbstverständlich ist er heute für Sie und mich. Frieden, über den wir
dankbar sein sollten. Frieden, den wir in Anbetracht der besorgniserregenden Situationen in anderen
Teilen der Welt mehr als nur schätzen sollten, sondern alle Anstrengungen betätigen müssen, diesen
zu wahren.
Und genau das hat sich das mit Abstand erfolgreichste Integrationsprojekt unseres Kontinentes
- die Europäische Union - zur Aufgabe gemacht und ermöglicht auf Basis des solidarischen,
friedlichen sowie gemeinsamen Handelns des Verbundes, der sich über 28 europäische
Mitgliedstaaten erstreckt, all ihren Bürgern und Bürgerinnen, in Frieden leben zu können.
Zu den Errungenschaften der EU zählen jedoch nicht „nur“ mehr als ein halbes Jahrhundert
Frieden für mehr als eine halbe Milliarden Menschen (!). Auf der Basis dieses Grundsteins ist es
der Europäischen Union gelungen noch viel mehr zu schaffen: durch das gemeinsame politische
Handeln und Auftreten gibt die EU den 28 Mitgliedstaaten eine wirksame Stimme in der Welt;
wirksamer als es die der jeweiligen europäischen Staaten einzeln je sein könnten. Als Binnenmarkt
von 28 Ländern ist die Europäische Union eine große Welthandelsmacht - gemessen am Waren- und
Dienstleistungsverkehr ist die Wirtschaft der EU sogar größer als die der USA.
Dank der Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen EU-Ländern genießen wir im größten Teil auf
unserem Kontinent Reisefreiheit. Doch nicht nur das: Wir können in jedem EU-Land studieren,
arbeiten sowie leben. Unsere Grundrechte als Unionsbürger, verankert in der EU-Grundrechtecharta,
können wir über den gesamten Raum der EU geltend machen.
Das sind nur einige von den Erfolgen, die die Europäische Union zu verbuchen hat sowie von den
Vorzügen, die sie ihren Bürgern und Bürgerinnen bieten kann.
4. Die EU als Wertegemeinschaft
Doch die EU ist noch viel mehr als „nur“ ein erfolgreicher politischer und wirtschaftlicher
Zusammenschluss mehrerer Staaten, der sich auf der Grundlage der Schaffung eines friedlichen
Lebensraumes für seine Bürgerinnen und Bürger begründet.
Die Europäische Union ist vor allem auch eine Wertegemeinschaft - sie steht für jene Werte, die
unseren Kontinent bereits seit Jahrhunderten prägen. Werte wie die der Demokratie, der Freiheit, dem
Glauben an und die Achtung der Menschenrechte, Solidarität, Frieden (!) und noch so viele mehr, für
die es sich wahrhaftig lohnt, zu kämpfen. Für die Europäer und Europäerinnen Jahrhunderte lang
gekämpft haben.
Jene überlieferten europäischen Werte - tief verankert in der gemeinsamen Geschichte und der Kultur
unseres Kontinentes – haben großen Einfluss auf dessen Wessen.
Und an Geschichte und Kultur ist unser Kontinent mehr als nur reich: Europa, das heißt
Partizipations- und Freiheitsrechte, von der attischen Demokratie bis zur Erklärung der Menschen-
und Bürgerrechte. Europa, das heißt Aufklärung, der Drang nach Vernunft, eine Kultur des Zweifels.
Europa bedeutet Innovation, stetige Entwicklung und neue Impulse, die Veränderung schaffen. Kein
anderer Kontinent hat die ganze Welt so geprägt wie unserer - mit seinen Ideen, seinen Denkern und
seiner Kultur.
Genau diese Kultur, die nun bereits mehr als zweitausend Jahre besteht, verbindet ganz Europa auf
eine einzigartige Art und Weise. In jener Kultur begründen sich die Werte, die uns Orientierung geben,
Werte, die auf einer so fundamentalen Ebene wichtig für unser aller Leben sind. Werte, auf die wir
uns hoffentlich alle verständigen können - in jedem Fall verständigen sollten.
5. Ein Europa der Vielfalt
Nun mag es sich womöglich so anhören, als würde ich Europa als eine Art homogenes und
einheitliches Etwas darstellen - „eine gemeinsame Kultur plus eine gemeinsame Geschichte macht
gleich einen ganz tollen gemeinsamen Kontinent“. Nein, meine Damen und Herren, gerade das ist
gar nicht notwendig. Selbstverständlich ist die gemeinsame Kultur und gemeinsame Geschichte
Europas einzigartig und die Quelle für all das, was uns Europäer und Europäerinnen über die
Landesgrenzen der einzelnen Staaten hinaus verbindet. Das heißt aber keineswegs zwangsläufig, dass
die Aspekte, die uns unterscheiden, uns gleichzeitig trennen oder gar schwächen.
Nein - schwächen tun sie uns ganz sicher nicht. Vielfalt, meine Damen und Herren, ist einer der
größten, wenn nicht die größte Stärke, über die unser Kontinent verfügt. Vielfalt in einer ihrer
schönsten Formen und beeindruckendsten Art und Weise. Vielfalt, die einem bereits beim Anblick
der atemberaubenden Landschaften unseres Kontinents bewusst wird: von den duftigen
Lavendelfeldern in der französischen Provence bis hin zu den grün überwucherten Felsenformationen
an den Küsten Nordirlands. Die verschiedenen Sprachen, Traditionen, Bräuche, aber auch die
unterschiedlichen Überzeugungen sowie Ideen auf einem so kleinen Raum – all diese machen Europa
gerade aus und auf eine gewisse Art und Weise einzigartig.
Und das Motto der Europäischen Union - „In Vielfalt geeint“ - ist ein passender Ausdruck für die
Idee, die wir an so vielen Ecken des geeinten Europas wiederfinden können, wenn wir nur richtig
hinschauen:
Nicht der Gegensatz von Vielfalt und Einheit ist von fundamentaler Wichtigkeit für unser
Europa, sondern das Ziel, beide Komponente zu einer erfolgreichen Verbindung
zusammenzusetzen. Nur auf dieser Verbindung kann eine europäische Gemeinschaft erwachsen so
wie sie für unseren Kontinent und das Gelingen des Projektes Europa von Nöten ist!
6. Europa betrifft uns!
Dieses Europa – so reich an Kultur und Geschichte, so geprägt durch Vielfalt und so verankert in
wichtigen Werten – dieses Europa geht uns alle an. Jeden Einzelnen, der sich als ach so
selbstverständlichen Bewohner dieses Kontinentes bezeichnet.
Jeden, der das Privileg - ja, Privileg - besitzt, Bürger einer Demokratie, in einer Staatsform, in der das
Volk die Basis der Staatsgewalt ist, zu sein. Jeden Einzelnen, der in Frieden, Freiheit und Sicherheit
leben kann. Für den - dank der EU - nationale Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten keine
Hindernisse sind. Der Grundrechte besitzt, die in jedem von jenen Staaten zu gleichem Maße gelten.
Der sich als Teil einer Gemeinschaft von über einer halben Milliarden Menschen bezeichnen darf,
die in ihrer Vielfalt nicht einzigartiger sein kann.
Nichts von all dem ist selbstverständlich. Es sind die Früchte der so harten Arbeit vieler
Europäerinnen und Europäer, vieler Bürgerinnen und Bürger, die in Europa mehr gesehen haben und
so viel mehr sehen als nur einen Kontinent. Für die Europa etwas war - und auch heute
noch ist - , für das es sich lohnt, zu kämpfen.
Dieses Europa muss aktiv gestaltet werden, jeden Tag aufs Neue – und das von niemand
anderem als uns! Denn wer, wenn nicht wir, kann und muss die Frage beantworten, wie unser aller
Leben in Europa aussehen soll? Niemand! Wieso aber nutzen dann so viele Europäerinnen und
Europäer nicht die Partizipationschancen, die ihnen hierzu zur Verfügung stehen und fordern jene ein,
die sie für nötig halten?
Meckern sowie nichts tun bewegt und verändert rein gar nichts, meine Damen und Herren, sich jedoch
für die Interessen und Überzeugungen, die einen antreiben, sich für das Europa, das einen bewegt,
zu engagieren und politisch zu beteiligen, schon – und zwar erheblich!
Denn jene Beteiligung an der Politik gewährt uns doch die Chance, Europa nach unseren
Vorstellungen zu gestalten. Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, die unser aller Leben betreffen.
Wie kommt es, dass obwohl jeder einzelne volljährige EU-Bürger das Recht hat, das Europäische
Parlament zu wählen und hierbei seinen politischen Willen auszudrücken, nur 43% der
Unionsbürger und Unionsbürgerinnen dieses Recht 2014 wahrgenommen haben? Wieso lässt
man diese Chance zur politischen Teilhabe, die Chance zum Ausdrücken der eigenen politischen
Meinung, ungenutzt?
Wieso schauen wir tatenlos zu, wenn rechte Parteien, die das Europa, so wie wir es kennen, in seinen
Grundsätzen gefährden, fast 20% aller Stimmen erhalten? Ist rechtes Gedankengut etwa das, wofür
Europa steht? Wofür wir stehen? Die Lösung für unseren Kontinent?
NEIN, sage ich mit voller Ausdrücklichkeit und hoffe, dass auch Sie mir hier mit vollster
Zustimmung gegenübertreten. Denn die Ablehnung der Gleichwertigkeit aller Menschen und einer
pluralistischen Gesellschaft, die Ablehnung eines friedlichen Miteinanders in einem bunten,
toleranten und facettenreichen Europa klingt für mich persönlich nach keinem Europa, das
anstrebenswert ist und hört sich definitiv nicht nach dem Europa an, das ich mit Freude meine Heimat
nennen darf.
7. Europa braucht uns!
Sie blicken sicherlich genauso besorgt wie ich auf die jetzige Entwicklung, die sich in Europa zu
vollziehen scheint. Während die erlebte Bedrohung durch den Terror von Paris im Januar und
November des letzten Jahres die EU-Staaten und Menschen aus ganz Europa, ja der ganzen Welt,
zusammenrücken ließ und einen wahrhaftig solidarischen Kontinent offenbarte, müssen wir heute auf
ein anderes Europa blicken - ein Europa, den der Ansturm Millionen Schutzsuchender ins
Schwanken gebracht hat.
Zwischen europäischen Ländern entstehen zum ersten Mal seit ihrer Abschaffung wieder Grenzwälle.
Verantwortung und Flüchtlinge werden eifrig weitergereicht. Eine so notwendige gemeinsame
europäische Lösung für die gemeinsamen europäischen Probleme, die nicht Halt an den
einzelnen europäischen Staatsgrenzen machen, rückt ferner denn je - im Vordergrund stehen
hingegen die einzelnen nationalen Eigeninteressen.
Wo bleibt hier die Solidarität, die doch einer der essentiellen Grundgedanken sein soll, auf denen die
EU, auf dem das Europa, so wie wir es kennen, aufbaut? Heißt Solidarität nicht, dass nicht nur
Vorteile, sondern eben auch Kosten geteilt werden – man zueinander steht, in guten sowie in
schlechten Zeiten?
Wie steht es mit den humanitären Werten, mit der unantastbaren Menschenwürde sowie den
grundlegenden Menschenrechten, die so wichtig für Europa und die EU sein sollen, wenn tagtäglich
tausende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken und Flüchtlingsheime in Brand gesteckt werden?
Entschuldigen Sie bitte, aber unter mein Verständnis von MENSCHENrechten fallen alle Menschen,
nicht nur Europäer und Europäerinnen. Und ich dachte eigentlich, dass Europa für genau diese
Überzeugung steht und dass die Europäische Union auch eine Union der Solidarität sein soll. Liege
ich da falsch?
„Es fehlt an Europa, es fehlt an Union“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in
seiner Rede zur Flüchtlingskrise im September 2015. Ich persönlich habe ehrliche Zweifel daran, ob
der Mehrheit der Europäer und der Europäerinnen überhaupt bewusst ist, an was es fehlt, wenn von
„es fehlt an Europa“ die Rede ist. Und das ist das grundlegende Problem, welches unseren Kontinent
jedoch nicht erst seit Kurzem begleitet.
Nein, dieses Problem ist viel tiefer verwurzelt und jede einzelne Herausforderung sowie jede einzelne
Schwierigkeit, der sich Europa in Zukunft noch stellen wird, wird es offenbaren: der europäischen
Bevölkerung fehlt es an Bewusstsein dafür und Interesse daran, was Europa eigentlich ausmacht und
für was es steht. Für was wir Europäerinnen und Europäer stehen und stehen sollten, wer wir sind
und wer wir anstreben zu sein. Meine Damen und Herren, wir alle müssen unser Verhältnis zueinander
und miteinander prüfen; unser Verhältnis oder - besser gesagt – unsere Verbundenheit zu Europa
reflektieren.
8.Wir sind Europa!
Ohne eine derartige Verbundenheit zu Europa, ohne die Existenz einer Verbundenheit zu dem
Konzept, für das Europa steht und das Europa bestimmt, gestaltet sich eine erfolgreiche Entwicklung
des europäischen Projektes als äußert schwierig. Denn alle politischen und wirtschaftlichen Motive,
Ziele, alle Werte und Errungenschaften hin oder her – der absolute Grundpfeiler, auf dem die
gesamte europäische Idee aufbaut, sind wir: wir Europäer und Europäerinnen.
„Wir vereinigen keine Staaten, wir vereinen Menschen“, sagte Jean Monnet 1952 und das nicht ohne
Grund. Es ging, geht und wird immer um uns gehen, wenn von Europa die Rede ist. Wir prägten die
Vergangenheit, bestimmen die Gegenwart und sind verantwortlich für die Zukunft dieses Kontinentes!
Wie soll das europäische Projekt funktionieren und die EU Erfolge erzielen, wenn sich die
eigentlichen Akteure, nämlich wir, nicht für dieses Europa begeistern können? Wie soll das Projekt
Europa gelingen, wenn während wir maßgeblich das Wesen Europas bestimmen, Europa nicht einmal
ansatzweise Teil unseres eigenen Wesens, unserer eigenen Identität, ist?
Wenn mehr als ein Drittel aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger die Existenz einer europäischen
Identität bei sich selbst verneinen? Wie kann dann die Rede von einer europäischen Gemeinschaft
sein, die sich nicht einmal in dem sie einenden Kontinent, in der sie einende Idee, verwurzelt sieht?
Kann man sich für etwas einsetzen, zu dem man keinerlei Bezug hat, keinerlei Bindung verspürt?
Nein, das kann man nicht. Ohne ein Wir-Gefühl, ohne ein Zusammengehörigkeitsgefühl aller
Europäer und dem Zugehörigkeitsgefühl dieser zu Europa, zur EU, ist das europäische Projekt zum
Scheitern verurteilt. Wird das Europa, so wie wir es kennen, auf langfristiger Basis scheitern.
Aber wie sollen sich denn Europäer und Europäerinnen mit der EU, mit dem, für was das europäische
Projekt steht, identifizieren oder gar begeistern können, wenn Sie nicht einmal wissen, was Europa
ausmacht, was sie als europäische Gemeinschaft ausmacht, was die EU tagtäglich für einen jeden
ihrer Bürger und Bürgerinnen tut und welche Vorteile sie mit sich bringt? Hier muss Veränderung
geschaffen werden!
„Europäer zu sein, ist nicht eine Frage von Geburt, sondern von Bildung“ - so steht es in der
Charta der Europäischen Identität. Nehmen wir uns diesen Satz zu Herzen, meine Damen und Herren.
Bildung ist das Stichwort!
Mir geht es hierbei aber nicht nur um eine intensivierte und vor allem frühere europäische
Schulausbildung für junge Europäer und junge Europäerinnen, an der es definitiv fehlt und die in
jedem Fall verbessert werden muss – ohne Frage!
Es muss jedoch schlichtweg gelingen, jedem Europäer und jeder Europäerin – unabhängig von Alter,
Herkunft oder Bildungsstand – gleichermaßen die Chance zu gewähren, Europa verstehen zu lernen
– sei es durch spezielle und auf das Vorwissen und die Haltung der Bürger und Bürgerinnen
abgestimmte Kampagnen, Veranstaltungen oder Programme.
Jeder Unionsbürger und jede Unionsbürgerin muss die Chance dazu haben, verstehen zu können, was
Europa und die EU konkret bedeuten und mit dem eigenen Leben zu tun haben,verstehen zu können,
wie die EU funktioniert, wieso es sie gibt und was es nun konkret mit diesem „europäischen
Projekt“ auf sich hat, das in aller Munde ist.
Und vielleicht ist einem dann dieses Projekt Europa gar nicht mehr so fremd. Vielleicht sieht man
dann in diesem so komplex wirkenden Etwas genau das, für was es immer schon anstrebte, zu stehen:
für Menschen, so wie man selbst es einer ist. Und vielleicht findet man in diesem Europa tatsächlich
ein Stück weit sich selbst wieder. Vielleicht versteht man sich dann auf einer ganz neuen Ebene als
Europäer. Als einen Europäer, dem bewusst ist, wie viel Bedeutung Europa für das eigene Leben hat,
aber auch gleichzeitig als einen Europäer, der weiß, welche Bedeutung er selbst für Europa hat und
welche Verantwortung er dadurch auf seinen Schultern trägt.
Und so wie die Gründerväter der Europäischen Union vor über 70 Jahren, habe auch ich heute eine
Vision für Europa:
Die Vision eines Europas, in dem nicht nur den Grenzen auf der Landkarte das Trennende
genommen wurde, sondern auch denen in unseren Köpfen.
Die Vision eines Europas, in dem die Werte, die unser aller Leben bestimmen sollen, nicht nur
in einer Charta niedergeschrieben wurden, sondern auch in unseren Herzen wiederzufinden
sind.
Die Vision eines Europas, das sich durch und durch als Gemeinschaft begreift und in einem
friedlichem sowie solidarischem Miteinander lebt und bestehen kann - allen
Herausforderungen und Hindernissen zum Trotz.
Ob es je so ein Europa geben kann oder geben wird, liegt ganz allein an uns, meine Damen und
Herren! Lassen Sie uns unser gemeinsames Leben und die Zukunft Europas, die nichts anderes als
unsere Zukunft ist, aktiv gestalten! Lassen Sie uns gemeinsam Veränderung schaffen! Lassen Sie
uns zu einer europäischen Gemeinschaft werden, die in und für Europa bewegt!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Quellenverzeichnis
http://europa.eu/about-eu/eu-history/index_de.htm (Zugriff: 14.01.2016)
http://www.bpb.de/internationales/europa/europa-
kontrovers/38014/einleitung (Zugriff: 14.01.2016)
http://www.bpb.de/internationales/europa/europa-
kontrovers/38039/einleitung?p=0 (Zugriff: 16.01.2016)
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/fluechtlinge-europaeische-
union-jean-claude-juncker (Zugriff: 18.01.2016)
http://www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/fluechtlinge--europas-
groesste-herausforderung,24931854,31721650.html (Zugriff: 18.01.2016)
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/fluechtlinge-europaeische-
union-jean-claude-juncker (Zugriff: 20.01.2016)
https://de.wikipedia.org/wiki/Europawahl_2014 (Zugriff: 24.01.2016)
http://www.europarl.europa.eu/atyourservice/de/20150201PVL00058/Die-
Europ%C3%A4er-ein-Jahr-vor-den-Europawahlen-2014
(Zugriff:12.01.2016)
http://www.rp-online.de/politik/deutschland/fluechtlingskrise-angela-
merkel-warnt-vor-identitaetsverlust-von-europa-aid-1.5380970
(Zugriff: 14.01.2016)
Fontaine, Pascal: Europa in 12 Lektionen. Europäische Union 2011

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Mahlet Melka Tadesse

  • 1. Wir sind Europa! 63.Europäischer Wettbewerb Mahlet Melka Tadesse Dreieichschule Langen Klasse 11 (Q2)
  • 2. Inhaltsverzeichnis 1. Einführung: Europa..................................................2 2. Die Vision eines Europas des Friedens....................3 3. Die Entstehung der Europäischen Union.................4 4. Die EU als Wertegemeinschaft................................5 5. Ein Europa der Vielfalt............................................6 6. Europa betrifft uns! ….............................................7 7. Europa braucht uns! …............................................8 8. Wir sind Europa! ….................................................9 1. Einführung: Europa Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, liebe Europäer! Ich würde Ihnen gerne eine kleine Geschichte erzählen: sie handelt von einer ganz besonderen Frau.
  • 3. Als ich ihr zum ersten Mal begegnet bin, konnte ich nicht anders als ihre außergewöhnlichen Gesichtszüge und ihren einzigartig geformten Körper zu bestaunen. Irgendetwas hatte sie an sich, das anders war als bei ihren Mitmenschen. Doch es fiel mir schwer, festzumachen, was sie so anders machte, was sie so anders wirken ließ. Vielleicht war es dieses schimmernde Etwas, das aufblitzte, sobald man ihr in die Augen schaute. Als konnten diese nicht erwarten, davon zu erzählen, was so einzigartig an jener Gestalt war, die sie bestückten. Vielleicht war es aber auch diese so schwer in Worte zu fassende Verbindung, die ich zu ihr verspürte; eine Verbindung, die mir auf eine so wunderliche Art und Weise selbstverständlich erschien. Ich wollte mehr über die Frau erfahren - mehr über ihr Wesen, ihre Herkunft und mehr über ihre Geschichte, die ihr in jede einzelne Falte ihres Gesichtes geschrieben zu sein schien. Und genau jene Geschichte erzählte sie mir: eine ungeschönte Schilderung, geprägt durch das stetige Wechselspiel von Höhen und Tiefen, Rück- und Fortschritten. Sie erzählte von schmerzender Enttäuschung und von unermüdlicher Hoffnung genau dann, wenn diese am realitätsfernsten erschien. Sie redete von Fehlern, aus denen sie gelernt habe, Fehlern, die ihre Vergangenheit bestimmt und ihre Gegenwart verändert haben – zum Guten. Ich konnte nicht anders als den Worten der Frau gespannt zu lauschen. Was trieb sie an, was ließ sie nachdenklich werden? Was machte sie aus und was hatte es mit dieser seltsamen Verbundenheit auf sich, die ich zu ihr verspürte? Nun, meine Damen und Herren, was wenn ich Ihnen sage, dass jeder Einzelne von Ihnen diese Frau kennt? Halten Sie dies für eher unwahrscheinlich? Ich würde Sie gerne vom Gegenteil überzeugen, denn diese „geheimnisvolle“ Gestalt ist nämlich niemand – oder vielleicht besser gesagt – nichts anderes als EUROPA. Ja, genau, Europa! Wahrscheinlich ist Ihnen „Europa“ bis jetzt noch nicht beim Einkaufen in der Stadt über den Weg gelaufen – mir persönlich auch nicht. Denn das, an was Sie denken, wenn der Name „Europa“ fällt und das „Europa“, über das ich heute gerne sprechen würde, ist keine Frau, geschweige denn ein einzelner Mensch. Nun fragen Sie sich wahrscheinlich: „Wozu dann diese seltsame Gleichsetzung Europas mit einer weiblichen Begegnung, die einem plötzlich ihre Lebensgeschichte erzählt und dabei angeblich fasziniert?“ Nun ja, die Geschichte, die ich Ihnen erzählt habe, ist eine Art Versuch der bildlichen Darstellung meiner ersten Annäherung zu dem Kontinent, den ich ja eigentlich seit meiner Geburt kenne und kennen sollte. Dennoch ist mir Europa bei jener ersten „richtigen“ Begegnung als etwas völlig Neues
  • 4. eröffnet worden, was mich ungemein überrascht und dazu veranlasst hat, tiefer zu gehen. Sich damit zu beschäftigen, was diesen Kontinent so ausmacht, für was er steht und was ich persönlich als Europäerin für eine Rolle bei all dem spiele. Viele EU-Bürger und EU-Bürgerinnen hatten noch kein derartiges Schlüsselerlebnis. Für sie bleibt Europa, vor allem die Europäische Union und alles, was mit ihr zusammenhängt, ein abstraktes Gebilde fern von ihrer Realität. Dabei beeinflussen gerade die Handlungen und Entscheidungen der EU genau jene Realität in erheblichem Maße. Dennoch scheint die Union vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht so wichtig zu sein. Einige wissen nicht einmal, dass diese der ausschlaggebende Grund dafür ist, dass über eine halbe Milliarde Europäer und Europäerinnen - darunter also auch sie selbst - in Frieden leben können. Auch die Bedeutung, die unabdingbare Notwendigkeit eines gemeinsamen Europas, das über die Grenzen der jeweiligen europäischen Staaten, aber auch über die Grenzen in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger Europas, hinausgeht, scheint hierbei nicht Bestandteil des Bewusstseins vieler EU-Bürger sowie EU-Bürgerinnen zu sein. 2. Die Vision eines Europas des Friedens Die Gründerväter der EU waren sich dessen jedoch bewusst. Sie trieb eine einzigartige Vision an. Eine Vision, die ausgehend von den Fundamenten unseres Kontinentes Veränderung schaffte. Die Vision eines geeinten Europas, eines Europas der Bürger. Ein Kontinent des Friedens und der Solidarität, ein Kontinent, der es schafft, sich von den Fesseln der Feindschaft zu befreien: Fesseln der Feindschaft, die unser aller Heimat in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts verwüsteten und in Form zweier schrecklicher Weltkriege mehr als 80 Millionen Menschen das Leben kosteten. Aus jenen Trümmern unseres Kontinentes entstand jedoch die Hoffnung auf ein neues Europa: auf ein Europa, das es schafft, unbezwingbar scheinende Hindernisse sowie Differenzen, die einst tiefe Keile zwischen die Völker Europas trieben, zu überwinden – gemeinsam. Ein Europa, in dem Identität nicht mehr in Konflikten mit und Abgrenzung zu anderen europäischen Staaten begründet wird – nein – ein Europa, in dem das gemeinsam Erlebte, die Geschichte, die einenden Werte, die einenden Ziele sowie schlichtweg das, was in den Unterschieden verbindet, bestimmend für das Wesen des Kontinentes ist - bestimmend für den lang ersehnten Frieden, der dauerhaft im Lebensraum hunderter Millionen von Menschen herrschen soll. 3. Die Entstehung der Europäischen Union
  • 5. Und der erste wesentliche Schritt in Richtung eines solch friedlichen sowie geeinten Europas erfolgte fünf Jahre nach dem Ende genau jenes Krieges, der einst Europa von jenem Ziel so gewaltsam zu trennen schien. Am 09.Mai 1950 schlug Robert Schuman, der damalige Außenminister Frankreichs, vor, dass die Kohle- und Stahlerzeugung der Staaten, die kurz zuvor noch Krieg gegeneinander geführt hatten, einer gemeinsamen „Hohen Behörde“ unterstellt werden. Somit würden jene Produktionen unter einer gemeinsamen Kontrolle sowie in Abhängigkeit zueinander stehen. Genau ein Jahr später wurde diese Idee in Form der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der Montanunion, umgesetzt. Und auf so wundersame Weise wurden plötzlich jene Rohstoffe, die die Produktion von Waffen ermöglichten und daher essentiell für das Austragen von Kriegen waren, zu Werkzeugen der Versöhnung und des Friedens. Und so war tatsächlich der erste Schritt in Richtung europäische Einigung und Integration getan, der sogleich eines der wichtigsten Güter des menschlichen Miteinanders erbrachte: Frieden. Frieden, der so vielen Frauen, Männern und Kindern noch vor nicht viel mehr als 70 Jahren verwehrt blieb. Frieden, der ihre Träume schmückte, während der Krieg ihre bittere Realität darstellte. Die ständige Angst davor, dass der nächste Tag der letzte sein könnte, dass die geliebte Tochter vom alltäglichen Brotkauf beim Bäcker nicht mehr nach Hause zurückkehren wird. Uns jedoch, meine Damen und Herren, ist Frieden dank der so strebsamen und unermüdlichen Hingabe zur Verwirklichung eines geeinten Europas in Form der europäischen Integration gesichert – und das nun mehr als 70 Jahre. Mehr als 70 Jahre Frieden auf einem Kontinent, der Jahrtausende lang von etlichen Konflikten und erbitterten Kriegen gezeichnet war. So unvorstellbar Frieden für die Menschen damals war, so selbstverständlich ist er heute für Sie und mich. Frieden, über den wir dankbar sein sollten. Frieden, den wir in Anbetracht der besorgniserregenden Situationen in anderen Teilen der Welt mehr als nur schätzen sollten, sondern alle Anstrengungen betätigen müssen, diesen zu wahren. Und genau das hat sich das mit Abstand erfolgreichste Integrationsprojekt unseres Kontinentes - die Europäische Union - zur Aufgabe gemacht und ermöglicht auf Basis des solidarischen, friedlichen sowie gemeinsamen Handelns des Verbundes, der sich über 28 europäische Mitgliedstaaten erstreckt, all ihren Bürgern und Bürgerinnen, in Frieden leben zu können. Zu den Errungenschaften der EU zählen jedoch nicht „nur“ mehr als ein halbes Jahrhundert Frieden für mehr als eine halbe Milliarden Menschen (!). Auf der Basis dieses Grundsteins ist es der Europäischen Union gelungen noch viel mehr zu schaffen: durch das gemeinsame politische Handeln und Auftreten gibt die EU den 28 Mitgliedstaaten eine wirksame Stimme in der Welt;
  • 6. wirksamer als es die der jeweiligen europäischen Staaten einzeln je sein könnten. Als Binnenmarkt von 28 Ländern ist die Europäische Union eine große Welthandelsmacht - gemessen am Waren- und Dienstleistungsverkehr ist die Wirtschaft der EU sogar größer als die der USA. Dank der Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen EU-Ländern genießen wir im größten Teil auf unserem Kontinent Reisefreiheit. Doch nicht nur das: Wir können in jedem EU-Land studieren, arbeiten sowie leben. Unsere Grundrechte als Unionsbürger, verankert in der EU-Grundrechtecharta, können wir über den gesamten Raum der EU geltend machen. Das sind nur einige von den Erfolgen, die die Europäische Union zu verbuchen hat sowie von den Vorzügen, die sie ihren Bürgern und Bürgerinnen bieten kann. 4. Die EU als Wertegemeinschaft Doch die EU ist noch viel mehr als „nur“ ein erfolgreicher politischer und wirtschaftlicher Zusammenschluss mehrerer Staaten, der sich auf der Grundlage der Schaffung eines friedlichen Lebensraumes für seine Bürgerinnen und Bürger begründet. Die Europäische Union ist vor allem auch eine Wertegemeinschaft - sie steht für jene Werte, die unseren Kontinent bereits seit Jahrhunderten prägen. Werte wie die der Demokratie, der Freiheit, dem Glauben an und die Achtung der Menschenrechte, Solidarität, Frieden (!) und noch so viele mehr, für die es sich wahrhaftig lohnt, zu kämpfen. Für die Europäer und Europäerinnen Jahrhunderte lang gekämpft haben. Jene überlieferten europäischen Werte - tief verankert in der gemeinsamen Geschichte und der Kultur unseres Kontinentes – haben großen Einfluss auf dessen Wessen. Und an Geschichte und Kultur ist unser Kontinent mehr als nur reich: Europa, das heißt Partizipations- und Freiheitsrechte, von der attischen Demokratie bis zur Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Europa, das heißt Aufklärung, der Drang nach Vernunft, eine Kultur des Zweifels. Europa bedeutet Innovation, stetige Entwicklung und neue Impulse, die Veränderung schaffen. Kein anderer Kontinent hat die ganze Welt so geprägt wie unserer - mit seinen Ideen, seinen Denkern und seiner Kultur. Genau diese Kultur, die nun bereits mehr als zweitausend Jahre besteht, verbindet ganz Europa auf eine einzigartige Art und Weise. In jener Kultur begründen sich die Werte, die uns Orientierung geben, Werte, die auf einer so fundamentalen Ebene wichtig für unser aller Leben sind. Werte, auf die wir
  • 7. uns hoffentlich alle verständigen können - in jedem Fall verständigen sollten. 5. Ein Europa der Vielfalt Nun mag es sich womöglich so anhören, als würde ich Europa als eine Art homogenes und einheitliches Etwas darstellen - „eine gemeinsame Kultur plus eine gemeinsame Geschichte macht gleich einen ganz tollen gemeinsamen Kontinent“. Nein, meine Damen und Herren, gerade das ist gar nicht notwendig. Selbstverständlich ist die gemeinsame Kultur und gemeinsame Geschichte Europas einzigartig und die Quelle für all das, was uns Europäer und Europäerinnen über die Landesgrenzen der einzelnen Staaten hinaus verbindet. Das heißt aber keineswegs zwangsläufig, dass die Aspekte, die uns unterscheiden, uns gleichzeitig trennen oder gar schwächen. Nein - schwächen tun sie uns ganz sicher nicht. Vielfalt, meine Damen und Herren, ist einer der größten, wenn nicht die größte Stärke, über die unser Kontinent verfügt. Vielfalt in einer ihrer schönsten Formen und beeindruckendsten Art und Weise. Vielfalt, die einem bereits beim Anblick der atemberaubenden Landschaften unseres Kontinents bewusst wird: von den duftigen Lavendelfeldern in der französischen Provence bis hin zu den grün überwucherten Felsenformationen an den Küsten Nordirlands. Die verschiedenen Sprachen, Traditionen, Bräuche, aber auch die unterschiedlichen Überzeugungen sowie Ideen auf einem so kleinen Raum – all diese machen Europa gerade aus und auf eine gewisse Art und Weise einzigartig. Und das Motto der Europäischen Union - „In Vielfalt geeint“ - ist ein passender Ausdruck für die Idee, die wir an so vielen Ecken des geeinten Europas wiederfinden können, wenn wir nur richtig hinschauen: Nicht der Gegensatz von Vielfalt und Einheit ist von fundamentaler Wichtigkeit für unser Europa, sondern das Ziel, beide Komponente zu einer erfolgreichen Verbindung zusammenzusetzen. Nur auf dieser Verbindung kann eine europäische Gemeinschaft erwachsen so wie sie für unseren Kontinent und das Gelingen des Projektes Europa von Nöten ist! 6. Europa betrifft uns! Dieses Europa – so reich an Kultur und Geschichte, so geprägt durch Vielfalt und so verankert in wichtigen Werten – dieses Europa geht uns alle an. Jeden Einzelnen, der sich als ach so selbstverständlichen Bewohner dieses Kontinentes bezeichnet.
  • 8. Jeden, der das Privileg - ja, Privileg - besitzt, Bürger einer Demokratie, in einer Staatsform, in der das Volk die Basis der Staatsgewalt ist, zu sein. Jeden Einzelnen, der in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben kann. Für den - dank der EU - nationale Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten keine Hindernisse sind. Der Grundrechte besitzt, die in jedem von jenen Staaten zu gleichem Maße gelten. Der sich als Teil einer Gemeinschaft von über einer halben Milliarden Menschen bezeichnen darf, die in ihrer Vielfalt nicht einzigartiger sein kann. Nichts von all dem ist selbstverständlich. Es sind die Früchte der so harten Arbeit vieler Europäerinnen und Europäer, vieler Bürgerinnen und Bürger, die in Europa mehr gesehen haben und so viel mehr sehen als nur einen Kontinent. Für die Europa etwas war - und auch heute noch ist - , für das es sich lohnt, zu kämpfen. Dieses Europa muss aktiv gestaltet werden, jeden Tag aufs Neue – und das von niemand anderem als uns! Denn wer, wenn nicht wir, kann und muss die Frage beantworten, wie unser aller Leben in Europa aussehen soll? Niemand! Wieso aber nutzen dann so viele Europäerinnen und Europäer nicht die Partizipationschancen, die ihnen hierzu zur Verfügung stehen und fordern jene ein, die sie für nötig halten? Meckern sowie nichts tun bewegt und verändert rein gar nichts, meine Damen und Herren, sich jedoch für die Interessen und Überzeugungen, die einen antreiben, sich für das Europa, das einen bewegt, zu engagieren und politisch zu beteiligen, schon – und zwar erheblich! Denn jene Beteiligung an der Politik gewährt uns doch die Chance, Europa nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, die unser aller Leben betreffen. Wie kommt es, dass obwohl jeder einzelne volljährige EU-Bürger das Recht hat, das Europäische Parlament zu wählen und hierbei seinen politischen Willen auszudrücken, nur 43% der Unionsbürger und Unionsbürgerinnen dieses Recht 2014 wahrgenommen haben? Wieso lässt man diese Chance zur politischen Teilhabe, die Chance zum Ausdrücken der eigenen politischen Meinung, ungenutzt? Wieso schauen wir tatenlos zu, wenn rechte Parteien, die das Europa, so wie wir es kennen, in seinen Grundsätzen gefährden, fast 20% aller Stimmen erhalten? Ist rechtes Gedankengut etwa das, wofür Europa steht? Wofür wir stehen? Die Lösung für unseren Kontinent? NEIN, sage ich mit voller Ausdrücklichkeit und hoffe, dass auch Sie mir hier mit vollster Zustimmung gegenübertreten. Denn die Ablehnung der Gleichwertigkeit aller Menschen und einer pluralistischen Gesellschaft, die Ablehnung eines friedlichen Miteinanders in einem bunten,
  • 9. toleranten und facettenreichen Europa klingt für mich persönlich nach keinem Europa, das anstrebenswert ist und hört sich definitiv nicht nach dem Europa an, das ich mit Freude meine Heimat nennen darf. 7. Europa braucht uns! Sie blicken sicherlich genauso besorgt wie ich auf die jetzige Entwicklung, die sich in Europa zu vollziehen scheint. Während die erlebte Bedrohung durch den Terror von Paris im Januar und November des letzten Jahres die EU-Staaten und Menschen aus ganz Europa, ja der ganzen Welt, zusammenrücken ließ und einen wahrhaftig solidarischen Kontinent offenbarte, müssen wir heute auf ein anderes Europa blicken - ein Europa, den der Ansturm Millionen Schutzsuchender ins Schwanken gebracht hat. Zwischen europäischen Ländern entstehen zum ersten Mal seit ihrer Abschaffung wieder Grenzwälle. Verantwortung und Flüchtlinge werden eifrig weitergereicht. Eine so notwendige gemeinsame europäische Lösung für die gemeinsamen europäischen Probleme, die nicht Halt an den einzelnen europäischen Staatsgrenzen machen, rückt ferner denn je - im Vordergrund stehen hingegen die einzelnen nationalen Eigeninteressen. Wo bleibt hier die Solidarität, die doch einer der essentiellen Grundgedanken sein soll, auf denen die EU, auf dem das Europa, so wie wir es kennen, aufbaut? Heißt Solidarität nicht, dass nicht nur Vorteile, sondern eben auch Kosten geteilt werden – man zueinander steht, in guten sowie in schlechten Zeiten? Wie steht es mit den humanitären Werten, mit der unantastbaren Menschenwürde sowie den grundlegenden Menschenrechten, die so wichtig für Europa und die EU sein sollen, wenn tagtäglich tausende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken und Flüchtlingsheime in Brand gesteckt werden? Entschuldigen Sie bitte, aber unter mein Verständnis von MENSCHENrechten fallen alle Menschen, nicht nur Europäer und Europäerinnen. Und ich dachte eigentlich, dass Europa für genau diese Überzeugung steht und dass die Europäische Union auch eine Union der Solidarität sein soll. Liege ich da falsch? „Es fehlt an Europa, es fehlt an Union“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Flüchtlingskrise im September 2015. Ich persönlich habe ehrliche Zweifel daran, ob der Mehrheit der Europäer und der Europäerinnen überhaupt bewusst ist, an was es fehlt, wenn von „es fehlt an Europa“ die Rede ist. Und das ist das grundlegende Problem, welches unseren Kontinent jedoch nicht erst seit Kurzem begleitet.
  • 10. Nein, dieses Problem ist viel tiefer verwurzelt und jede einzelne Herausforderung sowie jede einzelne Schwierigkeit, der sich Europa in Zukunft noch stellen wird, wird es offenbaren: der europäischen Bevölkerung fehlt es an Bewusstsein dafür und Interesse daran, was Europa eigentlich ausmacht und für was es steht. Für was wir Europäerinnen und Europäer stehen und stehen sollten, wer wir sind und wer wir anstreben zu sein. Meine Damen und Herren, wir alle müssen unser Verhältnis zueinander und miteinander prüfen; unser Verhältnis oder - besser gesagt – unsere Verbundenheit zu Europa reflektieren. 8.Wir sind Europa! Ohne eine derartige Verbundenheit zu Europa, ohne die Existenz einer Verbundenheit zu dem Konzept, für das Europa steht und das Europa bestimmt, gestaltet sich eine erfolgreiche Entwicklung des europäischen Projektes als äußert schwierig. Denn alle politischen und wirtschaftlichen Motive, Ziele, alle Werte und Errungenschaften hin oder her – der absolute Grundpfeiler, auf dem die gesamte europäische Idee aufbaut, sind wir: wir Europäer und Europäerinnen. „Wir vereinigen keine Staaten, wir vereinen Menschen“, sagte Jean Monnet 1952 und das nicht ohne Grund. Es ging, geht und wird immer um uns gehen, wenn von Europa die Rede ist. Wir prägten die Vergangenheit, bestimmen die Gegenwart und sind verantwortlich für die Zukunft dieses Kontinentes! Wie soll das europäische Projekt funktionieren und die EU Erfolge erzielen, wenn sich die eigentlichen Akteure, nämlich wir, nicht für dieses Europa begeistern können? Wie soll das Projekt Europa gelingen, wenn während wir maßgeblich das Wesen Europas bestimmen, Europa nicht einmal ansatzweise Teil unseres eigenen Wesens, unserer eigenen Identität, ist? Wenn mehr als ein Drittel aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger die Existenz einer europäischen Identität bei sich selbst verneinen? Wie kann dann die Rede von einer europäischen Gemeinschaft sein, die sich nicht einmal in dem sie einenden Kontinent, in der sie einende Idee, verwurzelt sieht? Kann man sich für etwas einsetzen, zu dem man keinerlei Bezug hat, keinerlei Bindung verspürt? Nein, das kann man nicht. Ohne ein Wir-Gefühl, ohne ein Zusammengehörigkeitsgefühl aller Europäer und dem Zugehörigkeitsgefühl dieser zu Europa, zur EU, ist das europäische Projekt zum Scheitern verurteilt. Wird das Europa, so wie wir es kennen, auf langfristiger Basis scheitern. Aber wie sollen sich denn Europäer und Europäerinnen mit der EU, mit dem, für was das europäische Projekt steht, identifizieren oder gar begeistern können, wenn Sie nicht einmal wissen, was Europa ausmacht, was sie als europäische Gemeinschaft ausmacht, was die EU tagtäglich für einen jeden
  • 11. ihrer Bürger und Bürgerinnen tut und welche Vorteile sie mit sich bringt? Hier muss Veränderung geschaffen werden! „Europäer zu sein, ist nicht eine Frage von Geburt, sondern von Bildung“ - so steht es in der Charta der Europäischen Identität. Nehmen wir uns diesen Satz zu Herzen, meine Damen und Herren. Bildung ist das Stichwort! Mir geht es hierbei aber nicht nur um eine intensivierte und vor allem frühere europäische Schulausbildung für junge Europäer und junge Europäerinnen, an der es definitiv fehlt und die in jedem Fall verbessert werden muss – ohne Frage! Es muss jedoch schlichtweg gelingen, jedem Europäer und jeder Europäerin – unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildungsstand – gleichermaßen die Chance zu gewähren, Europa verstehen zu lernen – sei es durch spezielle und auf das Vorwissen und die Haltung der Bürger und Bürgerinnen abgestimmte Kampagnen, Veranstaltungen oder Programme. Jeder Unionsbürger und jede Unionsbürgerin muss die Chance dazu haben, verstehen zu können, was Europa und die EU konkret bedeuten und mit dem eigenen Leben zu tun haben,verstehen zu können, wie die EU funktioniert, wieso es sie gibt und was es nun konkret mit diesem „europäischen Projekt“ auf sich hat, das in aller Munde ist. Und vielleicht ist einem dann dieses Projekt Europa gar nicht mehr so fremd. Vielleicht sieht man dann in diesem so komplex wirkenden Etwas genau das, für was es immer schon anstrebte, zu stehen: für Menschen, so wie man selbst es einer ist. Und vielleicht findet man in diesem Europa tatsächlich ein Stück weit sich selbst wieder. Vielleicht versteht man sich dann auf einer ganz neuen Ebene als Europäer. Als einen Europäer, dem bewusst ist, wie viel Bedeutung Europa für das eigene Leben hat, aber auch gleichzeitig als einen Europäer, der weiß, welche Bedeutung er selbst für Europa hat und welche Verantwortung er dadurch auf seinen Schultern trägt. Und so wie die Gründerväter der Europäischen Union vor über 70 Jahren, habe auch ich heute eine Vision für Europa: Die Vision eines Europas, in dem nicht nur den Grenzen auf der Landkarte das Trennende genommen wurde, sondern auch denen in unseren Köpfen.
  • 12. Die Vision eines Europas, in dem die Werte, die unser aller Leben bestimmen sollen, nicht nur in einer Charta niedergeschrieben wurden, sondern auch in unseren Herzen wiederzufinden sind. Die Vision eines Europas, das sich durch und durch als Gemeinschaft begreift und in einem friedlichem sowie solidarischem Miteinander lebt und bestehen kann - allen Herausforderungen und Hindernissen zum Trotz. Ob es je so ein Europa geben kann oder geben wird, liegt ganz allein an uns, meine Damen und Herren! Lassen Sie uns unser gemeinsames Leben und die Zukunft Europas, die nichts anderes als unsere Zukunft ist, aktiv gestalten! Lassen Sie uns gemeinsam Veränderung schaffen! Lassen Sie uns zu einer europäischen Gemeinschaft werden, die in und für Europa bewegt! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! Quellenverzeichnis http://europa.eu/about-eu/eu-history/index_de.htm (Zugriff: 14.01.2016) http://www.bpb.de/internationales/europa/europa- kontrovers/38014/einleitung (Zugriff: 14.01.2016) http://www.bpb.de/internationales/europa/europa- kontrovers/38039/einleitung?p=0 (Zugriff: 16.01.2016) http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/fluechtlinge-europaeische- union-jean-claude-juncker (Zugriff: 18.01.2016) http://www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/fluechtlinge--europas- groesste-herausforderung,24931854,31721650.html (Zugriff: 18.01.2016) http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/fluechtlinge-europaeische- union-jean-claude-juncker (Zugriff: 20.01.2016) https://de.wikipedia.org/wiki/Europawahl_2014 (Zugriff: 24.01.2016)