SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 86
Downloaden Sie, um offline zu lesen
RA Dr. Jörg Brettschneider
Erfahrungen von Online-
Händlern aus China mit
deutschen Finanzbehörden
- Darstellung anhand von Praxisfällen -
Köln, 22. Januar 2019#VAT #VAT fraud #Ecommerce #China #ebay seller Konferenz 2019
Warnung
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
-> konfliktbeladenes Thema
-> schwer verträglich
- sowohl für die Händler aus Deutschland als auch aus China
…. aber es gibt auch Lichtblicke
… z.B.: die Folien werden später bereitgestellt
Vorstellung
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
Dr. Jörg Brettschneider
Rechtsanwalt
auch bekannt in China als
“Dr. Jörg” oder “ “ =“Jör ke”
• umfangreiche Erfahrungen im deutsch-
chinesischen Geschäft
• Vertretung von führenden und bekannten
Unternehmen aus China
• Beratung und Vertretung von Unternehmen
insb. in der Branche E-Commerce
Bücher über Umsatzsteuer im E-Commerce:
A. Einführung
B. Reale Fälle
I. Die kleine Nachzahlung aus Shenzhen
II. Black Friday
(Unberechtigte Account-Sperrung I)
III. Der verlassene Account
IV. Sperrung des falschen Händlers
(Unberechtigte Account-Sperrung II)
V. Der Krimi
E. Kurzes Schlusswort
Was können wir aus den Fällen lernen?
-> nach jedem Fall werden die Erkenntnisse daraus erörtert
Erkenntnis
A. Einführende Erläuterungen
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
Umsatzsteuerbetrug bzw.
Umsatzsteuer-Compliance
wird in China seit Ende Dez.
2017 diskutiert, nachdem
Accounts suspendiert
wurden. Vorher Thema
unbekannt.
Bereits Mitte 2017 ein
Medienbericht bei BBC
China über britische
Entwicklung/Diskussion.
Suspendierungsnachricht
-> Steuerliche Registrierung von Händlern aus China
beim Finanzamt Neukölln im Jahr 2018 großes Thema.
Es wird insb. nach Verkaufskanal und Account-Namen
gefragt und Beginn der Tätigkeit/Beginn der
Umsatzsteuerpflicht gefragt.
-> Registrierung von Verkäuferkonto als Voraussetzung
für steuerliche Registrierung.
Es wird der bzw. es werden die Account(s) auf Umsätze
in der Vergangenheit anhand von Käufer-Bewertungen
geprüft.
Immer noch erstaunliche Unwissenheit in China über das
Thema Umsatzsteuer und Zoll:
„Can you negotiate with financial authority that we pay
less VAT pls.?“ (Frage eines Händlers von letzter Woche)
In der Vergangenheit war Händlern z.T. der Unterschied
zwischen EUSt und USt nicht bekannt. Es wurde z.T.
angenommen, dass mit der EUSt alles gezahlt sei.
Unqualifizierte Vermittler verkaufen
Steuerberatungsleistungen in China mit der Folge von
Falschinformationen.
1 . . 1
Die wichtigste Frage:
Wie können Händler schnell
steuerlich registriert werden?
Konferenz veranstaltet von Eccang.com 2018
„Sehr geehrter Herr Senator Kollatz-Ahnen,
in vorbezeichneter Angelegenheit wenden wir uns heute mit einer dringenden
Bitte an Sie:
Am 30. März werden wir in Shenzhen/V. R. China vor ca. 2.000 chinesischen
Online-Händlern reden. Es geht um die Frage der Steuer-Compliance für
chinesische Online-Händler. Dort wird u.a. die Frage gestellt werden wie die
steuerliche Registrierung zu erreichen sein wird und wie lange die Registrierung
dauert.
Wir stehen einem großen Problem:
Das Finanzamt Neukölln hat uns mitgeteilt, dass es derzeit 5 Monate dauere, bis
eine steuerliche Registrierung erfolge. Eine Dauer von 3 Monaten mindestens ist
bereits seit längerem normal.
Dies ist für chinesische Händler unannehmbar und wir können den Händlern
deswegen in Shenzhen gar keine Lösung anbieten. (….)“
Schreiben des Finanzsenators Berlin vom 29.03.2018: Der
Berliner Finanzsenator hat die lange Dauer nie zugegeben,
sondern immer behauptet, dass die Zeitdauer von der
Vollständigkeit der Unterlagen abhänge und dass
Verzögerungen ihre Ursache in der Unvollständigkeit von
eingereichten Unterlagen habe. Ausrede!
Die Fragen und angeforderten Unterlagen sind dabei z.T. nicht
praxisgerecht. Deswegen zwangsläufige Unvollständigkeit.
Bearbeitungszeit auch
von Bedeutung für
Antrag auf
Bescheinigung § 22 f
Abs. 1 Satz 2 UStG,
zumal diese bis Ende
Februar vorliegen muss
(kurze Übergangsfrist
für Händler aus
Drittstaaten).
Jüngst Aufforderung von Amazon, Bescheinigung nach § 22 f
Abs. 1 Satz 2 UStG einzureichen (14. Januar 2018):
B. Reale Fälle
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
Fall 1:
Die kleine Nachzahlung
aus Shenzhen
Account-Suspendierung, Legalisierung,
Nachzahlung relativ geringen Betrages
2017: Beginn der
Verkaufsaktivitäten
der Gesellschaft in
Deutschland.
Geringe Umsätze.
2018: Suspendierung
des Amazon-
Accounts auf
Veranlassung FA für
Steuern und
Fahndung, Berlin:
Suspendierungsnachricht
1. Monat: Beantragung Steuernummer beim FA
Neukölln.
2. Monat: Übermittlung Überweisungsbeleg zur
Nachzahlung an das FA Neukölln nach dem
Umsatzsteuererklärungen eingereicht wurden.
Gleichzeitig Frage nach Zinsen etc. Wir wollten uns nicht
um 1 Cent verrechnen mit Folge von Verzögerungen.
FA für Steuern und Fahndung wurde (vom FA
Neukölln) nicht über die Zahlung informiert bzw.
hat selbst nicht recherchiert.
3. Monat: Erhalt Steuernummer durch das FA
Neukölln und der Erhalt Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer vom
Bundeszentralamt für Steuern
3. Monat: Wiederholte Bitten um
Freischaltung des Accounts.
4. Monat: Weitere Nachzahlung eines
zweistelligen Betrages nach Aufforderung
durch das FA Neukölln (Zinsen).
4. Monat: Das gesamte Geld war für das FA für Steuern
und Fahndung nicht auffindbar. Das FA Steuern und
Fahndung konnte FA Neukölln nicht zur Klärung des
Zahlungseingangs erreichen. Vorschlag des FA für Steuern
und Fahndung, den Betrag nochmals zu überweisen:
„seit gestern versuche ich vergeblich, jemandem vom Platz
telefonisch zu erreichen…. Können Sie freundlicherweise die Suche
nach diesem Betrag vorziehen, damit hier zeitnah über die
Wiederfreigabe des Shops entscheiden werden kann?“.
“…. Sollte dies Ihrer Mandantin zu spät sein, steht es Ihr natürlich
frei, den Betrag noch einmal zu überweisen. Dann aber bitte in
jedem Fall die St.-Nr. 16/(….) im Verwendungszweck angeben…“
4. Monat: Nochmalige Überweisung des gesamten
Nachzahlungsbetrags durch uns und anwaltliche
Versicherung der Überweisung.
Ende des 4. Monats: Anregung auf Freigabe durch
das FA für Steuern und Fahndung.
1) Das FA Neukölln und das FA für Steuern und
Fahndung haben Probleme, Zahlungseingänge
zuzuordnen.
Das FA für Steuern und Fahndung muss wohl,
sofern kein Überweisungsbeleg vorgelegt wird,
das FA Neukölln fragen, ob Zahlungen
eingegangen sind.
Schwierigkeiten mit der Zuordnung von Zahlungen
räumt die Senatsverwaltung für Finanzen in einem
Rundschreiben vom 11.01.2019 ein:
2) Die Kommunikation zwischen dem FA Neukölln
und dem Finanzamt für Steuern und Fahndung
gestaltet sich als schwierig. Man kann mE nicht
wirklich von Zusammenarbeit sprechen, auch
wenn Vorgänge „zusammen“ abgewickelt werden.
3) FA Neukölln brauchte noch im Sommer sehr
lange, um auf Schreiben/Emails zu antworten.
Eine telefonische Erreichbarkeit war grundsätzlich
nicht gegeben. Die Situation hat sich jedoch
wesentlich gebessert.
4) Händler rechnen genau, ob eine Nachzahlung
sich wirtschaftlich lohnt. Hier lohnend, da Betrag
klein.
-> Nachzahlungen sind von geringer praktischer
Bedeutung. Registrierung frischer unbelasteter
Gesellschaften ist attraktiv (Identitätswechsel).
Account ist wenig wert.
Nachzahlungen werden unattraktiv, wenn die
Abwicklung lange dauert. Dann ist es wesentlich
attraktiver, die Identität zu wechseln.
5) Große Probleme aus Sicht der Händler, weil die
Zeitdauer bis zum Erhalt einer steuerlichen
Registrierung nicht absehbar war/ist.
Das FA Neukölln sprach Anfang 2018 sogar von
einer Dauer von 5 Monaten. -> Es wurde der
Eindruck hervorgerufen, ob das FA Neukölln die
Händler bewusst behindern will und keine
steuerliche Registrierung vornehmen will.
Die Zeitdauer der steuerlichen Registrierung war
wichtigster Wettbewerbsparameter auf dem
Markt für Dienstleister in diesem Bereich.
Angebote wie das “Vermieten einer UStID-Nr.“ (!)
sind vor diesem Hintergrund zu sehen.
Aus Sicht der Händler:
Diskriminierung!
Fall 2:
Black Friday
Unberechtigte Account-Suspendierung I
Unberechtigte Account-Suspendierung, Pfändungs-
und Einziehungsverfügung des FA Neukölln
20. November 2018: Account-Suspendierung auf
Veranlassung des FA Neukölln wegen angeblich
falscher Umsatzsteuer-Erklärungen:
„Hello,
We received a notice from the German tax office with regard to VAT debts concerning your Marketplace sales in Germany. In order to secure
the tax liability, the tax office issued garnishment orders against all of Amazon’s German Fulfillment Centers where your FBA inventory is
stored, meaning all of your FBA items are seized and may not be sold or returned until your debts are fully paid.
You may also no longer use our FBA service to ship items into the DE. To comply with inventory requirements imposed by German tax
authorities, we have changed your Seller Central settings to prevent inventory being stored in German Fulfillment Centers. Please do not
change your inventory storage settings for Germany. Doing so, may block your ability to inbound shipments into EU Fulfilment Centers.
We are currently informed about open debts in the amount of EUR 48.994,92. Attached is the garnishment order which states the amount
in question and includes payment details of the tax office at the bottom of the document (name of bank, IBAN, BIC).
Please contact tax authorities (phone 0049- (….) or email poststelle@fa-neukoelln.verwalt-berlin.de) to resolve your VAT status. Your Case
Reference number is D-16 (…) and you should quote this reference number in all correspondence with tax authorities. Once tax authorities
informs us that their notice has been withdrawn, your account setting will be brought back to normal.
Sincerely,
Amazon Services Europe“
„We are currently informed about open debts in
the amount of EUR 48.994,92“.
2) Pfändungs- und Einziehungsverfügung des
FA Neukölln an Amazon
Muster
20. November 2018: Erster Nachweis der
korrekten Steuerzahlung gegenüber dem
Finanzamt für Steuern und Fahndung durch
Zahlungsbelege.
Gleichzeitig Hinweis, dass es bereits in der
Vergangenheit zu einem Verbuchungsproblem
beim FA Neukölln gekommen sei!
22. November 2018: „Anregung“ auf
Wiederfreigabe des Accounts gegenüber
Amazon.
Mitteilung durch das FA für Steuern und
Fahndung:
„Die Anregung der Wiederfreigabe wurde am
21.11.2018 an den Empfangsbevollmächtigten von
Amazon übermittelt. Die Weiterleitung erfolgt dann
umgehend an Amazon. Amazon prüft dann die
Wiederfreigabe. Dies geht meist sehr zügig von
statten.“
„Sehr geehrter Herr Brettschneider,
ich verstehe Ihr Anliegen, aber die Bestätigung meinerseits per Email muss reichen.
Die Anregung der Wiederfreigabe wurde am 22.11.2018 an den Empfangsbevollmächtigten von
Amazon übermittelt.
Die Weiterleitung erfolgt dann umgehend an Amazon. Amazon prüft dann die Wiederfreigabe.
Dies geht meist sehr zügig von statten.
--
Mit freundlichen Grüßen
(…)“
Abschiebung der Verantwortung zur Öffnung des
Accounts auf Amazon.
Händler wird alleingelassen vom FA.
„Amazon prüft dann die Wiederfreigabe.
Dies geht meist sehr zügig von statten.“
„Sehr geehrter Herr Brettschneider,
eine Sperrung des Warenlagers durch unsere Stelle erfolgte
nicht. Ggf. setzen Sie sich bitte mit dem Finanzamt Neukölln
in Verbindung ob dort eine Sperrung angeregt wurde.
--
Mit freundlichen Grüßen
(…)“
Die Waren im FBA-Lager waren nach Aufklärung
immer noch blockiert. Am 17. Dezember 2018
antwortete das FA für Steuern und Fahndung:
Aus Sicht der Händler:
Diskriminierung
->
1) Finanzamt übernimmt keine Verantwortung
dafür, den Account wieder zu öffnen und den
Warenbestand wieder freizugeben. Das FA spricht
lediglich von einer „Anregung“, obwohl hier eine
Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA
Neukölln vorlag. Mandant ist dann von abhängig
von „Amazon Gnaden“, auch in Bezug auf die
Schnelligkeit.
2) Die Kommunikation zwischen dem FA für
Steuern und Fahndung und dem FA Neukölln ist
problematisch. Gravierende Abstimmungs-
probleme!
3) Zahlungseingänge können regelmäßig durch das
FA Neukölln nicht zugeordnet werden.
Fall 3:
Der verlassene Account
Account-Suspendierung, Überlegung der
Nachzahlung und Verlassen des Accounts.
Ermittlungen gegen Geschäftsführer
Anfang 2018: Anzeige: Verdacht wegen
britischer VAT No. im Impressum des
Amazon-Accounts
MUSTER aus anderem Fall
FA achtet im Rahmen
der Ermittlungen
darauf, ob Amazon
Prime angeboten wird
-> Lagerstandort
• Ermittlungen des Finanzamts für Steuern und
Fahndung. Schätzung von Umsatzsteuer anhand
von Käufer-Bewertungen:
MUSTER aus anderem Fall
Bewertungsquote von 4 %
ca. 2 Monate nach Anzeige:
1) Sammelauskunftsersuchen
u.a. in Bezug auf Mandantin
„Es wird um folgende Informationen gebeten:
1) Benennung der/des wirtschaftlichen Eigentümer/s bzw. Gesellschafter
(beneficial owner) einschließlich Geburtsdatum sowie die dessen/deren Anschrift
sowie die Erreichbarkeit des Unternehmens per Telefon und E-Mail.
2) Betreiben die Gesellschaft oder die Verantwortlichen der Gesellschaft mit weiteren als
dem hier bekannten Sellernamen über den Amazon-Marketplace (weltweit)
weitere Shops?
3) Hat der Händler ein Verkäuferkonto (ggfs. mehrere) bei der Amazon Payments
Europe S.C.A.? Im zutreffenden Fall bitte ich um Mitteilung der Kundennummer und des
hinterlegten Bankkontos(ggfs. mehrere) sowie die dort gespeicherte
Wohnanschrift/Geschäftsadresse des Händlers innerhalb der EU.
4) Darüber hinaus bitte ich um Benennung aller weiteren Bankverbindungen sowie der
Kreditkartennummern.
5) Aktuell nutzt der Händler den Amazon-Service FBA. Erfolgte der Versand der Waren
auch in den übrigen Jahren seit der Registrierung durch Amazon (Fulfillment by Amazon)?
6) Einzelaufstellung sämtlicher Verkäufe, getrennt nach Sellernamen, für den Zeitraums
ab Registrierung bis heute einschließlich folgender Angaben:
- Verkaufsdatum
- Artikelbezeichnung
- Verkaufspreis
- Jahresumsatz pro Shop (Summary List)
-Sitz des Leistungsempfängers (Deutschland ja / nein?)
• wirtschaftlicher Eigentümer/s bzw.
Gesellschafter
• weitere Account-Namen der Gesellschaft
oder der verantwortlichen Personen, der
Gesellschafter?
• Verkäuferkonto (ggfs. mehrere) bei der
Amazon Payments Europe S.C.A.?
• Nutzung von Amazon-Service FBA?
• Einzelaufstellung sämtlicher Verkäufe
• Welche Lager werden aktuell genutzt?
2) Veranlassung der Account-Suspendierung,
Einfrierung von Guthaben und Waren
Finanzamt setzt Amazon mit strafrechtlicher
Verantwortlichkeit unter Druck:
„Sollte ein Ausschluss der Händler nicht erfolgen,
ergeben sich noch die folgenden potentiell möglichen
Rechtsfolgen, die Mitarbeiter Ihrer Mandantin der
Gefahr der Strafverfolgung (…) aussetzen:
• Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Das zur Verfügung stellen der Marketplace-
Plattform für Online-Händler, welche als
Steuerhinterzieher bekannt oder erkennbar sind
(z.B. wegen fehlender Steuernummer / fehlender
USt.-ID.-Nummer und Handel von Deutschland oder
dem Gemeinschaftsgebiet aus nach Deutschland)
kann gem. § 27 Abs. 1 StGB als Beihilfe strafbar
sein. Erst das Bereitstellen der Plattform für die
fraglichen Online-Händler macht deren Umsätze
und folglich die Hinterziehung möglich.
• Begünstigung (§ 257 StGB)
Würden – nach erfolgter Kenntnis – durch Amazon
bzw. Amazon Payments Europe S.C.A.
Auszahlungen an die (…) geleistet, käme eine
Strafarkeit gem. § 257 StGB in Frage.“
Antwort von Amazons Anwälten
-> sofortige Suspendierung und Einfrierung von
Waren und Guthaben.
-> in Bezug auf Sammel- auskunftsersuchen Bitte
um Fristverlängerung.
Nachträglich Kanzleinamen und anonymisiertes
Schreiben aufgrund Beschwerde dieser Kanzlei
entfernt.
Entscheidung für Nachzahlung, da sich
Nachzahlung lohnt:
Hinterzogene Umsatzsteuer weniger als FBA-
Warenwert und eingefrorenes Guthaben
Problem, dass das Finanzamt für Steuern und
Fahndung die Account-Freigabe nicht garantieren
kann, sondern bei Amazon „anzuregen“ verspricht.
Aber:
FBA-Waren konnten durch die Mandantin durch
einen Trick entfernt werden. Deswegen keine
Motivation zur Nachzahlung mehr. Der Account
wurde verlassen.
Das Ermittlungsverfahren gegen den
Geschäftsführer läuft.
->
1) Chinesische Händler agieren oft unter einer
Vielzahl von Gesellschaften und Accounts.
Zum Teil werden über 100 oder sogar 1.000
Accounts/Gesellschaften unterhalten.
Verschleierung z.B. mittels VPN. Verwendung von
privaten Email-Adressen.
2) Die Geschäftsführer sind u.U. Arbeitnehmer
oder Strohleute.
Gesellschafter sind u.U. auch Strohleute.
Auch diesbezügliche Recherchen in Registern oder
durch int. Wirtschaftsauskunftsdienste (werden
von Finanzbehörden/StA genutzt!) führen nicht
weiter, da u.U. Strohleute eingesetzt werden.
Wer wirklich hinter den Gesellschaften steht,
wissen u.U. nur Insider.
Identitätswechsel werden z.T. vorgenommen.
3) Die Motivation zur Nachzahlung ist
grundsätzlich eine rein wirtschaftliche
Kalkulation. In diesem Zusammenhang sind die
Umsatzsteuern in anderen EU-Mitgliedsaaten u.U.
ein Faktor:
4) Strafrecht ist äußerst stumpfes Schwert.
5) Die Nutzung von Amazon FBA wird als
risikoreich angesehen, da Waren leicht
eingefroren werden können.
6) Im Rahmen von Ermittlungen Anzeigen von
Kunden/Wettbewerbern von großer Bedeutung.
7) Händler wollen Gewissheit haben, dass der
Account nach Eingang der Nachzahlung wieder
freigegeben wird. Die Finanzbehörden verweisen
jedoch auf Amazon und können das nicht
versichern.
Fall 4:
Sperrung des falschen Händlers
Unberechtigte Account-Suspendierung II
Account-Suspendierung wegen
Umsatzsteuerschätzung auf Grundlage
von Bewertungen
„Ihre Umsätze wurden vorher durch die hiesige Stelle
anhand Ihrer Bewertungszahlen und der
Verkaufspreise geschätzt, dabei überstiegen diese
Schätzungen die erklärten Umsätze erheblich.“
Account seit Ende Dezember 2018 bis heute
suspendiert -> Umsatzausfall.
Finanzamt für Steuern und Fahndung:
• Ermittlungen des Finanzamts für Steuern und
Fahndung. Schätzung von Umsatzsteuer anhand
von Käufer-Bewertungen:
MUSTER aus einem anderen Fall
Bewertungsquote von 4 %
„ich habe die Sales Summary Reports ausgewertet, dabei habe ich Umsätze, die Sie
aus Eigenversand erzielt haben, herausgerechnet.
Es ergeben sich für den kompletten Zeitraum bis Oktober 2018 Netto-Umsätze in
Höhe von 422.350,50 Euro. Darauf entfallen Umsatzsteuern in Höhe von 80.246,60
Euro. Erklärt wurden Umsatzsteuern bis Oktober 2108 in Höhe von 37.448,49 Euro.
Somit ist eine Differenz in Höhe von 42.798,11 Euro offen. Bitte übermitteln Sie mir
den Zahlungsbeleg, sobald Sie die Zahlung angewiesen haben, damit die Gutschrift
auf dem Steuerkonto überprüft werden kann. Sobald die Summe eingegangen ist,
wird die Anregung der Wiederfreigabe erstellt.
•
Sie begehren die Wiederfreigabe vor Beendigung des Strafverfahrens und bevor die
Amazon-Umsatzdaten vorliegen.
Im Strafverfahren werden nur die Umsatzübersichten aus dem Seller-Central, also
die Sales Summary Reports als unveränderliche Daten akzeptiert.
Wenn die Umsatzdaten später von Amazon direkt vorliegen, werden diese hier
entsprechend ausgewertet und es werden auch Lieferschwellen und Lieferorte
geprüft.
Sollte es sich dann gegebenenfalls eine niedrigere Umsatzsteuer ergeben, kann die
dann eventuell überzahlte Umsatzsteuer erstattet oder mit kommenden
Umsatzsteuerforderungen verrechnet werden. Die Entscheidung obliegt dann dem
Finanzamt Berlin-Neukölln“.
„Im Strafverfahren werden nur die
Umsatzübersichten aus dem Seller-
Central, also die Sales Summary Reports
als unveränderliche Daten akzeptiert.
Wenn die Umsatzdaten später von
Amazon direkt vorliegen, werden diese
hier entsprechend ausgewertet und es
werden auch Lieferschwellen und
Lieferorte geprüft.“
Beispiel Bericht aus Seller Central:
Muster
Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen
den Geschäftsführer.
Ankündigung von Schadensersatzansprüchen
gegenüber Finanzamt
Momentan: Warten auf die Übermittlung der
Transaktionsdaten durch Amazon.
Letzte Woche Freitag: Zahlung des vom FA gewünschten
Betrages von fast 50.000 EUR.
Angst vor der Entsorgung des Warenbestands durch
Amazon.
Warten auf Freigabenachricht. Kontaktaufnahme mit
FA.
1) Versand aus dem Ausland innerhalb der
Lieferschwellen (und womöglich auch
Direktversand) kann zu Account-Suspendierungen
führen, auch wenn Umsatzsteuer ordnungsgemäß
gezahlt wird.
Das zeigt abermals: Lediglich einen Account zu
haben, kann auch für rechtstreue Händler
gefährlich sein.
2) Die Nutzung von FBA für Händler risikoreich, da
auch der Warenbestand und Guthaben blockiert
werden kann.
3) Der Weg des Finanzamts der Suspendierung
von Accounts „über“ Amazon führt zu längerer
Dauer der Abwicklung von Freigaben.
4) Die Finanzbehörden ermitteln gegen
Geschäftsführer. Informationen über die
Hintergründe einer Gesellschaft bestehen nicht.
6) Überhaupt Umsatzsteuer zu zahlen reicht
zukünftig nicht mehr, da das Finanzamt für
Steuern und Fahndung die Höhe anhand von
Bewertungen prüft. -> Die Kontrollen sind
einerseits gutes Signal, andererseits muss jedoch
sichergestellt werden, dass nicht Händler falsch
verdächtigt werden und von staatlichen
Maßnahmen betroffen werden.
7) Händler könnten verleitet werden,
Bewertungen zu löschen zu lassen.
Fall 5:
Der Krimi
Account-Suspendierung, Ermittlungen gegen
Geschäftsführer, Haftbefehl
- Anzeige gegen eBay-Händler
- Auskunftsersuchen der Polizei an ebay
- Prompte Auskunft
Inhalt der Auskunft
Bestandsdaten
Ebay-Mitgliedsname
Firmenname
Vollständiger Name
Kontaktadresse
E-Mail-Adresse
Telefon
Geburtsdatum
Bewertungspunkte
Registrierungsland
Registrierungsdatum
Registrierungs-IP
Lieferadresse
Kontoinformationen
Kreditkarte
eBay-Mitgliedsname
E-Mail-Adresse
Kontaktadresse(n) und historischer Verlauf
Passwortänderungsdaten
Verkauf der Lieferadresse
Verlauf der Bank- und Kreditkartendaten
Ermittlungen von zuständigem FA in Bezug auf
Zollwerte und Umsatzsteuer und Einbeziehung
weiterer Gesellschaften. Hohes Umsatzvolumen.
Vermutung des ermittelnden FA, dass eBay in Bezug
auf Umsatzsteuerhinterziehungen „bösgläubig“ sei.
Vermögensarrest in Millionenhöhe gerichtlich
angeordnet. (Der Großteil des Vermögens befindet sich
jedoch nicht in der EU).
Haftbefehle gegen verschiedene Personen erlassen.
1) Die Hintermänner sind den
Finanzbehörden/der Staatsanwaltschaft
unbekannt.
Es fehlt auf Seiten der Finanzbehörden/der StA
Wissen in Bezug auf den E-Commerce Markt in
China, was zu eindimensionalen Ermittlungen und
falschen Vermutungen führt.
2) Die Geschäfte können nach
Identitätswechseleinfach weitergeführt werden.
3) Die Einfrierung von Guthaben in Hong Kong
auf Betreiben einer deutschen StA aufgrund
von Steuerhinterziehung nicht möglich.
4) Der Fall illustriert Ermittlungsdefizite in der
Vergangenheit. Es wurden über relativ lange
Zeit hohe Umsätze erwirtschaftet - mit
entsprechendem Wachstum.
C. Kurzes Schlusswort
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
• Compliance sollte einfach und kostengünstig zu
verwirklichen sein.
• Bedeutung gleicher Wettbewerbsbedingungen, auch
gerade im Interesse der rechtstreuen Händler aus
China. Steuerhinterziehung ermöglichte schnelles
Wachstum für rechtsverletzende Gesellschaften.
• Bei der Rechtsdurchsetzung müssen rechtsstaatliche
Grundsätze gewahrt bleiben.
• Zukünftig werden weitere Rechtsbereiche in den
Blick kommen (siehe bereits Verpackungsgesetz,
Produktsicherheit).
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
.
.
desk@ecomvat.com
Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
#Success!

Weitere ähnliche Inhalte

Ähnlich wie Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden

Quo vadis Selbstanzeige
Quo vadis SelbstanzeigeQuo vadis Selbstanzeige
Quo vadis SelbstanzeigeBLTSRegensburg
 
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die Umsatzsteuer
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die UmsatzsteuerProf. Dr. Friedrich Loock: Die Umsatzsteuer
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die UmsatzsteuerRaabe Verlag
 
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Sebastian Friedrich
 
Inkassolution zieht andere Seiten auf
Inkassolution zieht andere Seiten aufInkassolution zieht andere Seiten auf
Inkassolution zieht andere Seiten aufWM-Pool Pressedienst
 
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?BLTSRegensburg
 
Mit den richtigen Zahlarten mehr Umsatz
Mit den richtigen Zahlarten mehr UmsatzMit den richtigen Zahlarten mehr Umsatz
Mit den richtigen Zahlarten mehr UmsatzBenny Hofstetter
 
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Sebastian Friedrich
 
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian Kühn
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian KühnDNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian Kühn
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian KühnDNX
 
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...RESMEDIA - Anwälte für IT-IP-Medien
 
Steuern im Direktvertrieb
Steuern im DirektvertriebSteuern im Direktvertrieb
Steuern im DirektvertriebMartinaPitsch
 
Die erste steuererklaerung_finanzen_de
Die erste steuererklaerung_finanzen_deDie erste steuererklaerung_finanzen_de
Die erste steuererklaerung_finanzen_deChristian Müller
 
Die erste Steuererklärung für Berufsanfänger
Die erste Steuererklärung für BerufsanfängerDie erste Steuererklärung für Berufsanfänger
Die erste Steuererklärung für BerufsanfängerfinanzenDE
 
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMU
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMUCOVID-19 - Informationen für Schweizer KMU
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMUTobiasAngehrn
 
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess auf
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess aufOnlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess auf
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess aufMichael Rohrlich
 
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“?
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“? Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“?
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“? WM-Pool Pressedienst
 
Debitorenverluste vermeiden Dun & Bradstreet
Debitorenverluste vermeiden Dun & BradstreetDebitorenverluste vermeiden Dun & Bradstreet
Debitorenverluste vermeiden Dun & BradstreetWM-Pool Pressedienst
 

Ähnlich wie Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden (20)

Quo vadis Selbstanzeige
Quo vadis SelbstanzeigeQuo vadis Selbstanzeige
Quo vadis Selbstanzeige
 
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die Umsatzsteuer
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die UmsatzsteuerProf. Dr. Friedrich Loock: Die Umsatzsteuer
Prof. Dr. Friedrich Loock: Die Umsatzsteuer
 
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
 
Inkassolution zieht andere Seiten auf
Inkassolution zieht andere Seiten aufInkassolution zieht andere Seiten auf
Inkassolution zieht andere Seiten auf
 
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?
Soll ich wirklich eine Selbstanzeige einreichen?
 
Mit den richtigen Zahlarten mehr Umsatz
Mit den richtigen Zahlarten mehr UmsatzMit den richtigen Zahlarten mehr Umsatz
Mit den richtigen Zahlarten mehr Umsatz
 
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
 
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian Kühn
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian KühnDNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian Kühn
DNX Workshop ★ Bürokratie für Digitale Nomaden - Sebastian Kühn
 
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...
FAQ zur Umsatzsteuer im internationalen Handel – Was Onlinehändler in Cross B...
 
Steuernews 1 vj2013
Steuernews 1 vj2013Steuernews 1 vj2013
Steuernews 1 vj2013
 
Steuern im Direktvertrieb
Steuern im DirektvertriebSteuern im Direktvertrieb
Steuern im Direktvertrieb
 
Neuling DStR 2015 558
Neuling DStR 2015 558Neuling DStR 2015 558
Neuling DStR 2015 558
 
Die erste steuererklaerung_finanzen_de
Die erste steuererklaerung_finanzen_deDie erste steuererklaerung_finanzen_de
Die erste steuererklaerung_finanzen_de
 
Die erste Steuererklärung für Berufsanfänger
Die erste Steuererklärung für BerufsanfängerDie erste Steuererklärung für Berufsanfänger
Die erste Steuererklärung für Berufsanfänger
 
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMU
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMUCOVID-19 - Informationen für Schweizer KMU
COVID-19 - Informationen für Schweizer KMU
 
Steuerliche Betrachtung Ferienvermietung Mallorca Steuer in deutschland download
Steuerliche Betrachtung Ferienvermietung Mallorca Steuer in deutschland downloadSteuerliche Betrachtung Ferienvermietung Mallorca Steuer in deutschland download
Steuerliche Betrachtung Ferienvermietung Mallorca Steuer in deutschland download
 
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess auf
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess aufOnlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess auf
Onlineshop: So bauen Sie einen korrekten Bestellprozess auf
 
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“?
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“? Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“?
Die Mehrwertsteuer - Ein „bürokratisches Monster“?
 
Test steuer
Test steuerTest steuer
Test steuer
 
Debitorenverluste vermeiden Dun & Bradstreet
Debitorenverluste vermeiden Dun & BradstreetDebitorenverluste vermeiden Dun & Bradstreet
Debitorenverluste vermeiden Dun & Bradstreet
 

Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden

  • 1. RA Dr. Jörg Brettschneider Erfahrungen von Online- Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden - Darstellung anhand von Praxisfällen - Köln, 22. Januar 2019#VAT #VAT fraud #Ecommerce #China #ebay seller Konferenz 2019
  • 2. Warnung Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 3. -> konfliktbeladenes Thema -> schwer verträglich - sowohl für die Händler aus Deutschland als auch aus China
  • 4. …. aber es gibt auch Lichtblicke
  • 5. … z.B.: die Folien werden später bereitgestellt
  • 6. Vorstellung Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 7. Dr. Jörg Brettschneider Rechtsanwalt auch bekannt in China als “Dr. Jörg” oder “ “ =“Jör ke”
  • 8. • umfangreiche Erfahrungen im deutsch- chinesischen Geschäft • Vertretung von führenden und bekannten Unternehmen aus China • Beratung und Vertretung von Unternehmen insb. in der Branche E-Commerce
  • 9. Bücher über Umsatzsteuer im E-Commerce:
  • 10. A. Einführung B. Reale Fälle I. Die kleine Nachzahlung aus Shenzhen II. Black Friday (Unberechtigte Account-Sperrung I) III. Der verlassene Account IV. Sperrung des falschen Händlers (Unberechtigte Account-Sperrung II) V. Der Krimi E. Kurzes Schlusswort
  • 11. Was können wir aus den Fällen lernen? -> nach jedem Fall werden die Erkenntnisse daraus erörtert Erkenntnis
  • 12. A. Einführende Erläuterungen Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 13. Umsatzsteuerbetrug bzw. Umsatzsteuer-Compliance wird in China seit Ende Dez. 2017 diskutiert, nachdem Accounts suspendiert wurden. Vorher Thema unbekannt. Bereits Mitte 2017 ein Medienbericht bei BBC China über britische Entwicklung/Diskussion. Suspendierungsnachricht
  • 14. -> Steuerliche Registrierung von Händlern aus China beim Finanzamt Neukölln im Jahr 2018 großes Thema. Es wird insb. nach Verkaufskanal und Account-Namen gefragt und Beginn der Tätigkeit/Beginn der Umsatzsteuerpflicht gefragt. -> Registrierung von Verkäuferkonto als Voraussetzung für steuerliche Registrierung. Es wird der bzw. es werden die Account(s) auf Umsätze in der Vergangenheit anhand von Käufer-Bewertungen geprüft.
  • 15. Immer noch erstaunliche Unwissenheit in China über das Thema Umsatzsteuer und Zoll: „Can you negotiate with financial authority that we pay less VAT pls.?“ (Frage eines Händlers von letzter Woche) In der Vergangenheit war Händlern z.T. der Unterschied zwischen EUSt und USt nicht bekannt. Es wurde z.T. angenommen, dass mit der EUSt alles gezahlt sei. Unqualifizierte Vermittler verkaufen Steuerberatungsleistungen in China mit der Folge von Falschinformationen.
  • 16. 1 . . 1 Die wichtigste Frage: Wie können Händler schnell steuerlich registriert werden? Konferenz veranstaltet von Eccang.com 2018
  • 17. „Sehr geehrter Herr Senator Kollatz-Ahnen, in vorbezeichneter Angelegenheit wenden wir uns heute mit einer dringenden Bitte an Sie: Am 30. März werden wir in Shenzhen/V. R. China vor ca. 2.000 chinesischen Online-Händlern reden. Es geht um die Frage der Steuer-Compliance für chinesische Online-Händler. Dort wird u.a. die Frage gestellt werden wie die steuerliche Registrierung zu erreichen sein wird und wie lange die Registrierung dauert. Wir stehen einem großen Problem: Das Finanzamt Neukölln hat uns mitgeteilt, dass es derzeit 5 Monate dauere, bis eine steuerliche Registrierung erfolge. Eine Dauer von 3 Monaten mindestens ist bereits seit längerem normal. Dies ist für chinesische Händler unannehmbar und wir können den Händlern deswegen in Shenzhen gar keine Lösung anbieten. (….)“
  • 18. Schreiben des Finanzsenators Berlin vom 29.03.2018: Der Berliner Finanzsenator hat die lange Dauer nie zugegeben, sondern immer behauptet, dass die Zeitdauer von der Vollständigkeit der Unterlagen abhänge und dass Verzögerungen ihre Ursache in der Unvollständigkeit von eingereichten Unterlagen habe. Ausrede! Die Fragen und angeforderten Unterlagen sind dabei z.T. nicht praxisgerecht. Deswegen zwangsläufige Unvollständigkeit.
  • 19. Bearbeitungszeit auch von Bedeutung für Antrag auf Bescheinigung § 22 f Abs. 1 Satz 2 UStG, zumal diese bis Ende Februar vorliegen muss (kurze Übergangsfrist für Händler aus Drittstaaten).
  • 20. Jüngst Aufforderung von Amazon, Bescheinigung nach § 22 f Abs. 1 Satz 2 UStG einzureichen (14. Januar 2018):
  • 21. B. Reale Fälle Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 22. Fall 1: Die kleine Nachzahlung aus Shenzhen Account-Suspendierung, Legalisierung, Nachzahlung relativ geringen Betrages
  • 23. 2017: Beginn der Verkaufsaktivitäten der Gesellschaft in Deutschland. Geringe Umsätze. 2018: Suspendierung des Amazon- Accounts auf Veranlassung FA für Steuern und Fahndung, Berlin: Suspendierungsnachricht
  • 24. 1. Monat: Beantragung Steuernummer beim FA Neukölln. 2. Monat: Übermittlung Überweisungsbeleg zur Nachzahlung an das FA Neukölln nach dem Umsatzsteuererklärungen eingereicht wurden. Gleichzeitig Frage nach Zinsen etc. Wir wollten uns nicht um 1 Cent verrechnen mit Folge von Verzögerungen. FA für Steuern und Fahndung wurde (vom FA Neukölln) nicht über die Zahlung informiert bzw. hat selbst nicht recherchiert.
  • 25. 3. Monat: Erhalt Steuernummer durch das FA Neukölln und der Erhalt Umsatzsteuer- Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt für Steuern 3. Monat: Wiederholte Bitten um Freischaltung des Accounts. 4. Monat: Weitere Nachzahlung eines zweistelligen Betrages nach Aufforderung durch das FA Neukölln (Zinsen).
  • 26. 4. Monat: Das gesamte Geld war für das FA für Steuern und Fahndung nicht auffindbar. Das FA Steuern und Fahndung konnte FA Neukölln nicht zur Klärung des Zahlungseingangs erreichen. Vorschlag des FA für Steuern und Fahndung, den Betrag nochmals zu überweisen: „seit gestern versuche ich vergeblich, jemandem vom Platz telefonisch zu erreichen…. Können Sie freundlicherweise die Suche nach diesem Betrag vorziehen, damit hier zeitnah über die Wiederfreigabe des Shops entscheiden werden kann?“. “…. Sollte dies Ihrer Mandantin zu spät sein, steht es Ihr natürlich frei, den Betrag noch einmal zu überweisen. Dann aber bitte in jedem Fall die St.-Nr. 16/(….) im Verwendungszweck angeben…“
  • 27. 4. Monat: Nochmalige Überweisung des gesamten Nachzahlungsbetrags durch uns und anwaltliche Versicherung der Überweisung. Ende des 4. Monats: Anregung auf Freigabe durch das FA für Steuern und Fahndung.
  • 28. 1) Das FA Neukölln und das FA für Steuern und Fahndung haben Probleme, Zahlungseingänge zuzuordnen. Das FA für Steuern und Fahndung muss wohl, sofern kein Überweisungsbeleg vorgelegt wird, das FA Neukölln fragen, ob Zahlungen eingegangen sind.
  • 29. Schwierigkeiten mit der Zuordnung von Zahlungen räumt die Senatsverwaltung für Finanzen in einem Rundschreiben vom 11.01.2019 ein:
  • 30. 2) Die Kommunikation zwischen dem FA Neukölln und dem Finanzamt für Steuern und Fahndung gestaltet sich als schwierig. Man kann mE nicht wirklich von Zusammenarbeit sprechen, auch wenn Vorgänge „zusammen“ abgewickelt werden. 3) FA Neukölln brauchte noch im Sommer sehr lange, um auf Schreiben/Emails zu antworten. Eine telefonische Erreichbarkeit war grundsätzlich nicht gegeben. Die Situation hat sich jedoch wesentlich gebessert.
  • 31. 4) Händler rechnen genau, ob eine Nachzahlung sich wirtschaftlich lohnt. Hier lohnend, da Betrag klein. -> Nachzahlungen sind von geringer praktischer Bedeutung. Registrierung frischer unbelasteter Gesellschaften ist attraktiv (Identitätswechsel). Account ist wenig wert. Nachzahlungen werden unattraktiv, wenn die Abwicklung lange dauert. Dann ist es wesentlich attraktiver, die Identität zu wechseln.
  • 32. 5) Große Probleme aus Sicht der Händler, weil die Zeitdauer bis zum Erhalt einer steuerlichen Registrierung nicht absehbar war/ist. Das FA Neukölln sprach Anfang 2018 sogar von einer Dauer von 5 Monaten. -> Es wurde der Eindruck hervorgerufen, ob das FA Neukölln die Händler bewusst behindern will und keine steuerliche Registrierung vornehmen will.
  • 33. Die Zeitdauer der steuerlichen Registrierung war wichtigster Wettbewerbsparameter auf dem Markt für Dienstleister in diesem Bereich. Angebote wie das “Vermieten einer UStID-Nr.“ (!) sind vor diesem Hintergrund zu sehen.
  • 34. Aus Sicht der Händler: Diskriminierung!
  • 35. Fall 2: Black Friday Unberechtigte Account-Suspendierung I Unberechtigte Account-Suspendierung, Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA Neukölln
  • 36. 20. November 2018: Account-Suspendierung auf Veranlassung des FA Neukölln wegen angeblich falscher Umsatzsteuer-Erklärungen: „Hello, We received a notice from the German tax office with regard to VAT debts concerning your Marketplace sales in Germany. In order to secure the tax liability, the tax office issued garnishment orders against all of Amazon’s German Fulfillment Centers where your FBA inventory is stored, meaning all of your FBA items are seized and may not be sold or returned until your debts are fully paid. You may also no longer use our FBA service to ship items into the DE. To comply with inventory requirements imposed by German tax authorities, we have changed your Seller Central settings to prevent inventory being stored in German Fulfillment Centers. Please do not change your inventory storage settings for Germany. Doing so, may block your ability to inbound shipments into EU Fulfilment Centers. We are currently informed about open debts in the amount of EUR 48.994,92. Attached is the garnishment order which states the amount in question and includes payment details of the tax office at the bottom of the document (name of bank, IBAN, BIC). Please contact tax authorities (phone 0049- (….) or email poststelle@fa-neukoelln.verwalt-berlin.de) to resolve your VAT status. Your Case Reference number is D-16 (…) and you should quote this reference number in all correspondence with tax authorities. Once tax authorities informs us that their notice has been withdrawn, your account setting will be brought back to normal. Sincerely, Amazon Services Europe“
  • 37. „We are currently informed about open debts in the amount of EUR 48.994,92“.
  • 38. 2) Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA Neukölln an Amazon Muster
  • 39. 20. November 2018: Erster Nachweis der korrekten Steuerzahlung gegenüber dem Finanzamt für Steuern und Fahndung durch Zahlungsbelege. Gleichzeitig Hinweis, dass es bereits in der Vergangenheit zu einem Verbuchungsproblem beim FA Neukölln gekommen sei!
  • 40. 22. November 2018: „Anregung“ auf Wiederfreigabe des Accounts gegenüber Amazon. Mitteilung durch das FA für Steuern und Fahndung:
  • 41. „Die Anregung der Wiederfreigabe wurde am 21.11.2018 an den Empfangsbevollmächtigten von Amazon übermittelt. Die Weiterleitung erfolgt dann umgehend an Amazon. Amazon prüft dann die Wiederfreigabe. Dies geht meist sehr zügig von statten.“ „Sehr geehrter Herr Brettschneider, ich verstehe Ihr Anliegen, aber die Bestätigung meinerseits per Email muss reichen. Die Anregung der Wiederfreigabe wurde am 22.11.2018 an den Empfangsbevollmächtigten von Amazon übermittelt. Die Weiterleitung erfolgt dann umgehend an Amazon. Amazon prüft dann die Wiederfreigabe. Dies geht meist sehr zügig von statten. -- Mit freundlichen Grüßen (…)“
  • 42. Abschiebung der Verantwortung zur Öffnung des Accounts auf Amazon. Händler wird alleingelassen vom FA. „Amazon prüft dann die Wiederfreigabe. Dies geht meist sehr zügig von statten.“
  • 43. „Sehr geehrter Herr Brettschneider, eine Sperrung des Warenlagers durch unsere Stelle erfolgte nicht. Ggf. setzen Sie sich bitte mit dem Finanzamt Neukölln in Verbindung ob dort eine Sperrung angeregt wurde. -- Mit freundlichen Grüßen (…)“ Die Waren im FBA-Lager waren nach Aufklärung immer noch blockiert. Am 17. Dezember 2018 antwortete das FA für Steuern und Fahndung:
  • 44. Aus Sicht der Händler: Diskriminierung
  • 45. -> 1) Finanzamt übernimmt keine Verantwortung dafür, den Account wieder zu öffnen und den Warenbestand wieder freizugeben. Das FA spricht lediglich von einer „Anregung“, obwohl hier eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA Neukölln vorlag. Mandant ist dann von abhängig von „Amazon Gnaden“, auch in Bezug auf die Schnelligkeit.
  • 46. 2) Die Kommunikation zwischen dem FA für Steuern und Fahndung und dem FA Neukölln ist problematisch. Gravierende Abstimmungs- probleme! 3) Zahlungseingänge können regelmäßig durch das FA Neukölln nicht zugeordnet werden.
  • 47. Fall 3: Der verlassene Account Account-Suspendierung, Überlegung der Nachzahlung und Verlassen des Accounts. Ermittlungen gegen Geschäftsführer
  • 48. Anfang 2018: Anzeige: Verdacht wegen britischer VAT No. im Impressum des Amazon-Accounts MUSTER aus anderem Fall FA achtet im Rahmen der Ermittlungen darauf, ob Amazon Prime angeboten wird -> Lagerstandort
  • 49. • Ermittlungen des Finanzamts für Steuern und Fahndung. Schätzung von Umsatzsteuer anhand von Käufer-Bewertungen: MUSTER aus anderem Fall Bewertungsquote von 4 %
  • 50. ca. 2 Monate nach Anzeige: 1) Sammelauskunftsersuchen u.a. in Bezug auf Mandantin
  • 51. „Es wird um folgende Informationen gebeten: 1) Benennung der/des wirtschaftlichen Eigentümer/s bzw. Gesellschafter (beneficial owner) einschließlich Geburtsdatum sowie die dessen/deren Anschrift sowie die Erreichbarkeit des Unternehmens per Telefon und E-Mail. 2) Betreiben die Gesellschaft oder die Verantwortlichen der Gesellschaft mit weiteren als dem hier bekannten Sellernamen über den Amazon-Marketplace (weltweit) weitere Shops? 3) Hat der Händler ein Verkäuferkonto (ggfs. mehrere) bei der Amazon Payments Europe S.C.A.? Im zutreffenden Fall bitte ich um Mitteilung der Kundennummer und des hinterlegten Bankkontos(ggfs. mehrere) sowie die dort gespeicherte Wohnanschrift/Geschäftsadresse des Händlers innerhalb der EU. 4) Darüber hinaus bitte ich um Benennung aller weiteren Bankverbindungen sowie der Kreditkartennummern. 5) Aktuell nutzt der Händler den Amazon-Service FBA. Erfolgte der Versand der Waren auch in den übrigen Jahren seit der Registrierung durch Amazon (Fulfillment by Amazon)? 6) Einzelaufstellung sämtlicher Verkäufe, getrennt nach Sellernamen, für den Zeitraums ab Registrierung bis heute einschließlich folgender Angaben: - Verkaufsdatum - Artikelbezeichnung - Verkaufspreis - Jahresumsatz pro Shop (Summary List) -Sitz des Leistungsempfängers (Deutschland ja / nein?)
  • 52. • wirtschaftlicher Eigentümer/s bzw. Gesellschafter • weitere Account-Namen der Gesellschaft oder der verantwortlichen Personen, der Gesellschafter? • Verkäuferkonto (ggfs. mehrere) bei der Amazon Payments Europe S.C.A.? • Nutzung von Amazon-Service FBA? • Einzelaufstellung sämtlicher Verkäufe • Welche Lager werden aktuell genutzt?
  • 53. 2) Veranlassung der Account-Suspendierung, Einfrierung von Guthaben und Waren Finanzamt setzt Amazon mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit unter Druck: „Sollte ein Ausschluss der Händler nicht erfolgen, ergeben sich noch die folgenden potentiell möglichen Rechtsfolgen, die Mitarbeiter Ihrer Mandantin der Gefahr der Strafverfolgung (…) aussetzen:
  • 54. • Beihilfe zur Steuerhinterziehung Das zur Verfügung stellen der Marketplace- Plattform für Online-Händler, welche als Steuerhinterzieher bekannt oder erkennbar sind (z.B. wegen fehlender Steuernummer / fehlender USt.-ID.-Nummer und Handel von Deutschland oder dem Gemeinschaftsgebiet aus nach Deutschland) kann gem. § 27 Abs. 1 StGB als Beihilfe strafbar sein. Erst das Bereitstellen der Plattform für die fraglichen Online-Händler macht deren Umsätze und folglich die Hinterziehung möglich.
  • 55. • Begünstigung (§ 257 StGB) Würden – nach erfolgter Kenntnis – durch Amazon bzw. Amazon Payments Europe S.C.A. Auszahlungen an die (…) geleistet, käme eine Strafarkeit gem. § 257 StGB in Frage.“
  • 56. Antwort von Amazons Anwälten -> sofortige Suspendierung und Einfrierung von Waren und Guthaben. -> in Bezug auf Sammel- auskunftsersuchen Bitte um Fristverlängerung. Nachträglich Kanzleinamen und anonymisiertes Schreiben aufgrund Beschwerde dieser Kanzlei entfernt.
  • 57. Entscheidung für Nachzahlung, da sich Nachzahlung lohnt: Hinterzogene Umsatzsteuer weniger als FBA- Warenwert und eingefrorenes Guthaben Problem, dass das Finanzamt für Steuern und Fahndung die Account-Freigabe nicht garantieren kann, sondern bei Amazon „anzuregen“ verspricht.
  • 58. Aber: FBA-Waren konnten durch die Mandantin durch einen Trick entfernt werden. Deswegen keine Motivation zur Nachzahlung mehr. Der Account wurde verlassen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer läuft.
  • 59. -> 1) Chinesische Händler agieren oft unter einer Vielzahl von Gesellschaften und Accounts. Zum Teil werden über 100 oder sogar 1.000 Accounts/Gesellschaften unterhalten. Verschleierung z.B. mittels VPN. Verwendung von privaten Email-Adressen.
  • 60. 2) Die Geschäftsführer sind u.U. Arbeitnehmer oder Strohleute. Gesellschafter sind u.U. auch Strohleute. Auch diesbezügliche Recherchen in Registern oder durch int. Wirtschaftsauskunftsdienste (werden von Finanzbehörden/StA genutzt!) führen nicht weiter, da u.U. Strohleute eingesetzt werden. Wer wirklich hinter den Gesellschaften steht, wissen u.U. nur Insider. Identitätswechsel werden z.T. vorgenommen.
  • 61. 3) Die Motivation zur Nachzahlung ist grundsätzlich eine rein wirtschaftliche Kalkulation. In diesem Zusammenhang sind die Umsatzsteuern in anderen EU-Mitgliedsaaten u.U. ein Faktor:
  • 62. 4) Strafrecht ist äußerst stumpfes Schwert. 5) Die Nutzung von Amazon FBA wird als risikoreich angesehen, da Waren leicht eingefroren werden können. 6) Im Rahmen von Ermittlungen Anzeigen von Kunden/Wettbewerbern von großer Bedeutung.
  • 63. 7) Händler wollen Gewissheit haben, dass der Account nach Eingang der Nachzahlung wieder freigegeben wird. Die Finanzbehörden verweisen jedoch auf Amazon und können das nicht versichern.
  • 64. Fall 4: Sperrung des falschen Händlers Unberechtigte Account-Suspendierung II Account-Suspendierung wegen Umsatzsteuerschätzung auf Grundlage von Bewertungen
  • 65. „Ihre Umsätze wurden vorher durch die hiesige Stelle anhand Ihrer Bewertungszahlen und der Verkaufspreise geschätzt, dabei überstiegen diese Schätzungen die erklärten Umsätze erheblich.“ Account seit Ende Dezember 2018 bis heute suspendiert -> Umsatzausfall. Finanzamt für Steuern und Fahndung:
  • 66. • Ermittlungen des Finanzamts für Steuern und Fahndung. Schätzung von Umsatzsteuer anhand von Käufer-Bewertungen: MUSTER aus einem anderen Fall Bewertungsquote von 4 %
  • 67. „ich habe die Sales Summary Reports ausgewertet, dabei habe ich Umsätze, die Sie aus Eigenversand erzielt haben, herausgerechnet. Es ergeben sich für den kompletten Zeitraum bis Oktober 2018 Netto-Umsätze in Höhe von 422.350,50 Euro. Darauf entfallen Umsatzsteuern in Höhe von 80.246,60 Euro. Erklärt wurden Umsatzsteuern bis Oktober 2108 in Höhe von 37.448,49 Euro. Somit ist eine Differenz in Höhe von 42.798,11 Euro offen. Bitte übermitteln Sie mir den Zahlungsbeleg, sobald Sie die Zahlung angewiesen haben, damit die Gutschrift auf dem Steuerkonto überprüft werden kann. Sobald die Summe eingegangen ist, wird die Anregung der Wiederfreigabe erstellt. • Sie begehren die Wiederfreigabe vor Beendigung des Strafverfahrens und bevor die Amazon-Umsatzdaten vorliegen. Im Strafverfahren werden nur die Umsatzübersichten aus dem Seller-Central, also die Sales Summary Reports als unveränderliche Daten akzeptiert. Wenn die Umsatzdaten später von Amazon direkt vorliegen, werden diese hier entsprechend ausgewertet und es werden auch Lieferschwellen und Lieferorte geprüft. Sollte es sich dann gegebenenfalls eine niedrigere Umsatzsteuer ergeben, kann die dann eventuell überzahlte Umsatzsteuer erstattet oder mit kommenden Umsatzsteuerforderungen verrechnet werden. Die Entscheidung obliegt dann dem Finanzamt Berlin-Neukölln“.
  • 68. „Im Strafverfahren werden nur die Umsatzübersichten aus dem Seller- Central, also die Sales Summary Reports als unveränderliche Daten akzeptiert. Wenn die Umsatzdaten später von Amazon direkt vorliegen, werden diese hier entsprechend ausgewertet und es werden auch Lieferschwellen und Lieferorte geprüft.“
  • 69. Beispiel Bericht aus Seller Central: Muster
  • 70. Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen den Geschäftsführer. Ankündigung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Finanzamt
  • 71. Momentan: Warten auf die Übermittlung der Transaktionsdaten durch Amazon. Letzte Woche Freitag: Zahlung des vom FA gewünschten Betrages von fast 50.000 EUR. Angst vor der Entsorgung des Warenbestands durch Amazon. Warten auf Freigabenachricht. Kontaktaufnahme mit FA.
  • 72. 1) Versand aus dem Ausland innerhalb der Lieferschwellen (und womöglich auch Direktversand) kann zu Account-Suspendierungen führen, auch wenn Umsatzsteuer ordnungsgemäß gezahlt wird. Das zeigt abermals: Lediglich einen Account zu haben, kann auch für rechtstreue Händler gefährlich sein.
  • 73. 2) Die Nutzung von FBA für Händler risikoreich, da auch der Warenbestand und Guthaben blockiert werden kann. 3) Der Weg des Finanzamts der Suspendierung von Accounts „über“ Amazon führt zu längerer Dauer der Abwicklung von Freigaben. 4) Die Finanzbehörden ermitteln gegen Geschäftsführer. Informationen über die Hintergründe einer Gesellschaft bestehen nicht.
  • 74. 6) Überhaupt Umsatzsteuer zu zahlen reicht zukünftig nicht mehr, da das Finanzamt für Steuern und Fahndung die Höhe anhand von Bewertungen prüft. -> Die Kontrollen sind einerseits gutes Signal, andererseits muss jedoch sichergestellt werden, dass nicht Händler falsch verdächtigt werden und von staatlichen Maßnahmen betroffen werden. 7) Händler könnten verleitet werden, Bewertungen zu löschen zu lassen.
  • 75. Fall 5: Der Krimi Account-Suspendierung, Ermittlungen gegen Geschäftsführer, Haftbefehl
  • 76. - Anzeige gegen eBay-Händler - Auskunftsersuchen der Polizei an ebay - Prompte Auskunft
  • 77. Inhalt der Auskunft Bestandsdaten Ebay-Mitgliedsname Firmenname Vollständiger Name Kontaktadresse E-Mail-Adresse Telefon Geburtsdatum Bewertungspunkte Registrierungsland Registrierungsdatum Registrierungs-IP Lieferadresse
  • 78. Kontoinformationen Kreditkarte eBay-Mitgliedsname E-Mail-Adresse Kontaktadresse(n) und historischer Verlauf Passwortänderungsdaten Verkauf der Lieferadresse Verlauf der Bank- und Kreditkartendaten
  • 79. Ermittlungen von zuständigem FA in Bezug auf Zollwerte und Umsatzsteuer und Einbeziehung weiterer Gesellschaften. Hohes Umsatzvolumen. Vermutung des ermittelnden FA, dass eBay in Bezug auf Umsatzsteuerhinterziehungen „bösgläubig“ sei.
  • 80. Vermögensarrest in Millionenhöhe gerichtlich angeordnet. (Der Großteil des Vermögens befindet sich jedoch nicht in der EU). Haftbefehle gegen verschiedene Personen erlassen.
  • 81. 1) Die Hintermänner sind den Finanzbehörden/der Staatsanwaltschaft unbekannt. Es fehlt auf Seiten der Finanzbehörden/der StA Wissen in Bezug auf den E-Commerce Markt in China, was zu eindimensionalen Ermittlungen und falschen Vermutungen führt. 2) Die Geschäfte können nach Identitätswechseleinfach weitergeführt werden.
  • 82. 3) Die Einfrierung von Guthaben in Hong Kong auf Betreiben einer deutschen StA aufgrund von Steuerhinterziehung nicht möglich. 4) Der Fall illustriert Ermittlungsdefizite in der Vergangenheit. Es wurden über relativ lange Zeit hohe Umsätze erwirtschaftet - mit entsprechendem Wachstum.
  • 83. C. Kurzes Schlusswort Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 84. • Compliance sollte einfach und kostengünstig zu verwirklichen sein. • Bedeutung gleicher Wettbewerbsbedingungen, auch gerade im Interesse der rechtstreuen Händler aus China. Steuerhinterziehung ermöglichte schnelles Wachstum für rechtsverletzende Gesellschaften. • Bei der Rechtsdurchsetzung müssen rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben. • Zukünftig werden weitere Rechtsbereiche in den Blick kommen (siehe bereits Verpackungsgesetz, Produktsicherheit).
  • 85. Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden
  • 86. . . desk@ecomvat.com Erfahrungen von Online-Händlern aus China mit deutschen Finanzbehörden #Success!