1. Jugend und Politik im Dialog Fishbowl-Diskussion I - Minutes - 20. Februar 2009 im FEZ Berlin Die vollständige Diskussion kann unter www.europa-2020.eu abgerufen werden Gefördert durch: Ein Projekt von:
2. Teilnehmende Alexander Alvaro, MdEP Luisa Daniel Kai Gehring, MdB Franziska Giffey, Europabeaftragte Berlin-Neukölln Norbert Glante, MdEP Veronika Kopf Maria Luise Löper, Berliner Senatsverwaltung Tristan Schneider
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4. ALVARO: Große Klasse! Beeindruckt hat mich wirklich vor allem der letzte Film, denn vieles was ihr über das vernetzte Lernen gesagt habt und dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist.
5. GEHRING: Es muss unheimlich spannend sein, eine ganze Woche über Zukunftsszenarien nach-zudenken und sich darüber mit Jugendlichen aus anderen Ländern austauschen zu können. Die Frage, die in einem eurer Beiträge auftauchte, wie man die Partizipation, die Beteiligung von Jugendlichen verbessern kann, ist etwas, was mich auch persönlich sehr beschäftigt.
6. GEHRING: Mir ist z.B. auch sehr wichtig, das Wahlalter auf sechzehn Jahre herunter zu setzen – das war eine Forderung die ihr aufgestellt habt und über die ich mich sehr gefreut habe. Wenn man über Politikverdrossenheit von Jugendlichen redet, dann ist das ein mögliches Gegenmittel.
7. GLANTE: Die Jugend will einfach anders ausgebildet werden und das war in allen Beiträgen ein Stück weit zu spüren. Aus euren Beiträgen habe ich herausgehört, dass andere Lernformen gewünscht werden, auch mal den Schülerinnen und Schülern mehr Eigenverantwortung zuzutrauen.
8. LÖPER: Was zum Ausdruck gekommen ist, ist dass Respekt eine ganz wesentliche Sache ist und dass die Betonung, die er bekommt ja auch zeigt, dass es da offensichtlich noch große Mängel gibt.
9. GIFFEY: Ich fand zwei Sätze Euren Präsentationen sehr schön und die kamen so selbstverständlich, dass man denken könnte, alle sind schon davon überzeugt. Der eine Satz war „ Wir sind alle Europäer “ und der zweite Satz „ Erwachsene können auch von Kindern und Jugendlichen lernen “.
10. Als Europabeauftragte von Berlin-Neukölln, einem sozial sehr schwierigen Bezirk, merke ich sehr oft, wenn ich mit den Menschen rede, dass sie ganz andere Sorgen haben als Europa und dass Europa manchmal sehr weit weg ist.
11. VERONIKA: Wir waren in unserer Gruppe Deutsche, Bulgaren und Polen und wir haben überlegt, wie man den Austausch fördern kann. Das Problem ist ja oft, dass gerade in vielen osteuropäischen Ländern das Geld für Austausche fehlt und auch bei uns gibt es ja viele Familien die ihren Kindern diesen Austausch aus finanziellen Gründen nicht ermöglichen können.
12. ... Wir wissen, dass so ein Austausch Geld kostet, aber so etwas ist einfach wahnsinnig wichtig um Europa zusammen zu bringen und den Leuten das Gefühl zu geben, dass wir Europa sind. Von außerhalb Europas, aus Amerika oder Australien kommt öfters die Aussage „Ihr in Europa“ aber wir selber spüren das nicht, das geht vielen so.
13. GLANTE: Es gibt viele Möglichkeiten Jugendbegegnungen und -projekte zu finanzieren, aber das reicht nicht aus. Wir wissen das. Wir haben einige Jugendprogramme auf europäischer Ebene, die Mitgliedsstaaten allerdings achten sehr genau darauf, dass man sich nicht zu sehr in die Bildungspolitik einmischt.
14. VERONIKA: Worüber wir uns persönlich ziemlich aufgeregt haben ist, dass im Moment ziemlich viel Geld in andere Sachen gesteckt wird, die zwar auch wichtig sind – wir wissen ja alle von der Wirtschafts-krise.
15. ... Es wird Geld ausgegeben, was ja eigentlich gar nicht da ist und wir müssen das später einmal bezahlen. Wir wollen wenigstens annähernd mitbestimmen, was mit dem Geld gemacht wird, das wir später mal zurück zahlen müssen.
16. ... Wir haben ausgerechnet, dass von diesem Betrag, mit dem diese Bank [Anm.: Hypo Real Estate] gesponsert werden soll, jedes Schulkind in Deutschland mit 10.000 Euro versorgt werden könnte. Damit wären Schulbücher finanziert, ein Teil des Studiums bezahlt und dieses Kind könnte einen guten Abschluss und eine gute berufliche Qualifizierung erreichen, dadurch viel Geld verdienen und die Wirtschaft ankurbeln .
17. GLANTE: Die Aussage war schon berechtigt, die vorhin in einem Beitrag kam: jeder Euro der heute in Bildungspolitik, in Förderung gesteckt wird, spart vielleicht in Zukunft ein vielfaches.
18. GEHRING: In fünf oder zehn Jahren werden wir hier wieder einen hohen Schuldenberg haben, der abzutragen ist. Diesbezüglich habe ich die Sorge , dass dann für Bildung möglicherweise noch weniger Geld da ist. Hier liegt, ich glaube, die zentrale Frage: ist das Geld, was man ausgibt, die Schulden die man macht, sinnvoll investiertes Geld? Wird es für Zukunftsbereiche ausgegeben?
19. ALVARO: Ich glaube, alle die hier sitzen, haben jahrelang darauf hingewiesen, welche Mangel situation in den Schulen und im Bildungssystem herrscht. Nun wird unglaublich viel Geld frei, bloß da fließt es nicht rein.
20. LÖPER: Habt ihr in eurer Schule Kontakt zu einzelnen Politikern und Politikerinnen, auch im Bezirk, oder auf der Landesebene oder sogar im Bundestag oder Europäischen Parlament? Habt ihr mal mit Lehrern zusammen, in der Schule oder außerhalb der Schule, solche Kontakte aufgebaut?
21. LUISA: Also an unserer Schule ist unsere Klasse sehr aktiv, wegen unserer Lehrerin. Und wir wissen auch schon ungefähr, wie wir die Ergebnisse dieses Zukunftskongresses weiter tragen können. Weil wir auch Schulsprecher haben, wollen wir sie zuerst an unserer Schule weitergeben. Und dann außerhalb, z.B. in unserem Bezirk, an anderen Schulen...
22. VERONIKA: So ähnlich hatten wir das ja in unserem Radiobeitrag vorher schon erwähnt. Da hatten wir diese Politik-AGs entworfen, in denen ein Lehrer zwar die Leitung übernimmt, die Schüler aber selber Informationen sammeln und weitergeben.
23. ... Und eine andere Lösung ist das European Youth Network , wovon wir später dann noch in einem anderen Beitrag hören werden. Das ist eine Idee von uns, wie man Vernetzung unter Jugendlichen ausbauen kann.
24. TRISTAN: Also von Kontakten zu Politikern habe ich in Berlin noch nicht wirklich etwas gehört. Da gibt es keine Leute, die an unsere Schule kommen und etwas erklären. Da müssen die Schüler sich schon selber dafür interessieren und sich auch selber anmelden. Das ist das Problem. Und: An unserer Schule gibt es auch nicht so viele interessierte Schüler.
25. LUISA: Wir bekommen von der Schulverwaltung immer wieder mal Briefe die auch wirklich von Politikern an die Schulen geschrieben wurden. Leider bekommen wir die Briefe oft zu spät. Und auch wenn wir dann eine E-mail schreiben, bekommen wir nicht immer eine Antwort .
26. ... Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es eine E-mail ist, vielleicht wäre ein Brief besser gewesen. Aber es ist so, dass man nicht immer eine Antwort bekommt.
27. GLANTE: Ich stelle gewaltige Unterschiede zwischen den Schulen fest. Wenn da nicht zwei, drei engagierte Lehrerinnen und Lehrer sind, die sagen, sie möchten mal über den Stundenplan hinaus etwas tun – was ja schon schwierig ist, wegen der Ausfallzeiten etc. – dann passiert wenig.
28. GIFFEY: Ich glaube, da müssen wir Lehrer und Schulen stärken und unterstützen, dass die eben auch mehr Freiraum in diesem Bereich bekommen.