Groups 2010.09: Free/Open Spectrum (Digital Sustainability)
Groups 2010.10: Potential von Open Data (Digital Sustainability)
1. Dieser Bericht entstand im Rahmen der Vorlesung:
„Digitale Nachhaltigkeit in der Wissensgesellschaft“
bei Dr. Marcus M. Dapp
ETH Zürich
HS10
Open Data
Rohdaten und offene Staatskunst
Verfasst von:
Anna Henger, D-PHYS, hengera@student.ethz.ch
Stefan Roos, D-ARCH, sroos@student.ethz.ch
Der Bericht darf gemäss folgender Creative Commons Lizenz verwendet werden:
Open Data - Rohdaten und offene Staatskunst von Anna Henger und Stefan Roos steht unter
einer Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.5 Schweiz
Lizenz.
2. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 2
3. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Projektvorhaben....................................................................................................3
2 Einführung in Open Data......................................................................................4
2.1 Allgemein...............................................................................................................................4
2.2 Historisches..........................................................................................................................4
2.3 Was sind Open Data?...........................................................................................................4
2.4 Unterscheidung von Open Data zu Open Government.....................................................5
2.5 eGovernment.........................................................................................................................5
2.6 Nutzer.....................................................................................................................................6
2.7 Entwicklung von Open Government Data..........................................................................6
3 Beschreibung von Open Government Data........................................................6
3.1 Ziele von Open Government Data.......................................................................................6
3.1.1 Transparenz..................................................................................................................6
3.1.2 Innovation......................................................................................................................8
3.1.3 Partizipation...................................................................................................................8
3.2 Veröffentlichte Daten............................................................................................................9
3.3 Risiken.................................................................................................................................10
3.3.1 Datenschutz................................................................................................................10
3.3.2 Fehlinterpretationen....................................................................................................10
3.3.3 Diskriminierung und Missbrauch.................................................................................10
3.3.4 Kommerzielle Nutzung................................................................................................11
3.4 Kosten..................................................................................................................................11
4 Vor- und Nachteile für die Interessengruppen anhand von Beispielen........12
4.1 Bürger..................................................................................................................................12
4.2 Verwaltung...........................................................................................................................13
5 Empfehlungen für Regierungen und Behörden..............................................14
5.1 Generell...............................................................................................................................14
5.5.1 Aktuelle Situation in der Schweiz................................................................................15
5.5.2 Empfehlung.................................................................................................................16
6 Fazit.....................................................................................................................16
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 3
4. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 1 Projektvorhaben
1 Projektvorhaben
Verwaltungen, das öffentliche Wesen generell, wie aber auch die Wissenschaft oder
Organisationen produzieren eine grosse Menge an Daten die sie Hauptsächlich intern verwendet.
In der Wissenschaft wird schon länger darüber diskutiert ob wissen freigegeben werden soll. Neue
Errungenschaften können nur basierend auf bestehendem wissen aufbauen, das heisst auf
Forschungen die durch Vorgänger oder Zeitgenossen getrieben wurde. Werden die Resultate der
Forschung, die benützten Rohdaten, frei zugänglich gemacht erlaubt man anderen Forscher
schneller zu neue Erkenntnisse und Innovationen zu gelangen. Natürlich kostet die Forschung und
mit wichtigen Erkenntnisse möchte man Profit machen, oder Spesen amortisieren, aber anderseits
ist es für die Allgemeinheit, interessanter wenn die Wissenschaft möglichst erfolgreich und schnell
vorangetrieben wird.
„If I have seen further it is by standing on the shoulders of giants.“1
Isaac Newton, 1676
„Creativity and innovation always builds on the past.“2
Lawrence Lessig, 2001
Seit kürzerem wird immer diskutiert ob auch die Daten die im Auftrag von Regierungen, das heisst
vom öffentlichen Wesen, aufgenommen werden den Bürger frei zugänglich gemacht werden
sollen, um einerseits, wie in der Wissenschaft Innovation und neue Produkte zu fordern, anderseits
aber auch um die Transparenz der Regierungen und die Beteiligung der Bürger an Politik und
Staatsaufgaben zu erhöhen.
Unser Ziel ist es das Konzept von Open Data, die Ziele, welche Daten freigegeben werden und
welche Kriterien sie erfüllen müssen, was sind die Interessen und Risiken, sowie die entstehenden
Kosten zu beschrieben. Infolge anhand von Beispiele die Aspekte Innovation und Verbesserung
öffentlicher Dienstleistungen oder Beteiligung von Bürger an Staatsaufgaben tiefer untersuchen
und dabei Vor- bzw. Nachteile für die Interessengruppen, Verwaltung und Bürger, analysieren und
schildern. Mit den Beispielen möchten wir nicht nur Vor- und Nachteile aufzeigen sondern auch
konkret wie Bürger und Unternehmen mit den offenen Daten umgehen können/könnten.
Im weiteren werden wir nach der Beschreibung des Konzeptes von Open Data und die Analyse
von Beispiele unsere persönliche Empfehlung für Regierungen und Behörden zur Frage der
Veröffentlichung von Daten schildern. Wir werden das Schwergewicht auf die Schweiz legen, dabei
der aktuellen Stand bezüglich Open Data und die geplante Entwicklungen zitieren.
1 Vorlesungsunterlagen Digitale Nachhaltigkeit von Dr. Marcus M. Dapp: C10-LE01AB.pdf auf http:/elbanet.ethz.ch
2 Vorlesungsunterlagen Digitale Nachhaltigkeit von Dr. Marcus M. Dapp: C10-LE01AB.pdf auf http:/elbanet.ethz.ch
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 4
5. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 2 Einführung in Open Data
2 Einführung in Open Data
2.1 Allgemein
Open Data ist ein Prinzip bzw. eine Philosophie, die den freien d.h. unbeschränkten Zugang zu
(öffentlichen) Daten befürwortet. Dieses Prinzip geht aus dem Grundverständnis hervor, dass
Daten Allgemeingut sind und aus diesem Grund für die Gesellschaft verfügbar gemacht werden
müssen, wo immer dies mit datenschutzrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist.
Im Folgenden soll vor allem von Open Government Data die Rede sein. Im Unterschied zu Open
Data im Allgemeinen, wo auch Daten aus der Wissenschaft, Wirtschaft und von NGOs mit
einbezogen werden, handelt es sich bei Open Government Data um Daten der Verwaltung und
Regierung, also um Daten, deren Erhebung durch Steuergelder finanziert ist.
Da die Verwaltung nicht marktwirtschaftlich orientiert ist und somit nicht a priori Gewinne aus den
von ihr erhobenen Daten schöpfen muss, fordert die Open Data Bewegung, dass die so
erhobenen Daten grundsätzlich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
2.2 Historisches
Der Begriff „Open Data“ ist noch vergleichsweise jung wenn man ihn mit der Open Source
Bewegung, die seit etwa 25 Jahren existiert, oder der Open Access, die ihre Wurzeln in der 90er
Jahren hat, vergleicht.3 Die ersten Zitationen des Begriffes „Open Data“ sind ungefähr ins Jahr
2002 zurückzuführen, in einem Interview an Jim Kent mit dem Titel: „Keeping Genome Data
Open“.4 Es handelt sich um einen Biologie Doktorand der ein Programm schrieb das garantiert das
die (Roh)Daten der menschlichen Chromosomen frei zugänglich bleiben und nicht durch
kommerzielle Patenten „abgeschlossen“ werden. Dahinter stecken die Bemühungen zur
Etablierung eines Konzept und einer Praxis der Offenheit und Freiheit auch im Umgang mit
Rohdaten.
Der Begriff „Open Data“ ist, wie oben beschrieben zwar jung, jedoch ist das Konzept in Ansätze
schon älter. Während dem Internationale Geophysikalische Jahr (1957-58) wurden Regeln für den
Austausch von Daten erstellt und Welt-Datenzentren (WDC´s) eingerichtet, was während des
kalten Krieges nicht üblich war.5
Im Zusammenhang mit öffentlicher administrativer Daten, wodurch den Open Data Gedanken
auch wirklich grosse öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hat, ist der Begriff durch die
Aktivitäten von USA und UK geprägt, die ihre Open Government Data vor eineinhalb- bzw. ein Jahr
freigeschalten haben (data.gov 05.2009/data.gov.uk 01.2010).
Auch in der Wissenschaft wird dieser Gedanke weiter vorangetrieben, was etwa Projekte wie
Science Commons oder die Verabschiedung der Panton Principles zeigen.
2.3 Was sind Open Data?
Der Ausdruck „Open“ wird in vielerlei Kontexten und mit verschiedensten Bedeutungen verwendet.
Orientierung darüber gibt die Open Definition6, ein Projekt der Open Knowledge Foundation
(OKFN).
Diese Definition soll das Konzept der Offenheit im Kontext von Open Knowledge spezifizieren und
eine gewisse Verbindlichkeit des Redens über Open Knowledge erreichen. Der allgemeine Begriff
von „Open knowledge“ umfasst Inhalte (Texte, Bücher und Filme), Daten sowie Informationen aus
Regierung und öffentlicher Verwaltung.
Alle Inhalte oder Daten, die mit einer Open-Definition-konformen Lizenz versehen sind, können
ohne weitere Klärung von Rechtsfragen abgefragt, kopiert, verteilt, kombiniert und erweitert
werden.
3 Open Data im hbz-Verbund, Adrian Pohl, http://www.hbz-nrw.de/dokumentencenter/produkte/lod/.
4 Interview mit jim Kent: http://www.oreillynet.com/pub/a/network/2002/04/05/kent.html
5 petermrʼs blog: Open Data - the time has come. http://wwmm.ch.cam.ac.uk/blogs/murrayrust/?p=32
6 Einsehbar unter: http://www.opendefinition.org/okd/
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 5
6. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 2 Einführung in Open Data
Die Kurzform dieser Definition von Offen besagt:
“A piece of content or data is open if you are free to use, reuse, and redistribute it — subject only,
at most, to the requirement to attribute and share-alike.”7
Abbildung 1: Arten von Wissen gemäß der Open Definition, http://www.hbz-nrw.de/dokumentencenter/produkte/lod/.
2.4 Unterscheidung von Open Data zu Open Government
Der Begriff Open Government taucht seit dem Jahr 2009 auf und wurde von US-Präsident Obama
geprägt.
Im Unterschied zu Open Data befasst sich Open Government hauptsächlich mit der Öffnung von
Staat und Verwaltung gegenüber dem Volk. Open Government soll für mehr Transparenz von
Regierungen und für mehr Teilhabe sorgen. Open Data ist zusammen mit Open Source ebenfalls
Teil des Konzepts von Open Government.
Dabei wird ein laufender Dialog zwischen Bürgern und Verwaltung angestrebt.
Über die Technologien des Web 2.0 (Wikis, Blogs…) lässt sich diese Interaktivität seit einiger Zeit
technisch umsetzen.
Allerdings ist auch hier eine Grundvoraussetzung, dass das Konzept flächendeckend umgesetzt
wird und nicht auf einige wenige, unproblematische Aspekte begrenzt wird, um die
Glaubwürdigkeit zu wahren. Zudem muss berücksichtig werden, dass sich nur ein kleiner Teil der
Nutzer aktiv mittels Forenbeiträgen, Wiki Einträgen usw. an der Mitarbeit beteiligt. (Vgl. 90:9:1
Regel nach Jakob Nielsen; 90% lesen nur, 9% schreiben von Zeit zu Zeit, 1% schreibt regelmäßig)
Um auch den Masse der passiven Nutzer zur aktiven Teilhabe zu motivieren müssen diese
merken, dass sie mit minimalem Aufwand bereits mitgestalten können. Dementsprechend müssen
auch die Anwendungen zur direkteren Demokratie aufgebaut sein.
2.5 eGovernment
Unter eGovernment versteht man die Vereinfachung und Durchführung von Prozessen zur
Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen staatlichen, kommunalen
und sonstige behördlichen Institutionen sowie zwischen diesen Institutionen und Bürgern bzw.
Unternehmen durch den Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechniken.
Im Gegensatz zu Open Government Data, wobei es sich um die freigaben von Rohdaten die nicht
dem Datenschutz unterstehen oder geheim sind handelt und für Weiterbenützung vorgesehen
sind, daher keine persönliche Daten, handelt es sich hingegen bei eGovernment um ein Austausch
zwischen Behörden und Bürger der auch persönlich/Privat (E-Voting, Persönliche Daten,...) sein
kann.
7 OKD: http://www.opendefinition.org/okd/
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 6
7. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 2 Einführung in Open Data
Abbildung 2: Dimensionen von E-Government, http://de.wikipedia.org/wiki/E-Government
Dadurch entsteht der Vorteil für den Bürger, dass er besser im Kontakt mit den Behörden stehen
kann und dessen Informationen „rund um die Uhr“ erreichbar sind. Es werden dadurch
zeitaufwendige Prozesse vereinfacht, die Transparenz der Behörden erhöht und durch die erhöhte
Zugänglichkeit an Informationen wird eine intensivere Beteiligung erreicht.
Für die Behörden entsteht der Vorteil der Kosteneinsparung. Allein der Deutsche Bund rechnet
eine Jährliche Kosteneinsparung von 400 Mio Euro bei einer Investition von 1,65 Mia Euro.
Grösste Befürchtung von den Bürger ist der Datenschutz, die Nichteinhaltung ihrer Privatsphäre.
Für die Behörden ist der Nachteil der grössere Sicherheitsaufwand für den Schutz der Daten.
2.6 Nutzer
Im ersten Moment werden vor allem internetaffine Menschen auf die bereitgestellten Daten
zugreifen, die sich für die jeweilige Thematik interessieren.
Für die Gewinnung weiterer Nutzer bietet sich jedoch eine vereinfachte Suchfunktion, Gruppierung
der Datensätze nach Themengebieten und nicht zuletzt die Bekanntmachung des Konzepts über
die Mainstreammedien an.
Je nach Art der Daten ergeben sich unterschiedliche Zielgruppen für deren Nutzung. So wäre z.B.
die in Karten verzeichnete Lage der von einer Ölpest betroffenen Gebiete, wie sie aktuell für den
Golf von Mexiko online ist, zum einen für die Tourismusbranche von Interesse aber auch für
Umweltschützer oder Anwohner.
Über ein Blog veröffentlichte Sitzungsprotokolle hingegen wären eher für die Mitglieder eine
Gemeinde hilfreich, da diese so schneller und bequemer einsehbar wären.
2.7 Entwicklung von Open Government Data
Die USA (05.2009) befolgt von UK (01.2010), Australien (10.2009 Beta Version) sowie Vancouver
(09.2009 Beta Version) haben die Vorreiter Rolle im freischalten von Rohdaten aus Administration
und Verwaltung übernommen. Jedoch sind in vielen Staaten initiativen oder Vorbereitungen für
Open Data Projekte im Gange.
So zum Beispiel wurde in Österreich am 07.01.2010 eine Initiative gegründet, die OGD Austria8
(Open Government Data Austria), mit dem Ziel öffentliche (nicht personenbezogene) Daten (GIS-
Daten, Mikrozensus, Volkszählung, Umweltdaten, Verkehrsdaten, Daten versch. NPOs, NGOs,
etc.) in Menschen- UND Maschinen-lesbarer Form der Bevölkerung und der Wirtschaft frei
verfügbar zu machen. Nach dem Meetup am 8. April 2010 haben die Proponenten der Initiative mit
der Formierung und Organisation begonnen.
In der Schweiz gibt es Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit die den nachhaltigen und
innovativen Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) fördert und sich für
den öffentlichen Zugang zu Wissensgütern einsetzt.9 Die Gruppe ist der Meinung, dass „Open
Data“ für alle Staatsgewalten ohne Zweifel zukunftsweisend ist und promoviert durch Vorstosse
ihrer Mitglieder diese Angelegenheiten.
8 Internet Seite von OGD Austria: http://gov.opendata.at/site/about
9 http://www.digitale-nachhaltigkeit.ch/hintergrund/
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 7
8. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
3 Beschreibung von Open Government Data
3.1 Ziele von Open Government Data
3.1.1 Transparenz
Öffnen sich Staat und Verwaltung im Sinne von Open Government Data gegenüber der
Bevölkerung und der Wirtschaft, aber auch nach Innen, so kann dies zu mehr Transparenz führen.
Transparenz stärkt das Pflichtbewusstsein und liefert den Bürgern Informationen darüber, was ihre
Regierung und ihre Verwaltung derzeit machen. Vorgänge und Entscheidungen in Politik,
Verwaltung und Justiz werden von Außen nachvollziehbar gemacht.
Wie eine repräsentative Verbraucherstudie von Forsa im Auftrag von SAS Deutschland feststellte,
ist die Vertrauenskrise, der sich die politische Steuerung durch die Bürger ausgesetzt sieht, mit
mehr Effektivität und mehr Transparenz zu überwinden.
Im Gegensatz zu Wikileaks, die auch versuchen Regierungen Transparent zu machen, geht es bei
Open Government Data nicht um Kontrollierbarkeit, Aufsicht oder die Aufdeckung und
Verhinderung von Bösem, sondern die Schaffung von Mehrwert, die Einbeziehung einer breiteren
Öffentlichkeit in das Handeln von Politik und Verwaltung, die Nutzung von bislang nicht erkannten
oder nicht erschlossenen Potenzialen. Es geht nicht um “Geheimnisverrat”, sondern um die
freiwillige Bereitstellung von “normalem” Datenmaterial und das auch noch in maschinenlesbarer
Form.
Auf der Basis von Transparenz sollen im Kern die beiden Ziele “Stärkung der Partizipation
(eParticipation)” und “Mehrwert aus der Nutzung von Verwaltungsdaten (Open Data)” verfolgt
werden. Es sollen zusätzliche Kompetenzen und Blickwinkel für Entscheidungsfindungen
einbezogen werden.
Open Data soll von der Politik und der Verwaltung selber initiiert und getragen werden und nicht
wie bei Wikileaks von anonyme „Whistleblower“. Es geht um transparente Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten, um Dialog und um Teamwork.10
Abbildung 3: Der Transparenz-Kreislauf, http://blog.sunlightfoundation.com/2010/03/10/introducing-the-cycle-of-transparency/
10 http://www.gov20camp.de/open-data-und-wikileaks-zwei-paar-schuhe/
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 8
9. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
Wie Jake Bewer schreibt, sind wir immer noch mit einer Regierung konfrontiert die sich benimmt
wie im 19 Jahrhundert bezüglich des Amtsgeheimnis. Es herrscht angst und Wiederstand
gegenüber Regierungsinterne kulturelle-, politische- und Einstellungsänderungen. Es gibt immer
noch eine grosse Diskrepanz zwischen den Guten Intentionen von Bürgern,
Expertenkommissionen und Reporters, und die Übersetzung von dieser guten Intentionen in
effektive Resultaten. Das Problem ist, dass Leute Transparenz unterstützen in Theorie, jedoch
wissen nicht wie sie sich benehmen sollen um diese transparente Regierung zu schaffen von der
die Rede ist. Um die Vision einer transparenten Regierung zu erreichen, gibt es eine Vielzahl an
„Sachen“ die dauerhaft geschehen müssen und sich einander unterstützen. Jake Bewer führt der
Transparenz-Kreislauf ein, womit er auf einfacher weise schildert welche Akteuren und Aktionen
zusammen wirken müssen um das Ziel einer Transparente Regierung zu erreichen. Jeder Akteur
und jede Aktion ergänzt die andere im Kreislauf um jedes Element einfacher oder überhaupt
möglich machen. Wichtig ist, dass jeder, vom Programmierer zum Akademiker zu Regierungsleute
zu Reporter zu Aktivisten, sein platz im Kreislauf hat.11
3.1.2 Innovation
Auf der Basis des Open Government Data sollen Regierungen und Verwaltungen kollaborativ sein.
Kollaboration bietet innovative Werkzeuge, Methoden und Systeme, um die Zusammenarbeit über
alle Verwaltungsebenen hinweg und mit dem privaten Sektor zu forcieren. Dadurch wird das
Professionelle und alltägliche Erfahrungswissen der Bürger, was die Demokratie stärken und
Effizienz und Effektivität in Regierung und Verwaltung erhöhen soll, für Politik und Verwaltung
leichter zugänglich.
Die öffentliche Verwaltung kann durch eine strategische Nutzung der Innovationskraft der
Außenwelt ihr eigenes Innovationspotential vergrößern
Offene Daten stärken auch den Wirtschaftsstandort. Viele der Applikationen, die es in anderen
Ländern bereits gibt, haben einen hohen lokalen Bezug. Damit wird für die lokale Wirtschaft
Wertschöpfung generiert und die Lebensqualität verbessert.
Man darf auch nicht vergessen, dass der Nutzen dieser Daten mit jedem Datensatz, der dazu
kommt, exponentiell steigt. In der Kombination der unterschiedlichen Daten können innovative
Anwendungen, Websites und wissenschaftliche Analysen entstehen.12
Die Ideen, Vorschläge und Anregungen von Bürgern sollten künftig entgegengenommen und
automatisch an die zuständige Stelle mit Bitte um Prüfung weitergeleitet werden. Die Anzahl der
Impulsgeber und der Impulse wird durch eine gezielte Ansprache Interessierter zunehmen. Deren
Vorschläge werden durch Datenportale, Wettbewerbe, einzureichende Prototypen, quelloffene
Software und Transparenz an Qualität gewinnen. Unternehmen können sich hier die künftige Basis
für neue Geschäftsfelder, Produkte und Dienstleistungen auf Basis frei zugänglicher Daten,
Anwendungen und Prozesse legen. Dazu müssen sie mit Prototypen und innovativen
Umsetzungen die Entscheidungsträger überzeugen.13
Bei der Aufgabenverteilung zwischen Staat und Gesellschaft sollen verstärkt Bürger,
Unternehmen, Verbände und Bürgerinitiativen eingebunden werden, um abgestimmt und
gemeinsam Problemstellungen bestmöglich zu bearbeiten und zu erledigen. Die Technologien
vereinfachen es zudem, die Bürger, Verbände und Unternehmen in vorhandene Prozessketten und
damit in die Aufgabenerfüllung einzubinden, wo immer dies sinnvoll, erforderlich und umsetzbar
erscheint. Darüber hinaus erleichtern sie eine koordinierte Zusammenarbeit von allen Personen,
die an einem Vorhaben mitwirken möchten. Dies kann in einer Schwarmauslagerung (Crowd
Sourcing) münden, bei der auf die Intelligenz und Arbeitskraft einer Masse unentgeltlich tätiger
Freizeitaktivisten gesetzt wird, die sich über das Internet weltweit verteilt um die Lösung von
Aufgaben und Problemen, die Erstellung von Inhalten oder Innovationen kümmern. Dieser Ansatz
prägt nicht nur die Open Source Community im öffentlichen Sektor, sondern beeinflusst auch die
Konzepte zu Datenportalen der Verwaltung, zu Government Mashups, zu Government AppStores,
zu „Apps for Democracy“‐ Wettbewerben und zum Government Hack Day.14
11 Introducing the Cycle of Transparency: http://blog.sunlightfoundation.com/2010/03/10/introducing-the-cycle-of-transparency/
12 Interview mit Peter Parycek, http://www.futurezone.at/stories/1664528/
13 Jörn von Lucke: Open Government, Öffnung von Staat und Verwaltung - Gutachten für die Deutsche Telekom AG zur T-City Friedr.
14 Jörn von Lucke: Open Government, Öffnung von Staat und Verwaltung - Gutachten für die Deutsche Telekom AG zur T-City Friedr.
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 9
10. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
3.1.3 Partizipation
Partizipation verstärkt die Effektivität von Regierung und Verwaltung und verbessert die Qualität
ihrer Entscheidungen, indem Individuen und Organisationen als Stakeholder, sowie das verstreute
Wissen der Gesellschaft stärker in Willensbildungs‐ und Entscheidungsprozesse von Staat und
Verwaltung eingebunden werden.
Die Web 2.0‐Technologien ermöglichen es, nicht nur konventionelle Formen der Meinungsbildung
durch elektronische Formate zu ergänzen, sondern mit Text, Bild, Ton und Video auch vollkommen
neue unkonventionelle Formen wie ein verteiltes Brainstorming, moderierte Dialoge, ergebnisoffen
angelegte Bürgerbefragungen, Bewertungen und eine Meinungsbildgewinnung auf Knopfdruck.
Konzepte einer „Collaborative Governance“ eröffnen eine echte gemeinschaftliche
Entscheidungsfindung. Smarte IT‐basierte Ansätze zur Folgenabschätzung, zur nachvollziehbaren
Argumentation, zum Aufbau von Konsens, zur Mediation, zur Lösung von Problemen und zur
Entschärfung von Konflikten können eine ausgewogene Entscheidungsfindung bei
unterschiedlichen Interessengruppen beschleunigen. Zunehmend denkbar werden auch ganz
neue Formen und Ausprägungen direkter Demokratie, bei denen an Stelle von Delegierten die
Bürger zunehmend selbst ihre Interessen wahrnehmen. So könnten sie selbst entscheiden, wie
weit sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen wollen oder von anderen vertreten werden möchten.
Zumindest technisch wäre es möglich, die Stimmvergabeentscheidung jederzeit zu ändern und
das einem Delegierten übertragene Stimmrecht zurückzufordern, um es einem Dritten zu
übertragen oder selbst auszuüben.15
3.2 Veröffentlichte Daten
Damit Datensätze sinnvoll verwendet werden können müssen diese den 8 Prinzipien von Open
Government Data entsprechen.
1.: Vollständigkeit
In den bereit gestellten Datensätzen dürfen nicht nur Fragmente freigegeben werden, sondern es
müssen alle Daten enthalten sein, die nicht unter berechtigte Datenschutz-, Sicherheits- oder
Zugangsbeschränkungen fallen.
2.: Primärquelle
Um einen Informationsverlust durch Überarbeitung und Aufbereitung der Daten zu vermeiden
sollten die Daten in einem möglichst ursprünglichen Zustand veröffentlicht werden, was aber die
Übersichtlichkeit und die Verständlichkeit der Daten einschränken kann
3.: Zeitnah
Die Veröffentlichung der Daten darf nicht herausgezögert werden, damit die Aktualität und damit
der Nutzen der Daten nicht unnötig eingeschränkt wird.
4.: Zugänglich
Die Daten müssen für eine möglichst grosse Anzahl von Nutzern verfügbar sein. Dabei kommt es
nicht nur darauf an, dass die Daten vorhanden sind, sondern auch leicht zu finden sind ggf. über
Tags oder Verlinkungen (Linked Open Data)
5.: Maschinenlesbar
Am besten bereits zur weiteren Nutzung strukturiert.
6.: Nicht Diskriminierend
Es darf keine Registrierung notwendig sein, um auf die Daten zugreifen zu können, um die
Anonymität der Nutzer zu wahren.
7.: Nicht proprietär
Sollen die Daten glaubhaft sein, darf keine juristische Person die alleinigen Rechte über die
Formate haben. Proprietäre Daten widersprächen zudem der Idee, dass diese Allgemeingut sind.
15 Jörn von Lucke: Open Government, Öffnung von Staat und Verwaltung - Gutachten für die Deutsche Telekom AG zur T-City Friedr.
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 10
11. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
8.: Lizenzfrei
Daten, die unter Patente, Urheberrechtsansprüche, Betriebsgeheimnisse usw. fallen können nicht
sinnvoll veröffentlicht und entsprechend weiterverwendet werden.
Um von Open Data sprechen zu können müssen diese Prinzipien überprüfbar sein. Zudem sollte
eine Ansprechperson vorhanden sein um eventuellen Beschwerden nach zu gehen und den
Nutzern bei Fragen weiter zu helfen.16
Betrachtet man was von den Vorreiter von Open Data (data.gov, data.gov.uk, data.australia.au,...)
schon freigeschaltet wurde und gemäss einer Umfrage der Berliner Verwaltung lassen sich
potentielle Quellen für Open Data ableiten (Beispielhaft):17
• Umweltdaten (Feinstaub, CO2, Pollen)
• Stadtplanung (Flächennutzungsplan, Bauvorhaben, Verkehr, Flughäfen)
• Wohnen (Wohngeld, Mietspiegel, Immobilien, Grundstückpreise)
• Familie (Elterngeld, Kindertagesstätten, Kindergärten)
• Bildung (Schulen, Volkshochschulen, Hochschulen und Unis)
• Gesundheit (Krankenhäuser, Apotheken, Notdienst, Beratungsstellen, Blutspende)
• Bevölkerung (regionale Verteilung, Demographie, Kaufkraft, Arbeitslosigkeit, Kinder)
• Verkehr (Baustellen, Staus, Sperrungen)
• Nahverkehr (Verspätungen, Zugausfälle, Sonderfahrten)
• Infrastruktur (Radwege, Toiletten, Briefkästen, Geldautomaten, Telefone)
• Entsorgung (Termin in meiner Strasse, Recyclingstellen, Containerstandorte, Sondermüll)
• Öffnungszeiten (Bibliotheken, Museen, Ausstellungen)
• Märkte (Wochen-, Floh-, Weihnachtsmärkte)
• Events (Strassenfeste, Konzerte, Sportereignisse)
• Kontrolle (Badegewässer, Lebensmittel, Gaststätten, Preise)
• Verwaltung (Formulare, Zuständigkeiten, Ämter, Öffnungszeiten)
• Recht (Gesetze, Vorschriften, Beratung, Schlichter, Gutachter)
• Polizeiticker (aktuelle Vorfälle, Fahndung, Kriminalitätsatlas)
3.3 Risiken
3.3.1 Datenschutz
So sprächen der Datenschutz, die Datenqualität, Probleme bei der Herleitung und damit
die Gefahr von Fehlinterpretation sowie das Missbrauchsrisiko gegen eine Öffnung
staatlicher Datenbanken. Es gebe zudem Bedenken gegen eine Vermischung von
staatlichen und nicht-staatlichen Angeboten. Bedenken gab es auch hinsichtlich der
kommerziellen Nutzung der durch Steuergelder finanzierten Daten sowie einer möglichen
Gefährdung etablierter Geschäftsmodelle.
Datenschützer haben auf die Möglichkeit hingewiesen, aus anonymisierten nicht-
personenbezogenen Daten durch Abgleich mit anderen Datensätzen letztlich doch Rückschlüsse
auf Personen ziehen zu können.
Ein weiteres Problem stellt der im Datenschutz verankerte „Grundsatz der Zweckgebundenheit“
dar. Der besagt, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nur zu den Zwecken verarbeitet
werden dürfen, für die sie erhoben beziehungsweise gespeichert worden sind. Hier scheint ein
grundsätzlicher Wiederspruch zu der im Konzept von Open Data postulierten „Freigabe für
jedermann zu jeglichen Zwecken“ zu liegen.*18
16 8 Open Data Prinzipien: http://opendata-network.org/2010/02/8-open-government-data-principles-vollstaendigkeit/
17 IG Collaboratory Abschlussbericht2 Offene Staatskunst, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
* Im Zusammenhang mit deutschem Datenschutzgesetz.
18 IG Collaboratory Abschlussbericht2 Offene Staatskunst, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 11
12. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
3.3.2 Fehlinterpretationen
Die Veröffentlichung von grossen Datenmengen kann zu Missdeutungen und Fehlinterpretationen
führen. Werden Daten etwa ohne eine Dokumentation zu den Methoden der Datenerhebung
veröffentlicht, können diese falsch interpretiert werden. Diese rohen, noch nicht aufbereiteten und
interpretierten Daten erfordern vom Nutzer natürlich eine gewisse Medien- oder Datenkompetenz.
Durch eine Veröffentlichung derartiger Rohdaten könnte es also zu
einer Einschränkung der bisherigen exklusiven „Deutungshoheit“ durch Behörden oder Experten
kommen.19
3.3.3 Diskriminierung und Missbrauch
Durch Zusammenführung und Abgleich verschiedener Datenbanken lassen sich eventuell Muster
erkennen, die zu einer Stigmatisierung bestimmter Wohnbezirke oder Bevölkerungsgruppen
führen können. Dies geschieht in der Tat schon heute, zum Beispiel durch so genannte Rating-
Agenturen. Es wird befürchtet, dass durch eine umfangreiche Veröffentlichung von Daten in
digitalen Formaten Missbrauch dieser Art einfacher wird und deshalb zunehmen könnte. Eine
weitere Form der Diskriminierung durch Daten könnte von Anwendungen ausgehen, die zum
Beispiel Kriminalitätsstatistiken oder Vorfälle von so genanntem „antisozialen-Verhalten“ darstellen.
Dies kann z. B. zu einer Stigmatisierung bestimmter ohnehin schon benachteiligter Stadtbezirke
führen.20
3.3.4 Kommerzielle Nutzung
Es gibt Bedenken gegen eine kostenfreie Überlassung von durch Steuergelder finanzierte Daten
für kommerzielle Zwecke. Hier geht es also um die Frage nach angemessenen Preismodellen für
Daten des öffentlichen Sektors. Die Angst ist, dass aus kostenfrei Daten sehr profitable märkte
entstehen könnten. Ansätze schlagen ein Preismodell vor, das sich an den so genannten
Grenzkosten orientiert. Nach diesem Modell sollten für Daten, deren Erhebung durch Steuergelder
finanziert ist, lediglich Kosten für das Kopieren und Verteilen zu entrichten sein und zwar
unabhängig davon ob diese nun kommerziell oder nicht-kommerziell genutzt werden. Allerdings
tendieren diese Kosten bei digitalen Informationen gegen Null. Die Erfahrungen aus anderen
Ländern haben im Übrigen gezeigt, dass gerade dort, wo die betreffenden Daten in grossem
Umfang kostenlos genutzt werden, Geschäftsmodelle und Märkte entstehen können, zum Beispiel
die Branche rund um Wetter- und Geodaten in den USA.21
3.4 Kosten
Die Öffnung und Veröffentlichung von Daten des öffentlichen Sektors wird Zeit und Geld kosten.
Behördeninterne Prozesse bei der Datenerhebung und Datenverarbeitung sowie bei der
Veröffentlichung müssen angepasst werden.
Die Kosten entstehen bei der Erhebung, Aufbereitung, Prüfung und Distribution der Daten, bei der
Einführung neuer Verfahren und Technologien, bei der Schulung und Weiterbildung von
Mitarbeitern wie bei Kommunikation, Marketing und Organisation von Bürgerservice und
Feedback.
Es kommt des weiteren zu individuellen Verlusten, wenn Daten, die bisher an einzelne Nutzer
verkauft wurden nun der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
19 IG Collaboratory Abschlussbericht2 Offene Staatskunst, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
20 IG Collaboratory Abschlussbericht2 Offene Staatskunst, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
21 IG Collaboratory Abschlussbericht2 Offene Staatskunst, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 12
13. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 3 Beschreibung von Open Government Data
Abbildung 4: Open Data Loop, IG Collaboratory, https://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 13
14. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 4 Vor- und Nachteile für die Interessengruppen anhand von Beispielen
4
Vor- und Nachteile für die Interessengruppen anhand von Beispielen
4.1 Bürger
Unter dem Aspekt der Transparenz bietet Open Data den Vorteil, dass Bürger umfassend über die
Situation ihrer Verwaltung informiert werden. Dabei können sie davon ausgehen, dass die
veröffentlichten Daten nicht auf illegalem Weg beschafft wurden, wie es z.B. bei der
Internetplattform Wikileaks meist der Fall ist.
Da die acht Prinzipien von Open Data auch die Vollständigkeit müssen die Bürger bei
entsprechend umgesetzter Veröffentlichung nicht davon ausgehen, dass ihnen wichtige
Informationen vorenthalten werden. Dennoch könnten natürlich auch Daten veröffentlicht werden,
die für Interessensgruppierungen innerhalb der Bevölkerung wie auch der Regierung unerwünscht
sind.
Die Verwaltung gibt bestenfalls auch sämtliche Daten heraus, die Zeichen für Missstände in der
Verwaltung selbst sind. Dies erfordert jedoch ein hohes Maß an Kritikbereitschaft der Verwaltung,
damit die Transparenz nicht bei den ersten Gegenstimmen verringert bzw. eingestellt wird.
Es besteht jedoch die Gefahr, dass die veröffentlichten Daten mehr oder weniger geschönt sind.
Dabei müssen die Daten noch nicht einmal gefälscht werden, es genügt ein etwas anderer
Blickwinkel in der Formulierung um die öffentliche Meinung in eine bestimmte Richtung zu
beeinflussen. Ein weiterer Grund dafür, dass nach Möglichkeit Rohdaten veröffentlicht werden
sollten, die nicht so weit aufbereitet sind, als dass sie Einfluss auf die Objektivität nehmen könnten.
4.2 Verwaltung
Die Bereitschaft der Verwaltung auch Fehler ihrerseits ein zu gestehen steigert das Vertrauen der
Bevölkerung in die Staatsorgane, da der Vorwurf der Vertuschung entfällt. Zudem nimmt die
Verwaltung durch die freiwillige Transparenz Organisationen, wie Wikileaks, die Möglichkeit,
Skandale durch Veröffentlichung von Missständen hervor zu rufen.
Sind die Daten lizenzfrei veröffentlicht, können auch Firmen z.B. auf Statistiken der Verwaltung
zurückgreifen und diese kommerziell nutzen. Allerdings verliert die Verwaltung so eine
Einnahmequelle durch den Verkauf der Daten.
Die Verwaltung könnte auf diese Art jedoch an anderer Stelle Kosten einsparen. Da Open Data
auch Open Source mit einschließt haben Programmierer die Chance aus bereits vorhandener
Software, z.B. Programmen für Verwaltungsaufgaben, neue Programme zu entwickeln. Im
Gegenzug davon hätte die Verwaltung den Vorteil, dass sie kostengünstig an neue Programme
und Applikationen gelangt. Als Beispiel dafür seien die Wettbewerbe zu Apps4democracy genannt,
die einen Preis für die nützlichste Entwicklung ausschreiben. Denkbar wäre dabei auch, dass
Verbesserungsvorschläge der Bürger direkt zur Prüfung weitergeleitet werden. Dabei wäre durch
die Ideen der Bürger eine effektivere Arbeit der Verwaltung möglich.
Doch auch hier ist die Verwaltung auf die Mithilfe der Gesellschaft angewiesen um
Verbesserungen zu erhalten. Bleibt die Beteiligung der Bürger aus oder mangelhaft fehlen die
erhofften Innovationen. Zudem ist oft nicht ohne genaue Prüfung der eingereichten Vorschläge
erkennbar, ob diese qualitativ angemessen sind.
Mehr Transparenz und direkte Rückmeldung der Bürger verlangt von der Verwaltung, dass diese
in erhöhtem Maß auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger eingeht. Dafür bekommt die
Verwaltung allerdings eine schnellere Rückmeldung zur aktuellen Situation, wenn sich die Bürger
beispielsweise über Kritikblogs äußern können und sollen. Idealerweise ergibt sich hieraus ein
Dialog zwischen Verwaltung und Bevölkerung. Gerade auf kommunaler Ebene könnte in einem
Gemeindeforum diskutiert werden, wo am sinnvollsten investiert werden kann.
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 14
15. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 4 Vor- und Nachteile für die Interessengruppen anhand von Beispielen
Schäden an öffentlichen Einrichtungen könnten von Bürgern mittels Smartphone dokumentiert und
mit geringem Aufwand direkt an die zuständige Behörde übermittelt werden.
Interessierte Bürger können durch Einsicht von Daten qualitativ hochwertige
Verbesserungsvorschläge einbringen, für die ohne freien Zugang zu den Daten das notwendige
Hintergrundwissen fehlen würde.
Unter dem Aspekt der Transparenz bietet Open Data den Vorteil, dass Bürger umfassend über die
Situation ihrer Verwaltung informiert werden. Dabei können sie davon ausgehen, dass die
veröffentlichten Daten nicht auf illegalem Weg beschafft wurden, wie es z.B. bei der
Internetplattform Wikileaks meist der Fall ist. Viele Bürger fragen sich, was eigentlich mit ihren
Steuerabgaben geschieht. Die englische Seite wheredoesmymoneygo.org zeigt in Abhängigkeit
des Einkommens an, wie viel genau für die einzelnen Sektoren ausgegeben wird.
Auf ähnliche Weise wird bei farmsubsidy.org veröffentlicht, welche Betriebe wie viel
Agrarsubventionen erhalten. Da auch die Subventionen über Steuern finanziert werden ist es für
viele Bürger von Interesse zu wissen, dass dadurch vor allem auch Großbetriebe Unterstützung
erhalten.
Die Verwaltung gibt bestenfalls auch sämtliche Daten heraus, die Zeichen für Missstände in der
Verwaltung selbst sind. Im Fall der Ölbohrplattform Deep Water Horizon stellte die Regierung die
vorhandenen Daten online, obwohl die Behörden für das Unglück mitverantwortlich gemacht
wurden.
Dies erfordert jedoch ein hohes Maß an Kritikbereitschaft der Verwaltung,
damit die Transparenz nicht bei den ersten Gegenstimmen verringert bzw. eingestellt wird.
Die Bereitschaft der Verwaltung auch Fehler ihrerseits ein zu gestehen steigert das Vertrauen der
Bevölkerung in die Staatsorgane, da der Vorwurf der Vertuschung entfällt. Beim Hurrikan Katrina,
der die Küsten von im Golf von Mexiko verwüstete wurde von den Bürgern vor allem mangelnde
Informationsbereitschaft der Regierung kritisiert.
Zudem nimmt die Verwaltung durch die freiwillige Transparenz Organisationen, wie Wikileaks, die
Möglichkeit,
Skandale durch Veröffentlichung von Missständen hervor zu rufen.
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 15
16. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 5 Empfehlungen für Regierungen und Behörden
5
Empfehlungen für Regierungen und Behörden
5.1 Generell
Wie oben gesehen, impliziert die Veröffentlichung von Regierungs- und Verwaltungsdaten,
eine Vielzahl an positive Konsequenzen für Bürger und Verwaltung. Jedoch, wie auch
schon geschildert, gibt es Risiken, die man nicht unbeachtet lassen soll.
Es muss beachtet werden, dass nicht jedes Volk, Gesellschaft oder Staat gleiche
Traditionen oder Verhaltensmuster bezüglich Privatsphäre, Offenheit und Transparenz,
auch im Bereich von Regierung und Verwaltung. So ist es nicht für jede Regierung gleich
aufwendig zu einem Konzept von Open Government Data über zu gehen, einerseits von
der Gesetzgebung her, anderseits von der Überzeugungsarbeit an Bürger und
Angestellten von öffentliche Institutionen die geleistet werden muss um die neue Doktrin
durchzubringen.
Unser Meinung nach sollte jede Regierung schritte in Richtung von Open Data machen,
jedoch „step by step“ im Zusammenhang mit einer guten Planung, da es sich nicht um
eine dringend notwendige Erneuerung handelt. Es ist wichtiger, dass die Schritte
konsequent und regelmässig passieren und dabei, da es eben auch viele Risiken gibt,
diese gut überlegt sind. So können sich auch alle Leute an die neue Situation anpassen
ohne überfordert zu werden.
Bei den Regierungen die schon Open Government Data praktizieren handelt sich um
Staaten bei denen Offenheit und Transparenz schon zum Alltag in Regierung und
Verwaltung gehörten (USA, Australien, Neuseeland, UK eher weniger). Trotzdem wurde
auch dort zuerst für eine Zeit eine Betaversion laufen lassen mit nur wenig Datensätzen,
die jetzt von Jahr zu Jahr mehr werden.
Der ganze Prozess für die Einführung von Open Government Data, wie schon gesagt,
kann für jede Regierung unterschiedlich lang dauern, wichtig ist, dass etwas unternommen
wird mit den nötigen Überlegungen.
5.1 Schweizer Regierung
5.5.1 Aktuelle Situation in der Schweiz
Beim "Zweiten Meeting zu Open Government Data in der Schweiz" wurde festgestellt, dass sich
vielerorts Projekte im Bereich Open Government Data in der Startphase befinden bzw. bereits
erfolgreich durchgeführt und weiterverfolgt werden (siehe bspw. geo.admin.ch, das Geoportal des
Bundes). Sowie, dass durch den Kontakt mit der britischen Stiftung Open Knowledge Foundation
die Verbindung ins internationale Netzwerk der Open Government Data-Promotoren hergestellt
werden konnte.
Betreffend der Inventarisierung der verfügbaren bzw. noch nicht zugänglichen Behörden-
Datenbestände wurde festgestellt, dass verschiedene Stellen beim Bund über die Fähigkeit zur
Erstellung solcher Verzeichnisse verfügen. Somit liegt es nahe, dass die Parlamentarische Gruppe
Digitale Nachhaltigkeit mit der Bundeskanzlei, dem Eidgenössischen Datenschutz- und
Öffentlichkeitsbeauftragten, dem Bundesarchiv und weiteren Stellen der Bundesverwaltung in
Kontakt tritt, um eine Inventarisierung der bereits veröffentlichten oder für eine Veröffentlichung in
Betracht kommenden Datenbestände des Bundes zu besprechen. Das Verzeichnis dieser
Datenbestände sowie die zugehörigen Zugangsinformationen sollen so rasch wie möglich im Stile
von www.data.gov über eine offizielle Website des Bundes publiziert werden.
Die Teilnehmer waren sich einig, möglichst bald (Januar oder Februar 2011) ein Event, etwa in der
Form eines BarCamps, zum Thema Open Government Data zu organisieren. Dadurch soll die
Zusammenarbeit von Politik, Behörden, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kultur im Bereich Open
Government Data angestossen werden. Zu diesem Zweck hat sich aus den Teilnehmenden ein
„Event-Komitee“ gebildet.22
Wie schon oben zitiert, hat der Bundesrat die Freischaltung der Geodaten von Swisstopo
angeordnet. In der Antwort des Bundesrates auf den Vorstoss von Wasserfallen Christian
(07.12.2009) zu den Geodaten, geht der Bundesrat weiter und kündigt die Prüfung eines Free-
22 Zweites Meeting zu Open Government Data in der Schweiz: http://www.digitale-nachhaltigkeit.ch/
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 16
17. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 5 Empfehlungen für Regierungen und Behörden
Access-Zugangs zu weiteren Bundesdaten an.
Antwort des Bundesrates:
„Der Bundesrat hat die volkswirtschaftliche Bedeutung der Geoinformation erkannt und bei der
Erarbeitung des Geoinformationsgesetzes berücksichtigt. Das Geoinformationsgesetz fand in der
parlamentarischen Behandlung breite Akzeptanz und wurde per 1. Juli 2008 in Kraft gesetzt. Am
18. November 2009 hat der Bundesrat die Teilrevision der Geoinformationsverordnung
verabschiedet. Er hat gleichzeitig einer interdepartementalen Arbeitsgruppe den Auftrag erteilt,
Szenarien für eine Free-Access-Lösung für Geobasisdaten des Bundes auszuarbeiten. Der
Bericht wird Ende 2010 vorliegen und erstreckt sich auch auf die Prüfung eines Free-Access-
Zugangs zu weiteren Bundesdaten. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es deshalb verfrüht, Aussagen
zur freien Verfügbarkeit der Geobasisdaten des Bundes zu machen. Der Bundesrat wird Anfang
2011 zur Thematik des Free-Access-Zugangs Stellung nehmen.“23
5.5.2 Empfehlung
In Umfragen zeigt sich die grosse Mehrheit von Bevölkerung und Wirtschaft in der Schweiz
regelmässig sehr zufrieden mit den Leistungen „ihrer“ Verwaltung. Das ist nicht zuletzt darauf
zurückzuführen, dass die Verwaltung ihre Leistungen dezentral, „kundennah“ erbringt. Es ist eine
Stärke des Föderalismus, dass die Entscheid Kompetenz möglichst nahe von der zu beurteilenden
Situation angesiedelt ist. Die Motivation, eine gute Leistung zu erbringen ist so gross.24
Jedoch soll diese Stärke jetzt auch in die elektronische Welt der Verwaltung übertragen werden, da
die Schweiz was eGovernment Ranglisten anbelangt eher zu hinderst anzutreffen ist.
Wie in der aktuelle Situation in der Schweiz beschrieben, ist die Regierung daran erste Daten frei
zu gegeben und überlegt sich das selbe mit weitere Daten zu machen. Unserer Meinung nach ist
das die Richtige Entscheidung, erste Schritte vorzunehmen. Wir würden der Regierung empfehlen
im Zusammenhang mit den geplanten eGovernment Strategien auch Open Government Data zu
fördern, so dass die zwei Konzepte auch noch voneinander profitieren können.
Die Schweizer Regierung hat eine gewisse mühe mit der Transparenz (Bankgeheimnis,
Libyenaffäre,...), dadurch haben Bürger, sowie ausländische Regierungen, das Vertrauen in diese
Regierung verloren. Eine Open Government Data Strategie könnte unser Meinung nach etwas
entgegenwirken, indem möglichst viele Daten veröffentlicht werden.
23 Curia Vista – Geschäftsdatenbank, http://www.parlament.ch/D/Suche/Seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20095644
24 eCH-White Paper, Vernetzte Verwaltung, Organisationskonzept für ein föderales E-Government Schweiz, www.ech.ch
Anna Henger, Stefan Roos 12.12.2010 17
18. Open Data – Rohdaten und offene Staatskunst 5 Empfehlungen für Regierungen und Behörden
6 Fazit
Open Government Data ist ein sehr junges Konzept, was nur in wenigen Staaten oder Städte
angewandt wird, jedoch ist die Ausbreitung und Entwicklung voll im Gange. Viele Regierungen
sind daran Open Data vorzubereiten und werden dabei von Gruppierungen gefordert und
unterstützt.
Das Thema ist seit kurzem sehr aktuell, viele sprechen davon, auch fälschlicherweise im
Zusammenhang mit Wikileaks, jedoch gibt es noch wenige Erfahrungen und Berichte über Open
Data im Bereich von Regierung und Verwaltung.
Die Einführung von Open Data benötigt minuziöse Abklärungen, Planung und Kosten, jedoch sind
wir der Meinung, dass die Erträge aus dieser Strategie, den grossen Nutzen für Regierung,
Verwaltung, Bürger und Standort, sehr gross sein können und so den Aufwand und die Risiken
wett machen.
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