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Christoph Spehr:

„Wir leben in erzwungenen Kooperationen. Was soll man da tun?
Wie kämpft man für den Übergang zu freier Kooperation?
Erstens: Man sagt was ist - wenn schon nicht Allen, weil riskant, dann erstmal Einigen. Man stellt fest,
worauf die Macht erzwungener Kooperation in diesem konkreten Zusammenhang beruht und was
deshalb zu ändern wäre, und teilt diese Einschätzung mit Anderen.

Zweitens: Man bemüht sich, eine Gruppe von relevanter Größe zu bilden, die etwas verändern
möchte. Sehr häufig liegen Erfahrungen vor, was eine "kritische Masse" in dem betreffenden
Zusammenhang ist ("Um an einer Klassensituation etwas zu ändern, braucht man mindestens drei
Eltern; um an einer Schule etwas zu verändern, braucht man mindestens sieben Eltern, aus
mindestens zwei Klassen") - diese Erfahrungen sollte man erst nehmen.

Drittens: Man nimmt Kontakt auf zu Menschen in anderen, vergleichbaren Kooperationen und
informiert sich, wie es dort läuft. Man bemüht sich um gemeinsame Organisierung mit Menschen aus
anderen Kooperationen.

Viertens: Man stärkt seine Stellung in Konflikten zunächst nicht durch das Einfordern neuer Regeln,
sondern meist durch das Bestehen auf existierende Regeln - die oft nicht bekannt sind oder nicht
eingehalten werden; d.h. man nutzt Widersprüche zwischen verschiedenen relevanten
Regelsystemen und macht seine Hausaufgaben, indem man diverse Ordnungen, Gesetze,
Präzedenzfälle studiert.

Fünftens: Man führt exemplarische Auseinandersetzungen, die man gewinnen kann, und stärkt
dadurch die Gruppe derer, die an Veränderung interessiert sind. Sehr häufig beginnen verändernde
Entwicklungen defensiv, d.h. indem ein Übergriff der dominanten Seite verhindert oder
zurückgeschlagen wird.

Sechstens: Man bezieht sich immer auch auf die allgemeinen Bedürfnisse und auf die
Notwendigkeiten der gesamten Kooperation, d.h. man übernimmt ein Stück Verantwortung bzw.
"leadership" in den Konflikten. An diesem Punkt formuliert man mögliche andere Regeln, und an
diesem Punkt muss man es schaffen, dass die Gruppe der Veränderungswilligen Mitglieder aus allen
Untergruppen der Kooperation bekommt, zumindest einzelne.

Siebtens: Man macht sich klar, dass all das lange dauern kann, und achtet deshalb auf die eigene
Lebensqualität und die der MitstreiterInnen, man verkämpft sich nicht und verbrennt nicht die
Motivation der Anderen.

Achtens: Man bilanziert nüchtern, ob irgendetwas von den Punkten 1 bis 7 geklappt hat, und
entscheidet dann, ob man weitermacht, ob man geht, oder ob man in der inneren Emigration
überwintert, weil man keine Alternative hat.

Neuntens: Im letzteren Fall bleibt man aufmerksam, ob die Bedingungen vielleicht besser geworden
sind. In vielen Fällen basiert die Macht erzwungener Kooperation darauf, dass von den im Prinzip
Unzufriedenen alle gleichzeitig Winterschlaf halten, ohne es voneinander zu wissen.“




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  • 1. Christoph Spehr: „Wir leben in erzwungenen Kooperationen. Was soll man da tun? Wie kämpft man für den Übergang zu freier Kooperation? Erstens: Man sagt was ist - wenn schon nicht Allen, weil riskant, dann erstmal Einigen. Man stellt fest, worauf die Macht erzwungener Kooperation in diesem konkreten Zusammenhang beruht und was deshalb zu ändern wäre, und teilt diese Einschätzung mit Anderen. Zweitens: Man bemüht sich, eine Gruppe von relevanter Größe zu bilden, die etwas verändern möchte. Sehr häufig liegen Erfahrungen vor, was eine "kritische Masse" in dem betreffenden Zusammenhang ist ("Um an einer Klassensituation etwas zu ändern, braucht man mindestens drei Eltern; um an einer Schule etwas zu verändern, braucht man mindestens sieben Eltern, aus mindestens zwei Klassen") - diese Erfahrungen sollte man erst nehmen. Drittens: Man nimmt Kontakt auf zu Menschen in anderen, vergleichbaren Kooperationen und informiert sich, wie es dort läuft. Man bemüht sich um gemeinsame Organisierung mit Menschen aus anderen Kooperationen. Viertens: Man stärkt seine Stellung in Konflikten zunächst nicht durch das Einfordern neuer Regeln, sondern meist durch das Bestehen auf existierende Regeln - die oft nicht bekannt sind oder nicht eingehalten werden; d.h. man nutzt Widersprüche zwischen verschiedenen relevanten Regelsystemen und macht seine Hausaufgaben, indem man diverse Ordnungen, Gesetze, Präzedenzfälle studiert. Fünftens: Man führt exemplarische Auseinandersetzungen, die man gewinnen kann, und stärkt dadurch die Gruppe derer, die an Veränderung interessiert sind. Sehr häufig beginnen verändernde Entwicklungen defensiv, d.h. indem ein Übergriff der dominanten Seite verhindert oder zurückgeschlagen wird. Sechstens: Man bezieht sich immer auch auf die allgemeinen Bedürfnisse und auf die Notwendigkeiten der gesamten Kooperation, d.h. man übernimmt ein Stück Verantwortung bzw. "leadership" in den Konflikten. An diesem Punkt formuliert man mögliche andere Regeln, und an diesem Punkt muss man es schaffen, dass die Gruppe der Veränderungswilligen Mitglieder aus allen Untergruppen der Kooperation bekommt, zumindest einzelne. Siebtens: Man macht sich klar, dass all das lange dauern kann, und achtet deshalb auf die eigene Lebensqualität und die der MitstreiterInnen, man verkämpft sich nicht und verbrennt nicht die Motivation der Anderen. Achtens: Man bilanziert nüchtern, ob irgendetwas von den Punkten 1 bis 7 geklappt hat, und entscheidet dann, ob man weitermacht, ob man geht, oder ob man in der inneren Emigration überwintert, weil man keine Alternative hat. Neuntens: Im letzteren Fall bleibt man aufmerksam, ob die Bedingungen vielleicht besser geworden sind. In vielen Fällen basiert die Macht erzwungener Kooperation darauf, dass von den im Prinzip Unzufriedenen alle gleichzeitig Winterschlaf halten, ohne es voneinander zu wissen.“ 1