Stimmrechtsberater, so genannte Proxy Advisors, haben heute einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Abstimmungen in Hauptversammlungen. Wir erläutern ihre Aufgaben und Rolle für die Investoren – und warum IR die Berater ernst nehmen sollte.
Investor Relations-Panel: Wer organisiert die Roadshows?
One Pager: Proxy Advisors und die Auswirkungen auf die Investor Relations
1. ONE PAGER
»Proxy Advisors und die Auswirkungen auf die Investor Relations«
Wiesbaden, 14.01.2014 – Auch Aktiengesellschaften, die das Verhältnis zur ihren Aktionären als unproblematisch einschätzen und
einen engen Kontakt zu ihren Investoren
pflegen, erleben auf der Hauptversammlung
regelmäßig unangenehme Überraschungen.
Ursache sind oft die Empfehlungen von
Stimmrechtsberatern wie ISS oder Ivox, die
zur Ablehnung einzelner Tagesordnungspunkte raten, da sie nicht den angelegten
Kriterien entsprechen.
Aufgabe der Proxy Advisors
Stimmrechtsberater – sogenannte Proxy
Advisors – analysieren im Auftrag institutioneller Investoren die Abstimmungsagenda
der Hauptversammlung hinsichtlich bestimmter Kriterienkataloge und geben daraufhin
Abstimmungsempfehlungen. Grundlage sind
etwa die gesetzlichen Regelungen, der Corporate Governance Kodex aber auch die
jeweils individuellen Leitlinien der großen
Investoren. Neben der Abgabe von Empfehlungen führen die Stimmrechtsberater oft
auch die technische Abwicklung der Stimmrechtsausübung durch. Wie groß der Einfluss
der Proxy-Voting-Dienstleister auf Hauptversammlungen ist, lässt sich schwer abschätzen, da sie meist nicht in eigenem Namen
auftreten und ihr Abstimmungsverhalten
bei unterschiedlichen zugrunde liegenden
Leitlinien nicht einheitlich sein muss. Insider
gehen jedoch davon aus, dass auf Hauptversammlungen großer Publikumsgesellschaften
mindestens 40 bis 50 Prozent der angemeldeten Stimmen »Advisorbeeinflusst« sind.
Transparenz schafft Zustimmung
Viele kritische Punkte, bei denen die Aktionärsdienstleister regelmäßig zur Ablehnung
raten, lassen sich dabei relativ einfach aus
dem Weg schaffen. Beispielsweise könnten
die Unternehmen vermehrt Informationen zu
Tagesordnungs- und Abstimmungspunkten
veröffentlichen – etwa zu Aufsichtsratskandidaten. Dabei ist keineswegs ein vollständiges
Bewerbungsschreiben notwendig, aber die
wichtigsten beruflichen Hintergründe, die die
Person für das Mandat qualifizieren, sollten
klar genannt werden. Dies gilt umso mehr,
wenn es sich um den gesetzlich geforderten
»Financial Expert« im Prüfungsausschuss
handelt.
»Fondsmanager, die von den wirtschaftlichen
Perspektiven des Unternehmens überzeugt
sind, bieten keine Garantie dafür, dass ihre
jeweilige Fondsgesellschaft auch der Hauptversammlungsagenda zustimmt«, erläutert
Rudolf Heller, Group Managing Director der
Computershare-Gruppe in Deutschland. Nahezu alle großen Fondsgesellschaften besitzen
eigene Abteilungen, die sich mit CorporateGovernance-Themen auseinandersetzen und
das Abstimmungsverhalten auf den Hauptversammlungen der Portfoliogesellschaften
festlegen. Diese spezialisierten Teams greifen
wiederum auf die Empfehlungen der Stimmrechtsberater zurück. »Das Identifizieren und
Ausräumen kritischer Punkte im Vorfeld der
Hauptversammlung ist Teil professioneller
Investor Relations-Tätigkeit. Umstrittene Verwaltungsvorschläge müssen besonders stim-
mig kommuniziert werden«, ergänzt Michael
Diegelmann.
Zunehmende Bedeutung
Der Einfluss der Stimmrechtsberater wird sich
künftig vermutlich ausweiten. Staats- und
Pensionsfonds, Versicherungen und Fonds
gesellschaften investieren in eine Vielzahl von
Aktiengesellschaften in allen Teilen der Welt,
an denen sie jeweils aber nur Bruchteile von
Prozentpunkten halten. Ein schlichter Verzicht
auf das Recht zur Mitbestimmung aus KostenNutzen-Aspekten – wie in der Vergangenheit
durchaus üblich – ist im Zeitalter der Corporate Governance keine verantwortungsvolle
Alternative zu einer intensiven Beschäftigung
mit den Hauptversammlungsthemen. Proxy
Advisors beheben mit ihren Dienstleistungen
dieses Dilemma – und rücken somit zunehmend in das Blickfeld der Investor Relations.
Kontakt:
cometis AG | Michael Diegelmann
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