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CO2 als neue Währung: Ökobilanzen zählen!
Verpflichtende Mehrwegquoten sind scheinbar das Ergeb-
nis von Bauchgefühl und „Fishing for Wählerstimmen“ und
beruhen aktuell nicht wirklich auf Ökobilanzen. Das sehen
wir kritisch. Schließlich muss es um echte und nicht nur
gefühlte Nachhaltigkeit gehen. Erhöhen wir durch Mehr-
wegquoten am Ende die CO2-Bilanz haben wir in Sachen
Klimaschutz nichts gewonnen. Sehr relevant sind in diesem
Zusammenhang die Erkenntnisse des ifeu Instituts und
seiner Partner im innoredux-Projekt.
Aus unserer Sicht ist die Politik gut beraten, die Diskussion
überVerpackungen, Materialien und Ein- und Mehrweg fakten-
basiert zu führen, damit am Ende Mensch, Umwelt und Klima
profitieren. Der PET-Flaschenkreislauf ist bereits ausgesprochen
effizient. Die Rücklaufquote erreicht 98 Prozent. Betrachten wir
die Ökobilanzen der Materialien stellt sich eigentlich eher die
Frage,wiewirdasEinwegglaseffizientermachen.Dasentspricht
aber nicht dem Zeitgeist, der sich stark auf Kunststoff fokussiert
und schon so manche Fehlentscheidung herbeigeführt hat –
siehe dasVerbot der ökologisch vorteilhaften Plastiktüte.
Umso wichtiger sind die nun auch durch die Lidl-Kampa-
gne beförderten Diskussionen über Mehr- und Einweg
anhand von Studien und Ökobilanzen. Dabei geht es nicht
um ein Durchboxen der Sichtweisen des einen oder anderen
Lagers. Diese Grenzen gilt es zu überwinden. Die Wissen-
schaft liefert Erkenntnisse und die Politik steckt den Rahmen,
in dem neue Märkte entstehen oder sich bestehende Lösun-
gen behaupten. Für den Kunststoff eröffnen Mehrweg-Sys-
teme sowohl in der Außer-Haus-Gastronomie als auch im
VersandhandelgroßePotenziale.DieEigenschaftendesMate-
rials können hier mit Langlebigkeit, Flexibilität, Leichtig- und
Nachhaltigkeit punkten. Und genau darum muss es doch
gehen:nachhaltigenKonsum.KunststoffisteinKreislaufmate-
rial. Mal Ein- mal Mehrweg. Mal braucht es Kunststoffverpa-
ckungen, mal nicht. Für Dogmen haben wir keine Zeit. mh
KURZ-KOMMENTAR ZUR EINWEG-MEHRWEG-DEBATTE
KUNSTSTOFF IST EIN
KREISLAUF-MATERIAL
SCHWERPUNKT:
aktuell 3–6/2023
28
Lidl Kampagne befördert
Einweg-Mehrweg-Debatte
Lidl in Deutschland informiert im April in einer umfassen-
den Kampagne über die ökologischen Stärken der Kreislauf-
flasche,derenFlaschenkörperzu100Prozentausrecyceltem
PET-Kunststoff (rPET) besteht. Eine neue Ökobilanz des Ins-
tituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) der Kreislauf-
flasche zeigt, dass es sich um eine der ökologischsten
Flaschen im Vergleich zu den untersuchten marktüblichen
Mehrwegflaschen handelt. Bei Lidl in Deutschland sind seit
Sommer 2021 über 60
Artikel der Getränke-
Eigenmarken „Saskia“,
„Freeway“ und „Solevita“
in Kreislaufflaschen erhält-
lich. Um auf die neue
Datenlage aufmerksam zu
machen, startete Lidl mit
prominenter Unterstüt-
zung von Günther Jauch
die 360-Grad-Kampagne
„Aus Liebe zur Natur“. Ziel
war es, die Verbraucher
mittels eines Erklärvideos,
kreativer Plakat­aktionen
und mobiler Anzeigenmotive über die ökologischen Vor-
teile der Kreislaufflasche zu informieren. Eine neue Ökobi-
lanz der Umweltexperten des Ifeu-Instituts belegt, dass
Flaschen mit einem hohen Rezyklatanteil sowie geringen
Materialeinsätzen und marktübliche Mehr-
wegsysteme hinsichtlich ihrer Klimawirkung
gleichwertig sein können. mh
Scannen und selber ein Bild machen:
„AUS LIEBE ZUR NATUR“
Diese neuen Erkenntnisse, die
wir auch auf der Website
diekreislaufflasche.de vorstellen,
zeigen, dass gute Einwegsysteme
mit Pfand genauso klimaschonend
sein können wie gute Mehrweg-
systeme, wenn sie das Material im
Kreis führen und neue Flaschen aus
alten Flaschen hergestellt werden.“
Wolf Tiedemann, Vorstandsmitglied der Lidl Stiftung & Co. KG.
Um auf die neue Datenlage auf-
merksam zu machen, startete Lidl
mit prominenter Unterstützung
von Günther Jauch die 360-Grad-
Kampagne„Aus Liebe zur Natur“
MEHRWEG mit Pfand
Produkt-Kreislauf
Ökologisch vorteilhafter, wenn
Recyclingfähigkeit und Rezyklatanteil hoch
und Verpackungsgewicht gering ist
EINWEG mit Pfand
Material-Kreislauf
PRODUKT PRODUKT
55%
45%
ABFALL
Die übrigen 22% der Getränke werden
in Behälter abgefüllt, die entweder in
Glascontainern oder im gelben Sack/
Tonne gesammelt und recycelt werden.
Quellen: eigene Darstellung, UBA/GVM 131/2022, ifeu Ökobilanz April 2023
ZWEI KREISLÄUFE FÜR GETRÄNKEFLASCHEN
78% aller abgefüllten Getränke in Deutschland sind pfandpflichtig, werden also
in Mehrweg- oder Einweg-Kreislaufflaschen abgefüllt.
KONSUM
SORTIERUNG
PFAND
HERSTELLUNGVON FLASCHEN
UND ABFÜLLUNG
ABFALL
PRODUKT
Gesetzliche
Ausnahme:
kein Abfall!
TRANSPORT
DER FLASCHEN
(bis zu 15.000
Flaschen pro LKW)
TRANSPORT
DER FLASCHEN
TRANSPORTVON
GEPRESSTEN BALLEN
(bis zu 400.000
Flaschen pro LKW)
RECYCLING
18,2 Milliarden Liter/Jahr
(2020)
13,8 Milliarden Liter/Jahr
(2020)
VERTRIEB
HERSTELLUNG
PREFORMS
85%
Kunststoff
15%
Dosen, Kartons etc.
26%
Kunststoff
74%
Glas
LEBENSMITTEL-
VERPACKUNGEN
UNDTEXTIL-
FASERN
Ökologisch vorteilhafter, wenn Anzahl der
Wiederverwendungen hoch, Verpackungsgewicht
gering und Transportstrecken kurz sind
REINIGUNG
ABFÜLLUNG
me
aktuell 3–6/2023 29
Das Bottle-to-Bottle-System der Kreislaufflasche leistet
einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, indem aus
altenFlaschenneueGetränkeflaschenhergestelltwerden.
In diesem Kreislauf wird das Material des Flaschenkörpers
wiederverwendet und der Einsatz von PET-Neumaterial
ausgeschlossen. Dank des Einweg-Pfandsystems bleibt
das hochwertige PET-Material in lebensmittelgeeigneter
Qualität für Getränkeflaschen erhalten.
Durch diese und weitere Eigenschaften wie ihr niedri-
ges Gewicht hat die 1,5-Liter-Kreislaufflasche einen klei-
neren CO2-Fußabdruck. Das bedeutet im Detail circa 20
Prozent niedriger als die untersuchten durchschnittlichen
PET-Mehrwegsysteme und fast 50 Prozent weniger als die
0,7-Liter-Glas-Mehrwegflasche (Normbrunnenflaschen
Glas-Mehrweg 0,7 Liter und PET-Mehrweg 1,0 Liter der
Genossenschaft Deutscher Brunnen).
Abgesehen vom Einsatz von recyceltem Material
(rPET) ist die Kreislaufflasche vor allem beim Transport
sehr klimaschonend. Ein Lkw kann bis zu 400.000
gepresste Kreislaufflaschen transportieren. Dagegen
passt bei einem Mehrwegsystem, egal ob leer oder voll,
immer nur die gleiche Menge von circa 15.000 Flaschen
auf einen Lkw. So werden bei jedem Rücktransport der
Kreislaufflaschen im Vergleich zu Mehrweg-
flaschen etwa 26 Lkw-Fahrten ver-
mieden. (Quelle: Lidl)
Mehrweg To-go erfolgreich umsetzen
Ergebnisse der ifeu-Studie im Auftrag von Lidl
Was macht erfolgreiche Mehrwegsysteme aus und wie pro-
fitiert die Umwelt am meisten? Dazu forschen das Institut
für Energie- und Umweltforschung (ifeu) und das Institut für
ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) im Projekt REPAID.
Auch die Anbieter RECUP und Vytal sind an dem Projekt
beteiligt, das vom Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird. REPAID untersucht
als eines der ersten Forschungsprojekte, welchen Einfluss
das Zusammenspiel von Handel, Gastronomie, Logistik und
Verbrauchern und Verbraucherinnen auf den Erfolg von
Mehrwegsystemen hat.
„Bei jährlich bundesweit 280.000Tonnen Müll ausVerpa-
ckungen allein für Speisen und Getränke geht das Gesetz in
die richtige Richtung“, sagt Benedikt Kauertz, Experte für
Kreislaufwirtschaft am Institut für Energie- und Umweltfor-
schung (ifeu). Und er ergänzt: „Viele der jetzt eingeführten
Mehrwegsysteme haben aber bisher noch zu geringe
Umlaufzahlen.“ Damit ein Kunststoff-Mehrwegbecher öko-
logisch besser abschneidet als ein beschichteter Pappbe-
cher, muss dieser mindestens 10- bis 15-mal
wiederverwendet werden, rechnet Kauertz vor. Dafür muss
alles passen: Die Kundschaft muss einen
hohen Anreiz haben, die Becher und
Schalen zu nutzen und auch tat-
sächlich zurückzubringen. mh
(Quelle: ifeu März 2023)
IFEU-STUDIE GESTARTET:
Mit Kunststoff für weniger Kartonabfälle:
Pizzcycle Mehrweg-Verpackungen
Über REPAID
REPAID steht für „Reduktion von Einwegserviceverpackun-
gen aus Plastik durch Automatisierung der Rücknahme,
Interventionen am Point of Sale und Möglichkeiten der
Digitalisierung“. Das Vorhaben läuft bis Ende 2024 und wird
vom BMEL gefördert.
Mehr Informationen auf der Projektseite:
www.ifeu.de/projekt/repaid
Essen und Getränke
mitnehmen oder
liefern lassen mit Vytal,
dem pfandfreien Mehr-
wegsystem.
aktuell 3–6/2023
30
Konsequente Kreislaufführung von PET-Flaschen
kann 60.000 Tonnen CO2 sparen
Wenn der Kunststoff der in Deutschland inVerkehr gebrach-
ten PET-Einwegflaschen wieder vollständig für die Herstel-
lung von solchen Flaschen eingesetzt würde, ließen sich
etwa 60.000 Tonnen CO2 einsparen. Stattdessen geht ein zu
großer Teil dieses lebensmittelgeeigneten Recycling-Kunst-
stoffs aus dem Rücklauf des Einwegpfands in alternative
Verwendung und dann schnell in die Müllverbrennung. Das
ist das Ergebnis einer Studie von ifeu und der GVM Gesell-
schaft für Verpackungsmarktforschung.
„Um Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft weiter voran-
zubringen, sollte die Kreislaufführung von PET-Einwegfla-
schen gestärkt werden“, sagt ifeu-Studienleiter Benedikt
Kauertz.
In Deutschland wurden laut Studie 2021 etwa 425.000
Tonnen Kunststoff für die Produktion von Einwegflaschen
aus PET (Polyethylenterephthalat) verwendet. Durch das
Pfandsystem konnten 97 Prozent dieses Materials einge-
sammelt und wieder aufgearbeitet werden. Dieses Recyc-
ling-Material ist sortenrein und lässt sich auch als
Lebensmittel-Verpackung wieder einsetzen. Es ist darum
ein begehrtes Produkt auf den Sekundär-Kunststoffmärkten
– nicht nur bei den Herstellern von Getränkeflaschen.
Darum gelingt es bisher nicht, das PET vollständig wieder
für Getränkeflaschen einzusetzen: Rund 55 Prozent des
Recycling-PET kaufen die Hersteller von Folien, Tex-
tilien und Verpackungen für Putzmittel oder Kos-
metik und verwenden es für ihre Produkte. „Wenn
das hochwertige PET aus dem Recycling der Ein-
wegpfandflaschen in solchen Anwendungen
landet, ist es für die Kreislaufführung in neuen
PET-Flaschen meist verloren – mit negativen
ökologischen Auswirkungen“, erklärt Kauertz.
PET aus Einwegflaschen: Neun
Wiederverwendungen möglich
Die Studie zeigt, dass das ursprüng-
lich eingebrachte Primär-PET heute
höchstens drei Mal wiederverwen-
det wird. Danach landet es in
Deutschland meist in der Müllver-
brennung („thermische Verwer-
tung“). Wenn das gesamte PET aus
dem Recycling der Einwegflaschen
wieder für Getränkeflaschen einge-
setzt würde, ließe es sich dagegen
rechnerisch neun Mal wiederverwenden. „Die Schließung
des Flaschenkreislaufs reduziert den Einsatz von Primär-PET
erheblich. 2021 mussten die Hersteller 235.000 Tonnen Pri-
mär-PET einspeisen. Im geschlossenen Flaschenkreislauf
würde der Einsatz von Primär-PET um mehr als 90 Prozent
auf 21.000 Tonnen zurückgehen.“, sagt GVM-Projektleiter
Nicolas Cayé.
In dem Szenario, in dem das Recycling-PET aus den
bepfandeten Einweg-Getränkeflaschen weitestgehend zu
neuen Getränkeflaschen verarbeitet wird, sinken die CO2-
Emissionen um 20 Prozent oder rund 60.000 Tonnen pro
Jahr. Die Studie betrachtet dabei die gesamte Wertschöp-
fungskette inklusive aller Sekundärnutzen und umfasst
somit einen weiter gefassten Systemraum als die produkt-
bezogenen Verpackungsökobilanzen. Der Vorteil der kon-
sequenten Kreislaufführung zeigt sich dabei robust
gegenüber methodischen Festlegungen. mh
(Quelle: ifeu April 2023)
aktuell 3–6/2023 31
Einsatz von rPET in PET-Getränkeflaschen
steigt auf 44,8 Prozent
InderHerstellungvonPET-GetränkeflaschenkommtdemEin-
satz von recyceltem PET (rPET) eine immer größere Bedeu-
tung zu. Innerhalb von nur zwei Jahren – zwischen 2019 und
2021 – stieg der durchschnittliche Anteil an rPET in Deutsch-
land um mehr als 10 Prozent. Laut der Studie „Aufkommen
und Verwertung von PET-Getränkeflaschen in Deutschland
2021“ der Gesellschaft fürVerpackungsmarktforschung (GVM)
lag die rPET-Quote im Jahr 2021 bei 44,8 Prozent, Tendenz
weiter steigend. Die Recyclingquote von PET-Getränkefla-
schen (mit und ohne Pfand) lag im Jahr 2021 durchschnittlich
bei 94,8 Prozent und damit weiterhin auf sehr hohem Niveau.
Bepfandete PET-Getränkeflaschen wurden in Deutsch-
land 2021 sogar zu über 97 Prozent recycelt. Aufgrund des
großen Erfolgs ist zu erwarten, dass Pfandsysteme für
Getränkeflaschen bald in der ganzen Europäischen Union
zur Pflicht gemacht werden.
Recyceltes PET wurde im Jahr 2021 in Deutschland zu
44,8 Prozent für die Herstellung von Getränkeflaschen ver-
wendet, eine Steigerung um 7 Prozent im Vergleich zu 2019.
Dieser Anstieg zeigt, dass die Getränkeindustrie zunehmend
auf geschlossene Kreisläufe im Sinne der Nachhaltigkeit setzt.
Positiv zu bewerten sei auch derTrend zu immer leichte-
ren PET-Flaschen. Die Studie belegt, dass der Materialver-
brauch in der Produktion und damit auch der
Ressourceneinsatz deutlich reduziert wurden. Das gerin-
gere Gewicht führte zu Materialeinsparungen von 4,5 Pro-
zent. Aber auch Nachfragerückgänge und die Substitution
durch Glasflaschen führten zu einer Abnahme der PET-
Mengen. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 17 Mil-
liarden PET-Getränkeflaschen oder 446 Kilotonnen
verbraucht, annähernd 5 Prozent weniger als im Jahr 2019.
„Dabei können Konsument*innen in Deutschland mit
gutem Gewissen zu PET-Getränkeflaschen greifen. Sie
werden besonders energieeffizient transportiert und recy-
celt und landen wegen des Pfands nicht in der Umwelt“, so
Isabell Schmidt.
Hoher Rezyklateinsatz in deutscher Produktion
Die Getränkebranche rechnet damit, dass der Einsatz von
rPET in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Zum
einen wollen die Hersteller und Inverkehrbringer von PET-
Getränkeflaschen ihre selbst gesteckten Nachhaltigkeits-
ziele erreichen. Zum anderen müssen die gesetzlichen
Vorgaben der Europäischen Union eingehalten werden, die
ab 2025 in ganz Europa einen durchschnittlichen rPET-
Anteil von 25 Prozent in Einweg-Getränkeflaschen vor-
schreiben. mh
Scannen und alle
Ergebnisse abrufen
Die hohen rPET- und Recyclingquo-
ten sind ein Beleg für die Effizienz
des deutschen Pfandsystems für
Getränkeflaschen. Wir sehen
europaweit großes Potenzial und
hoffen, dass mehr europäische
Staaten ebenfalls zukunftsnah
Pfandsysteme etablieren.“
Dr. Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin
PET Recycling 2023 – im Einweg und Mehrweg-
pfandsystem – 94,8 Prozent werden recycelt
(2-5 Prozent Verlust im Recyclingprozess). Bei
der Produktion neuer Flaschen werden 45 Pro-
zent Recyclingmaterial (rPET) verwendet. Im
Detail: 44,7 Prozent werden zu neuen PET-
Getränkeflaschen, 26,8 Prozent verwendet die
Folien-Industrie, 11,3 Prozent werden von der
Textilfaser-Fabrik verarbeitet und 17,2 Prozent
werden in sonstigen Anwendungen verarbeitet.
Quelle: GVM-Studie 2022
aktuell 3–6/2023
32
Nachdem das Einweg-Kunststoff-Fondsgesetz (EWK-
FondsG) gegen den Widerstand der Wirtschaft von
Bundestag und Bundesrat beschlossen und Mitte Mai
verkündet wurde, prüfen die betroffenen Unternehmen
im Rahmen der Verbändeallianz derzeit Rechtsschutz-
möglichkeiten gegen die drohende Sonderabgabe.
Im Kern geht es um zwei juristische Fragen: Erfüllt
das EWKFondsG die vom Bundesverfassungsgericht
entwickelten strengen Voraussetzungen für eine „Son-
derabgabe“? Und: Ist die Abwicklung der für die Kom-
munen bestimmten Gelder über das Umweltbundesamt
(UBA) mit dem Grundgesetz vereinbar? Das von der
Verbändeallianz beauftragte Rechtsgutachten kam
bereits Anfang 2022 zu dem Schluss, dass beide Fragen
mit Nein zu beantworten sind: Zum einen fehle der
Sonderabgabe im EWKFonds ein – über die bloße Mit-
telbeschaffung hinausgehender – „Sachzweck“ und die
Verwendung der Abgaben erfolge auch nicht „gruppen-
nützig“. Zum anderen verstoße die Weiterleitung der
über die Sonderabgabe erhobenen Gelder vom UBA an
die Länder und Kommunen gegen den in Art. 104a
Abs. 1 GG verankerten Grundsatz, dass Bund und
Länder die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben ergeben, jeweils selbst tragen müssen
(„Konnexitätsprinzip“).
Betroffen von der Sonderabgabe sind Hersteller bzw.
Inverkehrbringer von bestimmten Einweg-Kunststoff-
produkten, darunter beispielsweise feste Verpackungen
aus oder mit Kunststoff für Lebensmittel zum Sofort-
verzehr, flexible
Kunststoff-Verpa-
ckungen mit
Lebensmitteln für
den Sofortverzehr,
Kunststoff-Geträn-
kebehälter (inkl. Fla-
schen) und -Becher
sowie leichte Kunst-
stofftragetaschen.
Diese Unternehmen haben sich bis Ende 2024 in einem
beim UBA eingerichteten Register einzutragen und bis
15. Mai 2025 dem UBA die Art und Menge der „auf
dem Markt bereitgestellten oder verkauften“ Einweg-
Kunststoffprodukte zu melden. Auf dieser Basis erhebt
das UBA dann im Sommer 2025 die Sonderabgaben
von den Unternehmen.
Die praktischen Schwierigkeiten beginnen bereits
bei der Frage, welche Verpackungen überhaupt von dem
Gesetz erfasst werden. Dazu hatte die IK bereits einen
Leitfaden entwickelt, der nun in einer erweiterten Ver-
sion gemeinsam von der Ernährungswirtschaft (BVE),
der Systemgastronomie (BdS) und der IK herausgege-
ben wird.
Hinzu kommt, dass auch die Frage, wer verantwort-
licher „Hersteller“ der Einweg-Kunststoffverpackungen
ist, umstritten ist. Nach dem Gesetz sollen beispiels-
weise die Produzenten von (leeren) „Lebensmittelbehäl-
tern“ erfasst sein, sofern sie diese Behälter „erstmals auf
dem Markt bereitstellen“. Dabei ist eine leere Verpa-
ckung nach dem deutschen Verpackungsgesetz noch
keine Verpackung. Bei den „Tüten und Folienverpa-
ckungen“ sollen dagegen nicht die Verpackungsprodu-
zenten, sondern erst die Abfüller „Hersteller“ im Sinne
des Gesetzes sein. Die IK wird diese und andere prakti-
schen Fragen im Rahmen eines Webinars erläutern.
Beraten wird das UBA bei diesen Fragen durch eine
Einwegkunststoff-Kommission, in der die IK einen der
sechs für die Hersteller reservierten Plätze einnimmt.
Über die weitere Entwicklung werden wir berichten. me
Rechtsschutzmöglichkeiten
gegen Sonderabgabe auf
Einweg-Kunststoffverpackungen
EINWEG-KUNSTSTOFF-FONDSGESETZ BESCHLOSSEN
Was sind
EINWEG-KUNSTSTOFF-
LEBENSMITTELVERPACKUNGEN
im rechtlichen Sinn?
LEITFADEN
aktuell 3–6/2023 33

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Kurz-Kommentar zur Einweg-Mehrweg-Debatte

  • 1. CO2 als neue Währung: Ökobilanzen zählen! Verpflichtende Mehrwegquoten sind scheinbar das Ergeb- nis von Bauchgefühl und „Fishing for Wählerstimmen“ und beruhen aktuell nicht wirklich auf Ökobilanzen. Das sehen wir kritisch. Schließlich muss es um echte und nicht nur gefühlte Nachhaltigkeit gehen. Erhöhen wir durch Mehr- wegquoten am Ende die CO2-Bilanz haben wir in Sachen Klimaschutz nichts gewonnen. Sehr relevant sind in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse des ifeu Instituts und seiner Partner im innoredux-Projekt. Aus unserer Sicht ist die Politik gut beraten, die Diskussion überVerpackungen, Materialien und Ein- und Mehrweg fakten- basiert zu führen, damit am Ende Mensch, Umwelt und Klima profitieren. Der PET-Flaschenkreislauf ist bereits ausgesprochen effizient. Die Rücklaufquote erreicht 98 Prozent. Betrachten wir die Ökobilanzen der Materialien stellt sich eigentlich eher die Frage,wiewirdasEinwegglaseffizientermachen.Dasentspricht aber nicht dem Zeitgeist, der sich stark auf Kunststoff fokussiert und schon so manche Fehlentscheidung herbeigeführt hat – siehe dasVerbot der ökologisch vorteilhaften Plastiktüte. Umso wichtiger sind die nun auch durch die Lidl-Kampa- gne beförderten Diskussionen über Mehr- und Einweg anhand von Studien und Ökobilanzen. Dabei geht es nicht um ein Durchboxen der Sichtweisen des einen oder anderen Lagers. Diese Grenzen gilt es zu überwinden. Die Wissen- schaft liefert Erkenntnisse und die Politik steckt den Rahmen, in dem neue Märkte entstehen oder sich bestehende Lösun- gen behaupten. Für den Kunststoff eröffnen Mehrweg-Sys- teme sowohl in der Außer-Haus-Gastronomie als auch im VersandhandelgroßePotenziale.DieEigenschaftendesMate- rials können hier mit Langlebigkeit, Flexibilität, Leichtig- und Nachhaltigkeit punkten. Und genau darum muss es doch gehen:nachhaltigenKonsum.KunststoffisteinKreislaufmate- rial. Mal Ein- mal Mehrweg. Mal braucht es Kunststoffverpa- ckungen, mal nicht. Für Dogmen haben wir keine Zeit. mh KURZ-KOMMENTAR ZUR EINWEG-MEHRWEG-DEBATTE KUNSTSTOFF IST EIN KREISLAUF-MATERIAL SCHWERPUNKT: aktuell 3–6/2023 28
  • 2. Lidl Kampagne befördert Einweg-Mehrweg-Debatte Lidl in Deutschland informiert im April in einer umfassen- den Kampagne über die ökologischen Stärken der Kreislauf- flasche,derenFlaschenkörperzu100Prozentausrecyceltem PET-Kunststoff (rPET) besteht. Eine neue Ökobilanz des Ins- tituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) der Kreislauf- flasche zeigt, dass es sich um eine der ökologischsten Flaschen im Vergleich zu den untersuchten marktüblichen Mehrwegflaschen handelt. Bei Lidl in Deutschland sind seit Sommer 2021 über 60 Artikel der Getränke- Eigenmarken „Saskia“, „Freeway“ und „Solevita“ in Kreislaufflaschen erhält- lich. Um auf die neue Datenlage aufmerksam zu machen, startete Lidl mit prominenter Unterstüt- zung von Günther Jauch die 360-Grad-Kampagne „Aus Liebe zur Natur“. Ziel war es, die Verbraucher mittels eines Erklärvideos, kreativer Plakat­aktionen und mobiler Anzeigenmotive über die ökologischen Vor- teile der Kreislaufflasche zu informieren. Eine neue Ökobi- lanz der Umweltexperten des Ifeu-Instituts belegt, dass Flaschen mit einem hohen Rezyklatanteil sowie geringen Materialeinsätzen und marktübliche Mehr- wegsysteme hinsichtlich ihrer Klimawirkung gleichwertig sein können. mh Scannen und selber ein Bild machen: „AUS LIEBE ZUR NATUR“ Diese neuen Erkenntnisse, die wir auch auf der Website diekreislaufflasche.de vorstellen, zeigen, dass gute Einwegsysteme mit Pfand genauso klimaschonend sein können wie gute Mehrweg- systeme, wenn sie das Material im Kreis führen und neue Flaschen aus alten Flaschen hergestellt werden.“ Wolf Tiedemann, Vorstandsmitglied der Lidl Stiftung & Co. KG. Um auf die neue Datenlage auf- merksam zu machen, startete Lidl mit prominenter Unterstützung von Günther Jauch die 360-Grad- Kampagne„Aus Liebe zur Natur“ MEHRWEG mit Pfand Produkt-Kreislauf Ökologisch vorteilhafter, wenn Recyclingfähigkeit und Rezyklatanteil hoch und Verpackungsgewicht gering ist EINWEG mit Pfand Material-Kreislauf PRODUKT PRODUKT 55% 45% ABFALL Die übrigen 22% der Getränke werden in Behälter abgefüllt, die entweder in Glascontainern oder im gelben Sack/ Tonne gesammelt und recycelt werden. Quellen: eigene Darstellung, UBA/GVM 131/2022, ifeu Ökobilanz April 2023 ZWEI KREISLÄUFE FÜR GETRÄNKEFLASCHEN 78% aller abgefüllten Getränke in Deutschland sind pfandpflichtig, werden also in Mehrweg- oder Einweg-Kreislaufflaschen abgefüllt. KONSUM SORTIERUNG PFAND HERSTELLUNGVON FLASCHEN UND ABFÜLLUNG ABFALL PRODUKT Gesetzliche Ausnahme: kein Abfall! TRANSPORT DER FLASCHEN (bis zu 15.000 Flaschen pro LKW) TRANSPORT DER FLASCHEN TRANSPORTVON GEPRESSTEN BALLEN (bis zu 400.000 Flaschen pro LKW) RECYCLING 18,2 Milliarden Liter/Jahr (2020) 13,8 Milliarden Liter/Jahr (2020) VERTRIEB HERSTELLUNG PREFORMS 85% Kunststoff 15% Dosen, Kartons etc. 26% Kunststoff 74% Glas LEBENSMITTEL- VERPACKUNGEN UNDTEXTIL- FASERN Ökologisch vorteilhafter, wenn Anzahl der Wiederverwendungen hoch, Verpackungsgewicht gering und Transportstrecken kurz sind REINIGUNG ABFÜLLUNG me aktuell 3–6/2023 29
  • 3. Das Bottle-to-Bottle-System der Kreislaufflasche leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, indem aus altenFlaschenneueGetränkeflaschenhergestelltwerden. In diesem Kreislauf wird das Material des Flaschenkörpers wiederverwendet und der Einsatz von PET-Neumaterial ausgeschlossen. Dank des Einweg-Pfandsystems bleibt das hochwertige PET-Material in lebensmittelgeeigneter Qualität für Getränkeflaschen erhalten. Durch diese und weitere Eigenschaften wie ihr niedri- ges Gewicht hat die 1,5-Liter-Kreislaufflasche einen klei- neren CO2-Fußabdruck. Das bedeutet im Detail circa 20 Prozent niedriger als die untersuchten durchschnittlichen PET-Mehrwegsysteme und fast 50 Prozent weniger als die 0,7-Liter-Glas-Mehrwegflasche (Normbrunnenflaschen Glas-Mehrweg 0,7 Liter und PET-Mehrweg 1,0 Liter der Genossenschaft Deutscher Brunnen). Abgesehen vom Einsatz von recyceltem Material (rPET) ist die Kreislaufflasche vor allem beim Transport sehr klimaschonend. Ein Lkw kann bis zu 400.000 gepresste Kreislaufflaschen transportieren. Dagegen passt bei einem Mehrwegsystem, egal ob leer oder voll, immer nur die gleiche Menge von circa 15.000 Flaschen auf einen Lkw. So werden bei jedem Rücktransport der Kreislaufflaschen im Vergleich zu Mehrweg- flaschen etwa 26 Lkw-Fahrten ver- mieden. (Quelle: Lidl) Mehrweg To-go erfolgreich umsetzen Ergebnisse der ifeu-Studie im Auftrag von Lidl Was macht erfolgreiche Mehrwegsysteme aus und wie pro- fitiert die Umwelt am meisten? Dazu forschen das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) und das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) im Projekt REPAID. Auch die Anbieter RECUP und Vytal sind an dem Projekt beteiligt, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird. REPAID untersucht als eines der ersten Forschungsprojekte, welchen Einfluss das Zusammenspiel von Handel, Gastronomie, Logistik und Verbrauchern und Verbraucherinnen auf den Erfolg von Mehrwegsystemen hat. „Bei jährlich bundesweit 280.000Tonnen Müll ausVerpa- ckungen allein für Speisen und Getränke geht das Gesetz in die richtige Richtung“, sagt Benedikt Kauertz, Experte für Kreislaufwirtschaft am Institut für Energie- und Umweltfor- schung (ifeu). Und er ergänzt: „Viele der jetzt eingeführten Mehrwegsysteme haben aber bisher noch zu geringe Umlaufzahlen.“ Damit ein Kunststoff-Mehrwegbecher öko- logisch besser abschneidet als ein beschichteter Pappbe- cher, muss dieser mindestens 10- bis 15-mal wiederverwendet werden, rechnet Kauertz vor. Dafür muss alles passen: Die Kundschaft muss einen hohen Anreiz haben, die Becher und Schalen zu nutzen und auch tat- sächlich zurückzubringen. mh (Quelle: ifeu März 2023) IFEU-STUDIE GESTARTET: Mit Kunststoff für weniger Kartonabfälle: Pizzcycle Mehrweg-Verpackungen Über REPAID REPAID steht für „Reduktion von Einwegserviceverpackun- gen aus Plastik durch Automatisierung der Rücknahme, Interventionen am Point of Sale und Möglichkeiten der Digitalisierung“. Das Vorhaben läuft bis Ende 2024 und wird vom BMEL gefördert. Mehr Informationen auf der Projektseite: www.ifeu.de/projekt/repaid Essen und Getränke mitnehmen oder liefern lassen mit Vytal, dem pfandfreien Mehr- wegsystem. aktuell 3–6/2023 30
  • 4. Konsequente Kreislaufführung von PET-Flaschen kann 60.000 Tonnen CO2 sparen Wenn der Kunststoff der in Deutschland inVerkehr gebrach- ten PET-Einwegflaschen wieder vollständig für die Herstel- lung von solchen Flaschen eingesetzt würde, ließen sich etwa 60.000 Tonnen CO2 einsparen. Stattdessen geht ein zu großer Teil dieses lebensmittelgeeigneten Recycling-Kunst- stoffs aus dem Rücklauf des Einwegpfands in alternative Verwendung und dann schnell in die Müllverbrennung. Das ist das Ergebnis einer Studie von ifeu und der GVM Gesell- schaft für Verpackungsmarktforschung. „Um Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft weiter voran- zubringen, sollte die Kreislaufführung von PET-Einwegfla- schen gestärkt werden“, sagt ifeu-Studienleiter Benedikt Kauertz. In Deutschland wurden laut Studie 2021 etwa 425.000 Tonnen Kunststoff für die Produktion von Einwegflaschen aus PET (Polyethylenterephthalat) verwendet. Durch das Pfandsystem konnten 97 Prozent dieses Materials einge- sammelt und wieder aufgearbeitet werden. Dieses Recyc- ling-Material ist sortenrein und lässt sich auch als Lebensmittel-Verpackung wieder einsetzen. Es ist darum ein begehrtes Produkt auf den Sekundär-Kunststoffmärkten – nicht nur bei den Herstellern von Getränkeflaschen. Darum gelingt es bisher nicht, das PET vollständig wieder für Getränkeflaschen einzusetzen: Rund 55 Prozent des Recycling-PET kaufen die Hersteller von Folien, Tex- tilien und Verpackungen für Putzmittel oder Kos- metik und verwenden es für ihre Produkte. „Wenn das hochwertige PET aus dem Recycling der Ein- wegpfandflaschen in solchen Anwendungen landet, ist es für die Kreislaufführung in neuen PET-Flaschen meist verloren – mit negativen ökologischen Auswirkungen“, erklärt Kauertz. PET aus Einwegflaschen: Neun Wiederverwendungen möglich Die Studie zeigt, dass das ursprüng- lich eingebrachte Primär-PET heute höchstens drei Mal wiederverwen- det wird. Danach landet es in Deutschland meist in der Müllver- brennung („thermische Verwer- tung“). Wenn das gesamte PET aus dem Recycling der Einwegflaschen wieder für Getränkeflaschen einge- setzt würde, ließe es sich dagegen rechnerisch neun Mal wiederverwenden. „Die Schließung des Flaschenkreislaufs reduziert den Einsatz von Primär-PET erheblich. 2021 mussten die Hersteller 235.000 Tonnen Pri- mär-PET einspeisen. Im geschlossenen Flaschenkreislauf würde der Einsatz von Primär-PET um mehr als 90 Prozent auf 21.000 Tonnen zurückgehen.“, sagt GVM-Projektleiter Nicolas Cayé. In dem Szenario, in dem das Recycling-PET aus den bepfandeten Einweg-Getränkeflaschen weitestgehend zu neuen Getränkeflaschen verarbeitet wird, sinken die CO2- Emissionen um 20 Prozent oder rund 60.000 Tonnen pro Jahr. Die Studie betrachtet dabei die gesamte Wertschöp- fungskette inklusive aller Sekundärnutzen und umfasst somit einen weiter gefassten Systemraum als die produkt- bezogenen Verpackungsökobilanzen. Der Vorteil der kon- sequenten Kreislaufführung zeigt sich dabei robust gegenüber methodischen Festlegungen. mh (Quelle: ifeu April 2023) aktuell 3–6/2023 31
  • 5. Einsatz von rPET in PET-Getränkeflaschen steigt auf 44,8 Prozent InderHerstellungvonPET-GetränkeflaschenkommtdemEin- satz von recyceltem PET (rPET) eine immer größere Bedeu- tung zu. Innerhalb von nur zwei Jahren – zwischen 2019 und 2021 – stieg der durchschnittliche Anteil an rPET in Deutsch- land um mehr als 10 Prozent. Laut der Studie „Aufkommen und Verwertung von PET-Getränkeflaschen in Deutschland 2021“ der Gesellschaft fürVerpackungsmarktforschung (GVM) lag die rPET-Quote im Jahr 2021 bei 44,8 Prozent, Tendenz weiter steigend. Die Recyclingquote von PET-Getränkefla- schen (mit und ohne Pfand) lag im Jahr 2021 durchschnittlich bei 94,8 Prozent und damit weiterhin auf sehr hohem Niveau. Bepfandete PET-Getränkeflaschen wurden in Deutsch- land 2021 sogar zu über 97 Prozent recycelt. Aufgrund des großen Erfolgs ist zu erwarten, dass Pfandsysteme für Getränkeflaschen bald in der ganzen Europäischen Union zur Pflicht gemacht werden. Recyceltes PET wurde im Jahr 2021 in Deutschland zu 44,8 Prozent für die Herstellung von Getränkeflaschen ver- wendet, eine Steigerung um 7 Prozent im Vergleich zu 2019. Dieser Anstieg zeigt, dass die Getränkeindustrie zunehmend auf geschlossene Kreisläufe im Sinne der Nachhaltigkeit setzt. Positiv zu bewerten sei auch derTrend zu immer leichte- ren PET-Flaschen. Die Studie belegt, dass der Materialver- brauch in der Produktion und damit auch der Ressourceneinsatz deutlich reduziert wurden. Das gerin- gere Gewicht führte zu Materialeinsparungen von 4,5 Pro- zent. Aber auch Nachfragerückgänge und die Substitution durch Glasflaschen führten zu einer Abnahme der PET- Mengen. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 17 Mil- liarden PET-Getränkeflaschen oder 446 Kilotonnen verbraucht, annähernd 5 Prozent weniger als im Jahr 2019. „Dabei können Konsument*innen in Deutschland mit gutem Gewissen zu PET-Getränkeflaschen greifen. Sie werden besonders energieeffizient transportiert und recy- celt und landen wegen des Pfands nicht in der Umwelt“, so Isabell Schmidt. Hoher Rezyklateinsatz in deutscher Produktion Die Getränkebranche rechnet damit, dass der Einsatz von rPET in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Zum einen wollen die Hersteller und Inverkehrbringer von PET- Getränkeflaschen ihre selbst gesteckten Nachhaltigkeits- ziele erreichen. Zum anderen müssen die gesetzlichen Vorgaben der Europäischen Union eingehalten werden, die ab 2025 in ganz Europa einen durchschnittlichen rPET- Anteil von 25 Prozent in Einweg-Getränkeflaschen vor- schreiben. mh Scannen und alle Ergebnisse abrufen Die hohen rPET- und Recyclingquo- ten sind ein Beleg für die Effizienz des deutschen Pfandsystems für Getränkeflaschen. Wir sehen europaweit großes Potenzial und hoffen, dass mehr europäische Staaten ebenfalls zukunftsnah Pfandsysteme etablieren.“ Dr. Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin PET Recycling 2023 – im Einweg und Mehrweg- pfandsystem – 94,8 Prozent werden recycelt (2-5 Prozent Verlust im Recyclingprozess). Bei der Produktion neuer Flaschen werden 45 Pro- zent Recyclingmaterial (rPET) verwendet. Im Detail: 44,7 Prozent werden zu neuen PET- Getränkeflaschen, 26,8 Prozent verwendet die Folien-Industrie, 11,3 Prozent werden von der Textilfaser-Fabrik verarbeitet und 17,2 Prozent werden in sonstigen Anwendungen verarbeitet. Quelle: GVM-Studie 2022 aktuell 3–6/2023 32
  • 6. Nachdem das Einweg-Kunststoff-Fondsgesetz (EWK- FondsG) gegen den Widerstand der Wirtschaft von Bundestag und Bundesrat beschlossen und Mitte Mai verkündet wurde, prüfen die betroffenen Unternehmen im Rahmen der Verbändeallianz derzeit Rechtsschutz- möglichkeiten gegen die drohende Sonderabgabe. Im Kern geht es um zwei juristische Fragen: Erfüllt das EWKFondsG die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten strengen Voraussetzungen für eine „Son- derabgabe“? Und: Ist die Abwicklung der für die Kom- munen bestimmten Gelder über das Umweltbundesamt (UBA) mit dem Grundgesetz vereinbar? Das von der Verbändeallianz beauftragte Rechtsgutachten kam bereits Anfang 2022 zu dem Schluss, dass beide Fragen mit Nein zu beantworten sind: Zum einen fehle der Sonderabgabe im EWKFonds ein – über die bloße Mit- telbeschaffung hinausgehender – „Sachzweck“ und die Verwendung der Abgaben erfolge auch nicht „gruppen- nützig“. Zum anderen verstoße die Weiterleitung der über die Sonderabgabe erhobenen Gelder vom UBA an die Länder und Kommunen gegen den in Art. 104a Abs. 1 GG verankerten Grundsatz, dass Bund und Länder die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, jeweils selbst tragen müssen („Konnexitätsprinzip“). Betroffen von der Sonderabgabe sind Hersteller bzw. Inverkehrbringer von bestimmten Einweg-Kunststoff- produkten, darunter beispielsweise feste Verpackungen aus oder mit Kunststoff für Lebensmittel zum Sofort- verzehr, flexible Kunststoff-Verpa- ckungen mit Lebensmitteln für den Sofortverzehr, Kunststoff-Geträn- kebehälter (inkl. Fla- schen) und -Becher sowie leichte Kunst- stofftragetaschen. Diese Unternehmen haben sich bis Ende 2024 in einem beim UBA eingerichteten Register einzutragen und bis 15. Mai 2025 dem UBA die Art und Menge der „auf dem Markt bereitgestellten oder verkauften“ Einweg- Kunststoffprodukte zu melden. Auf dieser Basis erhebt das UBA dann im Sommer 2025 die Sonderabgaben von den Unternehmen. Die praktischen Schwierigkeiten beginnen bereits bei der Frage, welche Verpackungen überhaupt von dem Gesetz erfasst werden. Dazu hatte die IK bereits einen Leitfaden entwickelt, der nun in einer erweiterten Ver- sion gemeinsam von der Ernährungswirtschaft (BVE), der Systemgastronomie (BdS) und der IK herausgege- ben wird. Hinzu kommt, dass auch die Frage, wer verantwort- licher „Hersteller“ der Einweg-Kunststoffverpackungen ist, umstritten ist. Nach dem Gesetz sollen beispiels- weise die Produzenten von (leeren) „Lebensmittelbehäl- tern“ erfasst sein, sofern sie diese Behälter „erstmals auf dem Markt bereitstellen“. Dabei ist eine leere Verpa- ckung nach dem deutschen Verpackungsgesetz noch keine Verpackung. Bei den „Tüten und Folienverpa- ckungen“ sollen dagegen nicht die Verpackungsprodu- zenten, sondern erst die Abfüller „Hersteller“ im Sinne des Gesetzes sein. Die IK wird diese und andere prakti- schen Fragen im Rahmen eines Webinars erläutern. Beraten wird das UBA bei diesen Fragen durch eine Einwegkunststoff-Kommission, in der die IK einen der sechs für die Hersteller reservierten Plätze einnimmt. Über die weitere Entwicklung werden wir berichten. me Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Sonderabgabe auf Einweg-Kunststoffverpackungen EINWEG-KUNSTSTOFF-FONDSGESETZ BESCHLOSSEN Was sind EINWEG-KUNSTSTOFF- LEBENSMITTELVERPACKUNGEN im rechtlichen Sinn? LEITFADEN aktuell 3–6/2023 33