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Demokratiedefizite im 
Globalisierungsprozess 
Prof. em. Dr. Georg Auernheimer 
CC-BY Georg Auernheimer
Vorschau/Gliederung 
1. Einleitung: Um was geht es? 
2. Der schleichende Verlust an Demokratie 
a. der Wettbewerbsstaat 
b. die geballte Wirtschaftsmacht 
c. die Konstruktion der EU (Lissabon-Vertrag) 
3. Direkte informelle Einflussnahmen 
4. OECD, IWF und Weltbank 
5. Ansätze von Widerstand u. Transparenz 
CC-BY Georg Auernheimer
Die Transatlantischen 
Freihandelsabkommen 
• Geheimverhandlungen unter Ausschluss von 
Parlamentariern, Gewerkschaften, 
Umweltver-bänden 
• Geheimhaltung der Verhandlungsprotokolle 
auf Jahrzehnte 
• Anspruch der EU-Kommission auf exklusive 
Ratifizierung 
• Streitschlichtungsverfahren 
• ein Regulierungsrat zur künftigen Regulierung 
CC-BY Georg Auernheimer
Globalisierung seit 1990 
• Ende der „halbierten Globalisierung“ (1917/49 
– 1989) mit der Implosion des RGW 
• digitale Revolution (world wide web) 
• transnationale Wertschöpfungsketten 
• Monopolisierung der Wirtschaft 
• Bedeutungszuwachs der Finanzmärkte 
• das neoliberale Programm von Freihandel, De-regulierung, 
Privatisierung – maßgebend für die 
Strukturanpassungsprogramme von IWF u. Weltbank 
CC-BY Georg Auernheimer
Das neoliberale Programm, 
Washington Consensus 1990 
• Abbau nationaler Schutzschranken für Waren-handel 
und Kapitalverkehr, generell 
Liberalisie-rung der Märkte 
• Deregulierung der Finanzmärkte 
• „Schlanker Staat“, „Entbürokratisierung“, 
Privatisierung von öffentlichen Diensten u. 
Staatsvermögen 
• Arbeits- und sozialrechtliche Deregulierung 
CC-BY Georg Auernheimer
DER SCHLEICHENDE VERLUST AN 
DEMOKRATIE 
CC-BY Georg Auernheimer
Folgen der Globalisierung 
• Multis können die Standortvorteile verschiedener 
Länder nutzen – niedrige Löhne, niedrige Sozial-standards 
u. Steuern dort, hohe Qualifikation, 
wissenschaftliches Know-how und moderne Kommu-nikationssysteme 
hier. 
• Die Globalisierung bedingt daher auch in den 
Ländern des Zentrums einen Wettbewerb um 
niedrige Steuern, Lohnkosten u. Umweltstandards. 
• Die Auslagerung von Teilen der Produktion ermög-licht 
die Verrechnung hoher Gewinne in Ländern mit 
niedrigen Steuern. 
CC-BY Georg Auernheimer
Der selbst gefesselte 
Wettbewerbsstaat 
• Im Steuersenkungswettlauf auf dem Weg zum 
„Schuldnerstaat“ (C. Offe) 
• Konsequenz: Einschränkung staatlicher, spez. 
sozialstaatlicher Leistungen 
• Privatisierung/ Public-Private-Partnership 
• Konsequenz: Einschränkung öffentl. Kontrolle 
• „Reform“ des Arbeitsmarkts, mehr „atypische“ 
Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit etc.) 
• Konsequenz: Schwächung der Gewerkschaften 
CC-BY Georg Auernheimer
„Imperative der Standortsicherung“ 
„Die lähmende Aussicht, dass sich die natio-nale 
Politik in Zukunft auf das mehr oder 
weniger intelligente Management einer er-zwungenen 
Anpassung an Imperative der 
‚Standortsicherung‘ reduziert, entzieht den 
politischen Auseinandersetzungen den letzten 
Rest von Substanz“ (Jürgen Habermas: Die post-nationale 
Konstellation, Ffm. 1998, S.95). 
CC-BY Georg Auernheimer
Die „Launen der Finanzmärkte“ 
Seit der Finanzkrise „leben die Regierungen in 
lähmender Furcht vor den Launen der Finanz-märkte 
u. den Urteilen der Rating-Agenturen 
[…] Wo die entscheidende Gewalt von den 
Finanzmärkten ausgeht, kann es zwar freie 
Wahlen geben, aber sie werden zur Farce“ 
(Erhard Eppler/SPD in der Süddeutschen Zeitung v. 6. 
9. 11). 
Rolf-E. Breuer, ehem. Vorstandssprecher der Deut-schen 
Bank, sprach von der „fünften Gewalt“ (Die Zeit 
v. 18.5.2000). CC-BY Georg Auernheimer
Regulatory Capture (Beute) 
Joseph Stieglitz: Wirtschaftswissenschaftler, 
Berater von B. Clinton u. der UNO, 1997 – 2000 
Chefökonom der Weltbank: 
„Die Banken waren nicht nur zu groß geworden, 
dass der Staat sie vor dem Zusammenbruch ret-ten 
musste, sie besaßen auch so viel politische 
Macht, dass die Regierung ihnen keine politische 
Beschränkung mehr auferlegen konnte“ (Stieglitz 
2010, S.73). 
CC-BY Georg Auernheimer
Kontrollverlust bei Finanztransaktionen 
Staatlicher Kontrollverlust 
• bei Hedgefonds u. anderen „Schattenbanken“ 
aufgrund von Intransparenz (spez. Handel mit 
Finanzpaketen, sog. „strukturierten Wertpa-pieren“ 
außerhalb der Börsen) 
• aufgrund der Gründung von Tochtergesell-schaften 
von Banken (z.B. der Deutschen 
Bank) 
• aufgr. der Finanzströme in Steueroasen (50 %) 
CC-BY Georg Auernheimer
„Hot money“ 
Die Lockerung der Kapitalmarktkontrollen kann 
Staaten in Schwierigkeiten bringen. Vor allem 
Kapital, das in Entwicklungs- und Schwellenländer 
fließt, ist oft nur kurzfristig angelegt. Wenn 
Spekulationsgelder plötzlich in großem Umfang 
abgezogen werden, kann es zu Währungsverfall und 
Schwächung der Banken-systeme kommen (J. 
Stieglitz 2004, S.23). 
Zeitungsmeldung v. 12.08.13: „Allein im Juli trennten sich 
ausländische Anleger von indischen Schuldtiteln im Volumen 
von zwei Mrd. $. Im Vormonat war es gar zu einem 
Rekordabfluss von 5,4 Mrd. aus den indischen Bondmärkten 
gekommen“ (jw). 
CC-BY Georg Auernheimer
Offene Worte 
„Der Nationalstaat als fundamentale Einheit 
organisierten menschlichen Lebens ist nicht 
mehr die wichtigste schöpferische Kraft: 
‚Internationale Banken und multinationale 
Konzerne handeln auf eine Weise, die dem 
politischen Konzept des Nationalstaats weit 
voraus ist‘“ (Zbigniew Brzezinski in „Between 
two Ages“, NY 1970, S.56 mit Zitat aus einer 
Studie). 
CC-BY Georg Auernheimer
These 
über den Funktionswandel des Staates: 
Unter dem Druck der Verhältnisse kann der 
Staat die klassische Funktion des bürgerlichen 
Staates nicht mehr erfüllen, nämlich den 
Ausgleich der Interessen zwischen Kapital und 
Arbeit, zwischen Gewinnmaximierung und 
Mehrheitsinteressen. 
CC-BY Georg Auernheimer
Zur Erinnerung: der Ordoliberalismus 
(Alfred Müller-Armack, Walter Eucken) 
• Steuerung der Marktwirtschaft unerläßlich 
• soziale Gestaltung (Sozialstaatsgebot) 
• Balance zwischen Kapital und Arbeit garantieren 
(Betriebsverfassung, Sozialpartnerschaft)! 
• Monopolbildung und bedrohliche wirtschaftliche 
Übermacht verhindern (Kartellgesetzgebung) 
• Mischwirtschaft (private u. staatl. Unternehmen) 
• Haftung der Unternehmen 
CC-BY Georg Auernheimer
Die geballte Wirtschaftsmacht 
• 40% der Weltwirtschaft werden von 147 Konzernen 
kontrolliert (Team der ETH Zürich 2011). 
• 80% der globalen Wirtschaftsleistung wird 800 Trans-nationalen 
Unternehmen (TNU) zugerechnet (ebd.) 
• Schon 1990 kontrollierten fünf Konzerne 77% des 
globalen Getreidemarkts (heute 4 TNU 90%), 
10 TNU oder Multis 76% der Autoproduktion, 
4 TNU 70% des Telekomm-Marktes, 
7 TNU 90% der Ausrüstung für medizinische Geräte 
(Eric Toussaint 1990). 
CC-BY Georg Auernheimer
Wolfgang Streeck (ehem. Direktor des MPI für 
Gesellschaftsforsch.) sieht die Staaten „unter der 
Kontrolle internationaler, gegen politische Beteili-gung 
isolierter Regierungs- und Finanzdiplomatie“ (2013, 
S.78). 
Christoph Matznetter (österr. Abgeordneter der SPÖ u. 
Staatssekretär): „Mitte der 1980er Jahre ist durch die 
weltweite Deregulierung das System des Kapitalismus 
umgebaut worden. Dieser Umbau hat dazu geführt, 
dass die auf den Nationalstaat zuge-schnittene 
Demokratie ausgehebelt worden ist“ (2013, zit. nach H. 
Hofbauer 2014, S.160). 
CC-BY Georg Auernheimer
Die Verlagerung von 
Entscheidungen auf 
supra-nationale 
Ebenen begünstigt 
nach Markus Wissen 
(2011) machtvolle 
Interessen. 
CC-BY Georg Auernheimer
Begünstigung machtvoller Interessen“ – 
warum? 
• hohe Intransparenz der Entscheidungswege 
• geringe parlamentarische Kontrolle 
• stark expertokratische Elemente 
• weniger klare, teilweise konkurrierende 
Zuständigkeit der 28 Ressorts 
• Historisch enge Verzahnung von europäischer 
Wirtschaft und EU-Kommission 
CC-BY Georg Auernheimer
Unternehmensinteressen über-repräsentiert 
• Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen, 
Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission 
tätig. 
• In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion 
sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert. 
(K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20) 
• „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und 
ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten 
geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109). Ein 
Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz 
der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.) 
CC-BY Georg Auernheimer
Die Besetzung der EU-Kommission 
• Die 28 Kommissare werden von „ihren“ Regierungen 
nominiert u. vom EU-Parlament bestätigt 
• Leitung durch den Präsidenten, nominiert vom 
Europäischen Rat der EU-Mitglieder 
• Verwaltungsebene: Generalsekretariat und 
Generaldirektionen (= Ressorts) 
Beispiele für fragwürdige Besetzungen: Jonathan Hill, 
Finanzlobbyist, für Finanzmarktregulierung, Miguel Arias 
Cañete (Öllobby) als EU-Energiekommissar 
• Die EU-Administration beschäftigt 33.000 Mitarbei-ter/ 
innen 
CC-BY Georg Auernheimer
Das EU-Parlament, 751 Sitze, 
zur Zeit sieben Fraktionen 
• Das EU-Parlament hat kein Initiativrecht im Gesetz-gebungsverfahren, 
es kann nur die Vorlagen der EU-Kommission 
mit Änderungsvorschlägen zurückwei-sen. 
• Üblich geworden: informelle Absprachen im „Trilog“ 
mit EU-Kommission und Rat der EU 
• Auch bei der Besetzung der EU-Kommission verbleibt 
ihm nur Bestätigung oder Ablehnung der von den 
Regierungen der Mitgliedsstaaten vorgeschlagenen 
Kommissare nach Anhörung durch einen Ausschuss. 
CC-BY Georg Auernheimer
Rechte des EU-Parlaments 
• in der Außen- und Sicherheitspolitik kein Mitsprache-recht 
• im Wettbewerbsrecht (betr. u.a. das Kartellrecht, 
Vergaberecht der öffentlichen Hand) nur Anspruch 
auf Konsultation 
• Bei der Gemeinsamen Handelspolitik sind Ände-rungsvorschläge 
möglich (betr. CETA u. TTIP) 
• Das Budgetrecht sieht vor: Einigungszwang mit dem 
Rat der EU über den Haushaltsentwurf der Kommis-sion. 
CC-BY Georg Auernheimer
mangelnde demokrat. Legitimation 
• Das Bundesverfassungsgericht hat den EU-Organen, 
spez. dem Parlament in seinem Urteil zum Lissabon- 
Vertrag vom 30.06.2009 nur eine eingeschränkte 
demokratische Legitimation zugesprochen. 
• Dies ist nach Ansicht des BVerfG nur deswegen 
hinnehmbar, wenn und weil der Kompetenzumfang, 
die politische Gestaltungsmacht und der Grad der 
selbständigen Willensbildung der Unionsorgane kein 
staatsanaloges Niveau erreicht habe (M. Hoppe 
2012). 
CC-BY Georg Auernheimer
Aquis communautaire der EU 
• Primärrecht: EG- und EU-Vertrag 
• Sekundärrecht: Verordnungen, Richtlinien, 
Empfehlungen der EU-Kommission, 
Entscheidungen des EuGH 
(31 Bände, ca. 85.000 Seiten) 
• 80 % der Entscheidungen des Dt. Bundestags 
beruhen auf Entscheidungen der EU-Kommis-sion 
(Klein 2008, S.203, vgl. Frantz/Martens 2006, 
S.108). 
CC-BY Georg Auernheimer
Fesseln: die Maastricht-Kriterien 
• Neben der Inflationsrate 
• Haushaltsdefizit pro Jahr 3 Prozent des BIP 
• Staatsverschuldung max. 60 Prozent des BIP, 
verschärft durch den Fiskalpakt (2012) 
• überprüft von der EU-Kommission 
A. Bovenschulte (SPD Bremen) & A. Fisahn (Jurist): 
„Im Ergebnis verlieren die nationalen Parlamente so 
unmittelbar das letzte Wort in Sachen Haushalts-politik.“ 
– „Fiskalpakt entmachtet Bundestag“ 
(zit. nach Hofbauer 2014, S.93). 
CC-BY Georg Auernheimer
Verlust der nationalen 
Souveränität 
„Die nationale Souveränität in der Gesetz-gebung 
– speziell beim Arbeitsrecht, sowie in 
der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist fast auf 
Null reduziert worden“ (Fabrizio Tomaselli von 
der Basisgewerkschaftsunion Italiens im 
Interview, jW v. 23.10.2014). 
CC-BY Georg Auernheimer
„Der europ. Nationalstaat unter demDruck 
der Globalisierung“ (J. Habermas 2009) 
a. Verlust an staatlichen Kontrollmöglichkeiten/ 
Autonomie/ Souveränität 
b. Demokratiedefizite (Beispiel: die Brüsseler 
Expertokratie) 
c. Einschränkung der wirtschafts- und sozial-politischen 
Interventionskapazität 
CC-BY Georg Auernheimer
Wie schaffen wir eine 
europäische Öffentlichkeit? 
CC-BY Georg Auernheimer r
Das Kriterium „kollektive Einheit“ 
Die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown 
(USA) vertritt die These: 
„Damit das Volk sich selbst regieren kann, 
muss es eine identifizierbare kollektive Einheit 
geben, in der die Verteilung seiner Macht 
organisiert und über die diese ausgeübt wird“ 
(Wendy Brown, 2012, zit. nach Hofbauer 2014, S.175). 
CC-BY Georg Auernheimer
EZB, ESM 
• Die EZB ist autonom, parlamentarischer 
Kontrolle entzogen. 
• ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), 
gegr. im Febr. 2012 von den 17 Staaten der 
Eurozone als Kapitalgesellschaft mit Stimm-recht 
nach Größe der Einlagen, Sperrminorität 
für BRD; Bedingung für Unterstützung: 
„Strukturreformen“, Sparauflagen 
CC-BY Georg Auernheimer
DIREKTE INFORMELLE 
EINFLUSSNAHMEN 
CC-BY Georg Auernheimer
Der „Drehtüreffekt“ 
• Mehr als 100 Leihbeamte aus der Wirtschaft sollen 
2012 in den Bundesministerien beschäftigt gewesen 
sein. 
• Wirtschaftsvertreter sind auf allen Ebenen z. T. direkt 
an der Gesetzesarbeit beteiligt. Beispiel: Die EU-Chemikalien- 
Richtlinie (2004) wurde von einem 
Vertreter der BASF maßgeblich mit formuliert. 
• Politiker/innen wechseln in Chefetagen von Unter-nehmen 
(prominente Beispiele: Riester, Koch, Niebel, 
Bahr). Wirtschaftsvertreter, vor allem aus der Finanz-branche, 
übernehmen politische Ämter. 
CC-BY Georg Auernheimer
Lobbyismus 
• Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen, 
Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission 
tätig. 
• In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion 
sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert. 
(K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20) 
• „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und 
ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten 
geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109). 
Ein Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz 
der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.) 
CC-BY Georg Auernheimer
Die „Corporatocracy“ (Jeffrey Sachs) 
• Der Council on Foreign Relations (CFR, gegr. 
1921) 
• Die Atlantik-Brücke e.V. (gegr. 1952) 
• Der „Atlantic Council“ (gegr. 1961) 
• Die Trilaterale Kommission (gegr. 1973) 
• Der European Round Table of Industrualists 
(ERT, gegr. 1983) 
• Das Weltwirtschaftsforum, engl. World 
Economic Forum (WEF), gegr. 1987 (1971) 
CC-BY Georg Auernheimer
Der European Round Table of Industrualists 
From left to right (top): Karl Beurle (Thyssen), Carlo De Benedetti (Olivetti), Curt Nicolin 
(ASEA), Harry Gray (United Technologies), John Harvey - Jones (ICI), Wolfgang Seelig 
(Siemens), Umberto Agnelli (Fiat), Peter Baxendell (Shell), Olivier Lecerf (Lafarge Coppée), 
José Bidegain (Cie de St Gobain), Wisse Dekker (Philips). 
CC-BY Georg Auernheimer
Der European Round Table (ERT) 
• gegr. 1983 von 17 europ. Konzernvertretern, heute 
45 Mitglieder (fast alle TNU) 
• Gründungsmotiv: europäisches Binnenmarkt- 
Konzept 
• zweimal pro Jahr Treffen mit Politiker/inne/n und 
Vertretern der Medien 
• Grundintention „Wachstum in Europa schaffen“ 
(2012), Abbau wachstumshemmender 
Regulierungen! Nach diesem Kriterium alle Gesetze 
durchkämmen! 
• u.a. Flexibilisierung des Arbeitsmarkts! 
CC-BY Georg Auernheimer
ERT und EU 
„Man kann behaupten, dass nicht die Regie-rungen 
die Durchführung des Binnenmarkt-konzeptes 
anregten, sondern der Round-Table 
und seine Mitglieder“ (Peter Sutherland, EU-Kommissar 
und Vorsitzender bei Goldman-Sachs, zit. 
bei W. Wolf 2009) 
1986 wurde die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet. 
Dieser Vertrag bildete die Grundlage für ein umfangreiches 
Sechsjahresprogramm mit dem Ziel, die Probleme des freien 
Handels über die EU-Binnengrenzen hinweg zu lösen, und 
führte zur Schaffung des „Binnenmarktes“. 
CC-BY Georg Auernheimer
Abschließende Kennzeichnungen 
• „eine Verschmelzung von unternehmerischer 
u. staatlicher Macht“, Wendy Brown, US-Politik-wissenschaftlerin 
• „Entmachtungsspirale“ der Parlamente (Frantz 
& Martens 2006, Politikwissenschaftlerinnen) 
• „Postdemokratie“ (Colin Crouch 2003, brit. Sozio-loge 
u. andere Autoren) 
• „marktkonforme Demokratie“, Angela Merkel 
CC-BY Georg Auernheimer
OECD, Internationaler 
Währungsfonds + Weltbank 
CC-BY Georg Auernheimer
Die Organization for Economic Coop. and 
Developement (OECD) 
• gegr. 1961, 20 Gründungsmitglieder 
• heute 34 Mitgliedstaaten, neben den Industrie-staaten 
Schwellenländer wie Türkei u. Mexiko 
• regelmäßige Wirtschaftsberichte für die Mitglieder 
mit wirtschaftspolitischen Empfehlungen, neoliberal 
orientiert, 2001 Mitarbeit bei den Milleniumszielen 
der UNO 
• 1995 – 98 institutioneller Rahmen für die Geheimver-handlungen 
über das Multilaterale Investitionsab-kommen 
MAI 
• Organisator der PISA-Studien, damit indirekte Ein-flussnahme 
auf nationale Bildungssysteme CC-BY Georg Auernheimer
Internationaler Währungsfonds 
• eine sog. Bretton-Woods-Institution, gegr. 1944, und 
Sonderorganisation der UNO, Funktion: Hilfe für 
Staaten in wirtschaftl. Schwierigkeiten, Ausweitung 
des Welthandels 
• 188 Mitgliedsstaaten, Stimmgewicht nach Einlagen, 
damit Veto der USA, Dominanz der G8 bzw. G7 
• Kreditvergabe nach drei Maßgaben: Austerity, 
Markt-öffnung, Privatisierung (schließt ein: Kürzung von 
Sozialprogrammen, keine Subventionen, Deregulie-rung des 
Arbeitsmarktes u. des Bankensektors) 
• 1977 – 2010 kein Antrag von Industriestaaten wg. 
SouveränitätsverlustCC-BY Georg Auernheimer
Politik des IWF, Fallbeispiele 
• Privatisierung der Wasser- und Stromversorgung in S-Afrika, 
unzumutbare Preiserhöhung f. Townships 
• Privatisierung des Gesundheitssystems auf den Philip-pinen 
• Ende der Agrarsubventionen u. der Preiskontrollen in 
Äthiopien – Existenzbedrohung für Kleinbauern 
• Privatisierung von Commons in Peru 
Nach Klaus Müller (2002) fiel das Wachstum von IWF-Klienten 
niedriger aus als von vergleichbaren Staaten 
ohne IWF-Beistand. 
CC-BY Georg Auernheimer
Die Weltbankgruppe 
• Bretton-Woods-Institution und Sonderorganisation 
der UNO wie der IWF, gegr. 1944 
• auch Gewichtung der Stimmen nach Kapitalanteilen 
• neben der Internat. Bank für Wiederaufbau u. Ent-wicklung 
(IBRD) 
• die Multilateral Investment Guarantee Agency 
(MIGA) zum Schutz von Investoren vor Enteignungen, 
Transferbeschränkungen etc. und 
• das International Centre for Settlement of Investment 
Disputes (ICSID) zur Organisation der Streitschlich-tungsverfahren 
CC-BY Georg Auernheimer
ANSÄTZE VON WIDERSTAND 
UND TRANSPARENZ 
CC-BY Georg Auernheimer
 Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, S-Afrika) 
 Die Bolivarische Allianz (Bolivien, Ecuador, Cuba, Nikaragua, 
Venezuela, einige Karibikstaaten) 
 LobbyControl (seit 2004) 
 Wikileaks (ab 2006), investigativer Journalismus 
 Campact (Internetforum u. Kampagnenplattform) 
 Avaaz (Internetforum u. Kampagnenplattform, internat.) 
 attac 
 regionaler Widerstand, Alternativen, Ansätze 
selbstbestimmten Lebens 
CC-BY Georg Auernheimer

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141119 auernheimer-demokratiedefizite (kurz)

  • 1. Demokratiedefizite im Globalisierungsprozess Prof. em. Dr. Georg Auernheimer CC-BY Georg Auernheimer
  • 2. Vorschau/Gliederung 1. Einleitung: Um was geht es? 2. Der schleichende Verlust an Demokratie a. der Wettbewerbsstaat b. die geballte Wirtschaftsmacht c. die Konstruktion der EU (Lissabon-Vertrag) 3. Direkte informelle Einflussnahmen 4. OECD, IWF und Weltbank 5. Ansätze von Widerstand u. Transparenz CC-BY Georg Auernheimer
  • 3. Die Transatlantischen Freihandelsabkommen • Geheimverhandlungen unter Ausschluss von Parlamentariern, Gewerkschaften, Umweltver-bänden • Geheimhaltung der Verhandlungsprotokolle auf Jahrzehnte • Anspruch der EU-Kommission auf exklusive Ratifizierung • Streitschlichtungsverfahren • ein Regulierungsrat zur künftigen Regulierung CC-BY Georg Auernheimer
  • 4. Globalisierung seit 1990 • Ende der „halbierten Globalisierung“ (1917/49 – 1989) mit der Implosion des RGW • digitale Revolution (world wide web) • transnationale Wertschöpfungsketten • Monopolisierung der Wirtschaft • Bedeutungszuwachs der Finanzmärkte • das neoliberale Programm von Freihandel, De-regulierung, Privatisierung – maßgebend für die Strukturanpassungsprogramme von IWF u. Weltbank CC-BY Georg Auernheimer
  • 5. Das neoliberale Programm, Washington Consensus 1990 • Abbau nationaler Schutzschranken für Waren-handel und Kapitalverkehr, generell Liberalisie-rung der Märkte • Deregulierung der Finanzmärkte • „Schlanker Staat“, „Entbürokratisierung“, Privatisierung von öffentlichen Diensten u. Staatsvermögen • Arbeits- und sozialrechtliche Deregulierung CC-BY Georg Auernheimer
  • 6. DER SCHLEICHENDE VERLUST AN DEMOKRATIE CC-BY Georg Auernheimer
  • 7. Folgen der Globalisierung • Multis können die Standortvorteile verschiedener Länder nutzen – niedrige Löhne, niedrige Sozial-standards u. Steuern dort, hohe Qualifikation, wissenschaftliches Know-how und moderne Kommu-nikationssysteme hier. • Die Globalisierung bedingt daher auch in den Ländern des Zentrums einen Wettbewerb um niedrige Steuern, Lohnkosten u. Umweltstandards. • Die Auslagerung von Teilen der Produktion ermög-licht die Verrechnung hoher Gewinne in Ländern mit niedrigen Steuern. CC-BY Georg Auernheimer
  • 8. Der selbst gefesselte Wettbewerbsstaat • Im Steuersenkungswettlauf auf dem Weg zum „Schuldnerstaat“ (C. Offe) • Konsequenz: Einschränkung staatlicher, spez. sozialstaatlicher Leistungen • Privatisierung/ Public-Private-Partnership • Konsequenz: Einschränkung öffentl. Kontrolle • „Reform“ des Arbeitsmarkts, mehr „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit etc.) • Konsequenz: Schwächung der Gewerkschaften CC-BY Georg Auernheimer
  • 9. „Imperative der Standortsicherung“ „Die lähmende Aussicht, dass sich die natio-nale Politik in Zukunft auf das mehr oder weniger intelligente Management einer er-zwungenen Anpassung an Imperative der ‚Standortsicherung‘ reduziert, entzieht den politischen Auseinandersetzungen den letzten Rest von Substanz“ (Jürgen Habermas: Die post-nationale Konstellation, Ffm. 1998, S.95). CC-BY Georg Auernheimer
  • 10. Die „Launen der Finanzmärkte“ Seit der Finanzkrise „leben die Regierungen in lähmender Furcht vor den Launen der Finanz-märkte u. den Urteilen der Rating-Agenturen […] Wo die entscheidende Gewalt von den Finanzmärkten ausgeht, kann es zwar freie Wahlen geben, aber sie werden zur Farce“ (Erhard Eppler/SPD in der Süddeutschen Zeitung v. 6. 9. 11). Rolf-E. Breuer, ehem. Vorstandssprecher der Deut-schen Bank, sprach von der „fünften Gewalt“ (Die Zeit v. 18.5.2000). CC-BY Georg Auernheimer
  • 11. Regulatory Capture (Beute) Joseph Stieglitz: Wirtschaftswissenschaftler, Berater von B. Clinton u. der UNO, 1997 – 2000 Chefökonom der Weltbank: „Die Banken waren nicht nur zu groß geworden, dass der Staat sie vor dem Zusammenbruch ret-ten musste, sie besaßen auch so viel politische Macht, dass die Regierung ihnen keine politische Beschränkung mehr auferlegen konnte“ (Stieglitz 2010, S.73). CC-BY Georg Auernheimer
  • 12. Kontrollverlust bei Finanztransaktionen Staatlicher Kontrollverlust • bei Hedgefonds u. anderen „Schattenbanken“ aufgrund von Intransparenz (spez. Handel mit Finanzpaketen, sog. „strukturierten Wertpa-pieren“ außerhalb der Börsen) • aufgrund der Gründung von Tochtergesell-schaften von Banken (z.B. der Deutschen Bank) • aufgr. der Finanzströme in Steueroasen (50 %) CC-BY Georg Auernheimer
  • 13. „Hot money“ Die Lockerung der Kapitalmarktkontrollen kann Staaten in Schwierigkeiten bringen. Vor allem Kapital, das in Entwicklungs- und Schwellenländer fließt, ist oft nur kurzfristig angelegt. Wenn Spekulationsgelder plötzlich in großem Umfang abgezogen werden, kann es zu Währungsverfall und Schwächung der Banken-systeme kommen (J. Stieglitz 2004, S.23). Zeitungsmeldung v. 12.08.13: „Allein im Juli trennten sich ausländische Anleger von indischen Schuldtiteln im Volumen von zwei Mrd. $. Im Vormonat war es gar zu einem Rekordabfluss von 5,4 Mrd. aus den indischen Bondmärkten gekommen“ (jw). CC-BY Georg Auernheimer
  • 14. Offene Worte „Der Nationalstaat als fundamentale Einheit organisierten menschlichen Lebens ist nicht mehr die wichtigste schöpferische Kraft: ‚Internationale Banken und multinationale Konzerne handeln auf eine Weise, die dem politischen Konzept des Nationalstaats weit voraus ist‘“ (Zbigniew Brzezinski in „Between two Ages“, NY 1970, S.56 mit Zitat aus einer Studie). CC-BY Georg Auernheimer
  • 15. These über den Funktionswandel des Staates: Unter dem Druck der Verhältnisse kann der Staat die klassische Funktion des bürgerlichen Staates nicht mehr erfüllen, nämlich den Ausgleich der Interessen zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Gewinnmaximierung und Mehrheitsinteressen. CC-BY Georg Auernheimer
  • 16. Zur Erinnerung: der Ordoliberalismus (Alfred Müller-Armack, Walter Eucken) • Steuerung der Marktwirtschaft unerläßlich • soziale Gestaltung (Sozialstaatsgebot) • Balance zwischen Kapital und Arbeit garantieren (Betriebsverfassung, Sozialpartnerschaft)! • Monopolbildung und bedrohliche wirtschaftliche Übermacht verhindern (Kartellgesetzgebung) • Mischwirtschaft (private u. staatl. Unternehmen) • Haftung der Unternehmen CC-BY Georg Auernheimer
  • 17. Die geballte Wirtschaftsmacht • 40% der Weltwirtschaft werden von 147 Konzernen kontrolliert (Team der ETH Zürich 2011). • 80% der globalen Wirtschaftsleistung wird 800 Trans-nationalen Unternehmen (TNU) zugerechnet (ebd.) • Schon 1990 kontrollierten fünf Konzerne 77% des globalen Getreidemarkts (heute 4 TNU 90%), 10 TNU oder Multis 76% der Autoproduktion, 4 TNU 70% des Telekomm-Marktes, 7 TNU 90% der Ausrüstung für medizinische Geräte (Eric Toussaint 1990). CC-BY Georg Auernheimer
  • 18. Wolfgang Streeck (ehem. Direktor des MPI für Gesellschaftsforsch.) sieht die Staaten „unter der Kontrolle internationaler, gegen politische Beteili-gung isolierter Regierungs- und Finanzdiplomatie“ (2013, S.78). Christoph Matznetter (österr. Abgeordneter der SPÖ u. Staatssekretär): „Mitte der 1980er Jahre ist durch die weltweite Deregulierung das System des Kapitalismus umgebaut worden. Dieser Umbau hat dazu geführt, dass die auf den Nationalstaat zuge-schnittene Demokratie ausgehebelt worden ist“ (2013, zit. nach H. Hofbauer 2014, S.160). CC-BY Georg Auernheimer
  • 19. Die Verlagerung von Entscheidungen auf supra-nationale Ebenen begünstigt nach Markus Wissen (2011) machtvolle Interessen. CC-BY Georg Auernheimer
  • 20. Begünstigung machtvoller Interessen“ – warum? • hohe Intransparenz der Entscheidungswege • geringe parlamentarische Kontrolle • stark expertokratische Elemente • weniger klare, teilweise konkurrierende Zuständigkeit der 28 Ressorts • Historisch enge Verzahnung von europäischer Wirtschaft und EU-Kommission CC-BY Georg Auernheimer
  • 21. Unternehmensinteressen über-repräsentiert • Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen, Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission tätig. • In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert. (K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20) • „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109). Ein Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.) CC-BY Georg Auernheimer
  • 22. Die Besetzung der EU-Kommission • Die 28 Kommissare werden von „ihren“ Regierungen nominiert u. vom EU-Parlament bestätigt • Leitung durch den Präsidenten, nominiert vom Europäischen Rat der EU-Mitglieder • Verwaltungsebene: Generalsekretariat und Generaldirektionen (= Ressorts) Beispiele für fragwürdige Besetzungen: Jonathan Hill, Finanzlobbyist, für Finanzmarktregulierung, Miguel Arias Cañete (Öllobby) als EU-Energiekommissar • Die EU-Administration beschäftigt 33.000 Mitarbei-ter/ innen CC-BY Georg Auernheimer
  • 23. Das EU-Parlament, 751 Sitze, zur Zeit sieben Fraktionen • Das EU-Parlament hat kein Initiativrecht im Gesetz-gebungsverfahren, es kann nur die Vorlagen der EU-Kommission mit Änderungsvorschlägen zurückwei-sen. • Üblich geworden: informelle Absprachen im „Trilog“ mit EU-Kommission und Rat der EU • Auch bei der Besetzung der EU-Kommission verbleibt ihm nur Bestätigung oder Ablehnung der von den Regierungen der Mitgliedsstaaten vorgeschlagenen Kommissare nach Anhörung durch einen Ausschuss. CC-BY Georg Auernheimer
  • 24. Rechte des EU-Parlaments • in der Außen- und Sicherheitspolitik kein Mitsprache-recht • im Wettbewerbsrecht (betr. u.a. das Kartellrecht, Vergaberecht der öffentlichen Hand) nur Anspruch auf Konsultation • Bei der Gemeinsamen Handelspolitik sind Ände-rungsvorschläge möglich (betr. CETA u. TTIP) • Das Budgetrecht sieht vor: Einigungszwang mit dem Rat der EU über den Haushaltsentwurf der Kommis-sion. CC-BY Georg Auernheimer
  • 25. mangelnde demokrat. Legitimation • Das Bundesverfassungsgericht hat den EU-Organen, spez. dem Parlament in seinem Urteil zum Lissabon- Vertrag vom 30.06.2009 nur eine eingeschränkte demokratische Legitimation zugesprochen. • Dies ist nach Ansicht des BVerfG nur deswegen hinnehmbar, wenn und weil der Kompetenzumfang, die politische Gestaltungsmacht und der Grad der selbständigen Willensbildung der Unionsorgane kein staatsanaloges Niveau erreicht habe (M. Hoppe 2012). CC-BY Georg Auernheimer
  • 26. Aquis communautaire der EU • Primärrecht: EG- und EU-Vertrag • Sekundärrecht: Verordnungen, Richtlinien, Empfehlungen der EU-Kommission, Entscheidungen des EuGH (31 Bände, ca. 85.000 Seiten) • 80 % der Entscheidungen des Dt. Bundestags beruhen auf Entscheidungen der EU-Kommis-sion (Klein 2008, S.203, vgl. Frantz/Martens 2006, S.108). CC-BY Georg Auernheimer
  • 27. Fesseln: die Maastricht-Kriterien • Neben der Inflationsrate • Haushaltsdefizit pro Jahr 3 Prozent des BIP • Staatsverschuldung max. 60 Prozent des BIP, verschärft durch den Fiskalpakt (2012) • überprüft von der EU-Kommission A. Bovenschulte (SPD Bremen) & A. Fisahn (Jurist): „Im Ergebnis verlieren die nationalen Parlamente so unmittelbar das letzte Wort in Sachen Haushalts-politik.“ – „Fiskalpakt entmachtet Bundestag“ (zit. nach Hofbauer 2014, S.93). CC-BY Georg Auernheimer
  • 28. Verlust der nationalen Souveränität „Die nationale Souveränität in der Gesetz-gebung – speziell beim Arbeitsrecht, sowie in der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist fast auf Null reduziert worden“ (Fabrizio Tomaselli von der Basisgewerkschaftsunion Italiens im Interview, jW v. 23.10.2014). CC-BY Georg Auernheimer
  • 29. „Der europ. Nationalstaat unter demDruck der Globalisierung“ (J. Habermas 2009) a. Verlust an staatlichen Kontrollmöglichkeiten/ Autonomie/ Souveränität b. Demokratiedefizite (Beispiel: die Brüsseler Expertokratie) c. Einschränkung der wirtschafts- und sozial-politischen Interventionskapazität CC-BY Georg Auernheimer
  • 30. Wie schaffen wir eine europäische Öffentlichkeit? CC-BY Georg Auernheimer r
  • 31. Das Kriterium „kollektive Einheit“ Die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown (USA) vertritt die These: „Damit das Volk sich selbst regieren kann, muss es eine identifizierbare kollektive Einheit geben, in der die Verteilung seiner Macht organisiert und über die diese ausgeübt wird“ (Wendy Brown, 2012, zit. nach Hofbauer 2014, S.175). CC-BY Georg Auernheimer
  • 32. EZB, ESM • Die EZB ist autonom, parlamentarischer Kontrolle entzogen. • ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), gegr. im Febr. 2012 von den 17 Staaten der Eurozone als Kapitalgesellschaft mit Stimm-recht nach Größe der Einlagen, Sperrminorität für BRD; Bedingung für Unterstützung: „Strukturreformen“, Sparauflagen CC-BY Georg Auernheimer
  • 33. DIREKTE INFORMELLE EINFLUSSNAHMEN CC-BY Georg Auernheimer
  • 34. Der „Drehtüreffekt“ • Mehr als 100 Leihbeamte aus der Wirtschaft sollen 2012 in den Bundesministerien beschäftigt gewesen sein. • Wirtschaftsvertreter sind auf allen Ebenen z. T. direkt an der Gesetzesarbeit beteiligt. Beispiel: Die EU-Chemikalien- Richtlinie (2004) wurde von einem Vertreter der BASF maßgeblich mit formuliert. • Politiker/innen wechseln in Chefetagen von Unter-nehmen (prominente Beispiele: Riester, Koch, Niebel, Bahr). Wirtschaftsvertreter, vor allem aus der Finanz-branche, übernehmen politische Ämter. CC-BY Georg Auernheimer
  • 35. Lobbyismus • Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen, Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission tätig. • In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert. (K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20) • „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109). Ein Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.) CC-BY Georg Auernheimer
  • 36. Die „Corporatocracy“ (Jeffrey Sachs) • Der Council on Foreign Relations (CFR, gegr. 1921) • Die Atlantik-Brücke e.V. (gegr. 1952) • Der „Atlantic Council“ (gegr. 1961) • Die Trilaterale Kommission (gegr. 1973) • Der European Round Table of Industrualists (ERT, gegr. 1983) • Das Weltwirtschaftsforum, engl. World Economic Forum (WEF), gegr. 1987 (1971) CC-BY Georg Auernheimer
  • 37. Der European Round Table of Industrualists From left to right (top): Karl Beurle (Thyssen), Carlo De Benedetti (Olivetti), Curt Nicolin (ASEA), Harry Gray (United Technologies), John Harvey - Jones (ICI), Wolfgang Seelig (Siemens), Umberto Agnelli (Fiat), Peter Baxendell (Shell), Olivier Lecerf (Lafarge Coppée), José Bidegain (Cie de St Gobain), Wisse Dekker (Philips). CC-BY Georg Auernheimer
  • 38. Der European Round Table (ERT) • gegr. 1983 von 17 europ. Konzernvertretern, heute 45 Mitglieder (fast alle TNU) • Gründungsmotiv: europäisches Binnenmarkt- Konzept • zweimal pro Jahr Treffen mit Politiker/inne/n und Vertretern der Medien • Grundintention „Wachstum in Europa schaffen“ (2012), Abbau wachstumshemmender Regulierungen! Nach diesem Kriterium alle Gesetze durchkämmen! • u.a. Flexibilisierung des Arbeitsmarkts! CC-BY Georg Auernheimer
  • 39. ERT und EU „Man kann behaupten, dass nicht die Regie-rungen die Durchführung des Binnenmarkt-konzeptes anregten, sondern der Round-Table und seine Mitglieder“ (Peter Sutherland, EU-Kommissar und Vorsitzender bei Goldman-Sachs, zit. bei W. Wolf 2009) 1986 wurde die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet. Dieser Vertrag bildete die Grundlage für ein umfangreiches Sechsjahresprogramm mit dem Ziel, die Probleme des freien Handels über die EU-Binnengrenzen hinweg zu lösen, und führte zur Schaffung des „Binnenmarktes“. CC-BY Georg Auernheimer
  • 40. Abschließende Kennzeichnungen • „eine Verschmelzung von unternehmerischer u. staatlicher Macht“, Wendy Brown, US-Politik-wissenschaftlerin • „Entmachtungsspirale“ der Parlamente (Frantz & Martens 2006, Politikwissenschaftlerinnen) • „Postdemokratie“ (Colin Crouch 2003, brit. Sozio-loge u. andere Autoren) • „marktkonforme Demokratie“, Angela Merkel CC-BY Georg Auernheimer
  • 41. OECD, Internationaler Währungsfonds + Weltbank CC-BY Georg Auernheimer
  • 42. Die Organization for Economic Coop. and Developement (OECD) • gegr. 1961, 20 Gründungsmitglieder • heute 34 Mitgliedstaaten, neben den Industrie-staaten Schwellenländer wie Türkei u. Mexiko • regelmäßige Wirtschaftsberichte für die Mitglieder mit wirtschaftspolitischen Empfehlungen, neoliberal orientiert, 2001 Mitarbeit bei den Milleniumszielen der UNO • 1995 – 98 institutioneller Rahmen für die Geheimver-handlungen über das Multilaterale Investitionsab-kommen MAI • Organisator der PISA-Studien, damit indirekte Ein-flussnahme auf nationale Bildungssysteme CC-BY Georg Auernheimer
  • 43. Internationaler Währungsfonds • eine sog. Bretton-Woods-Institution, gegr. 1944, und Sonderorganisation der UNO, Funktion: Hilfe für Staaten in wirtschaftl. Schwierigkeiten, Ausweitung des Welthandels • 188 Mitgliedsstaaten, Stimmgewicht nach Einlagen, damit Veto der USA, Dominanz der G8 bzw. G7 • Kreditvergabe nach drei Maßgaben: Austerity, Markt-öffnung, Privatisierung (schließt ein: Kürzung von Sozialprogrammen, keine Subventionen, Deregulie-rung des Arbeitsmarktes u. des Bankensektors) • 1977 – 2010 kein Antrag von Industriestaaten wg. SouveränitätsverlustCC-BY Georg Auernheimer
  • 44. Politik des IWF, Fallbeispiele • Privatisierung der Wasser- und Stromversorgung in S-Afrika, unzumutbare Preiserhöhung f. Townships • Privatisierung des Gesundheitssystems auf den Philip-pinen • Ende der Agrarsubventionen u. der Preiskontrollen in Äthiopien – Existenzbedrohung für Kleinbauern • Privatisierung von Commons in Peru Nach Klaus Müller (2002) fiel das Wachstum von IWF-Klienten niedriger aus als von vergleichbaren Staaten ohne IWF-Beistand. CC-BY Georg Auernheimer
  • 45. Die Weltbankgruppe • Bretton-Woods-Institution und Sonderorganisation der UNO wie der IWF, gegr. 1944 • auch Gewichtung der Stimmen nach Kapitalanteilen • neben der Internat. Bank für Wiederaufbau u. Ent-wicklung (IBRD) • die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) zum Schutz von Investoren vor Enteignungen, Transferbeschränkungen etc. und • das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) zur Organisation der Streitschlich-tungsverfahren CC-BY Georg Auernheimer
  • 46. ANSÄTZE VON WIDERSTAND UND TRANSPARENZ CC-BY Georg Auernheimer
  • 47.  Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, S-Afrika)  Die Bolivarische Allianz (Bolivien, Ecuador, Cuba, Nikaragua, Venezuela, einige Karibikstaaten)  LobbyControl (seit 2004)  Wikileaks (ab 2006), investigativer Journalismus  Campact (Internetforum u. Kampagnenplattform)  Avaaz (Internetforum u. Kampagnenplattform, internat.)  attac  regionaler Widerstand, Alternativen, Ansätze selbstbestimmten Lebens CC-BY Georg Auernheimer

Hinweis der Redaktion

  1. Josef Stieglitz (2010): Im freien Fall. Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft. München.
  2. Stieglitz, Joseph (2004): Die Schatten der Globalisierung. München.
  3. H. Hofbauer (2014): Die Diktatur des Kapitals, S.146f.
  4. E. Toussaint (1990): Your Money or your Life. Brüssel. Zitiert bei Hofbauer 2014, S.163.
  5. Streeck, Wolfgang (2013): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. Berlin.
  6. Wissen, Markus (2011): Gesellschaftl. Naturverhältnisse in der Internationalisierung des Staates. Münster. (empir. Untersuchung über Agrarpolitik und Wasserversorgung)
  7. Korbinian Frenzel, wiss. Mitarbeiter der Fraktion Die Grünen/Freie Europ. Allianz im Europaparlament
  8. Zum Beispiel wurde ein Vorschlag des EU-Parlaments zur Angleichung der Unternehmenssteuern abgewiesen.
  9. Klein, Dieter (2008): Krisenkapitalismus. Wohin es geht, wenn es so weitergeht. Berlin.
  10. Habermas, Jürgen 1999: Der europäische Nationalstaat unter dem Druck der Globalisierung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 46: 4, S. 425-436.   
  11. W. Brown (2012): Wir sind jetzt alle Demokraten… In: G. Agamben u.a.: Demokratie? Eine Debatte. Berlin, S.61f.
  12. Jeffrey Sachs: US-Ökonom, Professor, Berater für die UN (Milleniumsziele), IWF, Weltbank, WTO, umstritten wegen der „Schocktherapie“ f. Länder wie Jugoslawien