Wir sind dabei, die in den vergangenen Jahrhunderten erworbenen Bürgerrechte zu verspielen. In der Gewaltenteilung dominiert die Exekutive und diese ist unterwandert von der globalisierten Wirtschaft. Deren Experten mit ihrer Lobbyarbeit aber auch ihrem Einfluss bei den laufenden Beratungen ist völlig intransparent. So hat das EU-Parlament kein Vorschlagsrecht bei Gesetzesinitiativen. Anderseits sind jetzt schon 80% der deutschen Gesetze Anpassungen an EU-Vorgaben. Mit den Freihandelsabkommen und Investitonsschutzabkommen TTIP, CETA und TISA soll der Sack wohl zugemacht werden! Treten sie in Kraft, bedeutet das einen Rückfall in feudale Verhältnisse.
2. Vorschau/Gliederung
1. Einleitung: Um was geht es?
2. Der schleichende Verlust an Demokratie
a. der Wettbewerbsstaat
b. die geballte Wirtschaftsmacht
c. die Konstruktion der EU (Lissabon-Vertrag)
3. Direkte informelle Einflussnahmen
4. OECD, IWF und Weltbank
5. Ansätze von Widerstand u. Transparenz
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3. Die Transatlantischen
Freihandelsabkommen
• Geheimverhandlungen unter Ausschluss von
Parlamentariern, Gewerkschaften,
Umweltver-bänden
• Geheimhaltung der Verhandlungsprotokolle
auf Jahrzehnte
• Anspruch der EU-Kommission auf exklusive
Ratifizierung
• Streitschlichtungsverfahren
• ein Regulierungsrat zur künftigen Regulierung
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4. Globalisierung seit 1990
• Ende der „halbierten Globalisierung“ (1917/49
– 1989) mit der Implosion des RGW
• digitale Revolution (world wide web)
• transnationale Wertschöpfungsketten
• Monopolisierung der Wirtschaft
• Bedeutungszuwachs der Finanzmärkte
• das neoliberale Programm von Freihandel, De-regulierung,
Privatisierung – maßgebend für die
Strukturanpassungsprogramme von IWF u. Weltbank
CC-BY Georg Auernheimer
5. Das neoliberale Programm,
Washington Consensus 1990
• Abbau nationaler Schutzschranken für Waren-handel
und Kapitalverkehr, generell
Liberalisie-rung der Märkte
• Deregulierung der Finanzmärkte
• „Schlanker Staat“, „Entbürokratisierung“,
Privatisierung von öffentlichen Diensten u.
Staatsvermögen
• Arbeits- und sozialrechtliche Deregulierung
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7. Folgen der Globalisierung
• Multis können die Standortvorteile verschiedener
Länder nutzen – niedrige Löhne, niedrige Sozial-standards
u. Steuern dort, hohe Qualifikation,
wissenschaftliches Know-how und moderne Kommu-nikationssysteme
hier.
• Die Globalisierung bedingt daher auch in den
Ländern des Zentrums einen Wettbewerb um
niedrige Steuern, Lohnkosten u. Umweltstandards.
• Die Auslagerung von Teilen der Produktion ermög-licht
die Verrechnung hoher Gewinne in Ländern mit
niedrigen Steuern.
CC-BY Georg Auernheimer
8. Der selbst gefesselte
Wettbewerbsstaat
• Im Steuersenkungswettlauf auf dem Weg zum
„Schuldnerstaat“ (C. Offe)
• Konsequenz: Einschränkung staatlicher, spez.
sozialstaatlicher Leistungen
• Privatisierung/ Public-Private-Partnership
• Konsequenz: Einschränkung öffentl. Kontrolle
• „Reform“ des Arbeitsmarkts, mehr „atypische“
Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit etc.)
• Konsequenz: Schwächung der Gewerkschaften
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9. „Imperative der Standortsicherung“
„Die lähmende Aussicht, dass sich die natio-nale
Politik in Zukunft auf das mehr oder
weniger intelligente Management einer er-zwungenen
Anpassung an Imperative der
‚Standortsicherung‘ reduziert, entzieht den
politischen Auseinandersetzungen den letzten
Rest von Substanz“ (Jürgen Habermas: Die post-nationale
Konstellation, Ffm. 1998, S.95).
CC-BY Georg Auernheimer
10. Die „Launen der Finanzmärkte“
Seit der Finanzkrise „leben die Regierungen in
lähmender Furcht vor den Launen der Finanz-märkte
u. den Urteilen der Rating-Agenturen
[…] Wo die entscheidende Gewalt von den
Finanzmärkten ausgeht, kann es zwar freie
Wahlen geben, aber sie werden zur Farce“
(Erhard Eppler/SPD in der Süddeutschen Zeitung v. 6.
9. 11).
Rolf-E. Breuer, ehem. Vorstandssprecher der Deut-schen
Bank, sprach von der „fünften Gewalt“ (Die Zeit
v. 18.5.2000). CC-BY Georg Auernheimer
11. Regulatory Capture (Beute)
Joseph Stieglitz: Wirtschaftswissenschaftler,
Berater von B. Clinton u. der UNO, 1997 – 2000
Chefökonom der Weltbank:
„Die Banken waren nicht nur zu groß geworden,
dass der Staat sie vor dem Zusammenbruch ret-ten
musste, sie besaßen auch so viel politische
Macht, dass die Regierung ihnen keine politische
Beschränkung mehr auferlegen konnte“ (Stieglitz
2010, S.73).
CC-BY Georg Auernheimer
12. Kontrollverlust bei Finanztransaktionen
Staatlicher Kontrollverlust
• bei Hedgefonds u. anderen „Schattenbanken“
aufgrund von Intransparenz (spez. Handel mit
Finanzpaketen, sog. „strukturierten Wertpa-pieren“
außerhalb der Börsen)
• aufgrund der Gründung von Tochtergesell-schaften
von Banken (z.B. der Deutschen
Bank)
• aufgr. der Finanzströme in Steueroasen (50 %)
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13. „Hot money“
Die Lockerung der Kapitalmarktkontrollen kann
Staaten in Schwierigkeiten bringen. Vor allem
Kapital, das in Entwicklungs- und Schwellenländer
fließt, ist oft nur kurzfristig angelegt. Wenn
Spekulationsgelder plötzlich in großem Umfang
abgezogen werden, kann es zu Währungsverfall und
Schwächung der Banken-systeme kommen (J.
Stieglitz 2004, S.23).
Zeitungsmeldung v. 12.08.13: „Allein im Juli trennten sich
ausländische Anleger von indischen Schuldtiteln im Volumen
von zwei Mrd. $. Im Vormonat war es gar zu einem
Rekordabfluss von 5,4 Mrd. aus den indischen Bondmärkten
gekommen“ (jw).
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14. Offene Worte
„Der Nationalstaat als fundamentale Einheit
organisierten menschlichen Lebens ist nicht
mehr die wichtigste schöpferische Kraft:
‚Internationale Banken und multinationale
Konzerne handeln auf eine Weise, die dem
politischen Konzept des Nationalstaats weit
voraus ist‘“ (Zbigniew Brzezinski in „Between
two Ages“, NY 1970, S.56 mit Zitat aus einer
Studie).
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15. These
über den Funktionswandel des Staates:
Unter dem Druck der Verhältnisse kann der
Staat die klassische Funktion des bürgerlichen
Staates nicht mehr erfüllen, nämlich den
Ausgleich der Interessen zwischen Kapital und
Arbeit, zwischen Gewinnmaximierung und
Mehrheitsinteressen.
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16. Zur Erinnerung: der Ordoliberalismus
(Alfred Müller-Armack, Walter Eucken)
• Steuerung der Marktwirtschaft unerläßlich
• soziale Gestaltung (Sozialstaatsgebot)
• Balance zwischen Kapital und Arbeit garantieren
(Betriebsverfassung, Sozialpartnerschaft)!
• Monopolbildung und bedrohliche wirtschaftliche
Übermacht verhindern (Kartellgesetzgebung)
• Mischwirtschaft (private u. staatl. Unternehmen)
• Haftung der Unternehmen
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17. Die geballte Wirtschaftsmacht
• 40% der Weltwirtschaft werden von 147 Konzernen
kontrolliert (Team der ETH Zürich 2011).
• 80% der globalen Wirtschaftsleistung wird 800 Trans-nationalen
Unternehmen (TNU) zugerechnet (ebd.)
• Schon 1990 kontrollierten fünf Konzerne 77% des
globalen Getreidemarkts (heute 4 TNU 90%),
10 TNU oder Multis 76% der Autoproduktion,
4 TNU 70% des Telekomm-Marktes,
7 TNU 90% der Ausrüstung für medizinische Geräte
(Eric Toussaint 1990).
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18. Wolfgang Streeck (ehem. Direktor des MPI für
Gesellschaftsforsch.) sieht die Staaten „unter der
Kontrolle internationaler, gegen politische Beteili-gung
isolierter Regierungs- und Finanzdiplomatie“ (2013,
S.78).
Christoph Matznetter (österr. Abgeordneter der SPÖ u.
Staatssekretär): „Mitte der 1980er Jahre ist durch die
weltweite Deregulierung das System des Kapitalismus
umgebaut worden. Dieser Umbau hat dazu geführt,
dass die auf den Nationalstaat zuge-schnittene
Demokratie ausgehebelt worden ist“ (2013, zit. nach H.
Hofbauer 2014, S.160).
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19. Die Verlagerung von
Entscheidungen auf
supra-nationale
Ebenen begünstigt
nach Markus Wissen
(2011) machtvolle
Interessen.
CC-BY Georg Auernheimer
20. Begünstigung machtvoller Interessen“ –
warum?
• hohe Intransparenz der Entscheidungswege
• geringe parlamentarische Kontrolle
• stark expertokratische Elemente
• weniger klare, teilweise konkurrierende
Zuständigkeit der 28 Ressorts
• Historisch enge Verzahnung von europäischer
Wirtschaft und EU-Kommission
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21. Unternehmensinteressen über-repräsentiert
• Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen,
Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission
tätig.
• In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion
sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert.
(K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20)
• „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und
ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten
geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109). Ein
Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz
der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.)
CC-BY Georg Auernheimer
22. Die Besetzung der EU-Kommission
• Die 28 Kommissare werden von „ihren“ Regierungen
nominiert u. vom EU-Parlament bestätigt
• Leitung durch den Präsidenten, nominiert vom
Europäischen Rat der EU-Mitglieder
• Verwaltungsebene: Generalsekretariat und
Generaldirektionen (= Ressorts)
Beispiele für fragwürdige Besetzungen: Jonathan Hill,
Finanzlobbyist, für Finanzmarktregulierung, Miguel Arias
Cañete (Öllobby) als EU-Energiekommissar
• Die EU-Administration beschäftigt 33.000 Mitarbei-ter/
innen
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23. Das EU-Parlament, 751 Sitze,
zur Zeit sieben Fraktionen
• Das EU-Parlament hat kein Initiativrecht im Gesetz-gebungsverfahren,
es kann nur die Vorlagen der EU-Kommission
mit Änderungsvorschlägen zurückwei-sen.
• Üblich geworden: informelle Absprachen im „Trilog“
mit EU-Kommission und Rat der EU
• Auch bei der Besetzung der EU-Kommission verbleibt
ihm nur Bestätigung oder Ablehnung der von den
Regierungen der Mitgliedsstaaten vorgeschlagenen
Kommissare nach Anhörung durch einen Ausschuss.
CC-BY Georg Auernheimer
24. Rechte des EU-Parlaments
• in der Außen- und Sicherheitspolitik kein Mitsprache-recht
• im Wettbewerbsrecht (betr. u.a. das Kartellrecht,
Vergaberecht der öffentlichen Hand) nur Anspruch
auf Konsultation
• Bei der Gemeinsamen Handelspolitik sind Ände-rungsvorschläge
möglich (betr. CETA u. TTIP)
• Das Budgetrecht sieht vor: Einigungszwang mit dem
Rat der EU über den Haushaltsentwurf der Kommis-sion.
CC-BY Georg Auernheimer
25. mangelnde demokrat. Legitimation
• Das Bundesverfassungsgericht hat den EU-Organen,
spez. dem Parlament in seinem Urteil zum Lissabon-
Vertrag vom 30.06.2009 nur eine eingeschränkte
demokratische Legitimation zugesprochen.
• Dies ist nach Ansicht des BVerfG nur deswegen
hinnehmbar, wenn und weil der Kompetenzumfang,
die politische Gestaltungsmacht und der Grad der
selbständigen Willensbildung der Unionsorgane kein
staatsanaloges Niveau erreicht habe (M. Hoppe
2012).
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26. Aquis communautaire der EU
• Primärrecht: EG- und EU-Vertrag
• Sekundärrecht: Verordnungen, Richtlinien,
Empfehlungen der EU-Kommission,
Entscheidungen des EuGH
(31 Bände, ca. 85.000 Seiten)
• 80 % der Entscheidungen des Dt. Bundestags
beruhen auf Entscheidungen der EU-Kommis-sion
(Klein 2008, S.203, vgl. Frantz/Martens 2006,
S.108).
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27. Fesseln: die Maastricht-Kriterien
• Neben der Inflationsrate
• Haushaltsdefizit pro Jahr 3 Prozent des BIP
• Staatsverschuldung max. 60 Prozent des BIP,
verschärft durch den Fiskalpakt (2012)
• überprüft von der EU-Kommission
A. Bovenschulte (SPD Bremen) & A. Fisahn (Jurist):
„Im Ergebnis verlieren die nationalen Parlamente so
unmittelbar das letzte Wort in Sachen Haushalts-politik.“
– „Fiskalpakt entmachtet Bundestag“
(zit. nach Hofbauer 2014, S.93).
CC-BY Georg Auernheimer
28. Verlust der nationalen
Souveränität
„Die nationale Souveränität in der Gesetz-gebung
– speziell beim Arbeitsrecht, sowie in
der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist fast auf
Null reduziert worden“ (Fabrizio Tomaselli von
der Basisgewerkschaftsunion Italiens im
Interview, jW v. 23.10.2014).
CC-BY Georg Auernheimer
29. „Der europ. Nationalstaat unter demDruck
der Globalisierung“ (J. Habermas 2009)
a. Verlust an staatlichen Kontrollmöglichkeiten/
Autonomie/ Souveränität
b. Demokratiedefizite (Beispiel: die Brüsseler
Expertokratie)
c. Einschränkung der wirtschafts- und sozial-politischen
Interventionskapazität
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30. Wie schaffen wir eine
europäische Öffentlichkeit?
CC-BY Georg Auernheimer r
31. Das Kriterium „kollektive Einheit“
Die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown
(USA) vertritt die These:
„Damit das Volk sich selbst regieren kann,
muss es eine identifizierbare kollektive Einheit
geben, in der die Verteilung seiner Macht
organisiert und über die diese ausgeübt wird“
(Wendy Brown, 2012, zit. nach Hofbauer 2014, S.175).
CC-BY Georg Auernheimer
32. EZB, ESM
• Die EZB ist autonom, parlamentarischer
Kontrolle entzogen.
• ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus),
gegr. im Febr. 2012 von den 17 Staaten der
Eurozone als Kapitalgesellschaft mit Stimm-recht
nach Größe der Einlagen, Sperrminorität
für BRD; Bedingung für Unterstützung:
„Strukturreformen“, Sparauflagen
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34. Der „Drehtüreffekt“
• Mehr als 100 Leihbeamte aus der Wirtschaft sollen
2012 in den Bundesministerien beschäftigt gewesen
sein.
• Wirtschaftsvertreter sind auf allen Ebenen z. T. direkt
an der Gesetzesarbeit beteiligt. Beispiel: Die EU-Chemikalien-
Richtlinie (2004) wurde von einem
Vertreter der BASF maßgeblich mit formuliert.
• Politiker/innen wechseln in Chefetagen von Unter-nehmen
(prominente Beispiele: Riester, Koch, Niebel,
Bahr). Wirtschaftsvertreter, vor allem aus der Finanz-branche,
übernehmen politische Ämter.
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35. Lobbyismus
• Mindestens 15.000 Lobbyisten, Vertreter von Unter-nehmen,
Verbänden und NGOs sind am Sitz der EU-Kommission
tätig.
• In 64 % der 1200 Expertengremien der EU-Kommis-sion
sind Unternehmensinteressen überrepräsentiert.
(K. Frenzel, in: Blätter f. dt. u. internat. Politik 6/08, S.17-20)
• „Die EU ist aufgrund der politischen Relevanz und
ihrer hoheitlichen Rechte zu einer Hochburg für Lob-byisten
geworden“ (Frantz & Martens 2006, S.109).
Ein Autor spricht von einer „fast schon mythischen In-transparenz
der europ. Entscheidungsprozesse“ (ebd.)
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36. Die „Corporatocracy“ (Jeffrey Sachs)
• Der Council on Foreign Relations (CFR, gegr.
1921)
• Die Atlantik-Brücke e.V. (gegr. 1952)
• Der „Atlantic Council“ (gegr. 1961)
• Die Trilaterale Kommission (gegr. 1973)
• Der European Round Table of Industrualists
(ERT, gegr. 1983)
• Das Weltwirtschaftsforum, engl. World
Economic Forum (WEF), gegr. 1987 (1971)
CC-BY Georg Auernheimer
37. Der European Round Table of Industrualists
From left to right (top): Karl Beurle (Thyssen), Carlo De Benedetti (Olivetti), Curt Nicolin
(ASEA), Harry Gray (United Technologies), John Harvey - Jones (ICI), Wolfgang Seelig
(Siemens), Umberto Agnelli (Fiat), Peter Baxendell (Shell), Olivier Lecerf (Lafarge Coppée),
José Bidegain (Cie de St Gobain), Wisse Dekker (Philips).
CC-BY Georg Auernheimer
38. Der European Round Table (ERT)
• gegr. 1983 von 17 europ. Konzernvertretern, heute
45 Mitglieder (fast alle TNU)
• Gründungsmotiv: europäisches Binnenmarkt-
Konzept
• zweimal pro Jahr Treffen mit Politiker/inne/n und
Vertretern der Medien
• Grundintention „Wachstum in Europa schaffen“
(2012), Abbau wachstumshemmender
Regulierungen! Nach diesem Kriterium alle Gesetze
durchkämmen!
• u.a. Flexibilisierung des Arbeitsmarkts!
CC-BY Georg Auernheimer
39. ERT und EU
„Man kann behaupten, dass nicht die Regie-rungen
die Durchführung des Binnenmarkt-konzeptes
anregten, sondern der Round-Table
und seine Mitglieder“ (Peter Sutherland, EU-Kommissar
und Vorsitzender bei Goldman-Sachs, zit.
bei W. Wolf 2009)
1986 wurde die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet.
Dieser Vertrag bildete die Grundlage für ein umfangreiches
Sechsjahresprogramm mit dem Ziel, die Probleme des freien
Handels über die EU-Binnengrenzen hinweg zu lösen, und
führte zur Schaffung des „Binnenmarktes“.
CC-BY Georg Auernheimer
40. Abschließende Kennzeichnungen
• „eine Verschmelzung von unternehmerischer
u. staatlicher Macht“, Wendy Brown, US-Politik-wissenschaftlerin
• „Entmachtungsspirale“ der Parlamente (Frantz
& Martens 2006, Politikwissenschaftlerinnen)
• „Postdemokratie“ (Colin Crouch 2003, brit. Sozio-loge
u. andere Autoren)
• „marktkonforme Demokratie“, Angela Merkel
CC-BY Georg Auernheimer
42. Die Organization for Economic Coop. and
Developement (OECD)
• gegr. 1961, 20 Gründungsmitglieder
• heute 34 Mitgliedstaaten, neben den Industrie-staaten
Schwellenländer wie Türkei u. Mexiko
• regelmäßige Wirtschaftsberichte für die Mitglieder
mit wirtschaftspolitischen Empfehlungen, neoliberal
orientiert, 2001 Mitarbeit bei den Milleniumszielen
der UNO
• 1995 – 98 institutioneller Rahmen für die Geheimver-handlungen
über das Multilaterale Investitionsab-kommen
MAI
• Organisator der PISA-Studien, damit indirekte Ein-flussnahme
auf nationale Bildungssysteme CC-BY Georg Auernheimer
43. Internationaler Währungsfonds
• eine sog. Bretton-Woods-Institution, gegr. 1944, und
Sonderorganisation der UNO, Funktion: Hilfe für
Staaten in wirtschaftl. Schwierigkeiten, Ausweitung
des Welthandels
• 188 Mitgliedsstaaten, Stimmgewicht nach Einlagen,
damit Veto der USA, Dominanz der G8 bzw. G7
• Kreditvergabe nach drei Maßgaben: Austerity,
Markt-öffnung, Privatisierung (schließt ein: Kürzung von
Sozialprogrammen, keine Subventionen, Deregulie-rung des
Arbeitsmarktes u. des Bankensektors)
• 1977 – 2010 kein Antrag von Industriestaaten wg.
SouveränitätsverlustCC-BY Georg Auernheimer
44. Politik des IWF, Fallbeispiele
• Privatisierung der Wasser- und Stromversorgung in S-Afrika,
unzumutbare Preiserhöhung f. Townships
• Privatisierung des Gesundheitssystems auf den Philip-pinen
• Ende der Agrarsubventionen u. der Preiskontrollen in
Äthiopien – Existenzbedrohung für Kleinbauern
• Privatisierung von Commons in Peru
Nach Klaus Müller (2002) fiel das Wachstum von IWF-Klienten
niedriger aus als von vergleichbaren Staaten
ohne IWF-Beistand.
CC-BY Georg Auernheimer
45. Die Weltbankgruppe
• Bretton-Woods-Institution und Sonderorganisation
der UNO wie der IWF, gegr. 1944
• auch Gewichtung der Stimmen nach Kapitalanteilen
• neben der Internat. Bank für Wiederaufbau u. Ent-wicklung
(IBRD)
• die Multilateral Investment Guarantee Agency
(MIGA) zum Schutz von Investoren vor Enteignungen,
Transferbeschränkungen etc. und
• das International Centre for Settlement of Investment
Disputes (ICSID) zur Organisation der Streitschlich-tungsverfahren
CC-BY Georg Auernheimer
47. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, S-Afrika)
Die Bolivarische Allianz (Bolivien, Ecuador, Cuba, Nikaragua,
Venezuela, einige Karibikstaaten)
LobbyControl (seit 2004)
Wikileaks (ab 2006), investigativer Journalismus
Campact (Internetforum u. Kampagnenplattform)
Avaaz (Internetforum u. Kampagnenplattform, internat.)
attac
regionaler Widerstand, Alternativen, Ansätze
selbstbestimmten Lebens
CC-BY Georg Auernheimer
Hinweis der Redaktion
Josef Stieglitz (2010): Im freien Fall. Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft. München.
Stieglitz, Joseph (2004): Die Schatten der Globalisierung. München.
H. Hofbauer (2014): Die Diktatur des Kapitals, S.146f.
E. Toussaint (1990): Your Money or your Life. Brüssel. Zitiert bei Hofbauer 2014, S.163.
Streeck, Wolfgang (2013): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. Berlin.
Wissen, Markus (2011): Gesellschaftl. Naturverhältnisse in der Internationalisierung des Staates. Münster. (empir. Untersuchung über Agrarpolitik und Wasserversorgung)
Korbinian Frenzel, wiss. Mitarbeiter der Fraktion Die Grünen/Freie Europ. Allianz im Europaparlament
Zum Beispiel wurde ein Vorschlag des EU-Parlaments zur Angleichung der Unternehmenssteuern abgewiesen.
Klein, Dieter (2008): Krisenkapitalismus. Wohin es geht, wenn es so weitergeht. Berlin.
Habermas, Jürgen 1999: Der europäische Nationalstaat unter dem Druck der Globalisierung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 46: 4, S. 425-436.
W. Brown (2012): Wir sind jetzt alle Demokraten… In: G. Agamben u.a.: Demokratie? Eine Debatte. Berlin, S.61f.
Jeffrey Sachs: US-Ökonom, Professor, Berater für die UN (Milleniumsziele), IWF, Weltbank, WTO, umstritten wegen der „Schocktherapie“ f. Länder wie Jugoslawien