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Thema:
Zufall
Keine Panik. Es kommt kein Schrei nach noch mehr Risiko.
Viel besser: ein Vorschlag, wie Marketing dem Risiko entkommt.
Und trotzdem funktioniert. All das mit einem Husarenritt durch
bekanntes Terrain ins Casino. Von dort direkt weiter vorbei an der
gefährlichsten aller Marketing-Fallen, um in einer wilden Gegend
zu landen. Die sich dann als blühendste Landschaft entpuppt. Los
geht’s. Risiko ist schwierig. Aus mehrerlei Gründen.
Erstens: Risiko ist nicht für jedermann
Jedermann, das sind alle außer Typen mit Jack Bauers oder
Chuck Norris’ Kragenweite. Wir Normalsterblichen haben keine
Lust auf Risiko, und dafür können wir noch nicht mal was. Wir
können gar nicht anders. Mutter Natur hat unsere Hirne in den
letzten paar Tausend Jahren genau darauf getrimmt. Risikoscheu ist
der Schlüssel zum Überleben. Dan Ariely hat gezeigt, dass es uns
von Natur aus fast doppelt so schwer fällt, etwas Neues, Ungewohn-
Autor:
Florian Avdic,
Head of Social@
Ogilvy Germany,
IllustratOR:
Patrik Svensson,
Stockholm
Wo der wilde Zufall wohnt.
Wie im Marketing aus Risiko
Potenzial wird.
Seite 90 / HOWTO
Seite 91 / HOWTO
Deus ex machina et superium dei
Mit dem Begriff „Risiko“ sind wir gedanklich schnell in einer
Hasardeurswelt. Wir denken an Entscheidungen aus dem Bauch.
Wenn es brav zugeht, denken wir an Intuition. Ein bisschen wilder,
und es geht um Cojones. Wir denken an Kasinos, an Roulette.
Seite 92 / HOWTO
tes zu tun, als etwas, das wir kennen und können. Schon allein
deswegen wirkt die Forderung nach mehr Risiko manchmal merk-
würdig schön an der Realität vorbei wie Kaleidoskope.
Zweitens: Risiko führt in die Irre
Mit dem Begriff sind wir gedanklich schnell in einer Hasar-
deurswelt. Wir denken an Entscheidungen aus dem Bauch. Wenn es
brav zugeht, denken wir an Intuition. Ein bisschen wilder, und es
geht um Cojones. Wir denken an Kasinos, an Roulette. Damit sitzen
wir doppelt in der Falle: semantisch und logisch. Auch ein Grund,
warum Risiko einen schlechten Stand bei uns hat. Im Roulette ist
die Wahrscheinlichkeit für Rot 49 %. Als Freunde von Rot begreifen
wir Risiko gemeinhin als die 51 % der Fälle, in denen Rot nicht
eintritt. Logisch, dass wir mit Risiko dann nicht mehr viel zu tun
haben wollen. Wer legt sich schon gerne selber Steine in den Weg?
Außer Pflastermeister.
Der Kasinoansatz ist in der Realität ungesund. Noch viel
gefährlicher allerdings ist sein Gegenstück: der Versuch, Entschei-
dungen durch Zukunftsmodellierung abzusichern. Im Kasino kann
man nämlich zumindest den Jackpot abräumen. Auf der anderen Seite
steht lediglich die Möglichkeit, kurzfristig nicht groß zu verlieren.
Im Kasino können Gewinne – relativ zum Investment betrach-
tet – unverhältnismäßig groß ausfallen. Es wird gewissermaßen das
Ertragspotenzial maximiert. Freilich mit der Einschränkung, dass
der Totalausfall nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich ist.
Die andere Seite ist der Versuch, das Risiko des Totalausfalls,
der Ressourcenverschwendung, so gering wie möglich zu halten.
Dazu werden Modelle entwickelt und Annahmen getroffen, um
zukünftige Ereignisse möglichst exakt zu prognostizieren, um
anhand der Prognose Entscheidungen zu treffen. Im Marketing hat
diese Methode die Gestalt der klassischen Marktforschung.
Das Ganze hat zwei Haken: Erstens funktioniert es nicht,
zweitens entzieht es dem Marketing die Möglichkeit, erfolgreich zu
sein. Und das ist sie, die gefährlichste aller Fallen, in die das Mar-
keting tappen kann.
Ein einfaches Beispiel aus der klassischen Werbung: das
Kampagnen-Pre-Testing mit Hilfe der LINK-Methode. Sie verspricht,
den Erfolg von Marketing-Konzepten und Werbeexekutionen zu
prognostizieren.
Ein Versprechen wie Schlaubi Schlumpf mit Fallschirm: blau
und vom Himmel. Tatsächlich gibt es keinen Zusammenhang
zwischen Testergebnis bzw. Prognose und der tatsächlichen Wir-
kung. Das hat die bisher größte Studie zu diesem Thema deutlich
gemacht. Das Fazit aus der Analyse von knapp 1.000 Cases lautet
fast erschreckend lapidar: „beware of pre-testing“ (Quelle: IPA
2007 in Marketing in the Era of Accountability).1
Das hat mehrere Gründe:
1. Wenn wir Dinge bewerten, dann denken wir langsam, wir
wägen ab und finden Erklärungen. Wenn wir Dinge entscheiden,
dann geschieht das in den allermeisten Fällen automatisch, unser
Hirn bedient sich gelernter Heuristiken, und los geht’s (vgl. Kahne-
manns zwei Denkgeschwindigkeiten).
2. Jede Bewertung ist zuallererst emotionaler Natur und
hängt damit immer und entscheidend von der jeweiligen Situation ab.
3. Aus 1. und 2. folgt, dass die Forschungssituation selbst
das größte Problem der Marktforschung ist.
4. Wir selbst sind eine unfassbar unzuverlässige Quelle dar-
über, warum wir uns so oder so verhalten, gewisse Vorlieben haben
oder bestimmte Urteile fällen – das, so Richard Nisbett, Psycholo-
gieprofessor an der University of Michigan, ist die wichtigste
Erkenntnis der Sozialpsychologie der letzten 50 Jahre.
5. Wir postrationalisieren die Vergangenheit, so dass sie
linear und logisch erscheint. Gleiches tun wir dann mit der Zukunft,
obwohl ihre Entwicklung von höchst unwahrscheinlichen und defi-
nitiv unvorhersehbaren, plötzlich auftretenden Ereignissen geprägt
wird (Black Swan Events à la 9/11 oder das Internet).
6. Wir tendieren dazu, Dinge aufzunehmen und gut zu finden,
die wir kennen und die in unser Weltbild passen. Neues, Unbekann-
tes geht leichter an uns vorbei, oder wir finden es eher nicht so gut
(da ist sie wieder, die im Hirn angelegte Risikoaversion).
Marktforschung dieser Art funktioniert nicht. Das Problem
hier ist jedoch größer als ein paar leere Versprechungen. Mehr
noch als der Kasinoansatz wandelt der Sicherheitsversuch in einer
modellierten Traumwelt. Damit verabschiedet sich das Marketing
von der Realität.
Wie das Kasino hat auch diese Sorte Marktforschung mit der
wirklichen Welt nichts zu tun. Denn nur in den Traumwelten von
Kasino und Marktforschung kennen wir die Wahrscheinlichkeits-
verteilung bestimmter Ereignisse. In der Wirklichkeit kennen wir
sie nicht. Dafür ist die Wirklichkeit schlicht zu komplex, von zu
vielen interdependenten Variablen abhängig.
In der wirklichen Welt hantieren wir nicht mit Risiko, sondern
mit Unsicherheit. Risiko ist kalkulierbar, Unsicherheit nicht.
Marketing findet in genau dieser Unsicherheit statt
Marketing ringt heute um das knappste Gut der Leute: ihre
Aufmerksamkeit in Form von Zeit und emotionalen Begierden. Weil
das Kaufen wahrscheinlicher macht. Es geht um emotionale Bedürf-
nisse. Wir wollen Dinge schaffen, die eine soziale Funktion erfüllen.
Zum Beispiel Gesprächsthema sein. Oder Badge. Wir wollen Pop-
kultur machen. Marketing muss sich heute nicht fragen, wie Colin
Mitchel, Ogilvy’s Worldwide Head of Planning, es ausdrückt, ob es
Effektivitätspreise gewinnt, sondern ob es Chancen bei den Oscars hat.
Dieses Ringen entscheidet sich in Umfeldern, die von zwei
Dingen geprägt sind: (1) Vom Wettbewerb, der asymmetrisch und
unbegrenzt ist. Aufmerksamkeit wird nicht entlang von Kategorie-
grenzen verteilt. Damit steht alles mit allem in Konkurrenz: Tüten-
suppe nicht nur mit Tütensuppe oder Pizza oder Restaurants oder
sogar Diätangeboten. Sondern mit allem, dem ich meine Aufmerk-
samkeit schenken könnte: von Family Guy bis zum WhatsApp-Chat.
Von Nyancat über Gangnam Style, Harlem Shake zu Salty. (2) Von
dynamischen sozialen Prozessen: Wie und warum ich meine Zeit mit
diesem oder jenem verbringe, ist nicht unbedingt eine individuelle
oder gar rationale Entscheidung. Wir sind Herdentiere, und damit
ist Entscheiden ein sozial automatisierter, emotionaler Prozess, der
maßgeblich von der Umwelt geprägt wird.
Seite 93 / HOWTO
Die Wirklichkeit (des Marketings) wird von Abermillionen
Faktoren und unendlich vielen Interdependenzen bestimmt. Sie ist
schlicht zu komplex, als dass man sie vernünftig modellieren könn-
te. Insofern sind auch Prognosen nicht schwer. Sie sind unmöglich.
Marketing hat keine Chance, wenn es sich Entscheidungen
von unzulänglichen Prognosemodellen diktieren lässt. Denn das
Ergebnis solcher Entscheidungsabsicherung ist nicht Sicherheit,
sondern Erwartbarkeit und Austauschbarkeit. Damit verabschiedet
Marketing sich aus der Wirklichkeit in die Katakomben der Belang-
losigkeit.
Marketing findet mitten in der Wirklichkeit statt:
dort, wo der Zufall regiert
Zurück in die Wirklichkeit! Eine wilde Gegend ... Hier bleibt
am Ende nur die Unsicherheit. Nicht Risiko. In dieser wilden Gegend
ist der Zufall zu Hause und viel mehr am Werk, als wir es uns oft
wünschen. Damit müssen wir im Marketing umgehen. Und das ist
gut. Der Zufall ist zweifelsohne ein unberechenbarer Zeitgenosse,
man kann aber wunderbar mit ihm arbeiten. Noch besser: Zufall ist
der beste Freund all derer, die vorbereitet sind.
Wir reden nämlich nicht vom reinen Zufall, sondern von der
Art, die man forcieren und sogar ein wenig dressieren kann. Diese
Sorte Zufall ist übrigens verantwortlich für eine ganze Reihe der
größten Erfindungen und Entdeckungen der Menschheit.2
Ganz bestimmt ist Zufall der Faktor, der Popkultur bestimmt.
Oder glauben Sie, Plateauschuhe, Baggy Pants, kleine Trolle mit
neonfarbenen Haaren oder Nackentapete folgten einem Plan oder
hätten geplant werden können? Sicher nicht. Sie hätten in der Kasi-
nowelt kaum eine Chance gehabt – und ganz sicher keine in der
Traumwelt der Marktforschung.
Übrigens genauso wenig wie legendär erfolgreiches Marke-
ting – wie Apples 1984, Nikes Air Jordan, Just Do It oder Levi’s
Flat Eric. Durchweg Kampagnen, die bei einer Entscheidung auf
Basis von Marktforschung wegen ihrer desaströsen Prognose nie das
Licht der Welt erblickt hätten. Genauso wenig wie der Computer für
alle oder das Mobiltelefon.
Eine gute Marketing-Strategie sollte dieser Wirklichkeit
Rechnung tragen. Sie forciert solche Zufälle. Sie schafft günstige
Bedingungen dafür und passt dann auf, was passiert.
Zufall muss man wollen und können:
Wie man das Marketing fit für den Zufall macht
1. Mit Haltung. Marketing braucht ein Ideal, eine idealisti-
sche Sicht auf die Welt. Sobald es darüber verfügt, verfügt es auch
über einen eindeutigen und flexiblen Entscheidungsrahmen. Bei
Ogilvy beginnt diese Haltung mit einem einfachen Satz: Marke X
glaubt, die Welt wäre ein bisschen besser, wenn ...3
2. Durch Evolution. Marketing muss Raum für natürliche
Selektion bieten, weil günstige Zufälle nicht auf dem Reißbrett
passieren.
3. Durch Steuerung. Zukunftsprognosen sind gefährlich und
unnötig. Besser ist Adaptivität, also Analyse, Diagnose und Opti-
mierung der Marketing-Aktivitäten in Echtzeit.
1
Interessant ist
nebenbei, dass nicht
oder negativ getestete
Kampagnen eine we-
sentlich (ganze 24 %)
größere Erfolgsquote
haben als ihre Ge-
schwister mit positiven
Pretest-Ergebnissen.
2
Penicillin, Röntgen-
strahlen, Teflon, Klett-
verschluss, die Qum-
ran-Schriftrollen vom
Toten Meer, Laser,
Nylon, das Post-it,
Aspirin und die Tech-
nologie des HP-Dru-
ckers sind glückliche
Entdeckungen, forcier-
te Zufälle, die als
Erfindungen getarnt
daherkamen.
3
Das big ideaL entsteht,
wenn der Kern der
Marke, das Beste, was
das Unternehmen zu
bieten hat, auf gesell-
schaftliche Bedeutsam-
keiten trifft. Übrigens
performen Marken mit
big ideaL auch besser
als Marken ohne idea-
listische Weltsicht. Sie
wachsen besser, und ihr
Marketing ist effektiver
(Quelle: „The measure
of the big ideaL“, Ogilvy
2012). Das hat auch viel
damit zu tun, dass sie
die Bredouille vermei-
den können, von big
idea zu big idea sprin-
gen zu müssen. Big
ideas kommen aus
einer Kasinowelt. Sie
sind eine große Wette,
bei der jeder Versuch,
Sicherheit zu schaffen,
wiederum den Misser-
folg wahrscheinlicher
macht, wie das Bei-
spiel zum Pretesting
gezeigt hat.
Seite 94 / HOWTO
How to Evolution: konkrete Ansätze,
die den Zufall begünstigen
Forschung ist also nicht tot. Marketing bewegt sich nicht im
luftleeren Raum, und schon gar nicht im Kasino. Ein guter Start-
punkt sind Mikro-Insights, also Beobachtungen in der Realität, die
für Marke und Mensch interessant sind.
Menschen sitzen mit dem Smartphone in der Hand vorm
Fernseher und chatten über das Laptop, Millionen lassen sich jeden
Tag von ihrem Handywecker wecken, und auf Facebook passiert
regelmäßig Folgendes: Schließen des Tabs, Öffnen des Tabs, Ein-
gabe von facebook.com, Enter. Was können Sie damit anfangen?
Marketing mit der Hantel: eine Investitionsstrategie für
Kampagnen und Marketingpläne
Schicken Sie eine Idee, die auf solchen (und viel, viel klüge-
ren) kleinen Beobachtungen beruht, ins Rennen. Und nicht nur eine,
sondern viele, die miteinander konkurrieren. Dazu muss das Budget
nicht mit der Anzahl der Ideen multipliziert werden. Lediglich die
Verteilung sollte anders aussehen. Ein Weg ist die Hantelstrategie:
eine Investitionsstrategie, die Sicherheit und Potenzial maximiert.
Der größere Teil des Budgets (sagen wir 70 %) wird in sichere Dinge
gesteckt. Die können sogar mittels klassischer Marktforschung
validiert sein. Dieser Teil wird mit großer Wahrscheinlichkeit keine
herausragende Wirkung haben und auch nicht Pop werden. Aber die
Marke macht auch nichts falsch und ist präsent. Gleichzeitig wird
der deutlich kleinere Teil in viele kleine, hoch riskante Anlagen
verteilt, die bei Erfolg enormen Gewinn versprechen. Zum Beispiel
Popkultur werden.
Eine Parademechanik ist der Stunt. Marken machen eine
außergewöhnliche Promotion. Beispiel: Auf irgendeinem Platz mitten
in Frankreich sorgte Tic Tac dafür, dass einigen arglosen Passanten
auf dramatische Weise klar wurde, wie wichtig frischer Atem sein
kann. Die unbedarften Flaneure wurden mit einer einfachen Frage
angesprochen. Bei ihrer Antwort zwangen sie mit ihrem offensicht-
lich unerträglichen Atem den gesamten Platz (alles Eingeweihte)
auf einmal zu Boden. Ein Tic Tac hätte diesen Massen-Knockout
natürlich verhindern können. Auf kongeniale Weise wird hier der
Produktbenefit inszeniert – und dank des Internets für mehr als die
paar Anwesenden. Tic Tac erreichte hier knapp sieben Millionen
Zuschauer via YouTube.
Das Prinzip ist: Zufälle forcieren, indem man ihnen Raum
zur Entfaltung gibt. Mit diesem Prinzip kann noch deutlich mehr
entstehen als aufmerksamkeitsstarker Content. Mikro-Insights sind
Fraktale der Gesellschaft. Sie sind der ideale Indikator für weitrei-
chende Entdeckungen.
Nike hat dieses Prinzip in vielerlei Hinsicht verinnerlicht.
Der ikonische Claim Just Do It hat, der Story zufolge, seinen
Ursprung in einem anerkennenden Kommentar Dan Wiedens zu
Nikes Unternehmenskultur. Ein Insight, der in der gerade auf-
schäumenden Fitnesskultur im Amerika der späten 80er zur
Welle wurde.
Coca-Cola fällt seit geraumer Zeit immer wieder mit char-
manten und unterhaltsamen Aktionen auf, wie der Hug Me Machine
oder dem Cola-Automaten, der Studenten eine ganz besondere
Überraschung bereitete – statt der Coke kam plötzlich ein Blumen-
strauß oder eine Pizza aus dem Fach. Der herausragende Erfolg auch
dieses Films brachte Coke dazu, den Gedanken in eine große stra-
tegische Idee zu fassen: Where Will Happiness Strike Next?
Aus einem kleinen Stunt, der einen kleinen Teil eines kleinen
Teils des Marketing-Budgets ausmacht, wird eine globale Strategie.
Hackable Marketing: Ideen, Konzepte, Experimente mit
Mutationspotenzial an den Start bringen
Mutation fördert die Evolution, deswegen bringt es Vorteile,
wenn man Produkte, Services, Kommunikation so gestaltet, dass
sie mutieren können. Mutieren heißt, sie stellen eine Plattform dar,
die Außenstehende einlädt, damit herumzuspielen.
So hat sich der Beschleunigungsmesser im iPad für Apple als
wahre Wundertüte erwiesen, aus der Entwickler Dinge zaubern, die
Apple selbst so nie vorgesehen hätte, schreibt der Innovationsguru
Paul Graham.
Interessant an dieser Stelle auch der Fall von Microsofts
Kinect für die XBOX. Ein System, mit dem sich die Konsole mit
Gesten steuern lässt, und das heute auf mannigfaltige Weise einge-
setzt wird: Man kann damit Minihubschrauber steuern, Licht-
schwertduelle gegen Roboter führen oder Einkaufswagen hinter sich
hertrotten lassen. Das Ironische ist: Den ersten Produkthackern
drohte Microsoft noch mit drakonischen Strafen. Erst nach einiger
Zeit schwenkte das Unternehmen um und förderte die Hacks sogar
– und sorgte damit für einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekor-
de: Kinect ist das sich am schnellsten verkaufende Gerät der Unter-
haltungselektronik aller Zeiten.
How to steuern: Wie man Zufälle erkennt und nutzt
Steuern bedeutet, zufällig auftretende wichtige Ereignisse
nicht nur zu erkennen, sondern auch gezielt zu beeinflussen. Es
bedeutet wieder: den Zufall forcieren. Diese Fähigkeit muss elemen-
tarer Bestandteil des Marketings sein.
Hewlett Packard konnte mit Hilfe einer weitreichenden
Twitter-Analyse eine präzise Methode entwickeln, um die Box-
Office-Einnahmen von neuen Kinofilmen vorherzusagen. Unter
anderem hat sich die Frequenz der Posts zum jeweilig untersuchten
Film als verlässlicher Erfolgsindikator erwiesen. Verlässlicher übri-
gens als das ausgeklügelte, aber eben wirklichkeitsferne Modell, das
Hollywood mit dem Hollywood Stock Exchange nutzt. Das Interes-
sante ist freilich nicht die Prognose, sondern die potenzielle Echt-
zeitsteuerung. Hier wird Analytics und Measurement mehr als nur
Marketing-Bestandteil. Es wird essenzielle und kreative Aufgabe.
Wie weit das – auch organisatorisch – gehen kann und sollte,
beweist sehr beeindruckend Nestlé. Seit einiger Zeit steht in Vevey
ein Social Media Mission Control Center, das es zweifelsohne mit
jeder Spaceshuttle-Kommandozentrale aufnehmen kann. Das
„Acceleration-Team“, bestehend u. a. aus Experten für Content wie
Analytics, sitzt dort am runden Tisch und beobachtet das Social
Web. Immer bereit, auf aktuelle Entwicklungen sofort und kreativ
zu reagieren.
So kann in der Tat Popkultur entstehen. Der große Chemiker
und Mikrobiologe Louis Pasteur, der sinnigerweise auch als Erster
Seite 95 / HOWTO
die Frage, ob und, wenn ja, wie Leben spontan im Alltag entstehen
kann, beantwortet hat, sagte einmal: „Der Zufall begünstigt einen
vorbereiteten Geist.“
Es geht darum, in der Lage zu sein, auf zufällige Entwick-
lungen zu reagieren. Und zwar mit allen Mitteln der klassischen
Marketing-Maschinerie. Vor allem: mit paid media. Tritt ein Phäno-
men an die Oberfläche, dann ist es die Stärke des Marketings,
dieses mit der Marketingmaschine zu stützen.
Überragend hat OREO dies zuletzt beim Superbowl gezeigt.
Ein äußerst unwahrscheinliches Ereignis trat ein: Der Strom fiel
für 35 Minuten aus. Im Superdome in New Orleans war plötzlich
Finsternis. Das ist erst mal nicht so gut für ein massenmediales
Werbeereignis wie das Footballevent. OREO hingegen nutzte den
Zufall. Wieder war Twitter mit im Spiel (auch das ist übrigens
absoluter Zufall hier in diesem Text). Mit dem Kommentar „Power
out. No problem“ veröffentlichte die Keksmarke umgehend eine
Anzeige über Twitter: Auf dunklem Grund ist der Keks zu sehen
und die Copy „You can still dunk in the dark“. Brillant und der
größte Marketing-Erfolg dieses Abends. Die Anzeige wurde via
Twitter wie verrückt geteilt – und wurde die am häufigsten bespro-
chene Marketing-Aktion des Superbowl-Abends. Ein Abend, an
dem der TV-Sendeplatz für einen Spot für knapp 4 Millionen
Dollar weggeht.
Evolution begünstigen und kräftig steuern sind
die entscheidenden Faktoren
Die Prinzipien Steuerung und Evolution führen auch nach
altbekannter Analyseart zum Erfolg. Eine aktuelle Effie-Studie
zeigt, dass die Werbewirkung direkt mit der Anzahl der genutzten
Kanäle zusammenhängt (Quelle: Effie Report 2012). Zudem nutzen
Effie-Gewinner mehr Touchpoints als die anderen. Das riecht nach
Evolution. Steuerung kommt mit der fast banalen Erkenntnis ins
Spiel, dass Werbewirkung positiv mit dem Aufkommen von Mund-
zu-Mund-Propaganda korreliert (ebd.). Mund-zu-Mund-Propaganda
wird immer dann richtig effektiv, wenn sie aktiv gesteuert ist. Das
hat zuletzt das Internetphänomen Harlem Shake bewiesen, das im
Wesentlichen durch das aktive Eingreifen von Organisationen, die
alle Klicks als harte Währung im Sinn hatten, zu dem gemacht
wurde, was es ist: ein Megapopphänomen. Wir sind angekommen in
der wilden Gegend, wo der Zufall wohnt. Hier sieht es doch gar nicht
so übel aus. Im Gegenteil: Alles ist möglich, wenn man sich den
Zufall zum Verbündeten und die Prinzipien von Haltung, Evolution
und Steuerung zur Marketing-Strategie macht.
Dann ist Markting in bester Verfassung, sich selbst Mut zu
machen. Mut, mal mit dem Zufall zu spielen. Da schaden dann auch
Cojones nicht, denn die hat der liebe Zufall doch am Ende noch
immer belohnt.
Mit der Hantelstrategie, die den Zufall forciert, weil man viele
Eisen im Feuer hat. Die Beobachtung durch Measurement und
Analytics hilft dabei, herauszufinden, welches Eisen Excalibur
wird. Und mit Excalibur lebt es sich ganz gut dort, wo der wilde
Zufall wohnt.

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  • 1. Thema: Zufall Keine Panik. Es kommt kein Schrei nach noch mehr Risiko. Viel besser: ein Vorschlag, wie Marketing dem Risiko entkommt. Und trotzdem funktioniert. All das mit einem Husarenritt durch bekanntes Terrain ins Casino. Von dort direkt weiter vorbei an der gefährlichsten aller Marketing-Fallen, um in einer wilden Gegend zu landen. Die sich dann als blühendste Landschaft entpuppt. Los geht’s. Risiko ist schwierig. Aus mehrerlei Gründen. Erstens: Risiko ist nicht für jedermann Jedermann, das sind alle außer Typen mit Jack Bauers oder Chuck Norris’ Kragenweite. Wir Normalsterblichen haben keine Lust auf Risiko, und dafür können wir noch nicht mal was. Wir können gar nicht anders. Mutter Natur hat unsere Hirne in den letzten paar Tausend Jahren genau darauf getrimmt. Risikoscheu ist der Schlüssel zum Überleben. Dan Ariely hat gezeigt, dass es uns von Natur aus fast doppelt so schwer fällt, etwas Neues, Ungewohn- Autor: Florian Avdic, Head of Social@ Ogilvy Germany, IllustratOR: Patrik Svensson, Stockholm Wo der wilde Zufall wohnt. Wie im Marketing aus Risiko Potenzial wird. Seite 90 / HOWTO
  • 2. Seite 91 / HOWTO Deus ex machina et superium dei Mit dem Begriff „Risiko“ sind wir gedanklich schnell in einer Hasardeurswelt. Wir denken an Entscheidungen aus dem Bauch. Wenn es brav zugeht, denken wir an Intuition. Ein bisschen wilder, und es geht um Cojones. Wir denken an Kasinos, an Roulette.
  • 3. Seite 92 / HOWTO tes zu tun, als etwas, das wir kennen und können. Schon allein deswegen wirkt die Forderung nach mehr Risiko manchmal merk- würdig schön an der Realität vorbei wie Kaleidoskope. Zweitens: Risiko führt in die Irre Mit dem Begriff sind wir gedanklich schnell in einer Hasar- deurswelt. Wir denken an Entscheidungen aus dem Bauch. Wenn es brav zugeht, denken wir an Intuition. Ein bisschen wilder, und es geht um Cojones. Wir denken an Kasinos, an Roulette. Damit sitzen wir doppelt in der Falle: semantisch und logisch. Auch ein Grund, warum Risiko einen schlechten Stand bei uns hat. Im Roulette ist die Wahrscheinlichkeit für Rot 49 %. Als Freunde von Rot begreifen wir Risiko gemeinhin als die 51 % der Fälle, in denen Rot nicht eintritt. Logisch, dass wir mit Risiko dann nicht mehr viel zu tun haben wollen. Wer legt sich schon gerne selber Steine in den Weg? Außer Pflastermeister. Der Kasinoansatz ist in der Realität ungesund. Noch viel gefährlicher allerdings ist sein Gegenstück: der Versuch, Entschei- dungen durch Zukunftsmodellierung abzusichern. Im Kasino kann man nämlich zumindest den Jackpot abräumen. Auf der anderen Seite steht lediglich die Möglichkeit, kurzfristig nicht groß zu verlieren. Im Kasino können Gewinne – relativ zum Investment betrach- tet – unverhältnismäßig groß ausfallen. Es wird gewissermaßen das Ertragspotenzial maximiert. Freilich mit der Einschränkung, dass der Totalausfall nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich ist. Die andere Seite ist der Versuch, das Risiko des Totalausfalls, der Ressourcenverschwendung, so gering wie möglich zu halten. Dazu werden Modelle entwickelt und Annahmen getroffen, um zukünftige Ereignisse möglichst exakt zu prognostizieren, um anhand der Prognose Entscheidungen zu treffen. Im Marketing hat diese Methode die Gestalt der klassischen Marktforschung. Das Ganze hat zwei Haken: Erstens funktioniert es nicht, zweitens entzieht es dem Marketing die Möglichkeit, erfolgreich zu sein. Und das ist sie, die gefährlichste aller Fallen, in die das Mar- keting tappen kann. Ein einfaches Beispiel aus der klassischen Werbung: das Kampagnen-Pre-Testing mit Hilfe der LINK-Methode. Sie verspricht, den Erfolg von Marketing-Konzepten und Werbeexekutionen zu prognostizieren. Ein Versprechen wie Schlaubi Schlumpf mit Fallschirm: blau und vom Himmel. Tatsächlich gibt es keinen Zusammenhang zwischen Testergebnis bzw. Prognose und der tatsächlichen Wir- kung. Das hat die bisher größte Studie zu diesem Thema deutlich gemacht. Das Fazit aus der Analyse von knapp 1.000 Cases lautet fast erschreckend lapidar: „beware of pre-testing“ (Quelle: IPA 2007 in Marketing in the Era of Accountability).1 Das hat mehrere Gründe: 1. Wenn wir Dinge bewerten, dann denken wir langsam, wir wägen ab und finden Erklärungen. Wenn wir Dinge entscheiden, dann geschieht das in den allermeisten Fällen automatisch, unser Hirn bedient sich gelernter Heuristiken, und los geht’s (vgl. Kahne- manns zwei Denkgeschwindigkeiten). 2. Jede Bewertung ist zuallererst emotionaler Natur und hängt damit immer und entscheidend von der jeweiligen Situation ab. 3. Aus 1. und 2. folgt, dass die Forschungssituation selbst das größte Problem der Marktforschung ist. 4. Wir selbst sind eine unfassbar unzuverlässige Quelle dar- über, warum wir uns so oder so verhalten, gewisse Vorlieben haben oder bestimmte Urteile fällen – das, so Richard Nisbett, Psycholo- gieprofessor an der University of Michigan, ist die wichtigste Erkenntnis der Sozialpsychologie der letzten 50 Jahre. 5. Wir postrationalisieren die Vergangenheit, so dass sie linear und logisch erscheint. Gleiches tun wir dann mit der Zukunft, obwohl ihre Entwicklung von höchst unwahrscheinlichen und defi- nitiv unvorhersehbaren, plötzlich auftretenden Ereignissen geprägt wird (Black Swan Events à la 9/11 oder das Internet). 6. Wir tendieren dazu, Dinge aufzunehmen und gut zu finden, die wir kennen und die in unser Weltbild passen. Neues, Unbekann- tes geht leichter an uns vorbei, oder wir finden es eher nicht so gut (da ist sie wieder, die im Hirn angelegte Risikoaversion). Marktforschung dieser Art funktioniert nicht. Das Problem hier ist jedoch größer als ein paar leere Versprechungen. Mehr noch als der Kasinoansatz wandelt der Sicherheitsversuch in einer modellierten Traumwelt. Damit verabschiedet sich das Marketing von der Realität. Wie das Kasino hat auch diese Sorte Marktforschung mit der wirklichen Welt nichts zu tun. Denn nur in den Traumwelten von Kasino und Marktforschung kennen wir die Wahrscheinlichkeits- verteilung bestimmter Ereignisse. In der Wirklichkeit kennen wir sie nicht. Dafür ist die Wirklichkeit schlicht zu komplex, von zu vielen interdependenten Variablen abhängig. In der wirklichen Welt hantieren wir nicht mit Risiko, sondern mit Unsicherheit. Risiko ist kalkulierbar, Unsicherheit nicht. Marketing findet in genau dieser Unsicherheit statt Marketing ringt heute um das knappste Gut der Leute: ihre Aufmerksamkeit in Form von Zeit und emotionalen Begierden. Weil das Kaufen wahrscheinlicher macht. Es geht um emotionale Bedürf- nisse. Wir wollen Dinge schaffen, die eine soziale Funktion erfüllen. Zum Beispiel Gesprächsthema sein. Oder Badge. Wir wollen Pop- kultur machen. Marketing muss sich heute nicht fragen, wie Colin Mitchel, Ogilvy’s Worldwide Head of Planning, es ausdrückt, ob es Effektivitätspreise gewinnt, sondern ob es Chancen bei den Oscars hat. Dieses Ringen entscheidet sich in Umfeldern, die von zwei Dingen geprägt sind: (1) Vom Wettbewerb, der asymmetrisch und unbegrenzt ist. Aufmerksamkeit wird nicht entlang von Kategorie- grenzen verteilt. Damit steht alles mit allem in Konkurrenz: Tüten- suppe nicht nur mit Tütensuppe oder Pizza oder Restaurants oder sogar Diätangeboten. Sondern mit allem, dem ich meine Aufmerk- samkeit schenken könnte: von Family Guy bis zum WhatsApp-Chat. Von Nyancat über Gangnam Style, Harlem Shake zu Salty. (2) Von dynamischen sozialen Prozessen: Wie und warum ich meine Zeit mit diesem oder jenem verbringe, ist nicht unbedingt eine individuelle oder gar rationale Entscheidung. Wir sind Herdentiere, und damit ist Entscheiden ein sozial automatisierter, emotionaler Prozess, der maßgeblich von der Umwelt geprägt wird.
  • 4. Seite 93 / HOWTO Die Wirklichkeit (des Marketings) wird von Abermillionen Faktoren und unendlich vielen Interdependenzen bestimmt. Sie ist schlicht zu komplex, als dass man sie vernünftig modellieren könn- te. Insofern sind auch Prognosen nicht schwer. Sie sind unmöglich. Marketing hat keine Chance, wenn es sich Entscheidungen von unzulänglichen Prognosemodellen diktieren lässt. Denn das Ergebnis solcher Entscheidungsabsicherung ist nicht Sicherheit, sondern Erwartbarkeit und Austauschbarkeit. Damit verabschiedet Marketing sich aus der Wirklichkeit in die Katakomben der Belang- losigkeit. Marketing findet mitten in der Wirklichkeit statt: dort, wo der Zufall regiert Zurück in die Wirklichkeit! Eine wilde Gegend ... Hier bleibt am Ende nur die Unsicherheit. Nicht Risiko. In dieser wilden Gegend ist der Zufall zu Hause und viel mehr am Werk, als wir es uns oft wünschen. Damit müssen wir im Marketing umgehen. Und das ist gut. Der Zufall ist zweifelsohne ein unberechenbarer Zeitgenosse, man kann aber wunderbar mit ihm arbeiten. Noch besser: Zufall ist der beste Freund all derer, die vorbereitet sind. Wir reden nämlich nicht vom reinen Zufall, sondern von der Art, die man forcieren und sogar ein wenig dressieren kann. Diese Sorte Zufall ist übrigens verantwortlich für eine ganze Reihe der größten Erfindungen und Entdeckungen der Menschheit.2 Ganz bestimmt ist Zufall der Faktor, der Popkultur bestimmt. Oder glauben Sie, Plateauschuhe, Baggy Pants, kleine Trolle mit neonfarbenen Haaren oder Nackentapete folgten einem Plan oder hätten geplant werden können? Sicher nicht. Sie hätten in der Kasi- nowelt kaum eine Chance gehabt – und ganz sicher keine in der Traumwelt der Marktforschung. Übrigens genauso wenig wie legendär erfolgreiches Marke- ting – wie Apples 1984, Nikes Air Jordan, Just Do It oder Levi’s Flat Eric. Durchweg Kampagnen, die bei einer Entscheidung auf Basis von Marktforschung wegen ihrer desaströsen Prognose nie das Licht der Welt erblickt hätten. Genauso wenig wie der Computer für alle oder das Mobiltelefon. Eine gute Marketing-Strategie sollte dieser Wirklichkeit Rechnung tragen. Sie forciert solche Zufälle. Sie schafft günstige Bedingungen dafür und passt dann auf, was passiert. Zufall muss man wollen und können: Wie man das Marketing fit für den Zufall macht 1. Mit Haltung. Marketing braucht ein Ideal, eine idealisti- sche Sicht auf die Welt. Sobald es darüber verfügt, verfügt es auch über einen eindeutigen und flexiblen Entscheidungsrahmen. Bei Ogilvy beginnt diese Haltung mit einem einfachen Satz: Marke X glaubt, die Welt wäre ein bisschen besser, wenn ...3 2. Durch Evolution. Marketing muss Raum für natürliche Selektion bieten, weil günstige Zufälle nicht auf dem Reißbrett passieren. 3. Durch Steuerung. Zukunftsprognosen sind gefährlich und unnötig. Besser ist Adaptivität, also Analyse, Diagnose und Opti- mierung der Marketing-Aktivitäten in Echtzeit. 1 Interessant ist nebenbei, dass nicht oder negativ getestete Kampagnen eine we- sentlich (ganze 24 %) größere Erfolgsquote haben als ihre Ge- schwister mit positiven Pretest-Ergebnissen. 2 Penicillin, Röntgen- strahlen, Teflon, Klett- verschluss, die Qum- ran-Schriftrollen vom Toten Meer, Laser, Nylon, das Post-it, Aspirin und die Tech- nologie des HP-Dru- ckers sind glückliche Entdeckungen, forcier- te Zufälle, die als Erfindungen getarnt daherkamen. 3 Das big ideaL entsteht, wenn der Kern der Marke, das Beste, was das Unternehmen zu bieten hat, auf gesell- schaftliche Bedeutsam- keiten trifft. Übrigens performen Marken mit big ideaL auch besser als Marken ohne idea- listische Weltsicht. Sie wachsen besser, und ihr Marketing ist effektiver (Quelle: „The measure of the big ideaL“, Ogilvy 2012). Das hat auch viel damit zu tun, dass sie die Bredouille vermei- den können, von big idea zu big idea sprin- gen zu müssen. Big ideas kommen aus einer Kasinowelt. Sie sind eine große Wette, bei der jeder Versuch, Sicherheit zu schaffen, wiederum den Misser- folg wahrscheinlicher macht, wie das Bei- spiel zum Pretesting gezeigt hat.
  • 5. Seite 94 / HOWTO How to Evolution: konkrete Ansätze, die den Zufall begünstigen Forschung ist also nicht tot. Marketing bewegt sich nicht im luftleeren Raum, und schon gar nicht im Kasino. Ein guter Start- punkt sind Mikro-Insights, also Beobachtungen in der Realität, die für Marke und Mensch interessant sind. Menschen sitzen mit dem Smartphone in der Hand vorm Fernseher und chatten über das Laptop, Millionen lassen sich jeden Tag von ihrem Handywecker wecken, und auf Facebook passiert regelmäßig Folgendes: Schließen des Tabs, Öffnen des Tabs, Ein- gabe von facebook.com, Enter. Was können Sie damit anfangen? Marketing mit der Hantel: eine Investitionsstrategie für Kampagnen und Marketingpläne Schicken Sie eine Idee, die auf solchen (und viel, viel klüge- ren) kleinen Beobachtungen beruht, ins Rennen. Und nicht nur eine, sondern viele, die miteinander konkurrieren. Dazu muss das Budget nicht mit der Anzahl der Ideen multipliziert werden. Lediglich die Verteilung sollte anders aussehen. Ein Weg ist die Hantelstrategie: eine Investitionsstrategie, die Sicherheit und Potenzial maximiert. Der größere Teil des Budgets (sagen wir 70 %) wird in sichere Dinge gesteckt. Die können sogar mittels klassischer Marktforschung validiert sein. Dieser Teil wird mit großer Wahrscheinlichkeit keine herausragende Wirkung haben und auch nicht Pop werden. Aber die Marke macht auch nichts falsch und ist präsent. Gleichzeitig wird der deutlich kleinere Teil in viele kleine, hoch riskante Anlagen verteilt, die bei Erfolg enormen Gewinn versprechen. Zum Beispiel Popkultur werden. Eine Parademechanik ist der Stunt. Marken machen eine außergewöhnliche Promotion. Beispiel: Auf irgendeinem Platz mitten in Frankreich sorgte Tic Tac dafür, dass einigen arglosen Passanten auf dramatische Weise klar wurde, wie wichtig frischer Atem sein kann. Die unbedarften Flaneure wurden mit einer einfachen Frage angesprochen. Bei ihrer Antwort zwangen sie mit ihrem offensicht- lich unerträglichen Atem den gesamten Platz (alles Eingeweihte) auf einmal zu Boden. Ein Tic Tac hätte diesen Massen-Knockout natürlich verhindern können. Auf kongeniale Weise wird hier der Produktbenefit inszeniert – und dank des Internets für mehr als die paar Anwesenden. Tic Tac erreichte hier knapp sieben Millionen Zuschauer via YouTube. Das Prinzip ist: Zufälle forcieren, indem man ihnen Raum zur Entfaltung gibt. Mit diesem Prinzip kann noch deutlich mehr entstehen als aufmerksamkeitsstarker Content. Mikro-Insights sind Fraktale der Gesellschaft. Sie sind der ideale Indikator für weitrei- chende Entdeckungen. Nike hat dieses Prinzip in vielerlei Hinsicht verinnerlicht. Der ikonische Claim Just Do It hat, der Story zufolge, seinen Ursprung in einem anerkennenden Kommentar Dan Wiedens zu Nikes Unternehmenskultur. Ein Insight, der in der gerade auf- schäumenden Fitnesskultur im Amerika der späten 80er zur Welle wurde. Coca-Cola fällt seit geraumer Zeit immer wieder mit char- manten und unterhaltsamen Aktionen auf, wie der Hug Me Machine oder dem Cola-Automaten, der Studenten eine ganz besondere Überraschung bereitete – statt der Coke kam plötzlich ein Blumen- strauß oder eine Pizza aus dem Fach. Der herausragende Erfolg auch dieses Films brachte Coke dazu, den Gedanken in eine große stra- tegische Idee zu fassen: Where Will Happiness Strike Next? Aus einem kleinen Stunt, der einen kleinen Teil eines kleinen Teils des Marketing-Budgets ausmacht, wird eine globale Strategie. Hackable Marketing: Ideen, Konzepte, Experimente mit Mutationspotenzial an den Start bringen Mutation fördert die Evolution, deswegen bringt es Vorteile, wenn man Produkte, Services, Kommunikation so gestaltet, dass sie mutieren können. Mutieren heißt, sie stellen eine Plattform dar, die Außenstehende einlädt, damit herumzuspielen. So hat sich der Beschleunigungsmesser im iPad für Apple als wahre Wundertüte erwiesen, aus der Entwickler Dinge zaubern, die Apple selbst so nie vorgesehen hätte, schreibt der Innovationsguru Paul Graham. Interessant an dieser Stelle auch der Fall von Microsofts Kinect für die XBOX. Ein System, mit dem sich die Konsole mit Gesten steuern lässt, und das heute auf mannigfaltige Weise einge- setzt wird: Man kann damit Minihubschrauber steuern, Licht- schwertduelle gegen Roboter führen oder Einkaufswagen hinter sich hertrotten lassen. Das Ironische ist: Den ersten Produkthackern drohte Microsoft noch mit drakonischen Strafen. Erst nach einiger Zeit schwenkte das Unternehmen um und förderte die Hacks sogar – und sorgte damit für einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekor- de: Kinect ist das sich am schnellsten verkaufende Gerät der Unter- haltungselektronik aller Zeiten. How to steuern: Wie man Zufälle erkennt und nutzt Steuern bedeutet, zufällig auftretende wichtige Ereignisse nicht nur zu erkennen, sondern auch gezielt zu beeinflussen. Es bedeutet wieder: den Zufall forcieren. Diese Fähigkeit muss elemen- tarer Bestandteil des Marketings sein. Hewlett Packard konnte mit Hilfe einer weitreichenden Twitter-Analyse eine präzise Methode entwickeln, um die Box- Office-Einnahmen von neuen Kinofilmen vorherzusagen. Unter anderem hat sich die Frequenz der Posts zum jeweilig untersuchten Film als verlässlicher Erfolgsindikator erwiesen. Verlässlicher übri- gens als das ausgeklügelte, aber eben wirklichkeitsferne Modell, das Hollywood mit dem Hollywood Stock Exchange nutzt. Das Interes- sante ist freilich nicht die Prognose, sondern die potenzielle Echt- zeitsteuerung. Hier wird Analytics und Measurement mehr als nur Marketing-Bestandteil. Es wird essenzielle und kreative Aufgabe. Wie weit das – auch organisatorisch – gehen kann und sollte, beweist sehr beeindruckend Nestlé. Seit einiger Zeit steht in Vevey ein Social Media Mission Control Center, das es zweifelsohne mit jeder Spaceshuttle-Kommandozentrale aufnehmen kann. Das „Acceleration-Team“, bestehend u. a. aus Experten für Content wie Analytics, sitzt dort am runden Tisch und beobachtet das Social Web. Immer bereit, auf aktuelle Entwicklungen sofort und kreativ zu reagieren. So kann in der Tat Popkultur entstehen. Der große Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur, der sinnigerweise auch als Erster
  • 6. Seite 95 / HOWTO die Frage, ob und, wenn ja, wie Leben spontan im Alltag entstehen kann, beantwortet hat, sagte einmal: „Der Zufall begünstigt einen vorbereiteten Geist.“ Es geht darum, in der Lage zu sein, auf zufällige Entwick- lungen zu reagieren. Und zwar mit allen Mitteln der klassischen Marketing-Maschinerie. Vor allem: mit paid media. Tritt ein Phäno- men an die Oberfläche, dann ist es die Stärke des Marketings, dieses mit der Marketingmaschine zu stützen. Überragend hat OREO dies zuletzt beim Superbowl gezeigt. Ein äußerst unwahrscheinliches Ereignis trat ein: Der Strom fiel für 35 Minuten aus. Im Superdome in New Orleans war plötzlich Finsternis. Das ist erst mal nicht so gut für ein massenmediales Werbeereignis wie das Footballevent. OREO hingegen nutzte den Zufall. Wieder war Twitter mit im Spiel (auch das ist übrigens absoluter Zufall hier in diesem Text). Mit dem Kommentar „Power out. No problem“ veröffentlichte die Keksmarke umgehend eine Anzeige über Twitter: Auf dunklem Grund ist der Keks zu sehen und die Copy „You can still dunk in the dark“. Brillant und der größte Marketing-Erfolg dieses Abends. Die Anzeige wurde via Twitter wie verrückt geteilt – und wurde die am häufigsten bespro- chene Marketing-Aktion des Superbowl-Abends. Ein Abend, an dem der TV-Sendeplatz für einen Spot für knapp 4 Millionen Dollar weggeht. Evolution begünstigen und kräftig steuern sind die entscheidenden Faktoren Die Prinzipien Steuerung und Evolution führen auch nach altbekannter Analyseart zum Erfolg. Eine aktuelle Effie-Studie zeigt, dass die Werbewirkung direkt mit der Anzahl der genutzten Kanäle zusammenhängt (Quelle: Effie Report 2012). Zudem nutzen Effie-Gewinner mehr Touchpoints als die anderen. Das riecht nach Evolution. Steuerung kommt mit der fast banalen Erkenntnis ins Spiel, dass Werbewirkung positiv mit dem Aufkommen von Mund- zu-Mund-Propaganda korreliert (ebd.). Mund-zu-Mund-Propaganda wird immer dann richtig effektiv, wenn sie aktiv gesteuert ist. Das hat zuletzt das Internetphänomen Harlem Shake bewiesen, das im Wesentlichen durch das aktive Eingreifen von Organisationen, die alle Klicks als harte Währung im Sinn hatten, zu dem gemacht wurde, was es ist: ein Megapopphänomen. Wir sind angekommen in der wilden Gegend, wo der Zufall wohnt. Hier sieht es doch gar nicht so übel aus. Im Gegenteil: Alles ist möglich, wenn man sich den Zufall zum Verbündeten und die Prinzipien von Haltung, Evolution und Steuerung zur Marketing-Strategie macht. Dann ist Markting in bester Verfassung, sich selbst Mut zu machen. Mut, mal mit dem Zufall zu spielen. Da schaden dann auch Cojones nicht, denn die hat der liebe Zufall doch am Ende noch immer belohnt. Mit der Hantelstrategie, die den Zufall forciert, weil man viele Eisen im Feuer hat. Die Beobachtung durch Measurement und Analytics hilft dabei, herauszufinden, welches Eisen Excalibur wird. Und mit Excalibur lebt es sich ganz gut dort, wo der wilde Zufall wohnt.