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Marketing ist Chefsache –
auch in der Abteilungsführung


von Stefan Krojer und Manfred Amedick




veröffentlicht im Buch "Abteilungsmanagement für Leitende Ärzte",
Kapitel 9, S. 204 – 245
(Herausgeber Wolfgang Hellmann, Holger Baumann, Michael Leonhard
Bienert, Daniel Wichelhaus)
siehe: http://www.amazon.de/Abteilungsmanagement-Leitende-Ärzte-Wolfgang-
Hellmann/dp/3870815256/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1241019059&sr=
1-1



                                                                            1
Über den Autor
Stefan Krojer war langjährig bei einem
Klinikbetreiber und einem Beratungsunternehmen
für Klinikentätig. Nun berät er als selbstständiger
Consultant Unternehmen der
Gesundheitswirtschaft speziell im Bereich
Sachkostensenkung und Erlössteigerung.


Mehr zum Autor erfahren Sie unter:
http://www.krojer.de
http://stefankrojer.blogspot.com




                                                      2
Inhaltsverzeichnis


7. Marketing ist Chefsache - auch in der Abteilungsführung .......... 4
 7.1      Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen
 Abteilungsmanagement .......................................................................................... 4
 7.2      Besonderheiten des Krankenhausmarketings.............................................. 6
    7.2.1       Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes ........................ 6
    7.2.2       Werbung: Rechtliche Hürden meistern ................................................. 7
 7.3      Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien.......................... 12
    7.3.1       Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute? ................................. 12
    7.3.2       Ziele definieren, Strategien entwickeln................................................ 19
    7.3.3       Die Marketingpolitik............................................................................. 27
    7.3.4       Die richtige Organisation für das Klinikmarketings – wer macht
    was?        31
 7.4      Patientenmarketing .................................................................................... 33
    7.4.1       Die Bausteine des Erfolgs ................................................................... 33
    7.4.2       Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen.................... 35
    7.4.3       Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt....................... 37
    7.4.4       Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge..................... 42
    7.4.5       Besondere Patienten, besondere Anforderungen ............................... 44
 7.5      Patientenströme sichern durch Einweisermarketing................................... 45
 7.6      Mitarbeiter zu Marketing-Akteuren machen................................................ 51
 7.7      Positionierung als Experte – PR-Beispiele ................................................. 53
 7.8      Zusammenfassende Übersicht strategischer Tipps und Erfolgsfaktoren
 für das Abteilungsmarketing.................................................................................. 56




                                                                                                             3
7. Marketing ist Chefsache - auch in der
    Abteilungsführung

7.1 Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen
      Abteilungsmanagement


Makrotrends wie Kostenexplosion, Patientenemanzipation, selektive
Vertragsvereinbarungen, Spezialisierung, Qualitätstransparenz sowie Ambulantisierung
stellen die Krankenhäuser vor enorme Herausforderungen. Sowohl das Krankenhaus als
auch die einzelne klinische Abteilung muss sich, will es als modernes
Dienstleistungsunternehmen mittelfristig erfolgreich sein, in Zukunft dem Markt und
folglich auch der Konkurrenz in immer stärkerem Maße stellen. Das lang praktizierte
reaktive und passive Verhalten gegenüber Kunden sollte der Orientierung am
Management-Gedankengut im Sinne von aktivem Planen, Entscheiden, Handeln und
Kontrollieren weichen. Zunehmend bestimmen Marktregeln - Mechanismen von Angebot
und Nachfrage - die Entwicklungen im Gesundheitswesen. Für die Krankenhäuser
bedeutet dies ein geeignetes Instrumentarium zu finden, welches proaktiv an der
Gestaltung seiner eigenen Zukunft und insbesondere an einer positiven
Kundenausrichtung mitwirkt.


Mit dem Managementinstrument „Marketing“ steht hierbei den Verantwortlichen in den
Kliniken ein machtvolles Werkzeug zur Verfügung, das jedoch bislang nur zaghaft und
unstrukturiert eingesetzt wird. Marketing ist eine Konzeption der Unternehmensführung,
die zur Erreichung der betrieblichen Ziele alle Aktivitäten auf die Erfordernisse des
Absatzmarktes bzw. der Kunden ausrichtet. Marketing ist also mehr als bloße Werbung.
Es beantwortet die zentralen Fragen der Marktforschung und Selbstanalyse („Was sind
die Trends im Markt?“, „wie komme ich bei meiner Zielgruppe an?“, „was sind die
Ursachen für mögliche Auslastungsprobleme?“), zeigt Lösungswege zur Erreichung von
Marketingzielen auf („Auf welchem Weg erreiche ich eine Auslastungssteigerung am
effektivsten?“) und wählt zur Strategie passende Maßnahmen aus. Abschließend wird
der Marketingerfolg kontrolliert und gemessen (Abb. 1).




                                                                                         4
Ziele
                                               Marketing-         Marketing-
         Analyse             Strategie           Mix              Controlling
                             Konzept




      Untersuchung        Planung           Umsetzung         Überprüfung




Abb. 1: Vierstufiger Marketingprozess
Quelle: eigene Darstellung




Die Zeiten, in denen Ärzte nur Spezialisten für Gesundheit waren, sind schon lange
vorbei. Wer als Mediziner heute Erfolg haben will, der muß lernen, Marketing zu
betreiben. Was in anderen Worten heißt, sich und seine Arbeit zu „ver-markten“.


Gerade für leitende Krankenhausärzte, betont der Ärztliche Direktor und Chef-Chirurg
des Krankenhauses in Altötting, Professor Hartwig Bauer1, seien das fachliche Können,
die operativ-technischen Fähigkeiten, heute nicht mehr hinreichend für eine "gute
Medizin“. Man müsse sich als Abteilungschef der Verantwortung nicht nur für den
Bestand, sondern auch für die Weiterentwicklung seiner Abteilungen stellen und, so
schwer es auch sein mag, im Patienten einen Kunden sehen. Viele Experten sind sich
einig: Der Erfolg des Klinikarztes entscheidet sich zunehmend außerhalb der OPs. So
verwundert es auch nicht, dass heute in zahlreichen Stellenzeigen - neben der
fachlichen Qualifikation - von einem leitenden Arzt auch Managementkompetenzen und
in zunehmendem Maße „Kundenorientierung“ verlangt werden. Deshalb kommt dem
Abteilungsmarketing - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Trends zur Spezialisierung
und Zentrenbildung - eine neue Rolle zu. Leitende Ärzte müssen sowohl intern ihre
Abteilung vermarkten als auch extern für eine richtige Platzierung ihrer „Produkte“
einstehen.




1
    Schwing, C.: Marketing für Führungskräfte im Krankenhaus, 2000.

                                                                                         5
Doch mit welchen Erfolgshebeln können leitende Ärzte ihre Marketingziele am besten
erreichen? Und wie könnte eine ideale Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und
Ärzten aussehen? Der vorliegende Beitrag gibt Antworten auf diese Fragen. Zahlreiche
Fallbeispiele verdeutlichen die Übertragung in die Praxis.



7.2 Besonderheiten des Krankenhausmarketings

7.2.1 Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes


Wer geht schon gerne ins Krankenhaus? Eigentlich möchten wir erst gar nicht krank
werden und uns einen Klinikaufenthalt lieber ersparen. Wenn ein Patient dann doch
notwendigerweise ins Krankenhaus muss, ist dies meist mit Angst und Sorge behaftet.
„Komme ich geheilt wieder heraus?“. „Bekomme ich die bestmögliche Behandlung?“. Die
Tatsache, dass einem Krankenhausaufenthalt kein frei gewählter Kundenwunsch
vorausgeht, ist eines von vielen besonderen Charaktermerkmalen des
Krankenhausmarktes. Weitere besondere Merkmale sind:


a) Fragmentierung der Kundenfunktion
Eine Aufspaltung der Kundenfunktion in hauptsächlich drei Anspruchsgruppen erschwert
die Produkt- und Kundenorientierung für das Krankenhaus. Empfänger der Kernleistung
ist der Patient, Verträge werden mit seiner Versicherung abgeschlossen, die
Konsumentenentscheidung wird oft nicht souverän getroffen, sondern unter Mitwirkung
eines Dritten – dem Arzt als Einweiser – mit entschieden.2


b) Begrenzung bei Leistungsplanung und Preisbildung
Der stationäre Krankenhausmarkt ist des Weiteren geprägt durch eine Beschränkung
der selbstbestimmten Leistungsplanung durch die Leistungserbringer. Neue „Produkte“
oder neue Geschäftseinheiten (Abteilungen) können nur in Ansprache mit den
Kostenträgern und der Krankenhausplanungsstelle festgesetzt werden.
Unternehmensstrategien sowie Marketingstrategien müssen sich am
Versorgungsauftrag orientieren. Zahlreiche gesetzliche Restriktionen verhindern die
Entwicklung eines freien Markts. Auch der Bewerbung von Krankenhausleistungen sind



2
 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für
Gesundheitsunternehmen, 2004.

                                                                                       6
Grenzen gesetzt. Eine Preisbildung geschieht fremdbestimmt in Form fixer
Fallpauschalenpreise.


c) Asymmetrische Informationslage
Asymmetrische Information bezeichnet den Zustand, in dem zwei Vertragsparteien bei
Abschluss und/oder Erfüllung eines Vertrags nicht über dieselben Informationen
verfügen. Der Patient vermag i. d. R. weder die Handlungen des Arztes genau
einzuschätzen, noch kann er die Wirkung der Leistungen des Arztes genau einordnen.
In einer Arzt-Patient-Beziehung liegt der Informationsvorteil beim Arzt. Die in anderen
Märkten selbstverständliche Vergleichbarkeit der Produkte und Informiertheit der
Konsumenten gilt für den Klinikmarkt nicht. Selbst im Zeitalter des Internets herrscht
nach wie vor ein großes Informationsgefälle zwischen Arzt und Patient.


Professionelle Marketingarbeit im Krankenhaus berücksichtigt oben beschriebene
Spezifika und passt klassische Marketinglehren, die vornehmlich aus der Industrie oder
anderen freien Märkten entstammen, hinreichend an.



7.2.2 Werbung: Rechtliche Hürden meistern


Um die so genannten „unmündige Patienten“ in ihrer schwachen, informationsdefizitären
Position gegenüber dem medizinischen Leistungserbringer zu schützen, wurden in der
Vergangenheit vom Gesetzgeber zahlreiche rechtliche Hürden aufgebaut. Ziel ist der
Schutz des Laien vor falschen Vorstellungen, Erwartungen und Ängsten. Drei
Rechtswerke bestimmen die Spielräume im Krankenhausmarketing: Das
Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
und die Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä). Insbesondere § 11 und § 12 des HWG
regeln mit einer Fülle von Einzelverboten die öffentliche Werbung außerhalb von
Fachkreisen. Eine Aufstellung über erlaubte und verbotene Werbeaktionen gibt folgende
Übersicht (Tab. 1).




                                                                                          7
Tab. 1: Übersicht der wichtigsten rechtlichen Hürden


GESETZ                            ZULÄSSIG                          UNZULÄSSIG

§ 3 HWG Irreführende              Sachliche Darstellung,            Anpreisende Darstellung,
Werbung                           "Imagewerbung" im                 Verwendung von Superlativen,
                                  Krankenhaus Informationen         reklamehafte Darstellung,
§11 HWG                           über neue Untersuchungs- und      Blickfangwerbung, Eigenlob,
Verbot der Werbung mit            Behandlungsmethoden               unangemessenes Vergleichen
Äußerungen Dritter,
insbesondere mit Dank-            - Wartezimmer-TV                  Verweise oder Links auf
Anerkennungs- oder                - Zeitungsanzeigen                Empfehlungsschreiben, Gutachten
Empfehlungsschreiben; mit         - Werbespots, Kurzfilme           wissenschaftlichen oder
Gutachten, wissenschaftlichen     - Tag der offene Tür              Fachveröffentlichungen, Zeugnissen,
zeugnissen; mit Angaben, dass     - Sponsorings                     Produkte, Gewinnspiele,
eine Behandlung oder ein          - Kunstausstellungen              Freizeitangebote, gewerblich tätige
Arzneimittel ärztlich empfohlen   - Ortstafeln                      Firmen aus dem Gesundheitsbereich
oder geprüft oder abngwendet      - Broschüren                      (ggf. damit auch virtuelle
wird                              - Poster                          Gästebücher)


MBO §2 7

§ 9 HWG                           allgemeine Tipps an einen         "Ferndiagnosen", Therapieberatung
Werbung für Fernbehandlung        unbestimmten Personenkreis        ohne persönlichen Kontakt

§ 11 Nr. 4 HWG Verbot der         Abbildungen Räumlichkeiten,       "Weißkittelverbot": Fotos von Ärzten
bildlichen Darstellung von        Gebäude                           oder medizinischen Hilfspersonal,
Personen in Berufskleidung                                          insbesondere bei der Ausübung ihrer
oder bei der Ausübung der                                           Tätigkeit, z.B. mit OP-Kittel,
Tätigkeit von Angehörigen der     Ausschließliche Abbildung eines   Mundschutz, Haube etc., Arbeit im
Heilberufe                        Arztes in Form eines Portrait-    Labor, im Patienten-Gespräch, als
                                  resp Passfotos in "Zivil"         OP-Team usw.


                                                                    Diese Vorschrift soll das Ausnutzen
                                                                    der Suggestivwirkung der fachlich-
                                                                    medizinischen Autorität auf das
                                                                    Laienpublikum verhindern und war in
                                                                    der Vergangenheit Gegenstand
                                                                    zahlreicher Abmahnungen. Heute ist
                                                                    eine Abbildung von Ärzten im
                                                                    Weißkittel implizit erlaubt.

§ 11 HWG                          Darstellung des                   Veröffentlichung von
Verbot der Werbung mit            Leistungsspektrums (zum           Krankengeschichten oder



                                                                                                     8
Krankengeschichten                Beispiel einer Klinik)            Danksagungen

§ 11 Nr. 6 HWG                    Schwerpunkt-                      Irreführung durch fachfremde Titel,
Verbot der Werbung mit fremd-     bezeichnungen, Qualifikationen    Bezeichnung etwa als "ärztlicher
oder fachsprachlichen                                               Spezialist", Verwendung von
Bezeichnungen                                                       unbekannten fremd- oder
                                                                    fachsprachlichen Begriffen

§ 27 MBO                          Interviews                        Umgehung der Werbeverbote durch
                                                                    die Einschaltung der Presse
                                  Wenn in einem Presseartikel die   (Drittveröffentlichungen),
                                  sachliche Unterrichtung im        Veröffentlichungen ohne vorherige
                                  Vordergrund steht, so ist ein     Prüfung von medizinischen Aussagen
                                  werblicher Nebeneffekt für den    eines Interviews, Manuskripts oder
                                  jeweiligen Arzt oder              eines Berichts
                                  Krankenhaus im Interesse der
                                  allgemeinen Infomationsfreiheit
                                  der Presse hinzunehmen,
                                  Person des Arztes darf nicht in   Keine Weitergabe von
                                  den Vordergrund treten            Patientendaten


                                  Freie Meinungsäußerung (Urteil
                                  des Europäischen
                                  Gerichtshofes)



Quelle: Broschüre „Werbung durch das Krankenhaus“, 2003


Im Klinikalltag zeigt sich jedoch immer wieder, dass die gesetzlichen Regeln übergangen
werden und teilweise sogar dem Wunsch des Patienten nach umfassender Information
entgegenstehen. Dies belegt eine FOCUS Patientenumfrage im Oktober 20003. 71% der
dort befragten Patienten befürworten die Aufhebung des Werbeverbots für Ärzte.
Möglicherweise wird diese Patientenforderung in einigen Jahren Realität werden. Das
folgende Fallbeispiel zeigt jedoch, dass bei Überschreitung geltender Gesetze rechtliche
Folgen drohen.


                           Fallbeispiel: Werbung in der Bildzeitung
Ein großes Krankenhaus im Saarland ist wegen umstrittener Werbe-Anzeigen in der
"Bild-Zeitung" heftig in die Kritik geraten.4 Eine Unterlassungserklärung musste die
Klinik-Leitung bereits unterschreiben. Die beteiligten Ärzte stehen im Verdacht, gegen
die Berufsordnung verstoßen zu haben. Das Klinikum hat in ganzseitigen Anzeigen in


3
    www.aerzteblatt.de, Suchbegriff „Grenzen der Werbung“.
4
    www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Klinik-Werbung sorgt im Saarland für Wirbel“.

                                                                                                  9
der "Bild-Zeitung" geworben - und zwar auch im bekannten Stil des Boulevard-Blattes,
mit knalligen Überschriften und Geschichten über Menschen in der Klinik. "Brustkrebs ist
heilbar", versicherte etwa der Gynäkologie-Chef, "von 100 Frauen können heute 70 bis
80 geheilt werden. Das zeigen wir in unserem Klinikum jeden Tag aufs Neue". Und über
den Chefarzt der Orthopädie durften die Patienten in der "Bild-Zeitung"-Werbung
schwärmen: "Ihm vertraue ich blind." Die Klinik-Geschäftsführerin verteidigte die
Anzeige: "Das war eigentlich gar nicht als Werbung, sondern als Information der
Bevölkerung gedacht". Inzwischen hat die Klinik allerdings bei der Zentrale zur
Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Wird
die "Bild"-Reklame wiederholt, sind jetzt 8.000 Euro Strafe fällig. Für die
Wettbewerbshüter war die Werbung ein klarer Verstoß gegen das
Heilmittelwerbegesetz. "Solche Werbemethoden haben doch Gefährdungspotential", so
die Anwältin der Zentrale. "Hier geht es ja nicht um ein Pfund Butter, sondern um
Operations-Verfahren."
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kommentar:
In diesem Fall drohte eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 Euro. Die rechtliche Folgen
eines Verstoßen gegen die gesetzlichen Vorschriften können aber auch deutliche
schwerer ausfallen: Ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 3 HWG erfüllt den Straftatbestand
nach § 14 HWG. Eine Geldstrafe oder gar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr kann
drohen. Ein fahrlässiger Verstoß gegen § 3 HWG oder Verstoß gegen andere
Vorschriften des HWG sind als Ordnungswidrigkeiten (§ 15 HWG) einzustufen und mit
einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro zu belegen.




Auch viele Klinikgruppen überschreiten mit ihren Image-Videos im Internet klar die
Grenzen des erlaubten. Sie zeigen nach § 11 HWG verbotene Patientengeschichten.
Dabei zeigt sich aber auch eine Unschärfe bei der Abgrenzung nach § 11 HWG. Danach
darf mit Krankengeschichten nicht geworben werden. Ein Presseartikel, in dem über das
Leiden eines Patienten und seine erfolgreiche Behandlung im Krankenhaus berichtet
wird, ist aber aufgrund der Pressefreiheit erlaubt. Wird darin jedoch die Leistung des
behandelnden Arztes deutlich betont, kann dies einen Verstoß gegen das ärztliche
Berufsrecht darstellen.5 Doch entscheidend ist der Gesamteindruck des Textes und die
Tatsache, ob der Arzt den Journalisten aktiv unterstützt hat. Die Preisfrage lautet im
Falle eines Prozesses: Wer entscheidet über den Gesamteindruck, nach welchen




5
    Hamdad, H.: Marketing im Krankenhaus - Richter lockern langsam die Fesseln, 2004.

                                                                                                                  10
objektiven Kriterien, und wie hätte der Arzt den Artikel verhindern können bei
gleichzeitigem Respekt vor der Pressefreiheit?


Tatsächlich ist aber seit einigen Jahren eine Lockerung der rechtlichen Fesseln zu
beobachten. Kaum eine Klinik verzichtet etwa auf die Abbildung ihrer Klinikärzte in
Berufskleidung. Und das ohne rechtliche Folgen. Die Rechtssprechung entscheidet
jedoch differenziert.6 Während die Untergerichte immer noch oft eine restriktive
Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes praktizieren, ist beim Bundesverfassungsgericht
eine liberalere Auffassung zu erkennen. Dies liegt vor allem an der zunehmenden
Harmonisierung mit dem Europarecht. Dort gilt der heutige Patient bereits als
aufgeklärter Bürger. Eine Klinik kann deshalb ihre Leistungen immer umfassender
darstellen und bewerben. Die Tendenz in der Verbotspolitik deutscher Gerichte lässt
sich mit folgendem Satz beschreiben: Eingriffe in die Werbung der Kliniken sind nur
dann gerechtfertigt, wenn die Werbung so beschaffen ist, Patienten unsachlich zu
beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu
bewirken. Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung kann beispielsweise dann eintreten,
wenn ein Patient zur selbständigen Einnahme eines Medikaments angeregt wird.


Zusammenfassende Empfehlungen:
      •   Sachgemäße Werbung ist Ärzten und Kliniken erlaubt und sollte deshalb auch
          eingesetzt werden
      •   Übertriebene, reißerische Werbung ist verboten, wirkt unseriös und kann mit
          Strafengeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden
      •   Empfehlenswert ist Werbung mit beweisbaren Aussagen (z.B. objektive BQS-
          Indikatoren oder Veröffentlichungen Dritter wie etwa das „Focus Ranking“ und
          Klinikvergleiche sowie Presseberichte renommierter Tageszeitungen)
      •   Es ist darauf zu achten, dass der Gesamttext einen nicht zu starken,
          offensichtlich werblichen Charakter besitzt
      •   Die Abbildung von Ärzten in Berufskleidung ist zwar laut HWG nicht zulässig.
          Wird aber von nahezu jeder Klinik heute praktiziert und von Gerichten häufig
          nicht mehr angefochten
      •   Filme oder Berichte über Patientengeschichten, z.B. im Internet, sind nach HWG
          verboten und sollten deshalb (noch) nicht eingesetzt werden. Die rechtlichen
          Folgen in der Praxis sind noch ungeklärt. Eine Auflockerung auch in diesem
          Bereich ist aber zu rewarten



6
    Mühlnikel, I.: Heilmittelwerberecht Spiel mit dem Feuer, 2005.

                                                                                         11
7.3 Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien

7.3.1 Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute?


Neben einer funktionierenden Aufbau- und Ablauforganisation aller „Marketingträger“
(siehe Kapitel 7.3.3) ist die Analyse der eigenen Istsituation Voraussetzung für die
Generierung passgenauer Strategien und Maßnahmen. Nachfolgende Übersicht zeigt
die in der Krankenhauslandschaft etablierten Analyse-Modelle. Für die Durchführung
dieser Analysen ist die Marketingabteilung hauptverantwortlich. Oftmals werden
alternativ oder additiv externe Berater eingeschaltet, die auf Fragestellungen der
Marktforschung spezialisiert sind. Empfehlenswert für die klinische Abteilungsführung ist
es, sich im Vorfeld der Analysen, zum Beispiel in Form einer Teilnahme an einem
Workshop und an der Ergebnispräsentation aktiv mit einzubringen. Denn die
Abteilungsführung verfügt über wichtige Kenntnisse zum Einweiserverhalten,
medizinische Trends, eigene Stärken und Schwächen, fachliches Know how der
Wettbewerber etc. Nur durch die Kombination von Teilwissen wird eine treffende
Analyse gelingen.


Überblick Analysemodelle: 7


Einzugsgebietanalyse
Woher kommen wie viele meiner Patienten, wie genau sieht mein lokales, ggf.
überregionales Einzugsgebiet aus? Wo gibt es Versorgungsschwerpunkte, aus welchen
Bereichen kommen (zu) wenige oder keine Patienten? Wie sieht das differenziert für
einzelne Schwerpunkte oder Hauptdiagnosen aus?


Potentialanalyse
Welche Patientenpotenziale sind im Einzugsgebiet meiner Klinikabteilung überhaupt
vorhanden? Wie unterscheiden sich die Potenziale zwischen den einzelnen
Fachgebieten bzw. Hauptdiagnosen? Wo reicht diese Potenzialbasis für die
Angebotskapazitäten aus? Wo besteht die Gefahr einer Überversorgung? Wo gibt es
noch freie Potenziale?


Wettbewerberanalyse
Wer sind die Hauptwettbewerber in meinem Fachgebiet? Wie stark sind diese jeweils in


7
 Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für
Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004.

                                                                                       12
der stationären und ambulanten Versorgung? Welche Behandlungsschwerpunkte und
Fallzahlen haben diese Wettbewerber? Wie ist deren Produktivität im Vergleich zum
meiner Fachabteilung?


Marktanteilsanalyse
Wie werden die vorhandenen Marktpotenziale meiner Fachabteilung derzeit
ausgeschöpft? Wie gut gelingt es meiner Fachabteilungen, ihre spezifischen
Versorgungspotenziale zu realisieren? Wo gibt es noch freie Potenziale und wo herrscht
bereits starker Verdrängungswettbewerb?


Einweiseranalyse
Wie sieht meine Einweiserstruktur aus? Zu wie vielen Einweisern hat das Krankenhaus
insgesamt und meine Abteilung aktiven Kontakt? Wer sind die Haupt-Einweiser? Von
welchen potenziellen Einweisern im Marktgebiet werden selten oder gar keine Patienten
überwiesen? Gibt es gefährliche Abhängigkeiten von wenigen großen Einweisern?


Markt- und Umfeldanalyse
Welche Krankheitsbilder nehmen in den nächsten Jahren zu oder ab? Welche
ambulanten Leistungen ersetzen zunehmend Leistungen meiner Abteilung? Welche
Auswirkungen haben gesetzlichen Veränderungen für meine Abteilung?


Portfolioanalyse
Wie lässt sich meine Abteilungen und deren einzelne Leistungen (DRGs) hinsichtlich
des Marktwachstums und relativem Marktanteil einteilen und vergleichen? Welche
Abteilung oder Leistung ist im Vergleich zum Wettbewerb oder klinikintern besonders
ertragsstark, welche schwach? Welche strategisch wichtigen Abteilungen können durch
andere Abteilungen mitfinanziert werden? Herrscht ein ausgewogenes Verhältnis
zwischen abnehmenden und wachsenden Leistungsbereichen?


Kostenträgeranalyse
Wie stellt sich die Kostenträger-Verteilung dar? Gibt es besondere Schwerpunkte?
Welche Kostenträger sind relativ schwach vertreten und warum? Wie hoch ist der Anteil
an Privatpatienten und Selbstzahlern?


Patientenbefragung
Wie ist die Gesamtzufriedenheit meiner Patienten? Welche Probleme gibt es? Was wird
besonders gelobt? Wo ist noch viel Potential vorhanden (im Vergleich zu anderen



                                                                                      13
Klinikabteilungen und externen Wettbewerbern)?


Einweiserbefragung
Wie zufrieden sind die niedergelassenen Ärzte? Welche Schwachpunkte gibt es? In
welche anderen Kliniken weisen die Ärzte ein? Wie schneidet meine Abteilung
klinikintern ab?


Imageanalyse
Welchen Bekanntheitsgrad und welchen „Ruf“ hat die Abteilung in der Fachwelt und in
der Bevölkerung? Mit welchen Attributen wird die Abteilung beschrieben?


Stärken- / Schwächen-Analyse
Abgeleitet aus der Eigen- und Wettbewerberanalyse


Chancen- / Risiken-Analyse
Abgeleitet aus der Markt- und Umfeldanalyse


SWOT – Analyse
Kombination aus Stärken / Schwächen- und Chancen / Risiken-Analyse




Um zielgerichtetes Abteilungsmarketing betreiben zu können, muss die
Abteilungsleitung wissen, welche Rolle die eigene Abteilung derzeit und vor allem
zukünftig in der strategischen Leistungsplanung der gesamten Klinik und ggf. auch
innerhalb einer Klinikgruppe einnimmt. Denn Unternehmen können zur Sicherung des
Unternehmenserfolgs generell zwei alternative Strategien zur Marktbearbeitung
anwenden:8 Reduktionsstrategien und Wachstumsstrategien. Bei einer
Reduktionsstrategie werden selektiv gefährdete, nicht mehr konkurrenzfähige Teile des
Krankenhauses aufgegeben. Oder eine Abteilung passt einfach nicht mehr in die
geänderte Unternehmensstrategie, wie etwa im Zuge einer Spezialisierungsstrategie bei
der eine oder sogar einige Abteilungen geschlossen oder verkauft werden.
Wachstumsstrategien werden realisiert durch die Verstärkung der bisherigen
Marketingaktivitäten bei unverändertem Leistungsportfolio, durch die Etablierung neuer
Dienstleistungen und Leistungsinnovationen oder durch die Bearbeitung neuer Märkte
mit derzeitigen oder neuen Leistungen. Nachfolgendes Beispiel für eine
Reduktionsstrategie zeigt, wie wichtig es ist, zu den „führenden“ Abteilungen zu

8
 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für
Gesundheitsunternehmen, 2004.

                                                                                      14
gehören. Abteilungsmarketing kann hier zur Absicherung bzw. zum Ausbau der
aktuellen, klinikinternen Position dienen.


                            Fallbeispiel: Reduktionsstrategie
Ein Universitätsklinikum gab bekannt, dass es zehn akademische Abteilungen schließen
werde, weil sie nicht in die Strategie passen. "Uns geht es um die Konzentration auf das,
was wir eigentlich wollen", sagte der Vorstand9 So werde das Uniklinikum etwa die
Orthopädie nicht weiter betreiben und eine Lizenz an ein kirchliches Krankenhaus
verkaufen. Als Beispiele für spezielle und innovative Leistungen, die in Zukunft im
Vordergrund stehen werden, nannte der Vorstand die minimalinvasive Kinderchirurgie,
die Stammzelltransplantation nach Herzinfarkt und die virtuelle Endoskopie des
Mittelohrs.


Das Fallbeispiel zeigt, wie stark sich aktuelle Strategieüberlegungen der Klinikmanager
auf einzelne Fachabteilungen auswirken können. Ein Analysemodell zur Bestimmung
der sktuellen Position innerhalb des Klinikums ist die „Portfolioanalyse“.


Portfolio-Analyse
Bei der Portfolioanalyse werden Unternehmensbereiche hinsichtlich ihrer
Marktattraktivität und ihrem relativem Wettbewerbsvorteil verglichen. Eine in vier Felder
(genannt „Fragezeichen“, „Sterne“, „Milchkühe“, „arme Hunde“) aufgeteilte Matrix
veranschaulicht die unterschiedlichen Positionen, aus denen Normstrategien abgeleitet
werden können. Die Portfolioanalyse zeigt in wie weit eine Abteilung zum finanziellen
Betriebergebnis beiträgt oder wie ihr Marktanteil, ihre Marktattraktivität sowie ihre interne
strategische Bedeutung einzustufen ist. Differenziert kann diese Bewertung auch
innerhalb einer Abteilung – etwa nach Indikationsgebieten oder DRG`s – durchgeführt
werden, um z.B. geeignete DRG`s für eine mögliche Schwerpunktbildung zu
identifizieren. Folgendes Anwendungsbeispiel einer Portfolioanalyse visualisiert die
Verteilung einzelner Fachabteilungen auf die vier Quadranten (Abb. 2).




9
 www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Uniklinik Hannover setzt künftig ganz auf innovative
Medizin“.

                                                                                           15
Marktwachstum / Marktattraktivität




       Fragezeichen                                       Sterne

                                Neuro                     CHIR
                                             Augen-
                                              heil-
                                             kunde

                             Ortho
                             -pädie
                                                            Innere




         arme Hunde                                   Milchkühe
                                                           Relativer Wettbewerbsvorteil




Abb. 2: Portfoliomatrix
Quelle: eigene Darstellung


Fragezeichen (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Neurologie“)
Fragezeichen haben ein hohes Wachstumspotenzial, allerdings nur geringe
Marktanteile. Das Management steht vor der Entscheidung, ob es die Leistungen durch
Markt- oder Produktentwicklung ausbauen soll. Je nach strategischer Bedeutung der
Fachabteilung und Renditefähigkeit wird eine selektive Vorgehensweise vorgeschlagen.


Sterne (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Augenheilkunde“, „Chirurgie“)
Sterne sind Highlights des Unternehmens. Sie haben nicht nur einen hohen Marktanteil,
sondern auch ein hohes Marktwachstum. Den enormen Investitionsbedarf, der sich aus
dem hohen Marktwachstum oder z.B. Medizintechnik ergibt, decken sie allerdings
bereits mit hohem Cash-Flow. Dieser Bereich ist auch attraktiv für Wettbewerber,

                                                                                          16
weshalb eine offensive Marketingarbeit empfohlen wird. Die Normstrategieempfehlung
lautet: Investition.


Arme Hunde (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Orthopädie“)
Produkte, die keinen oder geringen Erfolg versprechen, bezeichnet man als arme
Hunde. Diese sind die Auslaufprodukte im Unternehmen. Sie haben ein geringes
Marktwachstum sowie einen geringen Marktanteil. Je nach strategischer Bedeutung für
das Krankenhaus und Versorgungsvertrag besteht hier die Gefahr einer
Desinvestitionsstrategie oder gar Abteilungsschließung durch das Management.


Milchkühe (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Innere Medizin“)
Melkkühe, haben den größten Marktanteil, jedoch ein geringes Marktwachstum. Sie
haben häufig eine dominante Stellung im Krankenhaus und sind Spitzenreiter im Cash-
Flow. Sie können deshalb ohne weitere Investitionen "gemolken" werden.
Kostensenkungsprogramme können hier im Rahmen einer Abschöpfungsstrategie
sinnvoll sein.


Bestimmung der Position von Fachabteilungen innerhalb der Portfolio-Matrix
Bei der obenstehenden Portfolioanalyse wurden beispielhaft die klinischen Abteilungen
„Neurologie“, „Chirurgie“, „Augenheilkunde“, „Orthopädie“ und „Innere Medizin“ anhand
einzelner Erfolgskriterien bewertet (Kategorien: relativer Wettbewerbsvorteil und
Marktattraktiviät). Die Erfolgskriterien wurden gewichtet, um die unterschiedliche
Bedeutung der Kriterien zu berücksichtigen (Tab. 2).10


Tab. 2: Berechnungsbeispiel „Relativer Wettbewerbsvorteil“
Hier: Fachabteilung „Chirurgie“


Kriterien              Gewich-     Chirurgie     Wettbe-       Wettbe-      Wettbe-
                       tung                      werber 1      werber 2     werber 3
Marktanteil            0,20        2,1           1,4           2,0          1,3
Einweiser-             0,2         3,5           3,0           2,2          2,2
beziehung/
Befragung
BQS Ergebnisse         0,15        3,0           1,8           2,6          3,9


10
  Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für
Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004. und Reisner,
S.: Das integrative Balance-Scorecard-Konzept, die praktische Umsetzung im Krankenhaus,
2003.

                                                                                            17
Hotelkomponente      0,10         4,1            2,0        2,3          4,1
u. Service
Med.techn.           0,10         4,7            4,8        4,7          3,0
Ausstattung
Know how             0,15         3,6            3,2        2,8          4,2
Personal
Marketing            0,10         3,9            2,6        5,0          3,9
Aktivitäten
Gesamt               1,00         3,6            2,7        3,1          3,4
Quelle: in Anlehnung nach Bienert, M. L., 2003


Tab. 3: Berechnungsbeispiel „Marktattraktivität“


Kriterien            Gewich-      Chirurgie      Neuro      Augen        Ortho-
                     tung                                                pädie
Lebenszyklus-        0,1          3,6            3,8        4,6          3,9
phase
Profitabilität       0,3          4,2            3,2        2,8          2,9
Strategische         0,2          5,0            4,8        3,7          3,0
Bedeutung
Schutzgrad vor       0,1          3,6            4,9        4,8          3,0
Markteintritten
Schutzgrad vor       0,1          4,3            4,1        3,6          3,1
Rivalität
Grad des Sub-        0,2          3,7            4,5        4,2          2,9
stitutionsschutzes
Gesamt               1,00         4,2            4,3        3,8          3,2
Quelle: in Anlehnung an Bienert, M. L., 2003


Die durchgeführte Portfolio-Analyse zeigt, dass die Abteilung „Orthopädie“ das
„Sorgenkind“ der Klinik ist. Um eine mögliche Schließung zu vermeiden, sollte die
Abteilungsführung ihre Marketingarbeit verstärken. Wie eine zielgerichtete
Marketingarbeit aussehen kann, zeigt folgendes Kapital.




                                                                                    18
7.3.2 Ziele definieren, Strategien entwickeln


Wie Kapitel 7.2.1 aufzeigte, ist die Kundenfunktion im Krankenhaus in drei Teile
aufgespaltet (Leistungsabnahme: Patient; Einweisungsentscheidung: Einweiser-Patient;
Bezahlung: Kostenträger). Diese drei Akteure stellen gleichzeitig die wichtigsten
Zielgruppen für das Krankenhausmarketing dar. An den Zielgruppen richten sich alle
Marketingüberlegungen aus:


Zielgruppen einer Klinikabteilung
      •   Patienten und Angehörige
      •   Einweiser
      •   Kostenträger
      •   Öffentlichkeit
      •   Mitarbeiter
      •   Selbsthilfeorganisationen und Patientenverbände


Noch bevor Strategien entwickelt werden, ist es zunächst wichtig, Ziele zu definieren, wo
man eigentlich hin will. Marketingziele leiten sich aus den Unternehmenszielen ab oder
sind teilweise mit diesen deckungsgleich. Laut „Krankenhausbarometer 2007“ des
Deutschen Krankenhausinstituts (DKI)11 sind die wichtigsten vier Unternehmensziele
deutscher Krankenhäuser.


Die wichtigsten Ziele von Krankenhäusern:
      1. eine hohe Patientenzufriedenheit
      2. eine hohe Qualität der Leistungserbringung
      3. ein gutes Image des Hauses in der Öffentlichkeit
      4. Verstärkung der Einweiserbindung


Diese Aufstellung der wichtigsten Unternehmensziele zeigt, wie elementar mittlerweile
marktorientierte Ziele für deutsche Kliniken geworden sind, neben den rein finanziell
orientierten Zielstellungen. Vor allem die Unternehmensziele 1., 3. und 4. sind
schwerpunktmäßig Marketingziele. Erhöhung des Marktanteils, Erhöhung des Umsatzes
oder eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit (internes Marketing) sind weitere Ziele im



11
     Blum, K., Offermanns, M., Perner, P.: Krankenhaus Barometer Umfrage 2007, 2007

                                                                                        19
Marketing. Je nach Dringlichkeit und Wichtigkeit - die sich aus den Ergebnissen der Ist-
Analyse ableitet - werden Marketingziele ausgewählt und gewichtet.


                               Fallbeispiel: Ziele definieren
Eine geriatrische Akut- und Rehabilitationsklinik in Süddeutschland verzeichnet seit den
letzten Jahren einen Patientenrückgang. Die Patientenzufriedenheit wird in der Klinik
stetig gemessen und zeigt keine Veränderung. Eine Einweiserbefragung offenbart
jedoch, dass die niedergelassenen Ärzte unzufrieden sind. Als Hauptgrund wird die
schlechte Zusammenarbeit und eine mangelnde Kommunikation angegeben. Zudem
weisen die Ärzte ihre Patienten immer häufiger dem neuen Wettbewerber im
Nachbarkreis zu. Die Klinik legt deshalb innerhalb der Marketingziele den Schwerpunkt
auf die Einweiserbindung und Einweisergewinnung.




Sind die Marketingziele ausgewählt, folgt die Kreation bzw. Prüfung von
Marketingstrategieoptionen; also auf welchen Wegen die zuvor definierten
Marketingziele erreicht werden sollen. Strategieoptionen positionieren einerseits die
Leistung einer Klinikabteilung). Das heißt sie besetzt idealerweise eine
Positionierungslücke und schafft somit eine eigene Identität, indem sie die
Klinikabteilung von Anderen klar unterscheidbar macht. Andererseits dient die
Marketingstrategie dazu, den Einsatzrahmen der Marketingpolitik (Marketing-Mix)
festzulegen (Abb. 3).



                             Marketingstrategie

                 Positionierung                 Marketing-Mix


                    Identität                       Ziele
                    erzeugen                      erreichen


                                     Erfolg



Abb. 3: Die Grundelemente der Marketingstrategie12
Quelle: Thill, K.-D., 1999


12
  Thill, K.-D.: Kundenorientierung und Dienstleistungsmarketing für Krankenhäuser, Theoretische
Grundlagen und Fallbeispiele, 1999.


                                                                                            20
Positionierung
Die Positionierungsfindung als Teilprozess der Marketingstrategiebildung basiert auf der
Verbindung von Positionierungsgrundelementen, Faktoren und Techniken (Abb. 4).




                                            Grundelemente


                                 Versorgungs-       Leistungs-     Entwicklungs-
                                    auftrag       schwerpunkte      perspektive




                                                                                     Markt &
                   Differenzierung
                                                                                     Umwelt
       Techniken




                                                                                                  Faktoren
                                                Positionierungs-

                     Nutzen                                                          Kunden


                                                    findung

                   Assoziation                                                     Wettbewerber




Abb. 4: Positionierungsfindung13
Quelle: Thill, K.-D., 1999


Differenzierung
Diese Methode orientiert sich an der Frage, was das Angebot einer
Krankenhausabteilung von dem der Konkurrenz maßgeblich unterscheidet. Besitzt eine
Abteilung z.B. ein sehr spezialisiertes Leistungsangebot und gibt es im konkurrierenden
Umfeld kaum Vergleichbares, ist die Technik der Differenzierung besonders geeignet.
Weitere Differenzierungsmerkmale können sein: Innovative Behandlungsmethoden und
OP-Techniken, medizin-technische Ausstattung, alternative Heilmethoden. Die


13
     ebenda

                                                                                                         21
Differenzierungstechnik bietet sich besonders für Abteilungen in Spezialkliniken oder
auch Universitätskliniken an.


Nutzenvermittlung
Hier wird auf den Nutzen abgehoben, den die Dienstleistung für die Kunden des
Krankenhauses hat. Dabei kann es sich z.B. um den Nutzen „medizinische Qualität“,
„Komfort“, „Aufklärung“ oder „Zuwendung/Sozialkompetenz“ handeln. Das Thema
„Qualität“ als Nutzenvermittlung gewinnt im Zuge einer immer besseren Vergleichbarkeit
von Klinikleistungen (Stichwort Qualitätsberichte, BQS Indikatoren) an Bedeutung. Wenn
etwa die Behandlungsqualität einer Klinik im Vergleich zu den Wettbewerbern sich
nachweislich abhebt, könnte eine Marketingstrategie mit der Überschrift „Transparenz“
passen. Das Offenlegen möglichst vieler Behandlungsergebnisse unterstützt die
Wirkung der Strategie.


Assoziation
Sind die beiden oben genannten Gestaltungstechniken nicht einsetzbar, kann das
Prinzip der Assoziation verwendet werden. Hierbei wird versucht eine Beziehung zu
einem ausgewählten Merkmal herzustellen, das nur mittelbar in Verbindung mit der
Krankenhausleistung steht.


                                Fallbeispiele: Positionierung
Differenzierung
Die Fachabteilung für Orthopädie eines 500 Betten Hauses sieht seine Stärke in der
Leistung „Endoprothetik“. Da diese Fachabteilung über ein sehr spezialisiertes
Leistungsspektrum verfügt und es im nahen Umfeld keinen ähnlich aufgestellten
Wettbewerber gibt, stellt die Positionierung eben auf das Besondere der
Krankenhausdienstleistung ab, der „Spezialklinik für Endoprothetik“.


Eine Berliner Spezialklinik hat sich ganz auf die minimal invasive OP-Technik
spezialisiert. In dem vom Berliner Tagesspiegel im Jahr 2006 veröffentlichten
Klinikvergleich belegt die Klinik bei fast allen operativen Eingriffen vordere Plätze. Die
Klinik hat sich klar spezialisiert und bedient Patienten, die auf eine schmerzfreiere Post-
OP-Phase und Reduzierung der Narbenbildung Wert legen.


Einen noch höheren Spezialisierungsgrad hat eine Münchner Klinik. Diese konzentriert
sich innerhalb der minimal invasiven Chirurgie auf die Bereiche Knie, Wirbelsäule und
Schulter. In diesen Bereichen ist die Klinik eine der führenden Anbieter in Deutschland.



                                                                                             22
Nutzenorientiert
Eine Brandenburgische Klinik geht einen anderen Weg. In Abgrenzung zu innovativen
OP-Techniken oder einer medizintechnischen Hightech-Ausstattung, konzentriert sich
die Klinik auf anthroposophische und erweiterte Heilkunst. Die Abteilungen der Klinik
sind zudem geprägt durch besonders sozialkompetentes Personal. Die Strategie geht
auf. Die Klinik ist bei den Patienten sehr beliebt, wie eine Umfrage der Techniker
Krankenkasse aus dem Jahre 2007 zeigt.


Eine bayrische Rehabilitationsklinik wirbt mit dem Slogan „Gesundwerden und
Wohlfühlen in traumhafter Lage“. Tatsächlich befindet sich diese in bester Lage, mitten
in einer bayrischen Erholungsregion mit herrlichem Bergpanorama. Die Klinik stellt somit
vor allem auf den Patientennutzen ab, in diesem Fall die „Lage“.


Eine große Klinikgruppe verfolgt mit ihrem transparenten Umgang der
Qualitätsergebnisse die Nutzen-Strategie „medizinische Qualität“ (medizinische
Qualitätsführerschaft)


Assoziation
Ein Berliner Krankenhausbetreiber nutzt für sein Marketing die Alternative der
„Assoziationstechnik“. Aufgrund der dominierenden regionalen Stellung im Berliner
Krankenhausmarkt eignet sich die Vermarktung eines Merkmals, das mit der
eigentlichen Krankenhausleistung nichts zu tun hat, jedoch die regionale Verbundenheit
des Unternehmens zum Ausdruck bringt: Mit dem Slogan „Medizin für Berlin“, wirbt die
Klinik auf zahlreichen Werbeplakaten und Buswerbungen in Berlin und naher
Umgebung.


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Kommentar:
Alle Kliniken haben für ihre eingeschlagene Spezialisierungsausrichtung eine Markt-
bzw. Positionierungslücke im regionalen bzw. wettbewerbsrelevanten Umfeld gefunden.
Bei einer Spezialisierung der Klinik - oder auch innerhalb einer Abteilung der Klinik - ist
es außerordentlich wichtig möglichst wenig ähnlich aufgestellte Wettbewerber zu haben,
um eine erfolgskritische Fallzahl auf dem Spezialgebiet zu erreichen.




                                                                                                                  23
Krankenhaus-Marketing bedeutet, sich auf seine Stärken zu besinnen und
zielgruppenspezifische Angebote zu entwickeln. Die Zeiten in denen jede Klinik alles
anbot sind vorbei. Qualität der Leistungserbringung bedeutet nicht nur, die Dinge richtig
zu tun, sondern auch die richtigen Dinge zu tun. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund von
Mindestmengen und BQS-Transparenz hat das Festhalten an alten Strukturen und
weniger gut erbrachten Leistungen eine fatale Konsequenz. Die Patienten wandern ab.
Viele Krankenhäuser scheuen sich noch, ihre Spezialisierungen bzw. das, was sie
besonders gut können, in den Vordergrund zu stellen. Häufig ist damit die Angst
verbunden, der Kunde könnte assoziieren, andere Krankheiten würden weniger gut
behandelt werden. Am liebsten würde man die breite Palette aller möglichen
Erkrankungen auf Fachabteilungsebene abdecken. Dies ist jedoch unrealistisch. Klare
Differenzierung hilft, sich unverwechselbar zu machen. Devise ist: Stärken in den
Vordergrund zu stellen und alle Kundenkontakte zu nutzen, um diese Stärken zu
kommunizieren.


Die Megatrends in der Gesundheitsversorgung von heute heißen Spezialisierung und
Zentrenbildung. Leistungen, die nicht selbst erbracht werden können, jedoch im Hinblick
auf ein sinnvolles „Gesamtpaket“ dem Patienten von großem Nutzen sind, werden mit
Hilfe der „Netzwerkbildung“, dem dritten Megatrend, realisiert. Verknüpfungen zwischen
Sektoren, im Sinne einer Schnittstellen optimierten, integrierten Versorgung, werden
weiter zunehmen. Strategische Vernetzung zu bilden heißt, gemeinsam mit der
Klinikführung nach geeigneten Partnern zu suchen, diese auszuwählen und
einzubinden.


Die aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis einer Strategiebildung.
Wo ist die Abteilung stark, wo schwach im Vergleich zum Wettbewerber? Was kann das
Haus besonders gut? Was passt zu uns? Was unterscheidet uns von den
Wettbewerbern? Wo möchten wir stehen? Wo sind die Zukunftschancen am größten?
Treffen die Stärken auf die Chancen des Marktes? Wo besteht derzeit noch eine
Positionierungslücke, die man besetzten kann?


Natürlich sind nicht alle Formen der Spezialisierung auf jedes beliebige Haus
übertragbar und sinnvoll. Sie müssen zum Unternehmen passen. Zur Vermarktung
eignen sich nur tatsächlich vorhandene Stärken der Abteilung. Künstlich erzeugte oder
schwache Alleinstellungsmerkmale wie etwa eine „kirchliche Trägerschaft“, die per se
eine Zuwendungsstarke Klinik implizieren soll, reichen nicht aus. Versorgungsauftrag,

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Tradition, ärztliche Leitung sowie personelle, technische oder finanzielle Ressourcen
beeinflussen die Richtung bzw. beschränken die Bandbreite der Strategieoptionen.


Aus Fachabteilungen werden Kliniken
Eine Strategie zur besseren Befriedigung immer differenzierterer Kundenanforderungen
unterschiedlichster Patienten- bzw. Indikationsgruppen, kann die Erstellung eines
differenzierteren Angebots sein. Da einzelne Fachabteilungen immer „Teil des Ganzen“
im Krankenhaus sind (gleiches Gebäude, gleiche Hygiene, gleiche Führung für alle
Abteilungen), bestehen Grenzen einer differenzierten Angebotserstellung. Mehr
Möglichkeit zu einer Gestaltung des Profils bietet eine Herauslösung der Abteilung aus
der Krankenhausorganisation oder des Klinikgebäudes. Folgende Fallbeispiele
verdeutlichen die Strategie:


                  Fallbeispiele: Fachabteilung werden Einzelmarken
Um die Reputation und den überregionalen Erfolg der orthopädische Abteilung im
Bereich Endoprothetik weiter zu fördern, lagerte das süddeutschen Klinikum die
Abteilung aus und gründete eine Tochterklinik für Endoprothetik. Die Spezialklinik für
Gelenkersatz firmiert nun unter dem Dach der Mutterklinik, aber mit einem eigenen, zum
Leistungsangebot passenden Markennamen. Ein eigener Webauftritt unterstreicht die
Eigenständigkeit der Marke. Durch die Konzentration der Klinik auf die Leistungen der
Endoprothetik, die im eigenen Hause entwickelten Behandlungsmethoden und eine
erfolgreiche Kombination von routiniert-bewährten Vorgehensweisen, mit stetiger
Integration neuer Erkenntnisse sowie technischer Innovation, unterscheidet sich die
Klinik von ihren direkten Mitbewerbern.


Eine ähnliche Strategie verfolgt eine süddeutsche Uniklinik. Im Bereich der
Schönheitschirurgie wurde dort erkannt, dass die Abteilung für „plastische Chirurgie“ bei
den Patienten noch mehr Erfolg haben könnte, wenn sie die spezifischen Erwartungen
dieser Patientengruppe „Schönheitschirurgie“ hinsichtlich der damit verbundenen hohen
Erwartungen an Räumlichkeit und Ambiente erfüllt. So zog die Abteilung aus dem tristen
Universitätsbau aus und in einen neuen, eigenen Bau ein. Ein neuer Klinikname wurde
kreiert. Die neue Klinik ist nun eine hochmoderne Privatklinik für Ästhetisch-Plastische
Chirurgie. Dabei sind die leitenden Ärzte „Uniklinik-Abteilung für plastische Chirurgie“
gleichzeitig auch die Akteure der ausgelagerten Klinik. Es wurde also gezielt eine
exklusive Umgebung geschaffen, die zur Schönheitschirurgie passt. Diese hätte man im
eigentlichen Klinikum nicht erreichen können. Zusätzlich wurde eine Kooperation mit
ausgewählten Sterne-Hotels geschlossen, um Patienten neben einer fachgerechten



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Behandlung einen gehobenen Service für die Nachbehandlungs- und Genesungsphase
anbieten zu können.




Zentrenbildung
Das Konzept der Zentrenbildung soll neben Synergie- und Einspareffekten im Kern eine
patientenorientierte Zusammenarbeit der einzelnen Fachabteilungen garantieren und
damit dem Marketingziel „Patientenzufriedenheit“ dienen. Die Zentren sollen sich an
Behandlungspfade ausrichten und dadurch einen reibungslosen und effizienten Ablauf
bei Therapie und Diagnostik gewährleisten. Durch die enge Fächerverzahnung und
Reduzierung der Schnittstellenprobleme wird gleichzeitig der wissenschaftliche
Austausch verstärkt. Für viele Kliniken besteht darin aber auch die Möglichkeit, die
eigene Kompetenz besser nach außen zu kommunizieren und so für Patienten und
Einweiser attraktiver zu sein. Aus unübersichtlichen und zahlreichen
Fachabteilungsbezeichnungen werden überschaubare, patientenverständlichere
Zentrumsbezeichnungen. Zudem suggeriert der Begriff „Zentrum“ dem Patienten eine
gewisse Exponiertheit gegenüber einer „normalen“ Fachabteilungsbezeichnung. Da der
Zentrumsbegriff nicht geschützt ist, kann er beliebig verwandt werden. Zu beachten ist
daher, dass sich die eigene Zentrumsbildung gemäß oben genannten
Qualitätsmerkmalen in Abgrenzung zu eventuellen „Mogelpackungen“ anderer Anbieter
hervorhebt.


                             Fallbeispiel: Zentrenbildung
Das zweitgrößte kommunale Krankenhaus Deutschlands, mit 23 Fachkliniken und 1751
Betten, hat die Fachabteilungen in acht Zentren zusammengefasst. Die Klinik versucht
die Zentrumsbildung offensiv nach außen zu vermarkten. Dazu erhalten die Zentren ein
jeweils individuelles, gestalterisches Erscheinungsbild (Corporate Design oder „CD“) in
Form eines Zentrumlogos inklusive „Zentrumsfarbe“, „Schrift“ etc. Teilweise verfügen die
Zentren sogar über eigene Website oder haben zumindest eine exponierte Position
innerhalb des Webauftritts. Durch diese Vermarktungstechnik werden die Zentren in der
Wahrnehmung des Patienten als bedeutende „Kompetenzzentren“ der Klinik
wahrgenommen. Neben dem Kliniklogo existieren nun eigene Produktlogos, die einen
produkt- und kundenorientierten Auftritt in Richtung einer echten Markenpolitik
unterstützen. Für folgende Zentren wurde ein eigenes „CD“ realisiert: Brustzentrum,
Herzzentrum, Kontinenzzentrum, Tumorzentrum, Wirbelsäulenzentrum, Kinderzentrum,
Sozialpädiatrisches Zentrum / Neuropädiatrie.




                                                                                         26
Abteilungsstrukturen befinden sich im Wandel, wie die Fallbeispiele zeigen. Ob ganze
Abteilungen vom Klinikum verschwinden, sich zu einer eigenen Marke weiterentwickeln
oder sich innerhalb einer Zentrumsbildung neu aufstellen. Die Abteilungsführung ist
gefordert den Trend hin zu einer mehr patientenorientierten Versorgung selbst
mitzugestalten.



7.3.3 Die Marketingpolitik


Nachdem die strategische Marketingplanung erarbeitet wurde, erfolgt die Umsetzung.
Hauptaufgabe der operativen Marketing-Planung besteht darin, die
Marketinginstrumente der Strategie entsprechend zu koordinieren und integrieren. Die in
Kapitel 7.2.1 aufgezeigten Besonderheiten des Klinikmarktes beeinflussen die
Instrumente und deren Anwendbarkeit innerhalb des klassischen Marketing-Mix
nachhaltig. Der Krankenhaus-Marketing-Mix ist im Wesentlichen auf zwei seiner vier
klassischen Bestandteile reduziert. Dies schränkt den Spielraum der Marketingpolitik
einer Klinikabteilung ein (Abb. 5).


                             Krankenhaus-Marketing-Mix



        • Leistungs- und Servicepolitik    • Preis- und Konditionspolitik
        • Kommunikationspolitik            • Distributionspolitik


                  Voll anwendbar               Nur teilweise anwendbar



Abb. 5: Der klassische Marketing-Mix ist im Krankenhaus nur eingeschränkt anwendbar
Quelle: eigene Darstellung


Ergänzt wurden diese vier klassischen Marketingfelder vor allem hinsichtlich des
Dienstleistungsmarketing um


   •   Personalpolitik
       Welche sind die Kapazitäts-, Informations- und Qualifizierungsbedürfnisse für
       das Personal (Quantität, Qualität, Schulungsbedürfnisse, interne Kommunikation,
       Incentiveprogramme, Personalauswahl, -führung, -entwicklung)?




                                                                                       27
•   Prozesspolitik
       Welche sind die relevanten Prozesse und wie sind die Prozesse gestaltet (von
       der Anfahrt über die Parkplatzsituation bis hin zur Entlassung)?


   •   Ausstattungs- und Umfeldpolitik
       Welche physikalische Ausstattung soll vorhanden sein (z. B. Art des Gebäudes,
       Ambiente, Beschilderung, Patientenwarteraum, Patientenzimmer, Rezeption,
       Geräte, Sauberkeit)?




Leistungs- und Servicepolitik
Die Leistungs- und Servicepolitik ist neben der Kommunikationspolitik das wichtigste
Marketinginstrument für Kliniken. Aufgabe der Leistungs- und Servicepolitik - auch
„Produktpolitik“ genannt - ist es, zu definieren, welche Leistungen überhaupt angeboten
werden sollen (Sortiment), ob neue Leistungen hinzukommen und ob Leistungen
verändert oder gar eliminiert werden sollen. Eine Anpassung an den Wettbewerb und
Neupositionierung des Krankenhauses kann mit einer Veränderung des
Leistungsspektrums, also der Fachabteilungsstruktur einhergehen. Vor dem Hintergrund
eines verstärkten Spezialisierungstrends im Krankenhauswesen können
Fachabteilungen ganz neu gebildet werden, aber auch organisatorisch derart nach
Schwerpunkten untergliedert werden, dass innerhalb bestehender Hauptabteilungen
neue Unterabteilungen, Leistungsbereiche o.ä. entstehen, die krankenhausintern ggf.
sogar als "Fachabteilung" bezeichnet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die
organisatorische Zusammenfassung von Fachabteilungen zu einer größeren Einheit
(siehe Zentrumsbildung). Mit einer Spezialisierung ist ebenfalls verbunden, wenn
Krankenhäuser eine nicht primär ihr Kernleistungsspektrum betreffende Fachabteilung
auflösen oder Abteilungen zusammenlegen oder umwandeln. Kernleistung des
Krankenhauses ist die medizinische und pflegerische Versorgung. Nebenleistungen sind
die Hotelkomponenten wie das Essensangebot, Zimmerausstattung etc. Weitere
Leistungsbereiche wie Wahlleistungen, Fahrdienst, Patientenveranstaltungen etc. bilden
die Serviceleistungen. Die beiden Elemente „Kernleistung“ und „Nebenleistung“ bilden
den Grundnutzen der Dienstleistung „Krankenhaus“. Die Serviceleistungen stellen den
Zusatznutzen dar. Bei identischer Erfüllung des Grundnutzens zweier Einrichtungen ist
bei der Klinikwahl oftmals das Vorhandensein von besonderen Serviceleistungen
(=Zusatznutzen) entscheidend.




                                                                                       28
Fallbeispiel: Leistungs- und Servicepolitik
Die Abteilung für Kardiologie einer bayrischen Herz- und Gefäßklinik stand kurz nach der
Markteinführung des medikamentenbeschichtete Stens vor der Überlegung, diesen auch
bei Kassenpatienten einzusetzen, gleichwohl eine Zusage zur Kostenübernahme seitens
der GKV nicht vorlag. Im Rahmen einer bereits vor Jahren definierten Qualitätsstrategie
zur Differenzierung gegenüber dem direkten Wettbewerber, entschied sich die Abteilung,
den Aufpreis der teureren Stents selbst zu übernehmen und damit die medizinische
Innovation/medizinischer Nutzen direkt und kostenlos an den Kunden weiterzugeben.
Die Entscheidung war die logische Konsequenz einer Leistungs- und Servicepolitik, die
sich aus der aktuellen Premium-Positionierung der Klinik ableitete.


Kommunikationspolitik
Kommunikationspolitik subsumiert alle zielgerichteten Maßnahmen, die zur Steuerung
von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen der Zielgruppen
eingesetzt werden. Durch die Kommunikationspolitik soll der Bekanntheitsgrad oder das
Produktwissen bei den Patienten gesteigert, ihr Empfinden gegenüber der Klinik und
deren Leistungen verbessert und schließlich das Verhalten nachhaltig beeinflusst
werden. Die Kommunikationspolitik nutzt folgende Instrumente: Werbung,
Verkaufsförderung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring, Messen und
Veranstaltungen. Zu den wichtigen Kommunikationsmedien gehören: Zeitung,
Zeitschriften, Folder, Broschüre, Buch, Brief, Plakat, Telefon, Film, Radio, Fernsehen,
Internet und eMail.


               Fallbeispiel: Kommunikationspolitik (hier: Sponsoring)
Um im hart umkämpften regionalen Markt bestehen zu können und insbesondere das
angeschlagene Image zu verbessern, engagiert sich eine schwäbische Fachklinik für
Orthopädie bei einem der größten deutschen Mountainbike-Rennen mit über 2.000
Teilnehmern. Massen-Sportarten wie Fahrradfahren wecken Emotionen und passen
zum Profil einer orthopädischen Klinik, die auch viele Sportverletzungen behandelt. Als
Sponsorpartner ist die Klinik in allen Print- und Online Medien mit Logo und
Kurzbeschreibung über das Leistungsspektrum vertreten. Der Veranstalter erwartet
neben den über 2.000 Teilnehmern mehrere tausend Zuschauer aus dem relevanten
Einzugsgebiet der Klinik. Das Sponsoring Engagement der Klinik steigert den
Bekanntheitsgrad und lädt das sonst so negativ belegte Krankenhausimage positiv auf.




                                                                                          29
Distributionspolitik
Die Distributionspolitik befasst sich mit der Frage, auf welche Weise sowie auf welchen
Wegen die Produkte oder Leistungen zu den Käufern gelangen. Die Distributionspolitik
spielt bis dato in Kliniken eine untergeordnete Rolle. Denn Klinikleistungen sind
Dienstleistungen und werden an Ort und Stelle erbracht. Eine in Zukunft verstärkt
notwendige marktorientierte Ausrichtung weist jedoch neue Möglichkeiten in der
Distributionspolitik: 14 Transsektorale Produkte, ermöglicht durch die integrierte
Versorgung (IV), und die Begleitung vor allem chronisch kranker Menschen in den
verschiedenen Stadien und allen Krankenheitsphasen (DMP), bieten neue Chancen. So
wird die Dienstleistung komplexer und nicht mehr nur im Krankenhaus, sondern auch am
Wohnort des Patienten, im ambulanten Rehabilitationszentrum, während eines
Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege und beim Hausarzt nach einem einheitlichen Konzept
durch das Krankenhausunternehmen und seine Vertrags und Kooperationspartner
erbracht. Telemedizinische Verfahren und der Vormarsch der elektronischen
Kommunikation mit dem Patienten und seinen vielfältigen Behandlern lösen
Dienstleistungen vom physikalischen Ort. Die Installation einer (ausländischen)
Niederlassung kann zudem eine neue, interessante Absatzoption für
wachstumsorientierte Kliniken sein. Absatzmittler, in Form internationaler
Patientenagenturen, helfen Kliniken, zahlungskräftige ausländische Patienten zu
akquirieren.


Preis – und Konditionspolitik
Die Preis – und Konditionspolitik bestand in der Vergangenheit hauptsächlich aus den
Budgetverhandlungen. Auch in diesem Bereich eröffnen sich neue Horizonte. Die
Wahlleistungspreispolitik gewinnt seit Jahren immer mehr an Bedeutung. Zudem werden
die neuen Spielräume der Preisfestsetzung im Rahmen der Modelle zur Integrierten
Versorgung genutzt. Zwischen den Anbietern der Gesundheitsleistung und den
Kostenträgern können vertraglich gebundene Rabattsätze, Garantieleistungen oder
kostenlose Serviceleistungen, wie etwa ein Fahrdienst, festgesetzt werden. Für Kliniken,
die über ein hohes Aufkommen an ausländischen Patienten verfügen, kann sich die
Preispolitik auch ausserhalb der DRG-Preise bewegen. Möglich sind Formen von
Fixpreisen, die vom Fallverlauf unabhängig sind und dadurch den ausländischen
Patienten im Vorfeld einer Behandlung Sicherheit über den Endpreis geben.




14
 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für
Gesundheitsunternehmen, 2004.

                                                                                       30
7.3.4 Die richtige Organisation für das Klinikmarketings?
Marketing ist Chefsache. Dies gilt sowohl für die Administration der Klinik als auch für
leitende Ärzte. Dabei ist eine sinnvolle Organisation, Steuerung und Zusammenarbeit
zwischen den Marketingverantwortlichen besonders wichtig, um die gesteckten Ziele zu
erreichen. Marketing kann als Führungskonzept verstanden werden, das alle
Unternehmensfunktionen umspannt. Marketing kann also nicht von der
Marketingabteilung allein betrieben werden. Doch wie sind Marketingaufgaben
organisatorisch zu verteilen? Nur wenige Kliniken haben bisher das Marketing
organisatorisch in ihre Aufbauorganisation eingegliedert. Auch haben viele Kliniken
Mitarbeiter für die „Öffentlichkeitsarbeit“. Der Begriff „Marketing“ wird wenig verwendet
und oft auf die Funktion „Öffentlichkeitsarbeit“ reduziert. So erstaunt es auch nicht, dass
viele Gelder in ungeplante, unstrukturierte und aktionistische Maßnahmen einfliesen. Die
anschließenden hausinternen Diskussionen über die Wirksamkeit der Ausgaben sind
vorprogrammiert und „das subjektive Gefallen“ wird dann leider häufig zu unrecht der
Beurteilungsmaßstab.15 Abbildung 6 zeigt, welche Anspruchsgruppen zum erweiterten
Kreis der Marketingverantwortlichen gehören. Zwischen diesen Funktionen sind
strategische wie operative Marketingaufgaben zu verteilen, abzustimmen und zu
kontrollieren:

                        Presse-Öffentlichkeitsarbeit
                                                       Konzern-Marketing
                               Marketing
                            Produktmanager
                             Praxisbetreuer
                                                                              externe
                                                                           Werbe-Agentur /
         Geschäftsführung /                                                  Beratung
         Verwaltungsleitung


                                                                           Ärztlicher Direktor
           Patienten-                         leitender
           verwaltung
                                                 Arzt

            Fallmanager                                                         Sozialdienst



                                                                       Qualitäts-
                        Servicemanager/
                                                                      management
                         Wahlleistungs-
                            manager
                                                Pflegedienstleitung



15
 Bauer, J.: Marketingorganisation im Krankenhaus – vom Aktionismus zum professionellen
Marketing, 2004.

                                                                                            31
Abb. 6: Marketing relevante Funktionen im Krankenhausbetrieb
Quelle: eigene Darstellung


Während die Geschäftsführung für die generelle strategische Stoßrichtung des
Klinikums verantwortlich ist, sind die oft in Stabstellen organisierten Mitarbeiter der
Marketingabteilung für das operative Marketing bzw. die Feinkonzeption und Umsetzung
der Marketingstrategie zuständig. Oft hilft eine externe Werbeagentur bei gestalterischen
oder textlichen Aufgabenstellung. Die ärztlichen Leitern sind für die
indikationsspezifische Medizinstrategie (insbesondere das Einweisermarketing) und
somit auch für produktpolitische Bereiche zuständig. Spezielle Aufgaben im
Kundenverhältnis übernehmen die Funktionen Patientenverwaltung, Fallmanager (siehe
dazu mehr Kapitel 7.4.3), Sozialdienst und Service- bzw. Wahlleistungsmanager.
Darüber hinaus ist eine enge Verzahnung zum Qualitätsmanagement wichtig,
insbesondere im Hinblick auf Patientenorientierte Prozesse im Klinikalltag. Hier kann
das Marketing das Qualitätsmanagement unterstützen und umgekehrt. Die Aufgabe
eines Praxismanagers ist die Gewinnung und Bindung von Hauptzuweisern. Damit
entlastet der Praxismanager die Abteilungsführung bei der Pflege niedergelassener
Kollegen.


In Industrieunternehmen gibt es neben der Marketingleitung und Sachbearbeitern die
Funktion des Produktmanagers. 16 Da medizinische Leistungen zunehmend als Produkte
verstanden werden können, ist die Installation eines Produktmanagers eine denkbare
Option, vor allem bei größeren Kliniken und Abteilungen. Alternativ wäre es auch
möglich, klassische Aufgaben eines Produktmanagers auf bereits existierende
Funktionen aufzuteilen bzw. zu delegieren (z.B. Referent der Geschäftsleitung,
Stationsarzt, Marketingreferent, Sekretariat).


Im Wesentlichen lassen sich die Aufgaben eines Produktmanagers folgendermaßen
zusammenfassen: 17
      •   Entwicklung einer langfristigen Strategie für das Produkt bzw. Leistung (z.B.
          Hüftoperation)
      •   Erstellung eines jährlichen Marketingplans und einer jährlichen Umsatzprognose
      •   Zusammenarbeit mit externen Marketing- und Kommunikationsagenturen
      •   Motivation der „Verkäufer“ und der Distributionspartner für das Produkt

16
     ebenda
17
     ebenda


                                                                                          32
•   Fortlaufende Sammlung von Informationen über Entwicklungen der Leistung am
       Markt, über Einschätzung der Patienten und Kunden sowie Multiplikatoren zu
       Chancen, Risiken und Problemen
   •   Systemtische Wettbewerberanalyse
   •   Initiieren von Produktverbesserungen (z.B. Anpassung an veränderte
       Marktbedürfnisse)
   •   Überwachung der Qualität und Quantität der medizinischen
       Leistungeserbringung
   •   Standardisierung der Leistungsprozesse
   •   Weiterentwicklung des Produktportfolios – insbesondere im Hinblick auf
       Sortimentsbreite – und – tiefe (z.B. Integrierte Versorgung)


Für die Abteilungsführung gilt es, die aufgezeigten Strukturen und personellen
Ressourcen für die eigene Abteilung bestmöglich zu nutzen, um optimale
Voraussetzungen zur Etablierung eines professionellen Patientenmarketings zu
schaffen.




7.4 Patientenmarketing

7.4.1 Die Bausteine des Erfolgs


Im Kapital „Strategie“ wurden die Zielgruppen des Klinikmarketings genannt.
Zielgruppenspezifisches Marketing ist gerade im Krankenhaus aufgrund der
Fragmentierung der Kundenfunktion wichtig (siehe Kapitel 7.2.1). Die neben den
Einweisern wichtigste Zielgruppe für das Krankenhaus sind die Patienten. Für diese
Zielgruppe werden deshalb nachfolgend die erfolgskritischen Faktoren beleuchtet und
mittels marketingpolitischen Instrumentariums passgenaue Maßnahmen vorgestellt.


Erster und grundlegender Baustein im Patientenmarketing sind die in Kapitel 7.3.1
beschriebene Einzugsbietsanalyse sowie die Patientenbefragung. Die Erkenntnisse
daraus ermöglichen eine zielgerichtete Aufstellung von Maßnahmen zur Gewinnung von
neuen und Sicherung von alten Patientenkreisen.


Dabei müssen sich die Marketingplanungen und deren Umsetzung stets eng an den
Wünschen der Patienten orientieren. Aber welche Bedürfnisse und Erwartungen hat ein



                                                                                      33
Patient? Was sind typische Ergebnisse von Patientenbefragungen? Antwort dazu gibt
die folgende Aufstellung.18


Entscheidungsfaktoren für die Klinikwahl aus Patientensicht
1. Vertrauenswürdigkeit / Ruf
2. Fachliche Expertise und Kompetenz
3. Verhältnis/Beziehung zum Patienten
4. Kommunikation/Information
5. Organisation/Management der Krankenhausversorgung
6. Umgebungsgestaltung/Atmosphäre


Alle sechs Erfolgsfaktoren können durch Marketing positiv beeinflusst werden. Denn
Patientenmarketing heißt nichts anderes als alle unternehmerischen Aktivitäten an den
Wünschen der Kunden auszurichten. Die Erwartungen und Wünsche der Patienten
werden nachfolgend im chronologischen Zusammenhang erläutert. Abbildung 7 zeigt,
welche Parameter entscheidenden Einfluss auf die Patientenzufriedenheit während einer
bestimmten zeitlichen Phase haben.


       1. Ruf / Vertrauenswürdigkeit        7. Patientenaufnahme             14. Übergabe /
       2. Nähe/Erreichbarkeit               8. Kommunikation                     Kommunikation
       3. Informationseinholung                 (Begrüßung auf Station,          Klinik - Arzt
          (Hausarzt, Bekannte,                  Erstgespräch, Visite..)      15. Weiterbehandlung (IV)
          Broschüren, Vorträge,             9. Service/Organisation          16. Heilungsverlauf
          Klinikwebsites, Vergleichs-       10. Hygiene/Gepflegtheit         17. After Sales (Newsletter)
          Portale, Presseberichte…)         11. Behandlung(serfolg)          18. Weiterempfehlung?
       4. Krankenhausauswahl                12. Entlassung                   beeinflusst wiederum Ruf
       5. Infos vor Aufnahme                13. Erwartung erfüllt?           der Klinik, Arztmeinung,
       6. Erwartungshaltung                                                  Bekannte…

             Vor Aufenthalt             Während Aufenthalt                Nach Aufenthalt




Abb. 7: „Points of truth“ - Erfolgsfaktoren aus Sicht der Patienten
Quelle: Eigene Darstellung




18
  Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse,
2006.

                                                                                                            34
7.4.2    Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen


Der Ruf eilt einem voraus, heißt es. Das trifft auch auf das Krankenhaus zu, da es dort
oft um Leben und Tod geht. Dies weckt Emotionen und fördert eine Ruf- und
Imagebildung. Das Image ist die Gesamtheit aller Einstellungen, Urteile und Vorurteile
gegenüber einem Leistungsträger. Vertrauenswürdigkeit stellt dabei einen wesentlichen
Erfolgsfaktor dar.


Vertrauenswürdigkeit
Vertrauenswürdigkeit heißt, verlässlich, seriös, glaubwürdig zu erscheinen und dabei
Sicherheit auszustrahlen. Vertrauenswürdigkeit hat daher immer mit überzeugender
fachlicher Kompetenz zu tun, umfasst aber auch emotionale und normative
Implikationen und zielt auch auf das Verhältnis zum Patienten, die Kommunikation und
Information sowie Organisation der Krankenhausversorgung.


Informationseinholung / Informationsquellen
Patienten erwarten von der Krankenhausabteilung eine qualitativ hochwertige
medizinische Behandlung und die Vorhaltung eines differenzierten, spezialisierten
diagnostischen und therapeutischen Angebots. Sie erwarten aber auch eine qualifizierte
pflegerische Versorgung und eine gute Patientenbetreuung.19 (Siehe dazu Kapitel
„Strategie“). Die Schwerpunkte der Klinik sind im Rahmen der Kommunikationsstrategie
der Abteilung entsprechend zu kommunizieren. Geeignete Medienkanäle sind
Homepage, Krankenhausportale, Qualitätsbericht, Abteilungsbroschüren,
Patientenzeitung, Telefonaktionen, Web-TV / Film.
Die Medien Homepage und Qualitätsbericht werden in Zukunft immer wichtiger. Die
Verbreitung des Internets in der Bevölkerung steigt - auch innerhalb der 40-60 Jährigen -
rasant an. Der Qualitätsbericht wird aufgrund der neuen gesetzlichen Anforderungen zur
Veröffentlichung der BQS-Indikatoren für Patienten immer aussagekräftiger. Deshalb ist
es für die Klinikabteilung wichtig, gerade in diesen Medien stark präsent zu sein. Auf
einer Klinikwebsite sollte die Abteilung schnell gefunden werden. Eine Suchfunktion
nach leitenden Ärzten auf der Startseite kann dazu eine Hilfe sein. Die Einrichtung
spezieller Internetadressen für einzelne Abteilungen wie etwa www.herzchirurgie.de für
die Abteilung Kardiochirurgie, www.ms-zentrum.de für eine Neurologische Abteilung
oder www.brust-op.de für die Onkologie etc. unterstützt eine professionelle Wirkung und

19
     ebenda


                                                                                          35
erleichtert die Auffindbarkeit. Ein Suchfeld in dem der User mach „Kompetenzdiagnosen“
der Klinik suchen kann, oder sich entlang eines „Körperkompasses“ über eine
Organsystematik zu der relevanten Fachabteilung klicken kann tragen dem Bedürfnis
des Patienten nach schnellem Informationszugang Rechnung. Zudem sollte bei der
Google Suche nach Abteilungsbeschreibenden Stichworten wie z.B. Herz-OP, Bypass,
Parkinson etc. die eigene Abteilung als Treffer vorkommen.


Wichtig bei der Umsetzung über alle Medien hinweg ist des professionelle „Corporate
Design“ (CD). Dies bedeutet ein einheitliches visuelles Erscheinungsbild mit klar
definierter Verwendung von Logo, Hausfarben, Hausschrift. Auch der Einsatz
kommunikationspolitischer Instrumenten sollte im Rahmen der „Corporate
Communication“ abgestimmt sein. Die Rolle des „Corporate Behaviour“, also das
Verhalten der Mitarbeiter untereinander sowie das Verhalten gegenüber Kunden wird im
Kapitel XY näher beleuchtet.


Informationen vor der Aufnahme
Nachdem die Entscheidung für eine Klinik gefallen ist, wird ein Termin für den Aufenthalt
des Patienten vereinbart. Im Anschluss daran ist es sinnvoll, bereits vor der Aufnahme
aktiv werden. Zum Beispiel können Unterlagen zur Klinik, zur Abteilung, zur speziellen
Behandlungsmethode, zum Arzt usw. zugesandt werden. Auch abrechnungsrelevante
Dokumente können zur Information beigelegt werden, damit der Patient sich die Papiere
in aller Ruhe ansehen kann. Sollte der Patient die Kriterien zur Teilnehme an der
Integrierten Versorgung fallen, nützt eine über die Vorteile informierende Broschüre. Mit
diesen Maßnahmen können dem Patienten bereits im Vorfeld Unsicherheiten über den
Klinik-Ablauf genommen oder zumindest gemildert werden und über die speziellen
Angebote der Klinik informiert werden. Ein gut informierter Patient beschleunigt zudem
die Aufnahmezeit in der Klinik.


Der Patient stellt sich kurz vor dem Aufenthalt vor, wie es in der Klinik sein wird. Er
macht sich ein fiktives Bild im Kopf und hat eine individuelle Erwartungshaltung. Diese
gilt es während des Aufenthalts zu erfüllen oder noch besser, zu übertreffen.
Serviceorientierung ist dabei ein entscheidender Faktor.




                                                                                          36
7.4.3 Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt


In der Beziehung zum Patienten während eines Klinikaufenthaltes sind laut einer
Studie20 acht Erfolgsfaktoren ermittelt worden: 1. Respekt, 2. Interesse an ihrer
psychosozialen Situation, 3. Empathie bzw. Sympathie, 4. Interesse an ihrer
biografischen bzw. ihrer Lebenssituation, 5. Partizipation und Einbeziehung in
Entscheidungen, 6. Sorgfältige Vorbereitung auf die Therapie, 7. Vertrauen und
Verständnis, 8. Verbindlichkeit. Andere Studien nennen Merkmale wie Ansprechbarkeit,
Einbeziehung des Patienten in Entscheidungen, Bereitschaft, Patienten in ihrer
Autonomie zu respektieren, aber auch ihre Befürchtungen und Ängste zu akzeptieren,
ihnen nicht zusätzlich zu schaden.21


Viele dieser Erfolgsfaktoren in der Beziehung zwischen Patient und Klinik werden bereits
in der ersten Station des Patienten im Krankenhaus einer harten Prüfung unterzogen. In
der Patientenaufnahme geht es um den ersten positiven Qualitätseindruck, der lange
haftet.


Patientenaufnahme
Der erste Eindruck zählt besonderes. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Umso
erschreckender ist deshalb die Tatsache, dass viele Kliniken in der Patientenaufnahme
Geld sparen, indem sie auf serviceerfahrenes Personal – etwa Mitarbeiter mit
Vorkenntnissen aus dem Hotelbereich – verzichten. Neben einer freundlichen und
zuvorkommenden Empfangsdame, die den Patienten mit einem Lächeln begrüßt und die
Aufnahme- und Abrechnungsprozedur durchführt, empfiehlt es sich besonders bei
älteren und dementen Patienten die Einrichtung eines Begleitservices. Dieser holt die
Patienten von der Aufnahme ab und führt ihn auf seine Station. Auf dem Weg dorthin
kann zwischen dem Begleitservice (z.B. ein Zivildienstleistender oder ein ehrenamtlicher
Helfer) und dem Patient eine Beziehung aufgebaut werden. Vielen älteren Patienten
wäre damit schon geholfen, die Angst und die Unsicherheit vor dem Unbekannten zu
verlieren. Auch sachbezogene Serviceleistungen, wie etwa ein Bonusheft, können den
Patienten bereits bei der Patientenaufnahme positiv auf das Krankenhaus einstimmen.




20
   Larsson, G./Larsson, B.W./Munck, I.M.: Refinement of the questionnaire 'quality of care from
the patient's perspective' using structural equation modelling, 1998.
21
   Coulter, A.: Patients' views of the good doctor, 2002.

                                                                                                  37
Fallbeispiel: Patientenaufnahme mit Serviceidee
Ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung am Bodensee bietet seinen Patienten
einen besonderen Service an: Ein Bonus-Scheckheft. Es beinhaltet kostenfreie sowie
verbilligte Serviceleistungen und wird während der Aufnahme überreicht. Angebote sind:
Zwei Bons für eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen (auch einzulösen von
Angehörigen), ein kostenloses Probe-Abo der regionalen Tageszeitung, das automatisch
ohne Kündigung ausläuft, ein Gutschein für eine Wellnessbehandlung, eine Ermäßigung
für den Friseurbesuch, ein Parkbon zur Gebührerstattung für Besucher und eine
Einladung zu einer Informationsveranstaltung im Haus. Für „IV-Patienten“ gibt es dazu
ein gesondertes Bonus-Scheckheft mit weiteren Leistungen und Informationen über IV-
spezifische Zusatzleistungen. Der Nutzen: Eigene und fremde Zusatzleistungen werden
auf diese Weise positiv ins „rechte Licht“ gerückt. Das Portfolio an Serviceleistungen
wird kommuniziert, der Patient kann selbst auswählen und der Patient ist positiv
überrascht über einen für Kliniken eher untypischen Service.




Kommunikation22
Besonders wichtig wird aus Patientensicht während des Aufenthalts die Kommunikation
und Information erachtet. Damit ist ein empfindlicher Bereich der
Krankenhausversorgung angesprochen. Denn seit Jahren wird ihr entgegengehalten,
dass die Kommunikation mit den Patienten (aber auch der Akteure untereinander)
unzureichend ist und die hier üblichen Muster der Kommunikation und Interaktion
dringend revisionsbedürftig sind. Kommunikationsdefizite zeigen sich schon bei der
Abklärung und Mitteilung der Diagnose – ein Abschnitt im Krankheitsverlauf, der oft
bereits einer Odyssee gleichkommt und vielfach eher durch hilflose Nicht-
Kommunikation, denn durch würdevolle und sensible Verständigung mit den Patienten
und ihren Angehörigen gekennzeichnet ist. Kommunikationsdefizite werden auch dann
sichtbar, wenn es darum geht, die Behandlung festzulegen – ein Schritt, der meist ohne
partizipative Einbeziehung des Patienten erfolgt. Defizite werden auch darin offenbar,
dass Patienten sich unzureichend über die (medikamentöse) Therapie und deren
Implikationen informiert fühlen.


Patienten möchten die Gewissheit haben, dass sie ausreichend informiert werden, dass
ihnen zugehört wird und sie mit ihren Äußerungen nicht auf Ignoranz, sondern auf
Resonanz und Interesse stoßen. Zudem wünschen sie sich eine ausreichende

22
  Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse,
2006.

                                                                                            38
Ansprechbarkeit der Klinikmitarbeiter. Sie möchten so informiert werden, dass sie die
erhaltene Information nachvollziehen und verstehen können. Schließlich – auch das ist
ein wichtiger Aspekt – erwarten sie, dass ihnen genügend Zeit zur Verfügung steht, um
die Information zu verarbeiten und ggf. Rückfragen stellen zu können. Diese Erwartung
richten sie an die sie behandelnden Ärzte, wie auch an das Pflegepersonal.23


Ein Instrument, um diese Patientenwünsche zu erfüllen, ist der Fallmanager.


Fallmanager: Ärzte entlasten und den Patienten in den Mittelpunkt rücken
Fallmanager (auch „Case-Manager“ genannt, da Ursprung in USA) nehmen Patienten
auf, organisieren Behandlungen und schleusen sie durch die Stationen - bis zur
Entlassung. Alle nicht-ärztlichen Aufgabenfelder, die um den Patienten gruppiert sind,
werden organisatorisch zusammengefasst. Dazu gehören: die Pflege, die
Funktionsdienste, die medizinisch -technischen Dienste, die Therapiebereiche, die
Sozialberatung, der Stationsservice und die Seelsorge. Der Patient und sein
Versorgungsprozess werden konsequent in den Mittelpunkt gestellt. Die
Interessenvertretung von einzelnen Berufsgruppen findet erst nachrangig statt. „Soviel
Krankenhaus wie nötig – sowenig Krankenhaus wie möglich“ ist eines der Leitmotive.
Ziel dieses Ansatzes ist es, Abläufe zu straffen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden
und für den Patienten und die Angehörigen möglichst viel Transparenz und aktive
Beteiligung in das Versorgungsgeschehen zu bringen.




                               Fallbeispiel: Fallmanager
Dagmar Clauß ist examinierte Krankenpflegerin und arbeitet als Fallmanagerin. In dieser
Funktion steuert sie den Strom der Patienten: Sie bestellt Patienten ein und organisiert
deren Aufenthalt bis zur Entlassung. Dafür bietet ihr Arbeitsgeber, eine Universität,
eigens eine Spezialausbildung an. So sieht eine Besprechung mit Patienten aus:
Dagmar Clauß klärt auf über die bevorstehenden Behandlungen, fragt nach
Vorerkrankungen, notiert die Diagnosen des Hausarztes. Ein Segen für die
Stationsärzte, die von dieser Aufgabe entlastet sind.




23
     Ebenda

                                                                                         39
Servicekräfte: Hotelservice auf der Station
Immer mehr Kliniken delegieren nicht nur einfache ärztliche Tätigkeiten an das
Pflegepersonal. Durch eine konsequente Trennung von Service und Pflege setzen sie
gezielt servicefokussiertes Personal ein, entlasten damit die Pflegekräfte und bieten
einen hotelähnlichen Service. Die Servicekräfte sind mit allen gastronomischen und
hauswirtschaftlichen Serviceleistungen, die man als Gast aus einem Hotel kennt,
betraut. Die Patienten haben damit zusätzlich zum Fallmanager, einen zentralen
Ansprechpartner für den Servicebereich auf der Station und jemanden, der sich darum
kümmert, wenn es um das Erfüllen der oftmals kleinen Wünsche geht, die den
Stationsalltag komfortabel gestalten.


                               Fallbeispiel: Servicekräfte
Eine Klinik im Harz setzt spezial ausgebildete Servicekräften ein, die helfen wo sie
können und gerne auch mal den ein oder anderen kleinen Sonderwunsch erfüllen. So
zum Beispiel sind die Servicekräfte für den „Roomservice“ zuständig, der dafür sorgt,
dass Patienten und Gäste jederzeit kalte und warme Getränke bestellen können. Die
Service-Mitarbeiter entlasten das Pflegepersonal zudem von pflegefremden Tätigkeiten
wie Menüabfragen, Servieren und Abräumen, Patientenbegleitdienst, Beziehen der
Betten, Aufbereitung patientennaher Bereiche, Bestückung der Pflegewagen. In der
Klinik werden Patienten bei ihrer Ankunft von einem „Concierge“ empfangen. Er ist dafür
verantwortlich, Gepäck aufs Zimmer zu bringen, Fragen zu beantworten und dafür zu
sorgen, dass Neuankömmlinge sich sofort wohl fühlen. Die Zufriedenheit der Patienten
konnte so gesteigert und die Anzahl der Beschwerden reduziert werden.




Organisation und Prozesse
Im Bereich der Organisation erwartet der Patient reibungslose Abläufe und kurze
Wartezeiten. Er möchte, dass ihm hinreichend Zeit gewidmet wird und personelle
Kontinuität herrscht. Personelle Kontinuität, kann am besten durch die Einrichtung eines
Fallmanagers und durch die Stationsorganisationsform „Bereichspflege“ sichergestellt
werden. Bei der Bereichpflege arbeitet eine Schwester für einen fest definierten
Patientenkreis eigenverantwortlich, und übernimmt alle pflegerischen Tätigkeiten. Der
Patient erwartet darüber hinaus Flexibilität der Klinikorganisation. Zum Beispiel im
Bereich der Besuchsregeln, Essensoptionen oder etwa bei den Duschzeiten.
Transparenz über die Stationsorganisation und Betriebsabläufe steigern die Akzeptanz
und die Toleranzgrenze des Patienten. Sollte die Toleranzgrenze eines Patienten einmal

                                                                                        40
überschritten sein und sich dies in Form einer Beschwerde offenbart, sollte die Abteilung
auf ein standardisiertes Beschwerdemanagement zurückgreifen können. Im Rahmen
eines Beschwerdemanagement werden Beschwerden ernst genommen, Schwachstellen
aufgedeckt und konstruktive Verbesserungen eingeleitet. Ein Hamburger Krankenhaus
hat sich beispielsweise gemeinsam mit 35 anderen Kliniken in der Region „Hamburger
Erklärung zum Beschwerdemanagement im Krankenhaus“ angeschlossen. Darin
verpflichten sich die Kliniken, dass diese im Fall einer Beschwerde ihr Anliegen auf
einfachem Weg äußern können; dass die Beschwerde verlässlich und zügig bearbeitet
wird und dass die Patienten über Bearbeitung und Ergebnis der Beschwerde so schnell
wie möglich informiert werden.


Entlassung
Das Entlassverhalten ist eine Hauptschwachstelle in deutschen Kliniken. Dort liegen
noch beachtliche Reserven, die es zu heben gilt. Folgende Empfehlungen können dazu
an die Abteilungsführung gerichtet werden:
   •   Erstellung von Arbeitsanweisungen oder Behandlungspfaden zur
       Entlassungsabwicklung
   •   Einsatz speziell qualifizierte Fachkräfte, die schwerpunktmäßig für das
       Entlassungsmanagement bzw. die Patientenüberleitung zuständig sind
       (Fallmanager, Fachkräfte für Pflegeüberleitung o. ä.)
   •   Einbindung des Ärztlichen Dienstes, des Pflegedienstes sowie des
       Sozialdienstes in der Entlassungsplanung
   •   Einsatz standardisierter Assessmentinstrumente zum poststationären Pflege-
       und Versorgungsbedarf sowie Überprüfung der Entlassungsplanung nach der
       Entlassung
   •   Einbindung der Kostenträger und nachsorgenden Leistungserbringer in die
       Entlassungsplanung (z. B. Reha-Kliniken, ambulante und stationäre
       Pflegeinrichtungen)
   •   Organisation des Krankentransports


                    Fallbeispiel: Nachsorgepaket zur Entlassung
Um das Interesse an dem Patienten auch nach einem Klinikaufenthalt zu verdeutlichen
übergibt eine geriatrische Klinik dem Patienten bei der Entlassung ein individualisiertes
„Nachsorgepaket“. Dies beinhaltet Unterlagen des Patienten (z.B. Einnahmeplan der
Medikamente), eine Broschüre mit indikationsspezifischer Video-CD über rehabilitativen
Übungen zu Hause (z.B. Gangtraining zur Sturzvermeidung), Informationsmaterial
passend zur Indikation des Patienten (Schlaganfall, Hüftbruch), eine Liste mit


                                                                                        41
Notfallnummern, Physiotherapeuten, Altenheimen und Hilfsorganisationen. Vorstellbar
wäre auch die kostenlose Übergabe eines Blutdruckmessgerätes bei entsprechender
kardialer Indikation. Das Messgerät könnte von einem Sponsor aus der Medizintechnik
finanziert werden und Startpunkt für eine telemedizinische Betreuung sein.




7.4.4 Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge


Weiterbehandlung / Kommunikation
Die Schnittstelle Krankenhaus zur weiterbehandelten Einrichtung (z.B. Arzt oder
Rehabilitationsklinik) stellt eine besondere Herausforderung für das Abteilungsmarketing
dar. Oft sehen Patienten Mängel in der Kommunikation kurz vor und kurz nach der
Entlassung. Sie fühlen sich teils unzureichend über die nachfolgende (medikamentöse)
Therapie und deren Implikationen informiert und zeigen Unsicherheiten, wie die
nachfolgende (häusliche)
Versorgung weitergeht. Die Kommunikation mit nachgelagerten Leistungserbringen stellt
deshalb einen erfolgkritischen Faktor in der Patientenbeurteilung dar. Mögliche
Ansatzpunkte sind hier ein verbesserter Service nach dem Konzept „alles aus einer
Hand“. Das Ziel: Die Nachsorge für den Patienten organisieren und damit für diesen
erleichtern, im Sinne einer Serviceleistung der Klinikabteilung. Aber auch so einfache
Dinge wie eine schnelle Übersendung des Entlassbriefes an den niedergelassenen Arzt,
entscheiden die Patienten- und Einweiserzufriedenheit mit.




                Fallbeispiel: IV-Produktpaket – alles aus einer Hand
Eine große Krankenkasse und eine norddeutsche Klinik vereinbaren ein besonderes
Produktpaket: Patienten, die eine Hüftoperation benötigen, werden durch eine enge
Verzahnung von der ersten Voruntersuchung bis zur Rehabilitation aus einer Hand
begleitet. Das integrierte Behandlungskonzept sieht unter anderem eine
Hüftsprechstunde, eine gezielte OP-Vorbereitung, enge Absprachen mit den
Nachbehandlern und mehrmalige kostenlose Kontrollen vor. Die Klinik garantiert dabei
nicht nur einen klar definierten Behandlungsstandard, sondern gibt auch eine Garantie
für zehn Jahre. In dieser Zeit wird bei Komplikationen gratis nachbehandelt. Damit wird
das Gesundheitsprodukt „Elektive Hüftenoprothetik“ zu einem fest definierten Produkt,
das sich gegenüber vergleichbaren medizinischen Leistungen durch Transparenz,
garantierte Qualität und Nachhaltigkeit auszeichnet. Solch ein Produktangebot kann



                                                                                         42
Ausgangspunkt für die Entwicklung eines viel zitierten Markenartikels für Kliniken sein.




After Sales
„After Sales“ versteht sich als die Phase nach dem Verkauf einer Dienstleistung an den
Kunden. Mit diesem Marketinginstrumentarium sollen zwei Ziele erreicht werden.
Erstens können „After Sales“ Aktionen die Zufriedenheit des Patienten absichern oder
sogar verstärken. Zweitens bewirkt es indirekt eine verbesserte Weiterempfehlungsrate
des Patienten, was sich wiederum positiv auf die Gewinnung von neuen
Patientenkreisen auswirkt. Ein typisches Beispiel für eine „After Sales“ Maßnahme ist
der Newsletter. Ein Herzinfarkt-Patient erhält etwa von der kardiologischen Abteilung
nach seinem Klinikaufenthalt regelmäßig einen Informationsnewsletter über neueste
Forschungsergebnisse, Therapien oder Medikamente rund um das Thema Herzinfarkt.
Die Klinik bestätigt dadurch auch im Nachgang einer Behandlung ihre Expertenstellung
und einen guten Patientenservice. Eine weitere „After Sales“-Aktion kann die
telemedizinische Betreuung des Patienten zu Hause sein. Oder der Patient wird in
regelmäßigen Abständen – in Abstimmung mit der Krankenkasse – von einem Arzt oder
von einer Pflegekraft zu Hause telefonisch beraten und betreut.


                  Fallbeispiele: After Sales und Kundenbetreuung
Die DAK bietet ihren chronisch Erkrankten Versicherten ab 2008 einen telefonischen
Betreuungsservice an. Speziell ausgebildete Pflegekräfte beraten und betreuen die
Patienten vor und nach einem Klinikaufenthalt. Ein Krankenhaus könnte sich hierbei als
kompetenter Leistungserbringer über die Akut-Versorgung hinaus als Partner profilieren.
Eine kostenlose Klinik-Hotline für ausgewählte „Dauerpatienten“ verstärkt die
Kundenbeziehung zwischen Patient und Krankenhaus.


Ein amerikanisches Krankenhaus nutzt die steigende Verbreitung des Handys. Die Klinik
schickt ihren Patienten drei Tage nach dem Klinikaufenthalt eine SMS-Nachricht und
erkundigt sich nach dem Wohlbefinden. Alternativ versendet die Klinik einen Brief, wenn
keine Handynummer vorliegt.




                                                                                           43
7.4.5 Besondere Patienten, besondere Anforderungen


Unter „besonderen“ Patienten werden hier Privatpatienten, Selbstzahler, ausländische
Patienten und Patienten zur integrierten Versorgung verstanden. Beispielweise kann die
Akquisition von ausländischen Patienten eine positive Ausstrahlung auf das Image der
Abteilung haben. Die Tatsache, überregionale Patienten anzuziehen, legt für Patienten
im Kern-Einzugsgebiet eine gewisse Qualitätsvermutung nah. Doch ausländische
Patienten müssen geworben und entsprechend ihrer besonderen Anforderungen betreut
werden. Wichtige Erfolgsfaktoren für das Ausländermarketing sind:


   •   Sprachliche Kommunikation (eigene Mitarbeiter oder externer
       Übersetzungsdienst)
   •   Servicemanager als „VIP-Betreuer“
   •   Organisation der Patientenverwaltung (Kostenvoranschlagerstellung,
       Abrechnungsmodalitäten, Transaktion, Vorauszahlung, Pauschalpreise)
   •   Kontakte zu Vermittlungsagenturen
   •   Kontakte zu Botschaften
   •   Exklusive Zimmerausstattung (Zimmergröße, Einrichtung, Mobiliar, Technik)
   •   Organisation der Anreise und Weiterbehandlung


Auch für IV-Patienten (Teilnehmer der integrierten Versorgung) müssen spezielle
medizinische Leistungen und Serviceleistungen vorgehalten werden und in die
Klinikorganisation integriert werden. Dies bedingt oft einen getrennten
Behandlungsprozess sowohl medizinisch-pflegerisch als auch verwaltungsseitig. Der
Abschluss und die Umsetzung mehrerer solcher Verträge zur integrierten Versorgung
mit jeweils eigen definiertem Vertrags- und Leistungsinhalt stellt die Kliniken -
insbesondere die Patientenverwaltung - vor enorme Herausforderungen. Eine enge
Abstimmung zwischen den Klinikabteilungen ist erforderlich, um die IV spezifischen
Leistungsinhalte vertragsgetreu umzusetzen. Bei dem Aufbau solchen
kundengruppenspezifischer Prozesse stecken deutsche Kliniken sicherlich noch in den
Kinderschuhen. Sollte sich die fortschreitende Entwicklung der bilateralen Verträge
zwischen den Kliniken und den Krankenkassen in den nächsten Jahren fortsetzen, wird
ein radikales Umdenken und ein kundengruppenspezifisches Reorganisieren von Teil-
Prozessen nötig sein.




                                                                                       44
Marketing ist Chefsache – auch in der Abteilungsführung (Autor: Stefan Krojer)
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Marketing ist Chefsache – auch in der Abteilungsführung (Autor: Stefan Krojer)

  • 1. Marketing ist Chefsache – auch in der Abteilungsführung von Stefan Krojer und Manfred Amedick veröffentlicht im Buch "Abteilungsmanagement für Leitende Ärzte", Kapitel 9, S. 204 – 245 (Herausgeber Wolfgang Hellmann, Holger Baumann, Michael Leonhard Bienert, Daniel Wichelhaus) siehe: http://www.amazon.de/Abteilungsmanagement-Leitende-Ärzte-Wolfgang- Hellmann/dp/3870815256/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1241019059&sr= 1-1 1
  • 2. Über den Autor Stefan Krojer war langjährig bei einem Klinikbetreiber und einem Beratungsunternehmen für Klinikentätig. Nun berät er als selbstständiger Consultant Unternehmen der Gesundheitswirtschaft speziell im Bereich Sachkostensenkung und Erlössteigerung. Mehr zum Autor erfahren Sie unter: http://www.krojer.de http://stefankrojer.blogspot.com 2
  • 3. Inhaltsverzeichnis 7. Marketing ist Chefsache - auch in der Abteilungsführung .......... 4 7.1 Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen Abteilungsmanagement .......................................................................................... 4 7.2 Besonderheiten des Krankenhausmarketings.............................................. 6 7.2.1 Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes ........................ 6 7.2.2 Werbung: Rechtliche Hürden meistern ................................................. 7 7.3 Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien.......................... 12 7.3.1 Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute? ................................. 12 7.3.2 Ziele definieren, Strategien entwickeln................................................ 19 7.3.3 Die Marketingpolitik............................................................................. 27 7.3.4 Die richtige Organisation für das Klinikmarketings – wer macht was? 31 7.4 Patientenmarketing .................................................................................... 33 7.4.1 Die Bausteine des Erfolgs ................................................................... 33 7.4.2 Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen.................... 35 7.4.3 Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt....................... 37 7.4.4 Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge..................... 42 7.4.5 Besondere Patienten, besondere Anforderungen ............................... 44 7.5 Patientenströme sichern durch Einweisermarketing................................... 45 7.6 Mitarbeiter zu Marketing-Akteuren machen................................................ 51 7.7 Positionierung als Experte – PR-Beispiele ................................................. 53 7.8 Zusammenfassende Übersicht strategischer Tipps und Erfolgsfaktoren für das Abteilungsmarketing.................................................................................. 56 3
  • 4. 7. Marketing ist Chefsache - auch in der Abteilungsführung 7.1 Marketing als neue strategische Aufgabe im klinischen Abteilungsmanagement Makrotrends wie Kostenexplosion, Patientenemanzipation, selektive Vertragsvereinbarungen, Spezialisierung, Qualitätstransparenz sowie Ambulantisierung stellen die Krankenhäuser vor enorme Herausforderungen. Sowohl das Krankenhaus als auch die einzelne klinische Abteilung muss sich, will es als modernes Dienstleistungsunternehmen mittelfristig erfolgreich sein, in Zukunft dem Markt und folglich auch der Konkurrenz in immer stärkerem Maße stellen. Das lang praktizierte reaktive und passive Verhalten gegenüber Kunden sollte der Orientierung am Management-Gedankengut im Sinne von aktivem Planen, Entscheiden, Handeln und Kontrollieren weichen. Zunehmend bestimmen Marktregeln - Mechanismen von Angebot und Nachfrage - die Entwicklungen im Gesundheitswesen. Für die Krankenhäuser bedeutet dies ein geeignetes Instrumentarium zu finden, welches proaktiv an der Gestaltung seiner eigenen Zukunft und insbesondere an einer positiven Kundenausrichtung mitwirkt. Mit dem Managementinstrument „Marketing“ steht hierbei den Verantwortlichen in den Kliniken ein machtvolles Werkzeug zur Verfügung, das jedoch bislang nur zaghaft und unstrukturiert eingesetzt wird. Marketing ist eine Konzeption der Unternehmensführung, die zur Erreichung der betrieblichen Ziele alle Aktivitäten auf die Erfordernisse des Absatzmarktes bzw. der Kunden ausrichtet. Marketing ist also mehr als bloße Werbung. Es beantwortet die zentralen Fragen der Marktforschung und Selbstanalyse („Was sind die Trends im Markt?“, „wie komme ich bei meiner Zielgruppe an?“, „was sind die Ursachen für mögliche Auslastungsprobleme?“), zeigt Lösungswege zur Erreichung von Marketingzielen auf („Auf welchem Weg erreiche ich eine Auslastungssteigerung am effektivsten?“) und wählt zur Strategie passende Maßnahmen aus. Abschließend wird der Marketingerfolg kontrolliert und gemessen (Abb. 1). 4
  • 5. Ziele Marketing- Marketing- Analyse Strategie Mix Controlling Konzept Untersuchung Planung Umsetzung Überprüfung Abb. 1: Vierstufiger Marketingprozess Quelle: eigene Darstellung Die Zeiten, in denen Ärzte nur Spezialisten für Gesundheit waren, sind schon lange vorbei. Wer als Mediziner heute Erfolg haben will, der muß lernen, Marketing zu betreiben. Was in anderen Worten heißt, sich und seine Arbeit zu „ver-markten“. Gerade für leitende Krankenhausärzte, betont der Ärztliche Direktor und Chef-Chirurg des Krankenhauses in Altötting, Professor Hartwig Bauer1, seien das fachliche Können, die operativ-technischen Fähigkeiten, heute nicht mehr hinreichend für eine "gute Medizin“. Man müsse sich als Abteilungschef der Verantwortung nicht nur für den Bestand, sondern auch für die Weiterentwicklung seiner Abteilungen stellen und, so schwer es auch sein mag, im Patienten einen Kunden sehen. Viele Experten sind sich einig: Der Erfolg des Klinikarztes entscheidet sich zunehmend außerhalb der OPs. So verwundert es auch nicht, dass heute in zahlreichen Stellenzeigen - neben der fachlichen Qualifikation - von einem leitenden Arzt auch Managementkompetenzen und in zunehmendem Maße „Kundenorientierung“ verlangt werden. Deshalb kommt dem Abteilungsmarketing - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Trends zur Spezialisierung und Zentrenbildung - eine neue Rolle zu. Leitende Ärzte müssen sowohl intern ihre Abteilung vermarkten als auch extern für eine richtige Platzierung ihrer „Produkte“ einstehen. 1 Schwing, C.: Marketing für Führungskräfte im Krankenhaus, 2000. 5
  • 6. Doch mit welchen Erfolgshebeln können leitende Ärzte ihre Marketingziele am besten erreichen? Und wie könnte eine ideale Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Ärzten aussehen? Der vorliegende Beitrag gibt Antworten auf diese Fragen. Zahlreiche Fallbeispiele verdeutlichen die Übertragung in die Praxis. 7.2 Besonderheiten des Krankenhausmarketings 7.2.1 Folgen eines regulierten und asymmetrischen Marktes Wer geht schon gerne ins Krankenhaus? Eigentlich möchten wir erst gar nicht krank werden und uns einen Klinikaufenthalt lieber ersparen. Wenn ein Patient dann doch notwendigerweise ins Krankenhaus muss, ist dies meist mit Angst und Sorge behaftet. „Komme ich geheilt wieder heraus?“. „Bekomme ich die bestmögliche Behandlung?“. Die Tatsache, dass einem Krankenhausaufenthalt kein frei gewählter Kundenwunsch vorausgeht, ist eines von vielen besonderen Charaktermerkmalen des Krankenhausmarktes. Weitere besondere Merkmale sind: a) Fragmentierung der Kundenfunktion Eine Aufspaltung der Kundenfunktion in hauptsächlich drei Anspruchsgruppen erschwert die Produkt- und Kundenorientierung für das Krankenhaus. Empfänger der Kernleistung ist der Patient, Verträge werden mit seiner Versicherung abgeschlossen, die Konsumentenentscheidung wird oft nicht souverän getroffen, sondern unter Mitwirkung eines Dritten – dem Arzt als Einweiser – mit entschieden.2 b) Begrenzung bei Leistungsplanung und Preisbildung Der stationäre Krankenhausmarkt ist des Weiteren geprägt durch eine Beschränkung der selbstbestimmten Leistungsplanung durch die Leistungserbringer. Neue „Produkte“ oder neue Geschäftseinheiten (Abteilungen) können nur in Ansprache mit den Kostenträgern und der Krankenhausplanungsstelle festgesetzt werden. Unternehmensstrategien sowie Marketingstrategien müssen sich am Versorgungsauftrag orientieren. Zahlreiche gesetzliche Restriktionen verhindern die Entwicklung eines freien Markts. Auch der Bewerbung von Krankenhausleistungen sind 2 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004. 6
  • 7. Grenzen gesetzt. Eine Preisbildung geschieht fremdbestimmt in Form fixer Fallpauschalenpreise. c) Asymmetrische Informationslage Asymmetrische Information bezeichnet den Zustand, in dem zwei Vertragsparteien bei Abschluss und/oder Erfüllung eines Vertrags nicht über dieselben Informationen verfügen. Der Patient vermag i. d. R. weder die Handlungen des Arztes genau einzuschätzen, noch kann er die Wirkung der Leistungen des Arztes genau einordnen. In einer Arzt-Patient-Beziehung liegt der Informationsvorteil beim Arzt. Die in anderen Märkten selbstverständliche Vergleichbarkeit der Produkte und Informiertheit der Konsumenten gilt für den Klinikmarkt nicht. Selbst im Zeitalter des Internets herrscht nach wie vor ein großes Informationsgefälle zwischen Arzt und Patient. Professionelle Marketingarbeit im Krankenhaus berücksichtigt oben beschriebene Spezifika und passt klassische Marketinglehren, die vornehmlich aus der Industrie oder anderen freien Märkten entstammen, hinreichend an. 7.2.2 Werbung: Rechtliche Hürden meistern Um die so genannten „unmündige Patienten“ in ihrer schwachen, informationsdefizitären Position gegenüber dem medizinischen Leistungserbringer zu schützen, wurden in der Vergangenheit vom Gesetzgeber zahlreiche rechtliche Hürden aufgebaut. Ziel ist der Schutz des Laien vor falschen Vorstellungen, Erwartungen und Ängsten. Drei Rechtswerke bestimmen die Spielräume im Krankenhausmarketing: Das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und die Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä). Insbesondere § 11 und § 12 des HWG regeln mit einer Fülle von Einzelverboten die öffentliche Werbung außerhalb von Fachkreisen. Eine Aufstellung über erlaubte und verbotene Werbeaktionen gibt folgende Übersicht (Tab. 1). 7
  • 8. Tab. 1: Übersicht der wichtigsten rechtlichen Hürden GESETZ ZULÄSSIG UNZULÄSSIG § 3 HWG Irreführende Sachliche Darstellung, Anpreisende Darstellung, Werbung "Imagewerbung" im Verwendung von Superlativen, Krankenhaus Informationen reklamehafte Darstellung, §11 HWG über neue Untersuchungs- und Blickfangwerbung, Eigenlob, Verbot der Werbung mit Behandlungsmethoden unangemessenes Vergleichen Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank- - Wartezimmer-TV Verweise oder Links auf Anerkennungs- oder - Zeitungsanzeigen Empfehlungsschreiben, Gutachten Empfehlungsschreiben; mit - Werbespots, Kurzfilme wissenschaftlichen oder Gutachten, wissenschaftlichen - Tag der offene Tür Fachveröffentlichungen, Zeugnissen, zeugnissen; mit Angaben, dass - Sponsorings Produkte, Gewinnspiele, eine Behandlung oder ein - Kunstausstellungen Freizeitangebote, gewerblich tätige Arzneimittel ärztlich empfohlen - Ortstafeln Firmen aus dem Gesundheitsbereich oder geprüft oder abngwendet - Broschüren (ggf. damit auch virtuelle wird - Poster Gästebücher) MBO §2 7 § 9 HWG allgemeine Tipps an einen "Ferndiagnosen", Therapieberatung Werbung für Fernbehandlung unbestimmten Personenkreis ohne persönlichen Kontakt § 11 Nr. 4 HWG Verbot der Abbildungen Räumlichkeiten, "Weißkittelverbot": Fotos von Ärzten bildlichen Darstellung von Gebäude oder medizinischen Hilfspersonal, Personen in Berufskleidung insbesondere bei der Ausübung ihrer oder bei der Ausübung der Tätigkeit, z.B. mit OP-Kittel, Tätigkeit von Angehörigen der Ausschließliche Abbildung eines Mundschutz, Haube etc., Arbeit im Heilberufe Arztes in Form eines Portrait- Labor, im Patienten-Gespräch, als resp Passfotos in "Zivil" OP-Team usw. Diese Vorschrift soll das Ausnutzen der Suggestivwirkung der fachlich- medizinischen Autorität auf das Laienpublikum verhindern und war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Abmahnungen. Heute ist eine Abbildung von Ärzten im Weißkittel implizit erlaubt. § 11 HWG Darstellung des Veröffentlichung von Verbot der Werbung mit Leistungsspektrums (zum Krankengeschichten oder 8
  • 9. Krankengeschichten Beispiel einer Klinik) Danksagungen § 11 Nr. 6 HWG Schwerpunkt- Irreführung durch fachfremde Titel, Verbot der Werbung mit fremd- bezeichnungen, Qualifikationen Bezeichnung etwa als "ärztlicher oder fachsprachlichen Spezialist", Verwendung von Bezeichnungen unbekannten fremd- oder fachsprachlichen Begriffen § 27 MBO Interviews Umgehung der Werbeverbote durch die Einschaltung der Presse Wenn in einem Presseartikel die (Drittveröffentlichungen), sachliche Unterrichtung im Veröffentlichungen ohne vorherige Vordergrund steht, so ist ein Prüfung von medizinischen Aussagen werblicher Nebeneffekt für den eines Interviews, Manuskripts oder jeweiligen Arzt oder eines Berichts Krankenhaus im Interesse der allgemeinen Infomationsfreiheit der Presse hinzunehmen, Person des Arztes darf nicht in Keine Weitergabe von den Vordergrund treten Patientendaten Freie Meinungsäußerung (Urteil des Europäischen Gerichtshofes) Quelle: Broschüre „Werbung durch das Krankenhaus“, 2003 Im Klinikalltag zeigt sich jedoch immer wieder, dass die gesetzlichen Regeln übergangen werden und teilweise sogar dem Wunsch des Patienten nach umfassender Information entgegenstehen. Dies belegt eine FOCUS Patientenumfrage im Oktober 20003. 71% der dort befragten Patienten befürworten die Aufhebung des Werbeverbots für Ärzte. Möglicherweise wird diese Patientenforderung in einigen Jahren Realität werden. Das folgende Fallbeispiel zeigt jedoch, dass bei Überschreitung geltender Gesetze rechtliche Folgen drohen. Fallbeispiel: Werbung in der Bildzeitung Ein großes Krankenhaus im Saarland ist wegen umstrittener Werbe-Anzeigen in der "Bild-Zeitung" heftig in die Kritik geraten.4 Eine Unterlassungserklärung musste die Klinik-Leitung bereits unterschreiben. Die beteiligten Ärzte stehen im Verdacht, gegen die Berufsordnung verstoßen zu haben. Das Klinikum hat in ganzseitigen Anzeigen in 3 www.aerzteblatt.de, Suchbegriff „Grenzen der Werbung“. 4 www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Klinik-Werbung sorgt im Saarland für Wirbel“. 9
  • 10. der "Bild-Zeitung" geworben - und zwar auch im bekannten Stil des Boulevard-Blattes, mit knalligen Überschriften und Geschichten über Menschen in der Klinik. "Brustkrebs ist heilbar", versicherte etwa der Gynäkologie-Chef, "von 100 Frauen können heute 70 bis 80 geheilt werden. Das zeigen wir in unserem Klinikum jeden Tag aufs Neue". Und über den Chefarzt der Orthopädie durften die Patienten in der "Bild-Zeitung"-Werbung schwärmen: "Ihm vertraue ich blind." Die Klinik-Geschäftsführerin verteidigte die Anzeige: "Das war eigentlich gar nicht als Werbung, sondern als Information der Bevölkerung gedacht". Inzwischen hat die Klinik allerdings bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Wird die "Bild"-Reklame wiederholt, sind jetzt 8.000 Euro Strafe fällig. Für die Wettbewerbshüter war die Werbung ein klarer Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. "Solche Werbemethoden haben doch Gefährdungspotential", so die Anwältin der Zentrale. "Hier geht es ja nicht um ein Pfund Butter, sondern um Operations-Verfahren." ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Kommentar: In diesem Fall drohte eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 Euro. Die rechtliche Folgen eines Verstoßen gegen die gesetzlichen Vorschriften können aber auch deutliche schwerer ausfallen: Ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 3 HWG erfüllt den Straftatbestand nach § 14 HWG. Eine Geldstrafe oder gar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr kann drohen. Ein fahrlässiger Verstoß gegen § 3 HWG oder Verstoß gegen andere Vorschriften des HWG sind als Ordnungswidrigkeiten (§ 15 HWG) einzustufen und mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro zu belegen. Auch viele Klinikgruppen überschreiten mit ihren Image-Videos im Internet klar die Grenzen des erlaubten. Sie zeigen nach § 11 HWG verbotene Patientengeschichten. Dabei zeigt sich aber auch eine Unschärfe bei der Abgrenzung nach § 11 HWG. Danach darf mit Krankengeschichten nicht geworben werden. Ein Presseartikel, in dem über das Leiden eines Patienten und seine erfolgreiche Behandlung im Krankenhaus berichtet wird, ist aber aufgrund der Pressefreiheit erlaubt. Wird darin jedoch die Leistung des behandelnden Arztes deutlich betont, kann dies einen Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht darstellen.5 Doch entscheidend ist der Gesamteindruck des Textes und die Tatsache, ob der Arzt den Journalisten aktiv unterstützt hat. Die Preisfrage lautet im Falle eines Prozesses: Wer entscheidet über den Gesamteindruck, nach welchen 5 Hamdad, H.: Marketing im Krankenhaus - Richter lockern langsam die Fesseln, 2004. 10
  • 11. objektiven Kriterien, und wie hätte der Arzt den Artikel verhindern können bei gleichzeitigem Respekt vor der Pressefreiheit? Tatsächlich ist aber seit einigen Jahren eine Lockerung der rechtlichen Fesseln zu beobachten. Kaum eine Klinik verzichtet etwa auf die Abbildung ihrer Klinikärzte in Berufskleidung. Und das ohne rechtliche Folgen. Die Rechtssprechung entscheidet jedoch differenziert.6 Während die Untergerichte immer noch oft eine restriktive Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes praktizieren, ist beim Bundesverfassungsgericht eine liberalere Auffassung zu erkennen. Dies liegt vor allem an der zunehmenden Harmonisierung mit dem Europarecht. Dort gilt der heutige Patient bereits als aufgeklärter Bürger. Eine Klinik kann deshalb ihre Leistungen immer umfassender darstellen und bewerben. Die Tendenz in der Verbotspolitik deutscher Gerichte lässt sich mit folgendem Satz beschreiben: Eingriffe in die Werbung der Kliniken sind nur dann gerechtfertigt, wenn die Werbung so beschaffen ist, Patienten unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken. Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung kann beispielsweise dann eintreten, wenn ein Patient zur selbständigen Einnahme eines Medikaments angeregt wird. Zusammenfassende Empfehlungen: • Sachgemäße Werbung ist Ärzten und Kliniken erlaubt und sollte deshalb auch eingesetzt werden • Übertriebene, reißerische Werbung ist verboten, wirkt unseriös und kann mit Strafengeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden • Empfehlenswert ist Werbung mit beweisbaren Aussagen (z.B. objektive BQS- Indikatoren oder Veröffentlichungen Dritter wie etwa das „Focus Ranking“ und Klinikvergleiche sowie Presseberichte renommierter Tageszeitungen) • Es ist darauf zu achten, dass der Gesamttext einen nicht zu starken, offensichtlich werblichen Charakter besitzt • Die Abbildung von Ärzten in Berufskleidung ist zwar laut HWG nicht zulässig. Wird aber von nahezu jeder Klinik heute praktiziert und von Gerichten häufig nicht mehr angefochten • Filme oder Berichte über Patientengeschichten, z.B. im Internet, sind nach HWG verboten und sollten deshalb (noch) nicht eingesetzt werden. Die rechtlichen Folgen in der Praxis sind noch ungeklärt. Eine Auflockerung auch in diesem Bereich ist aber zu rewarten 6 Mühlnikel, I.: Heilmittelwerberecht Spiel mit dem Feuer, 2005. 11
  • 12. 7.3 Analyse der Ausgangslage und Ableitung von Strategien 7.3.1 Die Analyse – wo steht meine Abteilung heute? Neben einer funktionierenden Aufbau- und Ablauforganisation aller „Marketingträger“ (siehe Kapitel 7.3.3) ist die Analyse der eigenen Istsituation Voraussetzung für die Generierung passgenauer Strategien und Maßnahmen. Nachfolgende Übersicht zeigt die in der Krankenhauslandschaft etablierten Analyse-Modelle. Für die Durchführung dieser Analysen ist die Marketingabteilung hauptverantwortlich. Oftmals werden alternativ oder additiv externe Berater eingeschaltet, die auf Fragestellungen der Marktforschung spezialisiert sind. Empfehlenswert für die klinische Abteilungsführung ist es, sich im Vorfeld der Analysen, zum Beispiel in Form einer Teilnahme an einem Workshop und an der Ergebnispräsentation aktiv mit einzubringen. Denn die Abteilungsführung verfügt über wichtige Kenntnisse zum Einweiserverhalten, medizinische Trends, eigene Stärken und Schwächen, fachliches Know how der Wettbewerber etc. Nur durch die Kombination von Teilwissen wird eine treffende Analyse gelingen. Überblick Analysemodelle: 7 Einzugsgebietanalyse Woher kommen wie viele meiner Patienten, wie genau sieht mein lokales, ggf. überregionales Einzugsgebiet aus? Wo gibt es Versorgungsschwerpunkte, aus welchen Bereichen kommen (zu) wenige oder keine Patienten? Wie sieht das differenziert für einzelne Schwerpunkte oder Hauptdiagnosen aus? Potentialanalyse Welche Patientenpotenziale sind im Einzugsgebiet meiner Klinikabteilung überhaupt vorhanden? Wie unterscheiden sich die Potenziale zwischen den einzelnen Fachgebieten bzw. Hauptdiagnosen? Wo reicht diese Potenzialbasis für die Angebotskapazitäten aus? Wo besteht die Gefahr einer Überversorgung? Wo gibt es noch freie Potenziale? Wettbewerberanalyse Wer sind die Hauptwettbewerber in meinem Fachgebiet? Wie stark sind diese jeweils in 7 Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004. 12
  • 13. der stationären und ambulanten Versorgung? Welche Behandlungsschwerpunkte und Fallzahlen haben diese Wettbewerber? Wie ist deren Produktivität im Vergleich zum meiner Fachabteilung? Marktanteilsanalyse Wie werden die vorhandenen Marktpotenziale meiner Fachabteilung derzeit ausgeschöpft? Wie gut gelingt es meiner Fachabteilungen, ihre spezifischen Versorgungspotenziale zu realisieren? Wo gibt es noch freie Potenziale und wo herrscht bereits starker Verdrängungswettbewerb? Einweiseranalyse Wie sieht meine Einweiserstruktur aus? Zu wie vielen Einweisern hat das Krankenhaus insgesamt und meine Abteilung aktiven Kontakt? Wer sind die Haupt-Einweiser? Von welchen potenziellen Einweisern im Marktgebiet werden selten oder gar keine Patienten überwiesen? Gibt es gefährliche Abhängigkeiten von wenigen großen Einweisern? Markt- und Umfeldanalyse Welche Krankheitsbilder nehmen in den nächsten Jahren zu oder ab? Welche ambulanten Leistungen ersetzen zunehmend Leistungen meiner Abteilung? Welche Auswirkungen haben gesetzlichen Veränderungen für meine Abteilung? Portfolioanalyse Wie lässt sich meine Abteilungen und deren einzelne Leistungen (DRGs) hinsichtlich des Marktwachstums und relativem Marktanteil einteilen und vergleichen? Welche Abteilung oder Leistung ist im Vergleich zum Wettbewerb oder klinikintern besonders ertragsstark, welche schwach? Welche strategisch wichtigen Abteilungen können durch andere Abteilungen mitfinanziert werden? Herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen abnehmenden und wachsenden Leistungsbereichen? Kostenträgeranalyse Wie stellt sich die Kostenträger-Verteilung dar? Gibt es besondere Schwerpunkte? Welche Kostenträger sind relativ schwach vertreten und warum? Wie hoch ist der Anteil an Privatpatienten und Selbstzahlern? Patientenbefragung Wie ist die Gesamtzufriedenheit meiner Patienten? Welche Probleme gibt es? Was wird besonders gelobt? Wo ist noch viel Potential vorhanden (im Vergleich zu anderen 13
  • 14. Klinikabteilungen und externen Wettbewerbern)? Einweiserbefragung Wie zufrieden sind die niedergelassenen Ärzte? Welche Schwachpunkte gibt es? In welche anderen Kliniken weisen die Ärzte ein? Wie schneidet meine Abteilung klinikintern ab? Imageanalyse Welchen Bekanntheitsgrad und welchen „Ruf“ hat die Abteilung in der Fachwelt und in der Bevölkerung? Mit welchen Attributen wird die Abteilung beschrieben? Stärken- / Schwächen-Analyse Abgeleitet aus der Eigen- und Wettbewerberanalyse Chancen- / Risiken-Analyse Abgeleitet aus der Markt- und Umfeldanalyse SWOT – Analyse Kombination aus Stärken / Schwächen- und Chancen / Risiken-Analyse Um zielgerichtetes Abteilungsmarketing betreiben zu können, muss die Abteilungsleitung wissen, welche Rolle die eigene Abteilung derzeit und vor allem zukünftig in der strategischen Leistungsplanung der gesamten Klinik und ggf. auch innerhalb einer Klinikgruppe einnimmt. Denn Unternehmen können zur Sicherung des Unternehmenserfolgs generell zwei alternative Strategien zur Marktbearbeitung anwenden:8 Reduktionsstrategien und Wachstumsstrategien. Bei einer Reduktionsstrategie werden selektiv gefährdete, nicht mehr konkurrenzfähige Teile des Krankenhauses aufgegeben. Oder eine Abteilung passt einfach nicht mehr in die geänderte Unternehmensstrategie, wie etwa im Zuge einer Spezialisierungsstrategie bei der eine oder sogar einige Abteilungen geschlossen oder verkauft werden. Wachstumsstrategien werden realisiert durch die Verstärkung der bisherigen Marketingaktivitäten bei unverändertem Leistungsportfolio, durch die Etablierung neuer Dienstleistungen und Leistungsinnovationen oder durch die Bearbeitung neuer Märkte mit derzeitigen oder neuen Leistungen. Nachfolgendes Beispiel für eine Reduktionsstrategie zeigt, wie wichtig es ist, zu den „führenden“ Abteilungen zu 8 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004. 14
  • 15. gehören. Abteilungsmarketing kann hier zur Absicherung bzw. zum Ausbau der aktuellen, klinikinternen Position dienen. Fallbeispiel: Reduktionsstrategie Ein Universitätsklinikum gab bekannt, dass es zehn akademische Abteilungen schließen werde, weil sie nicht in die Strategie passen. "Uns geht es um die Konzentration auf das, was wir eigentlich wollen", sagte der Vorstand9 So werde das Uniklinikum etwa die Orthopädie nicht weiter betreiben und eine Lizenz an ein kirchliches Krankenhaus verkaufen. Als Beispiele für spezielle und innovative Leistungen, die in Zukunft im Vordergrund stehen werden, nannte der Vorstand die minimalinvasive Kinderchirurgie, die Stammzelltransplantation nach Herzinfarkt und die virtuelle Endoskopie des Mittelohrs. Das Fallbeispiel zeigt, wie stark sich aktuelle Strategieüberlegungen der Klinikmanager auf einzelne Fachabteilungen auswirken können. Ein Analysemodell zur Bestimmung der sktuellen Position innerhalb des Klinikums ist die „Portfolioanalyse“. Portfolio-Analyse Bei der Portfolioanalyse werden Unternehmensbereiche hinsichtlich ihrer Marktattraktivität und ihrem relativem Wettbewerbsvorteil verglichen. Eine in vier Felder (genannt „Fragezeichen“, „Sterne“, „Milchkühe“, „arme Hunde“) aufgeteilte Matrix veranschaulicht die unterschiedlichen Positionen, aus denen Normstrategien abgeleitet werden können. Die Portfolioanalyse zeigt in wie weit eine Abteilung zum finanziellen Betriebergebnis beiträgt oder wie ihr Marktanteil, ihre Marktattraktivität sowie ihre interne strategische Bedeutung einzustufen ist. Differenziert kann diese Bewertung auch innerhalb einer Abteilung – etwa nach Indikationsgebieten oder DRG`s – durchgeführt werden, um z.B. geeignete DRG`s für eine mögliche Schwerpunktbildung zu identifizieren. Folgendes Anwendungsbeispiel einer Portfolioanalyse visualisiert die Verteilung einzelner Fachabteilungen auf die vier Quadranten (Abb. 2). 9 www.aerztezeitung.de, Suchbegriff „Uniklinik Hannover setzt künftig ganz auf innovative Medizin“. 15
  • 16. Marktwachstum / Marktattraktivität Fragezeichen Sterne Neuro CHIR Augen- heil- kunde Ortho -pädie Innere arme Hunde Milchkühe Relativer Wettbewerbsvorteil Abb. 2: Portfoliomatrix Quelle: eigene Darstellung Fragezeichen (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Neurologie“) Fragezeichen haben ein hohes Wachstumspotenzial, allerdings nur geringe Marktanteile. Das Management steht vor der Entscheidung, ob es die Leistungen durch Markt- oder Produktentwicklung ausbauen soll. Je nach strategischer Bedeutung der Fachabteilung und Renditefähigkeit wird eine selektive Vorgehensweise vorgeschlagen. Sterne (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Augenheilkunde“, „Chirurgie“) Sterne sind Highlights des Unternehmens. Sie haben nicht nur einen hohen Marktanteil, sondern auch ein hohes Marktwachstum. Den enormen Investitionsbedarf, der sich aus dem hohen Marktwachstum oder z.B. Medizintechnik ergibt, decken sie allerdings bereits mit hohem Cash-Flow. Dieser Bereich ist auch attraktiv für Wettbewerber, 16
  • 17. weshalb eine offensive Marketingarbeit empfohlen wird. Die Normstrategieempfehlung lautet: Investition. Arme Hunde (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Orthopädie“) Produkte, die keinen oder geringen Erfolg versprechen, bezeichnet man als arme Hunde. Diese sind die Auslaufprodukte im Unternehmen. Sie haben ein geringes Marktwachstum sowie einen geringen Marktanteil. Je nach strategischer Bedeutung für das Krankenhaus und Versorgungsvertrag besteht hier die Gefahr einer Desinvestitionsstrategie oder gar Abteilungsschließung durch das Management. Milchkühe (hier im Fallbeispiel: Fachabteilung „Innere Medizin“) Melkkühe, haben den größten Marktanteil, jedoch ein geringes Marktwachstum. Sie haben häufig eine dominante Stellung im Krankenhaus und sind Spitzenreiter im Cash- Flow. Sie können deshalb ohne weitere Investitionen "gemolken" werden. Kostensenkungsprogramme können hier im Rahmen einer Abschöpfungsstrategie sinnvoll sein. Bestimmung der Position von Fachabteilungen innerhalb der Portfolio-Matrix Bei der obenstehenden Portfolioanalyse wurden beispielhaft die klinischen Abteilungen „Neurologie“, „Chirurgie“, „Augenheilkunde“, „Orthopädie“ und „Innere Medizin“ anhand einzelner Erfolgskriterien bewertet (Kategorien: relativer Wettbewerbsvorteil und Marktattraktiviät). Die Erfolgskriterien wurden gewichtet, um die unterschiedliche Bedeutung der Kriterien zu berücksichtigen (Tab. 2).10 Tab. 2: Berechnungsbeispiel „Relativer Wettbewerbsvorteil“ Hier: Fachabteilung „Chirurgie“ Kriterien Gewich- Chirurgie Wettbe- Wettbe- Wettbe- tung werber 1 werber 2 werber 3 Marktanteil 0,20 2,1 1,4 2,0 1,3 Einweiser- 0,2 3,5 3,0 2,2 2,2 beziehung/ Befragung BQS Ergebnisse 0,15 3,0 1,8 2,6 3,9 10 Bienert, M.L.: Marktorientierung und Strategiefindung – Ein Leitfaden für Gesundheitsunternehmen zur erfolgreichen Positionierung im Wettbewerb, 2004. und Reisner, S.: Das integrative Balance-Scorecard-Konzept, die praktische Umsetzung im Krankenhaus, 2003. 17
  • 18. Hotelkomponente 0,10 4,1 2,0 2,3 4,1 u. Service Med.techn. 0,10 4,7 4,8 4,7 3,0 Ausstattung Know how 0,15 3,6 3,2 2,8 4,2 Personal Marketing 0,10 3,9 2,6 5,0 3,9 Aktivitäten Gesamt 1,00 3,6 2,7 3,1 3,4 Quelle: in Anlehnung nach Bienert, M. L., 2003 Tab. 3: Berechnungsbeispiel „Marktattraktivität“ Kriterien Gewich- Chirurgie Neuro Augen Ortho- tung pädie Lebenszyklus- 0,1 3,6 3,8 4,6 3,9 phase Profitabilität 0,3 4,2 3,2 2,8 2,9 Strategische 0,2 5,0 4,8 3,7 3,0 Bedeutung Schutzgrad vor 0,1 3,6 4,9 4,8 3,0 Markteintritten Schutzgrad vor 0,1 4,3 4,1 3,6 3,1 Rivalität Grad des Sub- 0,2 3,7 4,5 4,2 2,9 stitutionsschutzes Gesamt 1,00 4,2 4,3 3,8 3,2 Quelle: in Anlehnung an Bienert, M. L., 2003 Die durchgeführte Portfolio-Analyse zeigt, dass die Abteilung „Orthopädie“ das „Sorgenkind“ der Klinik ist. Um eine mögliche Schließung zu vermeiden, sollte die Abteilungsführung ihre Marketingarbeit verstärken. Wie eine zielgerichtete Marketingarbeit aussehen kann, zeigt folgendes Kapital. 18
  • 19. 7.3.2 Ziele definieren, Strategien entwickeln Wie Kapitel 7.2.1 aufzeigte, ist die Kundenfunktion im Krankenhaus in drei Teile aufgespaltet (Leistungsabnahme: Patient; Einweisungsentscheidung: Einweiser-Patient; Bezahlung: Kostenträger). Diese drei Akteure stellen gleichzeitig die wichtigsten Zielgruppen für das Krankenhausmarketing dar. An den Zielgruppen richten sich alle Marketingüberlegungen aus: Zielgruppen einer Klinikabteilung • Patienten und Angehörige • Einweiser • Kostenträger • Öffentlichkeit • Mitarbeiter • Selbsthilfeorganisationen und Patientenverbände Noch bevor Strategien entwickelt werden, ist es zunächst wichtig, Ziele zu definieren, wo man eigentlich hin will. Marketingziele leiten sich aus den Unternehmenszielen ab oder sind teilweise mit diesen deckungsgleich. Laut „Krankenhausbarometer 2007“ des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI)11 sind die wichtigsten vier Unternehmensziele deutscher Krankenhäuser. Die wichtigsten Ziele von Krankenhäusern: 1. eine hohe Patientenzufriedenheit 2. eine hohe Qualität der Leistungserbringung 3. ein gutes Image des Hauses in der Öffentlichkeit 4. Verstärkung der Einweiserbindung Diese Aufstellung der wichtigsten Unternehmensziele zeigt, wie elementar mittlerweile marktorientierte Ziele für deutsche Kliniken geworden sind, neben den rein finanziell orientierten Zielstellungen. Vor allem die Unternehmensziele 1., 3. und 4. sind schwerpunktmäßig Marketingziele. Erhöhung des Marktanteils, Erhöhung des Umsatzes oder eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit (internes Marketing) sind weitere Ziele im 11 Blum, K., Offermanns, M., Perner, P.: Krankenhaus Barometer Umfrage 2007, 2007 19
  • 20. Marketing. Je nach Dringlichkeit und Wichtigkeit - die sich aus den Ergebnissen der Ist- Analyse ableitet - werden Marketingziele ausgewählt und gewichtet. Fallbeispiel: Ziele definieren Eine geriatrische Akut- und Rehabilitationsklinik in Süddeutschland verzeichnet seit den letzten Jahren einen Patientenrückgang. Die Patientenzufriedenheit wird in der Klinik stetig gemessen und zeigt keine Veränderung. Eine Einweiserbefragung offenbart jedoch, dass die niedergelassenen Ärzte unzufrieden sind. Als Hauptgrund wird die schlechte Zusammenarbeit und eine mangelnde Kommunikation angegeben. Zudem weisen die Ärzte ihre Patienten immer häufiger dem neuen Wettbewerber im Nachbarkreis zu. Die Klinik legt deshalb innerhalb der Marketingziele den Schwerpunkt auf die Einweiserbindung und Einweisergewinnung. Sind die Marketingziele ausgewählt, folgt die Kreation bzw. Prüfung von Marketingstrategieoptionen; also auf welchen Wegen die zuvor definierten Marketingziele erreicht werden sollen. Strategieoptionen positionieren einerseits die Leistung einer Klinikabteilung). Das heißt sie besetzt idealerweise eine Positionierungslücke und schafft somit eine eigene Identität, indem sie die Klinikabteilung von Anderen klar unterscheidbar macht. Andererseits dient die Marketingstrategie dazu, den Einsatzrahmen der Marketingpolitik (Marketing-Mix) festzulegen (Abb. 3). Marketingstrategie Positionierung Marketing-Mix Identität Ziele erzeugen erreichen Erfolg Abb. 3: Die Grundelemente der Marketingstrategie12 Quelle: Thill, K.-D., 1999 12 Thill, K.-D.: Kundenorientierung und Dienstleistungsmarketing für Krankenhäuser, Theoretische Grundlagen und Fallbeispiele, 1999. 20
  • 21. Positionierung Die Positionierungsfindung als Teilprozess der Marketingstrategiebildung basiert auf der Verbindung von Positionierungsgrundelementen, Faktoren und Techniken (Abb. 4). Grundelemente Versorgungs- Leistungs- Entwicklungs- auftrag schwerpunkte perspektive Markt & Differenzierung Umwelt Techniken Faktoren Positionierungs- Nutzen Kunden findung Assoziation Wettbewerber Abb. 4: Positionierungsfindung13 Quelle: Thill, K.-D., 1999 Differenzierung Diese Methode orientiert sich an der Frage, was das Angebot einer Krankenhausabteilung von dem der Konkurrenz maßgeblich unterscheidet. Besitzt eine Abteilung z.B. ein sehr spezialisiertes Leistungsangebot und gibt es im konkurrierenden Umfeld kaum Vergleichbares, ist die Technik der Differenzierung besonders geeignet. Weitere Differenzierungsmerkmale können sein: Innovative Behandlungsmethoden und OP-Techniken, medizin-technische Ausstattung, alternative Heilmethoden. Die 13 ebenda 21
  • 22. Differenzierungstechnik bietet sich besonders für Abteilungen in Spezialkliniken oder auch Universitätskliniken an. Nutzenvermittlung Hier wird auf den Nutzen abgehoben, den die Dienstleistung für die Kunden des Krankenhauses hat. Dabei kann es sich z.B. um den Nutzen „medizinische Qualität“, „Komfort“, „Aufklärung“ oder „Zuwendung/Sozialkompetenz“ handeln. Das Thema „Qualität“ als Nutzenvermittlung gewinnt im Zuge einer immer besseren Vergleichbarkeit von Klinikleistungen (Stichwort Qualitätsberichte, BQS Indikatoren) an Bedeutung. Wenn etwa die Behandlungsqualität einer Klinik im Vergleich zu den Wettbewerbern sich nachweislich abhebt, könnte eine Marketingstrategie mit der Überschrift „Transparenz“ passen. Das Offenlegen möglichst vieler Behandlungsergebnisse unterstützt die Wirkung der Strategie. Assoziation Sind die beiden oben genannten Gestaltungstechniken nicht einsetzbar, kann das Prinzip der Assoziation verwendet werden. Hierbei wird versucht eine Beziehung zu einem ausgewählten Merkmal herzustellen, das nur mittelbar in Verbindung mit der Krankenhausleistung steht. Fallbeispiele: Positionierung Differenzierung Die Fachabteilung für Orthopädie eines 500 Betten Hauses sieht seine Stärke in der Leistung „Endoprothetik“. Da diese Fachabteilung über ein sehr spezialisiertes Leistungsspektrum verfügt und es im nahen Umfeld keinen ähnlich aufgestellten Wettbewerber gibt, stellt die Positionierung eben auf das Besondere der Krankenhausdienstleistung ab, der „Spezialklinik für Endoprothetik“. Eine Berliner Spezialklinik hat sich ganz auf die minimal invasive OP-Technik spezialisiert. In dem vom Berliner Tagesspiegel im Jahr 2006 veröffentlichten Klinikvergleich belegt die Klinik bei fast allen operativen Eingriffen vordere Plätze. Die Klinik hat sich klar spezialisiert und bedient Patienten, die auf eine schmerzfreiere Post- OP-Phase und Reduzierung der Narbenbildung Wert legen. Einen noch höheren Spezialisierungsgrad hat eine Münchner Klinik. Diese konzentriert sich innerhalb der minimal invasiven Chirurgie auf die Bereiche Knie, Wirbelsäule und Schulter. In diesen Bereichen ist die Klinik eine der führenden Anbieter in Deutschland. 22
  • 23. Nutzenorientiert Eine Brandenburgische Klinik geht einen anderen Weg. In Abgrenzung zu innovativen OP-Techniken oder einer medizintechnischen Hightech-Ausstattung, konzentriert sich die Klinik auf anthroposophische und erweiterte Heilkunst. Die Abteilungen der Klinik sind zudem geprägt durch besonders sozialkompetentes Personal. Die Strategie geht auf. Die Klinik ist bei den Patienten sehr beliebt, wie eine Umfrage der Techniker Krankenkasse aus dem Jahre 2007 zeigt. Eine bayrische Rehabilitationsklinik wirbt mit dem Slogan „Gesundwerden und Wohlfühlen in traumhafter Lage“. Tatsächlich befindet sich diese in bester Lage, mitten in einer bayrischen Erholungsregion mit herrlichem Bergpanorama. Die Klinik stellt somit vor allem auf den Patientennutzen ab, in diesem Fall die „Lage“. Eine große Klinikgruppe verfolgt mit ihrem transparenten Umgang der Qualitätsergebnisse die Nutzen-Strategie „medizinische Qualität“ (medizinische Qualitätsführerschaft) Assoziation Ein Berliner Krankenhausbetreiber nutzt für sein Marketing die Alternative der „Assoziationstechnik“. Aufgrund der dominierenden regionalen Stellung im Berliner Krankenhausmarkt eignet sich die Vermarktung eines Merkmals, das mit der eigentlichen Krankenhausleistung nichts zu tun hat, jedoch die regionale Verbundenheit des Unternehmens zum Ausdruck bringt: Mit dem Slogan „Medizin für Berlin“, wirbt die Klinik auf zahlreichen Werbeplakaten und Buswerbungen in Berlin und naher Umgebung. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Kommentar: Alle Kliniken haben für ihre eingeschlagene Spezialisierungsausrichtung eine Markt- bzw. Positionierungslücke im regionalen bzw. wettbewerbsrelevanten Umfeld gefunden. Bei einer Spezialisierung der Klinik - oder auch innerhalb einer Abteilung der Klinik - ist es außerordentlich wichtig möglichst wenig ähnlich aufgestellte Wettbewerber zu haben, um eine erfolgskritische Fallzahl auf dem Spezialgebiet zu erreichen. 23
  • 24. Krankenhaus-Marketing bedeutet, sich auf seine Stärken zu besinnen und zielgruppenspezifische Angebote zu entwickeln. Die Zeiten in denen jede Klinik alles anbot sind vorbei. Qualität der Leistungserbringung bedeutet nicht nur, die Dinge richtig zu tun, sondern auch die richtigen Dinge zu tun. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Mindestmengen und BQS-Transparenz hat das Festhalten an alten Strukturen und weniger gut erbrachten Leistungen eine fatale Konsequenz. Die Patienten wandern ab. Viele Krankenhäuser scheuen sich noch, ihre Spezialisierungen bzw. das, was sie besonders gut können, in den Vordergrund zu stellen. Häufig ist damit die Angst verbunden, der Kunde könnte assoziieren, andere Krankheiten würden weniger gut behandelt werden. Am liebsten würde man die breite Palette aller möglichen Erkrankungen auf Fachabteilungsebene abdecken. Dies ist jedoch unrealistisch. Klare Differenzierung hilft, sich unverwechselbar zu machen. Devise ist: Stärken in den Vordergrund zu stellen und alle Kundenkontakte zu nutzen, um diese Stärken zu kommunizieren. Die Megatrends in der Gesundheitsversorgung von heute heißen Spezialisierung und Zentrenbildung. Leistungen, die nicht selbst erbracht werden können, jedoch im Hinblick auf ein sinnvolles „Gesamtpaket“ dem Patienten von großem Nutzen sind, werden mit Hilfe der „Netzwerkbildung“, dem dritten Megatrend, realisiert. Verknüpfungen zwischen Sektoren, im Sinne einer Schnittstellen optimierten, integrierten Versorgung, werden weiter zunehmen. Strategische Vernetzung zu bilden heißt, gemeinsam mit der Klinikführung nach geeigneten Partnern zu suchen, diese auszuwählen und einzubinden. Die aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis einer Strategiebildung. Wo ist die Abteilung stark, wo schwach im Vergleich zum Wettbewerber? Was kann das Haus besonders gut? Was passt zu uns? Was unterscheidet uns von den Wettbewerbern? Wo möchten wir stehen? Wo sind die Zukunftschancen am größten? Treffen die Stärken auf die Chancen des Marktes? Wo besteht derzeit noch eine Positionierungslücke, die man besetzten kann? Natürlich sind nicht alle Formen der Spezialisierung auf jedes beliebige Haus übertragbar und sinnvoll. Sie müssen zum Unternehmen passen. Zur Vermarktung eignen sich nur tatsächlich vorhandene Stärken der Abteilung. Künstlich erzeugte oder schwache Alleinstellungsmerkmale wie etwa eine „kirchliche Trägerschaft“, die per se eine Zuwendungsstarke Klinik implizieren soll, reichen nicht aus. Versorgungsauftrag, 24
  • 25. Tradition, ärztliche Leitung sowie personelle, technische oder finanzielle Ressourcen beeinflussen die Richtung bzw. beschränken die Bandbreite der Strategieoptionen. Aus Fachabteilungen werden Kliniken Eine Strategie zur besseren Befriedigung immer differenzierterer Kundenanforderungen unterschiedlichster Patienten- bzw. Indikationsgruppen, kann die Erstellung eines differenzierteren Angebots sein. Da einzelne Fachabteilungen immer „Teil des Ganzen“ im Krankenhaus sind (gleiches Gebäude, gleiche Hygiene, gleiche Führung für alle Abteilungen), bestehen Grenzen einer differenzierten Angebotserstellung. Mehr Möglichkeit zu einer Gestaltung des Profils bietet eine Herauslösung der Abteilung aus der Krankenhausorganisation oder des Klinikgebäudes. Folgende Fallbeispiele verdeutlichen die Strategie: Fallbeispiele: Fachabteilung werden Einzelmarken Um die Reputation und den überregionalen Erfolg der orthopädische Abteilung im Bereich Endoprothetik weiter zu fördern, lagerte das süddeutschen Klinikum die Abteilung aus und gründete eine Tochterklinik für Endoprothetik. Die Spezialklinik für Gelenkersatz firmiert nun unter dem Dach der Mutterklinik, aber mit einem eigenen, zum Leistungsangebot passenden Markennamen. Ein eigener Webauftritt unterstreicht die Eigenständigkeit der Marke. Durch die Konzentration der Klinik auf die Leistungen der Endoprothetik, die im eigenen Hause entwickelten Behandlungsmethoden und eine erfolgreiche Kombination von routiniert-bewährten Vorgehensweisen, mit stetiger Integration neuer Erkenntnisse sowie technischer Innovation, unterscheidet sich die Klinik von ihren direkten Mitbewerbern. Eine ähnliche Strategie verfolgt eine süddeutsche Uniklinik. Im Bereich der Schönheitschirurgie wurde dort erkannt, dass die Abteilung für „plastische Chirurgie“ bei den Patienten noch mehr Erfolg haben könnte, wenn sie die spezifischen Erwartungen dieser Patientengruppe „Schönheitschirurgie“ hinsichtlich der damit verbundenen hohen Erwartungen an Räumlichkeit und Ambiente erfüllt. So zog die Abteilung aus dem tristen Universitätsbau aus und in einen neuen, eigenen Bau ein. Ein neuer Klinikname wurde kreiert. Die neue Klinik ist nun eine hochmoderne Privatklinik für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Dabei sind die leitenden Ärzte „Uniklinik-Abteilung für plastische Chirurgie“ gleichzeitig auch die Akteure der ausgelagerten Klinik. Es wurde also gezielt eine exklusive Umgebung geschaffen, die zur Schönheitschirurgie passt. Diese hätte man im eigentlichen Klinikum nicht erreichen können. Zusätzlich wurde eine Kooperation mit ausgewählten Sterne-Hotels geschlossen, um Patienten neben einer fachgerechten 25
  • 26. Behandlung einen gehobenen Service für die Nachbehandlungs- und Genesungsphase anbieten zu können. Zentrenbildung Das Konzept der Zentrenbildung soll neben Synergie- und Einspareffekten im Kern eine patientenorientierte Zusammenarbeit der einzelnen Fachabteilungen garantieren und damit dem Marketingziel „Patientenzufriedenheit“ dienen. Die Zentren sollen sich an Behandlungspfade ausrichten und dadurch einen reibungslosen und effizienten Ablauf bei Therapie und Diagnostik gewährleisten. Durch die enge Fächerverzahnung und Reduzierung der Schnittstellenprobleme wird gleichzeitig der wissenschaftliche Austausch verstärkt. Für viele Kliniken besteht darin aber auch die Möglichkeit, die eigene Kompetenz besser nach außen zu kommunizieren und so für Patienten und Einweiser attraktiver zu sein. Aus unübersichtlichen und zahlreichen Fachabteilungsbezeichnungen werden überschaubare, patientenverständlichere Zentrumsbezeichnungen. Zudem suggeriert der Begriff „Zentrum“ dem Patienten eine gewisse Exponiertheit gegenüber einer „normalen“ Fachabteilungsbezeichnung. Da der Zentrumsbegriff nicht geschützt ist, kann er beliebig verwandt werden. Zu beachten ist daher, dass sich die eigene Zentrumsbildung gemäß oben genannten Qualitätsmerkmalen in Abgrenzung zu eventuellen „Mogelpackungen“ anderer Anbieter hervorhebt. Fallbeispiel: Zentrenbildung Das zweitgrößte kommunale Krankenhaus Deutschlands, mit 23 Fachkliniken und 1751 Betten, hat die Fachabteilungen in acht Zentren zusammengefasst. Die Klinik versucht die Zentrumsbildung offensiv nach außen zu vermarkten. Dazu erhalten die Zentren ein jeweils individuelles, gestalterisches Erscheinungsbild (Corporate Design oder „CD“) in Form eines Zentrumlogos inklusive „Zentrumsfarbe“, „Schrift“ etc. Teilweise verfügen die Zentren sogar über eigene Website oder haben zumindest eine exponierte Position innerhalb des Webauftritts. Durch diese Vermarktungstechnik werden die Zentren in der Wahrnehmung des Patienten als bedeutende „Kompetenzzentren“ der Klinik wahrgenommen. Neben dem Kliniklogo existieren nun eigene Produktlogos, die einen produkt- und kundenorientierten Auftritt in Richtung einer echten Markenpolitik unterstützen. Für folgende Zentren wurde ein eigenes „CD“ realisiert: Brustzentrum, Herzzentrum, Kontinenzzentrum, Tumorzentrum, Wirbelsäulenzentrum, Kinderzentrum, Sozialpädiatrisches Zentrum / Neuropädiatrie. 26
  • 27. Abteilungsstrukturen befinden sich im Wandel, wie die Fallbeispiele zeigen. Ob ganze Abteilungen vom Klinikum verschwinden, sich zu einer eigenen Marke weiterentwickeln oder sich innerhalb einer Zentrumsbildung neu aufstellen. Die Abteilungsführung ist gefordert den Trend hin zu einer mehr patientenorientierten Versorgung selbst mitzugestalten. 7.3.3 Die Marketingpolitik Nachdem die strategische Marketingplanung erarbeitet wurde, erfolgt die Umsetzung. Hauptaufgabe der operativen Marketing-Planung besteht darin, die Marketinginstrumente der Strategie entsprechend zu koordinieren und integrieren. Die in Kapitel 7.2.1 aufgezeigten Besonderheiten des Klinikmarktes beeinflussen die Instrumente und deren Anwendbarkeit innerhalb des klassischen Marketing-Mix nachhaltig. Der Krankenhaus-Marketing-Mix ist im Wesentlichen auf zwei seiner vier klassischen Bestandteile reduziert. Dies schränkt den Spielraum der Marketingpolitik einer Klinikabteilung ein (Abb. 5). Krankenhaus-Marketing-Mix • Leistungs- und Servicepolitik • Preis- und Konditionspolitik • Kommunikationspolitik • Distributionspolitik Voll anwendbar Nur teilweise anwendbar Abb. 5: Der klassische Marketing-Mix ist im Krankenhaus nur eingeschränkt anwendbar Quelle: eigene Darstellung Ergänzt wurden diese vier klassischen Marketingfelder vor allem hinsichtlich des Dienstleistungsmarketing um • Personalpolitik Welche sind die Kapazitäts-, Informations- und Qualifizierungsbedürfnisse für das Personal (Quantität, Qualität, Schulungsbedürfnisse, interne Kommunikation, Incentiveprogramme, Personalauswahl, -führung, -entwicklung)? 27
  • 28. Prozesspolitik Welche sind die relevanten Prozesse und wie sind die Prozesse gestaltet (von der Anfahrt über die Parkplatzsituation bis hin zur Entlassung)? • Ausstattungs- und Umfeldpolitik Welche physikalische Ausstattung soll vorhanden sein (z. B. Art des Gebäudes, Ambiente, Beschilderung, Patientenwarteraum, Patientenzimmer, Rezeption, Geräte, Sauberkeit)? Leistungs- und Servicepolitik Die Leistungs- und Servicepolitik ist neben der Kommunikationspolitik das wichtigste Marketinginstrument für Kliniken. Aufgabe der Leistungs- und Servicepolitik - auch „Produktpolitik“ genannt - ist es, zu definieren, welche Leistungen überhaupt angeboten werden sollen (Sortiment), ob neue Leistungen hinzukommen und ob Leistungen verändert oder gar eliminiert werden sollen. Eine Anpassung an den Wettbewerb und Neupositionierung des Krankenhauses kann mit einer Veränderung des Leistungsspektrums, also der Fachabteilungsstruktur einhergehen. Vor dem Hintergrund eines verstärkten Spezialisierungstrends im Krankenhauswesen können Fachabteilungen ganz neu gebildet werden, aber auch organisatorisch derart nach Schwerpunkten untergliedert werden, dass innerhalb bestehender Hauptabteilungen neue Unterabteilungen, Leistungsbereiche o.ä. entstehen, die krankenhausintern ggf. sogar als "Fachabteilung" bezeichnet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die organisatorische Zusammenfassung von Fachabteilungen zu einer größeren Einheit (siehe Zentrumsbildung). Mit einer Spezialisierung ist ebenfalls verbunden, wenn Krankenhäuser eine nicht primär ihr Kernleistungsspektrum betreffende Fachabteilung auflösen oder Abteilungen zusammenlegen oder umwandeln. Kernleistung des Krankenhauses ist die medizinische und pflegerische Versorgung. Nebenleistungen sind die Hotelkomponenten wie das Essensangebot, Zimmerausstattung etc. Weitere Leistungsbereiche wie Wahlleistungen, Fahrdienst, Patientenveranstaltungen etc. bilden die Serviceleistungen. Die beiden Elemente „Kernleistung“ und „Nebenleistung“ bilden den Grundnutzen der Dienstleistung „Krankenhaus“. Die Serviceleistungen stellen den Zusatznutzen dar. Bei identischer Erfüllung des Grundnutzens zweier Einrichtungen ist bei der Klinikwahl oftmals das Vorhandensein von besonderen Serviceleistungen (=Zusatznutzen) entscheidend. 28
  • 29. Fallbeispiel: Leistungs- und Servicepolitik Die Abteilung für Kardiologie einer bayrischen Herz- und Gefäßklinik stand kurz nach der Markteinführung des medikamentenbeschichtete Stens vor der Überlegung, diesen auch bei Kassenpatienten einzusetzen, gleichwohl eine Zusage zur Kostenübernahme seitens der GKV nicht vorlag. Im Rahmen einer bereits vor Jahren definierten Qualitätsstrategie zur Differenzierung gegenüber dem direkten Wettbewerber, entschied sich die Abteilung, den Aufpreis der teureren Stents selbst zu übernehmen und damit die medizinische Innovation/medizinischer Nutzen direkt und kostenlos an den Kunden weiterzugeben. Die Entscheidung war die logische Konsequenz einer Leistungs- und Servicepolitik, die sich aus der aktuellen Premium-Positionierung der Klinik ableitete. Kommunikationspolitik Kommunikationspolitik subsumiert alle zielgerichteten Maßnahmen, die zur Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen der Zielgruppen eingesetzt werden. Durch die Kommunikationspolitik soll der Bekanntheitsgrad oder das Produktwissen bei den Patienten gesteigert, ihr Empfinden gegenüber der Klinik und deren Leistungen verbessert und schließlich das Verhalten nachhaltig beeinflusst werden. Die Kommunikationspolitik nutzt folgende Instrumente: Werbung, Verkaufsförderung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoring, Messen und Veranstaltungen. Zu den wichtigen Kommunikationsmedien gehören: Zeitung, Zeitschriften, Folder, Broschüre, Buch, Brief, Plakat, Telefon, Film, Radio, Fernsehen, Internet und eMail. Fallbeispiel: Kommunikationspolitik (hier: Sponsoring) Um im hart umkämpften regionalen Markt bestehen zu können und insbesondere das angeschlagene Image zu verbessern, engagiert sich eine schwäbische Fachklinik für Orthopädie bei einem der größten deutschen Mountainbike-Rennen mit über 2.000 Teilnehmern. Massen-Sportarten wie Fahrradfahren wecken Emotionen und passen zum Profil einer orthopädischen Klinik, die auch viele Sportverletzungen behandelt. Als Sponsorpartner ist die Klinik in allen Print- und Online Medien mit Logo und Kurzbeschreibung über das Leistungsspektrum vertreten. Der Veranstalter erwartet neben den über 2.000 Teilnehmern mehrere tausend Zuschauer aus dem relevanten Einzugsgebiet der Klinik. Das Sponsoring Engagement der Klinik steigert den Bekanntheitsgrad und lädt das sonst so negativ belegte Krankenhausimage positiv auf. 29
  • 30. Distributionspolitik Die Distributionspolitik befasst sich mit der Frage, auf welche Weise sowie auf welchen Wegen die Produkte oder Leistungen zu den Käufern gelangen. Die Distributionspolitik spielt bis dato in Kliniken eine untergeordnete Rolle. Denn Klinikleistungen sind Dienstleistungen und werden an Ort und Stelle erbracht. Eine in Zukunft verstärkt notwendige marktorientierte Ausrichtung weist jedoch neue Möglichkeiten in der Distributionspolitik: 14 Transsektorale Produkte, ermöglicht durch die integrierte Versorgung (IV), und die Begleitung vor allem chronisch kranker Menschen in den verschiedenen Stadien und allen Krankenheitsphasen (DMP), bieten neue Chancen. So wird die Dienstleistung komplexer und nicht mehr nur im Krankenhaus, sondern auch am Wohnort des Patienten, im ambulanten Rehabilitationszentrum, während eines Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege und beim Hausarzt nach einem einheitlichen Konzept durch das Krankenhausunternehmen und seine Vertrags und Kooperationspartner erbracht. Telemedizinische Verfahren und der Vormarsch der elektronischen Kommunikation mit dem Patienten und seinen vielfältigen Behandlern lösen Dienstleistungen vom physikalischen Ort. Die Installation einer (ausländischen) Niederlassung kann zudem eine neue, interessante Absatzoption für wachstumsorientierte Kliniken sein. Absatzmittler, in Form internationaler Patientenagenturen, helfen Kliniken, zahlungskräftige ausländische Patienten zu akquirieren. Preis – und Konditionspolitik Die Preis – und Konditionspolitik bestand in der Vergangenheit hauptsächlich aus den Budgetverhandlungen. Auch in diesem Bereich eröffnen sich neue Horizonte. Die Wahlleistungspreispolitik gewinnt seit Jahren immer mehr an Bedeutung. Zudem werden die neuen Spielräume der Preisfestsetzung im Rahmen der Modelle zur Integrierten Versorgung genutzt. Zwischen den Anbietern der Gesundheitsleistung und den Kostenträgern können vertraglich gebundene Rabattsätze, Garantieleistungen oder kostenlose Serviceleistungen, wie etwa ein Fahrdienst, festgesetzt werden. Für Kliniken, die über ein hohes Aufkommen an ausländischen Patienten verfügen, kann sich die Preispolitik auch ausserhalb der DRG-Preise bewegen. Möglich sind Formen von Fixpreisen, die vom Fallverlauf unabhängig sind und dadurch den ausländischen Patienten im Vorfeld einer Behandlung Sicherheit über den Endpreis geben. 14 Seidel-Kwem, B.: Markt- und Kundenorientierung – mehr als Schlagworte für Gesundheitsunternehmen, 2004. 30
  • 31. 7.3.4 Die richtige Organisation für das Klinikmarketings? Marketing ist Chefsache. Dies gilt sowohl für die Administration der Klinik als auch für leitende Ärzte. Dabei ist eine sinnvolle Organisation, Steuerung und Zusammenarbeit zwischen den Marketingverantwortlichen besonders wichtig, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Marketing kann als Führungskonzept verstanden werden, das alle Unternehmensfunktionen umspannt. Marketing kann also nicht von der Marketingabteilung allein betrieben werden. Doch wie sind Marketingaufgaben organisatorisch zu verteilen? Nur wenige Kliniken haben bisher das Marketing organisatorisch in ihre Aufbauorganisation eingegliedert. Auch haben viele Kliniken Mitarbeiter für die „Öffentlichkeitsarbeit“. Der Begriff „Marketing“ wird wenig verwendet und oft auf die Funktion „Öffentlichkeitsarbeit“ reduziert. So erstaunt es auch nicht, dass viele Gelder in ungeplante, unstrukturierte und aktionistische Maßnahmen einfliesen. Die anschließenden hausinternen Diskussionen über die Wirksamkeit der Ausgaben sind vorprogrammiert und „das subjektive Gefallen“ wird dann leider häufig zu unrecht der Beurteilungsmaßstab.15 Abbildung 6 zeigt, welche Anspruchsgruppen zum erweiterten Kreis der Marketingverantwortlichen gehören. Zwischen diesen Funktionen sind strategische wie operative Marketingaufgaben zu verteilen, abzustimmen und zu kontrollieren: Presse-Öffentlichkeitsarbeit Konzern-Marketing Marketing Produktmanager Praxisbetreuer externe Werbe-Agentur / Geschäftsführung / Beratung Verwaltungsleitung Ärztlicher Direktor Patienten- leitender verwaltung Arzt Fallmanager Sozialdienst Qualitäts- Servicemanager/ management Wahlleistungs- manager Pflegedienstleitung 15 Bauer, J.: Marketingorganisation im Krankenhaus – vom Aktionismus zum professionellen Marketing, 2004. 31
  • 32. Abb. 6: Marketing relevante Funktionen im Krankenhausbetrieb Quelle: eigene Darstellung Während die Geschäftsführung für die generelle strategische Stoßrichtung des Klinikums verantwortlich ist, sind die oft in Stabstellen organisierten Mitarbeiter der Marketingabteilung für das operative Marketing bzw. die Feinkonzeption und Umsetzung der Marketingstrategie zuständig. Oft hilft eine externe Werbeagentur bei gestalterischen oder textlichen Aufgabenstellung. Die ärztlichen Leitern sind für die indikationsspezifische Medizinstrategie (insbesondere das Einweisermarketing) und somit auch für produktpolitische Bereiche zuständig. Spezielle Aufgaben im Kundenverhältnis übernehmen die Funktionen Patientenverwaltung, Fallmanager (siehe dazu mehr Kapitel 7.4.3), Sozialdienst und Service- bzw. Wahlleistungsmanager. Darüber hinaus ist eine enge Verzahnung zum Qualitätsmanagement wichtig, insbesondere im Hinblick auf Patientenorientierte Prozesse im Klinikalltag. Hier kann das Marketing das Qualitätsmanagement unterstützen und umgekehrt. Die Aufgabe eines Praxismanagers ist die Gewinnung und Bindung von Hauptzuweisern. Damit entlastet der Praxismanager die Abteilungsführung bei der Pflege niedergelassener Kollegen. In Industrieunternehmen gibt es neben der Marketingleitung und Sachbearbeitern die Funktion des Produktmanagers. 16 Da medizinische Leistungen zunehmend als Produkte verstanden werden können, ist die Installation eines Produktmanagers eine denkbare Option, vor allem bei größeren Kliniken und Abteilungen. Alternativ wäre es auch möglich, klassische Aufgaben eines Produktmanagers auf bereits existierende Funktionen aufzuteilen bzw. zu delegieren (z.B. Referent der Geschäftsleitung, Stationsarzt, Marketingreferent, Sekretariat). Im Wesentlichen lassen sich die Aufgaben eines Produktmanagers folgendermaßen zusammenfassen: 17 • Entwicklung einer langfristigen Strategie für das Produkt bzw. Leistung (z.B. Hüftoperation) • Erstellung eines jährlichen Marketingplans und einer jährlichen Umsatzprognose • Zusammenarbeit mit externen Marketing- und Kommunikationsagenturen • Motivation der „Verkäufer“ und der Distributionspartner für das Produkt 16 ebenda 17 ebenda 32
  • 33. Fortlaufende Sammlung von Informationen über Entwicklungen der Leistung am Markt, über Einschätzung der Patienten und Kunden sowie Multiplikatoren zu Chancen, Risiken und Problemen • Systemtische Wettbewerberanalyse • Initiieren von Produktverbesserungen (z.B. Anpassung an veränderte Marktbedürfnisse) • Überwachung der Qualität und Quantität der medizinischen Leistungeserbringung • Standardisierung der Leistungsprozesse • Weiterentwicklung des Produktportfolios – insbesondere im Hinblick auf Sortimentsbreite – und – tiefe (z.B. Integrierte Versorgung) Für die Abteilungsführung gilt es, die aufgezeigten Strukturen und personellen Ressourcen für die eigene Abteilung bestmöglich zu nutzen, um optimale Voraussetzungen zur Etablierung eines professionellen Patientenmarketings zu schaffen. 7.4 Patientenmarketing 7.4.1 Die Bausteine des Erfolgs Im Kapital „Strategie“ wurden die Zielgruppen des Klinikmarketings genannt. Zielgruppenspezifisches Marketing ist gerade im Krankenhaus aufgrund der Fragmentierung der Kundenfunktion wichtig (siehe Kapitel 7.2.1). Die neben den Einweisern wichtigste Zielgruppe für das Krankenhaus sind die Patienten. Für diese Zielgruppe werden deshalb nachfolgend die erfolgskritischen Faktoren beleuchtet und mittels marketingpolitischen Instrumentariums passgenaue Maßnahmen vorgestellt. Erster und grundlegender Baustein im Patientenmarketing sind die in Kapitel 7.3.1 beschriebene Einzugsbietsanalyse sowie die Patientenbefragung. Die Erkenntnisse daraus ermöglichen eine zielgerichtete Aufstellung von Maßnahmen zur Gewinnung von neuen und Sicherung von alten Patientenkreisen. Dabei müssen sich die Marketingplanungen und deren Umsetzung stets eng an den Wünschen der Patienten orientieren. Aber welche Bedürfnisse und Erwartungen hat ein 33
  • 34. Patient? Was sind typische Ergebnisse von Patientenbefragungen? Antwort dazu gibt die folgende Aufstellung.18 Entscheidungsfaktoren für die Klinikwahl aus Patientensicht 1. Vertrauenswürdigkeit / Ruf 2. Fachliche Expertise und Kompetenz 3. Verhältnis/Beziehung zum Patienten 4. Kommunikation/Information 5. Organisation/Management der Krankenhausversorgung 6. Umgebungsgestaltung/Atmosphäre Alle sechs Erfolgsfaktoren können durch Marketing positiv beeinflusst werden. Denn Patientenmarketing heißt nichts anderes als alle unternehmerischen Aktivitäten an den Wünschen der Kunden auszurichten. Die Erwartungen und Wünsche der Patienten werden nachfolgend im chronologischen Zusammenhang erläutert. Abbildung 7 zeigt, welche Parameter entscheidenden Einfluss auf die Patientenzufriedenheit während einer bestimmten zeitlichen Phase haben. 1. Ruf / Vertrauenswürdigkeit 7. Patientenaufnahme 14. Übergabe / 2. Nähe/Erreichbarkeit 8. Kommunikation Kommunikation 3. Informationseinholung (Begrüßung auf Station, Klinik - Arzt (Hausarzt, Bekannte, Erstgespräch, Visite..) 15. Weiterbehandlung (IV) Broschüren, Vorträge, 9. Service/Organisation 16. Heilungsverlauf Klinikwebsites, Vergleichs- 10. Hygiene/Gepflegtheit 17. After Sales (Newsletter) Portale, Presseberichte…) 11. Behandlung(serfolg) 18. Weiterempfehlung? 4. Krankenhausauswahl 12. Entlassung beeinflusst wiederum Ruf 5. Infos vor Aufnahme 13. Erwartung erfüllt? der Klinik, Arztmeinung, 6. Erwartungshaltung Bekannte… Vor Aufenthalt Während Aufenthalt Nach Aufenthalt Abb. 7: „Points of truth“ - Erfolgsfaktoren aus Sicht der Patienten Quelle: Eigene Darstellung 18 Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse, 2006. 34
  • 35. 7.4.2 Vor dem Aufenthalt - die eigene Abteilung herausstellen Der Ruf eilt einem voraus, heißt es. Das trifft auch auf das Krankenhaus zu, da es dort oft um Leben und Tod geht. Dies weckt Emotionen und fördert eine Ruf- und Imagebildung. Das Image ist die Gesamtheit aller Einstellungen, Urteile und Vorurteile gegenüber einem Leistungsträger. Vertrauenswürdigkeit stellt dabei einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Vertrauenswürdigkeit Vertrauenswürdigkeit heißt, verlässlich, seriös, glaubwürdig zu erscheinen und dabei Sicherheit auszustrahlen. Vertrauenswürdigkeit hat daher immer mit überzeugender fachlicher Kompetenz zu tun, umfasst aber auch emotionale und normative Implikationen und zielt auch auf das Verhältnis zum Patienten, die Kommunikation und Information sowie Organisation der Krankenhausversorgung. Informationseinholung / Informationsquellen Patienten erwarten von der Krankenhausabteilung eine qualitativ hochwertige medizinische Behandlung und die Vorhaltung eines differenzierten, spezialisierten diagnostischen und therapeutischen Angebots. Sie erwarten aber auch eine qualifizierte pflegerische Versorgung und eine gute Patientenbetreuung.19 (Siehe dazu Kapitel „Strategie“). Die Schwerpunkte der Klinik sind im Rahmen der Kommunikationsstrategie der Abteilung entsprechend zu kommunizieren. Geeignete Medienkanäle sind Homepage, Krankenhausportale, Qualitätsbericht, Abteilungsbroschüren, Patientenzeitung, Telefonaktionen, Web-TV / Film. Die Medien Homepage und Qualitätsbericht werden in Zukunft immer wichtiger. Die Verbreitung des Internets in der Bevölkerung steigt - auch innerhalb der 40-60 Jährigen - rasant an. Der Qualitätsbericht wird aufgrund der neuen gesetzlichen Anforderungen zur Veröffentlichung der BQS-Indikatoren für Patienten immer aussagekräftiger. Deshalb ist es für die Klinikabteilung wichtig, gerade in diesen Medien stark präsent zu sein. Auf einer Klinikwebsite sollte die Abteilung schnell gefunden werden. Eine Suchfunktion nach leitenden Ärzten auf der Startseite kann dazu eine Hilfe sein. Die Einrichtung spezieller Internetadressen für einzelne Abteilungen wie etwa www.herzchirurgie.de für die Abteilung Kardiochirurgie, www.ms-zentrum.de für eine Neurologische Abteilung oder www.brust-op.de für die Onkologie etc. unterstützt eine professionelle Wirkung und 19 ebenda 35
  • 36. erleichtert die Auffindbarkeit. Ein Suchfeld in dem der User mach „Kompetenzdiagnosen“ der Klinik suchen kann, oder sich entlang eines „Körperkompasses“ über eine Organsystematik zu der relevanten Fachabteilung klicken kann tragen dem Bedürfnis des Patienten nach schnellem Informationszugang Rechnung. Zudem sollte bei der Google Suche nach Abteilungsbeschreibenden Stichworten wie z.B. Herz-OP, Bypass, Parkinson etc. die eigene Abteilung als Treffer vorkommen. Wichtig bei der Umsetzung über alle Medien hinweg ist des professionelle „Corporate Design“ (CD). Dies bedeutet ein einheitliches visuelles Erscheinungsbild mit klar definierter Verwendung von Logo, Hausfarben, Hausschrift. Auch der Einsatz kommunikationspolitischer Instrumenten sollte im Rahmen der „Corporate Communication“ abgestimmt sein. Die Rolle des „Corporate Behaviour“, also das Verhalten der Mitarbeiter untereinander sowie das Verhalten gegenüber Kunden wird im Kapitel XY näher beleuchtet. Informationen vor der Aufnahme Nachdem die Entscheidung für eine Klinik gefallen ist, wird ein Termin für den Aufenthalt des Patienten vereinbart. Im Anschluss daran ist es sinnvoll, bereits vor der Aufnahme aktiv werden. Zum Beispiel können Unterlagen zur Klinik, zur Abteilung, zur speziellen Behandlungsmethode, zum Arzt usw. zugesandt werden. Auch abrechnungsrelevante Dokumente können zur Information beigelegt werden, damit der Patient sich die Papiere in aller Ruhe ansehen kann. Sollte der Patient die Kriterien zur Teilnehme an der Integrierten Versorgung fallen, nützt eine über die Vorteile informierende Broschüre. Mit diesen Maßnahmen können dem Patienten bereits im Vorfeld Unsicherheiten über den Klinik-Ablauf genommen oder zumindest gemildert werden und über die speziellen Angebote der Klinik informiert werden. Ein gut informierter Patient beschleunigt zudem die Aufnahmezeit in der Klinik. Der Patient stellt sich kurz vor dem Aufenthalt vor, wie es in der Klinik sein wird. Er macht sich ein fiktives Bild im Kopf und hat eine individuelle Erwartungshaltung. Diese gilt es während des Aufenthalts zu erfüllen oder noch besser, zu übertreffen. Serviceorientierung ist dabei ein entscheidender Faktor. 36
  • 37. 7.4.3 Während des Aufenthaltes – Serviceorientierung zählt In der Beziehung zum Patienten während eines Klinikaufenthaltes sind laut einer Studie20 acht Erfolgsfaktoren ermittelt worden: 1. Respekt, 2. Interesse an ihrer psychosozialen Situation, 3. Empathie bzw. Sympathie, 4. Interesse an ihrer biografischen bzw. ihrer Lebenssituation, 5. Partizipation und Einbeziehung in Entscheidungen, 6. Sorgfältige Vorbereitung auf die Therapie, 7. Vertrauen und Verständnis, 8. Verbindlichkeit. Andere Studien nennen Merkmale wie Ansprechbarkeit, Einbeziehung des Patienten in Entscheidungen, Bereitschaft, Patienten in ihrer Autonomie zu respektieren, aber auch ihre Befürchtungen und Ängste zu akzeptieren, ihnen nicht zusätzlich zu schaden.21 Viele dieser Erfolgsfaktoren in der Beziehung zwischen Patient und Klinik werden bereits in der ersten Station des Patienten im Krankenhaus einer harten Prüfung unterzogen. In der Patientenaufnahme geht es um den ersten positiven Qualitätseindruck, der lange haftet. Patientenaufnahme Der erste Eindruck zählt besonderes. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Umso erschreckender ist deshalb die Tatsache, dass viele Kliniken in der Patientenaufnahme Geld sparen, indem sie auf serviceerfahrenes Personal – etwa Mitarbeiter mit Vorkenntnissen aus dem Hotelbereich – verzichten. Neben einer freundlichen und zuvorkommenden Empfangsdame, die den Patienten mit einem Lächeln begrüßt und die Aufnahme- und Abrechnungsprozedur durchführt, empfiehlt es sich besonders bei älteren und dementen Patienten die Einrichtung eines Begleitservices. Dieser holt die Patienten von der Aufnahme ab und führt ihn auf seine Station. Auf dem Weg dorthin kann zwischen dem Begleitservice (z.B. ein Zivildienstleistender oder ein ehrenamtlicher Helfer) und dem Patient eine Beziehung aufgebaut werden. Vielen älteren Patienten wäre damit schon geholfen, die Angst und die Unsicherheit vor dem Unbekannten zu verlieren. Auch sachbezogene Serviceleistungen, wie etwa ein Bonusheft, können den Patienten bereits bei der Patientenaufnahme positiv auf das Krankenhaus einstimmen. 20 Larsson, G./Larsson, B.W./Munck, I.M.: Refinement of the questionnaire 'quality of care from the patient's perspective' using structural equation modelling, 1998. 21 Coulter, A.: Patients' views of the good doctor, 2002. 37
  • 38. Fallbeispiel: Patientenaufnahme mit Serviceidee Ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung am Bodensee bietet seinen Patienten einen besonderen Service an: Ein Bonus-Scheckheft. Es beinhaltet kostenfreie sowie verbilligte Serviceleistungen und wird während der Aufnahme überreicht. Angebote sind: Zwei Bons für eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen (auch einzulösen von Angehörigen), ein kostenloses Probe-Abo der regionalen Tageszeitung, das automatisch ohne Kündigung ausläuft, ein Gutschein für eine Wellnessbehandlung, eine Ermäßigung für den Friseurbesuch, ein Parkbon zur Gebührerstattung für Besucher und eine Einladung zu einer Informationsveranstaltung im Haus. Für „IV-Patienten“ gibt es dazu ein gesondertes Bonus-Scheckheft mit weiteren Leistungen und Informationen über IV- spezifische Zusatzleistungen. Der Nutzen: Eigene und fremde Zusatzleistungen werden auf diese Weise positiv ins „rechte Licht“ gerückt. Das Portfolio an Serviceleistungen wird kommuniziert, der Patient kann selbst auswählen und der Patient ist positiv überrascht über einen für Kliniken eher untypischen Service. Kommunikation22 Besonders wichtig wird aus Patientensicht während des Aufenthalts die Kommunikation und Information erachtet. Damit ist ein empfindlicher Bereich der Krankenhausversorgung angesprochen. Denn seit Jahren wird ihr entgegengehalten, dass die Kommunikation mit den Patienten (aber auch der Akteure untereinander) unzureichend ist und die hier üblichen Muster der Kommunikation und Interaktion dringend revisionsbedürftig sind. Kommunikationsdefizite zeigen sich schon bei der Abklärung und Mitteilung der Diagnose – ein Abschnitt im Krankheitsverlauf, der oft bereits einer Odyssee gleichkommt und vielfach eher durch hilflose Nicht- Kommunikation, denn durch würdevolle und sensible Verständigung mit den Patienten und ihren Angehörigen gekennzeichnet ist. Kommunikationsdefizite werden auch dann sichtbar, wenn es darum geht, die Behandlung festzulegen – ein Schritt, der meist ohne partizipative Einbeziehung des Patienten erfolgt. Defizite werden auch darin offenbar, dass Patienten sich unzureichend über die (medikamentöse) Therapie und deren Implikationen informiert fühlen. Patienten möchten die Gewissheit haben, dass sie ausreichend informiert werden, dass ihnen zugehört wird und sie mit ihren Äußerungen nicht auf Ignoranz, sondern auf Resonanz und Interesse stoßen. Zudem wünschen sie sich eine ausreichende 22 Schaeffer, D.: Bedarf an Patienteninformationen über das Krankenhaus, Eine Literaturanalyse, 2006. 38
  • 39. Ansprechbarkeit der Klinikmitarbeiter. Sie möchten so informiert werden, dass sie die erhaltene Information nachvollziehen und verstehen können. Schließlich – auch das ist ein wichtiger Aspekt – erwarten sie, dass ihnen genügend Zeit zur Verfügung steht, um die Information zu verarbeiten und ggf. Rückfragen stellen zu können. Diese Erwartung richten sie an die sie behandelnden Ärzte, wie auch an das Pflegepersonal.23 Ein Instrument, um diese Patientenwünsche zu erfüllen, ist der Fallmanager. Fallmanager: Ärzte entlasten und den Patienten in den Mittelpunkt rücken Fallmanager (auch „Case-Manager“ genannt, da Ursprung in USA) nehmen Patienten auf, organisieren Behandlungen und schleusen sie durch die Stationen - bis zur Entlassung. Alle nicht-ärztlichen Aufgabenfelder, die um den Patienten gruppiert sind, werden organisatorisch zusammengefasst. Dazu gehören: die Pflege, die Funktionsdienste, die medizinisch -technischen Dienste, die Therapiebereiche, die Sozialberatung, der Stationsservice und die Seelsorge. Der Patient und sein Versorgungsprozess werden konsequent in den Mittelpunkt gestellt. Die Interessenvertretung von einzelnen Berufsgruppen findet erst nachrangig statt. „Soviel Krankenhaus wie nötig – sowenig Krankenhaus wie möglich“ ist eines der Leitmotive. Ziel dieses Ansatzes ist es, Abläufe zu straffen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden und für den Patienten und die Angehörigen möglichst viel Transparenz und aktive Beteiligung in das Versorgungsgeschehen zu bringen. Fallbeispiel: Fallmanager Dagmar Clauß ist examinierte Krankenpflegerin und arbeitet als Fallmanagerin. In dieser Funktion steuert sie den Strom der Patienten: Sie bestellt Patienten ein und organisiert deren Aufenthalt bis zur Entlassung. Dafür bietet ihr Arbeitsgeber, eine Universität, eigens eine Spezialausbildung an. So sieht eine Besprechung mit Patienten aus: Dagmar Clauß klärt auf über die bevorstehenden Behandlungen, fragt nach Vorerkrankungen, notiert die Diagnosen des Hausarztes. Ein Segen für die Stationsärzte, die von dieser Aufgabe entlastet sind. 23 Ebenda 39
  • 40. Servicekräfte: Hotelservice auf der Station Immer mehr Kliniken delegieren nicht nur einfache ärztliche Tätigkeiten an das Pflegepersonal. Durch eine konsequente Trennung von Service und Pflege setzen sie gezielt servicefokussiertes Personal ein, entlasten damit die Pflegekräfte und bieten einen hotelähnlichen Service. Die Servicekräfte sind mit allen gastronomischen und hauswirtschaftlichen Serviceleistungen, die man als Gast aus einem Hotel kennt, betraut. Die Patienten haben damit zusätzlich zum Fallmanager, einen zentralen Ansprechpartner für den Servicebereich auf der Station und jemanden, der sich darum kümmert, wenn es um das Erfüllen der oftmals kleinen Wünsche geht, die den Stationsalltag komfortabel gestalten. Fallbeispiel: Servicekräfte Eine Klinik im Harz setzt spezial ausgebildete Servicekräften ein, die helfen wo sie können und gerne auch mal den ein oder anderen kleinen Sonderwunsch erfüllen. So zum Beispiel sind die Servicekräfte für den „Roomservice“ zuständig, der dafür sorgt, dass Patienten und Gäste jederzeit kalte und warme Getränke bestellen können. Die Service-Mitarbeiter entlasten das Pflegepersonal zudem von pflegefremden Tätigkeiten wie Menüabfragen, Servieren und Abräumen, Patientenbegleitdienst, Beziehen der Betten, Aufbereitung patientennaher Bereiche, Bestückung der Pflegewagen. In der Klinik werden Patienten bei ihrer Ankunft von einem „Concierge“ empfangen. Er ist dafür verantwortlich, Gepäck aufs Zimmer zu bringen, Fragen zu beantworten und dafür zu sorgen, dass Neuankömmlinge sich sofort wohl fühlen. Die Zufriedenheit der Patienten konnte so gesteigert und die Anzahl der Beschwerden reduziert werden. Organisation und Prozesse Im Bereich der Organisation erwartet der Patient reibungslose Abläufe und kurze Wartezeiten. Er möchte, dass ihm hinreichend Zeit gewidmet wird und personelle Kontinuität herrscht. Personelle Kontinuität, kann am besten durch die Einrichtung eines Fallmanagers und durch die Stationsorganisationsform „Bereichspflege“ sichergestellt werden. Bei der Bereichpflege arbeitet eine Schwester für einen fest definierten Patientenkreis eigenverantwortlich, und übernimmt alle pflegerischen Tätigkeiten. Der Patient erwartet darüber hinaus Flexibilität der Klinikorganisation. Zum Beispiel im Bereich der Besuchsregeln, Essensoptionen oder etwa bei den Duschzeiten. Transparenz über die Stationsorganisation und Betriebsabläufe steigern die Akzeptanz und die Toleranzgrenze des Patienten. Sollte die Toleranzgrenze eines Patienten einmal 40
  • 41. überschritten sein und sich dies in Form einer Beschwerde offenbart, sollte die Abteilung auf ein standardisiertes Beschwerdemanagement zurückgreifen können. Im Rahmen eines Beschwerdemanagement werden Beschwerden ernst genommen, Schwachstellen aufgedeckt und konstruktive Verbesserungen eingeleitet. Ein Hamburger Krankenhaus hat sich beispielsweise gemeinsam mit 35 anderen Kliniken in der Region „Hamburger Erklärung zum Beschwerdemanagement im Krankenhaus“ angeschlossen. Darin verpflichten sich die Kliniken, dass diese im Fall einer Beschwerde ihr Anliegen auf einfachem Weg äußern können; dass die Beschwerde verlässlich und zügig bearbeitet wird und dass die Patienten über Bearbeitung und Ergebnis der Beschwerde so schnell wie möglich informiert werden. Entlassung Das Entlassverhalten ist eine Hauptschwachstelle in deutschen Kliniken. Dort liegen noch beachtliche Reserven, die es zu heben gilt. Folgende Empfehlungen können dazu an die Abteilungsführung gerichtet werden: • Erstellung von Arbeitsanweisungen oder Behandlungspfaden zur Entlassungsabwicklung • Einsatz speziell qualifizierte Fachkräfte, die schwerpunktmäßig für das Entlassungsmanagement bzw. die Patientenüberleitung zuständig sind (Fallmanager, Fachkräfte für Pflegeüberleitung o. ä.) • Einbindung des Ärztlichen Dienstes, des Pflegedienstes sowie des Sozialdienstes in der Entlassungsplanung • Einsatz standardisierter Assessmentinstrumente zum poststationären Pflege- und Versorgungsbedarf sowie Überprüfung der Entlassungsplanung nach der Entlassung • Einbindung der Kostenträger und nachsorgenden Leistungserbringer in die Entlassungsplanung (z. B. Reha-Kliniken, ambulante und stationäre Pflegeinrichtungen) • Organisation des Krankentransports Fallbeispiel: Nachsorgepaket zur Entlassung Um das Interesse an dem Patienten auch nach einem Klinikaufenthalt zu verdeutlichen übergibt eine geriatrische Klinik dem Patienten bei der Entlassung ein individualisiertes „Nachsorgepaket“. Dies beinhaltet Unterlagen des Patienten (z.B. Einnahmeplan der Medikamente), eine Broschüre mit indikationsspezifischer Video-CD über rehabilitativen Übungen zu Hause (z.B. Gangtraining zur Sturzvermeidung), Informationsmaterial passend zur Indikation des Patienten (Schlaganfall, Hüftbruch), eine Liste mit 41
  • 42. Notfallnummern, Physiotherapeuten, Altenheimen und Hilfsorganisationen. Vorstellbar wäre auch die kostenlose Übergabe eines Blutdruckmessgerätes bei entsprechender kardialer Indikation. Das Messgerät könnte von einem Sponsor aus der Medizintechnik finanziert werden und Startpunkt für eine telemedizinische Betreuung sein. 7.4.4 Nach dem Aufenthalt – Kommunikation und Nachsorge Weiterbehandlung / Kommunikation Die Schnittstelle Krankenhaus zur weiterbehandelten Einrichtung (z.B. Arzt oder Rehabilitationsklinik) stellt eine besondere Herausforderung für das Abteilungsmarketing dar. Oft sehen Patienten Mängel in der Kommunikation kurz vor und kurz nach der Entlassung. Sie fühlen sich teils unzureichend über die nachfolgende (medikamentöse) Therapie und deren Implikationen informiert und zeigen Unsicherheiten, wie die nachfolgende (häusliche) Versorgung weitergeht. Die Kommunikation mit nachgelagerten Leistungserbringen stellt deshalb einen erfolgkritischen Faktor in der Patientenbeurteilung dar. Mögliche Ansatzpunkte sind hier ein verbesserter Service nach dem Konzept „alles aus einer Hand“. Das Ziel: Die Nachsorge für den Patienten organisieren und damit für diesen erleichtern, im Sinne einer Serviceleistung der Klinikabteilung. Aber auch so einfache Dinge wie eine schnelle Übersendung des Entlassbriefes an den niedergelassenen Arzt, entscheiden die Patienten- und Einweiserzufriedenheit mit. Fallbeispiel: IV-Produktpaket – alles aus einer Hand Eine große Krankenkasse und eine norddeutsche Klinik vereinbaren ein besonderes Produktpaket: Patienten, die eine Hüftoperation benötigen, werden durch eine enge Verzahnung von der ersten Voruntersuchung bis zur Rehabilitation aus einer Hand begleitet. Das integrierte Behandlungskonzept sieht unter anderem eine Hüftsprechstunde, eine gezielte OP-Vorbereitung, enge Absprachen mit den Nachbehandlern und mehrmalige kostenlose Kontrollen vor. Die Klinik garantiert dabei nicht nur einen klar definierten Behandlungsstandard, sondern gibt auch eine Garantie für zehn Jahre. In dieser Zeit wird bei Komplikationen gratis nachbehandelt. Damit wird das Gesundheitsprodukt „Elektive Hüftenoprothetik“ zu einem fest definierten Produkt, das sich gegenüber vergleichbaren medizinischen Leistungen durch Transparenz, garantierte Qualität und Nachhaltigkeit auszeichnet. Solch ein Produktangebot kann 42
  • 43. Ausgangspunkt für die Entwicklung eines viel zitierten Markenartikels für Kliniken sein. After Sales „After Sales“ versteht sich als die Phase nach dem Verkauf einer Dienstleistung an den Kunden. Mit diesem Marketinginstrumentarium sollen zwei Ziele erreicht werden. Erstens können „After Sales“ Aktionen die Zufriedenheit des Patienten absichern oder sogar verstärken. Zweitens bewirkt es indirekt eine verbesserte Weiterempfehlungsrate des Patienten, was sich wiederum positiv auf die Gewinnung von neuen Patientenkreisen auswirkt. Ein typisches Beispiel für eine „After Sales“ Maßnahme ist der Newsletter. Ein Herzinfarkt-Patient erhält etwa von der kardiologischen Abteilung nach seinem Klinikaufenthalt regelmäßig einen Informationsnewsletter über neueste Forschungsergebnisse, Therapien oder Medikamente rund um das Thema Herzinfarkt. Die Klinik bestätigt dadurch auch im Nachgang einer Behandlung ihre Expertenstellung und einen guten Patientenservice. Eine weitere „After Sales“-Aktion kann die telemedizinische Betreuung des Patienten zu Hause sein. Oder der Patient wird in regelmäßigen Abständen – in Abstimmung mit der Krankenkasse – von einem Arzt oder von einer Pflegekraft zu Hause telefonisch beraten und betreut. Fallbeispiele: After Sales und Kundenbetreuung Die DAK bietet ihren chronisch Erkrankten Versicherten ab 2008 einen telefonischen Betreuungsservice an. Speziell ausgebildete Pflegekräfte beraten und betreuen die Patienten vor und nach einem Klinikaufenthalt. Ein Krankenhaus könnte sich hierbei als kompetenter Leistungserbringer über die Akut-Versorgung hinaus als Partner profilieren. Eine kostenlose Klinik-Hotline für ausgewählte „Dauerpatienten“ verstärkt die Kundenbeziehung zwischen Patient und Krankenhaus. Ein amerikanisches Krankenhaus nutzt die steigende Verbreitung des Handys. Die Klinik schickt ihren Patienten drei Tage nach dem Klinikaufenthalt eine SMS-Nachricht und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden. Alternativ versendet die Klinik einen Brief, wenn keine Handynummer vorliegt. 43
  • 44. 7.4.5 Besondere Patienten, besondere Anforderungen Unter „besonderen“ Patienten werden hier Privatpatienten, Selbstzahler, ausländische Patienten und Patienten zur integrierten Versorgung verstanden. Beispielweise kann die Akquisition von ausländischen Patienten eine positive Ausstrahlung auf das Image der Abteilung haben. Die Tatsache, überregionale Patienten anzuziehen, legt für Patienten im Kern-Einzugsgebiet eine gewisse Qualitätsvermutung nah. Doch ausländische Patienten müssen geworben und entsprechend ihrer besonderen Anforderungen betreut werden. Wichtige Erfolgsfaktoren für das Ausländermarketing sind: • Sprachliche Kommunikation (eigene Mitarbeiter oder externer Übersetzungsdienst) • Servicemanager als „VIP-Betreuer“ • Organisation der Patientenverwaltung (Kostenvoranschlagerstellung, Abrechnungsmodalitäten, Transaktion, Vorauszahlung, Pauschalpreise) • Kontakte zu Vermittlungsagenturen • Kontakte zu Botschaften • Exklusive Zimmerausstattung (Zimmergröße, Einrichtung, Mobiliar, Technik) • Organisation der Anreise und Weiterbehandlung Auch für IV-Patienten (Teilnehmer der integrierten Versorgung) müssen spezielle medizinische Leistungen und Serviceleistungen vorgehalten werden und in die Klinikorganisation integriert werden. Dies bedingt oft einen getrennten Behandlungsprozess sowohl medizinisch-pflegerisch als auch verwaltungsseitig. Der Abschluss und die Umsetzung mehrerer solcher Verträge zur integrierten Versorgung mit jeweils eigen definiertem Vertrags- und Leistungsinhalt stellt die Kliniken - insbesondere die Patientenverwaltung - vor enorme Herausforderungen. Eine enge Abstimmung zwischen den Klinikabteilungen ist erforderlich, um die IV spezifischen Leistungsinhalte vertragsgetreu umzusetzen. Bei dem Aufbau solchen kundengruppenspezifischer Prozesse stecken deutsche Kliniken sicherlich noch in den Kinderschuhen. Sollte sich die fortschreitende Entwicklung der bilateralen Verträge zwischen den Kliniken und den Krankenkassen in den nächsten Jahren fortsetzen, wird ein radikales Umdenken und ein kundengruppenspezifisches Reorganisieren von Teil- Prozessen nötig sein. 44