Web 3 01. 7.6.2016 Zeitung Heute : Web 3.0 – die Dimension der Zukunft
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Zeitung Heute : Web 3.0 – die Dimension der Zukunft
Die Datenmenge im Internet wächst rasant. Der Nutzer soll es bald leichter haben, genau das zu
finden, was er braucht
Robert Tolksdorf
Auf die Zukunft der Internetwirtschaft haben bis vor Kurzem nur wenige gewettet. Zu tief saß die
Erinnerung an das Platzen der ersten „InternetBlase“ im Jahr 2000. Schuld waren damals
unausgereifte Geschäftsmodelle und die falsche Annahme völlig neuer ökonomischer Regeln für die
Internetwirtschaft. Technologisch bot das Web aber schon eine sehr gute Basis für Anwendungen.
Grundlegende Austauschformate waren standardisiert und Webbrowser schnell und multimedial.
Seither hat sich das Web auch ohne NewEconomyGetöse stetig weiterentwickelt.
Vor zwei Jahren prägte der USamerikanische Verleger Tim O’Reilly für neue Internetanwendungen
und Geschäftsmodelle den Begriff „Web 2.0“. Er versteht darunter Plattformen, die Dienste
realisieren. Es geht nicht mehr um den Verkauf von WebSoftware, sondern um die Anwendungen,
die damit realisiert werden. So verkauft Google keine Suchmaschinen – Google erbringt täglich
milliardenfach einen Suchdienst.
Weiterhin dominiert im Web 2.0 die sogenannte Architektur der Teilhabe. Dabei können Nutzer den
Gegenstand der Dienste verändern. Ein Beispiel dafür ist die Videoplattform Youtube.com.
Technologisch bietet sie eine Einstellmöglichkeit für Videodateien und eine Komponente zum
Einbinden der Filme in Webseiten. Die Videos stammen von den Nutzern. Bereits ein Jahr nach der
Gründung wurde Youtube 2006 von Google für 1,65 Milliarden USDollar gekauft.
Dieses Beispiel verdeutlicht die Wertsteigerung der Plattform durch nutzergetragene Inhalte. „Data is
the next Intel inside“, formuliert O’Reilly dazu. Und es sind die Nutzer, die die Daten den Betreibern
anliefern sollen. Man ahnt, dass Nutzungsbedingungen interessante Feinheiten zu den Rechten an
den Daten enthalten. Die BildZeitung mit ihren „Leserreportern“ macht es vor: HilfsPaparazzi
können ihre Digitalfotos in einer Plattform einstellen. Damit geben sie aber nach den dortigen
Nutzungsbedingungen sämtliche Rechte an den Betreiber ab. Die Inhalte können somit zeitlich
unbegrenzt und honorarfrei vervielfältigt werden – nicht nur online, sondern auch in Druckwerken.
Sogar ein Weiterverkauf der Nutzungsrechte an Dritte ist möglich. Wirtschaftlicher Wert kommt nicht
den Urhebern zugute – sie haben ihre Werke an die Plattform praktisch verschenkt. Viele
Druckmedien mit OnlineAblegern folgen mittlerweile diesem Schema.
Die Datenmenge im Internet wächst rasant. Je mehr Daten jedoch im Netz stehen, desto schwieriger
wird ihre Nutzung, da man etwas wirklich Passendes kaum noch findet. Am Fotoportal www.flickr.com
zeigt sich eine weitere Dimension des Dilemmas: Dort können Fotos hochgeladen und zu Gruppen
zusammengestellt werden. Aber wie findet man ein Bild mit einer Ansicht von Berlin? Eine Suche
nach dem Text „Berlin“ ist ja nicht möglich, da es sich um Fotos handelt.
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Web2.0Anwendungen nutzen hier das Mittel der Verschlagwortung. Nutzer können zu ihren Fotos
eine Liste von Worten (Tags) angeben, die aus ihrer Sicht das Bild beschreiben. Nach diesen Worten
kann dann durch Textvergleich gesucht werden. Die Suche nach „Berlin“ liefert so eine knappe
Million Bilder. Die Schlagworte sind jedoch nicht eindeutig. Der Nutzer könnte auch ein anderes Berlin
meinen – oder er verwendet lieber das Schlagwort „Hauptstadt“. Ein Wildwuchs von Schlüsselworten
würde sogar eine gute Suche verhindern. Wer aber seine Bilder einstellt, will, dass sie gefunden
werden. Und wird sich auch in den Schlüsselworten allgemeinverständlich ausdrücken.
So entstehen sogennante TagClouds, „Wolken“ aus Schlüsselworten. Je mehr Nutzer Tags
vergeben, umso stabiler werden diese Wolken – sie stellen quasi den gemeinsamen Nenner der
„Verschlagwortung“ dar. Mittlerweile hat sich für dieses gemeinschaftliche Indexieren der Begriff
„Folksonomie“ etabliert – von Nutzern erstellte Taxonomien.
Auch im Web 2.0 stehen die Daten als sogenannte Repräsentationen symbolisch für Informationen.
So stehen beispielsweise die Zeichen „w“, „a“, „r“ und „m“ (warm) für die Information, dass eine
höhere Temperatur herrscht. Man muss also die Zeichen in einen Zusammenhang stellen, Daten
alleine sind nicht ausreichend, um einen Sachverhalt zu erfassen. Vielmehr benötigen die Daten
Zusatzinformationen, die als Metadaten bezeichnet werden. Sie sind Gegenstand intensiver
Forschung zum sogenannten Semantic Web. Es erweitert das Internet um maschinenlesbare Daten,
welche die Semantik der Inhalte formal beschreiben. Anstatt „Berlin“ nur als Zeichenfolge zu einem
Bild zu vergeben, kann man künftig mit Semantic Web genauer notieren, dass ein Bild im Netz eine
Aufnahme der deutschen Stadt Berlin zeigt. Diese Aussage verwendet Verweise auf die Konzepte
„deutsch“, „Stadt“ und „Berlin“. Mit Konzept ist in diesem Falle das gemeint, was ein mentales Bild in
unserer Vorstellung auslöst.
Man braucht natürlich eine Sammlung solcher Konzepte. Im Semantic Web gibt es die „Web
Ontologien“. Dieses sind Konzeptnetze, die inhaltliche Beziehungen darstellen. So könnte man alle
Städte der Welt aufschreiben und ihnen jeweils eindeutige Netzadressen zuordnen. Man könnte
notieren, in welchem Land sie liegen, welche Koordinaten sie haben und wie groß sie sind. Auf diese
Weise würde man eine WebOntologie aller Städte der Welt definieren. Die Plattform Geonames
Ontology (www.geonames.org/ontology) setzt dies bereits um. Die deutsche Stadt Berlin wird dort
durch die Netzadresse http://sws.geonames.org/ 6547383 eindeutig bezeichnet. Wenn man so
Metadaten zu einem Bild notiert, besteht keine Verwechslungsgefahr mit dem etwas weniger
bekannten Berlin in Honduras – dann müsste man nämlich http://sws.geonames.org/3614789
verwenden.
Ontologien lassen sich weiter anreichern. Während man bei Flickr nach Bildern von „Berlin“ suchen
kann, lassen sich mit zusätzlichen Informationen mehr Anfragen beantworten. In der Ontologie lässt
sich vermerken, dass Berlin, Rom und Washington Hauptstädte sind. Bilder aus Hauptstädten lassen
sich dann mittels einer einfachen Regelanwendung finden, obwohl bei keinem Bild das Tag
„Hauptstadt“ vergeben wurde.
Das Web 2.0 nennt man zusammen mit semantischen Informationen Web 3.0. Die inhaltliche