Artikel in der Personalwirtschaft, Oktober 2015
Was wissen Sie über Organisation, Unternehmenskultur, Auftrag oder ganz einfach über die Mitarbeiterzahl Ihrer örtlichen Verwaltung? Lachen Sie über Beamtenwitze? Der öffentliche Dienst hat keine Produktmarke, gilt als langweilig und ist als Arbeitgeber unbekannt. Der Artikel beleuchtet diese Situation der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in Zeiten des Fachkräftemangels und der überalterten Belegschaft. Personalmarketing kann der Schlüssel sein, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Dafür bedarf es einer offenen Kommunikation, einer Änderung der Einstellung und dem internen vor dem externen Personalmarketing.
Personalmarketing im öffentlichen Dienst in Zeiten von Fachkräftemangel und S...
Die Amtsstube im neuen Licht
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personalmagazin 10 / 15
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er bereits abklingende Trend
Personalmarketing ist im öf-
fentlichen Dienst noch nicht
angekommen. Oft wird er miss-
verstanden und in der Regel findet höch-
stens eine Abgrenzung zur Wirtschaft mit
Schlagwörtern wie „Gemeinwohl“ und
„Sicherheit“ statt. An Alleinstellungs-
merkmalen innerhalb des öffentlichen
Dienstes fehlt es. Lange wurde darin keine
Notwendigkeit gesehen: Wenn auch weni-
ger und geringer qualifiziert, so kamen
doch immer ausreichend Bewerbungen.
Und nicht wenige Behörden müssen Per-
sonal abbauen. Wozu also Marketing be-
treiben?
Doch vielerorts setzt in der Politik und
in den Spitzenämtern ein Umdenken ein:
Nicht mehr rigide Einsparziele, sondern
eine am Bürger orientierte Dienstleistung
mitdigitalenAngebotenimRahmendesE-
Governments werden wichtiger. Sogar die
Behörden, die wegen Personalabbau beim
Thema Personalmarketing abgewunken
haben, stellen fest, dass die dringend be-
nötigten Mitarbeiter für die Bewältigung
der Herausforderungen im Zusammen-
hang mit den Flüchtlingen oder der Kin-
derbetreuung nicht verfügbar sind. Dieser
Trend wird zunehmen: Die demografische
Prognose ist ungünstig, der Arbeitsmarkt
wird enger und die Verwaltung ist über-
altert. Warum sollten sich aber die weni-
gen Bewerber gerade für den öffentlichen
Dienst entscheiden? Da auch Aufgaben
und Gehälter arbeitgeberübergreifend im
Wesentlichen gleich sind, treten andere
Faktoren als Alleinstellungsmerkmal in
Von Stefan Döring
den Vordergrund. Dabei lassen sich drei
wesentliche Herausforderungen attestie-
ren: Der öffentliche Dienst ist als Arbeit-
geber weitgehend unbekannt, die Arbeit
bei ihm ist vorurteilsbehaftet und die
Weiterempfehlungsbereitschaft der Mit-
arbeiter ist gering
„Ach, bei Euch kann ich auch arbeiten?“
Fragen Sie die eigenen Kunden nach
Organisation, Unternehmenskultur,
Auftrag oder ganz einfach nach der
Mitarbeiterzahl Ihrer Verwaltung. Das
Ergebnis ist in aller Regel ernüchternd.
Woher soll die Zielgruppe der deutsch-
landweit geschalteten Stellenanzeigen
die Behörde denn kennen? Das Problem
ist: Der öffentliche Dienst hat keine Pro-
duktmarke und ist als Arbeitgeber eher
unbekannt. So ist es nicht verwunder-
lich, dass Studenten auf Karriere-Mes-
sen am Stand des öffentlichen Dienstes
die Frage stellen: „Ach, bei euch kann
ich auch arbeiten?“
Das Problem ist hausgemacht: Zum
einen vermeiden es die Behörden (vie-
lerorts bis heute) in der Öffentlichkeit
genannt zu werden. Das hat zu einer
Abschottung geführt: Lieber gar nichts
sagen, als möglicherweise in einen kri-
tischen Dialog gehen. Eine Einstellung,
die jedem Personalmarketing wider-
spricht. Zum anderen brummte es jahr-
zehntelang in Wirtschaftskrisen nur so
bei den Bewerberzahlen. Das hat dazu
geführt, dass sich der öffentliche Dienst
Die Amtsstube im neuen Licht
AUFRUF. Der öffentliche Dienst hat keine Produktmarke, gilt als langweilig und ist als
Arbeitgeber unbekannt. Grund genug für die Stadt München, am Image zu arbeiten.
Nur Akten stapeln? Das Bild des öffentlichen Dienstes muss dringend erneuert werden.