Der Foliensatz zeigt den Vortrag von Joel Kaczmarek auf den Deutschen Gamestagen 2009. Inhaltlich geht es um eine Konzeption von Gegnerschaft im Computerspiel.
Oberste establishing enteroviruses in chronic diseases
Gegnerschaft im Computerspiel
1. Ein Versuch, Computerspiele von ihrer interaktiven Seite her zu klassifizieren.
Joël Kaczmarek
Europäische Medienwissenschaft
21. April 2009
2. Joel Kaczmarek > Mail me!
Joel.Kaczmarek@web.de
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Über mich:
• Bachelor Kommunikationswissenschaft (Greifswald)
• Master Europäische Medienwissenschaft (Potsdam)
• Chefredakteur Gründerszene.de
• Liebt: Zelda, Ego-Shooter und die good old Classics
+++ Joël Kaczmarek +++ Gegnerschaft im Computerspiel +++ 21/04/2009 +++ Deutsche Gamestage 2009 +++
3. Der Kern eines jeden Computerspiels
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4. +++ Joël Kaczmarek +++ Gegnerschaft im Computerspiel +++ 21/04/2009 +++ Deutsche Gamestage 2009 +++
5. Interaktivität
• USP des Computerspiels
• Der Spieler erzählt seine eigene Geschichte
• Das Computerspiel ist also ein soziales Medium
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6. Probleme bisheriger Systematisierungen
• Die Übertragung existierender Film-Genres greift nicht für CS
• Computerspielegenres sind unscharf und arbiträr in ihrer Definition
• Scharfe Definitionen (z.B. Wolf) sind zu unhandlich
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7. Was mir vorschwebt
• Anleihen aus anderen Disziplinen vornehmen (Politische Theorie,
Kriegstheorie, Umgebungspsychologie)
• Eine einfache Systematisierung, die mit bisherigen Systematisierungs-
versuchen kombinierbar und diachron anwendbar ist
• Konzentration auf das Kernelement der Computerspiele: Interaktivität
• Raum für anknüpfende Betrachtungen bieten (Pädagogik usw.)
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8. Es gibt in diesem Sinne keinen
Die Spieler verfolgen dieselbe Ein externer Spielzweck führt zu
lebendigen Gegner, sondern
Zielsetzung und treten in eine kontradiktorischen Zielen. Die Spieler
der Spieler tritt gegen die
Leistungskonkurrenz unter spielen unausgeglichen und sind
Widrigkeiten der Umgebung an
bereit, sich gegenseitig zu vernichten.
Chancengleichheit.
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10. Chancengleichheit – Die Nähe zum Sport
• der Wettbewerb dreht sich um einen objektiven Leistungsvergleich
(agôn), dessen Antriebsmoment Anerkennung ist
• damit dies gewährleistet wird und die Spannung erhalten bleibt, ist
Chancengleichheit unerlässlich →Ausnahme: Computerhandicap
• der Wettbewerb stellt dabei einen reinen Selbstzweck dar und bleibt
insofern nutz- und folgenlos
• Wettbewerbe sind ein insuläres Phänomen des Alltags, sodass sie in
diesem Sinne kein Gedächtnis haben
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11. Die zentrale Rolle der Regel im Wettbewerb
• Der Wettbewerb muss Gewalt domestizieren, was durch einen
institutionellen Rahmen fester Regeln erfolgt
• Regeln schaffen zeitliche und räumliche Grenzen zum Alltag
• Ein „Krieg aller gegen alle“, d.h. ein rechtsfreier Zustand muss ver-
mieden werden →vgl. Hobbes‘ Naturzustand
• Die Unterordnung erfolgt auf fakultativer Basis durch einen Vertrag
von jedem mit jedem
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12. Metaphorische Anleihe
Hobbes‘ Leviathan Computerspiele
Fair Play
Frieden
Spieleintritt
Vertragsunterzeichnung
Regeln
Gesetze
Programmcode
Souverän (Leviathan)
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14. Feindschaft als Zustand: Ein Feindbild
• Feindschaft definiert sich aus antagonistischen Zielsetzungen und
aus einer gegenseitigen Tötungsbereitschaft
• Carl Schmitt : Die Interessen des Anderen laufen den eigenen zuwider,
Feindschaft muss relational als Beziehungsgeflecht gedacht werden
• Die eigene Präferenzordnung entscheidet über das Verhältnis, evtl.
kommt es zu einer „hostis-Erklärung“, was zum Kampf führen kann
• Der Plot (Filmsequenzen) weist auf diese Entgegensetztheit hin und
schafft somit eine Feindzuschreibung →dem Gameplay extern
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15. Feindschaft als Prozess: Kampf!
• Als Prozess dreht sich Feindschaft darum, den Gegner wehrlos zu
machen, d.h. er erfolgt unausgeglichen und unter Waffeneinsatz
• Vgl. hierzu die Kriegstheorie von Clausewitz: so wie „Der Krieg eine
bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist“, ist der Kampf
des Gameplays eine Fortsetzung des plotbasierten Feindbildes
→Der Kampf ist also das Instrument zur gewaltvollen Auflösung dieser
Interessenpolarität, vgl. auch den Dualismus von Strategie und Taktik
• Er hat Kollektivcharakter, man denke an das Bild zweier Ringender
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16. Formen des Wehrlosmachens:
Doom: Soldaten eliminieren Destruction Derby 2: Fahrzeuge Unreal Tournament: Objekte
zerstören erobern
WarCraft: Territorien erobern Super Mario World: Gebäude Rise of Nations: Kapitulation
einnehmen erzwingen
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17. Wie kann Gewalt Spiel sein?
• Krieg kann real freilich nicht Spiel sein, weil er unter Zwang erfolgt,
nicht unmittelbar endbar ist und den anderen gefährdet
• Spieledefinitionen wie die von Roger Caillois oder Ernst Friedrich
Jünger schließen Gewalt und Zwang als Spiel aus
• Das Computerspiel macht den kriegerischen Kampf für das Spiel
fruchtbar, indem es dessen destruktive Komponenten in den Bereich
des Virtuellen transportiert und dadurch in Bezug auf ihre Endgültig-
keit und Zerstörung entschärft
• Die berühmte Ausnahme von der Regel: Die „PainStation“
18. UMGEBUNG
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19. Parcours
• Der amerikanische Umweltpsychologe James Gibson liefert eine
passende Beschreibung: Oberflächen bieten dem Spieler ein Setup an
Angeboten für ein bestimmtes Verhalten = Affordance
• Die Angebote der Umwelt sind optisch wahrnehmbar, der Spieler
muss über Trial and Error nur lernen, sie zu lesen
• Die Hindernisse müssen in ihrer Qualität eindeutig und konstant sein,
beim Parcours erscheinen sie darüber hinaus stets am gleichen Ort,
was den Parcours lern- und trainierbar macht
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20. Terrain
• Im Gegensatz zum Parcours bleibt beim Terrain zwar auch die Qualität
der Hindernisse stets gleich, deren Auftreten variiert jedoch
• Erneut mit der Kriegstheorie gesprochen, handelt es sich um eine Form
der „Friktion“, also eine Reibung, die in der Spielpraxis auftritt
• Der Spieler kann die Bewältigung zwar nicht trainieren, wohl aber
Routinen und Taktiken entwickeln →„Kriegserfahrung“ ist das einzig
mögliche „Schmiermittel“
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21. +++ Joël Kaczmarek +++ Gegnerschaft im Computerspiel +++ 21/04/2009 +++ Deutsche Gamestage 2009 +++
22. +++ Joël Kaczmarek +++ Gegnerschaft im Computerspiel +++ 21/04/2009 +++ Deutsche Gamestage 2009 +++
23. Jetzt mal ehrlich: Und in der Praxis?
• Der Spieler wählt durch Wahl des Spiels die Gegnerschaftsform aus,
kann aber auch im Spiel entscheiden, wie er handeln will.
• Er kann also den Vorgaben zuwider handeln (z.B. bei SWAT 4 Geiseln
erschießen oder bei Fifa absichtlich foulen)…
• …oder auch nicht vorgesehene Spielinhalte entwickeln (Bsp. Quake-
Jumps oder Halo-Stunts).
• Es wird in der Praxis auch Überschneidungen und Wechsel der
Gegnerschaftsformen geben
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24. Eine vierte Gegnerschaftsform – Die Rekordjagd
• Frei nach Caillois kann sich der Spieler zwischen einem ziellosen
Spielen (paidia) und einem gezielten Spielprozess (ludus) entscheiden.
• Der ludus kann in ein Extrem münden, das quasi eine vierte Gegner-
schaftsform darstellt – die Rekordjagd.
• Bei der Rekordjagd ist der Spieler sein eigener Gegner, indem er
versucht, Bestleistungen in der jeweiligen Gegnerschaftsform zu
erzielen und sich selbst zu überbieten.
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25. Danke!
Joel.Kaczmarek@web.de
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26. Alleinstellungsmerkmal:
Vollzieht sich als vergleichende Konkurrenz anhand einer
spezifischen Fähigkeit unter gleichen Bedingungen. Die
Unversehrtheit des Gegenübers wird aufrecht erhalten.
Populäre Beispiele:
Sportspiele jeglicher Art (Fifa, NHL, NBA Jam), explizite
Wettkampfspiele (Pong, SingStar), Rennspiele (Gran
Turismo, Project Gotham Racing) u.a.
Alleinstellungsmerkmal:
Der Spieler und sein Gegner haben je unterschiedliche, u.U.
Sogar entgegen gesetzte Ziele. Zu deren Erreichung wird
auf die Vernichtung des Gegenübers zurückgegriffen.
Populäre Beispiele:
Shooter jeglicher Art (Doom, Counter Strike, Unreal Tourna-
ment), Strategiespiele (Command & Conquer, WarCraft),
Miscellanous (Pac-Man, GTA, Tomb Raider, Space Invaders)
Alleinstellungsmerkmal:
Gegner des Spielers ist der Spielraum, in dem es Hindernisse
Zu überwinden gilt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Auch der bloße und reine Spielspaß zählt hierher
Populäre Beispiele:
Jump‘n‘Runs (Sonic), Strategiespiele (Command & Conquer,
WarCraft), (Action-)Adventures (Monkey Island, Tomb
Raider), Karten- & Knobelspiele (Pac-Man, Lemmings)