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-260 Die Wirtschaftsprüfung 5 12012
3. Bestimmung des gesamten Transak-
tionspreises aus dem Vertrag,
4. Aufteilung des Transaktionspreises
auf die separaten Leistungsver-
pflichtungen,
5. Ertragserfassung zum Zeitpunkt der
Erfüllung einer Leistungsverpflich-
tung.
Die einzelnen Schritte werden im Fol-
genden kurz erläutert.
2.1. Identifizierung des Vertrages/der
Verträge mit dem Kunden
Der erste Schritt gilt der Identifizierung
des Vertrages mit dem Kunden. Ein
Vertrag im Sinne des Standardentwurfs
ist eine Vereinbarung zwischen zwei
oder mehreren Parteien, durch die
durchsetzbare Rechte und Pflichten ge-
schaffen werden.6
Ein Vertrag kann
schriftlich sowie mündlich vereinbart
werden oder .sich aus der praktizierten
Geschäftstätigkeit eines Unternehmens
ergeben. Hierbei kann es Unterschiede
zwischen den einzelnen Rechtssyste-
men, Branchen und Unternehmen ge-
ben. Zeitgleich oder zeitnah geschlosse-
ne Verträge werden zusammengefasst,
sofern mindestens eines der folgenden
Kriterien erfüllt ist:
• Die Verträge wurden als Paket mit
einem gemeinsamen wirtschaftli-
chen Ziel ausgehandelt;
• die Preisfestsetzung für die Kompo-
nenten in den verschiedenen Ver-
trägen erfolgt zusammen (Preisin-
terdependenz) oder
• die Güter und Leistungen stellen
insgesamt eine Leistungsverpflich-
tung dar.7
2.2. Identifizierung aller separaten
Leistungsverpflichtungen
Eine Leistungsverpflichtung im Sinne
von ED/2011/6 ist ein in einem Vertrag
mit einem Kunden formuliertes Ver-
sprechen, eine Ware zu übertragen
oder eine Dienstleistung zu erbringen.
Dabei kann ein Vertrag grundsätzlich
mehrere Leistungsverpflichtungen ent-
halten (sogenanntes Mehrkomponen-
ten-Geschäft). Um zu identifizieren, ob
und welche Leistungsverpflichtungen
bezüglich der Umsatzrealisierung sepa-
rat zu betrachten sind, ist ED/2011/6
6 Vgl. ED/2011/6.13.
7 Vgl. ED/2011/6.17.
Analyse J Kühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS
folgend zu fragen, welche zu unter-
schiedlichen Zeitpunkten bereitgestell-
ten Güter oder Dienstleistungen als
,,distinct", d. h. als wesentlich verschie-
den und abgrenzbar anzusehen sind.8
Güter oder Dienstleistungen gelten
dann als verschieden, wenn das bilan-
zierende Unternehmen oder ein ande-
res Unternehmen identische Güter
oder Dienstleistungen separat ver-
äußert oder das Unternehmen das Gut
oder die Dienstleistung separat veräu-
ßern könnte, weil es eine eigenständige
Funktion besitzt. Das im vorherigen
Standardentwurf (ED/2010/6) enthal-
tene Kriterium der separaten Marge
soll künftig keine Rolle mehr spielen.
Zu beachten ist, dass verschiedene
Leistungen und Waren trotz grund-
sätzlicher Abgrenzbarkeit als eine ein-
heitliche Leistungsverpflichtung be-
handelt werden, sofern die transferier-
ten Güter und Leistungen zu einem
hohen Grad verbunden (,,highly inter-
related") sind und das Unternehmen
im Rahmen der Erfüllung des Vertra-
ges eine signifikante Integrationsleis-
tung erbringt, die auch die Modifizie-
rung bzw. Anpassung an kundenspezi-
fische Bedürfnisse umfasst.9 Ein
Bündel wirtschaftlich zusammengehö-
riger Güter und Dienstleistungen ist
insofern als eigenständige Leistungs-
verpflichtung - genauer gesagt als
Dienstleistung - zu klassifizieren, wenn
das bilanzierende Unternehmen zur
Integration dieser Güter und Dienst-
leistungen in ein an den Kunden zu lie-
ferndes Endprodukt eine erhebliche In-
tegrationsleistung erbringt. Auch wenn
der Begriff der wesentlichen Integra-
tionsleistung durch den IASB noch
nicht ausreichend konkretisiert wurde,
ist doch vorstellbar, dass heute nach
der Percentage-of-Completion-Metho-
de (PoC-Methode) bilanzierte Trans-
aktionen - in ihrer Gestaltung als not-
wendig kundenspezifische Projekte -
eine Integrationsleistung bedingen. Für
Zwecke der Umsatzrealisierung würde
in diesem Fall das Projekt als Ganzes
bezüglich des Übergangs von Kontrolle
an den Kunden überprüft und nicht
für Zwecke der Bilanzierung in einzel-
ne Teilleistungen zerlegt.
8 Vgl. ED/2011/6.23ff.
9 Vgl. ED/2011/6.29.
2.3. Bestimmung des gesamten Trans-
aktionspreises aus dem Vertrag
Schritt 3 zielt auf die Bestimmung des
Transaktionspreises aus dem Vertrag,
mithin die Bestimmung des Betrages,
den das Unternehmen als Gegenleis-
tung für den Transfer der Güter oder
für die Erbringung der Dienstleistun-
gen vom Kunden erhält. Der Transak-
tionspreis setzt sich aus fixen sowie ge-
gebenenfalls variablen Komponenten -
beispielsweise Mengenrabatten - zu-
sammen. Variable Komponenten sind
auf Basis des Erwartungswertes (,,ex-
pected value") oder des wahrschein-
lichsten Wertes (,,most likely amount")
zu bestimmen, je nachdem welche Me-
thode eine zuverlässigere Voraussage
liefert.10
Variable Komponenten sind
bei der Bestimmung des Transaktions-
preises allerdings nur dann zu berück-
sichtigen, sofern diese verlässlich be-
stimmbar sind.
Ferner enthält ED/2011/6 nun eine
explizite Regelung, dass der Transak-
tionspreis anzupassen ist, sofern der
Vertrag eine wesentliche Finanzie-
rungskomponente enthält.11
Die Ein-
schätzung des Ausfallrisikos des Kun-
den wird dagegen nicht - wie noch in
ED/2010/6 vorgesehen - in der Höhe
des Transaktionspreises reflektiert; die
Wertminderungen auf Kundenforde-
rungen sind vielmehr als separate Posi-
tion direkt unterhalb der Umsatzerlöse
auszuweisen.12
2.4. Aufteilung des Transaktions-
preises auf die separaten
Leistungsverpflichtungen
In Schritt 4 ist der Transaktionspreis
auf die in Schritt 2 identifizierten sepa-
raten Leistungsverpflichtungen aufzu-
teilen. Die Allokation des Transak-
tionspreises erfolgt dabei auf Basis der
relativen Verkaufspreise (,,stand-alone
selling price") der einzelnen Leistungs-
verpflichtungen.13 Der „stand-alone
selling price" ist der Preis, zu dem das
Unternehmen die Güter oder Dienst-
leistungen separat verkauft bzw. ver-
kaufen würde.
10 Vgl. ED/2011/6.53ff.
11 Vgl. ED/2011/6.SSff.
12 Vgl. ED/2011/6.68f.
13 Vgl. ED/2011/6.71.
Analyse IKühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS
Sofern der „stand-alone selling pri-
ce" aufgrund fehlender Markttransak-
tionen nicht direkt beobachtbar ist, ist
dieser auf Basis aller verfügbaren Infor-
mationen zu schätzen. In diesem Fall
sieht der Standardentwurf für die
Schätzung folgende Methoden vor:
• Ableitung vom Markt durch Adjus-
tierungen,
• erwartete Kosten zuzüglich einer
Marge oder
• Restwertmethode.
Die Restwertmethode ist allerdings nur
in solchen Situationen zulässig, in de-
nen der „stand-alone selling price"
sehr variabel oder ungewiss ist.14
2.5. Ertragsvereinnahmung zum
Zeitpunkt der Erfüllung einer
Leistungsverpflichtung
2.5.1. Überblick
Eine Vielzahl der beim IASB eingegan-
genen Kommentare zu ED/2010/6 kri-
tisierte die vorgeschlagenen Regelun-
gen zur Bestimmung des Zeitpunkts
der Umsatzrealisierung. Neben Kritik
an der relativen Unbestimmtheit der
Vorschriften - vor allem in Bezug auf
die Umsatzrealisierung für das Erbrin-
gen von Dienstleistungen - wurde
nicht zuletzt eine faktische Abschaf-
fung der Ertragsvereinnahmung nach
der PoC-Methode befürchtet. Der
IASB hat hier deutlich nachgebessert
und mit dem neuen Standardentwurf
klarere Regelungen geschaffen, die zu-
dem durch weitere Anwendungsbei-
spiele konkretisiert und veranschau-
licht werden.
Die Neuregelung sieht die Erfassung
der Umsatzerlöse zum Zeitpunkt der
Erfüllung der Leistungsverpflichtung
vor. Nach dem Verständnis des IASB
geht mit der Lieferung der Ware bzw.
mit der Erbringung der Dienstleistung
die Kontrolle über die Ware bzw.
Dienstleistung auf den Kunden über
und die Leistungsverpflichtung wird
erfüllt. Umsatz soll künftig also dann
realisiert werden, wenn ein Übergang
der Kontrolle an dem Gut oder der
Dienstleistung auf den Kunden stattge-
funden hat.15
14 Vgl. ED/2011/6.73.
15 Vgl. ED/2011/6.31.
Nicht zuletzt aufgrund der an ED/
2010/6 geübten Kritik enthält der neue
Standardentwurf geänderte bzw. erwei-
terte Regelungen zur Ertragsvereinnah-
mung bei Erbringen von Dienstleistun-
gen (,,services"). Der neue Standardent-
wurf unterscheidet insofern bezüglich
der Bestimmung des Kontrollübergangs
an den Kunden deutlicher als bisher
zwischen
• dem Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum (,,over time")
und
• dem Kontrollübergang zu einem be-
stimmten Zeitpunkt (,,point in
time").16
Grundsätzlich ist bei Vertragsabschluss
zunächst zu prüfen, ob ein kontinuier-
licher Kontrollübergang vorliegen
wird. Ist dies nicht der Fall, so gelten
die Regelungen für den zeitpunktbezo-
genen Kontrollübergang.
Im Folgenden soll der Unterschied
zwischen zeitraum- und zeitpunktbe-
zogener Umsatzrealisierung skizziert
werden.
2.5.2. Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum
Bisher kann der aus Dienstleistungen
oder Fertigungsaufträgen resultierende
Umsatz bei Erfüllung bestimmter Kri-
terien nach der PoC-Methode verein-
nahmt werden. Lange war unklar, ob
und in welchem Umfang die PoC-Me-
thode auch künftig Anwendung finden
wird. Diese Frage hat große Bedeutung
für Branchen mit kundenspezifischer
Fertigung, z.B. im Maschinen- oder
Anlagenbau. Künftig sind PoC-ähnli-
che Methoden nur dann anzuwenden,
wenn der Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum stattfindet.
Der Standardentwurf enthält zwei
Kriterien, von denen mindestens eines
zum Nachweis eines zeitraumbezoge-
nen Kontrollübergangs erfüllt sein
muss:17
a. Die Leistung schafft oder verbessert
einen Vermögenswert, der durch
Kunden kontrolliert wird; hierbei
sind die o. g. Indikatoren für den
zeitpunktbezogenen Kontrollüber-
gang zu beachten.
b. Die Leistung führ:t nicht zu einem
Vermögenswert mit alternativer
16 Vgl. ED/2011/6.34.
17 Vgl. ED/2011/6.35.
•Die Wirtschaftsprüfung 5 l2012 261
Nutzungsmöglichkeit für das leis-
tende Unternehmen - wenn z.B.
eine Weiterveräußerung nicht mög-
lich ist -, und zumindest eines der
folgenden Kriterien ist erfüllt:
i. Dem Kunden fließt Nutzen
während der Leistungserbrin-
gung zu.
ii. Die Leistung müsste bei Über-
tragung an Dritte nicht erneut
erbracht werden.
iii. Der Leistungserbringer besitzt
einen Vergütungsanspruch.
Übersicht 1 fasst ein solches Prüfsche-
ma zusammen.
Beispiel'•:
Unternehmen A entwickelt Wohnungsbaupro-
Jekte mit verschiedenen Eigentumswohnungen
und verkauft diese an seine Kunden. Vor Baube-
ginn wurde bereits eine gewisse Zahl an Woh-
nungen verkauft, damit die Finanzierung des
Projekts gesichert Ist und mit dem Bau begon-
nen werden kann. Die Kunden sind vertraglich
verpflichtet, Zahlungen nach Leistungsfort-
schritt des Bauprojekts zu tätigen, und erhalten
eine entspre(hende Auflassungsvormerkung im
Grundbuch. Die Schlussrate 1st erst nach endgül-
tiger Abnahme der Eigentumswohnungen fällig.
Lösung:
Unternehmen A hat für die bereits verkauften
Eigentumswohnungen keine alternative Nut-
Zllngsmöghchkeit, da es die Eigentumswohnun-
gen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen mit
seinen Kunden und der Auflassungsvo1merkung
nicht an dndere Personen verkaufen kann. Fer-
ner hat A einen vertraglichen Anspruch auf
Zahlung für die bereits durchgeführten Leis-
tungsschritte. Dun:h die vertraglichen Regelun-
gen sind die Vorau~setzungen nach ED/2011/
6.35 (b) (ii) sowle (iii) erfüllt, so dass hier von
einem zeitraumbezogenen Kontrollubergang
auszugehen ist.
Liegt ein zeitraumbezogener Kontroll-
übergang vor, so ist die Ertragsverein-
nahmung nach einer geeigneten Me-
thode vorzunehmen. Als geeignete
Methoden zur Messung des Leistungs-
fortschritts sieht ED/2011/6 folgende
Methoden vor:19
• Input-Methode, die den Faktorein-
satz (z.B. Kosten, Arbeitsstunden)
bis zum Stichtag in ein Verhältnis
zum insgesamt zu erwarteten Fak-
toreinsatz setzt, oder
• Output-Methode, die die bereits er-
brachte Leistung in ein Verhältnis
zur gesamten zu erbringenden Leis-
tung setzt.
18 In Anlehnung an ED/2011/6.IE6, Example 7 -
Determining whether an asset has an alternati-
ve use to an entity.
19 Vgl. ED/2011/6.38ff.
-260 Die Wirtschaftsprüfung 5 12012
3. Bestimmung des gesamten Transak-
tionspreises aus dem Vertrag,
4. Aufteilung des Transaktionspreises
auf die separaten Leistungsver-
pflichtungen,
5. Ertragserfassung zum Zeitpunkt der
Erfüllung einer Leistungsverpflich-
tung.
Die einzelnen Schritte werden im Fol-
genden kurz erläutert.
2.1. Identifizierung des Vertrages/der
Verträge mit dem Kunden
Der erste Schritt gilt der Identifizierung
des Vertrages mit dem Kunden. Ein
Vertrag im Sinne des Standardentwurfs
ist eine Vereinbarung zwischen zwei
oder mehreren Parteien, durch die
durchsetzbare Rechte und Pflichten ge-
schaffen werden.6
Ein Vertrag kann
schriftlich sowie mündlich vereinbart
werden oder .sich aus der praktizierten
Geschäftstätigkeit eines Unternehmens
ergeben. Hierbei kann es Unterschiede
zwischen den einzelnen Rechtssyste-
men, Branchen und Unternehmen ge-
ben. Zeitgleich oder zeitnah geschlosse-
ne Verträge werden zusammengefasst,
sofern mindestens eines der folgenden
Kriterien erfüllt ist:
• Die Verträge wurden als Paket mit
einem gemeinsamen wirtschaftli-
chen Ziel ausgehandelt;
• die Preisfestsetzung für die Kompo-
nenten in den verschiedenen Ver-
trägen erfolgt zusammen (Preisin-
terdependenz) oder
• die Güter und Leistungen stellen
insgesamt eine Leistungsverpflich-
tung dar.7
2.2. Identifizierung aller separaten
Leistungsverpflichtungen
Eine Leistungsverpflichtung im Sinne
von ED/2011/6 ist ein in einem Vertrag
mit einem Kunden formuliertes Ver-
sprechen, eine Ware zu übertragen
oder eine Dienstleistung zu erbringen.
Dabei kann ein Vertrag grundsätzlich
mehrere Leistungsverpflichtungen ent-
halten (sogenanntes Mehrkomponen-
ten-Geschäft). Um zu identifizieren, ob
und welche Leistungsverpflichtungen
bezüglich der Umsatzrealisierung sepa-
rat zu betrachten sind, ist ED/2011/6
6 Vgl. ED/2011/6.13.
7 Vgl. ED/2011/6.17.
Analyse J Kühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS
folgend zu fragen, welche zu unter-
schiedlichen Zeitpunkten bereitgestell-
ten Güter oder Dienstleistungen als
,,distinct", d. h. als wesentlich verschie-
den und abgrenzbar anzusehen sind.8
Güter oder Dienstleistungen gelten
dann als verschieden, wenn das bilan-
zierende Unternehmen oder ein ande-
res Unternehmen identische Güter
oder Dienstleistungen separat ver-
äußert oder das Unternehmen das Gut
oder die Dienstleistung separat veräu-
ßern könnte, weil es eine eigenständige
Funktion besitzt. Das im vorherigen
Standardentwurf (ED/2010/6) enthal-
tene Kriterium der separaten Marge
soll künftig keine Rolle mehr spielen.
Zu beachten ist, dass verschiedene
Leistungen und Waren trotz grund-
sätzlicher Abgrenzbarkeit als eine ein-
heitliche Leistungsverpflichtung be-
handelt werden, sofern die transferier-
ten Güter und Leistungen zu einem
hohen Grad verbunden (,,highly inter-
related") sind und das Unternehmen
im Rahmen der Erfüllung des Vertra-
ges eine signifikante Integrationsleis-
tung erbringt, die auch die Modifizie-
rung bzw. Anpassung an kundenspezi-
fische Bedürfnisse umfasst.9 Ein
Bündel wirtschaftlich zusammengehö-
riger Güter und Dienstleistungen ist
insofern als eigenständige Leistungs-
verpflichtung - genauer gesagt als
Dienstleistung - zu klassifizieren, wenn
das bilanzierende Unternehmen zur
Integration dieser Güter und Dienst-
leistungen in ein an den Kunden zu lie-
ferndes Endprodukt eine erhebliche In-
tegrationsleistung erbringt. Auch wenn
der Begriff der wesentlichen Integra-
tionsleistung durch den IASB noch
nicht ausreichend konkretisiert wurde,
ist doch vorstellbar, dass heute nach
der Percentage-of-Completion-Metho-
de (PoC-Methode) bilanzierte Trans-
aktionen - in ihrer Gestaltung als not-
wendig kundenspezifische Projekte -
eine Integrationsleistung bedingen. Für
Zwecke der Umsatzrealisierung würde
in diesem Fall das Projekt als Ganzes
bezüglich des Übergangs von Kontrolle
an den Kunden überprüft und nicht
für Zwecke der Bilanzierung in einzel-
ne Teilleistungen zerlegt.
8 Vgl. ED/2011/6.23ff.
9 Vgl. ED/2011/6.29.
2.3. Bestimmung des gesamten Trans-
aktionspreises aus dem Vertrag
Schritt 3 zielt auf die Bestimmung des
Transaktionspreises aus dem Vertrag,
mithin die Bestimmung des Betrages,
den das Unternehmen als Gegenleis-
tung für den Transfer der Güter oder
für die Erbringung der Dienstleistun-
gen vom Kunden erhält. Der Transak-
tionspreis setzt sich aus fixen sowie ge-
gebenenfalls variablen Komponenten -
beispielsweise Mengenrabatten - zu-
sammen. Variable Komponenten sind
auf Basis des Erwartungswertes (,,ex-
pected value") oder des wahrschein-
lichsten Wertes (,,most likely amount")
zu bestimmen, je nachdem welche Me-
thode eine zuverlässigere Voraussage
liefert.10
Variable Komponenten sind
bei der Bestimmung des Transaktions-
preises allerdings nur dann zu berück-
sichtigen, sofern diese verlässlich be-
stimmbar sind.
Ferner enthält ED/2011/6 nun eine
explizite Regelung, dass der Transak-
tionspreis anzupassen ist, sofern der
Vertrag eine wesentliche Finanzie-
rungskomponente enthält.11
Die Ein-
schätzung des Ausfallrisikos des Kun-
den wird dagegen nicht - wie noch in
ED/2010/6 vorgesehen - in der Höhe
des Transaktionspreises reflektiert; die
Wertminderungen auf Kundenforde-
rungen sind vielmehr als separate Posi-
tion direkt unterhalb der Umsatzerlöse
auszuweisen.12
2.4. Aufteilung des Transaktions-
preises auf die separaten
Leistungsverpflichtungen
In Schritt 4 ist der Transaktionspreis
auf die in Schritt 2 identifizierten sepa-
raten Leistungsverpflichtungen aufzu-
teilen. Die Allokation des Transak-
tionspreises erfolgt dabei auf Basis der
relativen Verkaufspreise (,,stand-alone
selling price") der einzelnen Leistungs-
verpflichtungen.13 Der „stand-alone
selling price" ist der Preis, zu dem das
Unternehmen die Güter oder Dienst-
leistungen separat verkauft bzw. ver-
kaufen würde.
10 Vgl. ED/2011/6.53ff.
11 Vgl. ED/2011/6.SSff.
12 Vgl. ED/2011/6.68f.
13 Vgl. ED/2011/6.71.
Analyse IKühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS
Sofern der „stand-alone selling pri-
ce" aufgrund fehlender Markttransak-
tionen nicht direkt beobachtbar ist, ist
dieser auf Basis aller verfügbaren Infor-
mationen zu schätzen. In diesem Fall
sieht der Standardentwurf für die
Schätzung folgende Methoden vor:
• Ableitung vom Markt durch Adjus-
tierungen,
• erwartete Kosten zuzüglich einer
Marge oder
• Restwertmethode.
Die Restwertmethode ist allerdings nur
in solchen Situationen zulässig, in de-
nen der „stand-alone selling price"
sehr variabel oder ungewiss ist.14
2.5. Ertragsvereinnahmung zum
Zeitpunkt der Erfüllung einer
Leistungsverpflichtung
2.5.1. Überblick
Eine Vielzahl der beim IASB eingegan-
genen Kommentare zu ED/2010/6 kri-
tisierte die vorgeschlagenen Regelun-
gen zur Bestimmung des Zeitpunkts
der Umsatzrealisierung. Neben Kritik
an der relativen Unbestimmtheit der
Vorschriften - vor allem in Bezug auf
die Umsatzrealisierung für das Erbrin-
gen von Dienstleistungen - wurde
nicht zuletzt eine faktische Abschaf-
fung der Ertragsvereinnahmung nach
der PoC-Methode befürchtet. Der
IASB hat hier deutlich nachgebessert
und mit dem neuen Standardentwurf
klarere Regelungen geschaffen, die zu-
dem durch weitere Anwendungsbei-
spiele konkretisiert und veranschau-
licht werden.
Die Neuregelung sieht die Erfassung
der Umsatzerlöse zum Zeitpunkt der
Erfüllung der Leistungsverpflichtung
vor. Nach dem Verständnis des IASB
geht mit der Lieferung der Ware bzw.
mit der Erbringung der Dienstleistung
die Kontrolle über die Ware bzw.
Dienstleistung auf den Kunden über
und die Leistungsverpflichtung wird
erfüllt. Umsatz soll künftig also dann
realisiert werden, wenn ein Übergang
der Kontrolle an dem Gut oder der
Dienstleistung auf den Kunden stattge-
funden hat.15
14 Vgl. ED/2011/6.73.
15 Vgl. ED/2011/6.31.
Nicht zuletzt aufgrund der an ED/
2010/6 geübten Kritik enthält der neue
Standardentwurf geänderte bzw. erwei-
terte Regelungen zur Ertragsvereinnah-
mung bei Erbringen von Dienstleistun-
gen (,,services"). Der neue Standardent-
wurf unterscheidet insofern bezüglich
der Bestimmung des Kontrollübergangs
an den Kunden deutlicher als bisher
zwischen
• dem Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum (,,over time")
und
• dem Kontrollübergang zu einem be-
stimmten Zeitpunkt (,,point in
time").16
Grundsätzlich ist bei Vertragsabschluss
zunächst zu prüfen, ob ein kontinuier-
licher Kontrollübergang vorliegen
wird. Ist dies nicht der Fall, so gelten
die Regelungen für den zeitpunktbezo-
genen Kontrollübergang.
Im Folgenden soll der Unterschied
zwischen zeitraum- und zeitpunktbe-
zogener Umsatzrealisierung skizziert
werden.
2.5.2. Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum
Bisher kann der aus Dienstleistungen
oder Fertigungsaufträgen resultierende
Umsatz bei Erfüllung bestimmter Kri-
terien nach der PoC-Methode verein-
nahmt werden. Lange war unklar, ob
und in welchem Umfang die PoC-Me-
thode auch künftig Anwendung finden
wird. Diese Frage hat große Bedeutung
für Branchen mit kundenspezifischer
Fertigung, z.B. im Maschinen- oder
Anlagenbau. Künftig sind PoC-ähnli-
che Methoden nur dann anzuwenden,
wenn der Kontrollübergang über einen
bestimmten Zeitraum stattfindet.
Der Standardentwurf enthält zwei
Kriterien, von denen mindestens eines
zum Nachweis eines zeitraumbezoge-
nen Kontrollübergangs erfüllt sein
muss:17
a. Die Leistung schafft oder verbessert
einen Vermögenswert, der durch
Kunden kontrolliert wird; hierbei
sind die o. g. Indikatoren für den
zeitpunktbezogenen Kontrollüber-
gang zu beachten.
b. Die Leistung führ:t nicht zu einem
Vermögenswert mit alternativer
16 Vgl. ED/2011/6.34.
17 Vgl. ED/2011/6.35.
•Die Wirtschaftsprüfung 5 l2012 261
Nutzungsmöglichkeit für das leis-
tende Unternehmen - wenn z.B.
eine Weiterveräußerung nicht mög-
lich ist -, und zumindest eines der
folgenden Kriterien ist erfüllt:
i. Dem Kunden fließt Nutzen
während der Leistungserbrin-
gung zu.
ii. Die Leistung müsste bei Über-
tragung an Dritte nicht erneut
erbracht werden.
iii. Der Leistungserbringer besitzt
einen Vergütungsanspruch.
Übersicht 1 fasst ein solches Prüfsche-
ma zusammen.
Beispiel'•:
Unternehmen A entwickelt Wohnungsbaupro-
Jekte mit verschiedenen Eigentumswohnungen
und verkauft diese an seine Kunden. Vor Baube-
ginn wurde bereits eine gewisse Zahl an Woh-
nungen verkauft, damit die Finanzierung des
Projekts gesichert Ist und mit dem Bau begon-
nen werden kann. Die Kunden sind vertraglich
verpflichtet, Zahlungen nach Leistungsfort-
schritt des Bauprojekts zu tätigen, und erhalten
eine entspre(hende Auflassungsvormerkung im
Grundbuch. Die Schlussrate 1st erst nach endgül-
tiger Abnahme der Eigentumswohnungen fällig.
Lösung:
Unternehmen A hat für die bereits verkauften
Eigentumswohnungen keine alternative Nut-
Zllngsmöghchkeit, da es die Eigentumswohnun-
gen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen mit
seinen Kunden und der Auflassungsvo1merkung
nicht an dndere Personen verkaufen kann. Fer-
ner hat A einen vertraglichen Anspruch auf
Zahlung für die bereits durchgeführten Leis-
tungsschritte. Dun:h die vertraglichen Regelun-
gen sind die Vorau~setzungen nach ED/2011/
6.35 (b) (ii) sowle (iii) erfüllt, so dass hier von
einem zeitraumbezogenen Kontrollubergang
auszugehen ist.
Liegt ein zeitraumbezogener Kontroll-
übergang vor, so ist die Ertragsverein-
nahmung nach einer geeigneten Me-
thode vorzunehmen. Als geeignete
Methoden zur Messung des Leistungs-
fortschritts sieht ED/2011/6 folgende
Methoden vor:19
• Input-Methode, die den Faktorein-
satz (z.B. Kosten, Arbeitsstunden)
bis zum Stichtag in ein Verhältnis
zum insgesamt zu erwarteten Fak-
toreinsatz setzt, oder
• Output-Methode, die die bereits er-
brachte Leistung in ein Verhältnis
zur gesamten zu erbringenden Leis-
tung setzt.
18 In Anlehnung an ED/2011/6.IE6, Example 7 -
Determining whether an asset has an alternati-
ve use to an entity.
19 Vgl. ED/2011/6.38ff.
Geplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS - Erneuter Standardentwurf des IASB (ED/2011/6 "Revenue from Contracts with Customers")
Geplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS - Erneuter Standardentwurf des IASB (ED/2011/6 "Revenue from Contracts with Customers")

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Geplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS - Erneuter Standardentwurf des IASB (ED/2011/6 "Revenue from Contracts with Customers")

  • 1.
  • 2. -260 Die Wirtschaftsprüfung 5 12012 3. Bestimmung des gesamten Transak- tionspreises aus dem Vertrag, 4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsver- pflichtungen, 5. Ertragserfassung zum Zeitpunkt der Erfüllung einer Leistungsverpflich- tung. Die einzelnen Schritte werden im Fol- genden kurz erläutert. 2.1. Identifizierung des Vertrages/der Verträge mit dem Kunden Der erste Schritt gilt der Identifizierung des Vertrages mit dem Kunden. Ein Vertrag im Sinne des Standardentwurfs ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, durch die durchsetzbare Rechte und Pflichten ge- schaffen werden.6 Ein Vertrag kann schriftlich sowie mündlich vereinbart werden oder .sich aus der praktizierten Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ergeben. Hierbei kann es Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtssyste- men, Branchen und Unternehmen ge- ben. Zeitgleich oder zeitnah geschlosse- ne Verträge werden zusammengefasst, sofern mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist: • Die Verträge wurden als Paket mit einem gemeinsamen wirtschaftli- chen Ziel ausgehandelt; • die Preisfestsetzung für die Kompo- nenten in den verschiedenen Ver- trägen erfolgt zusammen (Preisin- terdependenz) oder • die Güter und Leistungen stellen insgesamt eine Leistungsverpflich- tung dar.7 2.2. Identifizierung aller separaten Leistungsverpflichtungen Eine Leistungsverpflichtung im Sinne von ED/2011/6 ist ein in einem Vertrag mit einem Kunden formuliertes Ver- sprechen, eine Ware zu übertragen oder eine Dienstleistung zu erbringen. Dabei kann ein Vertrag grundsätzlich mehrere Leistungsverpflichtungen ent- halten (sogenanntes Mehrkomponen- ten-Geschäft). Um zu identifizieren, ob und welche Leistungsverpflichtungen bezüglich der Umsatzrealisierung sepa- rat zu betrachten sind, ist ED/2011/6 6 Vgl. ED/2011/6.13. 7 Vgl. ED/2011/6.17. Analyse J Kühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS folgend zu fragen, welche zu unter- schiedlichen Zeitpunkten bereitgestell- ten Güter oder Dienstleistungen als ,,distinct", d. h. als wesentlich verschie- den und abgrenzbar anzusehen sind.8 Güter oder Dienstleistungen gelten dann als verschieden, wenn das bilan- zierende Unternehmen oder ein ande- res Unternehmen identische Güter oder Dienstleistungen separat ver- äußert oder das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung separat veräu- ßern könnte, weil es eine eigenständige Funktion besitzt. Das im vorherigen Standardentwurf (ED/2010/6) enthal- tene Kriterium der separaten Marge soll künftig keine Rolle mehr spielen. Zu beachten ist, dass verschiedene Leistungen und Waren trotz grund- sätzlicher Abgrenzbarkeit als eine ein- heitliche Leistungsverpflichtung be- handelt werden, sofern die transferier- ten Güter und Leistungen zu einem hohen Grad verbunden (,,highly inter- related") sind und das Unternehmen im Rahmen der Erfüllung des Vertra- ges eine signifikante Integrationsleis- tung erbringt, die auch die Modifizie- rung bzw. Anpassung an kundenspezi- fische Bedürfnisse umfasst.9 Ein Bündel wirtschaftlich zusammengehö- riger Güter und Dienstleistungen ist insofern als eigenständige Leistungs- verpflichtung - genauer gesagt als Dienstleistung - zu klassifizieren, wenn das bilanzierende Unternehmen zur Integration dieser Güter und Dienst- leistungen in ein an den Kunden zu lie- ferndes Endprodukt eine erhebliche In- tegrationsleistung erbringt. Auch wenn der Begriff der wesentlichen Integra- tionsleistung durch den IASB noch nicht ausreichend konkretisiert wurde, ist doch vorstellbar, dass heute nach der Percentage-of-Completion-Metho- de (PoC-Methode) bilanzierte Trans- aktionen - in ihrer Gestaltung als not- wendig kundenspezifische Projekte - eine Integrationsleistung bedingen. Für Zwecke der Umsatzrealisierung würde in diesem Fall das Projekt als Ganzes bezüglich des Übergangs von Kontrolle an den Kunden überprüft und nicht für Zwecke der Bilanzierung in einzel- ne Teilleistungen zerlegt. 8 Vgl. ED/2011/6.23ff. 9 Vgl. ED/2011/6.29. 2.3. Bestimmung des gesamten Trans- aktionspreises aus dem Vertrag Schritt 3 zielt auf die Bestimmung des Transaktionspreises aus dem Vertrag, mithin die Bestimmung des Betrages, den das Unternehmen als Gegenleis- tung für den Transfer der Güter oder für die Erbringung der Dienstleistun- gen vom Kunden erhält. Der Transak- tionspreis setzt sich aus fixen sowie ge- gebenenfalls variablen Komponenten - beispielsweise Mengenrabatten - zu- sammen. Variable Komponenten sind auf Basis des Erwartungswertes (,,ex- pected value") oder des wahrschein- lichsten Wertes (,,most likely amount") zu bestimmen, je nachdem welche Me- thode eine zuverlässigere Voraussage liefert.10 Variable Komponenten sind bei der Bestimmung des Transaktions- preises allerdings nur dann zu berück- sichtigen, sofern diese verlässlich be- stimmbar sind. Ferner enthält ED/2011/6 nun eine explizite Regelung, dass der Transak- tionspreis anzupassen ist, sofern der Vertrag eine wesentliche Finanzie- rungskomponente enthält.11 Die Ein- schätzung des Ausfallrisikos des Kun- den wird dagegen nicht - wie noch in ED/2010/6 vorgesehen - in der Höhe des Transaktionspreises reflektiert; die Wertminderungen auf Kundenforde- rungen sind vielmehr als separate Posi- tion direkt unterhalb der Umsatzerlöse auszuweisen.12 2.4. Aufteilung des Transaktions- preises auf die separaten Leistungsverpflichtungen In Schritt 4 ist der Transaktionspreis auf die in Schritt 2 identifizierten sepa- raten Leistungsverpflichtungen aufzu- teilen. Die Allokation des Transak- tionspreises erfolgt dabei auf Basis der relativen Verkaufspreise (,,stand-alone selling price") der einzelnen Leistungs- verpflichtungen.13 Der „stand-alone selling price" ist der Preis, zu dem das Unternehmen die Güter oder Dienst- leistungen separat verkauft bzw. ver- kaufen würde. 10 Vgl. ED/2011/6.53ff. 11 Vgl. ED/2011/6.SSff. 12 Vgl. ED/2011/6.68f. 13 Vgl. ED/2011/6.71. Analyse IKühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS Sofern der „stand-alone selling pri- ce" aufgrund fehlender Markttransak- tionen nicht direkt beobachtbar ist, ist dieser auf Basis aller verfügbaren Infor- mationen zu schätzen. In diesem Fall sieht der Standardentwurf für die Schätzung folgende Methoden vor: • Ableitung vom Markt durch Adjus- tierungen, • erwartete Kosten zuzüglich einer Marge oder • Restwertmethode. Die Restwertmethode ist allerdings nur in solchen Situationen zulässig, in de- nen der „stand-alone selling price" sehr variabel oder ungewiss ist.14 2.5. Ertragsvereinnahmung zum Zeitpunkt der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung 2.5.1. Überblick Eine Vielzahl der beim IASB eingegan- genen Kommentare zu ED/2010/6 kri- tisierte die vorgeschlagenen Regelun- gen zur Bestimmung des Zeitpunkts der Umsatzrealisierung. Neben Kritik an der relativen Unbestimmtheit der Vorschriften - vor allem in Bezug auf die Umsatzrealisierung für das Erbrin- gen von Dienstleistungen - wurde nicht zuletzt eine faktische Abschaf- fung der Ertragsvereinnahmung nach der PoC-Methode befürchtet. Der IASB hat hier deutlich nachgebessert und mit dem neuen Standardentwurf klarere Regelungen geschaffen, die zu- dem durch weitere Anwendungsbei- spiele konkretisiert und veranschau- licht werden. Die Neuregelung sieht die Erfassung der Umsatzerlöse zum Zeitpunkt der Erfüllung der Leistungsverpflichtung vor. Nach dem Verständnis des IASB geht mit der Lieferung der Ware bzw. mit der Erbringung der Dienstleistung die Kontrolle über die Ware bzw. Dienstleistung auf den Kunden über und die Leistungsverpflichtung wird erfüllt. Umsatz soll künftig also dann realisiert werden, wenn ein Übergang der Kontrolle an dem Gut oder der Dienstleistung auf den Kunden stattge- funden hat.15 14 Vgl. ED/2011/6.73. 15 Vgl. ED/2011/6.31. Nicht zuletzt aufgrund der an ED/ 2010/6 geübten Kritik enthält der neue Standardentwurf geänderte bzw. erwei- terte Regelungen zur Ertragsvereinnah- mung bei Erbringen von Dienstleistun- gen (,,services"). Der neue Standardent- wurf unterscheidet insofern bezüglich der Bestimmung des Kontrollübergangs an den Kunden deutlicher als bisher zwischen • dem Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum (,,over time") und • dem Kontrollübergang zu einem be- stimmten Zeitpunkt (,,point in time").16 Grundsätzlich ist bei Vertragsabschluss zunächst zu prüfen, ob ein kontinuier- licher Kontrollübergang vorliegen wird. Ist dies nicht der Fall, so gelten die Regelungen für den zeitpunktbezo- genen Kontrollübergang. Im Folgenden soll der Unterschied zwischen zeitraum- und zeitpunktbe- zogener Umsatzrealisierung skizziert werden. 2.5.2. Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum Bisher kann der aus Dienstleistungen oder Fertigungsaufträgen resultierende Umsatz bei Erfüllung bestimmter Kri- terien nach der PoC-Methode verein- nahmt werden. Lange war unklar, ob und in welchem Umfang die PoC-Me- thode auch künftig Anwendung finden wird. Diese Frage hat große Bedeutung für Branchen mit kundenspezifischer Fertigung, z.B. im Maschinen- oder Anlagenbau. Künftig sind PoC-ähnli- che Methoden nur dann anzuwenden, wenn der Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum stattfindet. Der Standardentwurf enthält zwei Kriterien, von denen mindestens eines zum Nachweis eines zeitraumbezoge- nen Kontrollübergangs erfüllt sein muss:17 a. Die Leistung schafft oder verbessert einen Vermögenswert, der durch Kunden kontrolliert wird; hierbei sind die o. g. Indikatoren für den zeitpunktbezogenen Kontrollüber- gang zu beachten. b. Die Leistung führ:t nicht zu einem Vermögenswert mit alternativer 16 Vgl. ED/2011/6.34. 17 Vgl. ED/2011/6.35. •Die Wirtschaftsprüfung 5 l2012 261 Nutzungsmöglichkeit für das leis- tende Unternehmen - wenn z.B. eine Weiterveräußerung nicht mög- lich ist -, und zumindest eines der folgenden Kriterien ist erfüllt: i. Dem Kunden fließt Nutzen während der Leistungserbrin- gung zu. ii. Die Leistung müsste bei Über- tragung an Dritte nicht erneut erbracht werden. iii. Der Leistungserbringer besitzt einen Vergütungsanspruch. Übersicht 1 fasst ein solches Prüfsche- ma zusammen. Beispiel'•: Unternehmen A entwickelt Wohnungsbaupro- Jekte mit verschiedenen Eigentumswohnungen und verkauft diese an seine Kunden. Vor Baube- ginn wurde bereits eine gewisse Zahl an Woh- nungen verkauft, damit die Finanzierung des Projekts gesichert Ist und mit dem Bau begon- nen werden kann. Die Kunden sind vertraglich verpflichtet, Zahlungen nach Leistungsfort- schritt des Bauprojekts zu tätigen, und erhalten eine entspre(hende Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Die Schlussrate 1st erst nach endgül- tiger Abnahme der Eigentumswohnungen fällig. Lösung: Unternehmen A hat für die bereits verkauften Eigentumswohnungen keine alternative Nut- Zllngsmöghchkeit, da es die Eigentumswohnun- gen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen mit seinen Kunden und der Auflassungsvo1merkung nicht an dndere Personen verkaufen kann. Fer- ner hat A einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung für die bereits durchgeführten Leis- tungsschritte. Dun:h die vertraglichen Regelun- gen sind die Vorau~setzungen nach ED/2011/ 6.35 (b) (ii) sowle (iii) erfüllt, so dass hier von einem zeitraumbezogenen Kontrollubergang auszugehen ist. Liegt ein zeitraumbezogener Kontroll- übergang vor, so ist die Ertragsverein- nahmung nach einer geeigneten Me- thode vorzunehmen. Als geeignete Methoden zur Messung des Leistungs- fortschritts sieht ED/2011/6 folgende Methoden vor:19 • Input-Methode, die den Faktorein- satz (z.B. Kosten, Arbeitsstunden) bis zum Stichtag in ein Verhältnis zum insgesamt zu erwarteten Fak- toreinsatz setzt, oder • Output-Methode, die die bereits er- brachte Leistung in ein Verhältnis zur gesamten zu erbringenden Leis- tung setzt. 18 In Anlehnung an ED/2011/6.IE6, Example 7 - Determining whether an asset has an alternati- ve use to an entity. 19 Vgl. ED/2011/6.38ff.
  • 3. -260 Die Wirtschaftsprüfung 5 12012 3. Bestimmung des gesamten Transak- tionspreises aus dem Vertrag, 4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsver- pflichtungen, 5. Ertragserfassung zum Zeitpunkt der Erfüllung einer Leistungsverpflich- tung. Die einzelnen Schritte werden im Fol- genden kurz erläutert. 2.1. Identifizierung des Vertrages/der Verträge mit dem Kunden Der erste Schritt gilt der Identifizierung des Vertrages mit dem Kunden. Ein Vertrag im Sinne des Standardentwurfs ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, durch die durchsetzbare Rechte und Pflichten ge- schaffen werden.6 Ein Vertrag kann schriftlich sowie mündlich vereinbart werden oder .sich aus der praktizierten Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ergeben. Hierbei kann es Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtssyste- men, Branchen und Unternehmen ge- ben. Zeitgleich oder zeitnah geschlosse- ne Verträge werden zusammengefasst, sofern mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist: • Die Verträge wurden als Paket mit einem gemeinsamen wirtschaftli- chen Ziel ausgehandelt; • die Preisfestsetzung für die Kompo- nenten in den verschiedenen Ver- trägen erfolgt zusammen (Preisin- terdependenz) oder • die Güter und Leistungen stellen insgesamt eine Leistungsverpflich- tung dar.7 2.2. Identifizierung aller separaten Leistungsverpflichtungen Eine Leistungsverpflichtung im Sinne von ED/2011/6 ist ein in einem Vertrag mit einem Kunden formuliertes Ver- sprechen, eine Ware zu übertragen oder eine Dienstleistung zu erbringen. Dabei kann ein Vertrag grundsätzlich mehrere Leistungsverpflichtungen ent- halten (sogenanntes Mehrkomponen- ten-Geschäft). Um zu identifizieren, ob und welche Leistungsverpflichtungen bezüglich der Umsatzrealisierung sepa- rat zu betrachten sind, ist ED/2011/6 6 Vgl. ED/2011/6.13. 7 Vgl. ED/2011/6.17. Analyse J Kühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS folgend zu fragen, welche zu unter- schiedlichen Zeitpunkten bereitgestell- ten Güter oder Dienstleistungen als ,,distinct", d. h. als wesentlich verschie- den und abgrenzbar anzusehen sind.8 Güter oder Dienstleistungen gelten dann als verschieden, wenn das bilan- zierende Unternehmen oder ein ande- res Unternehmen identische Güter oder Dienstleistungen separat ver- äußert oder das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung separat veräu- ßern könnte, weil es eine eigenständige Funktion besitzt. Das im vorherigen Standardentwurf (ED/2010/6) enthal- tene Kriterium der separaten Marge soll künftig keine Rolle mehr spielen. Zu beachten ist, dass verschiedene Leistungen und Waren trotz grund- sätzlicher Abgrenzbarkeit als eine ein- heitliche Leistungsverpflichtung be- handelt werden, sofern die transferier- ten Güter und Leistungen zu einem hohen Grad verbunden (,,highly inter- related") sind und das Unternehmen im Rahmen der Erfüllung des Vertra- ges eine signifikante Integrationsleis- tung erbringt, die auch die Modifizie- rung bzw. Anpassung an kundenspezi- fische Bedürfnisse umfasst.9 Ein Bündel wirtschaftlich zusammengehö- riger Güter und Dienstleistungen ist insofern als eigenständige Leistungs- verpflichtung - genauer gesagt als Dienstleistung - zu klassifizieren, wenn das bilanzierende Unternehmen zur Integration dieser Güter und Dienst- leistungen in ein an den Kunden zu lie- ferndes Endprodukt eine erhebliche In- tegrationsleistung erbringt. Auch wenn der Begriff der wesentlichen Integra- tionsleistung durch den IASB noch nicht ausreichend konkretisiert wurde, ist doch vorstellbar, dass heute nach der Percentage-of-Completion-Metho- de (PoC-Methode) bilanzierte Trans- aktionen - in ihrer Gestaltung als not- wendig kundenspezifische Projekte - eine Integrationsleistung bedingen. Für Zwecke der Umsatzrealisierung würde in diesem Fall das Projekt als Ganzes bezüglich des Übergangs von Kontrolle an den Kunden überprüft und nicht für Zwecke der Bilanzierung in einzel- ne Teilleistungen zerlegt. 8 Vgl. ED/2011/6.23ff. 9 Vgl. ED/2011/6.29. 2.3. Bestimmung des gesamten Trans- aktionspreises aus dem Vertrag Schritt 3 zielt auf die Bestimmung des Transaktionspreises aus dem Vertrag, mithin die Bestimmung des Betrages, den das Unternehmen als Gegenleis- tung für den Transfer der Güter oder für die Erbringung der Dienstleistun- gen vom Kunden erhält. Der Transak- tionspreis setzt sich aus fixen sowie ge- gebenenfalls variablen Komponenten - beispielsweise Mengenrabatten - zu- sammen. Variable Komponenten sind auf Basis des Erwartungswertes (,,ex- pected value") oder des wahrschein- lichsten Wertes (,,most likely amount") zu bestimmen, je nachdem welche Me- thode eine zuverlässigere Voraussage liefert.10 Variable Komponenten sind bei der Bestimmung des Transaktions- preises allerdings nur dann zu berück- sichtigen, sofern diese verlässlich be- stimmbar sind. Ferner enthält ED/2011/6 nun eine explizite Regelung, dass der Transak- tionspreis anzupassen ist, sofern der Vertrag eine wesentliche Finanzie- rungskomponente enthält.11 Die Ein- schätzung des Ausfallrisikos des Kun- den wird dagegen nicht - wie noch in ED/2010/6 vorgesehen - in der Höhe des Transaktionspreises reflektiert; die Wertminderungen auf Kundenforde- rungen sind vielmehr als separate Posi- tion direkt unterhalb der Umsatzerlöse auszuweisen.12 2.4. Aufteilung des Transaktions- preises auf die separaten Leistungsverpflichtungen In Schritt 4 ist der Transaktionspreis auf die in Schritt 2 identifizierten sepa- raten Leistungsverpflichtungen aufzu- teilen. Die Allokation des Transak- tionspreises erfolgt dabei auf Basis der relativen Verkaufspreise (,,stand-alone selling price") der einzelnen Leistungs- verpflichtungen.13 Der „stand-alone selling price" ist der Preis, zu dem das Unternehmen die Güter oder Dienst- leistungen separat verkauft bzw. ver- kaufen würde. 10 Vgl. ED/2011/6.53ff. 11 Vgl. ED/2011/6.SSff. 12 Vgl. ED/2011/6.68f. 13 Vgl. ED/2011/6.71. Analyse IKühne/Schleis IGeplante Neuregelung der Umsatzrealisierung nach IFRS Sofern der „stand-alone selling pri- ce" aufgrund fehlender Markttransak- tionen nicht direkt beobachtbar ist, ist dieser auf Basis aller verfügbaren Infor- mationen zu schätzen. In diesem Fall sieht der Standardentwurf für die Schätzung folgende Methoden vor: • Ableitung vom Markt durch Adjus- tierungen, • erwartete Kosten zuzüglich einer Marge oder • Restwertmethode. Die Restwertmethode ist allerdings nur in solchen Situationen zulässig, in de- nen der „stand-alone selling price" sehr variabel oder ungewiss ist.14 2.5. Ertragsvereinnahmung zum Zeitpunkt der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung 2.5.1. Überblick Eine Vielzahl der beim IASB eingegan- genen Kommentare zu ED/2010/6 kri- tisierte die vorgeschlagenen Regelun- gen zur Bestimmung des Zeitpunkts der Umsatzrealisierung. Neben Kritik an der relativen Unbestimmtheit der Vorschriften - vor allem in Bezug auf die Umsatzrealisierung für das Erbrin- gen von Dienstleistungen - wurde nicht zuletzt eine faktische Abschaf- fung der Ertragsvereinnahmung nach der PoC-Methode befürchtet. Der IASB hat hier deutlich nachgebessert und mit dem neuen Standardentwurf klarere Regelungen geschaffen, die zu- dem durch weitere Anwendungsbei- spiele konkretisiert und veranschau- licht werden. Die Neuregelung sieht die Erfassung der Umsatzerlöse zum Zeitpunkt der Erfüllung der Leistungsverpflichtung vor. Nach dem Verständnis des IASB geht mit der Lieferung der Ware bzw. mit der Erbringung der Dienstleistung die Kontrolle über die Ware bzw. Dienstleistung auf den Kunden über und die Leistungsverpflichtung wird erfüllt. Umsatz soll künftig also dann realisiert werden, wenn ein Übergang der Kontrolle an dem Gut oder der Dienstleistung auf den Kunden stattge- funden hat.15 14 Vgl. ED/2011/6.73. 15 Vgl. ED/2011/6.31. Nicht zuletzt aufgrund der an ED/ 2010/6 geübten Kritik enthält der neue Standardentwurf geänderte bzw. erwei- terte Regelungen zur Ertragsvereinnah- mung bei Erbringen von Dienstleistun- gen (,,services"). Der neue Standardent- wurf unterscheidet insofern bezüglich der Bestimmung des Kontrollübergangs an den Kunden deutlicher als bisher zwischen • dem Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum (,,over time") und • dem Kontrollübergang zu einem be- stimmten Zeitpunkt (,,point in time").16 Grundsätzlich ist bei Vertragsabschluss zunächst zu prüfen, ob ein kontinuier- licher Kontrollübergang vorliegen wird. Ist dies nicht der Fall, so gelten die Regelungen für den zeitpunktbezo- genen Kontrollübergang. Im Folgenden soll der Unterschied zwischen zeitraum- und zeitpunktbe- zogener Umsatzrealisierung skizziert werden. 2.5.2. Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum Bisher kann der aus Dienstleistungen oder Fertigungsaufträgen resultierende Umsatz bei Erfüllung bestimmter Kri- terien nach der PoC-Methode verein- nahmt werden. Lange war unklar, ob und in welchem Umfang die PoC-Me- thode auch künftig Anwendung finden wird. Diese Frage hat große Bedeutung für Branchen mit kundenspezifischer Fertigung, z.B. im Maschinen- oder Anlagenbau. Künftig sind PoC-ähnli- che Methoden nur dann anzuwenden, wenn der Kontrollübergang über einen bestimmten Zeitraum stattfindet. Der Standardentwurf enthält zwei Kriterien, von denen mindestens eines zum Nachweis eines zeitraumbezoge- nen Kontrollübergangs erfüllt sein muss:17 a. Die Leistung schafft oder verbessert einen Vermögenswert, der durch Kunden kontrolliert wird; hierbei sind die o. g. Indikatoren für den zeitpunktbezogenen Kontrollüber- gang zu beachten. b. Die Leistung führ:t nicht zu einem Vermögenswert mit alternativer 16 Vgl. ED/2011/6.34. 17 Vgl. ED/2011/6.35. •Die Wirtschaftsprüfung 5 l2012 261 Nutzungsmöglichkeit für das leis- tende Unternehmen - wenn z.B. eine Weiterveräußerung nicht mög- lich ist -, und zumindest eines der folgenden Kriterien ist erfüllt: i. Dem Kunden fließt Nutzen während der Leistungserbrin- gung zu. ii. Die Leistung müsste bei Über- tragung an Dritte nicht erneut erbracht werden. iii. Der Leistungserbringer besitzt einen Vergütungsanspruch. Übersicht 1 fasst ein solches Prüfsche- ma zusammen. Beispiel'•: Unternehmen A entwickelt Wohnungsbaupro- Jekte mit verschiedenen Eigentumswohnungen und verkauft diese an seine Kunden. Vor Baube- ginn wurde bereits eine gewisse Zahl an Woh- nungen verkauft, damit die Finanzierung des Projekts gesichert Ist und mit dem Bau begon- nen werden kann. Die Kunden sind vertraglich verpflichtet, Zahlungen nach Leistungsfort- schritt des Bauprojekts zu tätigen, und erhalten eine entspre(hende Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Die Schlussrate 1st erst nach endgül- tiger Abnahme der Eigentumswohnungen fällig. Lösung: Unternehmen A hat für die bereits verkauften Eigentumswohnungen keine alternative Nut- Zllngsmöghchkeit, da es die Eigentumswohnun- gen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen mit seinen Kunden und der Auflassungsvo1merkung nicht an dndere Personen verkaufen kann. Fer- ner hat A einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung für die bereits durchgeführten Leis- tungsschritte. Dun:h die vertraglichen Regelun- gen sind die Vorau~setzungen nach ED/2011/ 6.35 (b) (ii) sowle (iii) erfüllt, so dass hier von einem zeitraumbezogenen Kontrollubergang auszugehen ist. Liegt ein zeitraumbezogener Kontroll- übergang vor, so ist die Ertragsverein- nahmung nach einer geeigneten Me- thode vorzunehmen. Als geeignete Methoden zur Messung des Leistungs- fortschritts sieht ED/2011/6 folgende Methoden vor:19 • Input-Methode, die den Faktorein- satz (z.B. Kosten, Arbeitsstunden) bis zum Stichtag in ein Verhältnis zum insgesamt zu erwarteten Fak- toreinsatz setzt, oder • Output-Methode, die die bereits er- brachte Leistung in ein Verhältnis zur gesamten zu erbringenden Leis- tung setzt. 18 In Anlehnung an ED/2011/6.IE6, Example 7 - Determining whether an asset has an alternati- ve use to an entity. 19 Vgl. ED/2011/6.38ff.