1. Mobilisierung von Ressourcen
Referat im Seminar „Soziale
Bewegungen“
Leitung: Prof. Dr. Kai Arzheimer
13.11.2012 1
Steffen Hummel
2. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 2
Steffen Hummel
3. Literaturgrundlage
• McCarthy, John D. / Zald, Mayer N.; 1977: Resource Mobilization and Social
Movements: A Partial Theory, in: The American Journal of Sociology. Vol. 82,
No. 6, S. 1212-1241.
13.11.2012 3
Eva Grosskinsky, Steffen Hummel, Myriam Thieser,
4. Die Autoren
John D. McCarthy
• 1968 Ph. D. in Soziologie an der Universität von
Oregon
• Forschungsschwerpunkte: Soziale Bewegungen,
Organisationstheorie und Theorie der
Ressourcenmobilisierung
• Seit 1998 Professor am soziologischen Institut
der staatlichen Universität in Pennsylvania
• Erhielt 2007 von der Universität von Notre Dame
den „John D. McCarthy Award for Lifetime
Achievement in the Scholarship of Social
Movement and Collective Behavior“
13.11.2012 4
Steffen Hummel
5. Die Autoren
Mayer Nathan Zald
• * 17. Juni 1931; † 7. August 2012
• 1961 Ph. D. in Soziologie an der Universität von
Michigan
• Forschungsschwerpunkte: Soziale Bewegungen,
Organisationstheorie und Theorie der
Ressourcenmobilisierung
• Kehrte 1977 als Professor an die Universität von
Michigan zurück
• Erhielt 2008 von der Universität von Notre Dame
den „John D. McCarthy Award for Lifetime
Achievement in the Scholarship of Social
Movements and Collective Behavior”
13.11.2012 5
Steffen Hummel
6. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 6
Steffen Hummel
7. Theoretische Abgrenzung
• McCarthy & Zald nehmen Bezug zu Structural Strains-Ansatz von
Gurr (1970)
• Zusammenhang zwischen objektiver oder subjektiver Deprivation
und dem Ausbruch sozialer Bewegungen lässt sich aber nicht
empirisch belegen
• Relative Deprivation folglich nur Teilkomponente mit häufig
untergeordneter Bedeutung für das Entstehen sozialer
Bewegungen
13.11.2012 7
Steffen Hummel
8. Theoretische Abgrenzung
• Eigentlich immer genug Basisunterstützung für eine soziale
Bewegung vorhanden, wenn diese effektiv organisiert ist und durch
Ressourcen unterstützt wird
Ressourcenmobilisierung
13.11.2012 8
Steffen Hummel
9. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 9
Steffen Hummel
10. Idee der Ressourcenmobilisierung
• Das erwünschte Ziel einer sozialen Bewegung entspricht einem
Kollektivgut Trittbrettfahrerproblematik
• Anreize, kostenreduzierende Mechanismen und Strukturen sowie
Vorteile einer Karriere in der sozialen Bewegung müssen gegeben
sein, damit kollektives Handeln eintritt
13.11.2012 10
Steffen Hummel
11. Idee der Ressourcenmobilisierung
• Fünf Schwerpunkte der Theorie:
1. Aggregation von Ressourcen für kollektive Zwecke
2. Ressourcenaggregation benötigt eine Form der Organisation
3. Individuen und Organisationen, die nicht direkt Teil der sozialen
Bewegung sind, können dennoch eine entscheidende Rolle für ihren
Erfolg spielen
4. Ressourcenfluss sozialer Bewegungen lässt sich über ein Angebots-
und Nachfragemodell nachbilden
5. Hohe Wichtigkeit von Kosten und Belohnungen der Individuen und
Organisationen, die aktiv an einer sozialen Bewegung teilnehmen
13.11.2012 11
Steffen Hummel
12. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 12
Steffen Hummel
13. Elemente der Theorie
Social Movement (SM) = Bestand an Meinungen und Vorstellungen in
der Bevölkerung, die auf die Veränderung einiger Elemente der
sozialen Struktur und / oder des Verteilungssystems der Gesellschaft
abzielen
ähneln themenspezifischen Cleavages
Countermovement = Bestand an Meinungen und Vorstellungen, die
gegen eine soziale Bewegung gerichtet sind
13.11.2012 13
Steffen Hummel
14. Elemente der Theorie
Social Movement Organisation (SMO) = eine komplexe oder formale
Organisation, deren Ziele sich mit den Präferenzen einer sozialen
Bewegung oder Konterbewegung decken und die versucht diese Ziele
umzusetzen
Social Movement Industry (SMI) = Alle SMOs, deren Ziele den breiten
Präferenzen der sozialen Bewegung entsprechen, bilden eine SMI
Social Movement Sector (SMS) = Gesamtheit aller SMIs in einer
Gesellschaft
13.11.2012 14
Steffen Hummel
15. Elemente der Theorie
Definitionen der SMO, SMI und des SMS analog zu Konzepten aus
der Wirtschaft
Eine soziale Bewegung kann mehrere SMOs haben
Eine SMO kann mehreren SMIs angehören
SMI nicht deckungsgleich mit der sozialen Bewegung, da diese nie
vollständig mobilisiert ist
13.11.2012 15
Steffen Hummel
16. Social Social Social
Movement Movement Movement
1 2 3
SMO 1 SMO 2 SMO 3 SMO 4 SMO 5 SMO 6
SMI 1 SMI 2 SMI 3
Social Movement Sector
13.11.2012 16
Steffen Hummel
17. Elemente der Theorie
Ziele einer SMO:
• Jede SMO verfügt über mehr oder weniger breite Ziele, mit Bezug
zur jeweiligen sozialen Bewegung
• Zur Zielerreichung sind Ressourcen (z. B. Legitimität, Geld,
Einrichtungen oder Arbeitskraft) notwendig
Essentielle Aufgabe einer SMO: Mobilisierung und Kontrolle dieser
Ressourcen
13.11.2012 17
Steffen Hummel
18. Elemente der Theorie
Individuen und Organisationen einer Gesellschaft lassen sich mit
Hinblick auf ihre Rolle für SMOs kategorisieren:
• Anhänger (adherents) = Individuen und Organisationen, die an die
Ziele der sozialen Bewegung glauben
• Konstituenten (constituents) = Aktive Bestandteile einer SMO;
stellen Ressourcen zur Verfügung
• Öffentliche Zuschauer (bystander publics) = Nicht-Anhänger, die
aber keine Gegner der Bewegung oder ihrer Organisationen sind
• Gegner der Bewegung (opponents)
13.11.2012 18
Steffen Hummel
19. Elemente der Theorie
Akteure lassen sich anhand weiterer Dimensionen unterscheiden:
Dimension der verfügbaren Ressourcen
Massen Eliten
• Haben lediglich Kontrolle über • Kontrollieren größere
wenig Ressourcen Ressourcenpools
• Meist nur Zeit und Arbeitskraft
13.11.2012 19
Steffen Hummel
20. Elemente der Theorie
Akteure lassen sich anhand weiterer Dimensionen unterscheiden:
Dimension der Wirkung von erreichten Zielen einer SMO
Potentiell Begünstigte Gewissensanhänger und -
• Profitieren direkt von der konstituenten
Erreichung der Ziele einer • Profitieren zwar nicht direkt
SMO von einer Zielerreichung,
• Müssen keine Anhänger • aber befürworten (adherents)
sein… oder unterstützen
• … können es aber werden (constituents) die SMO
13.11.2012 20
Steffen Hummel
21. Elemente der Theorie
Ebenfalls von maßgeblicher Relevanz:
Autoritäten und Beauftragte der sozialen Kontrolle (z. B. Polizei)
• Hemmen oder Befördern die Ressourcenmobilisierung
• Beeinflussen Bereitschaft der Partizipation von Zuschauern,
Anhängern und Konstituenten
• Können selbst zu Anhängern oder Konstituenten werden
13.11.2012 21
Steffen Hummel
22. Elemente der Theorie
Ziele einer SMO:
• Jede SMO verfügt über mehr oder weniger breite Ziele, mit Bezug zur
jeweiligen sozialen Bewegung
• Zur Zielerreichung sind Ressourcen (z. B. Legitimität, Geld,
Einrichtungen oder Arbeitskraft) notwendig
Essentielle Aufgabe einer SMO: Mobilisierung und Kontrolle dieser
Ressourcen
Primär: Umwandlung von Anhängern in Konstituenten
(Ressourcengewinn groß)
Sekundär: Umwandlung von öffentlichen Zuschauern in Anhänger
(Ressourcengewinn eher marginal, aber z. B. Proteste um
Aufmerksamkeit von Konstituenten zu wecken)
13.11.2012 22
Steffen Hummel
23. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 23
Steffen Hummel
24. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 1 – 3:
Ressourcen, der SMS und das Wachstum von SMIs
13.11.2012 24
Steffen Hummel
25. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 1:
diskrete Ressourcen von diskrete Ressourcen des
Massen und Eliten ↑ SMS ↑
• Social Movement Sector konkurriert mit anderen Sektoren um
Ressourcen der Bevölkerung
• In Krisenzeiten: SMS von geringerer Bedeutung als grundlegende
Bedürfnisse
• Bildung als Einflussfaktor
13.11.2012 25
Steffen Hummel
26. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 2:
diskrete Ressourcen des Wahrscheinlichkeit neuer
SMS ↑ SMIs und SMOs ↑
• Neue SMIs und SMOs konkurrieren um neue Ressourcen
13.11.2012 26
Steffen Hummel
27. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 3:
Je ↑ Menge an Ressourcen
von Gewissensanhängern Desto ↑ Wahrscheinlichkeit
(unabhängig der Ressourcen neuer SMIs und SMOs
potentiell Begünstigter)
• Je mehr Wohlstand bei Individuen und Organisationen entsteht,
desto wahrscheinlicher ist es, dass dieser Wohlstand jenseits der
eigenen Interessen eingesetzt wird.
• Diejenigen, die über die meisten diskreten Ressourcen verfügen,
sind am wenigsten unzufrieden mit ihrer Lage.
13.11.2012 27
Steffen Hummel
28. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 4 & 5:
Föderierte und isolierte Struktur einer SMO
Föderierte SMO:
• Einteilung der Konstituenten in kleine lokale Einheiten
Isolierte SMO:
• SMO verwaltet alle Konstituenten direkt
13.11.2012 28
Steffen Hummel
29. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 4:
Abhängigkeit der SMO von Stabilität des
isolierten Konstituenten ↑ Ressourcenflusses ↓
• Konstituenten treten sich nicht persönlich gegenüber
solidarische Anreize wirkungslos
13.11.2012 29
Steffen Hummel
30. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 4a:
Abhängigkeit der SMO von Ressourcenverteilung SMO
isolierten Konstituenten ↑ zugunsten von Werbung ↑
• Konstituenten entscheiden über die Zuweisung ihrer Ressourcen
auf Grundlage der Ziele einer SMO
• SMO muss Nachfrage nach eigenen Zielen (Angebot) auf hohem
Niveau halten, um Ressourcenfluss zu sichern
13.11.2012 30
Steffen Hummel
31. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 4b:
Je größer die Abhängigkeit der SMO von isolierten Konstituenten,
desto mehr ähneln Veränderungen des Ressourcenflusses den
Mustern von Konsumausgaben für Verbrauchs- und marginale
Güter.
• Abwägung von „Konsumentscheidungen“
• Je attraktiver das Produkt (Ziel), desto wahrscheinlicher werden
Anhänger zu Konstituenten
13.11.2012 31
Steffen Hummel
32. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 5:
Hohe Spannung und Konflikt können entstehen, wenn eine SMO
versucht Gewissenskonstituenten und begünstigte Konstituenten
innerhalb einer föderierten Struktur, mitsamt solidarischer Anreize,
an sich zu binden.
• Gefahr von Gruppenbildung
• Gratwanderung:
– Gewissenskonstituenten verfügen über viele Ressourcen Überwiegt
deren Anteil den der potentiell Begünstigten, droht Legitimitätsverlust
– Ausschließlich potentiell Begünstigte innerhalb der SMO Legitimität
↑ aber erreichbare Ressourcen ↓
13.11.2012 32
Steffen Hummel
33. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 6 - 11:
Rate von Ressourcenschwankungen und Anpassung der SMOs
13.11.2012 33
Steffen Hummel
34. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 6:
• Entwicklung des Ressourcenflusses hängt primär davon ab, wie
SMOs Konstituenten an sich binden und wie groß deren
Ressourcenpool ist
Je älter eine etablierte SMO, desto persistenter ist sie während des
Wachstums und des Rückgangs einer SMI.
• Begünstigte Konstituenten einer alten SMO müssen erst dazu
bewegt werden, sich einer neuen anzuschließen
• Etablierte SMOs verfügen über mehr Legitimität und eine höhere
Professionalisierung
13.11.2012 34
Steffen Hummel
35. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 7:
Je umkämpfter eine SMI, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,
dass neue SMOs über enger definierte Ziele und Strategien
verfügen
• Müssen sich von SMOs abheben, die die gleichen Ziele verfolgen
13.11.2012 35
Steffen Hummel
36. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 8:
Je größer die Einkünfte einer SMO, desto wahrscheinlicher sind
Führung und Belegschaft professionalisiert und desto größer sind
diese Gruppen.
• Steigende Einkünfte führen zu Wachstum und somit Komplexität
• Komplexität der Prozesse und Aufgaben erfordert Spezialisierung
13.11.2012 36
Steffen Hummel
37. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 9:
Je größer der SMS und je größer spezifische SMIs, desto
wahrscheinlicher entwickeln sich SM-Karrieren.
• SM-Karriere = Anhänger arbeitet in verschiedenen professionellen
Positionen innerhalb diverser SMOs
• Verbindung zu spezifischer SMI nicht zwingend notwendig
• Je größer die SMI, desto wahrscheinlicher werden SMI-Karrieren
Gefahr des Zusammenbruchs durch Scheitern einer SMO geringer
Risiko des Jobverlustes geringer
13.11.2012 37
Steffen Hummel
38. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 10:
Je mehr eine SMO von isolierten Konstituenten finanziert wird, desto
wahrscheinlicher werden potentiell begünstigte Konstituenten aus
strategischen Zwecken rekrutiert und weniger zu Zwecken der
organisatorischen Arbeit.
• Rekrutierung lediglich um Einfluss zu gewinnen
• Finanzielle Mittel anderweitig gesichert
13.11.2012 38
Steffen Hummel
39. Abgeleitete Hypothesen
Hypothese 11:
Je mehr eine SMO aus Arbeitern mit beliebig viel Zeit besteht, desto
eher kann sie Transitorische Teams entwickeln.
• Transitorisches Team = Gruppe von Arbeitern, die unter Führung
Kaders der SMO, für einen bestimmten Zweck und einen begrenzten
Zeitraum geschaffen werden
• Kader = Mitglieder der SMO, die an Entscheidungsprozessen
beteiligt sind
• Nützlich für z. B. Demonstrationen
13.11.2012 39
Steffen Hummel
40. Gliederung
• Literaturgrundlage
• Die Autoren
• Theoretische Abgrenzung
• Idee der Ressourcenmobilisierung
• Elemente der Theorie
• Abgeleitete Hypothesen
– Hypothesen 1 – 3
– Hypothesen 4 & 5
– Hypothesen 6 – 11
• Fazit und Diskussion
13.11.2012 40
Steffen Hummel
41. Fazit und Diskussion
• Rational Choice Ansatz
• Umfangreiches Modell mit deutlichen ökonomischen Anleihen
• Bietet Erklärungsansatz für Aufstieg, Persistenz und Fall sozialer Bewegungen
aber
• Kommt der psychologische Aspekt nicht doch zu kurz? (Deprivation)
• Definition sozialer Bewegungen nicht doch zu allgemein?
• Tatsächliche Struktur sozialer Bewegungen glaubhaft erfasst?
• Inwieweit wirken Ressourcen auf z. B. die Wirkung von Frames?
13.11.2012 41
Eva Grosskinsky, Steffen Hummel, Myriam Thieser,