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Taalance
Wo gibt es noch frei verfügbare Fachkräfte?
Der Fachkräftemangel erhöht die Schwierigkeit qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Es genügt häu-
fig nicht mehr, ein Stelleninserat zu publizieren. Arbeitgeber müssen aktiver vorgehen: potente Per-
sonengruppen ausmachen und zielgruppengerecht ansprechen. Damit stellt sich die Frage, in wel-
chen Bevölkerungsgruppen noch verfügbares, qualifiziertes Personal zu finden ist.
Arbeitsangebot, Erwerbstätige und Nichterwerbstätige in der Schweiz im Jahr 2015:
Arbeitsangebot
5‘982‘450
Erwerbstätige
4‘890‘098
Vollzeiterwerbstätige 3‘363‘234
Teilzeiterwerbstätige 1‘526‘864 (davon 338‘280 Unterbeschäftigte)
Nicht-
Erwerbstätige
1‘092‘352
Erwerbslose 216‘708
- Arbeitslose 142‘810
- Andere 73‘898
Nichterwerbspersonen 875‘644
Alle aufgelisteten Gruppen bieten Rekrutierungspotential und werden in diesem Text behandelt. Die
Thematisierung der Vollzeiterwerbstätigen beschränkt sich auf die Findung von Überqualifizierten.
Zuerst werden die Potentiale unter den Erwerbslosen dargelegt. Danach wird die Gruppe der Arbeits-
losen und anschliessend mehrere spezielle Gruppen wie Pensionierte, Mütter, Flüchtlingen etc. be-
schrieben. Am Schluss werden Überlegungen zur Analyse von Bewerberdossiers angestellt.
Erwerbslose
Die Quote der Erwerbstätigen (des arbeitstätigen Teils der Bevölkerung) liegt in der Schweiz im inter-
nationalen Vergleich auf hohem Niveau. Sie nimmt zudem in allen Altersklassen fortlaufend zu. Selbst
bei Personen im Rentenalter ist ein Anstieg der Erwerbsbeteiligung zu beobachten. Unter anderem
zeichnet sich der Fachkräftemangel in diesen Fakten ab. Die Erwerbslosenquote (ein Gegenstück zur
Erwerbstätigenquote) betrug im vergangenen Jahr tiefe 4.6%. Als „Erwerbslose“ werden Personen
ohne Arbeit bezeichnet, wenn sie aktiv auf Arbeitssuche sind. Rekrutierungsbemühungen setzen am
besten in den grössten, passenden Gruppen von Erwerbslosen an.
Erstaunlicherweise hat die Quote der Erwerbslosen in den letzten Jahren trotz dem Anstieg der Er-
werbstätigkeit leicht zugenommen. Das weist darauf hin, dass zusätzliche Personen arbeiten möch-
ten. Eine Analyse zeigt, dass die ausländische Bevölkerung, wie auch die 40-54 und insbesondere
die 55-64jährigen verstärkt auf Stellensuche sind.
Die Erwerbslosenquote beträgt unter den 15-24 Jährigen 8.4%. Dieser Prozentsatz nimmt mit zu-
nehmendem Alter ab, bis er unter den 55-64 Jährigen noch bei 3.7% liegt. Unter Ausländern sind
diese Prozentsätze zwei bis drei Mal höher als unter Schweizern. Frauen – speziell die mit Kindern
unter 6 Jahren - sind etwas häufiger erwerbslos als Männer.
Von den erwerbslosen Schweizern weisen rund 81% und von der ausländischen Bevölkerung rund
60% einen Sekundarabschluss II oder einen Tertiärabschluss aus. Nach dem Bildungsstand grup-
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piert, bilden Schweizerinnen und ausländische Männer mit einem Sekundarabschluss II die grössten
Gruppen.
Männer sowie ausländische Frauen suchen vor allem Vollzeitstellen, während Schweizer Frauen
mehrheitlich Teilzeitstellen nachfragen.
Der Prozentsatz an Erwerbslosen ist in der Westschweiz und im Tessin fast doppelt so hoch wie in
der Deutschschweiz.
Bürokräfte und verwandte Berufe, Dienstleistungsberufe und Verkäufer/innen, Handwerks- und ver-
wandte Berufe sowie Anlagen- und Maschinenbediener/innen, Montierer/innen sind unter den Er-
werbslosen verhältnismässig stark vertreten.
Arbeitslose
Arbeitslose und zwischenzeitlich Beschäftigte werden zum Begriff der „Stellensuchenden“ zusam-
mengefasst. Im Jahr 2015 waren 200‘973 Stellensuchende auf den RAV angemeldet. Die Stellensu-
chenden sind in etwa deckungsgleich mit den in obiger Tabelle aufgeführten „Erwerbslosen“.
Entgegen der allgemeinen Vorstellung sind auf den RAV zahlreiche qualifizierte Personen angemel-
det. Unter der ausländischen Bevölkerung besitzen 29% einen Sekundarabschluss II mit mindestens
einem EFZ (Lehre). 17% haben sogar einen Tertiärabschluss vorzuweisen. 55% der Schweizer und
Schweizerinnen haben innerhalb der Sekundarstufe II mindestens einen Lehrabschluss (EFZ) und
23% einen Tertiärabschluss. Das sind insgesamt 128‘000 Personen!
Dauert die Stellensuche länger als die Kündigungsfrist, melden sich eben auch qualifizierte Personen
auf einem RAV an. Diese sind über die Internetseite www.treffpunkt-arbeit.ch auffindbar. Über die
Menüpunkte „Arbeitgeber“ und „Kandidaten suchen“ kann jedermann einen Suchlauf starten. Ent-
deckt man eine geeignete Person, ist über „Kontaktdaten anzeigen“ die Telefonnummer des zustän-
digen RAV erhältlich. Bei diesem kann man den vollständigen Lebenslauf anfordern und danach al-
lenfalls die Person direkt kontaktieren.
Ältere Arbeitskräfte
Wie die Grafik zeigt, sinkt die Erwerbs-
quote bei den 55-64jährigen gegenüber
der vorangehenden Altersgruppe. Ist
die Erwerbsquote dieser Altersgruppe
tiefer, weil diese Menschen freiwillig
aus dem Arbeitsmarkt aussteigen oder
weil sie ihre Stelle verloren haben? Ein
Viertel nannte persönliche Gründe,
nicht erwerbstätig zu sein. Mehrheitlich
handelte es sich um Frauen, welche
zum Teil bereits früher keiner Erwerbs-
tätigkeit nachgegangen waren. Die
untenstehende Abbildung führt alle in
der Befragung angegebenen Gründe
auf.
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Für Arbeitgeber interessant sind insbesondere die „vorübergehend arbeitsunfähigen Personen“ und
diejenigen, welche „keine Chance auf dem Arbeitsmarkt“ sehen. Das ergibt ein Potential von 12%
oder 29‘600 Personen. Ältere Personen können gut zum Arbeiten gewonnen werden, wenn ihre Zeit-
souveränität gewährleistet und der Produktionsdruck nicht zu gross ist.
Der Anteil an Personen mit tertiärer Ausbildung wird in der Gruppe der 55-64jährigen bis 2025 um
weitere 8 Prozentpunkte auf 40% anwachsen. Diese Verschiebung unterstreicht den wachsenden
Beitrag älterer Arbeitskräfte zur Deckung der Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften.
Pensionierte
Das effektive Rentenalter hat im Jahr 2015 bei den Frauen 64.8 und bei den Männern 66.0 Jahre
erreicht. Die Erwerbstätigenquote von Personen im Alter von 65-69 Jahren lag in der Schweiz 2014
bei 22% und damit leicht unter dem OECD Durchschnitt von 24%.
Pensionierte arbeiten bevorzugt Teilzeit. Der Beschäftigungsgrad sinkt mit Erreichen des Pensionsal-
ters deutlich unter 50% ab.
Mit der speziellen Statistik „Potenzielle zusätzliche Arbeitskräfte“ zeigt das Bundesamt für Statistik
auf, dass es insbesondere unter den über 65 Jährigen Personen hat, die nicht aktiv auf Arbeitssuche
sind, aber eine passende Arbeit durchaus akzeptieren würden.
Unterbeschäftigte Teilzeitangestellte
Teilzeitarbeit nimmt bei Frauen wie Männern zu. Sie dürfte in Zukunft noch wichtiger werden. Im Jahr
2015 belief sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten auf 1‘5 Millionen. Darunter befanden sich jedoch
332‘000 Unterbeschäftigte, d.h. Personen mit dem Wunsch, innerhalb von drei Monaten eine Arbeit
mit höherem Pensum anzunehmen. Unter Frauen ist dieser Wunsch deutlich stärker ausgeprägt als
unter Männern; speziell die 40-54jährigen Frauen möchten mehr arbeiten. Der Anteil an Unterbe-
schäftigten ist zudem unter den 15-24jährigen und den über 65jährigen gross. Bei der ausländischen
Bevölkerung ist der Wunsch nach einem höheren Beschäftigungsgrad generell, vor allem aber unter
Frauen präsent.
Freelancer, Künstler, Sportler und Studenten
Diese Gruppen suchen Teilzeitstellen mit möglichst flexiblen Bedingungen. Gerade Freelancer sind
froh, einen bestimmten Teil ihres Einkommens mit einer Teilzeitanstellung sicherstellen zu können.
Sie, wie auch Sportler, Künstler und Studenten suchen Arbeitsstellen mit möglichst flexiblen Arbeits-
zeiten, damit sie ihrer Leidenschaft nachgehen können.
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Mütter
Vier Fünftel der Mütter nahmen im Jahr 2015 am
Arbeitsmarkt teil. Diese starke Beteiligung geht
Hand in Hand mit der Verbreitung der Teilzeitar-
beit. Im Jahr 2015 übten 80.6% der Mütter ihre
Erwerbstätigkeit mit einem reduzierten Beschäfti-
gungsgrad aus. 18% aller Teilzeit arbeitenden Müt-
ter sind jedoch unterbeschäftigt. Je älter die Kinder
sind, umso wahrscheinlicher ist die Unterbeschäf-
tigung. Unter den unterbeschäftigten Müttern wei-
sen 17% einen Abschluss auf Sekundarstufe II und
15% einen auf Tertiärstufe aus.
Jede fünfte Mutter (152‘000) nimmt nicht am Ar-
beitsmarkt teil. Unter diesen befinden sich rund
22‘000 Akademikerinnen. Diese Situation scheint
meistens gewollt zu sein, denn fast keine von
ihnen ist aktiv auf Stellensuche. Als Grund werden
von drei Vierteln dieser Mütter die Kinderbetreuung
oder andere familiäre Verpflichtungen genannt.
Über die Hälfte der Mütter wäre bereit, zu arbeiten,
falls sich eine interessante Gelegenheit böte. Wei-
tere Details hierzu weist die Grafik aus:
Trotz des Fachkräftemangels haben gut qualifizierte Frauen mit kleinen Kindern Mühe, eine geeigne-
te Stelle zu finden. Für diese Mütter fehlen Teilzeitstellen mit tiefen und mittleren Pensen. Sie können
die Familienpflichten nicht in Einklang mit Erfordernissen der Arbeit bringen: sie verfügen über keine
Kinderbetreuung oder kommen mit ungeeigneten/unberechenbaren Arbeitszeiten nicht zurecht.
Eine Studie zu familienfreundlicher Unternehmenspolitik zeigt auf, dass die Einführung gezielter Mas-
snahmen wirtschaftlich sinnvoll ist. Durch die häufigere Rückkehr der Mütter nach dem Mutter-
schaftsurlaub in den Betrieb, die Ermöglichung von höheren Pensen beim Wiedereinstieg und die
Ermöglichung von qualifizierten Berufslaufbahnen trotz familiären Aufgaben lässt sich ein Einsparpo-
tential realisieren, das deutlich über den notwendigen Aufwendungen für eine familienorientierte Per-
sonalpolitik liegt.
Jugendliche
Jugendliche sind aus unterschiedlichsten Gründen für kurze Zeit ohne Arbeit. Zur Rekrutierung inte-
ressant sind diejenigen Jugendlichen, welche ihre Ausbildung abgeschlossen haben und ihre erste
Arbeitsstelle suchen. Sie findet man über www.treffpunkt-arbeit.ch.
Auch zu den 15-24jährigen vermerkt das Bundesamt für Statistik, dass etliche bereit wären eine pas-
sende Stelle zu akzeptieren, auch wenn sie nicht aktiv auf Stellensuche sind.
Temporärarbeitende
Der Umsatz der Temporärbranche wächst jährlich um rund 20%. Die Zahl der temporär Arbeitenden
nimmt also rasch zu. 2014 arbeiteten 315‘000 Personen temporär. 68% von ihnen hatten eine Berufs-
lehre abgeschlossen. Viele Lehrabgänger nehmen zuerst einen Temporärjob an. Die Temporärarbei-
tenden verteilen sich gleichmässig auf die verschiedenen Sektoren: 39% sind im Dienstleistungssek-
tor aktiv, 37% in der Industrie und 24% im Baugewerbe. Wichtig ist: 77% der temporär Arbeitenden
möchten in eine Festanstellung wechseln!