3. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
TEIL 1: GRUNDFRAGEN
WAS IST ETHISCH GUT? DAS RECHTE MASS?
Einleitung: Sagen Sie, wann
Ihrer Meinung nach gerechte /
gute Zustände herrschen?
(z.B. Wirtschaft, in Gruppen,
Geschlechter, Familie, weltweite
Beziehungen, soziale Gerechtig-
keit im Staat, in der EU …)
WIR LEBEN INMITTEN VON WIDERSPRÜCHEN
Jedem „Zu Viel“steht ein „Zu Wenig“ gegenüber
4. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
Zur Begriffsklärung: was alle missverstehen?
• Moral (lat. mos), Ethos – Ethik (griech.) - Sittlichkeit
• Verengung des Blickwinkels auf Sexualität
• Definition von Ina Praetorius: Ethik ist Nachdenken und
Sichverständigen über gutes Überleben und über die
Frage, wie Männer und Frauen durch ihr Tun und ihr
Lassen zum guten Überleben beitragen.
• Ethisch gut leben = Wie wir leben sollen (ein
inhaltlicher Anspruch) damit wir zum Guten
beitragen
(nicht: damit wir das Gute „bewirken“)
5. Wir können ein verstärktes Interesse für Ethik sehen:
ethische Wertanlagen, Firmen die mit „Corporate
Social Responsibility“ werben, Ethikkommissionen,
Betonung von „Werten“ und vieles mehr.
Das ist auch ein Indikator dafür, dass Menschen
verunsichert sind: was bisher galt, ist nun nicht mehr so
sicher, neue technische, wissenschaftliche und
medizinische Möglichkeiten brauchen neue
Bewertungen, denn für Probleme, die es bisher noch
nicht gab, müssen erst Bewältigungen gesucht werden.
2 TIPPS IN UNÜBERSICHTLICHEN ZEITEN:
a) Widersprüche wahrnehmen!
b) Versuche, versöhnt zu leben!
6. DDr. Severin Renoldner
TEIL 2: UNGERECHTIGKEIT – ARBEIT UND
WIRTSCHAFT, VERTEILUNG
• Exponentielle Vermehrung von Schulden durch
Zinseszinsmechanismus, absolute Abhängigkeit
• „Automatische“ Verteilung von den Armen zu den
Reichen (wo Tauben sind, fliegen Tauben zu, bei
schlechter Konjunktur verlieren automatisch die Armen)
• Wer das GELD hat, hat die Medien- /Informationsmacht
• Wir können (wollen) uns soziale Sicherheit, Umwelt,
Gerechtigkeit … nicht leisten, Luxus aber wohl
• 100 Milliarden no problem, 100 Millionen unfinanzierbar
7. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
WIFO
Mahatma Gandhi: „Die Erde hat genug für die
Bedürfnisse aller, aber nicht für die Gier von allen.“
Zuwachs aller Einkommen in Österreich 1995 bis 2003
Nettobezüge pro Kopf nominell real
Ärmste 20% -7,0 % -17,0 %
Zweite 20% -0,1 % -10,9 %
Mittlere 20% +9,8 % -2,0 %
Vierte 20% +11,5 % -0,5 %
Oberste 20% +11,7 % -0,3 %
Oberste 5% +13,4 % +1,2 %
Oberstes 1% +17,6 % +5,0 %
(Quelle: Wifo, ÖSTAT, Lohnsteuerstatistik)
Generationengerechtigkeit
8. 2009-04-07 DDr. Severin Renoldner
Was ist die Wirtschaftskrise?
Lohnquote in Österreich
Lohnanteil am Volkseinkommen in %
WIFO
55
60
65
70
75
80
60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02
unbereinigt
bereinigt
Nettolohnquote noch stärker gesunken!
10. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
Erwerbsarbeit gerecht verteilen
Das knappe Gut vorhandener bezahlter Erwerbsarbeit
muss gerechter verteilt werden: keine Überstunden,
Arbeitszeitverkürzung etc. Wer zuviel arbeitet, ist nicht
„fleißiger“ oder „tüchtiger“, sondern nimmt anderen Arbeit
weg. Wir müssen bezahlte Arbeit (Lebenschance für
Einzelne und Familien!) gerechter auf alle verteilen!
Wir brauchen eine materielle Sicherstellung für alle:
Grundeinkommen (Katholische Sozialakademie) oder
andere sozialstaatliche Leistung.
11. DDr. Severin Renoldner
• WAS MUSS GESELLSCHAFTLICH GETAN /
GEÄNDERT WERDEN?
• Materielle Absicherung der prekären Arbeit,
Teilzeitarbeit; nötig ist „gute“ Arbeit (KAB)
• Ein gerechteres Steuersystem soll weniger die
menschliche Arbeit, aber den Eingriff in Umwelt,
Vermögen und Ressourcenverbrauch besteuern.
• Unterstützung sozialer Projekte, international aber auch
bei uns. Dies muss auch unser Anliegen im Gebet und
im Gottesdienst sein.
• Abbau von Überstunden, Verkürzung von Arbeitszeit und
Verteilung auf mehr Menschen!
Elisabeth Kübler Ross: Arbeitet nicht soviel! Nehmt Euch
12. DDr. Severin Renoldner
OECD - Vergleich
• Seit ca. 1980 wächst im gesamten OECD-Raum die
Arbeitslosigkeit strukturell, d.h. Konjunkturaufschwünge
gleichen die Abschwünge nicht aus.
• Ausnahmen: USA (Bill Clinton) und NL (Wim Kok)
1990er Jahre; substanzielle Zunahme von
Arbeitsplätzen, fast zu 100% im Bereich der „prekären“
Arbeit (Teilzeit, befristete, saisonale etc. Arbeit,
Werkverträge, Scheinselbständigkeit …)
• Frankreich (1999): 35-Stunden-Woche (2003 gestoppt)
• Schweden, Dänemark: hohe und lange Arbeitslosen-
Versicherung, 90 % Rückvermittlung
13. DDr. Severin Renoldner
Suche nach Alternativen
• Es entsteht ein so hohes Wirtschaftswachstum, dass
(bei uns) eine Riesenmenge bezahlter Arbeitsplätze
neu entstehen. (Internationale Märkte, Ökologie?)
• Der Kuchen an vorhandener bezahlter Erwerbsarbeit
muss gerechter verteilt werden: keine Überstunden,
Arbeitszeitverkürzung etc.
• Gerechtere Verteilung der Einkommen:
Grundeinkommen oder andere sozialstaatliche
Versicherungsleistung.
14. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
Weg von neoliberalen Illusionen!
Das Märchen, dass wir durch staatliche Kürzungs-
maßnahmen bei den Armen, PensionistInnen etc. und
durch „Selbstüberlassung“ der Wirtschaft an
SpekulantInnen und „reine Marktmechanismen“ zu
einem Wirtschaftsaufschwung kämen, muss, 20 Jahre
nach Margaret Thatcher, als zerstörerische Illusion
durchschaut werden.
Es hat Armut und Umweltzerstörung bewirkt.
15. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
TEIL 3: ZUKUNFT / NACHHALTIGKEIT
Was ist das rechte Maß?
Wahr ist: eines unserer Grunddilemmata ist die Angst.
Der Wohlstand der 1960/70er Jahre war möglich auf Basis
der Zusage: keiner wird ökonomisch ganz fallen gelassen.
(ASVG 1950, …)
Weniger Ausländerfeindlichkeit, mehr Rücksicht auf
ökologischen Verbrauch etc. gibt es nicht, wenn alle
moralischen Appelle gerufen sind, sondern wenn die
Menschen weniger Angst haben.
16. Wirtschaft muss zurückgeführt werden auf DAS,
a) was wir notwendig brauchen (Kath. Soziallehre,
Sozialwort: Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen,
nicht umgekehrt; Mensch = Zweck der Wirtschaft!)
b) was für alle genug übrig lässt
c) was vollständig nachhaltig ist (d.h. dass sich die
Grundlagen dauerhaft erneuern können)
Unsere Widersprüche: „Am liebsten auf einem
Biobauernhof im 1. Wiener Bezirk leben“.
Wie plastikfrei leben?
Handys – Tantal und Leichtmetalle aus Zentralafrika /
Kongo etc.
17. Was verlangt gelebte Ökologieverträglichkeit?
Neben der starken Betonung von Energiehaushalten
müssen viel mehr Faktoren in Betracht genommen werden:
Luft
Licht
Lärm
Landschaft
Rohstoffe, Technik, Plastik, Öl- Gasverbrauch
Wer lebt „heute noch“ dort, wo er/sie geboren ist?
Oder dort wo sein/ihr Arbeitsplatz ist?
> Land – Stadt!
18. FRIEDLICH / GEWALTFREI LEBEN
• Hinter unserer Fassade der Gutmütigkeit und
Friedfertigkeit verbirgt sich unser aggressives Potenzial
• Wir leben es unbewusst aus indem wir konsumieren was
die Existenzgrundlagen der anderen reduziert
• Friedlich leben heißt sich auf einen Weg zu machen der
unsere Auswirkungen auf die Anderen, unsere
Verbundenheit mit ihnen zur Kenntnis nimmt
• Gewalt zu überwinden ist eine selbstkritische Methode
der Konfliktlösung, bei der immer der Andere im Zentrum
steht
• Schlecht ist nicht unsere Aggression, sondern die
Gewalt (Beeinträchtigung der Entfaltungmöglichkeit des
Anderen, J. Galtung)
19. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
TEIL 4: WAS IST DAS RECHTE MASS
ZUWENIG UND ZUVIEL IST DER NARREN ZIEL
Österreich ist das 6. / 7. oder 9. reichste Land der Welt
(pro-Kopf-Einkommen)
Die untersten 20% EinkommensbezieherInnen haben in
den vergangenen Jahren real 20 % ihres Einkommens
verloren
„Wir können uns die Pensionen nicht mehr leisten.“
NEIN! Österreich kann sich all das sogar sehr gut und
auf einem hohen Niveau leisten!
20. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
ZUWENIG UND ZUVIEL IST DER NARREN ZIEL
Oder: Was ist das rechte Maß?
Zuwenig Arbeitsplätze oder zuviel Stress?
400.000 Arbeitslose und offiziell gezählte Überstunden im
Ausmaß von 180.000 Vollzeit- (40 St.) oder 360.000 halben
(20 St.) Arbeitsplätzen.
Wer macht den größeren Fehler? Diejenigen, denen der
Stress zu viel wird (burnout, Überlastungskrankheiten) oder
diejenigen, die ihn ertragen? Wieviele Wochenenddienste
und Überstunden ist mir 250 qm Wohnfläche oder ein
zusätzliches Auto wert?
21. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
ZUWENIG UND ZUVIEL IST DER NARREN ZIEL
Oder: Was ist das rechte Maß?
> Für Kinder muss „Alles“ getan werden. O je!
Materiell, Spielsachen, gesunde Nahrung,
3 Geburtstagsfeiern, Frühförderung, Musik, Bewegung,
Gemeinschaft, Kindergarten, Erlebnis, Animation im
Kinderhotel und auf Ferienveranstaltungen etc.
Die schwierigste Erziehungsaufgabe ist die Disposition
zwischen dem vielen „Guten“ und dem Möglichen,
Verarbeitbaren und der Erhaltung der Kindheit
22. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
ZUWENIG UND ZUVIEL IST DER NARREN ZIEL
Oder: Was ist das rechte Maß?
Es gehört zu unserer Lebenswelt, dass aufgrund von
„Fortschritt“, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen
etc. ständig enorme Möglichkeiten da sind, die wir oft nicht
einordnen oder im sinnvollen Maß gebrauchen.
Im Zentrum des Gebrauches aller Dinge, Potenziale und
Möglichkeiten muss der Mensch stehen. Wirklich wichtig
ist was dem Menschen dient. Wir müssen uns selbst mehr
für kompetent, zuständig, reif erklären. Wir müssen
beständig Entscheidungen treffen.
23. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
TEIL 5: BIBEL UND LEBENSDEUTUNG
Was bedeutet im Licht des Glaubens
GERECHT LEBEN?
24. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
BIBLISCHE Vorstellung von GUT und BÖSE:
An vielen Stellen kommt die Bibel auf unseren Umgang mit
Geld, Besitz, Reichtum zu sprechen. Immer wieder geht es
um die Reichen und die Armen. Gott stellt sich auf die
Seite der Armen.
Gott ist nicht gegen die Reichen! Aber sie haben ihr Teil
schon erhalten. Gott kümmert sich um die, denen es noch
vorenthalten wird. Wer diese „Option für die Armen“
mitträgt, wird selig gepriesen.
Auffällig ist: Unser Verhältnis zu Besitz entscheidet über
unser Verhältnis zu Gott! „Ihr könnt nicht beiden dienen,
Gott und dem Mammon.“ (Mt 6,24)
25. Ex 22,25f: Nimmst du von
einem Mitbürger den Mantel
zum Pfand, dann sollst du ihn
bis Sonnenuntergang
zurückgeben; denn es ist seine
einzige Decke, der Mantel, mit
dem er seinen bloßen Leib
bedeckt. Worin soll er sonst
schlafen? Wenn er zu mir
schreit, höre ich es, denn ich
habe Mitleid.
26. DDr. Severin Renoldner
Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16)
1 Denar Tageslohn/Familie = Existenzminimum
Jesus geht es darum, dass die „Letzten“ diesen Denar zum
Leben nötig haben, nicht dass er einem bestimmten
Stundenlohn entspricht. Vgl.: Grundeinkommen! Wer keine
bezahlte Arbeit findet, hat auch ein Recht zu leben.
Vgl. Lk 16,19-31 „Der reiche Mann und der arme Lazarus“:
Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen
Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlech-
tes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden.
27. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
Lk 14,12-14 … wenn du ein Essen gibst, dann lade
Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein …
Lk 9,10-17 (Brotvermehrung) …
Gebt ihnen zu essen! … nicht mehr als fünf Brote
und zwei Fische … Als man die übrig gebliebenen
Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.
8 Zachäus: Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den
Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert
habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. 9 Da sagte Jesus
zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden,
weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.
Apg 4,34 Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. …
Jedem wurde so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.
28. 2010-02-27 DDr. Severin Renoldner
Mt 5,4-10 3 Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
4 Selig die Trauernden; denn sie werden
getröstet werden.
5 Selig, die keine Gewalt anwenden; denn
sie werden das Land erben.
6 Selig, die hungern und dürsten nach der
Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen
finden.
8 Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott
schauen.
9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes
genannt werden.
10 Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
29. Der Materialismus wurde zu Unrecht
nur der Kommunistischen Welt
angelastet. In Wahrheit ist er am
allermeisten das Problem der westlich-
kapitalistischen liberalen Gesellschaft.
Gelingendes Leben setzt immer das
Glück voraus, dass wir an den Dingen
nicht letztlich hängen und unser Leben
„in die Waagschale“ werfen. Unser
Reichtum ist im Leben MIT den
anderen und im Vertrauen auf Gott,
der zu allen gut ist, begründet.
30. TEIL 6: WAS IST CHISTLICHE ETHIK?
Haben ChristInnen grundsätzlich eine andere Moral als
Nichtglaubende?
Haben sie es einfacher, weil sie nicht selber überlegen
müssen, sondern ihnen Gebote und Verbote Gottes zur
Verfügung stehen?
Offensichtlich gibt es NichtchristInnen, die vorbildlich sind
(M.K. Gandhi) und uns auch ethisch überlegen sind.
> Christentum könnte man an Selbstkritik erkennen: nicht
wer sich selbst für gut hält, sondern wer seine Armut vor
Gott kennt, folgt Christus nach (vgl. Lk 18,9-14).
K. Rahner: „Anonyme Christen“
31. ChristInnen sind nicht entbunden
von eigenem Nachdenken über das
gute Leben. Wie jeder andersgläubige
Mensch auch müssen sie sich fragen,
wie sie ihr Leben gestalten und führen
sollen, wie sie auf Gesellschaft und
Politik einwirken sollen.
Mit folgendem Unterschied: sie können sich an Gott
orientieren. Sie können fragen: Wie hat Jesus gehandelt?
Wie war sein Umgang mit Menschen, mit Gesetzen, mit
Schuld und Versagen? Wie hätte er heute gehandelt –
gegenüber Arbeitslosen, im Angesicht von Naturzerstörung,
beim Gespräch mit Flüchtlingen?
32. • Achtung vor der Schöpfung, dem Leben (Geschenk
Gottes)
• Achtung vor den Armen, denen „ganz unten“, den
Kleinen, den Stimmlosen, den Kranken
• Solidarität mit den Fremden, Heimatlosen („so wie ihr in
Ägypten“)
• Leid nicht erstrebenswert, aber zu integrieren
• Hoffnung auf die Zukunft (hier, für die Erde; für uns nach
dem Erdendasein), Fröhlichkeit
• Gemeinschaft, einander dienen, füreinander sorgen,
teilen, Einsatz für den Frieden
• Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft (auch ich bin
nicht perfekt)
33. Kern der Ethik sind nicht
Vorschriften, sondern ist die
Freiheit, das Bewusstsein, die
Denk- und Entscheidungs-
fähigkeit der Menschen und
Verantwortung.
35. 2010-02-28 DDr. Severin Renoldner
TEIL 7: WIE SOLLEN WIR die Option für den
Menschen, für Gerechtigkeit und Fairness, für
die Schöpfung LEBEN? (Ökumenisches Sozialwort)
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem
Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.
Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig
ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie
dich selbst.“ (Mt 22,37-39)
Die Liebe ist wichtiger als der Kult.
Bemerkenswert ist der gleiche Rang der Selbstliebe.
Im Umgang mit Menschen zeigt sich die Beziehung zu Gott.
36. 2010-02-28 DDr. Severin Renoldner
Man kann nicht 6 Milliarden Menschen persönlich lieben!
Wir können nicht die Generationen vor und nach uns
persönlich lieben! (Raum – Zeit). (Gelebte Ökologie /
Umweltverträglichkeit ist Liebe zu den nach uns
Kommenden.)
Nächstenliebe gegenüber allen Menschen bedeutet
strukturelle Nächstenliebe, also Veränderung der
ungerechten Strukturen nach dem Bild der Nächstenliebe.
Richte Dein Leben so aus, dass es in die richtige
Richtung weist. Damit verwirklichst Du strukturelle
Liebe: Du lebst darauf hin, dass alle Menschen Platz
haben, angenommen und willkommen sind.
37. 2010-02-28 DDr. Severin Renoldner
In unserem Umgang mit materiellem Gut zeigt sich unser
Verhältnis zu Gott. Die gleiche Liebe Gottes zu allen
Menschen verpflichtet uns moralisch, Ursachen von
Ungerechtigkeit zu erkennen und Veränderung anzustreben.
Die Gleichheit aller Menschen vor Gott verbietet, dass
bestimmten Menschengruppen das Notwendige
vorenthalten wird. Was sollen wir tun?
Gut handeln ist immer zugleich gerecht und ökologisch.
Gut Handeln ist immer ein Tun des Friedens – denn der
Hass und Unfriede ist ein Folge der Ungerechtigkeit.
38. 2010-02-28 DDr. Severin Renoldner
„Ich möchte ... besonders hinweisen ... auf die Option
und vorrangige Liebe für die Armen. Dies ist eine Option
oder eine bevorzugte Art und Weise, wie die christliche
Liebe ausgeübt wird; eine solche Option wird von der
ganzen Tradition der Kirche bezeugt.
Sie bezieht sich auf das Leben eines jeden Christen,
insofern er dem Leben Christi nachfolgt; sie gilt aber
gleichermaßen für unsere sozialen Verpflichtungen und
daher auch für unseren Lebensstil sowie für die
entsprechenden Entscheidungen hinsichtlich des
Eigentums und des Gebrauchs der Güter.“
(Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis).
39. TEIL 8: Persönlich Hand anlegen
• Fair zahlen! Warum verdiene ich 5000, während ein
Mitarbeiter mit 3 Kindern nur 1500 bekommt?
• Nicht vordrängen! Kein Neid! Alternativen!
• Sinnvoll investieren: nachhaltig, Produkte der Region,
ethisches Investment, fairer Handel
• Auch die Frauen berücksichtigen (beruflich, zu Hause,
im Gespräch), aber auch die Männer.
• Sich auch selbst achten und ernst nehmen.
• Im Gespräch gegen Verunglimpfung und Vorurteile
mutig auftreten / widersprechen (Ausländer, Moslems,
Faulenzer).
40. DDr. Severin Renoldner
Persönlich Hand anlegen!
Zivilcourage! Wo kann ich in meinem Verhalten, Reden,
Auftreten Gerechtigkeit schaffen für Menschen, die von
Vorurteilen oder Armut betroffen sind?
Fairness gegenüber Andersdenkenden
Sinnlosen Konsum einschränken
Unterstützung für Initiativen der sozialen Gerechtigkeit
(Sei so frei, Amnesty International …)
Ermutigung: Sag nicht: „Das bringt ja sowieso nichts!“
Das macht unglücklich. Sondern engagiere dich selbst.
Daraus entsteht Lebensfreude.
41. DDr. Severin Renoldner
Gegen den moralischen Hochmut!
Verweise nicht ständig auf deine eigenen alternativen
Glanzleistungen. Nimm die Anderen wahr, ernst und
unterstütze ihre Bemühungen anstatt dich vor ihnen
hervorzutun. Belehre niemanden besserwisserisch.
Sei dir bewusst, dass heutige Versuche, eine gerechte
Wirtschafts- und Sozialordnung zu schaffen, Gehversuche,
kleine Schritte und bescheidene Beiträge sind: daher hast
du wenig Grund zum Hochmut.
Lerne aus jeder Begegnung mit einem Projekt, einem
Versuch etc. dazu und lass die Menschen spüren, dass du
selbst lernbedürftig bist.
42. DDr. Severin Renoldner
Gegen den moralischen Hochmut!
Überfordere dich nicht ständig damit, denn du brauchst
die Welt nicht allein zu retten: vertrau auf die anderen und
ihre Veränderungsfähigkeit. Manches gute, friedliche und
ökologische Projekt ist eher ein Unterlassen als ein Tun.
Schätze auch das Verzichten!
(Dilemma der nach-1968er-Generation:)
Lehne dich nicht unnötig gegen Autorität auf, sondern suche
sachliche und inhaltliche Autorität.
Durchschaue, unterlaufe und meide, soweit möglich,
künstliche, aufgeblasene, leere Autorität, reine „Wirtschafts-
Macht“. Lass dich nicht auf einen „pubertären“ Dauerkampf
mit ihr ein, der viel Energie kostet und Selbstzweck wird.
43. Einige kluge Lebensregeln
Langsamkeit!
Demokratie – Problem sich zu vernetzen und immer in
Verhandlung zu sein. Demokratie ist unbedingt nötig:
Gefühl der gegenseitigen Versicherung.
Man kann mehr bewirken als man glaubt.
Der Mensch ist nicht für die Wirtschaft da, sondern die
Wirtschaft für den Menschen: Nie vergessen! Freie Zeiten
(z.B. Sonntag) für den Menschen!
Arbeitsbedingungen: gesund, menschlich, angemessen
bezahlt (davon leben können?)
Liebe als Lebensprinzip? Dankbarkeit? Freundschaften?
44. Lebe ich so, dass ich für meine Kinder ein Vorbild bin?
Wie gehe ich mit meinem Scheitern um?
Wie verhalte ich mich meinen Nächsten gegenüber
(Großfamilie), Anvertraute, FreundInnen.
Könnte heute mein letzter Tag sein, oder gibt es noch
„Leichen im Keller“ (Konflikte, Wieder gut zu Machendes)
Zeit, mein Gewissen an Gott rückzubinden? Was investiere
ich in meine „Seele“? Kraftquellen - Freude am Leben
Wahrhaftigkeit in meinen Überzeugungen/Aussagen?
Bezahlter/unbezahlter Arbeit: was mach ich umsonst?
Wertschätzung, Verantwortung, Ressourcen
Engagement jenseits von Bezahlung
45. DDr. Severin Renoldner
Konstruktiv leben
Handle stets im konstruktiven, der Liebe zu dir und den
Mitmenschen entsprechenden, Sinn!
Achte auf deine Gesundheit an Leib und Seele! (Konflikte,
Arbeit, gesunde „Ökonomie“ dessen, was ich in meinem
Leben, an diesem Tag etc. verwirklichen kann).
Sei menschenfreundlich zu Dir selbst und zu anderen!
Barmherzigkeit mit dem Unvollkommenen.
Nimm dich selbst achtsam wahr und vergiss nicht,
dankbar zu sein für das was dir geschenkt wurde. (Dank =
Medizin gegen Verbitterung)
46. 2010-02-28 DDr. Severin Renoldner
Ökologisch hergestellte und fair gehandelte Produkte,
ethisch-nachhaltige Investitionen!
Alle ChristInnen sollen in ihrem wirtschaftlichen Verhalten,
insbesondere bei der Geldanlage, auf humane und
ökologische Kriterien achten.
Dein Leben soll ein Zeugnis sein gegen den Zynismus
der Welt: anstatt Hoffnungslosigkeit und
Besserwissen soll es Vertrauen, Barmherzigkeit und
echte Veränderungsperspektiven eröffnen.
Du bist nicht nur um deiner eigenen, sondern um
deiner Mitmenschen Zuversicht auf der Welt.
47. ZUSAMMENFASSUNG
• Gerechtigkeit = vorrangiges Ziel christlichen Handelns
• Der Grund liegt in der universalen Nächstenliebe, die in
der gleichen Liebe Gottes zu allen Menschen wurzelt
• Schwerpunkt ist, dass alle genug zum leben haben
• Gerechtigkeit ist immer ein Streben, Bemühen,
vollkommene Gerechtigkeit liegt nur bei Gott
• Das bedeutet die Verpflichtung, unser alltägliches und
gesellschaftliches Leben auf Gerechtigkeit hin zu
orientieren
• Unsere vorrangige Sorge soll jenen gelten, die zu kurz
kommen oder es schwer haben (Option für die Armen)