SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 4
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Lehren aus dem Volkswagen-Skandal
Peter Schwarz
WSWS.ORG Oktober 2015
WORLD SOCIALIST WEB SITE
Autoarbeiter InfoAutoarbeiter Info
Nr. 8
Der Volkswagen-Skandal zieht immer weitere Kreise. Der neben
Toyota größte Autobauer der Welt hat nicht nur in den USA ge-
zielt Abgaswerte manipuliert. Die zur Täuschung benutzte Software
wurde weltweit in elf Millionen Autos eingebaut. Allein in Deutsch-
land sind nach Angabe von Verkehrsminister Alexander Dobrindt 2,8
Millionen Autos betroffen. Das sind über 5 Prozent aller zugelasse-
nen Kraftfahrzeuge.
Im Konzern, dessen Aktienkurs steil abgestürzt ist, rollen die
Köpfe. Der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn musste gehen,
ebenso einige weitere Topmanager. Doch die kriminelle Energie, die
VW aufgewandt hat, um seine Kunden und die Behörden zu täuschen,
lässt sich nicht mit dem Fehlverhalten einiger Weniger erklären.
Nach Informationen der F.A.Z. wurde die illegale Software bereits
2005 entwickelt, um mit dem Argument der Umweltfreundlichkeit
deutsche Diesel-PKWs in den USA zu verkaufen. Da es nicht gelang,
die strengen US-Schadstoffgrenzwerte mit technischen Mitteln zu
erreichen, griff man zu Täuschung und Manipulation. Angesichts der
langen Zeitdauer und der hohen Zahl betroffener Fahrzeuge müssen
sehr viele davon gewusst haben.
Der Volkswagenkonzern beschäftigt weltweit 600.000 Mitarbeiter
und vereint zwölf Marken unter seinem Dach – neben den Massen-
herstellern VW, Skoda, Seat und Audi auch Edelmarken wie Porsche,
Bentley und Bugatti und die Lastwagenproduzenten Scania und
MAN. Volkswagen verdankt seinen Erfolg nicht zuletzt deutscher In-
genieurskunst und dem mit ihr verbundenen Ruf der Zuverlässigkeit.
Dass diese Ingenieurskunst systematisch eingesetzt wurde, um zu
betrügen und zu täuschen, bezeugt nicht nur die kriminelle Energie
einzelner VW-Mitarbeiter, sondern die Irrationalität des Wirtschafts-
und Gesellschaftssystems, in dem der Konzern operiert.
VW ist kein Einzelfall. Auch andere Autokonzerne, wie General
Motors und Toyota, und Weltkonzerne wie Siemens haben ähnliche
Skandale erlebt.
Andere Produzenten von Dieselfahrzeugen – darunter BMW, Opel,
Peugeot und Mercedes – stehen im Verdacht, ebenfalls Abgaswerte
manipuliert zu haben. Messungen von Umweltorganisationen erge-
ben seit Jahren massive Abweichungen des tatsächlichen Oxidaussto-
ßes von den Laborwerten. Die betroffenen Unternehmen bestehen
zwar darauf, dass dies die Folge von legalen „Tricks“ – wie vollgelade-
nen Batterien, überhöhtem Reifendruck und unrealistischen Labor-
bedingungen – sei, und nicht von gezielter Manipulation durch eine
eigens entwickelte Software wie bei VW. Doch das ist nur ein gradu-
eller Unterschied.
All diese Konzerne operieren global und stehen unter dem ständi-
gen Druck, ihre Rendite zu steigern. Bereits seit den 1980er Jahren ist
die kurzfristige Steigerung des Aktienkurses, der shareholder value,
und nicht die langfristige Entwicklung der Produktion zum leitenden
Prinzip der Wirtschaft geworden.
Die Eroberung zusätzlicher Marktanteile, die Steigerung der Ar-
beitsproduktivität und die Senkung der Arbeitskosten entscheiden
dabei über Aufstieg oder Absturz ganzer Konzerne.
Mit der Finanzkrise von 2008 hat
dies irrwitzige Ausmaße angenom-
men. Die Notenbanken überfluten
die Märkte mit billigem Geld, das auf-
grund niedriger Zinssätze zu einem
erheblichen Teil in die Spekulation mit
Aktien fließt. Der DAX, der während
der Finanzkrise von seinem bisheri-
gen Rekord von 8.000 Punkten unter
4.000 stürzte, hat zwischenzeitlich
Werte über 12.000 erreicht. Eine klei-
ne Finanzelite hat sich daran maßlos
bereichert und besteht darauf, ihren
obszönen Reichtum auf Kosten der
Arbeiterklasse zu verteidigen.
Noch ist nicht abzusehen, wie viele
tausende oder zehntausende Arbei-
ter als Folge des VW-Skandals ihren
Arbeitsplatz verlieren. Aber eines ist
bereits sicher, die Steigerung der Ren-
dite auf Kosten der Belegschaft geht
weiter.
Porsche-Chef Matthias Müller, der
zum Nachfolger Winterkorns an der
Spitze des Gesamtkonzerns ernannt
wurde, hat sich für dieses Amt qualifi-
ziert, indem er die Umsatzrendite des
Die Autoarbeiter in den USA rebellieren
gegen die Autoarbeitergewerkschaft UAW.
Artikel auf Seite 4
WSWS.ORGAUTOARBEITER INFO Word Socialist Web Site
Sportwagenherstellers auf 15 Prozent steigerte. Diese Aufgabe hat
er nun auch bei VW. Bei einem Hersteller von Luxussportwagen mit
Listenpreisen bis zu 768.000 Euro ist dies allerdings leichter, als bei
einem Massenproduzenten, bei dem der Konkurrenzdruck wesentlich
höher ist.
Die Belegschaft von VW wird die Angriffe auf ihre Arbeitsplätze
und Einkommen nicht kampflos hinnehmen. Aber sie steht vor dem
Problem, dass sich die gewerkschaftlichen Methoden und Organisati-
onen der Vergangenheit völlig erschöpft haben.
Es gibt keinen anderen Betrieb, in dem die Sozialpartnerschaft und
die Klassenzusammenarbeit derart perfektioniert wurden, wie bei VW.
IG Metall, Betriebsrat und Management sind praktisch verschmolzen.
Der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber leitet den Auf-
sichtsrat und gilt als entscheidender Mann im Konzern.
Gewerkschaft und Betriebsrat betrachten die Zukunft des Kon-
zerns ganz wie die Anteilseigner und das Management vom Stand-
punkt seiner internationalen Konkurrenzfähigkeit, koste es, was es
wolle. Der Betriebsrat hat deshalb bereits im letzten Jahr einen eige-
nen Plan vorgelegt, jährlich 5 Milliarden Euro einzusparen.
Die Belegschaft ist nicht nur mit dem Management, sondern auch
mit der Gewerkschaft und dem Betriebsrat als Gegner konfrontiert.
Um die Arbeitsplätze und die Einkommen zu verteidigen, braucht sie
eine völlig neue Strategie.Deren Ausgangspunkt muss der internati-
onale Charakter der modernen Produktion sein. Es handelt sich um
eine enorm fortschrittliche Entwicklung, die die Leistungsfähigkeit
der menschlichen Arbeit stark erhöht und alle materiellen Vorausset-
zungen schafft, um Armut und Rückständigkeit auf der ganzen Welt
zu überwinden und das materielle und kulturelle Niveau der gesamten
Menschheit zu steigern.
Aber in den Fesseln des Nationalstaats und des Privateigentums,
auf denen der Kapitalismus beruht, verwandelt sie sich ins Gegenteil.
Sie wird zum Mittel, die Arbeiter der einzelnen Länder gegeneinander
auszuspielen und alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaft-
lichen Lebens den unersättlichen Ansprüchen des Finanzkapitals zu
unterwerfen. Arbeiter müssen daraus zwei Schlussfolgerungen zie-
hen:
Um gegen die Angriffe der Unternehmen zu kämpfen, müssen sie
mit der nationalistischen Politik der Gewerkschaften brechen, ihre
eigenen, unabhängigen Komitees aufbauen und sich international zu-
sammenschließen.
Und sie müssen die Verteidigung ihrer Rechte und Errungenschaf-
ten zum Ausgangspunkt des Kampfs für eine sozialistische Gesell-
schaft machen: für Arbeiterkontrolle über die Produktion, für die
Vergesellschaftung der Autoindustrie, der großen Konzerne und Ban-
ken und für die Reorganisation der gesamten Wirtschaft auf Grund-
lage der gesellschaftlichen Bedürfnisse statt der Profitansprüche des
Kapitals.
KURZNACHRICHTEN
Brasilianische Autoarbeiter
streiken
Anfang August gab Daimler bekannt,
1.500 Arbeiter in dem LKW- und Bus-
werk in Sao Bernando do Campo zu entlas-
sen. Das Unternehmen forderte seine Ar-
beiter auf, „gemeinsame Opfer“ zur Erhal-
tung aller 10.000 Arbeitsplätze in der Fabrik
zu akzeptieren. Am 24. August traten etwa
7.000 Daimler-Arbeiter in den Streik. Fast
alle 10.000 Beschäftigten zeigten in den fol-
genden Tagen durch ihre Beteiligung an De-
monstrationen und Straßenblockaden Soli-
darität mit den Entlassenen. Als weitere 500
Arbeiter entlassen wurden und der Unmut
der Arbeiter anwuchs, schalteten sich der
„Weltbetriebsrat“ von Daimler unds e i n
Vorsitzender Michael Brecht, Vorsitzender
des Gesamtbetriebsrates der Daimler AG ein.
Brecht schaffte es, den Streik am 31. August
zu beenden. Die entlassenen Arbeiter wurden
für zwölf Monate wieder eingestellt. Im Ge-
genzug wurde der Lohn für alle Arbeiter um
zwanzig Prozent gekürzt. Die Hälfte dieser
Reduzierung wurde vom brasilianischen Staat
aufgefangen.
Gericht verbietet Pilotenstreik
Die Entscheidung des Landesarbeitsge-
richts Hessen, den Streik der Piloten
zu verbieten, ist ein elementarer Angriff auf
das Streikrecht und richtet sich gegen alle
Arbeiter. Das Streikverbot steht in direktem
Zusammenhang zur Verabschiedung des Ge-
setzes zur Tarifeinheit und ist Bestandteil ei-
ner Kampagne, um massive Lohnsenkungen
und Verschlechterungen von Sozialstandards
durchzusetzen. Richter Michael Horcher
begründete das Streikverbot damit, dass die
Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit
e.V. mit dem Streik nicht nur eine Verbesse-
rung der Übergangsversorgung ihrer Mit-
glieder erreichen, sondern das „Low-Cost-
Konzept“ des Konzerns verhindern wolle.
Das sei rechtswidrig. Mit anderen Worten:
Wenn Unternehmen Billigfirmen gründen
und in diesen die Löhne und Gehälter um 40
Prozent und mehr senken, bei gleichzeitiger
Verschlechterung der Arbeitsbedingungen,
dann dürfen Arbeiter nicht dagegen streiken.
Welchen Sinn hat das Streikrecht noch, wenn
es nicht mehr gegen Unternehmenspraktiken
eingesetzt werden darf, die ausdrücklich da-
rauf abzielen, Beschäftigte zu spalten, Billig-
löhne durchzusetzen und damit die Tarifver-
träge zu untergraben und auszuhebeln?
Outokumpu-Edelstahlwerk ge-
schlossen
Am 23. Juni wurde mit dem Bochumer
Werk des finnischen Edelstahlriesen Ou-
tokumpu ein weiterer der einst zahlreichen
Industriestandorte im Ruhrgebiet geschlos-
sen. Die Rumpfbelegschaft, die zuletzt noch
im Werk arbeitete und aus etwa 230 Beschäf-
tigten bestand, wurde zum großen Teil ent-
lassen. 80 Mitarbeiter schieden mit Vorruhe-
standsregelungen aus, 40 weitere Beschäftig-
te, unter ihnen viele Auszubildende, wurden
ohne weitere Regelungen entlassen. Rund
120 Arbeiter erledigen noch Restarbeiten,
bevor auch sie gehen müssen. Bei Übernah-
me des Werks durch Outokumpu 2012 gab
es noch eine 450-köpfige Belegschaft. Auf-
grund eines von IG Metall, Betriebsrat und
Unternehmen ausgehandelten Sozialplans
wechselte der größte Teil in den vergangenen
Jahren zu anderen Konzernen, hauptsächlich
zum ThyssenKrupp-Konzern in Duisburg.
IG Metall und Betriebsrat hielten mit vagen
Versprechungen zur Arbeitsplatzsicherung
die Beschäftigten ruhig, während das Werk
auf Raten geschlossen wurde. Von den einst
fünf Edelstahlwerken von Outokumpu in
Deutschland bleiben die Standorte in Krefeld,
Dahlerbrück sowie in Dillenburg. Auch dort
sind weitere Einschnitte zu erwarten.
Kita-Streik: Ausverkauf 2.0
Ende September haben die Gewerkschaf-
ten Verdi, GEW und dbb (Deutscher
Beamtenbund) im Kita-Tarifkonflikt mit dem
Kommunalen Arbeitgeberverband (VKA) für
240.000 Erzieherinnen, Sozialarbeiter, Be-
hindertenhelfer und Kinderpfleger praktisch
denselben Knebelvertrag wie schon beim
Schlichterspruch vom 22. Juni vereinbart.
Diesen Spruch hatten die Mitglieder aller drei
Gewerkschaften mit überwältigender Mehr-
heit abgelehnt. Trotzdem unterscheidet sich
das neue Verhandlungsergebnis praktisch
nicht vom Juni-Vorschlag. Mit einer fünfjäh-
rigen Friedenspflicht verpflichtet es die Be-
schäftigten, bis Ende Juni 2020 auf jeden wei-
teren Kampf um eine höhere Eingruppierung
zu verzichten. Das Gesamtvolumen bleibt
praktisch gleich. Nach VKA-Angaben beläuft
es sich auf 315 Millionen Euro, d.h. nicht
einmal neun Millionen Euro mehr als zuvor.
Die Zuwächse für die einzelnen Gruppen be-
wegen sich zwischen einem und viereinhalb
Prozent, was vom Ziel einer zehnprozenti-
gen Aufwertung meilenweit entfernt ist. Das
Ganze ist eine Verhöhnung der Mitglieder.
Die Gewerkschaftsführung ist entschlossen,
die Kontrolle zu wahren und keine weitere
Eskalation des Tarifkonflikts zuzulassen.
AUTOARBEITER INFOWSWS.ORGWord Socialist Web Site
VW bereitet Konzernumbau auf Kosten
der Belegschaft vor
Peter Schwarz
Das volle Ausmaß und die Verantwortlichen für die Manipulati-
on von Abgaswerten bei Volkswagen sind noch nicht bekannt,
da werden bereits erste Forderungen laut, den Skandal als Chance zu
nutzen, um den Konzern gründlich umzubauen, neu aufzustellen und
profitabler zu gestalten. Leidtragende werden die 600.000 Mitarbeiter
sein, die VW weltweit in 119 Fabriken beschäftigt.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung macht als Ursache der Mani-
pulationen nicht die kriminelle Energie aus, mit der VW und andere
Großkonzerne um Marktanteile und Profite kämpfen, sondern man-
gelnde Corporate Governance und Transparenz sowie eine falsche
Unternehmensstruktur. „Die unbequemen Fragen werden nicht ge-
stellt. Dinge, die eigentlich längst hätten angepackt werden müssen,
werden auf die lange Bank geschoben“, erklärt das Sprachrohr der
Frankfurter Börse.
Die Süddeutsche Zeitung verkündet in einem Leitkommentar:
„Auch wenn der Prozess schmerzhaft und langwierig ist, am Ende
kann die Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden. Aber der Wandel
muss grundlegend sein.“
Als Vorbild für die notwendigen Veränderungen nennt die Süddeut-
sche den Siemens-Konzern: „Siemens beispielsweise wurde von einem
tiefen Korruptionsskandal erschüttert. Vor allem auf Druck der ame-
rikanischen Behörden hat der Konzern neue Strukturen und Ethik-
richtlinien eingeführt. Das Siemens von heute ist mit dem Siemens
von damals nicht mehr zu vergleichen.“
Das stimmt, wie jeder Siemens-Beschäftigte bestätigen kann. Seit
vor acht Jahren der Korruptions- und Schmiergeldskandal platzte,
jagte ein Umstrukturierungsprogramm das nächste. Das Management
wurde ausgetauscht, die Belegschaft ausgedünnt und die Arbeitshetze
an die Grenze des Unerträglichen gesteigert. Arbeiteten 2006 noch
475.000 Beschäftigte bei Siemens, waren es Anfang dieses Jahres ge-
rade noch 342.000. Weitere 13.500 sind in diesem Jahr zum Abschuss
freigegeben.
Die kriminellen Machenschaften der Siemens-Manager, die den
Konzern knapp 3 Milliarden Euro kosteten, dienten so lediglich als
Anlass, um das Unternehmen völlig umzubauen und profitabler zu
machen. Im vergangenen Jahr erzielte Siemens bei einem Umsatz von
72 Milliarden Euro einen Rekordprofit von 5,5 Milliarden Euro.
Dasselbe blüht nun auch VW. Eine Schlüsselrolle spielen dabei, wie
schon bei Siemens, die Gewerkschaft IG Metall und der von ihr domi-
nierte Betriebsrat.
Es gibt seit langem Klagen, dass der Gewinn des Volkswagenkon-
zerns, insbesondere der Stammmarke VW, viel zu gering sei. In den
vergangenen Jahren hatte vor allem das Chinageschäft, wo der Kon-
zern in den vergangenen Jahren mehr Autos verkaufte als in der Euro-
päischen Union, für Wachstum und Gewinne gesorgt. Mit der Krise in
China ist dies nun akut bedroht.
Diese Frage stand nicht zuletzt hinter dem Konflikt zwischen dem
Vorstandschef Martin Winterkorn und dem Aufsichtsvorsitzenden
und Großeigentümer Ferdinand Piëch, der im Frühjahr zu Piëchs
Rückzug führte. Die IG Metall hatte sich damals hinter Winterkorn
gestellt. Ihr früherer Vorsitzender Berthold Huber übernahm nach
Piëchs Rückzug kommissarisch die Leitung des Aufsichtsrats. Bereits
davor, im Herbst 2014, hatte der Betriebsrat ein eigenes 5 Milliarden
Euro schweres Sparprogramm vorgelegt, um die Rendite von VW von
zwei auf sechs Prozent zu verdreifachen.
Nach dem Platzen des Manipulationsskandals war Winterkorn kurz
vor der Verlängerung seines Vertrags nicht mehr zu halten. Der Auf-
sichtsrat bestimmte Porsche-Chef Matthias Müller zu seinem Nach-
folger.
Im Aufsichtsrats-Präsidium sitzen bezeichnenderweise drei Ge-
werkschaftsvertreter (der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende
Berthold Huber, Betriebsratschef Bernd Osterloh und sein Stellver-
treter Stephan Wolf), ein gewerkschaftsnaher Sozialdemokrat (der
niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land als
Anteilseigner vertritt) sowie Wolfgang Porsche als Vertreter der Por-
sche-Familie, eines Hauptaktionärs. Der Stuhl des dritten Vertreters
der Kapitalseite ist seit Piëchs Rückzug leer. Huber, der den Aufsichts-
rat und sein Präsidium kommissarisch leitet, ist auch deren eigentli-
cher Kopf.
Huber hatte schon beim Umbau von Siemens eine führende Rol-
le gespielt. Auch in Deutschlands größtem Elektrokonzern war der
IG-Metall-Chef stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. „Er pro-
filierte sich als einer der wichtigsten und emsigsten Aufklärer neben
Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme“, bescheinigt ihm die
Süddeutsche Zeitung. Er war an allen Entscheidungen beteiligt, die zum
Abbau von 130.000 Arbeitsplätzen führten.
Der ehemalige Maoist, der die IG Metall in einen Dienstleistungs-
konzern verwandelte, gilt als Pragmatiker, der nach eigener Aussage
die „Kooperation“ mit den Konzernen dem „Konflikt“ vorzieht. „Mit-
bestimmung verstand er nicht als Opposition, sondern als Möglichkeit
der Gestaltung“, schreibt die Süddeutsche. Sie vergisst zu erwähnen: im
Interesse der Aktionäre.
Dieselbe Rolle, davon ist die Zeitung überzeugt, wird Huber ge-
meinsam mit seinen Kollegen im Betriebsrat nun auch bei VW wieder
spielen: „Nun muss er wieder einmal ausmisten, der pragmatischste
Gewerkschafter des Landes.“
VW Turm, Werk Wolfsberg (Bild: Jörg Sabel, Pixelio.de)
Abonniert die Autoarbeiter Info und lest die World Socialist Web Site (wsws.org/de)
Autoarbeiter Info: www.autoarbeiter.info Nehmt Kontakt mit uns auf: auto@gleichheit.de
V.i.S.d.P.: L.Niethammer, Postfach 040144, 10061 Berlin
Dietmar Henning
WSWS.ORGAUTOARBEITER INFO Word Socialist Web Site
USA: Autoarbeiter rebellieren gegen Gewerkschaft
In den USA rebellieren die Autoarbeiter gegen die Gewerkschaft
UAW (United Auto Workers). Die Socialist Equality Party (SEP)
in den USA kämpft dafür, diese Rebellion zu einer politisch bewussten
Bewegung zu entwickeln, die sich nicht nur gegen die UAW und ihre
Vereinbarung mit dem Fiat-Chrysler-Konzern richtet, sondern gegen
das gesamte kapitalistische System.
Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne und UAW-Chef Dennis
Williams hatten am 17. September auf einer gemeinsamen Pressekon-
ferenz über den Vertrag informiert, den sie hinter dem Rücken der
Arbeiter ausgehandelt hatten. Die UAW hatte sich anfangs geweigert,
den Arbeitern den Vertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren, über den
sie abstimmen sollten, vorher überhaupt vorzulegen. Sie bot lediglich
eine Kurzfassung mit den angeblichen „Highlights“ an, die die wesent-
lichen Punkte der Vereinbarung schönfärbte.
Die Arbeiter reagierten mit massiven Protesten. Sie machten sich
die Forderung des WSWS-Autoarbeiter-Newsletters zu eigen, der zu
Tausenden versandt und verteilt worden war, und forderten die Aus-
händigung des gesamten Vertrags.
Die UAW sah sich daraufhin gezwungen, den Vertag vollständig auf
ihrer Website zu veröffentlichen. Doch der dreiteilige Vertrag umfass-
te rund 1000 Seiten, so dass ihn die Arbeiter unmöglich vor der Ab-
stimmung lesen konnten.
Hauptpunkt des Vertrags ist die Beibehaltung des verhassten
Zwei-Klassen-Lohnsystems (two-tier-wage-system). Ältere, besser
bezahlte Arbeiter (tier-one) sollen im Lauf von vier Jahren eine Lohn-
erhöhung von 3 Prozent erhalten, was eine Reallohnsenkung bedeu-
tet, nachdem sie schon seit mehr als zehn Jahren keine Lohnerhöhung
mehr erhalten hatten.
Die jüngeren, schlechter bezahlten Arbeiter (tier-two) sollen eine
leichte Lohnsteigerung erhalten. Im Jahre 2022 (!) soll ihr Stunden-
lohn dann rund 25 Dollar betragen, weniger als die älteren Arbeiter
jetzt verdienen.
Arbeiter beim Tochterunternehmen Mopar (Ersatzteil- und Kun-
denservice-Center) erhalten sogar noch weniger. „Die UAW sagte, sie
wolle das Zwei-Klassen-System abschaffen“, sagte Ed, ein älterer Au-
toarbeiter der WSWS. „Nun haben wir drei Klassen.“
Als Gegenleistung für ihre Zustimmung zu den dauerhaft niedrigen
Löhnen wird der UAW die betrieblich finanzierte Krankenversorgung
ausgehändigt. Zusätzlich zu dem 60 Milliarden Dollar schweren Ren-
tenfonds VEBA, den die UAW bereits übernommen hat, werden der
Gewerkschaft damit weitere zig Milliarden übertragen.
Sie dienen vor allem der persönlichen Bereicherung der UAW-Funk-
tionäre. Für die Arbeiter bedeutet die Übertragung dagegen Kürzun-
gen bei ihrer medizinischen Versorgung, für die die UAW verantwort-
lich sein wird. Bei den Renten hat sie dies bereits vorexerziert.
„Die UAW will noch mehr Geld in ihre Hände bekommen“, kom-
mentierte ein Ford-Arbeiter aus Louisville, Kentucky, diese Vereinba-
rung. „Die Arbeiterklasse wird das teuer bezahlen.“
Ein Kollege aus Sterling Heights, Michigan, fügte hinzu: „Wenn die
UAW uns ansieht, haben sie Dollarzeichen in den Augen.“
„Die UAW liegt mit dem Management in einem Bett“, sagte ein
Fordarbeiter aus Lima, Ohio.
Die Fiat-Chrysler-Arbeiter haben in allen Werken bis auf weni-
ge Ausnahmen – und diese gehen wohl eher auf Manipulationen der
UAW zurück – den Vertrag mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.
In den Fabriken ist es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen
UAW-Vertretern und den Arbeitern gekommen. Arbeiter des LKW-
Werks in Warren bei Detroit berichteten, die Gewerkschaft habe sie
davor gewarnt, mit „Nein“ zu stimmen. Sonst würden sie alle ihre Jobs
verlieren.
In Kokomo, Indiana, weigerte sich die Gewerkschaft auf einer Be-
triebsversammlung, Fragen der Arbeiter zu beantworten. In Sterling
Heights rief die UAW die Polizei, um Unterstützer der SEP daran zu
hindern, den WSWS-Autoarbeiter-Newsletter zu verteilen. Darin rief
die SEP zur Ablehnung des Vertrags und zum Kampf gegen die UAW
auf. Die UAW schrie einen Arbeiter, der aus dem Newsletter zitierte,
nieder und brachte ihn so zum Schweigen.
Die SEP ruft die Arbeiter auf, aus der Zwangsjacke der Gewerk-
schaften auszubrechen und eigene, unabhängige Basis-Komitees zu
gründen. Viele Arbeiter unterstützen dies. Der Arbeiter aus Sterling
Height sagte: „Mit den Basis-Komitees beginnt alles. Jedem, mit dem
ich arbeite, leite ich den WSWS-Autoarbeiter-Newsletter und die Ar-
tikel der WSWS weiter.“
Der Arbeiter aus Lima drückt es so aus: „Jedermann muss den Au-
toarbeiter-Newsletter bekommen. Wir brauchen Treffen, wo immer
wir sie halten können, um allen unabhängig von der Gewerkschaft zu
erklären, was sie erwartet.“
Die UAW, die Auto-Konzerne und auch die US-Regierung unter
Barack Obama werden nun alles daran setzen, die Inhalte des Vertrags
irgendwie durchzusetzen. Es ist daher nicht damit getan, den Vertrag
abzulehnen, so mutig dieser erste Schritt auch war.
Arbeiter bezeichnen die UAW-Funktionäre zu Recht als korrupte
Handlanger des Unternehmens. „Ich möchte gerne wissen, wie viel
Geld [UAW-Chef] Dennis Williams dafür bekommen hat“, sagte etwa
ein Chrysler-Arbeiter aus Toledo der WSWS.
Viele hoffen, die UAW ließe sich irgendwie reformieren. Doch die
UAW ist schon lange keine „Arbeiterorganisation“ mehr, die refor-
miert werden kann. Sie hat heute die Aufgabe, die Arbeiter dem Ka-
pitalismus unterzuordnen, sie zu kontrollieren und die Angriffe der
Konzerne gegen sie durchzusetzen. Sie spielt die Rolle einer Betriebs-
polizei. Dafür erhält sie von den Konzernen Milliarden. Die UAW ist
inzwischen selbst ein Unternehmen, das sich an den Arbeitern berei-
chert.
„Arbeiter, die ihre elementaren Rechte verteidigen“, schreibt der für
Arbeitskämpfe verantwortliche WSWS-Redakteur Jerry White, „ste-
hen nicht nur im Konflikt mit Fiat-Chrysler, den anderen Autokon-
zernen und ihren Handlangern in der UAW. Sie geraten in Konflikt
mit dem gesamten wirtschaftlichen und politischen System, das die
Bedürfnisse der Arbeiterklasse dem Profitstreben der Eigentümer,
der Banken und Konzerne unterordnet.“ Es gehe daher „nicht darum,
‚bessere Gewerkschaften‘ aufzubauen, sondern einen politischen Mas-
senkampf der Arbeiterklasse um die politische Macht zu entwickeln“.
Wissenschaft oder Kriegspropaganda?
Die Wiederkehr des deutschen Militarismus und die Auseinanderset-
zung an der Berliner Humboldt-Universität.
Im Mai 2015 entfachten die Medien einen Sturm gegen kritische Stu-
dierende der Berliner Humboldt-Universität. Die Autoren des anonymen
Blogs „Münkler-Watch“ und die trotzkistische Jugendorganisation
International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) wurden
übel beschimpft und sogar mit „Bombendrohungen und Mordaufrufen“
in Verbindung gebracht, weil sie sich kritisch mit den Professoren
Herfried Münkler (Theorie der Politik) und Jörg Baberowski (Geschichte
Osteuropas) auseinandersetzten.
Dieses Buch geht auf die Hintergründe dieser Auseinandersetzung
ein. Es weist minutiös nach, wie Münkler und Baberowski in ihren
Schriften und öffentlichen Äußerungen für eine aggressive deutsche
Großmachtpolitik und die Verharmlosung deutscher Verbrechen in
beiden Weltkriegen eintreten.
Zu beziehen ist das Buch direkt über den Mehring-Verlag oder im
Buchhandel.
ca. 260 Seiten
Preis: ¤ 9,90
ISBN: 978-3-88634-133-7
Auch als E-Book in Vorbereitung. www.mehring-verlag.de

Weitere ähnliche Inhalte

Andere mochten auch

Question 1 cover
Question 1 coverQuestion 1 cover
Question 1 cover
he4rtlines
 

Andere mochten auch (8)

No Progress on Social Cohesion in Europe
No Progress on Social Cohesion in EuropeNo Progress on Social Cohesion in Europe
No Progress on Social Cohesion in Europe
 
Der europäische Frieden ist in Gefahr!
Der europäische Frieden ist in Gefahr!Der europäische Frieden ist in Gefahr!
Der europäische Frieden ist in Gefahr!
 
Europäisches Antidiskreminierungsgesetz
Europäisches AntidiskreminierungsgesetzEuropäisches Antidiskreminierungsgesetz
Europäisches Antidiskreminierungsgesetz
 
Das neue Gesicht der Öffentlichkeit
Das neue Gesicht der ÖffentlichkeitDas neue Gesicht der Öffentlichkeit
Das neue Gesicht der Öffentlichkeit
 
Question 1 cover
Question 1 coverQuestion 1 cover
Question 1 cover
 
Demokratischer Sozialismus
Demokratischer SozialismusDemokratischer Sozialismus
Demokratischer Sozialismus
 
RechtsauSSenparteien und die Europäische Union
RechtsauSSenparteien und die Europäische UnionRechtsauSSenparteien und die Europäische Union
RechtsauSSenparteien und die Europäische Union
 
Gesellschaftsanalytische Theorien der Sozialen Arbeit
Gesellschaftsanalytische Theorien der Sozialen Arbeit Gesellschaftsanalytische Theorien der Sozialen Arbeit
Gesellschaftsanalytische Theorien der Sozialen Arbeit
 

Ähnlich wie Lehren aus dem Volkswagen-Skandal

Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
cleverunterwegs
 
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
assirk
 
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bed...
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und  gesellschaftliche Bed...Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und  gesellschaftliche Bed...
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bed...
René C.G. Arnold
 

Ähnlich wie Lehren aus dem Volkswagen-Skandal (20)

Wpk2013 chemiebw energiepolitik_bildung_medieninformation
Wpk2013 chemiebw energiepolitik_bildung_medieninformationWpk2013 chemiebw energiepolitik_bildung_medieninformation
Wpk2013 chemiebw energiepolitik_bildung_medieninformation
 
pi942.pdf
pi942.pdfpi942.pdf
pi942.pdf
 
pi942.pdf
pi942.pdfpi942.pdf
pi942.pdf
 
pi942.pdf
pi942.pdfpi942.pdf
pi942.pdf
 
pi942.pdf
pi942.pdfpi942.pdf
pi942.pdf
 
pi942.pdf
pi942.pdfpi942.pdf
pi942.pdf
 
iwd - Wirtschaftspolitik zum Lesen, Teilen und Mitnehmen
iwd - Wirtschaftspolitik zum Lesen, Teilen und Mitnehmeniwd - Wirtschaftspolitik zum Lesen, Teilen und Mitnehmen
iwd - Wirtschaftspolitik zum Lesen, Teilen und Mitnehmen
 
Werkstaettenstudie
WerkstaettenstudieWerkstaettenstudie
Werkstaettenstudie
 
Fusionen und Übernahmen dürften nach der Krise zunehmen
Fusionen und Übernahmen dürften nach der Krise zunehmenFusionen und Übernahmen dürften nach der Krise zunehmen
Fusionen und Übernahmen dürften nach der Krise zunehmen
 
Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
Referat von C. Gaggini: "Eine Anti-Auto-Initiative mehr"
 
Deutsche Automobilindustrie erhält in China einen kräftigen Dämpfer
Deutsche Automobilindustrie erhält in China einen kräftigen DämpferDeutsche Automobilindustrie erhält in China einen kräftigen Dämpfer
Deutsche Automobilindustrie erhält in China einen kräftigen Dämpfer
 
Wpk2015 chemiebw statement_markusscheib
Wpk2015 chemiebw statement_markusscheibWpk2015 chemiebw statement_markusscheib
Wpk2015 chemiebw statement_markusscheib
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
 
nuances Newsletter - November 2014
nuances Newsletter - November 2014nuances Newsletter - November 2014
nuances Newsletter - November 2014
 
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
Prsentation1gmk12329768497393552 1233783512405221 2
 
Management im Umbruch
Management im UmbruchManagement im Umbruch
Management im Umbruch
 
Trendreport 01/2019: Schwerpunkt Plattformen im Kfz-Aftermarket
Trendreport 01/2019: Schwerpunkt Plattformen im Kfz-AftermarketTrendreport 01/2019: Schwerpunkt Plattformen im Kfz-Aftermarket
Trendreport 01/2019: Schwerpunkt Plattformen im Kfz-Aftermarket
 
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bed...
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und  gesellschaftliche Bed...Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und  gesellschaftliche Bed...
Internetbasierte Plattformen: Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bed...
 
Modul 7 - Externe Krisenauslöser - Marktumfeld.pptx
Modul 7  - Externe Krisenauslöser - Marktumfeld.pptxModul 7  - Externe Krisenauslöser - Marktumfeld.pptx
Modul 7 - Externe Krisenauslöser - Marktumfeld.pptx
 
Rede von Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, au...
Rede von Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, au...Rede von Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, au...
Rede von Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, au...
 

Mehr von FESD GKr

Mehr von FESD GKr (20)

Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022Freedom convoy austria 2022
Freedom convoy austria 2022
 
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte MindestsicherungBedarfsorientierte Mindestsicherung
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
 
Gold plaiting
Gold plaiting Gold plaiting
Gold plaiting
 
Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...Was verbindet, was trennt ...
Was verbindet, was trennt ...
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben Rechte
 
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
Nur menschengerecht gestaltete Arbeit ist gute Arbeit !
 
Inequality in europe
Inequality in europeInequality in europe
Inequality in europe
 
Daten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden RohstoffenDaten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
Daten & Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen
 
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_finalEpicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
Epicenter works Stellungnahme_Stg-novelle_2017_294_final
 
Gemeinwohlökonomie
GemeinwohlökonomieGemeinwohlökonomie
Gemeinwohlökonomie
 
Demokratie neu starten
Demokratie neu startenDemokratie neu starten
Demokratie neu starten
 
Schattendorf 1927; Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927;  Demokratie am WendepunktSchattendorf 1927;  Demokratie am Wendepunkt
Schattendorf 1927; Demokratie am Wendepunkt
 
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_webBroschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
Broschuere Patientenrechte Psychiatrie_2013_web
 
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
BERICHT INTERNET-SICHERHEIT - Cert.at jahresbericht-2016
 
A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?A social and democratic Europe?
A social and democratic Europe?
 
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
AK Einladung net_0118_Steuervermeidung_k1
 
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-webJahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
Jahoda-Bauer - Perspektiven Gesamtwerk-2016-web
 
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
Kontrovers 01 09_Finanzkrise2009
 
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den SiegNeoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
Neoliberalismus der Demokraten - Er brachte Trump den Sieg
 
Kinder haben Rechte
Kinder haben RechteKinder haben Rechte
Kinder haben Rechte
 

Kürzlich hochgeladen

Kürzlich hochgeladen (6)

Nr. 1/2024 - Mittelstandsfinanzierung + Nachhaltigkeit
Nr. 1/2024 - Mittelstandsfinanzierung + NachhaltigkeitNr. 1/2024 - Mittelstandsfinanzierung + Nachhaltigkeit
Nr. 1/2024 - Mittelstandsfinanzierung + Nachhaltigkeit
 
Hameln - Gemeinwesenarbeit und Integrationsmanagement.pptx
Hameln - Gemeinwesenarbeit und Integrationsmanagement.pptxHameln - Gemeinwesenarbeit und Integrationsmanagement.pptx
Hameln - Gemeinwesenarbeit und Integrationsmanagement.pptx
 
GWA als Brückenbauerin Hannover Stand 29.4.24 final.pptx
GWA als Brückenbauerin Hannover Stand 29.4.24 final.pptxGWA als Brückenbauerin Hannover Stand 29.4.24 final.pptx
GWA als Brückenbauerin Hannover Stand 29.4.24 final.pptx
 
Migration, Integration und Teilhabe in integrierten Konzepten.pptx
Migration, Integration und Teilhabe in integrierten Konzepten.pptxMigration, Integration und Teilhabe in integrierten Konzepten.pptx
Migration, Integration und Teilhabe in integrierten Konzepten.pptx
 
Götingen JuLeiQua Integration & Gemeinwesenarbeit.pptx
Götingen JuLeiQua Integration & Gemeinwesenarbeit.pptxGötingen JuLeiQua Integration & Gemeinwesenarbeit.pptx
Götingen JuLeiQua Integration & Gemeinwesenarbeit.pptx
 
Hildesheim Präsentation-Ankunftsort LAG Tagung 4-2024.pptx
Hildesheim Präsentation-Ankunftsort LAG Tagung 4-2024.pptxHildesheim Präsentation-Ankunftsort LAG Tagung 4-2024.pptx
Hildesheim Präsentation-Ankunftsort LAG Tagung 4-2024.pptx
 

Lehren aus dem Volkswagen-Skandal

  • 1. Lehren aus dem Volkswagen-Skandal Peter Schwarz WSWS.ORG Oktober 2015 WORLD SOCIALIST WEB SITE Autoarbeiter InfoAutoarbeiter Info Nr. 8 Der Volkswagen-Skandal zieht immer weitere Kreise. Der neben Toyota größte Autobauer der Welt hat nicht nur in den USA ge- zielt Abgaswerte manipuliert. Die zur Täuschung benutzte Software wurde weltweit in elf Millionen Autos eingebaut. Allein in Deutsch- land sind nach Angabe von Verkehrsminister Alexander Dobrindt 2,8 Millionen Autos betroffen. Das sind über 5 Prozent aller zugelasse- nen Kraftfahrzeuge. Im Konzern, dessen Aktienkurs steil abgestürzt ist, rollen die Köpfe. Der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn musste gehen, ebenso einige weitere Topmanager. Doch die kriminelle Energie, die VW aufgewandt hat, um seine Kunden und die Behörden zu täuschen, lässt sich nicht mit dem Fehlverhalten einiger Weniger erklären. Nach Informationen der F.A.Z. wurde die illegale Software bereits 2005 entwickelt, um mit dem Argument der Umweltfreundlichkeit deutsche Diesel-PKWs in den USA zu verkaufen. Da es nicht gelang, die strengen US-Schadstoffgrenzwerte mit technischen Mitteln zu erreichen, griff man zu Täuschung und Manipulation. Angesichts der langen Zeitdauer und der hohen Zahl betroffener Fahrzeuge müssen sehr viele davon gewusst haben. Der Volkswagenkonzern beschäftigt weltweit 600.000 Mitarbeiter und vereint zwölf Marken unter seinem Dach – neben den Massen- herstellern VW, Skoda, Seat und Audi auch Edelmarken wie Porsche, Bentley und Bugatti und die Lastwagenproduzenten Scania und MAN. Volkswagen verdankt seinen Erfolg nicht zuletzt deutscher In- genieurskunst und dem mit ihr verbundenen Ruf der Zuverlässigkeit. Dass diese Ingenieurskunst systematisch eingesetzt wurde, um zu betrügen und zu täuschen, bezeugt nicht nur die kriminelle Energie einzelner VW-Mitarbeiter, sondern die Irrationalität des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, in dem der Konzern operiert. VW ist kein Einzelfall. Auch andere Autokonzerne, wie General Motors und Toyota, und Weltkonzerne wie Siemens haben ähnliche Skandale erlebt. Andere Produzenten von Dieselfahrzeugen – darunter BMW, Opel, Peugeot und Mercedes – stehen im Verdacht, ebenfalls Abgaswerte manipuliert zu haben. Messungen von Umweltorganisationen erge- ben seit Jahren massive Abweichungen des tatsächlichen Oxidaussto- ßes von den Laborwerten. Die betroffenen Unternehmen bestehen zwar darauf, dass dies die Folge von legalen „Tricks“ – wie vollgelade- nen Batterien, überhöhtem Reifendruck und unrealistischen Labor- bedingungen – sei, und nicht von gezielter Manipulation durch eine eigens entwickelte Software wie bei VW. Doch das ist nur ein gradu- eller Unterschied. All diese Konzerne operieren global und stehen unter dem ständi- gen Druck, ihre Rendite zu steigern. Bereits seit den 1980er Jahren ist die kurzfristige Steigerung des Aktienkurses, der shareholder value, und nicht die langfristige Entwicklung der Produktion zum leitenden Prinzip der Wirtschaft geworden. Die Eroberung zusätzlicher Marktanteile, die Steigerung der Ar- beitsproduktivität und die Senkung der Arbeitskosten entscheiden dabei über Aufstieg oder Absturz ganzer Konzerne. Mit der Finanzkrise von 2008 hat dies irrwitzige Ausmaße angenom- men. Die Notenbanken überfluten die Märkte mit billigem Geld, das auf- grund niedriger Zinssätze zu einem erheblichen Teil in die Spekulation mit Aktien fließt. Der DAX, der während der Finanzkrise von seinem bisheri- gen Rekord von 8.000 Punkten unter 4.000 stürzte, hat zwischenzeitlich Werte über 12.000 erreicht. Eine klei- ne Finanzelite hat sich daran maßlos bereichert und besteht darauf, ihren obszönen Reichtum auf Kosten der Arbeiterklasse zu verteidigen. Noch ist nicht abzusehen, wie viele tausende oder zehntausende Arbei- ter als Folge des VW-Skandals ihren Arbeitsplatz verlieren. Aber eines ist bereits sicher, die Steigerung der Ren- dite auf Kosten der Belegschaft geht weiter. Porsche-Chef Matthias Müller, der zum Nachfolger Winterkorns an der Spitze des Gesamtkonzerns ernannt wurde, hat sich für dieses Amt qualifi- ziert, indem er die Umsatzrendite des Die Autoarbeiter in den USA rebellieren gegen die Autoarbeitergewerkschaft UAW. Artikel auf Seite 4
  • 2. WSWS.ORGAUTOARBEITER INFO Word Socialist Web Site Sportwagenherstellers auf 15 Prozent steigerte. Diese Aufgabe hat er nun auch bei VW. Bei einem Hersteller von Luxussportwagen mit Listenpreisen bis zu 768.000 Euro ist dies allerdings leichter, als bei einem Massenproduzenten, bei dem der Konkurrenzdruck wesentlich höher ist. Die Belegschaft von VW wird die Angriffe auf ihre Arbeitsplätze und Einkommen nicht kampflos hinnehmen. Aber sie steht vor dem Problem, dass sich die gewerkschaftlichen Methoden und Organisati- onen der Vergangenheit völlig erschöpft haben. Es gibt keinen anderen Betrieb, in dem die Sozialpartnerschaft und die Klassenzusammenarbeit derart perfektioniert wurden, wie bei VW. IG Metall, Betriebsrat und Management sind praktisch verschmolzen. Der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber leitet den Auf- sichtsrat und gilt als entscheidender Mann im Konzern. Gewerkschaft und Betriebsrat betrachten die Zukunft des Kon- zerns ganz wie die Anteilseigner und das Management vom Stand- punkt seiner internationalen Konkurrenzfähigkeit, koste es, was es wolle. Der Betriebsrat hat deshalb bereits im letzten Jahr einen eige- nen Plan vorgelegt, jährlich 5 Milliarden Euro einzusparen. Die Belegschaft ist nicht nur mit dem Management, sondern auch mit der Gewerkschaft und dem Betriebsrat als Gegner konfrontiert. Um die Arbeitsplätze und die Einkommen zu verteidigen, braucht sie eine völlig neue Strategie.Deren Ausgangspunkt muss der internati- onale Charakter der modernen Produktion sein. Es handelt sich um eine enorm fortschrittliche Entwicklung, die die Leistungsfähigkeit der menschlichen Arbeit stark erhöht und alle materiellen Vorausset- zungen schafft, um Armut und Rückständigkeit auf der ganzen Welt zu überwinden und das materielle und kulturelle Niveau der gesamten Menschheit zu steigern. Aber in den Fesseln des Nationalstaats und des Privateigentums, auf denen der Kapitalismus beruht, verwandelt sie sich ins Gegenteil. Sie wird zum Mittel, die Arbeiter der einzelnen Länder gegeneinander auszuspielen und alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaft- lichen Lebens den unersättlichen Ansprüchen des Finanzkapitals zu unterwerfen. Arbeiter müssen daraus zwei Schlussfolgerungen zie- hen: Um gegen die Angriffe der Unternehmen zu kämpfen, müssen sie mit der nationalistischen Politik der Gewerkschaften brechen, ihre eigenen, unabhängigen Komitees aufbauen und sich international zu- sammenschließen. Und sie müssen die Verteidigung ihrer Rechte und Errungenschaf- ten zum Ausgangspunkt des Kampfs für eine sozialistische Gesell- schaft machen: für Arbeiterkontrolle über die Produktion, für die Vergesellschaftung der Autoindustrie, der großen Konzerne und Ban- ken und für die Reorganisation der gesamten Wirtschaft auf Grund- lage der gesellschaftlichen Bedürfnisse statt der Profitansprüche des Kapitals. KURZNACHRICHTEN Brasilianische Autoarbeiter streiken Anfang August gab Daimler bekannt, 1.500 Arbeiter in dem LKW- und Bus- werk in Sao Bernando do Campo zu entlas- sen. Das Unternehmen forderte seine Ar- beiter auf, „gemeinsame Opfer“ zur Erhal- tung aller 10.000 Arbeitsplätze in der Fabrik zu akzeptieren. Am 24. August traten etwa 7.000 Daimler-Arbeiter in den Streik. Fast alle 10.000 Beschäftigten zeigten in den fol- genden Tagen durch ihre Beteiligung an De- monstrationen und Straßenblockaden Soli- darität mit den Entlassenen. Als weitere 500 Arbeiter entlassen wurden und der Unmut der Arbeiter anwuchs, schalteten sich der „Weltbetriebsrat“ von Daimler unds e i n Vorsitzender Michael Brecht, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Daimler AG ein. Brecht schaffte es, den Streik am 31. August zu beenden. Die entlassenen Arbeiter wurden für zwölf Monate wieder eingestellt. Im Ge- genzug wurde der Lohn für alle Arbeiter um zwanzig Prozent gekürzt. Die Hälfte dieser Reduzierung wurde vom brasilianischen Staat aufgefangen. Gericht verbietet Pilotenstreik Die Entscheidung des Landesarbeitsge- richts Hessen, den Streik der Piloten zu verbieten, ist ein elementarer Angriff auf das Streikrecht und richtet sich gegen alle Arbeiter. Das Streikverbot steht in direktem Zusammenhang zur Verabschiedung des Ge- setzes zur Tarifeinheit und ist Bestandteil ei- ner Kampagne, um massive Lohnsenkungen und Verschlechterungen von Sozialstandards durchzusetzen. Richter Michael Horcher begründete das Streikverbot damit, dass die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit e.V. mit dem Streik nicht nur eine Verbesse- rung der Übergangsversorgung ihrer Mit- glieder erreichen, sondern das „Low-Cost- Konzept“ des Konzerns verhindern wolle. Das sei rechtswidrig. Mit anderen Worten: Wenn Unternehmen Billigfirmen gründen und in diesen die Löhne und Gehälter um 40 Prozent und mehr senken, bei gleichzeitiger Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, dann dürfen Arbeiter nicht dagegen streiken. Welchen Sinn hat das Streikrecht noch, wenn es nicht mehr gegen Unternehmenspraktiken eingesetzt werden darf, die ausdrücklich da- rauf abzielen, Beschäftigte zu spalten, Billig- löhne durchzusetzen und damit die Tarifver- träge zu untergraben und auszuhebeln? Outokumpu-Edelstahlwerk ge- schlossen Am 23. Juni wurde mit dem Bochumer Werk des finnischen Edelstahlriesen Ou- tokumpu ein weiterer der einst zahlreichen Industriestandorte im Ruhrgebiet geschlos- sen. Die Rumpfbelegschaft, die zuletzt noch im Werk arbeitete und aus etwa 230 Beschäf- tigten bestand, wurde zum großen Teil ent- lassen. 80 Mitarbeiter schieden mit Vorruhe- standsregelungen aus, 40 weitere Beschäftig- te, unter ihnen viele Auszubildende, wurden ohne weitere Regelungen entlassen. Rund 120 Arbeiter erledigen noch Restarbeiten, bevor auch sie gehen müssen. Bei Übernah- me des Werks durch Outokumpu 2012 gab es noch eine 450-köpfige Belegschaft. Auf- grund eines von IG Metall, Betriebsrat und Unternehmen ausgehandelten Sozialplans wechselte der größte Teil in den vergangenen Jahren zu anderen Konzernen, hauptsächlich zum ThyssenKrupp-Konzern in Duisburg. IG Metall und Betriebsrat hielten mit vagen Versprechungen zur Arbeitsplatzsicherung die Beschäftigten ruhig, während das Werk auf Raten geschlossen wurde. Von den einst fünf Edelstahlwerken von Outokumpu in Deutschland bleiben die Standorte in Krefeld, Dahlerbrück sowie in Dillenburg. Auch dort sind weitere Einschnitte zu erwarten. Kita-Streik: Ausverkauf 2.0 Ende September haben die Gewerkschaf- ten Verdi, GEW und dbb (Deutscher Beamtenbund) im Kita-Tarifkonflikt mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (VKA) für 240.000 Erzieherinnen, Sozialarbeiter, Be- hindertenhelfer und Kinderpfleger praktisch denselben Knebelvertrag wie schon beim Schlichterspruch vom 22. Juni vereinbart. Diesen Spruch hatten die Mitglieder aller drei Gewerkschaften mit überwältigender Mehr- heit abgelehnt. Trotzdem unterscheidet sich das neue Verhandlungsergebnis praktisch nicht vom Juni-Vorschlag. Mit einer fünfjäh- rigen Friedenspflicht verpflichtet es die Be- schäftigten, bis Ende Juni 2020 auf jeden wei- teren Kampf um eine höhere Eingruppierung zu verzichten. Das Gesamtvolumen bleibt praktisch gleich. Nach VKA-Angaben beläuft es sich auf 315 Millionen Euro, d.h. nicht einmal neun Millionen Euro mehr als zuvor. Die Zuwächse für die einzelnen Gruppen be- wegen sich zwischen einem und viereinhalb Prozent, was vom Ziel einer zehnprozenti- gen Aufwertung meilenweit entfernt ist. Das Ganze ist eine Verhöhnung der Mitglieder. Die Gewerkschaftsführung ist entschlossen, die Kontrolle zu wahren und keine weitere Eskalation des Tarifkonflikts zuzulassen.
  • 3. AUTOARBEITER INFOWSWS.ORGWord Socialist Web Site VW bereitet Konzernumbau auf Kosten der Belegschaft vor Peter Schwarz Das volle Ausmaß und die Verantwortlichen für die Manipulati- on von Abgaswerten bei Volkswagen sind noch nicht bekannt, da werden bereits erste Forderungen laut, den Skandal als Chance zu nutzen, um den Konzern gründlich umzubauen, neu aufzustellen und profitabler zu gestalten. Leidtragende werden die 600.000 Mitarbeiter sein, die VW weltweit in 119 Fabriken beschäftigt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung macht als Ursache der Mani- pulationen nicht die kriminelle Energie aus, mit der VW und andere Großkonzerne um Marktanteile und Profite kämpfen, sondern man- gelnde Corporate Governance und Transparenz sowie eine falsche Unternehmensstruktur. „Die unbequemen Fragen werden nicht ge- stellt. Dinge, die eigentlich längst hätten angepackt werden müssen, werden auf die lange Bank geschoben“, erklärt das Sprachrohr der Frankfurter Börse. Die Süddeutsche Zeitung verkündet in einem Leitkommentar: „Auch wenn der Prozess schmerzhaft und langwierig ist, am Ende kann die Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden. Aber der Wandel muss grundlegend sein.“ Als Vorbild für die notwendigen Veränderungen nennt die Süddeut- sche den Siemens-Konzern: „Siemens beispielsweise wurde von einem tiefen Korruptionsskandal erschüttert. Vor allem auf Druck der ame- rikanischen Behörden hat der Konzern neue Strukturen und Ethik- richtlinien eingeführt. Das Siemens von heute ist mit dem Siemens von damals nicht mehr zu vergleichen.“ Das stimmt, wie jeder Siemens-Beschäftigte bestätigen kann. Seit vor acht Jahren der Korruptions- und Schmiergeldskandal platzte, jagte ein Umstrukturierungsprogramm das nächste. Das Management wurde ausgetauscht, die Belegschaft ausgedünnt und die Arbeitshetze an die Grenze des Unerträglichen gesteigert. Arbeiteten 2006 noch 475.000 Beschäftigte bei Siemens, waren es Anfang dieses Jahres ge- rade noch 342.000. Weitere 13.500 sind in diesem Jahr zum Abschuss freigegeben. Die kriminellen Machenschaften der Siemens-Manager, die den Konzern knapp 3 Milliarden Euro kosteten, dienten so lediglich als Anlass, um das Unternehmen völlig umzubauen und profitabler zu machen. Im vergangenen Jahr erzielte Siemens bei einem Umsatz von 72 Milliarden Euro einen Rekordprofit von 5,5 Milliarden Euro. Dasselbe blüht nun auch VW. Eine Schlüsselrolle spielen dabei, wie schon bei Siemens, die Gewerkschaft IG Metall und der von ihr domi- nierte Betriebsrat. Es gibt seit langem Klagen, dass der Gewinn des Volkswagenkon- zerns, insbesondere der Stammmarke VW, viel zu gering sei. In den vergangenen Jahren hatte vor allem das Chinageschäft, wo der Kon- zern in den vergangenen Jahren mehr Autos verkaufte als in der Euro- päischen Union, für Wachstum und Gewinne gesorgt. Mit der Krise in China ist dies nun akut bedroht. Diese Frage stand nicht zuletzt hinter dem Konflikt zwischen dem Vorstandschef Martin Winterkorn und dem Aufsichtsvorsitzenden und Großeigentümer Ferdinand Piëch, der im Frühjahr zu Piëchs Rückzug führte. Die IG Metall hatte sich damals hinter Winterkorn gestellt. Ihr früherer Vorsitzender Berthold Huber übernahm nach Piëchs Rückzug kommissarisch die Leitung des Aufsichtsrats. Bereits davor, im Herbst 2014, hatte der Betriebsrat ein eigenes 5 Milliarden Euro schweres Sparprogramm vorgelegt, um die Rendite von VW von zwei auf sechs Prozent zu verdreifachen. Nach dem Platzen des Manipulationsskandals war Winterkorn kurz vor der Verlängerung seines Vertrags nicht mehr zu halten. Der Auf- sichtsrat bestimmte Porsche-Chef Matthias Müller zu seinem Nach- folger. Im Aufsichtsrats-Präsidium sitzen bezeichnenderweise drei Ge- werkschaftsvertreter (der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Berthold Huber, Betriebsratschef Bernd Osterloh und sein Stellver- treter Stephan Wolf), ein gewerkschaftsnaher Sozialdemokrat (der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land als Anteilseigner vertritt) sowie Wolfgang Porsche als Vertreter der Por- sche-Familie, eines Hauptaktionärs. Der Stuhl des dritten Vertreters der Kapitalseite ist seit Piëchs Rückzug leer. Huber, der den Aufsichts- rat und sein Präsidium kommissarisch leitet, ist auch deren eigentli- cher Kopf. Huber hatte schon beim Umbau von Siemens eine führende Rol- le gespielt. Auch in Deutschlands größtem Elektrokonzern war der IG-Metall-Chef stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. „Er pro- filierte sich als einer der wichtigsten und emsigsten Aufklärer neben Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme“, bescheinigt ihm die Süddeutsche Zeitung. Er war an allen Entscheidungen beteiligt, die zum Abbau von 130.000 Arbeitsplätzen führten. Der ehemalige Maoist, der die IG Metall in einen Dienstleistungs- konzern verwandelte, gilt als Pragmatiker, der nach eigener Aussage die „Kooperation“ mit den Konzernen dem „Konflikt“ vorzieht. „Mit- bestimmung verstand er nicht als Opposition, sondern als Möglichkeit der Gestaltung“, schreibt die Süddeutsche. Sie vergisst zu erwähnen: im Interesse der Aktionäre. Dieselbe Rolle, davon ist die Zeitung überzeugt, wird Huber ge- meinsam mit seinen Kollegen im Betriebsrat nun auch bei VW wieder spielen: „Nun muss er wieder einmal ausmisten, der pragmatischste Gewerkschafter des Landes.“ VW Turm, Werk Wolfsberg (Bild: Jörg Sabel, Pixelio.de)
  • 4. Abonniert die Autoarbeiter Info und lest die World Socialist Web Site (wsws.org/de) Autoarbeiter Info: www.autoarbeiter.info Nehmt Kontakt mit uns auf: auto@gleichheit.de V.i.S.d.P.: L.Niethammer, Postfach 040144, 10061 Berlin Dietmar Henning WSWS.ORGAUTOARBEITER INFO Word Socialist Web Site USA: Autoarbeiter rebellieren gegen Gewerkschaft In den USA rebellieren die Autoarbeiter gegen die Gewerkschaft UAW (United Auto Workers). Die Socialist Equality Party (SEP) in den USA kämpft dafür, diese Rebellion zu einer politisch bewussten Bewegung zu entwickeln, die sich nicht nur gegen die UAW und ihre Vereinbarung mit dem Fiat-Chrysler-Konzern richtet, sondern gegen das gesamte kapitalistische System. Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne und UAW-Chef Dennis Williams hatten am 17. September auf einer gemeinsamen Pressekon- ferenz über den Vertrag informiert, den sie hinter dem Rücken der Arbeiter ausgehandelt hatten. Die UAW hatte sich anfangs geweigert, den Arbeitern den Vertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren, über den sie abstimmen sollten, vorher überhaupt vorzulegen. Sie bot lediglich eine Kurzfassung mit den angeblichen „Highlights“ an, die die wesent- lichen Punkte der Vereinbarung schönfärbte. Die Arbeiter reagierten mit massiven Protesten. Sie machten sich die Forderung des WSWS-Autoarbeiter-Newsletters zu eigen, der zu Tausenden versandt und verteilt worden war, und forderten die Aus- händigung des gesamten Vertrags. Die UAW sah sich daraufhin gezwungen, den Vertag vollständig auf ihrer Website zu veröffentlichen. Doch der dreiteilige Vertrag umfass- te rund 1000 Seiten, so dass ihn die Arbeiter unmöglich vor der Ab- stimmung lesen konnten. Hauptpunkt des Vertrags ist die Beibehaltung des verhassten Zwei-Klassen-Lohnsystems (two-tier-wage-system). Ältere, besser bezahlte Arbeiter (tier-one) sollen im Lauf von vier Jahren eine Lohn- erhöhung von 3 Prozent erhalten, was eine Reallohnsenkung bedeu- tet, nachdem sie schon seit mehr als zehn Jahren keine Lohnerhöhung mehr erhalten hatten. Die jüngeren, schlechter bezahlten Arbeiter (tier-two) sollen eine leichte Lohnsteigerung erhalten. Im Jahre 2022 (!) soll ihr Stunden- lohn dann rund 25 Dollar betragen, weniger als die älteren Arbeiter jetzt verdienen. Arbeiter beim Tochterunternehmen Mopar (Ersatzteil- und Kun- denservice-Center) erhalten sogar noch weniger. „Die UAW sagte, sie wolle das Zwei-Klassen-System abschaffen“, sagte Ed, ein älterer Au- toarbeiter der WSWS. „Nun haben wir drei Klassen.“ Als Gegenleistung für ihre Zustimmung zu den dauerhaft niedrigen Löhnen wird der UAW die betrieblich finanzierte Krankenversorgung ausgehändigt. Zusätzlich zu dem 60 Milliarden Dollar schweren Ren- tenfonds VEBA, den die UAW bereits übernommen hat, werden der Gewerkschaft damit weitere zig Milliarden übertragen. Sie dienen vor allem der persönlichen Bereicherung der UAW-Funk- tionäre. Für die Arbeiter bedeutet die Übertragung dagegen Kürzun- gen bei ihrer medizinischen Versorgung, für die die UAW verantwort- lich sein wird. Bei den Renten hat sie dies bereits vorexerziert. „Die UAW will noch mehr Geld in ihre Hände bekommen“, kom- mentierte ein Ford-Arbeiter aus Louisville, Kentucky, diese Vereinba- rung. „Die Arbeiterklasse wird das teuer bezahlen.“ Ein Kollege aus Sterling Heights, Michigan, fügte hinzu: „Wenn die UAW uns ansieht, haben sie Dollarzeichen in den Augen.“ „Die UAW liegt mit dem Management in einem Bett“, sagte ein Fordarbeiter aus Lima, Ohio. Die Fiat-Chrysler-Arbeiter haben in allen Werken bis auf weni- ge Ausnahmen – und diese gehen wohl eher auf Manipulationen der UAW zurück – den Vertrag mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. In den Fabriken ist es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen UAW-Vertretern und den Arbeitern gekommen. Arbeiter des LKW- Werks in Warren bei Detroit berichteten, die Gewerkschaft habe sie davor gewarnt, mit „Nein“ zu stimmen. Sonst würden sie alle ihre Jobs verlieren. In Kokomo, Indiana, weigerte sich die Gewerkschaft auf einer Be- triebsversammlung, Fragen der Arbeiter zu beantworten. In Sterling Heights rief die UAW die Polizei, um Unterstützer der SEP daran zu hindern, den WSWS-Autoarbeiter-Newsletter zu verteilen. Darin rief die SEP zur Ablehnung des Vertrags und zum Kampf gegen die UAW auf. Die UAW schrie einen Arbeiter, der aus dem Newsletter zitierte, nieder und brachte ihn so zum Schweigen. Die SEP ruft die Arbeiter auf, aus der Zwangsjacke der Gewerk- schaften auszubrechen und eigene, unabhängige Basis-Komitees zu gründen. Viele Arbeiter unterstützen dies. Der Arbeiter aus Sterling Height sagte: „Mit den Basis-Komitees beginnt alles. Jedem, mit dem ich arbeite, leite ich den WSWS-Autoarbeiter-Newsletter und die Ar- tikel der WSWS weiter.“ Der Arbeiter aus Lima drückt es so aus: „Jedermann muss den Au- toarbeiter-Newsletter bekommen. Wir brauchen Treffen, wo immer wir sie halten können, um allen unabhängig von der Gewerkschaft zu erklären, was sie erwartet.“ Die UAW, die Auto-Konzerne und auch die US-Regierung unter Barack Obama werden nun alles daran setzen, die Inhalte des Vertrags irgendwie durchzusetzen. Es ist daher nicht damit getan, den Vertrag abzulehnen, so mutig dieser erste Schritt auch war. Arbeiter bezeichnen die UAW-Funktionäre zu Recht als korrupte Handlanger des Unternehmens. „Ich möchte gerne wissen, wie viel Geld [UAW-Chef] Dennis Williams dafür bekommen hat“, sagte etwa ein Chrysler-Arbeiter aus Toledo der WSWS. Viele hoffen, die UAW ließe sich irgendwie reformieren. Doch die UAW ist schon lange keine „Arbeiterorganisation“ mehr, die refor- miert werden kann. Sie hat heute die Aufgabe, die Arbeiter dem Ka- pitalismus unterzuordnen, sie zu kontrollieren und die Angriffe der Konzerne gegen sie durchzusetzen. Sie spielt die Rolle einer Betriebs- polizei. Dafür erhält sie von den Konzernen Milliarden. Die UAW ist inzwischen selbst ein Unternehmen, das sich an den Arbeitern berei- chert. „Arbeiter, die ihre elementaren Rechte verteidigen“, schreibt der für Arbeitskämpfe verantwortliche WSWS-Redakteur Jerry White, „ste- hen nicht nur im Konflikt mit Fiat-Chrysler, den anderen Autokon- zernen und ihren Handlangern in der UAW. Sie geraten in Konflikt mit dem gesamten wirtschaftlichen und politischen System, das die Bedürfnisse der Arbeiterklasse dem Profitstreben der Eigentümer, der Banken und Konzerne unterordnet.“ Es gehe daher „nicht darum, ‚bessere Gewerkschaften‘ aufzubauen, sondern einen politischen Mas- senkampf der Arbeiterklasse um die politische Macht zu entwickeln“. Wissenschaft oder Kriegspropaganda? Die Wiederkehr des deutschen Militarismus und die Auseinanderset- zung an der Berliner Humboldt-Universität. Im Mai 2015 entfachten die Medien einen Sturm gegen kritische Stu- dierende der Berliner Humboldt-Universität. Die Autoren des anonymen Blogs „Münkler-Watch“ und die trotzkistische Jugendorganisation International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) wurden übel beschimpft und sogar mit „Bombendrohungen und Mordaufrufen“ in Verbindung gebracht, weil sie sich kritisch mit den Professoren Herfried Münkler (Theorie der Politik) und Jörg Baberowski (Geschichte Osteuropas) auseinandersetzten. Dieses Buch geht auf die Hintergründe dieser Auseinandersetzung ein. Es weist minutiös nach, wie Münkler und Baberowski in ihren Schriften und öffentlichen Äußerungen für eine aggressive deutsche Großmachtpolitik und die Verharmlosung deutscher Verbrechen in beiden Weltkriegen eintreten. Zu beziehen ist das Buch direkt über den Mehring-Verlag oder im Buchhandel. ca. 260 Seiten Preis: ¤ 9,90 ISBN: 978-3-88634-133-7 Auch als E-Book in Vorbereitung. www.mehring-verlag.de