Gesellschaftsanalytische Theorien der Sozialen Arbeit
1. GESELLSCHAFTSANALYTISCHE THEORIEN
DER SOZIALEN ARBEIT
VOR DEM HINTERGRUND DER
INDUSTRIALISIERUNG: KARL MARX
Referat im Modul Klassische Theorien der Sozialen Arbeit
Carina Franz | 2. Fachsemester Soziale Arbeit B. A. | Hochschule für Angewandte Wissenschaften München
2. GLIEDERUNG
1. Geschichte
1.1 Historische Entwicklung
1.2 Folgen der Industrialisierung
1.3 Die soziale Frage
2. Karl Marx zur Lösung der sozialen Frage
2.1 Biografie
2.2 Wie kommt es zu den elenden Zuständen in unserer Gesellschaft?
2.3 Bourgeoisie vs. Proletariat
2.4 Historischer Materialismus
2.5 Wie können wir den elenden Zuständen in unserer Gesellschaft nachhaltig abhelfen?
3. Bedeutung für die Soziale Arbeit
4. Fragen zur Diskussion
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3. HISTORISCHE ENTWICKLUNG
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Feudalgesellschaft:
Feudalherren
Leibeigene
Landwirtschaft
Handwerk
Produktion und Konsum an
einem Ort
Großfamilien mit mehreren
Generationen
Klassengesellschaft:
Fabrikbesitzer
Lohnarbeiter
Landflucht: Zuzug in die Städte
Arbeit in Fabriken
Produktion und Konsum an
verschiedenen Orten
Versorgung Armer, Alter, Kranker
sowie unversorgter Kinder???
Wandel
Industrielle Revolution
Erfindung der Dampfmaschine
1769
Bevölkerungsexplosion
Aufhebung von Leibeigenschaft
& Heiratsbeschränkungen
1807
(Vgl. Kuhlmann, 2011, S. 11)
5. FOLGEN DER INDUSTRIALISIERUNG
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Produktion wird gesteigert: Zahl der
Fabriken wächst rasant
zunehmende Konkurrenz, die Fabriken
kämpfen um ihr Überleben und Wachstum
Um Kosten zu minimieren und möglichst
viel Profit zu erzielen, werden die Löhne
niedrig gehalten
Einsatz von Maschinen:
Produktivität steigt
Lohnarbeiter gesucht:
Viele kommen vom Land in die Stadt,
um Arbeit aufzunehmen
Überangebot an Arbeitskräften drückt die
Löhne, es werden Hungerlöhne gezahlt
Männer, Frauen und insbesondere Kinder
als billige Lohnarbeiter ausgenutzt, Lohn
reicht nicht für Ernährung der Familie
Verelendung der Arbeiterklasse
Tradition. Handwerk/ Landwirtschaft
werden unrentabel, viele verlieren
Existenzgrundlage
Fabriken&Fabrikbesitzer
Arbeiter
(Vgl. Kuhlmann, 2011, S. 11f)
6. DIE SOZIALE FRAGE
Die Gesellschaft beschäftigt sich mit der Not der Mitbürger:
Massenarmut, Wohnungsnot Elendsviertel, Kinderarbeit, Verelendung des Proletariats 1
Die Gesellschaft stellt sich die ‚Soziale Frage‘:
„1. Wie kommt es zu den elenden Zuständen in unserer Gesellschaft und
2. wie können wir ihnen nachhaltig abhelfen?“ 2
61 (Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016) 2 (Vgl. Wendt, 2008, S. 7)
8. BIOGRAFIE
1818 geb. in Trier; Vater Jurist, vermögend, gebildet, Religionswechsel der jüdischen Familie
aus beruflichen Gründen
1841 Dissertation in Philosophie, linkes Denken verhindert akademische Laufbahn
1841 Zeitungsredakteur, Probleme mit Zensur, Zeitung wurde 1843 verboten
1843 Frankreich, Journalist für sozialistische Zeitung
1845 Ausweisung aus Frankreich, Übersiedlung nach Belgien
1848 Revolution von 1848: Marx veröffentlicht gemeinsam mit Friedrich Engels das
Kommunistische Manifest
8(Vgl. Schmidt, 1997)
9. BIOGRAFIE
1849 Ausweisung aus Preußen, später aus Paris, Übersiedlung nach London;
erlebt hier Auswirkungen der industriellen Revolution noch intensiver;
Klassenunterschiede Arm – Reich in England bereits sehr stark ausgeprägt
ab 1859 Studium der politischen Ökonomie Marx verfasst Band I „Kapital“ mit Thesen zur
kapitalistischen Produktion (Historischer Materialismus)
1864 Gründung der Sozialistischen Internationale
1876 Auflösung der Internationale
1883 Marx stirbt nach dem Tod seiner Frau (1881) und seiner Tochter (1883)
9(Vgl. Schmidt, 1997)
10. WIE KOMMT ES ZU DEN ELENDEN
ZUSTÄNDEN IN UNSERER GESELLSCHAFT?
Die Arbeit bzw. Wertschöpfung wird den Arbeitern nicht gerecht vergolten -
doch dies ist kein individuelles moralisches Versagen der Kapitalisten
Ursache ist der Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen
Armut ist weder gottgewollt noch individuelles Versagen, sondern Folge von
unterschiedlichen Klasseninteressen: Bourgeoisie und Proletariat
10(Vgl. Kuhlmann, 2011, S. 12)
11. BOURGEOISIE VS. PROLETARIAT
„Die aus dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche
Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, neue
Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt.
Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß sie die
Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei
große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie
und Proletariat. […]
Die bisherigen kleinen Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kaufleute und Rentiers, die
Handwerker und Bauern, alle diese Klassen fallen ins Proletariat hinab, teils dadurch, daß ihr
kleines Kapital für den Betrieb der großen Industrie nicht ausreicht und der Konkurrenz mit den
größeren Kapitalisten erliegt, teils dadurch, daß ihre Geschicklichkeit von neuen Produktions-
weisen entwertet wird.“
11(Marx, 1848, Manifest der Kommunistischen Partei)
12. wirtschaftlicher Reichtum nur von
Arbeiterklasse geschaffen, diese
wird jedoch nicht angemessen
belohnt: Lohn < Wertschöpfung!
Differenz fällt als
Gewinn Kapitalisten zu
(Anhäufung von
Kapital)
Kapitalisten investieren
erneut in Maschinen
und bauen ihre
wirtschaftliche Position aus
Reichtum und Eigentum an
Produktionsmitteln konzentrieren sich in
den Händen zunehmend weniger
Kapitalisten (Monopolbildung)
Schere Arm –
Reich öffnet
sich weiter
Noch mehr
Arbeitsuchende
(Lohndumping*)
12(Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2013)
13. Produktion +
Austausch +
Verteilung der
Produkte
Gesellschaftsordnung
Soziale Gliederung in
Klassen oder Stände
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Was wie produziert und verteilt wird, bestimmt die Gesellschaftsordnung und
die soziale Gliederung in Klassen oder Stände
Ungerechte Produktionsverhältnisse ungerechte Gesellschaftsordnung,
ungerechte Gliederung in Klassen oder Stände
(Vgl. Marx, 1844, MEW 19, S. 210)
HISTORISCHER MATERIALISMUS
14. WIE KÖNNEN WIR DEN ELENDEN ZUSTÄNDEN IN
UNSERER GESELLSCHAFT NACHHALTIG ABHELFEN?
der „Grundwiderspruch der kapitalistischen Produktion“ kann nur durch eine revolutionäre
Erhebung der Arbeiterklasse beseitigt werden: gewaltsamer Sturz der Bourgeoisie1
Hierzu sollen sich die Arbeiter vereinigen
Das Proletariat enteignet die Kapitalisten: Eigentum an Produktionsmitteln wird zu
Gesellschaftseigentum (staatliche Betriebe), Abschaffung des Erbrechts
Schaffung einer klassenlosen Gesellschaft (Endziel: Kommunismus)
öffentliche, unentgeltliche Erziehung, Verbot der Kinderarbeit2
141 (Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2013)
2 (Vgl. Schmidt, 1997)
15. BEDEUTUNG FÜR DIE SOZIALE ARBEIT
Marxistisch orientierte Theorien der Sozialen Arbeit: Ursachen sozialer Probleme vorrangig in
politischen und ökonomischen Verhältnissen zu suchen
1969: erstes bundesweites Treffen der systemkritischen Sozialarbeiter
bis 1975 Arbeitskreise Kritische Sozialarbeit (AKS): Kritik an katastrophalen
Arbeitsbedingungen, der Abhängigkeit von der Sozialbürokratie und der Tatsache, dass sich
die Lage ihrer Klientel zunehmend verschlechterte
marxistisch orientierte Sozialarbeiter betrachten sozialstaatliche Eingriffe als Versuche, die
kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu erhalten - sozialstaatliche Maßnahmen abhängig
von politischen und ökonomischen Gegebenheiten
kritische Sozialarbeiter erhielten teils Berufsverbote, Zugang zu Fachhochschulen erschwert
Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre wurde es zunehmend ruhig um die Vertreter
marxistischer Theorie- und Handlungsansätze in der Sozialen Arbeit
15(Vgl. Burri, 2004)
16. FRAGEN ZUR DISKUSSION
1. Wie sieht es heute mit der Verteilung von Vermögen aus?
2. Wie beeinflussen die ökonomischen Verhältnisse die Entstehung von sozialen Problemen?
(Lassen sich soziale Probleme wie Obdachlosigkeit, Kriminalität allein durch ökonomische
Verhältnisse erklären?)
3. Befeuert Konsumorientierung das kapitalistische System und damit die Öffnung der Schere
Arm - Reich?
4. Was haltet Ihr von einer klassenlosen Gesellschaft?
5. Glaubt Ihr, dass eine Umverteilung von Vermögen nötig ist, damit sich die Menschheit weiter
entwickeln kann?
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17. LITERATURVERZEICHNIS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2016). In die Zukunft gedacht. Bilder und Dokumente zur deutschen
Sozialgeschichte. Industrialisierung und Soziale Frage. https://
www.in-die-zukunft-gedacht.de/de/page/68/epochen-abschnitt/160/epochen.html Zuletzt besucht am: 26.04.2016
Bundeszentrale für politische Bildung (2013). Marxismus.
http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20092/marxismus Zuletzt besucht am: 19.04.2016
Burri, T. (2004). Marxistisch orientierte Theorien der Sozialen Arbeit. http://
www.sopos.org/aufsaetze/40bdb7168aee7/1.phtml Zuletzt besucht am 28.04.2016
Kuhlmann, C. (2011). Geschichte der Sozialen Arbeit. Basa-online. Stand: 16.03.2011
Marx, K. (1844). In Marx-Engels Werke, Band 19, S. 210. Dietz Verlag Berlin, 1962, zitiert nach http://
kulturkritik.net/begriffe/index.php?lex=historischermaterialismus
Marx, K. (1848). Manifest der Kommunistischen Partei. http://
gutenberg.spiegel.de/buch/manifest-der-kommunistischen-partei-4975/3
Schmidt, A. P. (1997). Karl Marx. http://buber.de/christl/unterrichtsmaterialien/marx Zuletzt besucht am 26.04.2016
Wendt, W. R. (2008). Geschichte der Sozialen Arbeit 1. Die Gesellschaft vor der sozialen Frage. (5. Auflage).
Stuttgart: Lucius & Lucius
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