Was kommt nach der Adjudikation?

Till Gross, Dipl.-Ing., LL.M.
Vortrag im Arbeitskreis
Internationales Baurecht

Würzburg, 19. Juli 2019
23 Jahre Anrecht auf Adjudikation in der
britischen Bauindustrie - Zufriedenheit
auf allen Seiten?
German Resolver
Streitlöser, nicht nur für die
Bau- und Immobilienindustrie
Deutsche Gesellschaft
für Baurecht e.V.

Inhalt
1. Was ist Adjudikation?

2. Regelungen in Großbritannien

3. Zur Akzeptanz des Verfahrens

4. Gefahren und Risiken der Adjudikation in UK

5. Neue Tendenzen in Großbritannien

6. Zusammenfassung und weiterführende Infor-
mationen

7. Ende
German Resolver - Was kommt nach der Adjudikation?

1. Was ist Adjudikation?
• Adjudikationist ein außergerichtliches Streitlösungs-
verfahren, bei dem ein externer Schiedsrichter in in
kurzer Zeit eine temporär bindende Entscheidung
fällt.

• Historische Wurzeln in den 70er Jahren zur Beschleu-
nigung von Konflikten in Nachunternehmerverträgen
(Ziel: Erleichterung des Cash Flows)

• Die summarische Bewertung des Konflikts erlaubt,
die Dauer des Verfahrens signifikant zu reduzieren.

• Finale Bindung erst über Gerichtsentscheidung oder
über Arbitration

2. Regelungen in Großbritannien
• Ergebnis des Latham Reports (1994)

• Anrecht zur Adjudikation bei regulären Baumaßnah-
men im Artikel 108 des Housing Grants Construction
and Recreation Act [HGCRA 1996] festgeschrieben

• Gesetzliches Anrecht, innerhalb von 4, maximal 6
Wochen eine temporär bindende Lösung in Konﬂikten
im Baugewerbe zu erreichen.

• Details in Verordnungen auf Landesebene

• Aufhebung ist nur möglich bei (i) Verfahrensfehlern, (in)
bei Befangenheit des Adjudikators oder (iii) oﬀensicht-
licher Ungerechtigkeit der Entscheidung (Verstoß
gegen das Prinzip der Natural Justice)

3. Akzeptanz des Verfahrens
• Jährlich etwa 1.500 Adjudikationsverfahren nach
Einführung des HGCRA [1996]

• Sehr geringe Rate von Beschwerden bzw.
Anfechtungen der Entscheidungen (weniger als 2%
i.M. bis 2019)

• Vorherige Nominierung eines Adjudikators eher
unüblich, überwiegende Nutzung von berufsständi-
schen Vereinigungen, die für den jeweiligen Disput
qualiﬁzierte Entscheider nominieren, Qualitätssiche-
rung und Dokumentation über die administrative
Verantwortung (Royal Charter mit Wurzel in der Magna
Carta von 1215) Quelle: "Twelve years in retrospect" 
Adjudication Reporting Centre at  
Glasgow Caledonian University 2017

Appointing Body
87,4 %
Nachträgliche Einigung
11,3 %
Vertraglich vereinbart
1,3 %
Wie werden Adjudikatoren
nominiert?
Quelle: "Twelve years in retrospect" 
Adjudication Reporting Centre at  

RICS
61 %
RIBA
16 %
ICE
6 %
CIArb
6 %
ACCA
4 %
TECSA
5 %
CIC
3 %
Welche Institutionen
nominieren Adjudikatoren?
Quelle: "Twelve years in retrospect"  
Adjudication Reporting Centre at

Anfechtung der Nominierungen (i.M.):

Vor dem Ende des Verfahrens: 19% (fallend)

Nach dem Ende des Verfahrens: 81% (steigend)

Allgemeine Tendenz: fallend

Andere
8,3 %
Architekten/Ingenieure
26,8 %
Anwälte
23,9 %
Quantity Surveyors
41,0 %
Beruﬂicher Hintergrund der Adjudikatoren in UK


Telefonkonferenz
5 %
Anhörung
26 %
Aktenlage
69 %
Angewandte Prozeduren
in 2012

Hinweis: Die Qualität der

Bauausführung war i.M. nur 
in 5% der Verfahren Auslö- 
ser der Adjudikation. Deshalb  
spielte die Faktenermittlung  
auf der Baustelle eine unterge- 
ordnete Rolle.

keine Entscheidung
5 %
Eingestellt
13 %
Settlement
19 %
Entscheidung
63 %
Ausgang der Verfahren


Kläger
68 %
Beide
11 %
Beklagte/-r
21 %
Welche Partei war am
Ende erfolgreich?


• Der beschränkte Zeitrahmen erlaubt keine diﬀerenzierte
Bewertung der Tatbestände.

• Begrenzte Anfechtungsgründe

• Verschiebung der Streitthemen von der Feststellung von
Zahlungsansprüchen (JCT-Verträge vor 2011) und Freigabe
von Abschlagsrechnungen hin zu komplexeren Themen
in Zusammenhang mit Abschlussrechnungen

• Bessere Zahlungsmoral erlaubt, Probleme heranwachsen
zu lassen.

• Gute Dokumentation in der Vorbereitung steigert die
Erfolgsaussichten für den Kläger, was zum Nachteil für
Beklagte wird
Gründe für den signiﬁkanten Erfolg der Kläger?

5. Aktuelle Tendenzen in Großbritannien
• Tendenz zu vertraglich vereinbarten Systemen zur
Konflikt-Beobachtung und zur Streitvermeidung

• Beispiel 1: Vereinbarung, nicht zu klagen (Conflict
Avoidance Pledge)

• Beispiel 2: Verknüpfung des ResoLex RADAR-
Verfahrens mit dem CAP (Conflict Avoidance
Panel) unter Administration der RICS


• 2014 gegründete Partnerschaft wichtiger berufsständischer
Organisationen (ICE, RIBA, RICS, DRBF), öﬀentlicher Auftraggeber
(TfL, Network Rail) und Bauunternehmen, die sich dazu bekennen

• Verbesserung der Strukturen von standardisierten Bauverträgen
(NEC, JCT), um diese

➡ verständlicher zu machen,

➡ auf den Zweck der Arbeiten anzupassen,

➡ die Werkzeuge zum Vertragsmanagement beschreiben,

➡ das Instrument der frühzeitigen Warnungen enthalten und

➡ praktikable Regelungen zum Umgang mit Änderungen des
Leistungsumfangs enthalten.

• Einführung von Conﬂict Avoidance Panels (CAP), die von den
berufsständischen Organisationen administriert werden und Early
Neutral Evaluations (ENE) erstellen
Conflict Avoidance Pledge

• Partnerschaft der RICS  
und der Management  
Beratung ResoLex mit  
dem Ziel Konflikte in  
Bauprojekten frühzeitig  
zu erkennen und über  
aktives Stakeholder-Management daraus erwachsende
Risiken (Rechtsstreit) auszuschalten

• Erfolgreich eingesetzt beim Bau der Schnellbahnstrecke
von London nach Birmingham und Manchester (HS2)

• Schlüsselvorteil: geeignet für öffentliche Bauvorhaben mit
Beteiligung vieler Parteien (Planer, Baufirmen, TÖB &c.)
ResoLex RADAR & RICS CAP
Copyright: ResoLex

2
STAGEONESTAGETWO
Resolved Internally
Referred
to CAP
Online
Evaluation
Exercise
Expert
Analysis
Report
Monthly
Meetings
Team
Action
Risk
Identification
Action on
issues
identified
Team
input
CAP
• Amicable settlement
• Facilitated negotiation
• Independent, non-binding
recommendation(s)
RES5473 Resolex/RICS Dispute Resolution Brochure 0916 aw1.indd 3 23/09/2016 16:35
Quelle:  
RICS: “Avoiding Risk - Avoiding Disputes - Early Intervention to  
Resolve Disputes, A combined risk analysis and early intervention
service utilising RADAR and Conflict Avoidance Panels (CAPs)“
• Rückmeldung der Teilnehmer zu Zeiten
möglich, die ihnen angenehm sind

• Berichte mit frühzeitigen Warnungen über
erkannte Risiken

• Strikte Wahrung der Vertraulichkeit

• Räumliche Trennung zwischen den den
Teilprozessen

• Begrenzung der Kosten
• Offene Kommunikation zwischen den
Konfliktparteien mit dem Ziel, Kompro-
missmöglichkeiten zu erkunden

• Fachkundige Moderation der
Verhandlungen

• Rückkehr zur Sachebene

• Neutrale Empfehlung des CAP ist nicht
bindend

6. Zusammenfassung
• Adjudikation hat sich in Großbritannien einen festen Platz
unter den alternativen Streitlösungsverfahren eingenommen.

• Adjudikatoren werden meist über berufsständische
Organisationen nominiert, die die Art des Konﬂikts bei der
Auswahl berücksichtigen. Der Anteil der Juristen ist weniger
als ein Viertel.

• Dabei fand ein Übergang von Entscheidungen über
Zahlungsansprüche hin zu komplexeren Themen statt, für die
das Verfahren ursprünglich nicht gedacht war.

• Die begrenzten Möglichkeiten zum Verwerfen einer
Entscheidung gehen oft zu Lasten der Beklagten.

• Als Gegenmaßnahme der Bauherren gewinnen kooperative
Vertragsformen (Lean Management) und frühzeitige, neutrale
Bewertung durch Außenstehende an Bedeutung.

There's a legitimate concern among those
who have really cared about the judiciary that
she does not have a suﬃcient and well-
formed philosophy of adjudication.
Jeﬀ Sessions, Jahrgang 1954, 
Südafrikanischer Politiker und Bauingenieur


6. Zum Nachlesen:
• Sir Michael Latham: „Constructing the Team“ (Latham Report), http://constructingexcellence.org.uk/wp-
content/uploads/2014/10/Constructing-the-team-The-Latham-Report.pdf

• HGCRA [1996], Article 108: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/1996/53/part/II/crossheading/adjudication

• J. M. Trushell: “Twelve years in retrospect“, Adjudication Reporting Centre at Glasgow Caledonian University
[2017], https://www.gcu.ac.uk/cebe/media/gcalwebv2/ebe/Twelve%20Years%20in%20Retrospect.pdf

• S. Hagsheno, N. Münzl, J. Jonath: „Möglichkeiten und Grenzen der Adjudikation als Verfahren der
außergerichtlichen Konfliktlösung im Bauwesen“, KIT, Sept. 2017, http://www.bauindustrie.de/media/
documents/Gutachten_Adjudikation_Summary_final.pdf

• RICS: „Avoiding Risk – Avoiding Disputes – Early Intervention to Resolve Disputes“, https://www.rics.org/
globalassets/rics-website/media/upholding-professional-standards/regulation/drs/resolex-rics-dispute-
resolution-brochure.pdf

• RICS: “Avoiding Risk - Avoiding Disputes - Early Intervention to Resolve Disputes, A combined risk
analysis and early intervention service utilising RADAR and Conflict Avoidance Panels (CAPs)“ https://
www.rics.org/globalassets/rics-website/media/upholding-professional-standards/regulation/drs/rics-radar-
technical-document.pdf

• RICS: Conflict Avoidance Consultancy, https://www.rics.org/de/products/dispute-resolution-service/conflict-
avoidance-consultancy/

• RICS: „Guide to Conflict Avoidance & Dispute Resolution for the Construction and Engineering Industry“,
https://www.rics.org/globalassets/rics-website/media/upholding-professional-standards/regulation/drs/conflict-
avoidance-information-guidance.pdf

• http://www.resolex.com

• Anke Heidemann: „Kooperative Projektabwicklung im Bauwesen unter der Berücksichtigung von Lean-
Prinzipien“, KIT, Juli, 2010, https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000020380

Kontakt:
Till Groß 
Buchenhüll 20 Tel.: +49 8421 9083601 
85072 Eichstätt Mobil: +49 160 98226551

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