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LEITFADEN
zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
Version 08/22
Benjamin Schmidt
bsc@carle.ag
CarlE Aktiengesellschaft
Wir unterstützen in der Planungs- und Ausschreibungsphase, indem wir informieren,
aufklären und unterschiedliche Möglichkeiten zur Anwendung aufzeigen
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
1
Inhalt
Einleitung................................................................................................................................................ 2
1. Planung des Bedarfsverkehrs ......................................................................................................... 3
1.1. Bedarfsverkehrsarten ............................................................................................................. 3
1.2. Einsatzszenarien ..................................................................................................................... 5
1.3. Dimensionierung..................................................................................................................... 6
1.4. Flottenarten zur Durchführung............................................................................................... 7
1.5. Leistungsebenen und Service ................................................................................................. 8
1.6. Leistungsbestandteile............................................................................................................. 8
2. Anforderungen Hintergrundsystem ............................................................................................... 9
2.1. Prinzipielle Softwarekonzeption............................................................................................. 9
2.1.1. Stammdaten ....................................................................................................................... 9
2.2. ÖPNV-Parameter .................................................................................................................. 10
2.3. Schnittstellen........................................................................................................................ 10
2.4. Administration und Support ................................................................................................. 10
2.5. Information und Buchung..................................................................................................... 10
2.6. Fahrtenübermittlung ............................................................................................................ 11
2.7. Qualitätsmanagement.......................................................................................................... 11
2.8. Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure....................................................... 12
3. Anforderungen Kunden-App ........................................................................................................ 13
4. Anforderungen Fahrer-App .......................................................................................................... 13
5. Anforderungen Mobilitätszentrale............................................................................................... 14
6. Anforderungen Fahrbetrieb.......................................................................................................... 14
7. Genehmigungen ........................................................................................................................... 15
8. Ausschreibung .............................................................................................................................. 15
8.1. Laufzeit ................................................................................................................................. 15
8.2. Leistungsnachweise.............................................................................................................. 15
8.3. Vergabekriterien................................................................................................................... 16
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
2
Einleitung
Bedarfsverkehre sind bereits seit vielen Jahren ein unverzichtbarer Teil des öffentlichen Personennah-
verkehrs. Zunehmende Bedeutung erlangen sie durch die zentralen Themen Verkehrswende und der
einhergehenden Digitalisierung, die gemeinsam sowohl neue Begehrlichkeiten in der Bevölkerung und
Politik wecken, aber auch neue Formen von Ideen und Chancen ermöglichen.
Durch das verstärkte Auftreten von On-Demand-Verkehren kommen neue Lösungsansätze ins Spiel,
die allerdings nicht überall eins zu eins übernommen werden können. Gerade in Anbetracht ökologi-
scher und ökonomischer Sinnhaftigkeit sollte hier genau abgewogen werden, ob nicht bestehende Pro-
jekte um Elemente aus On-Demand-Verkehren bereichert und modernisiert werden können.
Es gilt also aus den neuen digitalen Möglichkeiten das zu übernehmen, was für Ihr Projekt sinnvoll ist
und eigene Kombinationen zu finden, die für Ihre Region funktionieren. Zudem dürfen mögliche För-
derungen und bestehende lokale Strukturen nicht außer Acht gelassen werden. So kann ein zu ambi-
tionierter Ansatz in der Zeit bis zum Auslaufen der Förderungen lokalen Akteuren schweren Schaden
zufügen.
Mit diesem Leitfaden möchten wir Ihnen eine Hilfestellung bieten, eigene Ziele zu definieren, um den
für Sie passenden Lösungsansatz für einen Projekterfolg zu finden. Wir beleuchten dazu die derzeitigen
Möglichkeiten und Sie können Ihre passenden Module wählen.
Kapitel 1 beschäftigt sich mit dem Thema Bedarfsverkehr im Allgemeinen sowie Ihrer Zielfindung. Ka-
pitel 2 bis 6 listen potenzielle Anforderungen der einzelnen Leistungsbestandteile auf. Im 7. und 8.
Kapitel finden Sie Informationen zur Genehmigung und Anforderungen an eine Ausschreibung im All-
gemeinen.
Grundlage unserer Empfehlungen sind die Erfahrungen, die wir aus der Begleitung von Bedarfsver-
kehrsprojekten seit 2012 sammeln.
Dieser Leitfaden ersetzt ausdrücklich nicht die von Ihnen zu erstellenden Ausschreibungsunterlagen
und CarlE übernimmt keine Haftung für den Inhalt dieses Dokuments und dessen weiteren Verwen-
dung.
Wir wünschen Ihnen bei der Projektierung Ihres Vorhabens viel Erfolg!
Benjamin Schmidt
CEO CarlE AG
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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1. Planung des Bedarfsverkehrs
1.1. Bedarfsverkehrsarten
Jede Stadt, jeder Landkreis benötigt individuelle Lösungen zur Schließung von Lücken in den Mobili-
tätsketten. Dadurch entstehen keine klaren Definitionen sowie eine Vermischung der Begrifflichkeiten
im Bedarfsverkehr. Der Begriff „Rufbus“ kann beispielsweise sowohl für ALT, AST als auch für On-
Demand-Verkehre genutzt werden.
Um Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten zu geben, kann man drei grundsätz-
liche Richtungen unterscheiden:
Linien- und Fahrplan basiert (Haltestelle zu Haltestelle)
Klassischer Linien(-ersatz)-Verkehr. Fahrbetrieb zu fixen Uhrzeiten und auf festgelegten Linien nur
nach Voranmeldung. Als Anruf-Linien-Transport (ALT) oder Rufbus zu Schwachlastzeiten und in Rand-
gebieten des Bedienungsgebiets eine preiswerte Möglichkeit zur Fahrplanverdichtung, da Kosten nur
bei Nutzung entstehen. Es ist zudem eine sehr einfache und effiziente Variante, um kurzfristig auf tem-
poräre Streckensperrungen oder Personalengpässe zu reagieren.
Fahrplan basiert (Haltestelle zu X)
Von festen und virtuellen Haltestellen zu freien Adressen. Buchung auf fixe Uhrzeiten, um eine hohe
Bündelung („Poolingrate“) der Fahrtwünsche zu erreichen. Ausstiege an (virtuellen) Haltestellen oder
freier Adresse („Haustürservice“). Als nachfragegesteuerter Anruf-Sammel-Transport (AST) oder Ruf-
bus eine preiswerte Alternative in zeitlichen und räumlichen Randgebieten.
Fahrplanunabhängig (Haltestelle zu Haltestelle)
Frei fließender On-Demand-Verkehr innerhalb eines Bediengebiets ohne feste Routen und Abfahrzei-
ten. Pooling verschiedener Fahrtwünsche in ähnliche Richtung zu ähnlichen Zeiten innerhalb eines
Netzes von tatsächlichen und virtuellen Haltestellen. In der Realität geringe Poolingrate, wenn Fahrten
in ähnliche Richtungen zeitversetzt gebucht werden. Dauerhafte Vorhaltung von Fahrzeugen sowie
Kapazitätsbegrenzung notwendig.
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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Beim Erstellen eines Gesamtkonzepts gilt es, die verschiedenen Vor- und Nachteile abzuwägen:
Kriterium Linienersatzverkehr Sammelverkehr On-Demand-Verkehr
Flexibilität in Umset-
zung
Einfache und schnelle
Einrichtung. Über-
nahme von Linien und
Fahrplänen.
Temporärer Ersatzver-
kehr, kurzfristig ein-
richtbar
Einfache Einrichtung.
Übernahme von Halte-
stellen und Fahrplä-
nen.
Ergänzung um vir-
tuelle Haltestellen
Längere Vorlaufzeit für
Konzeptionierung und
Umsetzung
Kundenfreundlichkeit Starre Abfahrzeiten
und Strecken. Aller-
dings Vervielfachung
des Angebots im länd-
lichen Raum
Starre Abfahrzeiten,
dafür Haustürservice.
Über Pooling-Parame-
ter zwischen Wirt-
schaftlichkeit und
Komfort skalierbar
Hoher Komfort durch
flexible Abfahrzeiten
und freie Strecken,
wenn Fahrzeuge ver-
fügbar
Poolingrate Hoch, da Bündelung
an fixen Abfahrtszei-
ten
Hoch, da Bündelung
an fixen Abfahrtszei-
ten
Gering, da freie Zeit-
buchung.
In bestimmten Kon-
stellationen Einzel-
fahrten hintereinan-
der möglich
Beförderungspflicht Voll nachgekommen.
Längere Wartezeiten
bei kurzfristigen Last-
spitzen
Voll nachgekommen.
Längere Wartezeiten
bei kurzfristigen Last-
spitzen
Eingeschränkt wegen
Kapazitätsbegrenzung.
Fahrten können abge-
lehnt werden, falls
kein passendes Fahr-
zeug vorhanden
Kosten Geringe Kosten. Trans-
portkosten fallen nur
bei Abruf von Fahrten
an
Mittlere Kosten. Ent-
stehen nur bei Abruf.
Im städtischen Bereich
bei hoher Frequentie-
rung und konsequen-
ten Pooling-Parame-
tern teils selbsttra-
gend. Höhere Kosten
bei Anbindung entle-
generer Gebiete
Hohe Kosten durch
Vorhaltung von Fahr-
zeugen und Fahrper-
sonal.
Geringe Pooling-Quote
durch freie Abfahrzei-
ten.
Viele Fahrzeuge not-
wendig bei großem
Bediengebiet
Einsatzgebiet/
Skalierung
Großflächig und Land-
kreis übergreifend ein-
setzbar. Einfache,
auch temporäre Er-
weiterungen
Mittlere und städti-
sche Gebiete. Kombi-
nation mehrerer Ge-
biete innerhalb eines
Landkreises möglich
Mittlere und städti-
sche Gebiete. Flächen-
verkehr im ländlichen
Raum erfordert hohe
Fahrzeuganzahl
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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1.2. Einsatzszenarien
Bei der Gestaltung des Einsatzszenarios sollte die wichtigste Frage zu Beginn gestellt werden:
Was ist der Zweck des Bedarfsverkehrs?
Handelt es sich um ein ergänzendes Zusatzangebot, kann der Fokus auf folgenden Kriterien liegen:
• Modernes Angebot über App, ohne telefonische Mobilitätszentrale
• Kapazitätsbegrenzung, keine Beförderungspflicht
• Parallel-Angebot zu bestehenden Verkehren möglich
• Typische Merkmale für On-Demand Verkehre
Bei einem ersetzenden Angebot sind folgende Kriterien von besonderer Bedeutung:
• Zugang für alle über App und telefonische Mobilitätszentrale
• Keine Kapazitätsbegrenzung, hohe Pooling-Rate
• Eventuelle Sperrklausel zu bestehendem Angebot (Konkurrenzsituation vermeiden)
• Typische Merkmale für Sammel- und Linienersatzverkehre
Einsatzszenarien können sein:
Einsatzszenario Ziel Eigenschaften Verkehrsart
Ersatzverkehr • Einsparung unge-
nutzter Kapazitä-
ten
• Kostenreduktion
• Fahrten finden nur auf
Abruf statt
• Keine Kapazitätsbe-
grenzung/Verlässlichkeit
• Linienersatzverkehr
• Sammelverkehr
Anbindung
letzte Meile
• Komfortable An-
bindung an Bus
oder Bahn
• Überwiegend Zu- und
Abbringerfahrten stern-
förmig organisiert
• Wenig direkte Fahrten
• Sammelverkehr
• On-Demand-
Verkehr
Flächenverkehr
im städtischen
Raum
• Zusätzliches und
attraktiveres
ÖPNV-Angebot
• Ersatzverkehr in
Schwachlastzeiten
(Abend, Sonn-
und Feiertag)
• Überwiegend direkte
Fahrten
• Kapazitätsbegrenzung
notwendig
• On-Demand-
Verkehr
• Sammelverkehr
Flächenverkehr
im ländlichen
Raum
• Anbindung an Bus
oder Bahn
• Schaffung direkter
Verbindungen
• Attraktivierung
des Angebots
• Ähnliches Verhältnis
von sternförmig organi-
sierten Fahrten und
Direktfahrten
• Sammelverkehr
• On-Demand-
Verkehr
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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1.3. Dimensionierung
Der benötigte Umfang des Bedarfsverkehrs hängt stark vom Einsatzszenario und den Einwohnerzahlen
der Bediengebiete ab. Weitere maßgebende Faktoren sind der zeitliche Umfang des Angebots sowie
bestehende Strukturen.
Auch die Topografie des Bediengebiets spielt eine Rolle. Im flachen Raum können mehrere Ziele un-
terschiedlicher Linien zu einem Richtungsband oder Sektor zusammengefasst werden. Ist das Bedien-
gebiet von Tälern bestimmt, so bleibt das sternförmige, grundsätzliche Liniennetz weitgehend erhal-
ten.
Einsatzszenario Dimensionierung Durchführung
Ersatzverkehr • Pro Linie ein potenziell zur Verfü-
gung stehendes Fahrzeug
• Bedienzeiten nach Fahrplangerüst &
Erweiterung des Angebots
• Linienbusse auf stark
frequentierten Linien und
Zeiten (Schüler!)
• Private Personenbeför-
derer mit Fahrzeugen von
PKW bis Minibus
Letzte Meile • Pro Richtungsband zwei potenziell
zur Verfügung stehende Fahrzeuge
• Fahrzeiten ausgerichtet auf Fahr-
plangerüst der weiterführenden Ver-
kehre (Bahn und Schnellbus)
• Private Personenbeför-
derer mit Fahrzeugen von
PKW bis Minibus
• Priorisierte, eigens ge-
brandete Fahrzeuge zur
Hauptabdeckung der An-
fragen & private Personen-
beförderer für nicht abge-
deckte Buchungsanfragen
Flächenverkehr im
städtischen Raum
• Ca. 1 Fahrzeug pro 10.000 Ein-
wohner
• Umfängliche Bedienzeiten oder voll
bedienter eingeschränkter Zeitraum
(Abendstunden, Sonn- und
Feiertage)
• Flexible Anpassung an reale Nach-
frage, z.B. Betrieb am Wochenende
in den Abendstunden: 1 Fahrzeug
pro 5.000 Einwohner
• Priorisierte, eigens ge-
brandete Fahrzeuge zur
Hauptabdeckung der An-
fragen & private Personen-
beförderer für nicht abge-
deckte Buchungsanfragen
Flächenverkehr im
ländlichen Raum
• Pro Richtungsband drei potenziell
zur Verfügung stehende Fahrzeuge
• Umfängliche Bedienzeiten oder voll
bedienter eingeschränkter Zeitraum
(Abendstunden, Sonn- und
Feiertage)
• Priorisierte, eigens ge-
brandete Fahrzeuge (wie
ODV) zur Hauptabdeckung
der Anfragen & private
Personenbeförderer für
nicht abgedeckte
Buchungsanfragen
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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1.4. Flottenarten zur Durchführung
Zur Durchführung der Bedarfsverkehre können unterschiedliche Flotten von unterschiedlichen
Betreibern genutzt werden.
Fahrzeugart Einsatz Akteure
• Standardbus
• Midibus
• Linienverkehr
• Ersatzverkehr bei starker
Frequentierung
• Verkehrsbetriebe
• Regionalbusgesellschaften
• Private Busunternehmen
• Minibus • Ersatzverkehr bei mitt-
lerer Frequentierung
• Verkehrsbetriebe
• Private Busunternehmen
• Van
• Shuttle-Fahrzeug
• PKW
• Ersatzverkehr bei schwa-
cher Frequentierung
• Letzte Meile
• Flächenverkehr im städti-
schen und ländlichen
Raum
• Verkehrsbetriebe
• Private Busunternehmen
• Private Personenbeförderer
• Shuttle-Dienstleister
Für einen kostengünstigen Verkehr in der Fläche bietet es sich an, die Buchungsanfragen zum einen
mit einer kleinen Anzahl eigens gebrandeter Shuttle-Fahrzeuge zu bedienen. Die Beförderungsdienst-
leistung kann von den Verkehrsbetrieben selbst oder einer externen Firma durchgeführt werden.
Um eine Ablehnung von Fahrtwünsche zu vermeiden, ist es zum anderen sinnvoll, Überhänge nach
einer gewissen Zeitvorgabe an eine erweiterte Flotte zu vergeben, für die sich lokale Personenbeför-
derer anmelden können. Hier entstehen keine unnötigen Vorhaltekosten, sondern es wird nur nach
Strecke der durchgeführten Fahrt abgerechnet.
Hierzu muss allerdings die Software unterschiedliche Flotten selektieren und die Sonderfahrzeuge
priorisiert vermitteln können. Erst wenn kein Shuttle-Fahrzeug innerhalb eines Zeitkorridors zur Ver-
fügung steht, muss die Flotte automatisch auf den gesamten Fahrzeug-Pool wechseln und den Auftrag
an ein zur Verfügung gemeldetes Fahrzeug vermitteln.
Mit dieser Variante sind die positiven Effekte klassischer Bedarfsverkehre (Verfügbarkeit und keine
Vorhaltungskosten) mit denen von On-Demand-Verkehren (eigene Shuttles, leichte Verfügbarkeit)
kombiniert.
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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1.5. Leistungsebenen und Service
Nun gilt es, die unterschiedlichen Leistungseben und deren Bestandteile zu definieren:
• Wieviel Service soll und kann den Bürgern geboten werden?
• Reicht eine Reduzierung des Zugangs auf eine Abwicklung per App?
• Benötigen Sie als Auftraggeber zusätzliche Dienstleistungen?
Mittels einer eingebundenen Mobilitätszentrale lässt sich der Service auf jeder Leistungsebene ver-
tiefen:
Ebene App Mobilitätszentrale
Informieren & Buchen • Digitale Auskunft &
Buchung
• Einfache und günstige
Umsetzung
• Moderne Ausrichtung
• Nicht für alle erreichbar
• Ausreichend, wenn reines
Zusatzangebot
• Telefonische Beratung & Buchung
• Aufwändigere Umsetzung
• Erweiterung auf 100 %
Erreichbarkeit
• Notwendig bei Streichung und
Ersatzangebot
Abwicklung • Installation & Administra-
tion der Software
• Technischer Support im Zu-
sammenhang mit Software
• Überwachung des Fahrbetriebs
und Eingriff in den Fahrbetrieb
• 24x7 Support für Kunden und
Fahrpersonal
• Zufriedenheitsmanagement für
Kunden
Datenbanken • Statistische Auswertungen
zur Nutzung
• Qualitätsmanagement
Fahrbetrieb
• Fahrtenabrechnung für Leistungs-
erbringer
Fahrbetrieb • Generalunternehmer von
Vorteil
• Aufsplittung auf verschiedene
Leistungserbringer möglich
• Betreuung der Leistungserbringer
Die Erfahrung aus vielen bestehenden Projekten zeigt, dass eine Mobilitätszentrale im Hintergrund
als Ansprechpartnerin und zur Überwachung des Betriebs empfehlenswert ist. Hier wurde bereits in
vielen bestehenden Projekten nachjustiert.
1.6. Leistungsbestandteile
Nach Ihrer Entscheidung über die Ausrichtung und Umsetzung Ihres Bedarfsverkehrs müssen Sie nun
die einzelnen Leistungsbestandteile der Ausschreibung definieren:
1. Software für das Hintergrundsystem (mit Kunden- und Fahrer-App)
2. Betrieb Mobilitätszentrale
3. Fahrbetrieb
a. Betriebsgebiet (Zonen) bezogen
b. Nach Linienbündel
Um einen reibungsloseren Ablauf zu gewährleisten, macht unter Umständen die Zusammenlegung
der Software-Bereitstellung und deren Betrieb Sinn.
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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2. Anforderungen Hintergrundsystem
Das Herzstück der gesamten Konzeption ist stets das Hintergrundsystem. Hier laufen die Fahrtwünsche
ein, werden durch den Algorithmus verarbeitet und an die Fahrzeuge verteilt.
Für einen reibungslosen Ablauf sollte das System über bestimmte Merkmale und Mindestanforderun-
gen verfügen:
2.1. Prinzipielle Softwarekonzeption
Die Software muss optimalerweise Information, Buchung, Disposition und Abwicklung aus einem
System ermöglichen und sich nicht auf parallele Systeme aufteilen.
Komplexe Anforderungen erfordern allerdings eine komplexe Einrichtung und intensive Betreuung. Es
sollte daher die Variante „Software as a Service (SaaS)“ statt Kauf der Software und Hosting auf einem
eigenen Server bevorzugt werden.
Weitere Anforderungen an die Struktur sind:
• Mehrmandantenfähigkeit und Zugangseinschränkungen für Zentrale, Transporteure und
Auftraggeber
• Verschiedene Bedarfsverkehre einzelner Zonen (Linien, Sammelverkehr, On-Demand) müssen
gemeinsam in einem Systemzugang abbildbar sein, anstatt separate Anmeldungen pro Bedien-
gebiet zu erfordern
• Gewährleistung der Einflussnahme des Auftraggebers durch ein offenes System zur freien
Administration anstatt eines Algorithmus in einer Black Box
• System benötigt automatische Löschfunktion um nach definierter Anzahl von Tagen personen-
bezogene Kundendaten (z.B. Name oder Telefonnummer) automatisiert zu löschen
2.1.1. Stammdaten
Die Stammdaten bilden das Rückgrat des Hintergrundsystems. Sie müssen möglichst frei zugänglich
sein und folgende Möglichkeiten bieten:
• Anlage von Datensätzen für Fahrzeuge und Fahrpersonal
• Anlage von Merkmalen und Transportobjekten, die Fahrzeugen und Fahrpersonal zugeordnet
werden können und die Vermittlung beeinflussen (Rollstuhl, Kinderwagen, Gepäck, …)
• Flexible Einrichtung: sowohl Fahrdatenimport aus elektronischen Fahrplanauskünften als auch
manuelle Anlage und Änderung von Datensätzen (Haltestellen, Abfahrzeiten, etc.)
• Erweiterung der offiziellen Haltestellen um frei definierbare virtuelle Haltestellen
• Möglichkeit, mehrere Unternehmer beteiligen zu können, muss durch Flottentrennung
gewährleitet werden
• Selektierung der jeweils verfügbaren Bedarfsverkehre über GPS-Zonen
• Berechnung der Routen über Offline-Kartenmaterial
• Freie Konfiguration der Vermittlungsparameter (wer fährt wann). Mögliche Parameter sollen
beinhalten:
o Anfahrzeit und Anfahrtsweg zum Kunden (Wartezeit)
o Berücksichtigung der Positionierung in Raumsektoren
o Berechnung des Gesamtaufwands aus Besetz-, Rückfahrt- und Leer-Kilometer sowie
der Verweildauer der Fahrgäste im Fahrzeug
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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2.2. ÖPNV-Parameter
Bestimmte Parameter in den Stammdaten sind speziell für Bedarfsverkehre relevant:
• Möglichkeit zur Darstellung verschiedener Formen des Bedarfsverkehrs innerhalb eines
Systems:
o Basierend auf Linien und Fahrplänen
o Haltestelle zu x: Haustürservice ab Haltestellen zu fixen Zeiten
o On-Demand: freie Verfügung Haltestelle zu Haltestelle
• Auftraggeber soll Servicelevel über Parameterjustierung bestimmen können
• Pooling-Algorithmus muss in bestimmten Parametern skalierbar sein:
o Eintreffen beim Kunden x Minuten vor/ nach gebuchter Abfahrzeit
o Maximale Verweildauer im Fahrzeug
o Justierung der Ladekapazität (Personen, Merkmale und Transportobjekte)
• Zubuchung von neuen Aufträgen während bereits begonnener Fahrt
• Filterung von Arbeitszeiten im ÖPNV, um Tariftreue zu gewährleisten
2.3. Schnittstellen
Der Austausch mit anderen Systemen sollte mindestens beinhalten:
• Datenimport aus externen Auskunftssystemen
• Portale und Zugriffsmöglichkeiten für verschiedene Nutzer (Disposition, Transporteur, Aufrag-
geber) auch von extern (Remotezugriff oder über Webanwendung)
• Verknüpfung von Fahrplan-App und Buchungs-App über Deep-Link als erste Stufe
2.4. Administration und Support
Nicht nur die Einrichtung, sondern auch der dauerhafte Betrieb des Systems durch einen externen
Dienstleister sichert Aufrechterhaltung und Stabilität. Der dauerhafte Support sollte beinhalten:
• Administration von Kunden & Leistungserbringern
• Administration von Systemparametern
• Dauerhafter Austausch über Entwicklung und Potentiale mit Auftraggeber als dynamischer
Prozess
• Ausfallsicherheit: Notstrom, USV, LTE-Router
• 24x7 Notdienst bei Hard- und Software-Problemen
2.5. Information und Buchung
In Bezug auf Information und Buchung muss das System diversen Anforderungen entsprechen, hierzu
kann neben der Kunden-App und Fahrer-App zur Fahrtwunschvermittlung auch die telefonische
Annahme und Disposition zählen.
Für eine qualitativ hochwertige Fahrtenannahme in einer Mobilitätszentrale werden folgende Funk-
tionen benötigt:
• Verknüpfung von System und Telefonie mit direkter Rufnummernübernahme in Fahrauftrag
ist wünschenswert
• Erfassung von Daten über Anrufzeit, Zeit bis zur Annahme, Gesprächsdauer oder Dauer bis
zum Anrufabbruch
• Statistische Darstellung des Servicelevels nach Datum und Uhrzeit (24 Stunden Unterteilung)
• Möglichkeit zur Erkennung von Stammkunden über Telefonnummer
• Möglichkeit zur Erstellung von Bandansagen
• Möglichkeit zur Sprachaufzeichnung und automatisierten Zuordnung zum Fahrauftrag
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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• Zuschreibung einer einmaligen Auftrags-ID pro Buchung
• Eingabe in nur ein System, kein Wechsel zwischen verschiedenen Portalen oder Zugängen
• Richtiger Bedarfsverkehr wird anhand der gewählten Strecke erkannt und dem zuständigen
Fahrbetrieb zugeordnet
• Schnelle und fehlerfreie Auftragserfassung durch zugeschnittene Auftragseingabemasken in
maximal 10 - 20 Sekunden
• Eingabe von Abfahrt, Namen, Ziel, Personenanzahl, Merkmale und Transportobjekte
• Information über Abfahrzeiten und Fahrpreise
• Automatischer Bestellstopp nach Ablauf der Vorbestellfrist plus Karenz (keine Auswahl der ab-
gelaufenen Termine möglich)
• Direkte Speicherung im System und umgehende Sichtbarkeit in Unternehmerportal des Fahr-
dienstes
2.6. Fahrtenübermittlung
Im Bereich Fahrtenübermittlung muss die Mobilitätszentrale einen Überblick über sämtliche abge-
wickelten und zukünftigen Fahraufträge erhalten. Weiterhin benötigt sie:
• Möglichkeit zum Ändern und Stornieren der Einzelaufträge vor, während und nach dem Rou-
ting
• Automatisches Routing der Fahraufträge anhand der eingestellten Systemparameter
• Bei einer Überbuchung/Fahrzeugknappheit Möglichkeit zum manuellen Eingriff in Routenpla-
nung. Dies beinhaltet Ändern und Aufteilen von Routen
• Vorabvermittlung durch manuelle Zuteilung der Fahrzeugkennung über Zentrale und Unter-
nehmerportal für einen optimierten Ablauf
• Automatische Vermittlung der Fahraufträge über die Fahrer-App an die als frei gemeldeten
Fahrzeuge nach eingestellten Systemparameter
• Bei Telefonbestellung: Information des Kunden über selbst konfigurierbare SMS mit Angaben
wie in App. Zusätzlich Tracking-Link, um Fahrzeug auf Karte zu orten und um Anfahrt Live zu
verfolgen
• Automatische GPS-Ortung „beim Kunden“ und dadurch erneute Information an Kunden bei
Eintreffen des Fahrzeugs
• Speicherung der Log-Protokolle im System über Fahrtenvermittlung, Eintreffen beim Kunden,
Fahrtbeginn und Fahrtende zur Reklamationsbearbeitung
2.7. Qualitätsmanagement
Die Qualitätskontrolle und Bearbeitung von Kunden-Reklamationen soll optimalerweise innerhalb des
Systems erfolgen:
• Beschwerdefunktion im System integriert. Bei telefonischer Beschwerde wird Auftrag aufge-
rufen und die Aufzeichnung des Telefonats zugeordnet
• Eingabe der Auftrags-ID im Beschwerdeformular
• Direkte Information der hinterlegten Ansprechpartner beim Speichern der Beschwerde
• Standardisierter Ablaufplan bei Beschwerden mit Vergabe von Vorgangsnummern
• Bewertung durch den Kunden nach durchgeführter Fahrt:
o Feedback SMS bei telefonischer Bestellung
o Feedback Popup in App nach durchgeführter Fahrt
• Möglichkeit eines Bonus-/Malus Punktesystems für Fahrdienste oder Fahrer
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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2.8. Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure
Um die lokale Verwaltung zu entlasten, können für Bedarfsverkehre weiterführende Dienstleistungen,
wie Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure, ausgelagert werden.
Sollte die Vergabe an einen Generalunternehmer und/oder zu festen Stundensätzen geplant sein, so
sind diese Leistungen nicht notwendig. Bei Miteinbezug unterschiedlicher privater Personenbeför-
derer, insbesondere bei der Abrechnung nach geleisteter Beförderungsstrecke, muss das System über
eine integrierte Abrechnungsfunktion verfügen:
• Automatische Übertragung der Fahrdatensätze vom System in integrierte Faktura-Software
• Automatische Übertragung der Fahrtstrecke des Fahrzeugs
• Bei Wegstreckenzähler (Mietwagen) oder Taxameter: Übertragung der Daten in System
• Verschiedene Abrechnungstarife können in Stammdaten hinterlegt und im Auftrag durch die
Strecke abgerufen und zugeordnet werden (wichtig, wenn einzelne Linienbündel zu unter-
schiedlichen Tarifen vergeben wurden)
• Vom System berechnete Fahrtkosten als Check zu Taxameter oder Wegstreckenzähler. Abwei-
chungen können gezielt kontrolliert werden
• Sofern gewünscht: Kunde soll Fahrtbeleg z.B. in Fahrer-App digital unterschreiben können
• Bei Rechnungserstellung:
o Abrechnungsprogramm rechnet automatisch Fahrtentgelte dem Fahrpreis gegen
o Möglichkeit zur Aufschlüsselung nach Unternehmer, Linien, etc.
o Deckblatt: Gesamtsumme unter Aufstellung von Fahrpreis, Einnahmen aus Fahrt-
entgelten und Rechnungssumme sowie ausgewiesener Mehrwertsteuer
o Anhang: detaillierte Aufstellung der einzelnen Fahrten mit Auftrags-ID, Start, Ziel,
Fahrpreisen sowie ggf. Unterschriften
o Möglichkeit zur Einzelabrechnung verschiedener Unternehmer durch Dispositions-
zentrale. Dafür wird die Rechnung im Namen des Unternehmers (mit Briefkopf, Steu-
ernummer, etc.) an den Auftraggeber gestellt
• Möglichkeit zum digitalen Rechnungsversand per Mail
Im Fall einer offenen Teilnahme privater Transporteure im Vermittlungspool müssen diese sich, ihre
teilnehmenden Fahrzeuge und Fahrer registrieren. Dies geschieht im Regelfall unter Vorlage der ent-
sprechenden Genehmigungen, TÜV/BO-Kraft-Bericht und Personenbeförderungsschein. Hier sollten
diese wichtigen Daten im Hintergrundsystem hinterlegbar sein, so dass mit deren Ablauf der System-
zugang automatisch gesperrt wird.
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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3. Anforderungen Kunden-App
An das System muss eine Kunden-App angeschlossen sein, die für den gesamten Bedarfsverkehr im
Landkreis genutzt wird. Kunden sollen keine weiteren Apps für Insellösungen benötigen, auch wenn
Bediengebiete unterschiedlich gestaltete und voneinander getrennte Bedarfsverkehre aufweisen.
Neben einer guten Nutzerfreundlichkeit benötigt eine Kunden-App:
• Login und Freischaltung eines Nutzerkontos
• Möglichkeit zum Angebot verschiedener Produkte:
o ALT/AST/Rufbus/On-Demand
o Möglichkeit zur Bestellung anderer Verkehrsdienstleistungen
• Einfache und intuitive Bestellung anhand Start/Ziel
• Darstellung der (virtuellen) Haltestellen auf Karte
• Rückmeldung an Kunden über Fahrzeugkennung, KFZ-Kennzeichen und voraussichtlicher
Ankunftszeit
• Darstellung des anfahrenden Fahrzeugs auf Karte
• Integration verschiedener Zahlungsmöglichkeiten
o Bar
o Kreditkarte
o App-Payment, wie PayPal, etc.
• Hinterlegung von Kreditkarten oder App-Payment im Konto der Kunden-App
• Bei Zahlung mit Kunden-App: automatisierter Belegversand an hinterlegte E-Mail-Adresse
• Trinkgeldfunktion
• Fahrtenbuch mit vergangenen Fahrten
• Vorbestellungen und Abonnementfahrten
• Stornierungsfunktion
4. Anforderungen Fahrer-App
Die Fahrer-App zur Auftragsübermittlung ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags des Fahr-
personals. Zur problemlosen Durchführung der Aufträge sind folgende Mindeststandards notwendig:
• Smartphone-App für Android-Endgeräte
• Login über am System hinterlegte Kennung und Fahrpersonalnummer
• Auswahl des Fahrzeugs, auf dem sich Fahrpersonal anmeldet
• Kommunikation mit System: alle < 20 Sekunden Statusabfrage an Fahrzeuge (Echtzeit)
• Status: frei in Umgebung/positioniert/in Anfahrt/beim Kunden/unterwegs mit Kun-
den/besetzt mit Folgeauftrag
• Zur Sicherstellung der Fahrtannahme durch Fahrpersonal: Voransicht des Auftrags (Header)
wird mit akustischen Signalen dem besten Fahrzeug im System angeboten. Fahrpersonal hat x
Sekunden Zeit zur Bestätigung des Auftrags
• Mit Auftragsbestätigung wird das gesamte Datenpaket an die Fahrer-App übermittelt
• Übermittlung der Einzelaufträge als geroutete Tour in der Sortierung nach Reihenfolge des Ein-
und Ausstiegs
• Integrierte Fahrer-Navigation zu den einzelnen Routenpunkten
• Kommunikation mit der Disposition
• Möglichkeit zur Bearbeitung des Einzelauftrags durch Fahrpersonal (Routenführung über
Offline-Navigation, Storno/Meldung von nicht erschienen)
• Automatische Aktualisierung von Fahraufträgen bei Hinzubuchung von On-Demand-Aufträgen
• Fahrtenabschlussmenü zur Übermittlung der Fahrtgeldeinnahmen ins System
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
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• Bei Miteinbezug von Taxen: Möglichkeit zur automatischen Übermittlung und Zuordnung des
Fahrdatensatzes aus Taxameter zu Auftrag im System sowie dessen nicht änderbare Spei-
cherung
• Weitergehende integrierte Funktionen:
o Meldung von Fahrzeugproblemen und Schäden
o Meldung von Fundsachen
5. Anforderungen Mobilitätszentrale
An eine Mobilitätszentrale müssen folgende Qualitätsstandards gestellt werden:
Ausstattung:
• Call-Center-Erreichbarkeit mindestens während der Betriebszeiten, bei landkreisweiter
Dienstleistung 24x7 Besetzung
• Während den Betriebszeiten Besetzung der Disposition mit mindestens zwei Personen
• Ausstattung der Dispositionszentrale mit mindestens zwei parallelen Arbeitsplätzen
• Sicherheitskonzept für Ausfälle von Server, Internet und Telefonie
• Notstromversorgung
Mitarbeiter:
• Mindestmitarbeiterzahl zur Abdeckung der erforderlichen Schichten in Zentrale
• Schulungskonzept zur Einarbeitung und Fortbildung der Mitarbeiter
• Verantwortlicher für Qualitätsüberwachung und Schulung der Mitarbeiter
• Datenschutzbeauftragter
Referenzen und Qualität:
• Es können Referenzen und Umsatzgrößen zu bisherigen ÖPNV-Tätigkeiten in den letzten drei
Jahren gefordert werden (siehe Punkt 8.3.)
• Nachweis eines Servicelevels von mindestens 85 % angenommener Anrufe innerhalb der
ersten 60 Sekunden
• Kurzkonzept zur Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung
• Datenschutz- und Löschkonzept
6. Anforderungen Fahrbetrieb
Ein Fahrbetrieb als Leistungserbringer muss stets nach PBefG genehmigt sein. Dies beinhaltet neben
dem Nachweis der Fachkunde ebenso Bestimmungen zum Betriebssitz, so dass grundlegende Stan-
dards von vorneherein gesetzt sind.
Die Mindestbetriebsgröße kann anhand der Mindestanzahl an zur Verfügung stehenden Fahrzeugen
definiert werden. Bei einer Planung als Bedarfsverkehr auf Abruf schlagen hier +50 % zu den poten-
ziellen Linien oder Richtungsbändern/Zonen vor.
Sollte es sich um einen Abendverkehr handeln, so schlagen wir auch im Bereich Fahrpersonal analog
dazu +50 % vor, bei einem ganztägigen Verkehr +250 %.
Weitere operative Anforderungen können an den Fahrbetrieb in Bezug auf Anzahl und Beschaffenheit
der Fahrzeuge explizit gestellt werden:
• Maximales Fahrzeugalter
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
15
• Anzahl der Fahrzeuge mit einer Kapazität von mehr als vier Fahrgästen (wir empfehlen min-
destens 20 %)
• Anzahl der rollstuhlgerechten Fahrzeuge (wir empfehlen mindestens 10 %)
Vorgaben zur Anzahl von emissionsfreien Fahrzeugen und deren Reichweite sollten ebenfalls gestellt
werden, allerdings kommt es auf die Intension Ihrer Ausschreibung an. Gibt es etwa politische Zielvor-
gaben, die berücksichtigt werden sollen? Besteht bereits eine gewisse Infrastruktur vor Ort (Personen-
beförderer, zugängliche Ladeinfrastruktur) oder muss alles von Grund auf geschaffen werden?
Grundsätzlich ist ein emissionsfreier Bedarfsverkehr anzustreben. Eine Ad-hoc-Einführung ohne be-
reits bestehende Struktur schlägt sich allerdings in den Kosten nieder. Auch ist die Beschaffungszeit
derzeit außergewöhnlich lang, so dass eine kurzfristige Umsetzung erschwert ist.
Denkbar wäre hier eine Staffelung mit einer jährlichen Steigerung des Anteils emissionsarmer Fahr-
zeuge.
7. Genehmigungen
Die Durchführung von Bedarfsverkehren erfolgt auf Genehmigungsgrundlage des PBefG. Dabei können
zwar sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer Genehmigungsinhaber sein, es sollte aber bereits
über die Anforderungen an den Fahrbetrieb darauf geachtet werden, dass nur nach PBefG geeignete
Unternehmen an der Beförderung teilnehmen können.
Nach §13 und §50 PBefG können Genehmigungsbehörden Bedarfsverkehre einschränken oder unter-
sagen, wenn die Funktionalität des örtlichen Markts beeinträchtigt wird. Es ist daher ratsam, die Ge-
nehmigungsbehörde bereits in der Planungsphase mit einzubeziehen.
8. Ausschreibung
8.1. Laufzeit
Die Laufzeit für Bedarfsverkehre sollte die Anfangsinvestitionen der Leistungserbringer berücksichti-
gen. So lassen sich die Kosten pro Einsatzstunde oder Einsatzkilometer auf einem längeren Zeitraum
reduzieren.
Ein Fahrzeugtausch steht, abhängig vom Nutzungsgrad, in der Regel nach drei bis fünf Jahren an. Es ist
daher empfehlenswert, auf eine Laufzeit von drei Jahren, mit der Option auf zweimalige Verlängerung
um ein Jahr, auszuschreiben.
8.2. Leistungsnachweise
Das Thema Leistungsnachweise in Ausschreibungen wird gerne zur Steuerung von Teilnahmen zur An-
gebotsabgabe herangezogen. Geht es vordergründig um die Aufrechterhaltung eines etwaigen
Qualitätsstandards, kann mit diesem Instrument der Zugang zur Teilnahme an der Ausschreibung ge-
regelt werden.
Letzten Endes sagt die bisherige Abwicklung von Bedarfsverkehren nichts über die abgelieferte Quali-
tät aus, sondern sorgt dafür, dass überregionale Anbieter unter sich bleiben. Zum Beispiel können als
Leistungsnachweis für den Fahrbetrieb die Durchführung von drei On-Demand-Verkehren mit min-
destens 50 Fahrzeugen oder die jährliche Abwicklung von 1.000 Fahrten im Bedarfsverkehr gefordert
werden – das können bundesweit nur eine Handvoll Firmen bewerkstelligen.
Unserer Meinung nach soll so die Teilnahme günstiger lokaler Konkurrenz verhindert werden. Denn je
höher die Leistungsnachweise angesetzt werden, desto eher können kleinere und lokale Unternehmen
oder neue Marktteilnehmer diese nicht vorlegen, da Ihnen schlicht der Marktzugang fehlt – unabhän-
Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren
16
gig von der tatsächlichen Qualität ihrer Dienstleistung und ihrer bisherigen Erfahrung in der Personen-
beförderung.
Qualitätssicherstellung erfolgt bereits über die Anforderungen an das Softwareunternehmen, den
Fahrbetrieb und die Mobilitätszentrale, so dass qualitativ schlechte oder zu kleine Unternehmen be-
rechtigterweise hier gefiltert werden.
Auch vergaberechtlich sehen wir sehr hohe Zugangsvoraussetzungen problematisch, da „Newcomer“
in einem sich erst entwickelnden Markt nicht ausgeschlossen werden dürfen.
8.3. Vergabekriterien
Bei der Vergabe sollte neben der Wirtschaftlichkeit des Angebots auch das Umsetzungskonzept des
Anbieters berücksichtigt werden. Eine Fokussierung auf das günstigste Angebot allein ist nicht
empfehlenswert.
Um die Angebote miteinander vergleichen zu können, müssen von Ihrer Seite eindeutige Vorgaben zur
jeweiligen Leistungsmenge und Leistungstiefe gemacht werden, anhand dessen die Angebote erstellt
werden.
Das Angebot sollte unterteilt werden in Fixkosten (Software, Fahrzeuge, etc.) und variable Kosten
(Lohn, Treibstoff, Unterhalt, etc.). Bei den variablen Kosten sind etwaige Manteltarifverträge, wie etwa
in Baden-Württemberg, zu beachten. Jedes Angebot muss anhand der dort vereinbarten Stundenlöhne
für Bedarfsverkehre auf Seriosität überprüft werden.
Anhand Ihres Lastenhefts werden verpflichtende und optionale Anforderungen definiert, die einen
Vergleich zwischen den Angeboten auch auf qualitativer Ebene ermöglichen. Diese können von den
Bietern in z.B. Betriebs-, Personal- und Optimierungskonzepte dargestellt werden.
Für Ausschreibungen im Bereich Fahrbetrieb hat sich eine Gewichtung von ca. 70 - 75 % pro Wirtschaft-
lichkeit gegenüber 25 – 30 % Betriebskonzept bewährt.
Für die Ausschreibung von Software- und Zentrale-Dienstleistungen sollte ein größerer Spielraum für
Betriebskonzepte gewählt werden. Hier schlagen wir ein Verhältnis von 60 % zu 40 % pro Wirtschaft-
lichkeit vor.

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Leitfaden zur Planung von Bedarfsverkehren.pdf

  • 1. LEITFADEN zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren Version 08/22 Benjamin Schmidt bsc@carle.ag CarlE Aktiengesellschaft Wir unterstützen in der Planungs- und Ausschreibungsphase, indem wir informieren, aufklären und unterschiedliche Möglichkeiten zur Anwendung aufzeigen
  • 2. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 1 Inhalt Einleitung................................................................................................................................................ 2 1. Planung des Bedarfsverkehrs ......................................................................................................... 3 1.1. Bedarfsverkehrsarten ............................................................................................................. 3 1.2. Einsatzszenarien ..................................................................................................................... 5 1.3. Dimensionierung..................................................................................................................... 6 1.4. Flottenarten zur Durchführung............................................................................................... 7 1.5. Leistungsebenen und Service ................................................................................................. 8 1.6. Leistungsbestandteile............................................................................................................. 8 2. Anforderungen Hintergrundsystem ............................................................................................... 9 2.1. Prinzipielle Softwarekonzeption............................................................................................. 9 2.1.1. Stammdaten ....................................................................................................................... 9 2.2. ÖPNV-Parameter .................................................................................................................. 10 2.3. Schnittstellen........................................................................................................................ 10 2.4. Administration und Support ................................................................................................. 10 2.5. Information und Buchung..................................................................................................... 10 2.6. Fahrtenübermittlung ............................................................................................................ 11 2.7. Qualitätsmanagement.......................................................................................................... 11 2.8. Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure....................................................... 12 3. Anforderungen Kunden-App ........................................................................................................ 13 4. Anforderungen Fahrer-App .......................................................................................................... 13 5. Anforderungen Mobilitätszentrale............................................................................................... 14 6. Anforderungen Fahrbetrieb.......................................................................................................... 14 7. Genehmigungen ........................................................................................................................... 15 8. Ausschreibung .............................................................................................................................. 15 8.1. Laufzeit ................................................................................................................................. 15 8.2. Leistungsnachweise.............................................................................................................. 15 8.3. Vergabekriterien................................................................................................................... 16
  • 3. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 2 Einleitung Bedarfsverkehre sind bereits seit vielen Jahren ein unverzichtbarer Teil des öffentlichen Personennah- verkehrs. Zunehmende Bedeutung erlangen sie durch die zentralen Themen Verkehrswende und der einhergehenden Digitalisierung, die gemeinsam sowohl neue Begehrlichkeiten in der Bevölkerung und Politik wecken, aber auch neue Formen von Ideen und Chancen ermöglichen. Durch das verstärkte Auftreten von On-Demand-Verkehren kommen neue Lösungsansätze ins Spiel, die allerdings nicht überall eins zu eins übernommen werden können. Gerade in Anbetracht ökologi- scher und ökonomischer Sinnhaftigkeit sollte hier genau abgewogen werden, ob nicht bestehende Pro- jekte um Elemente aus On-Demand-Verkehren bereichert und modernisiert werden können. Es gilt also aus den neuen digitalen Möglichkeiten das zu übernehmen, was für Ihr Projekt sinnvoll ist und eigene Kombinationen zu finden, die für Ihre Region funktionieren. Zudem dürfen mögliche För- derungen und bestehende lokale Strukturen nicht außer Acht gelassen werden. So kann ein zu ambi- tionierter Ansatz in der Zeit bis zum Auslaufen der Förderungen lokalen Akteuren schweren Schaden zufügen. Mit diesem Leitfaden möchten wir Ihnen eine Hilfestellung bieten, eigene Ziele zu definieren, um den für Sie passenden Lösungsansatz für einen Projekterfolg zu finden. Wir beleuchten dazu die derzeitigen Möglichkeiten und Sie können Ihre passenden Module wählen. Kapitel 1 beschäftigt sich mit dem Thema Bedarfsverkehr im Allgemeinen sowie Ihrer Zielfindung. Ka- pitel 2 bis 6 listen potenzielle Anforderungen der einzelnen Leistungsbestandteile auf. Im 7. und 8. Kapitel finden Sie Informationen zur Genehmigung und Anforderungen an eine Ausschreibung im All- gemeinen. Grundlage unserer Empfehlungen sind die Erfahrungen, die wir aus der Begleitung von Bedarfsver- kehrsprojekten seit 2012 sammeln. Dieser Leitfaden ersetzt ausdrücklich nicht die von Ihnen zu erstellenden Ausschreibungsunterlagen und CarlE übernimmt keine Haftung für den Inhalt dieses Dokuments und dessen weiteren Verwen- dung. Wir wünschen Ihnen bei der Projektierung Ihres Vorhabens viel Erfolg! Benjamin Schmidt CEO CarlE AG
  • 4. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 3 1. Planung des Bedarfsverkehrs 1.1. Bedarfsverkehrsarten Jede Stadt, jeder Landkreis benötigt individuelle Lösungen zur Schließung von Lücken in den Mobili- tätsketten. Dadurch entstehen keine klaren Definitionen sowie eine Vermischung der Begrifflichkeiten im Bedarfsverkehr. Der Begriff „Rufbus“ kann beispielsweise sowohl für ALT, AST als auch für On- Demand-Verkehre genutzt werden. Um Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten zu geben, kann man drei grundsätz- liche Richtungen unterscheiden: Linien- und Fahrplan basiert (Haltestelle zu Haltestelle) Klassischer Linien(-ersatz)-Verkehr. Fahrbetrieb zu fixen Uhrzeiten und auf festgelegten Linien nur nach Voranmeldung. Als Anruf-Linien-Transport (ALT) oder Rufbus zu Schwachlastzeiten und in Rand- gebieten des Bedienungsgebiets eine preiswerte Möglichkeit zur Fahrplanverdichtung, da Kosten nur bei Nutzung entstehen. Es ist zudem eine sehr einfache und effiziente Variante, um kurzfristig auf tem- poräre Streckensperrungen oder Personalengpässe zu reagieren. Fahrplan basiert (Haltestelle zu X) Von festen und virtuellen Haltestellen zu freien Adressen. Buchung auf fixe Uhrzeiten, um eine hohe Bündelung („Poolingrate“) der Fahrtwünsche zu erreichen. Ausstiege an (virtuellen) Haltestellen oder freier Adresse („Haustürservice“). Als nachfragegesteuerter Anruf-Sammel-Transport (AST) oder Ruf- bus eine preiswerte Alternative in zeitlichen und räumlichen Randgebieten. Fahrplanunabhängig (Haltestelle zu Haltestelle) Frei fließender On-Demand-Verkehr innerhalb eines Bediengebiets ohne feste Routen und Abfahrzei- ten. Pooling verschiedener Fahrtwünsche in ähnliche Richtung zu ähnlichen Zeiten innerhalb eines Netzes von tatsächlichen und virtuellen Haltestellen. In der Realität geringe Poolingrate, wenn Fahrten in ähnliche Richtungen zeitversetzt gebucht werden. Dauerhafte Vorhaltung von Fahrzeugen sowie Kapazitätsbegrenzung notwendig.
  • 5. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 4 Beim Erstellen eines Gesamtkonzepts gilt es, die verschiedenen Vor- und Nachteile abzuwägen: Kriterium Linienersatzverkehr Sammelverkehr On-Demand-Verkehr Flexibilität in Umset- zung Einfache und schnelle Einrichtung. Über- nahme von Linien und Fahrplänen. Temporärer Ersatzver- kehr, kurzfristig ein- richtbar Einfache Einrichtung. Übernahme von Halte- stellen und Fahrplä- nen. Ergänzung um vir- tuelle Haltestellen Längere Vorlaufzeit für Konzeptionierung und Umsetzung Kundenfreundlichkeit Starre Abfahrzeiten und Strecken. Aller- dings Vervielfachung des Angebots im länd- lichen Raum Starre Abfahrzeiten, dafür Haustürservice. Über Pooling-Parame- ter zwischen Wirt- schaftlichkeit und Komfort skalierbar Hoher Komfort durch flexible Abfahrzeiten und freie Strecken, wenn Fahrzeuge ver- fügbar Poolingrate Hoch, da Bündelung an fixen Abfahrtszei- ten Hoch, da Bündelung an fixen Abfahrtszei- ten Gering, da freie Zeit- buchung. In bestimmten Kon- stellationen Einzel- fahrten hintereinan- der möglich Beförderungspflicht Voll nachgekommen. Längere Wartezeiten bei kurzfristigen Last- spitzen Voll nachgekommen. Längere Wartezeiten bei kurzfristigen Last- spitzen Eingeschränkt wegen Kapazitätsbegrenzung. Fahrten können abge- lehnt werden, falls kein passendes Fahr- zeug vorhanden Kosten Geringe Kosten. Trans- portkosten fallen nur bei Abruf von Fahrten an Mittlere Kosten. Ent- stehen nur bei Abruf. Im städtischen Bereich bei hoher Frequentie- rung und konsequen- ten Pooling-Parame- tern teils selbsttra- gend. Höhere Kosten bei Anbindung entle- generer Gebiete Hohe Kosten durch Vorhaltung von Fahr- zeugen und Fahrper- sonal. Geringe Pooling-Quote durch freie Abfahrzei- ten. Viele Fahrzeuge not- wendig bei großem Bediengebiet Einsatzgebiet/ Skalierung Großflächig und Land- kreis übergreifend ein- setzbar. Einfache, auch temporäre Er- weiterungen Mittlere und städti- sche Gebiete. Kombi- nation mehrerer Ge- biete innerhalb eines Landkreises möglich Mittlere und städti- sche Gebiete. Flächen- verkehr im ländlichen Raum erfordert hohe Fahrzeuganzahl
  • 6. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 5 1.2. Einsatzszenarien Bei der Gestaltung des Einsatzszenarios sollte die wichtigste Frage zu Beginn gestellt werden: Was ist der Zweck des Bedarfsverkehrs? Handelt es sich um ein ergänzendes Zusatzangebot, kann der Fokus auf folgenden Kriterien liegen: • Modernes Angebot über App, ohne telefonische Mobilitätszentrale • Kapazitätsbegrenzung, keine Beförderungspflicht • Parallel-Angebot zu bestehenden Verkehren möglich • Typische Merkmale für On-Demand Verkehre Bei einem ersetzenden Angebot sind folgende Kriterien von besonderer Bedeutung: • Zugang für alle über App und telefonische Mobilitätszentrale • Keine Kapazitätsbegrenzung, hohe Pooling-Rate • Eventuelle Sperrklausel zu bestehendem Angebot (Konkurrenzsituation vermeiden) • Typische Merkmale für Sammel- und Linienersatzverkehre Einsatzszenarien können sein: Einsatzszenario Ziel Eigenschaften Verkehrsart Ersatzverkehr • Einsparung unge- nutzter Kapazitä- ten • Kostenreduktion • Fahrten finden nur auf Abruf statt • Keine Kapazitätsbe- grenzung/Verlässlichkeit • Linienersatzverkehr • Sammelverkehr Anbindung letzte Meile • Komfortable An- bindung an Bus oder Bahn • Überwiegend Zu- und Abbringerfahrten stern- förmig organisiert • Wenig direkte Fahrten • Sammelverkehr • On-Demand- Verkehr Flächenverkehr im städtischen Raum • Zusätzliches und attraktiveres ÖPNV-Angebot • Ersatzverkehr in Schwachlastzeiten (Abend, Sonn- und Feiertag) • Überwiegend direkte Fahrten • Kapazitätsbegrenzung notwendig • On-Demand- Verkehr • Sammelverkehr Flächenverkehr im ländlichen Raum • Anbindung an Bus oder Bahn • Schaffung direkter Verbindungen • Attraktivierung des Angebots • Ähnliches Verhältnis von sternförmig organi- sierten Fahrten und Direktfahrten • Sammelverkehr • On-Demand- Verkehr
  • 7. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 6 1.3. Dimensionierung Der benötigte Umfang des Bedarfsverkehrs hängt stark vom Einsatzszenario und den Einwohnerzahlen der Bediengebiete ab. Weitere maßgebende Faktoren sind der zeitliche Umfang des Angebots sowie bestehende Strukturen. Auch die Topografie des Bediengebiets spielt eine Rolle. Im flachen Raum können mehrere Ziele un- terschiedlicher Linien zu einem Richtungsband oder Sektor zusammengefasst werden. Ist das Bedien- gebiet von Tälern bestimmt, so bleibt das sternförmige, grundsätzliche Liniennetz weitgehend erhal- ten. Einsatzszenario Dimensionierung Durchführung Ersatzverkehr • Pro Linie ein potenziell zur Verfü- gung stehendes Fahrzeug • Bedienzeiten nach Fahrplangerüst & Erweiterung des Angebots • Linienbusse auf stark frequentierten Linien und Zeiten (Schüler!) • Private Personenbeför- derer mit Fahrzeugen von PKW bis Minibus Letzte Meile • Pro Richtungsband zwei potenziell zur Verfügung stehende Fahrzeuge • Fahrzeiten ausgerichtet auf Fahr- plangerüst der weiterführenden Ver- kehre (Bahn und Schnellbus) • Private Personenbeför- derer mit Fahrzeugen von PKW bis Minibus • Priorisierte, eigens ge- brandete Fahrzeuge zur Hauptabdeckung der An- fragen & private Personen- beförderer für nicht abge- deckte Buchungsanfragen Flächenverkehr im städtischen Raum • Ca. 1 Fahrzeug pro 10.000 Ein- wohner • Umfängliche Bedienzeiten oder voll bedienter eingeschränkter Zeitraum (Abendstunden, Sonn- und Feiertage) • Flexible Anpassung an reale Nach- frage, z.B. Betrieb am Wochenende in den Abendstunden: 1 Fahrzeug pro 5.000 Einwohner • Priorisierte, eigens ge- brandete Fahrzeuge zur Hauptabdeckung der An- fragen & private Personen- beförderer für nicht abge- deckte Buchungsanfragen Flächenverkehr im ländlichen Raum • Pro Richtungsband drei potenziell zur Verfügung stehende Fahrzeuge • Umfängliche Bedienzeiten oder voll bedienter eingeschränkter Zeitraum (Abendstunden, Sonn- und Feiertage) • Priorisierte, eigens ge- brandete Fahrzeuge (wie ODV) zur Hauptabdeckung der Anfragen & private Personenbeförderer für nicht abgedeckte Buchungsanfragen
  • 8. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 7 1.4. Flottenarten zur Durchführung Zur Durchführung der Bedarfsverkehre können unterschiedliche Flotten von unterschiedlichen Betreibern genutzt werden. Fahrzeugart Einsatz Akteure • Standardbus • Midibus • Linienverkehr • Ersatzverkehr bei starker Frequentierung • Verkehrsbetriebe • Regionalbusgesellschaften • Private Busunternehmen • Minibus • Ersatzverkehr bei mitt- lerer Frequentierung • Verkehrsbetriebe • Private Busunternehmen • Van • Shuttle-Fahrzeug • PKW • Ersatzverkehr bei schwa- cher Frequentierung • Letzte Meile • Flächenverkehr im städti- schen und ländlichen Raum • Verkehrsbetriebe • Private Busunternehmen • Private Personenbeförderer • Shuttle-Dienstleister Für einen kostengünstigen Verkehr in der Fläche bietet es sich an, die Buchungsanfragen zum einen mit einer kleinen Anzahl eigens gebrandeter Shuttle-Fahrzeuge zu bedienen. Die Beförderungsdienst- leistung kann von den Verkehrsbetrieben selbst oder einer externen Firma durchgeführt werden. Um eine Ablehnung von Fahrtwünsche zu vermeiden, ist es zum anderen sinnvoll, Überhänge nach einer gewissen Zeitvorgabe an eine erweiterte Flotte zu vergeben, für die sich lokale Personenbeför- derer anmelden können. Hier entstehen keine unnötigen Vorhaltekosten, sondern es wird nur nach Strecke der durchgeführten Fahrt abgerechnet. Hierzu muss allerdings die Software unterschiedliche Flotten selektieren und die Sonderfahrzeuge priorisiert vermitteln können. Erst wenn kein Shuttle-Fahrzeug innerhalb eines Zeitkorridors zur Ver- fügung steht, muss die Flotte automatisch auf den gesamten Fahrzeug-Pool wechseln und den Auftrag an ein zur Verfügung gemeldetes Fahrzeug vermitteln. Mit dieser Variante sind die positiven Effekte klassischer Bedarfsverkehre (Verfügbarkeit und keine Vorhaltungskosten) mit denen von On-Demand-Verkehren (eigene Shuttles, leichte Verfügbarkeit) kombiniert.
  • 9. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 8 1.5. Leistungsebenen und Service Nun gilt es, die unterschiedlichen Leistungseben und deren Bestandteile zu definieren: • Wieviel Service soll und kann den Bürgern geboten werden? • Reicht eine Reduzierung des Zugangs auf eine Abwicklung per App? • Benötigen Sie als Auftraggeber zusätzliche Dienstleistungen? Mittels einer eingebundenen Mobilitätszentrale lässt sich der Service auf jeder Leistungsebene ver- tiefen: Ebene App Mobilitätszentrale Informieren & Buchen • Digitale Auskunft & Buchung • Einfache und günstige Umsetzung • Moderne Ausrichtung • Nicht für alle erreichbar • Ausreichend, wenn reines Zusatzangebot • Telefonische Beratung & Buchung • Aufwändigere Umsetzung • Erweiterung auf 100 % Erreichbarkeit • Notwendig bei Streichung und Ersatzangebot Abwicklung • Installation & Administra- tion der Software • Technischer Support im Zu- sammenhang mit Software • Überwachung des Fahrbetriebs und Eingriff in den Fahrbetrieb • 24x7 Support für Kunden und Fahrpersonal • Zufriedenheitsmanagement für Kunden Datenbanken • Statistische Auswertungen zur Nutzung • Qualitätsmanagement Fahrbetrieb • Fahrtenabrechnung für Leistungs- erbringer Fahrbetrieb • Generalunternehmer von Vorteil • Aufsplittung auf verschiedene Leistungserbringer möglich • Betreuung der Leistungserbringer Die Erfahrung aus vielen bestehenden Projekten zeigt, dass eine Mobilitätszentrale im Hintergrund als Ansprechpartnerin und zur Überwachung des Betriebs empfehlenswert ist. Hier wurde bereits in vielen bestehenden Projekten nachjustiert. 1.6. Leistungsbestandteile Nach Ihrer Entscheidung über die Ausrichtung und Umsetzung Ihres Bedarfsverkehrs müssen Sie nun die einzelnen Leistungsbestandteile der Ausschreibung definieren: 1. Software für das Hintergrundsystem (mit Kunden- und Fahrer-App) 2. Betrieb Mobilitätszentrale 3. Fahrbetrieb a. Betriebsgebiet (Zonen) bezogen b. Nach Linienbündel Um einen reibungsloseren Ablauf zu gewährleisten, macht unter Umständen die Zusammenlegung der Software-Bereitstellung und deren Betrieb Sinn.
  • 10. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 9 2. Anforderungen Hintergrundsystem Das Herzstück der gesamten Konzeption ist stets das Hintergrundsystem. Hier laufen die Fahrtwünsche ein, werden durch den Algorithmus verarbeitet und an die Fahrzeuge verteilt. Für einen reibungslosen Ablauf sollte das System über bestimmte Merkmale und Mindestanforderun- gen verfügen: 2.1. Prinzipielle Softwarekonzeption Die Software muss optimalerweise Information, Buchung, Disposition und Abwicklung aus einem System ermöglichen und sich nicht auf parallele Systeme aufteilen. Komplexe Anforderungen erfordern allerdings eine komplexe Einrichtung und intensive Betreuung. Es sollte daher die Variante „Software as a Service (SaaS)“ statt Kauf der Software und Hosting auf einem eigenen Server bevorzugt werden. Weitere Anforderungen an die Struktur sind: • Mehrmandantenfähigkeit und Zugangseinschränkungen für Zentrale, Transporteure und Auftraggeber • Verschiedene Bedarfsverkehre einzelner Zonen (Linien, Sammelverkehr, On-Demand) müssen gemeinsam in einem Systemzugang abbildbar sein, anstatt separate Anmeldungen pro Bedien- gebiet zu erfordern • Gewährleistung der Einflussnahme des Auftraggebers durch ein offenes System zur freien Administration anstatt eines Algorithmus in einer Black Box • System benötigt automatische Löschfunktion um nach definierter Anzahl von Tagen personen- bezogene Kundendaten (z.B. Name oder Telefonnummer) automatisiert zu löschen 2.1.1. Stammdaten Die Stammdaten bilden das Rückgrat des Hintergrundsystems. Sie müssen möglichst frei zugänglich sein und folgende Möglichkeiten bieten: • Anlage von Datensätzen für Fahrzeuge und Fahrpersonal • Anlage von Merkmalen und Transportobjekten, die Fahrzeugen und Fahrpersonal zugeordnet werden können und die Vermittlung beeinflussen (Rollstuhl, Kinderwagen, Gepäck, …) • Flexible Einrichtung: sowohl Fahrdatenimport aus elektronischen Fahrplanauskünften als auch manuelle Anlage und Änderung von Datensätzen (Haltestellen, Abfahrzeiten, etc.) • Erweiterung der offiziellen Haltestellen um frei definierbare virtuelle Haltestellen • Möglichkeit, mehrere Unternehmer beteiligen zu können, muss durch Flottentrennung gewährleitet werden • Selektierung der jeweils verfügbaren Bedarfsverkehre über GPS-Zonen • Berechnung der Routen über Offline-Kartenmaterial • Freie Konfiguration der Vermittlungsparameter (wer fährt wann). Mögliche Parameter sollen beinhalten: o Anfahrzeit und Anfahrtsweg zum Kunden (Wartezeit) o Berücksichtigung der Positionierung in Raumsektoren o Berechnung des Gesamtaufwands aus Besetz-, Rückfahrt- und Leer-Kilometer sowie der Verweildauer der Fahrgäste im Fahrzeug
  • 11. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 10 2.2. ÖPNV-Parameter Bestimmte Parameter in den Stammdaten sind speziell für Bedarfsverkehre relevant: • Möglichkeit zur Darstellung verschiedener Formen des Bedarfsverkehrs innerhalb eines Systems: o Basierend auf Linien und Fahrplänen o Haltestelle zu x: Haustürservice ab Haltestellen zu fixen Zeiten o On-Demand: freie Verfügung Haltestelle zu Haltestelle • Auftraggeber soll Servicelevel über Parameterjustierung bestimmen können • Pooling-Algorithmus muss in bestimmten Parametern skalierbar sein: o Eintreffen beim Kunden x Minuten vor/ nach gebuchter Abfahrzeit o Maximale Verweildauer im Fahrzeug o Justierung der Ladekapazität (Personen, Merkmale und Transportobjekte) • Zubuchung von neuen Aufträgen während bereits begonnener Fahrt • Filterung von Arbeitszeiten im ÖPNV, um Tariftreue zu gewährleisten 2.3. Schnittstellen Der Austausch mit anderen Systemen sollte mindestens beinhalten: • Datenimport aus externen Auskunftssystemen • Portale und Zugriffsmöglichkeiten für verschiedene Nutzer (Disposition, Transporteur, Aufrag- geber) auch von extern (Remotezugriff oder über Webanwendung) • Verknüpfung von Fahrplan-App und Buchungs-App über Deep-Link als erste Stufe 2.4. Administration und Support Nicht nur die Einrichtung, sondern auch der dauerhafte Betrieb des Systems durch einen externen Dienstleister sichert Aufrechterhaltung und Stabilität. Der dauerhafte Support sollte beinhalten: • Administration von Kunden & Leistungserbringern • Administration von Systemparametern • Dauerhafter Austausch über Entwicklung und Potentiale mit Auftraggeber als dynamischer Prozess • Ausfallsicherheit: Notstrom, USV, LTE-Router • 24x7 Notdienst bei Hard- und Software-Problemen 2.5. Information und Buchung In Bezug auf Information und Buchung muss das System diversen Anforderungen entsprechen, hierzu kann neben der Kunden-App und Fahrer-App zur Fahrtwunschvermittlung auch die telefonische Annahme und Disposition zählen. Für eine qualitativ hochwertige Fahrtenannahme in einer Mobilitätszentrale werden folgende Funk- tionen benötigt: • Verknüpfung von System und Telefonie mit direkter Rufnummernübernahme in Fahrauftrag ist wünschenswert • Erfassung von Daten über Anrufzeit, Zeit bis zur Annahme, Gesprächsdauer oder Dauer bis zum Anrufabbruch • Statistische Darstellung des Servicelevels nach Datum und Uhrzeit (24 Stunden Unterteilung) • Möglichkeit zur Erkennung von Stammkunden über Telefonnummer • Möglichkeit zur Erstellung von Bandansagen • Möglichkeit zur Sprachaufzeichnung und automatisierten Zuordnung zum Fahrauftrag
  • 12. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 11 • Zuschreibung einer einmaligen Auftrags-ID pro Buchung • Eingabe in nur ein System, kein Wechsel zwischen verschiedenen Portalen oder Zugängen • Richtiger Bedarfsverkehr wird anhand der gewählten Strecke erkannt und dem zuständigen Fahrbetrieb zugeordnet • Schnelle und fehlerfreie Auftragserfassung durch zugeschnittene Auftragseingabemasken in maximal 10 - 20 Sekunden • Eingabe von Abfahrt, Namen, Ziel, Personenanzahl, Merkmale und Transportobjekte • Information über Abfahrzeiten und Fahrpreise • Automatischer Bestellstopp nach Ablauf der Vorbestellfrist plus Karenz (keine Auswahl der ab- gelaufenen Termine möglich) • Direkte Speicherung im System und umgehende Sichtbarkeit in Unternehmerportal des Fahr- dienstes 2.6. Fahrtenübermittlung Im Bereich Fahrtenübermittlung muss die Mobilitätszentrale einen Überblick über sämtliche abge- wickelten und zukünftigen Fahraufträge erhalten. Weiterhin benötigt sie: • Möglichkeit zum Ändern und Stornieren der Einzelaufträge vor, während und nach dem Rou- ting • Automatisches Routing der Fahraufträge anhand der eingestellten Systemparameter • Bei einer Überbuchung/Fahrzeugknappheit Möglichkeit zum manuellen Eingriff in Routenpla- nung. Dies beinhaltet Ändern und Aufteilen von Routen • Vorabvermittlung durch manuelle Zuteilung der Fahrzeugkennung über Zentrale und Unter- nehmerportal für einen optimierten Ablauf • Automatische Vermittlung der Fahraufträge über die Fahrer-App an die als frei gemeldeten Fahrzeuge nach eingestellten Systemparameter • Bei Telefonbestellung: Information des Kunden über selbst konfigurierbare SMS mit Angaben wie in App. Zusätzlich Tracking-Link, um Fahrzeug auf Karte zu orten und um Anfahrt Live zu verfolgen • Automatische GPS-Ortung „beim Kunden“ und dadurch erneute Information an Kunden bei Eintreffen des Fahrzeugs • Speicherung der Log-Protokolle im System über Fahrtenvermittlung, Eintreffen beim Kunden, Fahrtbeginn und Fahrtende zur Reklamationsbearbeitung 2.7. Qualitätsmanagement Die Qualitätskontrolle und Bearbeitung von Kunden-Reklamationen soll optimalerweise innerhalb des Systems erfolgen: • Beschwerdefunktion im System integriert. Bei telefonischer Beschwerde wird Auftrag aufge- rufen und die Aufzeichnung des Telefonats zugeordnet • Eingabe der Auftrags-ID im Beschwerdeformular • Direkte Information der hinterlegten Ansprechpartner beim Speichern der Beschwerde • Standardisierter Ablaufplan bei Beschwerden mit Vergabe von Vorgangsnummern • Bewertung durch den Kunden nach durchgeführter Fahrt: o Feedback SMS bei telefonischer Bestellung o Feedback Popup in App nach durchgeführter Fahrt • Möglichkeit eines Bonus-/Malus Punktesystems für Fahrdienste oder Fahrer
  • 13. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 12 2.8. Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure Um die lokale Verwaltung zu entlasten, können für Bedarfsverkehre weiterführende Dienstleistungen, wie Fahrtenabrechnung und Betreuung der Transporteure, ausgelagert werden. Sollte die Vergabe an einen Generalunternehmer und/oder zu festen Stundensätzen geplant sein, so sind diese Leistungen nicht notwendig. Bei Miteinbezug unterschiedlicher privater Personenbeför- derer, insbesondere bei der Abrechnung nach geleisteter Beförderungsstrecke, muss das System über eine integrierte Abrechnungsfunktion verfügen: • Automatische Übertragung der Fahrdatensätze vom System in integrierte Faktura-Software • Automatische Übertragung der Fahrtstrecke des Fahrzeugs • Bei Wegstreckenzähler (Mietwagen) oder Taxameter: Übertragung der Daten in System • Verschiedene Abrechnungstarife können in Stammdaten hinterlegt und im Auftrag durch die Strecke abgerufen und zugeordnet werden (wichtig, wenn einzelne Linienbündel zu unter- schiedlichen Tarifen vergeben wurden) • Vom System berechnete Fahrtkosten als Check zu Taxameter oder Wegstreckenzähler. Abwei- chungen können gezielt kontrolliert werden • Sofern gewünscht: Kunde soll Fahrtbeleg z.B. in Fahrer-App digital unterschreiben können • Bei Rechnungserstellung: o Abrechnungsprogramm rechnet automatisch Fahrtentgelte dem Fahrpreis gegen o Möglichkeit zur Aufschlüsselung nach Unternehmer, Linien, etc. o Deckblatt: Gesamtsumme unter Aufstellung von Fahrpreis, Einnahmen aus Fahrt- entgelten und Rechnungssumme sowie ausgewiesener Mehrwertsteuer o Anhang: detaillierte Aufstellung der einzelnen Fahrten mit Auftrags-ID, Start, Ziel, Fahrpreisen sowie ggf. Unterschriften o Möglichkeit zur Einzelabrechnung verschiedener Unternehmer durch Dispositions- zentrale. Dafür wird die Rechnung im Namen des Unternehmers (mit Briefkopf, Steu- ernummer, etc.) an den Auftraggeber gestellt • Möglichkeit zum digitalen Rechnungsversand per Mail Im Fall einer offenen Teilnahme privater Transporteure im Vermittlungspool müssen diese sich, ihre teilnehmenden Fahrzeuge und Fahrer registrieren. Dies geschieht im Regelfall unter Vorlage der ent- sprechenden Genehmigungen, TÜV/BO-Kraft-Bericht und Personenbeförderungsschein. Hier sollten diese wichtigen Daten im Hintergrundsystem hinterlegbar sein, so dass mit deren Ablauf der System- zugang automatisch gesperrt wird.
  • 14. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 13 3. Anforderungen Kunden-App An das System muss eine Kunden-App angeschlossen sein, die für den gesamten Bedarfsverkehr im Landkreis genutzt wird. Kunden sollen keine weiteren Apps für Insellösungen benötigen, auch wenn Bediengebiete unterschiedlich gestaltete und voneinander getrennte Bedarfsverkehre aufweisen. Neben einer guten Nutzerfreundlichkeit benötigt eine Kunden-App: • Login und Freischaltung eines Nutzerkontos • Möglichkeit zum Angebot verschiedener Produkte: o ALT/AST/Rufbus/On-Demand o Möglichkeit zur Bestellung anderer Verkehrsdienstleistungen • Einfache und intuitive Bestellung anhand Start/Ziel • Darstellung der (virtuellen) Haltestellen auf Karte • Rückmeldung an Kunden über Fahrzeugkennung, KFZ-Kennzeichen und voraussichtlicher Ankunftszeit • Darstellung des anfahrenden Fahrzeugs auf Karte • Integration verschiedener Zahlungsmöglichkeiten o Bar o Kreditkarte o App-Payment, wie PayPal, etc. • Hinterlegung von Kreditkarten oder App-Payment im Konto der Kunden-App • Bei Zahlung mit Kunden-App: automatisierter Belegversand an hinterlegte E-Mail-Adresse • Trinkgeldfunktion • Fahrtenbuch mit vergangenen Fahrten • Vorbestellungen und Abonnementfahrten • Stornierungsfunktion 4. Anforderungen Fahrer-App Die Fahrer-App zur Auftragsübermittlung ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags des Fahr- personals. Zur problemlosen Durchführung der Aufträge sind folgende Mindeststandards notwendig: • Smartphone-App für Android-Endgeräte • Login über am System hinterlegte Kennung und Fahrpersonalnummer • Auswahl des Fahrzeugs, auf dem sich Fahrpersonal anmeldet • Kommunikation mit System: alle < 20 Sekunden Statusabfrage an Fahrzeuge (Echtzeit) • Status: frei in Umgebung/positioniert/in Anfahrt/beim Kunden/unterwegs mit Kun- den/besetzt mit Folgeauftrag • Zur Sicherstellung der Fahrtannahme durch Fahrpersonal: Voransicht des Auftrags (Header) wird mit akustischen Signalen dem besten Fahrzeug im System angeboten. Fahrpersonal hat x Sekunden Zeit zur Bestätigung des Auftrags • Mit Auftragsbestätigung wird das gesamte Datenpaket an die Fahrer-App übermittelt • Übermittlung der Einzelaufträge als geroutete Tour in der Sortierung nach Reihenfolge des Ein- und Ausstiegs • Integrierte Fahrer-Navigation zu den einzelnen Routenpunkten • Kommunikation mit der Disposition • Möglichkeit zur Bearbeitung des Einzelauftrags durch Fahrpersonal (Routenführung über Offline-Navigation, Storno/Meldung von nicht erschienen) • Automatische Aktualisierung von Fahraufträgen bei Hinzubuchung von On-Demand-Aufträgen • Fahrtenabschlussmenü zur Übermittlung der Fahrtgeldeinnahmen ins System
  • 15. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 14 • Bei Miteinbezug von Taxen: Möglichkeit zur automatischen Übermittlung und Zuordnung des Fahrdatensatzes aus Taxameter zu Auftrag im System sowie dessen nicht änderbare Spei- cherung • Weitergehende integrierte Funktionen: o Meldung von Fahrzeugproblemen und Schäden o Meldung von Fundsachen 5. Anforderungen Mobilitätszentrale An eine Mobilitätszentrale müssen folgende Qualitätsstandards gestellt werden: Ausstattung: • Call-Center-Erreichbarkeit mindestens während der Betriebszeiten, bei landkreisweiter Dienstleistung 24x7 Besetzung • Während den Betriebszeiten Besetzung der Disposition mit mindestens zwei Personen • Ausstattung der Dispositionszentrale mit mindestens zwei parallelen Arbeitsplätzen • Sicherheitskonzept für Ausfälle von Server, Internet und Telefonie • Notstromversorgung Mitarbeiter: • Mindestmitarbeiterzahl zur Abdeckung der erforderlichen Schichten in Zentrale • Schulungskonzept zur Einarbeitung und Fortbildung der Mitarbeiter • Verantwortlicher für Qualitätsüberwachung und Schulung der Mitarbeiter • Datenschutzbeauftragter Referenzen und Qualität: • Es können Referenzen und Umsatzgrößen zu bisherigen ÖPNV-Tätigkeiten in den letzten drei Jahren gefordert werden (siehe Punkt 8.3.) • Nachweis eines Servicelevels von mindestens 85 % angenommener Anrufe innerhalb der ersten 60 Sekunden • Kurzkonzept zur Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung • Datenschutz- und Löschkonzept 6. Anforderungen Fahrbetrieb Ein Fahrbetrieb als Leistungserbringer muss stets nach PBefG genehmigt sein. Dies beinhaltet neben dem Nachweis der Fachkunde ebenso Bestimmungen zum Betriebssitz, so dass grundlegende Stan- dards von vorneherein gesetzt sind. Die Mindestbetriebsgröße kann anhand der Mindestanzahl an zur Verfügung stehenden Fahrzeugen definiert werden. Bei einer Planung als Bedarfsverkehr auf Abruf schlagen hier +50 % zu den poten- ziellen Linien oder Richtungsbändern/Zonen vor. Sollte es sich um einen Abendverkehr handeln, so schlagen wir auch im Bereich Fahrpersonal analog dazu +50 % vor, bei einem ganztägigen Verkehr +250 %. Weitere operative Anforderungen können an den Fahrbetrieb in Bezug auf Anzahl und Beschaffenheit der Fahrzeuge explizit gestellt werden: • Maximales Fahrzeugalter
  • 16. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 15 • Anzahl der Fahrzeuge mit einer Kapazität von mehr als vier Fahrgästen (wir empfehlen min- destens 20 %) • Anzahl der rollstuhlgerechten Fahrzeuge (wir empfehlen mindestens 10 %) Vorgaben zur Anzahl von emissionsfreien Fahrzeugen und deren Reichweite sollten ebenfalls gestellt werden, allerdings kommt es auf die Intension Ihrer Ausschreibung an. Gibt es etwa politische Zielvor- gaben, die berücksichtigt werden sollen? Besteht bereits eine gewisse Infrastruktur vor Ort (Personen- beförderer, zugängliche Ladeinfrastruktur) oder muss alles von Grund auf geschaffen werden? Grundsätzlich ist ein emissionsfreier Bedarfsverkehr anzustreben. Eine Ad-hoc-Einführung ohne be- reits bestehende Struktur schlägt sich allerdings in den Kosten nieder. Auch ist die Beschaffungszeit derzeit außergewöhnlich lang, so dass eine kurzfristige Umsetzung erschwert ist. Denkbar wäre hier eine Staffelung mit einer jährlichen Steigerung des Anteils emissionsarmer Fahr- zeuge. 7. Genehmigungen Die Durchführung von Bedarfsverkehren erfolgt auf Genehmigungsgrundlage des PBefG. Dabei können zwar sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer Genehmigungsinhaber sein, es sollte aber bereits über die Anforderungen an den Fahrbetrieb darauf geachtet werden, dass nur nach PBefG geeignete Unternehmen an der Beförderung teilnehmen können. Nach §13 und §50 PBefG können Genehmigungsbehörden Bedarfsverkehre einschränken oder unter- sagen, wenn die Funktionalität des örtlichen Markts beeinträchtigt wird. Es ist daher ratsam, die Ge- nehmigungsbehörde bereits in der Planungsphase mit einzubeziehen. 8. Ausschreibung 8.1. Laufzeit Die Laufzeit für Bedarfsverkehre sollte die Anfangsinvestitionen der Leistungserbringer berücksichti- gen. So lassen sich die Kosten pro Einsatzstunde oder Einsatzkilometer auf einem längeren Zeitraum reduzieren. Ein Fahrzeugtausch steht, abhängig vom Nutzungsgrad, in der Regel nach drei bis fünf Jahren an. Es ist daher empfehlenswert, auf eine Laufzeit von drei Jahren, mit der Option auf zweimalige Verlängerung um ein Jahr, auszuschreiben. 8.2. Leistungsnachweise Das Thema Leistungsnachweise in Ausschreibungen wird gerne zur Steuerung von Teilnahmen zur An- gebotsabgabe herangezogen. Geht es vordergründig um die Aufrechterhaltung eines etwaigen Qualitätsstandards, kann mit diesem Instrument der Zugang zur Teilnahme an der Ausschreibung ge- regelt werden. Letzten Endes sagt die bisherige Abwicklung von Bedarfsverkehren nichts über die abgelieferte Quali- tät aus, sondern sorgt dafür, dass überregionale Anbieter unter sich bleiben. Zum Beispiel können als Leistungsnachweis für den Fahrbetrieb die Durchführung von drei On-Demand-Verkehren mit min- destens 50 Fahrzeugen oder die jährliche Abwicklung von 1.000 Fahrten im Bedarfsverkehr gefordert werden – das können bundesweit nur eine Handvoll Firmen bewerkstelligen. Unserer Meinung nach soll so die Teilnahme günstiger lokaler Konkurrenz verhindert werden. Denn je höher die Leistungsnachweise angesetzt werden, desto eher können kleinere und lokale Unternehmen oder neue Marktteilnehmer diese nicht vorlegen, da Ihnen schlicht der Marktzugang fehlt – unabhän-
  • 17. Leitfaden zur Planung und Ausführung von Bedarfsverkehren 16 gig von der tatsächlichen Qualität ihrer Dienstleistung und ihrer bisherigen Erfahrung in der Personen- beförderung. Qualitätssicherstellung erfolgt bereits über die Anforderungen an das Softwareunternehmen, den Fahrbetrieb und die Mobilitätszentrale, so dass qualitativ schlechte oder zu kleine Unternehmen be- rechtigterweise hier gefiltert werden. Auch vergaberechtlich sehen wir sehr hohe Zugangsvoraussetzungen problematisch, da „Newcomer“ in einem sich erst entwickelnden Markt nicht ausgeschlossen werden dürfen. 8.3. Vergabekriterien Bei der Vergabe sollte neben der Wirtschaftlichkeit des Angebots auch das Umsetzungskonzept des Anbieters berücksichtigt werden. Eine Fokussierung auf das günstigste Angebot allein ist nicht empfehlenswert. Um die Angebote miteinander vergleichen zu können, müssen von Ihrer Seite eindeutige Vorgaben zur jeweiligen Leistungsmenge und Leistungstiefe gemacht werden, anhand dessen die Angebote erstellt werden. Das Angebot sollte unterteilt werden in Fixkosten (Software, Fahrzeuge, etc.) und variable Kosten (Lohn, Treibstoff, Unterhalt, etc.). Bei den variablen Kosten sind etwaige Manteltarifverträge, wie etwa in Baden-Württemberg, zu beachten. Jedes Angebot muss anhand der dort vereinbarten Stundenlöhne für Bedarfsverkehre auf Seriosität überprüft werden. Anhand Ihres Lastenhefts werden verpflichtende und optionale Anforderungen definiert, die einen Vergleich zwischen den Angeboten auch auf qualitativer Ebene ermöglichen. Diese können von den Bietern in z.B. Betriebs-, Personal- und Optimierungskonzepte dargestellt werden. Für Ausschreibungen im Bereich Fahrbetrieb hat sich eine Gewichtung von ca. 70 - 75 % pro Wirtschaft- lichkeit gegenüber 25 – 30 % Betriebskonzept bewährt. Für die Ausschreibung von Software- und Zentrale-Dienstleistungen sollte ein größerer Spielraum für Betriebskonzepte gewählt werden. Hier schlagen wir ein Verhältnis von 60 % zu 40 % pro Wirtschaft- lichkeit vor.