Psychische Erkrankungen verursachen in Österreich derzeit einen volkswirtschaftlichen Schaden von jährlich sieben Milliarden Euro und dies mit stark steigender Tendenz. Laut einer neuen Studie des IWS sind psychische Belastungen schon jetzt die zweithäufigste Ursache für Frühpensionierungen.
Seit Jahren gibt es trotz des Wissens um diese Entwicklung kaum Reaktionen und vor allem, wenn etwas passiert, dann ist es nur ein Reagieren und kein Agieren im Sinne einer Prävention. Durch diese Untätigkeit entstehen nicht nur immense Kosten für das Gesamtsystem, sondern es passiert ja ebenso eine Schädigung durch die Einbrüche in den Lebensverläufen der Menschen, ein „In-Kauf-Nehmen“ der Minderung von Chancen der sozialen Teilhabe durch die Verantwortlichen.
Hier stellt sich nun die zentrale Frage:
„Warum ist Prävention kein Handlungsschema in Österreich?“
Im Rahmen der Jahrestagung der NeuZeit KG soll dies unter dem Tagungsthema „Prävention – eine gesellschaftspolitische Verantwortung“ beleuchtet werden. Politiker, Ärzte, Vertreter der Sozialpartner und Institutionen sowie Arbeitspsychologen sind die Referenten und Diskussionspartner.
Symposium 2014 Empfehlungsschreiben: Vizekanzler Min. Dr. R. Mitterlehner
Prävention aus Sicht der AK Präsident A. Schreiner: Neu Zeit Tagung "Prävention" 2014
1. Prävention aus Sicht der AK:
Arbeit darf nicht krank machen!
AK-Präsident Alfred Schreiner
NeuZeit Jahrestagung: „Prävention – eine gesellschaftspolitische Verantwortung“
Mai 2014
2. ArbeitnehmerInnenschutz
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994
• weniger Arbeitsunfälle:
– tödliche Arbeitsunfälle von 294 (1994) auf 211 (2010)
– Arbeitsunfälle insgesamt: von 164.470 auf 110.950
• Senkung der Kosten:
– Betriebswirtschaftlich von 542 auf 366 Mio €
– Volkswirtschaftlich von 2 auf 1,3 Mrd €
3. Veränderung der Arbeitswelt
• Veränderung der krankmachenden Faktoren
• Arbeitsbelastung & Druck
• fehlende Anerkennung, Eigenkontrolle und
soziale Unterstützung
• Betroffene: vor allem ältere
ArbeitnehmerInnen
4. Im Interesse der ArbeitnehmerInnen
• Beratung
• Studien:
– WIFO-Fehlzeitenreport; Studie zu Kosten durch
psychische Belastungen (WIFO + DonauUni Krems)
• Veranstaltungen:
– Mobbing – Das Burgenland vernetzt sich
• Gesetzesinitiativen:
– zB Novelle zum ASchG
– Bonus-Malus-System für Ältere
• Beratung
5. WIFO-Fehlzeitenreport 2013
Infektiöse Krankheiten …. 4,6 Tage
Muskel-Skelett-System … 16,5 Tage
psychische Erkrankungen … 39,1 Tage
psychische Erkrankungen:
- 2,3 % aller Krankenstandsfälle
- 8,6 % aller Krankenstandstage
7. Studie 2012: WIFO + Donau Uni Krems
0,8 Tage Krankenstand ohne arbeitsbedingte Belastung
2,6 Tage bei körperlicher Belastung
3,3 Tage Krankenstand bei psychischer Belastung
6 Tage bei psychischer plus physischer Belastung
=> Krankenstände dauern länger
8. Auswirkungen in Zahlen
• 32 % psychische Gründe bei den Neuzugängen zur
Invaliditätspension.
• Anstieg der I-PensionistInnen aus psych. Gründen:
von 59.600 (2002) auf 98.800 (2010).
• 3,3 Mrd. gesamtwirtschaftliche Kosten (1,2 % des BIP)
• europaweit: 50-60% aller Arbeitsunfälle stressbedingt
9. Was wir brauchen:
1. Mitgestaltung & Mitbestimmung
2. faire Entlohnung
3. Aufstiegschancen
4. Eindämmung unfreiwilliger und übermäßiger Überstunden
5. 6. Urlaubswoche
6. 2013 Novelle ASchG: Gesetzliche Verankerung von Arbeits-
und OrganisationspsychologInnen im
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz =>Evaluierung!
7. sichere Arbeitsplätze!
10. Mitgestaltung & Mitbestimmung
Handlungs- und Entscheidungsspielraum für…
- Arbeitsabläufe
- Zeiteinteilung
Einbindung des Betriebsrates in …
- regelmäßige Evaluierung der Arbeitszeitsituation
- Informationen über Beginn und Ende der Überlassung bei
Leiharbeitskräften
11. Faire Entlohnung
jeder 2. kommt mit Verdienst nur knapp aus
jeder 3. überzieht regelmäßig Girokonto
unfreiwillige Teilzeit und prekäre Arbeitsverhältnisse
23 % Einkommensunterschied zwischen Männer und Frauen
im Burgenland
=> kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.500 €
Anmerkung: LSt-Senkung!
12. Aufstiegschancen
abhängig von Betriebsstrukturen
aber auch vom Ausbildungsstand:
- HilfsarbeiterInnen
- PflichtschulabsolventInnen sehen kaum Aufstiegschancen
=> in Bildung investieren
=> Leute im Betrieb entwickeln
13. Weniger Überstunden
Wochenarbeitszeit EU-Schnitt: 40,4 Stunden
Wochenarbeitszeit Österreich: 41, 8 Stunden
jährlich 300 Millionen Überstunden
¼ davon unbezahlt
das entspricht 40.000 Vollzeitstellen!
=> Arbeitsmarktabgabe von 1 € pro Überstunde
14. 6. Urlaubswoche
Durchschnittliche Verweildauer im Job: 10 Jahre
Junge ArbeitnehmerInnen: wechseln alle 3,7 Jahre
Anspruch auf 6. Urlaubswoche nach 25 DJ bei AG:
nur 21 % der ab 46-Jährigen
nur ein Drittel der ab 60-Jährigen
aktuell ca. 500.000 Menschen
Mit Änderung: plus 1,2 Millionen ArbeitnehmerInnen!
15. Novelle ASchG 2013
2 Abs. 7 2. Satz: „Unter Gefahren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen zu verstehen, die zu
Fehlbeanspruchungen führen.“
2 Abs. 7a: „Unter Gesundheit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist physische
und psychische Gesundheit zu verstehen.“
In 4 Abs. 6 … mit der Arbeitsplatzevaluierung können auch sonstige
geeignete Fachleute … insbesondere jedoch ArbeitspsychologInnen beauftragt
werden.
Arbeitsplatzevaluierung beinhaltet: „die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die
Art der Tätigkeiten, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe sowie der
Arbeitsorganisation"
16. Sichere Arbeitsplätze
jeder 4. ist 1 x pro Jahr arbeitslos
österreichweit sind das 886.000 Menschen
im April waren 390.289 ohne Job
besonders betroffen: über 50-Jährige (+22,2 %)
bei Jugendlichen: +4,5 % (Ausbildungsgarantie!)
=> staatliche Maßnahmen: Bonus-Malus-System
=> gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen einfordern!