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00 
E-Commerce 
Marktplatz-Riesen bestimmen das 
Onlinegeschäft 
Aggregierte Marktplätze und Gemischtwarenplattformen gewinnen an Bedeutung. Für 
Hersteller und Händler, auch im B2B-Bereich, kann es Sinn machen, sich nicht ausschliess-lich 
auf ihre Marke und das bestehende Distributions-Netzwerk zu verlassen, sondern den 
Aufbau gemeinsamer Marktplätze in die Strategieüberlegungen einzubeziehen. 
KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2014 
Marketing & Vertrieb 
Die Zahlen, welche der E-Commerce-Ver-band 
FEVAD dieses Jahr veröffentlicht hat, 
könnten der Beleg für einen längerfristigen 
Trend sein. Demnach wächst das Gesamt-volumen 
im E-Commerce, wenn auch 
nicht mehr so stark, und die Absatzkanäle 
werden immer fragmentierter. So wundert 
es nicht, dass ein vermehrter Anstieg von 
aggregierten Marktplätzen zu verzeichnen 
ist und dass Gemischtwarenplattformen 
wie Amazon und Alibaba weltweit an Be-deutung 
gewinnen. Diesen Alibaba-Effekt 
(Sesam öffne dich) nutzen nun auch Ni-schenanbieter 
oder Plattformen im Inter-net. 
So treten vermehrt Marktplätze auf 
den Plan und füllen vertikal die Lücken, wo 
ein klassischer horizontaler Anbieter nicht 
mithalten kann. Man schliesst sich also in 
einem virtuellen Binnenmarkt zusammen, 
um gemeinsam von aggregierten Besu-chern 
und Skaleneffekten zu profitieren. 
Die Marktplatz-Vorteile 
Woher kommt dieser Erfolg von Gemischt-waren- 
Plattformen wie Amazon, Alibaba 
und Co? Für den Konsumenten gibt es drei 
wichtige Kriterien für die Wahl des richti-gen 
Anbieters im Bereich E-Commerce: 
Preis, Verfügbarkeit und Liefergeschwin-digkeit. 
Daher setzen bekannte Anbieter 
im Elektronikbereich just auf diese Fakto-ren 
in ihren Werbebotschaften. Nachgela-gert 
spielt bei Kunden der Bestellprozess, 
der Kundendienst und das damit in Ein-klang 
gehende Vertrauen eine wichtige 
Rolle. Doch gerade bei den ersten drei 
Faktoren kann ein Marktplatz dank der 
In tegration verschiedener Anbieter und 
Lieferanten einen intrinsischen Ausgleich 
schaffen zwischen einzelnen Angeboten: 
Ist ein Angebot bei einem Anbieter derzeit 
nicht verfügbar, dafür bei einem zweiten, 
wird der Kunde dem Marktplatz treu blei-ben, 
wohingegen bei einer Enttäuschung 
die Gefahr gross ist, dass der Abnehmer der 
Plattform den Rücken kehrt und schlimms-tenfalls 
nicht zurückkehrt. Dabei kann ein 
Angebot innerhalb des Marktplatzes zwar 
im Service variieren (Verfügbarkeit, Lie-fergeschwindigkeit), 
mittelfristig werden 
sich die Produkte entweder im Preis oder 
im Service und der Leistung angleichen 
und über das Produkt differenzieren (frei 
nach Michael Porters Strategieformulie-rung: 
der Kunde bestimmt das Angebot 
nachhaltig). 
So hat selbst Amazon es verstanden, dass 
es nicht alle Produkte in allen Tiefen und 
Linien anbieten kann. Die Lager- und Be-schaffungsrisiken 
wären viel zu gross. 
Schon alleine deshalb macht eine Integra-tion 
von verschiedenen Anbietern Sinn, 
können so doch verschiedenste Angebote 
an einem Ort zusammenkommen und ge-meinsam 
von den vorhandenen Kunden 
profitieren. Analog einem Warenhaus mit 
Shop-in-Shop-Konzept setzt man dabei auf 
Kernwerte und Aussenwirkung und kann 
kurz & bündig 
› Marktplätze füllen vertikal die 
Lücken, wo ein klassischer hori-zontaler 
Anbieter nicht mithal-ten 
kann. 
› Mit gemeinsamen Marktplätzen 
können die Investitionen im Mar-keting 
multipliziert, Kundenbe-sucher 
aggregiert und Upselling 
betrieben werden. 
› Anstatt einzelne Webshops zu 
bewerben, kann ein Marktplatz 
durch Gemeinschaftskosten oder 
Grundgebühren dafür sorgen, 
die Plattform für alle Teilnehmer 
entsprechend zu bewerben. 
! 
› Roger Basler
00 
KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2014 
Marketing & Vertrieb 
unterschiedlichste Produkte unter einem 
Dach feilbieten. 
Dies führt zum nächsten Punkt: Gemein-same 
Marketingeffekte führen zu aggre-giertem 
Traffic und Besuchern. Anstatt 
einzelne Webshops zu bewerben, kann ein 
Marktplatz durch Gemeinschaftskosten 
oder Grundgebühren dafür sorgen, die 
Plattform für alle Teilnehmer entspre-chend 
zu bewerben. Durch die Ange-botstiefe, 
die Verlinkung und Bewerbung 
der einzelnen Lieferanten und Anbieter 
wiederum wird organisch Suchmaschi-nenoptimierung 
betrieben, was die Posi-tion 
des Marktplatzes innerhalb des Such-maschinen- 
Netzwerkes stärkt und Kunden 
in einer Aufwärtsspirale akquirieren lässt. 
Auch für B2B interessant 
Ein solcher Marktplatz ist nicht nur für 
Konsumgüter attraktiv – gerade im B2B-Bereich 
könnte man mit entsprechender 
Offenheit rasch Marktanteile gewinnen 
und einen festen Absatzort im Online ge-winnen. 
«Wir sind nicht Amazon», hört 
man dabei oft, was eigentlich schade ist. 
War vor zehn Jahren Amazon doch noch 
um ein Vielfaches kleiner. Ob nun Amazon 
im Westen oder Alibaba Rakuten im Osten 
– aggregierte Marktplatz-Riesen bestim-men 
mehr und mehr den kommerziellen 
Markt. So hat Amazon angekündigt, dass 
es bereits über eine Milliarde Produkte an-bietet, 
und mit der neuesten Entwicklung 
des eigenen Mobiltelefons Fire-Fly ist es 
nun möglich, diese Produkte in einem Bild 
zu erfassen und zu kaufen. 
Während einige Hersteller und Einzel-händler 
sich immer noch ausschliesslich 
auf ihre Marke und ihr bestehendes Distri-butions- 
Netzwerk verlassen, ist ihnen ent-gangen, 
dass der Kunde König ist und er 
heute mehr und mehr die Wahl hat. Markt-anteile 
werden geringer werden und die 
Abnahmemöglichkeiten werden immer 
fragmentierter. So kann zwar im Konsum-bereich 
noch von einem Einkaufserlebnis 
gesprochen werden, aber insbesondere 
B2B-Anbieter tun sich gut daran, Skalen-effekte 
zu nutzen und gemeinsame Markt-plätze 
aufzubauen. Nur somit können die 
Investitionen im Marketing multipliziert, 
Kundenbesucher aggregiert und Upselling 
betrieben werden. Denn auf der anderen 
Seite zählen einzig die Lieferung, der Preis 
und der Service. 
Amazon geht offline 
Spannend an der derzeitigen Entwick-lung 
sind zwei massgebende Schritte der 
grossen Anbieter aus den USA (Amazon) 
und China (Alibaba). So hat Amazon im 
Oktober angekündigt, den ersten Laden 
in New York zu eröffnen. Wer nun ein rie-siges 
Kaufhaus erwartet, wird aber ent-täuscht 
werden. Amazon will nämlich in 
dem Laden in der Nähe des Empire State 
Buildings seinen Kunden vor allem Ser-vice 
bieten. So können sie unter anderem 
online bestellte Waren abholen und nicht 
mehr erwünschte Artikel zurückgeben. 
Ausserdem soll es dort in einer Art Mini- 
Lagerhaus ein eingeschränktes Sortiment 
von Waren zur Zustellung am selben Tag 
(same day delivery) innerhalb New Yorks 
geben. 
Amazon möchte die Fläche auch dazu nut-zen, 
seine Geräte wie Kindle-Tablets oder 
die Fernsehbox Fire TV zu demonstrieren. 
Das schafft einerseits Nähe zum Kunden 
und ist für ein Publikum im höheren 
Preissegment sehr attraktiv. Diese sind 
prädestiniert, diese Produkte zu nutzen. 
Wer nun denkt, dass dies auf die USA be-schränkt 
bleiben wird, vergisst komplett, 
dass alleine in Deutschland bereits 10 000 
Personen für Amazon arbeiten, in der Vor-weihnachtszeit 
sind es sogar über 25 000 
an rund elf Standorten. Ein Übergangs-und 
Verkaufsgeschäft liegt da nahe, sollte 
der Flagship Store in New York erfolgreich 
sein und Schule machen. 
Und was macht Alibaba? Der Anbieter aus 
China, welcher heute rund 80 Prozent des 
chinesischen Marktes dominiert, hat sei-nerseits 
Ende September den wohl gröss-ten 
Börsengang der Geschichte hingelegt. 
Das Unternehmen unter der Leitung des 
ehrgeizigen Jack Ma, einst Englischleh-rer, 
hat nicht nur einen eigenen Markt-platz 
(Taobao) mit über 500 Millionen 
Nutzern. Er schafft mit seinem eigenen 
Zahlungssystem (Alipay) und seinem An-gebot 
der Alibaba-Universitätsausbildung 
für E-Commerce-Einsteiger die Vorausset-zungen 
für eine weltweite Dominanz des 
Onlinehandels. Dazu braucht Alibaba in 
Zukunft keine Kapitalgeber mehr, denn 
sie haben nun die Erlaubnis, eine eigene 
Bank zu gründen. Das Kapital ist jeden-falls 
vorhanden. Die Frage bleibt, wie die 
Schweiz reagiert, wenn es heisst: Sesam 
öffne dich. « 
Porträt 
Roger Basler 
Berater 
Roger Basler ist Betriebsökonom FH und Unternehmens- 
Architekt. Seine Fachspezialisierungen sind Business-De-velopment, 
New Media, Social Commerce und Digitales 
Marketing. Er ist Inhaber der Digital Marketing Agentur 
Gustav & Paul, Geschäftsführer der Swiss E-Commerce 
Academy und ist im Vorstand der MSM Investorenvereinigung, welche Start-ups 
berät und finanziert. 
Kontakt 
basler@unternehmens-architekt.ch 
www.rogerbasler.com, www. unternehmens-architekt.ch

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Marktplatzriesen im e-Commerce

  • 1. 00 E-Commerce Marktplatz-Riesen bestimmen das Onlinegeschäft Aggregierte Marktplätze und Gemischtwarenplattformen gewinnen an Bedeutung. Für Hersteller und Händler, auch im B2B-Bereich, kann es Sinn machen, sich nicht ausschliess-lich auf ihre Marke und das bestehende Distributions-Netzwerk zu verlassen, sondern den Aufbau gemeinsamer Marktplätze in die Strategieüberlegungen einzubeziehen. KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2014 Marketing & Vertrieb Die Zahlen, welche der E-Commerce-Ver-band FEVAD dieses Jahr veröffentlicht hat, könnten der Beleg für einen längerfristigen Trend sein. Demnach wächst das Gesamt-volumen im E-Commerce, wenn auch nicht mehr so stark, und die Absatzkanäle werden immer fragmentierter. So wundert es nicht, dass ein vermehrter Anstieg von aggregierten Marktplätzen zu verzeichnen ist und dass Gemischtwarenplattformen wie Amazon und Alibaba weltweit an Be-deutung gewinnen. Diesen Alibaba-Effekt (Sesam öffne dich) nutzen nun auch Ni-schenanbieter oder Plattformen im Inter-net. So treten vermehrt Marktplätze auf den Plan und füllen vertikal die Lücken, wo ein klassischer horizontaler Anbieter nicht mithalten kann. Man schliesst sich also in einem virtuellen Binnenmarkt zusammen, um gemeinsam von aggregierten Besu-chern und Skaleneffekten zu profitieren. Die Marktplatz-Vorteile Woher kommt dieser Erfolg von Gemischt-waren- Plattformen wie Amazon, Alibaba und Co? Für den Konsumenten gibt es drei wichtige Kriterien für die Wahl des richti-gen Anbieters im Bereich E-Commerce: Preis, Verfügbarkeit und Liefergeschwin-digkeit. Daher setzen bekannte Anbieter im Elektronikbereich just auf diese Fakto-ren in ihren Werbebotschaften. Nachgela-gert spielt bei Kunden der Bestellprozess, der Kundendienst und das damit in Ein-klang gehende Vertrauen eine wichtige Rolle. Doch gerade bei den ersten drei Faktoren kann ein Marktplatz dank der In tegration verschiedener Anbieter und Lieferanten einen intrinsischen Ausgleich schaffen zwischen einzelnen Angeboten: Ist ein Angebot bei einem Anbieter derzeit nicht verfügbar, dafür bei einem zweiten, wird der Kunde dem Marktplatz treu blei-ben, wohingegen bei einer Enttäuschung die Gefahr gross ist, dass der Abnehmer der Plattform den Rücken kehrt und schlimms-tenfalls nicht zurückkehrt. Dabei kann ein Angebot innerhalb des Marktplatzes zwar im Service variieren (Verfügbarkeit, Lie-fergeschwindigkeit), mittelfristig werden sich die Produkte entweder im Preis oder im Service und der Leistung angleichen und über das Produkt differenzieren (frei nach Michael Porters Strategieformulie-rung: der Kunde bestimmt das Angebot nachhaltig). So hat selbst Amazon es verstanden, dass es nicht alle Produkte in allen Tiefen und Linien anbieten kann. Die Lager- und Be-schaffungsrisiken wären viel zu gross. Schon alleine deshalb macht eine Integra-tion von verschiedenen Anbietern Sinn, können so doch verschiedenste Angebote an einem Ort zusammenkommen und ge-meinsam von den vorhandenen Kunden profitieren. Analog einem Warenhaus mit Shop-in-Shop-Konzept setzt man dabei auf Kernwerte und Aussenwirkung und kann kurz & bündig › Marktplätze füllen vertikal die Lücken, wo ein klassischer hori-zontaler Anbieter nicht mithal-ten kann. › Mit gemeinsamen Marktplätzen können die Investitionen im Mar-keting multipliziert, Kundenbe-sucher aggregiert und Upselling betrieben werden. › Anstatt einzelne Webshops zu bewerben, kann ein Marktplatz durch Gemeinschaftskosten oder Grundgebühren dafür sorgen, die Plattform für alle Teilnehmer entsprechend zu bewerben. ! › Roger Basler
  • 2. 00 KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2014 Marketing & Vertrieb unterschiedlichste Produkte unter einem Dach feilbieten. Dies führt zum nächsten Punkt: Gemein-same Marketingeffekte führen zu aggre-giertem Traffic und Besuchern. Anstatt einzelne Webshops zu bewerben, kann ein Marktplatz durch Gemeinschaftskosten oder Grundgebühren dafür sorgen, die Plattform für alle Teilnehmer entspre-chend zu bewerben. Durch die Ange-botstiefe, die Verlinkung und Bewerbung der einzelnen Lieferanten und Anbieter wiederum wird organisch Suchmaschi-nenoptimierung betrieben, was die Posi-tion des Marktplatzes innerhalb des Such-maschinen- Netzwerkes stärkt und Kunden in einer Aufwärtsspirale akquirieren lässt. Auch für B2B interessant Ein solcher Marktplatz ist nicht nur für Konsumgüter attraktiv – gerade im B2B-Bereich könnte man mit entsprechender Offenheit rasch Marktanteile gewinnen und einen festen Absatzort im Online ge-winnen. «Wir sind nicht Amazon», hört man dabei oft, was eigentlich schade ist. War vor zehn Jahren Amazon doch noch um ein Vielfaches kleiner. Ob nun Amazon im Westen oder Alibaba Rakuten im Osten – aggregierte Marktplatz-Riesen bestim-men mehr und mehr den kommerziellen Markt. So hat Amazon angekündigt, dass es bereits über eine Milliarde Produkte an-bietet, und mit der neuesten Entwicklung des eigenen Mobiltelefons Fire-Fly ist es nun möglich, diese Produkte in einem Bild zu erfassen und zu kaufen. Während einige Hersteller und Einzel-händler sich immer noch ausschliesslich auf ihre Marke und ihr bestehendes Distri-butions- Netzwerk verlassen, ist ihnen ent-gangen, dass der Kunde König ist und er heute mehr und mehr die Wahl hat. Markt-anteile werden geringer werden und die Abnahmemöglichkeiten werden immer fragmentierter. So kann zwar im Konsum-bereich noch von einem Einkaufserlebnis gesprochen werden, aber insbesondere B2B-Anbieter tun sich gut daran, Skalen-effekte zu nutzen und gemeinsame Markt-plätze aufzubauen. Nur somit können die Investitionen im Marketing multipliziert, Kundenbesucher aggregiert und Upselling betrieben werden. Denn auf der anderen Seite zählen einzig die Lieferung, der Preis und der Service. Amazon geht offline Spannend an der derzeitigen Entwick-lung sind zwei massgebende Schritte der grossen Anbieter aus den USA (Amazon) und China (Alibaba). So hat Amazon im Oktober angekündigt, den ersten Laden in New York zu eröffnen. Wer nun ein rie-siges Kaufhaus erwartet, wird aber ent-täuscht werden. Amazon will nämlich in dem Laden in der Nähe des Empire State Buildings seinen Kunden vor allem Ser-vice bieten. So können sie unter anderem online bestellte Waren abholen und nicht mehr erwünschte Artikel zurückgeben. Ausserdem soll es dort in einer Art Mini- Lagerhaus ein eingeschränktes Sortiment von Waren zur Zustellung am selben Tag (same day delivery) innerhalb New Yorks geben. Amazon möchte die Fläche auch dazu nut-zen, seine Geräte wie Kindle-Tablets oder die Fernsehbox Fire TV zu demonstrieren. Das schafft einerseits Nähe zum Kunden und ist für ein Publikum im höheren Preissegment sehr attraktiv. Diese sind prädestiniert, diese Produkte zu nutzen. Wer nun denkt, dass dies auf die USA be-schränkt bleiben wird, vergisst komplett, dass alleine in Deutschland bereits 10 000 Personen für Amazon arbeiten, in der Vor-weihnachtszeit sind es sogar über 25 000 an rund elf Standorten. Ein Übergangs-und Verkaufsgeschäft liegt da nahe, sollte der Flagship Store in New York erfolgreich sein und Schule machen. Und was macht Alibaba? Der Anbieter aus China, welcher heute rund 80 Prozent des chinesischen Marktes dominiert, hat sei-nerseits Ende September den wohl gröss-ten Börsengang der Geschichte hingelegt. Das Unternehmen unter der Leitung des ehrgeizigen Jack Ma, einst Englischleh-rer, hat nicht nur einen eigenen Markt-platz (Taobao) mit über 500 Millionen Nutzern. Er schafft mit seinem eigenen Zahlungssystem (Alipay) und seinem An-gebot der Alibaba-Universitätsausbildung für E-Commerce-Einsteiger die Vorausset-zungen für eine weltweite Dominanz des Onlinehandels. Dazu braucht Alibaba in Zukunft keine Kapitalgeber mehr, denn sie haben nun die Erlaubnis, eine eigene Bank zu gründen. Das Kapital ist jeden-falls vorhanden. Die Frage bleibt, wie die Schweiz reagiert, wenn es heisst: Sesam öffne dich. « Porträt Roger Basler Berater Roger Basler ist Betriebsökonom FH und Unternehmens- Architekt. Seine Fachspezialisierungen sind Business-De-velopment, New Media, Social Commerce und Digitales Marketing. Er ist Inhaber der Digital Marketing Agentur Gustav & Paul, Geschäftsführer der Swiss E-Commerce Academy und ist im Vorstand der MSM Investorenvereinigung, welche Start-ups berät und finanziert. Kontakt basler@unternehmens-architekt.ch www.rogerbasler.com, www. unternehmens-architekt.ch