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F 2.8
Prinzipien staatlicher Kunstförderung




                                                               Dr. Eckhard Braun



Staatliche Kunstförderung in Deutschland und in den Ländern der EU unterliegt dem jeweils gel-
tenden Verfassungsrecht. Aus ihm lassen sich Prinzipien (Maßstäbe) ableiten, welche sowohl den
Schutzbereich der Kunstfreiheit wie auch Umfang und Maß des Förderauftrags und der Gestal-
tungskompetenz des Staates auf dem Gebiet der Kunst bestimmen. Solche Prinzipien setzen einen
Ordnungsrahmen für die Praxis staatlicher Kunstförderung. Es geht konkret darum, dass staatliches
Handeln angemessen neutral gegenüber den autonomen und pluralen Erscheinungsformen der
Kunst auftritt und gleichzeitig die Interessen des Gemeinwohls verfolgt, weiterhin, dass es subsidiär
ist und bestimmte Standards in Organisation und Verfahren staatlicher Kunstförderung einhält.


Gliederung                                                                                     Seite

1.     Einleitung                                                                                  2
2.     Neutralität                                                                                 5
3.     Autonomie                                                                                   9
4.     Pluralität                                                                                 16
5.     Gemeinwohlinteresse und staatlicher Auftrag                                                19
6.     Subsidiarität                                                                              24
7.     Organisations- und Verfahrensstandards                                                     27
8.     Abschluss mit Prüfschema                                                                   30




                                                                                                   1
F 2.8                                                              Finanzierung und Förderung

Öffentliche Kulturförderung




                              1.    Einleitung
Staat und Kultur              Staatliches Handeln unterliegt dem gesetzten Recht. Dies dient in der
                              modernen Demokratie der Freiheitssicherung der Individuen und der
                              gesellschaftlichen Gruppen, die sich freilich nicht gegen den Staat,
                              sondern in ihm und durch ihn organisieren. Die Kultur einer Gesell-
                              schaft ist im Idealfall identisch mit der Kultur ihres Staates, die zu
                              schützen und zu fördern wiederum staatliche Aufgabe ist. Vorausset-
                              zung dieses Staats- und Gesellschaftsbildes ist, dass der Staat gegen-
                              über den vielfältigen (pluralen) Erscheinungsformen seiner eigenen
                              Kultur nicht indifferent oder distanziert, sondern positiv, wohlwollend,
                              bejahend sowie gegenüber Haltungen, die von den Grund- und Frei-
                              heitsrechten abweichen, selbstbewusst tolerant auftritt, gegebenenfalls
                              auch wehrhaft, wenn es um die Verteidigung der auf den Verfas-
                              sungswerten aufbauenden Rechtskultur geht. Denn der Staat, der die
                              Werte der Freiheit und der Menschenwürde achtet, ist durch das Tole-
                              ranzgebot (bspw. Meinungsfreiheit / Art. 5 Abs. 1 GG) verpflichtet,
                              fremde Meinungen, Lebenseinstellungen und Kulturen zu respektieren
                              und ihnen Schutz zu gewähren, solange sie nicht aktiv gegen diesen
                              Staat agieren und seine Gesetze verletzen.

Kunstfreiheitsgarantie        Einer der nicht nur (tolerant) zu schützenden, sondern auch aktiv zu
                              fördernden Freiheitswerte ist die im deutschen Grundgesetz speziell
                              geregelte Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG mit dem (hier
                              verkürzt wiedergegebenen) Wortlaut: „[Die] Kunst [ist] frei“. Diese
                              Kunstfreiheitsgarantie hat einen besonderen Freiheitsstatus, der durch
                              allgemeine Gesetze nicht eingeschränkt werden kann. Lediglich die
                              durch andere Grundrechte entstehenden immanenten Schranken be-
                              stimmen nach Abwägung betroffener Rechtsgüter die Grenzen künst-
                              lerischen Handelns, künstlerischer Aussage und Rezeption.1

Inhalt der Kunstfreiheit      Nun stellt sich die Frage, was genau durch diese Kunstfreiheit garan-
                              tiert wird bzw. was konkret geschützt oder gefördert werden muss.
                              Mit anderen Worten: Was ist Inhalt der Kunstfreiheit? – Danach erst
                              folgt die Frage, wie dies zu erreichen ist. Der Inhalt der Kunstfreiheit
                              lässt sich mithilfe der der Kunst immanenten Eigenschaften bestim-
                              men. Dies sind ihre autonomen (d.h. eigengesetzlichen) und deren
                              plurale (d.h. vielfältige) Erscheinungsformen. Autonomie und Plurali-
                              tät der Kunst sind überall, wo Menschen sich künstlerisch betätigen,
                              zu beobachten. Sie verwahren sich gegen jede Form von Einschrän-
                              kung und Indoktrination. Nicht-autonome und nicht-plurale Kunstaus-
                              prägungen (wie sie z.B. in totalitären Staaten und Kulturen erzwungen
                              werden) sind unfrei. Die Achtung der Autonomie und der Pluralität
                              der Kunst sind daher grundlegende Voraussetzungen eines ihre Frei-
                              heit schützenden und fördernden Staatshandelns.




2
Finanzierung und Förderung                                                                     F 2.8

                                                                           Öffentliche Kulturförderung




Wie die Achtung von Autonomie und Pluralität der Kunst gewährleis-                 Umgang mit der
tet und befördert werden kann, ist eine Frage des Umgangs mit der                    Kunstfreiheit
Kunst. Wie geht der Staat mit den Erscheinungsformen der Kunst um?
Tritt er ihr (der Kunst) gegenüber autoritär auf, ist er an einen Kanon
gebunden, beachtet er festgelegte inhaltliche, ästhetische, ethische
oder andere Wertmaßstäbe oder ist er in jeder Hinsicht bloß tolerant,
distanziert, uninteressiert oder gar völlig indifferent? Beide Formen
des Umgangs erscheinen nicht wirklich zutreffend. Die Antwort ist –
wie so oft – keine einfache. Sie verweist auf ein differenziertes Sys-
tem von Prinzipien, die von Seiten des Staates zu beachten sind. Dies
wird im Folgenden vorgestellt.

Der o.g. Wortlaut des Artikels 5 Abs. 3 Satz 1 GG könnte zu der An-        Das Dilemma staatlicher
sicht verleiten, der Staat habe sich aus allem, was die Kunst betrifft,            Kunstförderung
herauszuhalten und habe lediglich für den Schutz vor staatlichen oder
anderen (individuellen oder gesellschaftlichen) Angriffen auf den Frei-
raum der Kunst einzustehen. Doch nach der heute herrschenden An-
sicht ist der Staat darüber hinaus verpflichtet, den Freiheitsraum der
Grundrechte aktiv zu gestalten und Rahmenbedingungen zu schaffen,
die eine Entfaltung und Verwirklichung des Freiheitsrechts gewähr-
leisten. Im Falle der Kunstfreiheit heißt dies, dass der Kunst förderli-
che Rahmenbedingungen bestehen müssen. Kulturpolitiker sprechen
davon, dass eine kulturelle Infrastruktur vorzuhalten sei, mindestens
aber die kulturelle Grundversorgung des Bürgers zu sichern sei, um
den Mindeststandard staatlicher Kunstförderung zu gewährleisten.2

In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass der Staat
Kunst nicht um ihrer selbst willen fördert – also nicht als l’art pour
l’art –, sondern weil sie der individuellen Entfaltung der Menschen
(Persönlichkeitsbildung) dient und einen wesentlichen Beitrag zur
Gestaltung der Kultur von Gesellschaft und Staat (s.o. Einleitung Staat
und Kultur) liefert. Diesem am Gemeinwohl orientierten Staatsinteres-
se dienen zum einen die Förderung der Kunst und des Weiteren auch
alle Aufgaben der allgemeinen Kulturförderung.

Da der Staat jedoch aus tatsächlichen und finanziellen Gründen nicht
jede künstlerische Äußerung fördern kann, muss entschieden werden,
was gefördert und was nicht gefördert werden soll. Dabei findet un-
vermeidlich eine Auswahl statt, beispielsweise hinsichtlich Qualität
und Wert der inhaltlichen Aussagen von Kunstwerken. Eine Bewer-
tung verstößt jedoch potenziell gegen die unbeschränkbare Kunstfrei-
heit nach dem Grundgesetz und dem daraus abgeleiteten Verbot staat-
lichen Kunstrichtertums, denn letztlich ist jede Förderung eine Aus-
wahl und daher mindestens indirekt eine Einflussnahme auf den
Kunstbereich. Damit ist das Dilemma staatlicher Kunstförderung for-
muliert, das sich zwischen dem Wortlaut der Kunstfreiheitgarantie und
dem staatlichen Interesse an der Förderung des Gemeinwohls auftut.3




                                                                                                    3
F 2.8                                                               Finanzierung und Förderung

Öffentliche Kulturförderung




Die Regulierung               Staatliches Handeln im Freiheitsbereich der Kunst ist also vor die
des Dilemmas                  Aufgabe gestellt, zwei gegensätzlichen Forderungen gerecht zu wer-
                              den: die nach der Freiheit der Kunst und die nach Förderung der
                              Kunst. Dieses Dilemma verlangt jedoch nicht nach Auflösung, son-
                              dern nach Regulierung; es verlangt danach, die ihm eigene Spannung
                              auszubalancieren und beständig zwischen den Anforderungen der
                              Freiheit und den Zwecken und Zielen der Förderung abzuwägen. Das
                              ist mit Hilfe der nachfolgend dargestellten Prinzipien möglich, wenn
                              diese konsequent angewandt werden, weil sie in der Lage sind, der
                              Ambivalenz dieser Forderungen zu entsprechen und zu gewährleisten,
                              dass der Staat Schutz und Förderung so erfüllt, dass das Grundrecht
                              der Kunstfreiheit nicht beschädigt wird, d.h. dass Kunst tatsächlich
                              gefördert, aber gleichzeitig nicht beschränkt, zumindest nicht in ihrem
                              Kernbereich verletzt wird.

Die Fülle möglicher             In kulturpolitischen Äußerungen und in der rechtstheoretischen Litera-
Prinzipien                      tur zur Kunstfreiheit findet man eine Fülle grundsätzlicher Anforde-
                                rungen und Maßstäbe, die für die staatliche Kunstförderung normativ
                                bedeutend sind. Doch handelt es sich dabei nicht ausschließlich um
                                Prinzipien staatlicher Kunstförderung, sondern um solche, die das
                                allgemeine, das gesamte Staatshandeln betreffen. Dazu gehören Ver-
                                                        haltensmaßstäbe des „guten“ Staatshandelns
                                                        im demokratischen Staat wie Gerechtigkeit,
                                                        Toleranz, Verantwortung, Solidarität, Fairness,
                                                        Transparenz, Effizienz, Wirtschaftlichkeit
                                                        sowie eine Reihe von Verfassungsprinzipien
                                                        wie die Achtung der Menschenwürde, das
                                                        Demokratie-, Rechts- und Sozialstaatsprinzip,
    Jedes staatliche Handeln im Bereich der Kunst       die Prinzipien des Föderalismus und der De-
    unterliegt den Anforderungen der Kunstfrei-         zentralität. Auch das Kulturstaatsprinzip –
    heitsgarantie gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG.        soweit man ein solches bejaht – vermittelt
    Dies wird auch dann gelten, wenn der Gesetz-        keine konkreten, speziell die Kunstfreiheit
    geber die Verfassung um eine Kulturförde-           betreffenden Handlungsmaßstäbe. Dasselbe
    rungs- bzw. Kulturstaatsklausel ergänzen soll-      gilt auch für die allgemeinen Verwaltungs-
    te. Die aktive staatliche Förderung von Kunst       grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der
    widerspricht dann nicht der Garantie der Kunst-
    freiheit, wenn die aus der Freiheitsgarantie zu
                                                        Gleichbehandlung und des Willkürverbots
    entwickelnden Prinzipien staatlicher Kunstför-      sowie die Forderungen nach Kooperation,
    derung hinreichend beachtet werden.                 Partizipation, Offenheit und Transparenz des
                                                        Staates.

Spezielle Prinzipien          Für die staatliche Kunstförderung gibt es dagegen nur sehr wenige
staatlicher                   speziell auf sie zutreffende Prinzipien, die geeignet sind, die Beson-
Kunstförderung                derheiten der Kunst – auch in Abgrenzung zur allgemeinen Kulturför-
                              derung – zu berücksichtigen. Das wichtigste Prinzip, nach dem die
                              Kunstfreiheit verlangt, ist das der Neutralität. Es beschreibt das Ver-
                              hältnis des Staates zu einem jeweils nach speziellen Regeln zu schüt-
                              zenden Sach- und Lebensbereich ähnlich wie das zu den Bereichen
                              der Religionsfreiheit oder der Tarifautonomie. Dort ist ein lediglich
                              tolerantes Akzeptieren nicht ausreichend, der Staat kann nicht im




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Dr. Eckhard Braun: Prinzipien staatlicher Kunstförderung

  • 1. F 2.8 Prinzipien staatlicher Kunstförderung Dr. Eckhard Braun Staatliche Kunstförderung in Deutschland und in den Ländern der EU unterliegt dem jeweils gel- tenden Verfassungsrecht. Aus ihm lassen sich Prinzipien (Maßstäbe) ableiten, welche sowohl den Schutzbereich der Kunstfreiheit wie auch Umfang und Maß des Förderauftrags und der Gestal- tungskompetenz des Staates auf dem Gebiet der Kunst bestimmen. Solche Prinzipien setzen einen Ordnungsrahmen für die Praxis staatlicher Kunstförderung. Es geht konkret darum, dass staatliches Handeln angemessen neutral gegenüber den autonomen und pluralen Erscheinungsformen der Kunst auftritt und gleichzeitig die Interessen des Gemeinwohls verfolgt, weiterhin, dass es subsidiär ist und bestimmte Standards in Organisation und Verfahren staatlicher Kunstförderung einhält. Gliederung Seite 1. Einleitung 2 2. Neutralität 5 3. Autonomie 9 4. Pluralität 16 5. Gemeinwohlinteresse und staatlicher Auftrag 19 6. Subsidiarität 24 7. Organisations- und Verfahrensstandards 27 8. Abschluss mit Prüfschema 30 1
  • 2. F 2.8 Finanzierung und Förderung Öffentliche Kulturförderung 1. Einleitung Staat und Kultur Staatliches Handeln unterliegt dem gesetzten Recht. Dies dient in der modernen Demokratie der Freiheitssicherung der Individuen und der gesellschaftlichen Gruppen, die sich freilich nicht gegen den Staat, sondern in ihm und durch ihn organisieren. Die Kultur einer Gesell- schaft ist im Idealfall identisch mit der Kultur ihres Staates, die zu schützen und zu fördern wiederum staatliche Aufgabe ist. Vorausset- zung dieses Staats- und Gesellschaftsbildes ist, dass der Staat gegen- über den vielfältigen (pluralen) Erscheinungsformen seiner eigenen Kultur nicht indifferent oder distanziert, sondern positiv, wohlwollend, bejahend sowie gegenüber Haltungen, die von den Grund- und Frei- heitsrechten abweichen, selbstbewusst tolerant auftritt, gegebenenfalls auch wehrhaft, wenn es um die Verteidigung der auf den Verfas- sungswerten aufbauenden Rechtskultur geht. Denn der Staat, der die Werte der Freiheit und der Menschenwürde achtet, ist durch das Tole- ranzgebot (bspw. Meinungsfreiheit / Art. 5 Abs. 1 GG) verpflichtet, fremde Meinungen, Lebenseinstellungen und Kulturen zu respektieren und ihnen Schutz zu gewähren, solange sie nicht aktiv gegen diesen Staat agieren und seine Gesetze verletzen. Kunstfreiheitsgarantie Einer der nicht nur (tolerant) zu schützenden, sondern auch aktiv zu fördernden Freiheitswerte ist die im deutschen Grundgesetz speziell geregelte Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG mit dem (hier verkürzt wiedergegebenen) Wortlaut: „[Die] Kunst [ist] frei“. Diese Kunstfreiheitsgarantie hat einen besonderen Freiheitsstatus, der durch allgemeine Gesetze nicht eingeschränkt werden kann. Lediglich die durch andere Grundrechte entstehenden immanenten Schranken be- stimmen nach Abwägung betroffener Rechtsgüter die Grenzen künst- lerischen Handelns, künstlerischer Aussage und Rezeption.1 Inhalt der Kunstfreiheit Nun stellt sich die Frage, was genau durch diese Kunstfreiheit garan- tiert wird bzw. was konkret geschützt oder gefördert werden muss. Mit anderen Worten: Was ist Inhalt der Kunstfreiheit? – Danach erst folgt die Frage, wie dies zu erreichen ist. Der Inhalt der Kunstfreiheit lässt sich mithilfe der der Kunst immanenten Eigenschaften bestim- men. Dies sind ihre autonomen (d.h. eigengesetzlichen) und deren plurale (d.h. vielfältige) Erscheinungsformen. Autonomie und Plurali- tät der Kunst sind überall, wo Menschen sich künstlerisch betätigen, zu beobachten. Sie verwahren sich gegen jede Form von Einschrän- kung und Indoktrination. Nicht-autonome und nicht-plurale Kunstaus- prägungen (wie sie z.B. in totalitären Staaten und Kulturen erzwungen werden) sind unfrei. Die Achtung der Autonomie und der Pluralität der Kunst sind daher grundlegende Voraussetzungen eines ihre Frei- heit schützenden und fördernden Staatshandelns. 2
  • 3. Finanzierung und Förderung F 2.8 Öffentliche Kulturförderung Wie die Achtung von Autonomie und Pluralität der Kunst gewährleis- Umgang mit der tet und befördert werden kann, ist eine Frage des Umgangs mit der Kunstfreiheit Kunst. Wie geht der Staat mit den Erscheinungsformen der Kunst um? Tritt er ihr (der Kunst) gegenüber autoritär auf, ist er an einen Kanon gebunden, beachtet er festgelegte inhaltliche, ästhetische, ethische oder andere Wertmaßstäbe oder ist er in jeder Hinsicht bloß tolerant, distanziert, uninteressiert oder gar völlig indifferent? Beide Formen des Umgangs erscheinen nicht wirklich zutreffend. Die Antwort ist – wie so oft – keine einfache. Sie verweist auf ein differenziertes Sys- tem von Prinzipien, die von Seiten des Staates zu beachten sind. Dies wird im Folgenden vorgestellt. Der o.g. Wortlaut des Artikels 5 Abs. 3 Satz 1 GG könnte zu der An- Das Dilemma staatlicher sicht verleiten, der Staat habe sich aus allem, was die Kunst betrifft, Kunstförderung herauszuhalten und habe lediglich für den Schutz vor staatlichen oder anderen (individuellen oder gesellschaftlichen) Angriffen auf den Frei- raum der Kunst einzustehen. Doch nach der heute herrschenden An- sicht ist der Staat darüber hinaus verpflichtet, den Freiheitsraum der Grundrechte aktiv zu gestalten und Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Entfaltung und Verwirklichung des Freiheitsrechts gewähr- leisten. Im Falle der Kunstfreiheit heißt dies, dass der Kunst förderli- che Rahmenbedingungen bestehen müssen. Kulturpolitiker sprechen davon, dass eine kulturelle Infrastruktur vorzuhalten sei, mindestens aber die kulturelle Grundversorgung des Bürgers zu sichern sei, um den Mindeststandard staatlicher Kunstförderung zu gewährleisten.2 In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass der Staat Kunst nicht um ihrer selbst willen fördert – also nicht als l’art pour l’art –, sondern weil sie der individuellen Entfaltung der Menschen (Persönlichkeitsbildung) dient und einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung der Kultur von Gesellschaft und Staat (s.o. Einleitung Staat und Kultur) liefert. Diesem am Gemeinwohl orientierten Staatsinteres- se dienen zum einen die Förderung der Kunst und des Weiteren auch alle Aufgaben der allgemeinen Kulturförderung. Da der Staat jedoch aus tatsächlichen und finanziellen Gründen nicht jede künstlerische Äußerung fördern kann, muss entschieden werden, was gefördert und was nicht gefördert werden soll. Dabei findet un- vermeidlich eine Auswahl statt, beispielsweise hinsichtlich Qualität und Wert der inhaltlichen Aussagen von Kunstwerken. Eine Bewer- tung verstößt jedoch potenziell gegen die unbeschränkbare Kunstfrei- heit nach dem Grundgesetz und dem daraus abgeleiteten Verbot staat- lichen Kunstrichtertums, denn letztlich ist jede Förderung eine Aus- wahl und daher mindestens indirekt eine Einflussnahme auf den Kunstbereich. Damit ist das Dilemma staatlicher Kunstförderung for- muliert, das sich zwischen dem Wortlaut der Kunstfreiheitgarantie und dem staatlichen Interesse an der Förderung des Gemeinwohls auftut.3 3
  • 4. F 2.8 Finanzierung und Förderung Öffentliche Kulturförderung Die Regulierung Staatliches Handeln im Freiheitsbereich der Kunst ist also vor die des Dilemmas Aufgabe gestellt, zwei gegensätzlichen Forderungen gerecht zu wer- den: die nach der Freiheit der Kunst und die nach Förderung der Kunst. Dieses Dilemma verlangt jedoch nicht nach Auflösung, son- dern nach Regulierung; es verlangt danach, die ihm eigene Spannung auszubalancieren und beständig zwischen den Anforderungen der Freiheit und den Zwecken und Zielen der Förderung abzuwägen. Das ist mit Hilfe der nachfolgend dargestellten Prinzipien möglich, wenn diese konsequent angewandt werden, weil sie in der Lage sind, der Ambivalenz dieser Forderungen zu entsprechen und zu gewährleisten, dass der Staat Schutz und Förderung so erfüllt, dass das Grundrecht der Kunstfreiheit nicht beschädigt wird, d.h. dass Kunst tatsächlich gefördert, aber gleichzeitig nicht beschränkt, zumindest nicht in ihrem Kernbereich verletzt wird. Die Fülle möglicher In kulturpolitischen Äußerungen und in der rechtstheoretischen Litera- Prinzipien tur zur Kunstfreiheit findet man eine Fülle grundsätzlicher Anforde- rungen und Maßstäbe, die für die staatliche Kunstförderung normativ bedeutend sind. Doch handelt es sich dabei nicht ausschließlich um Prinzipien staatlicher Kunstförderung, sondern um solche, die das allgemeine, das gesamte Staatshandeln betreffen. Dazu gehören Ver- haltensmaßstäbe des „guten“ Staatshandelns im demokratischen Staat wie Gerechtigkeit, Toleranz, Verantwortung, Solidarität, Fairness, Transparenz, Effizienz, Wirtschaftlichkeit sowie eine Reihe von Verfassungsprinzipien wie die Achtung der Menschenwürde, das Demokratie-, Rechts- und Sozialstaatsprinzip, Jedes staatliche Handeln im Bereich der Kunst die Prinzipien des Föderalismus und der De- unterliegt den Anforderungen der Kunstfrei- zentralität. Auch das Kulturstaatsprinzip – heitsgarantie gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. soweit man ein solches bejaht – vermittelt Dies wird auch dann gelten, wenn der Gesetz- keine konkreten, speziell die Kunstfreiheit geber die Verfassung um eine Kulturförde- betreffenden Handlungsmaßstäbe. Dasselbe rungs- bzw. Kulturstaatsklausel ergänzen soll- gilt auch für die allgemeinen Verwaltungs- te. Die aktive staatliche Förderung von Kunst grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der widerspricht dann nicht der Garantie der Kunst- freiheit, wenn die aus der Freiheitsgarantie zu Gleichbehandlung und des Willkürverbots entwickelnden Prinzipien staatlicher Kunstför- sowie die Forderungen nach Kooperation, derung hinreichend beachtet werden. Partizipation, Offenheit und Transparenz des Staates. Spezielle Prinzipien Für die staatliche Kunstförderung gibt es dagegen nur sehr wenige staatlicher speziell auf sie zutreffende Prinzipien, die geeignet sind, die Beson- Kunstförderung derheiten der Kunst – auch in Abgrenzung zur allgemeinen Kulturför- derung – zu berücksichtigen. Das wichtigste Prinzip, nach dem die Kunstfreiheit verlangt, ist das der Neutralität. Es beschreibt das Ver- hältnis des Staates zu einem jeweils nach speziellen Regeln zu schüt- zenden Sach- und Lebensbereich ähnlich wie das zu den Bereichen der Religionsfreiheit oder der Tarifautonomie. Dort ist ein lediglich tolerantes Akzeptieren nicht ausreichend, der Staat kann nicht im 4