5. Vorwort
1. Vorwort
«Woher kommen wir wohin wollen wir
– – vor allem auf Massnahmen in einem über-
wie kann der Kanton Bern in einer globa- schaubaren Zeitraum fokussiert sind. Auf
lisierten Welt sein Wirtschaftswachstum der Basis einer eingehenden strukturellen
beeinflussen?» das waren die zentralen
– Analyse sowie der Beleuchtung des Um-
Fragen bei der Erarbeitung der Wirtschafts- feldes wird eine Strategie für die nächsten
strategie 2025. fünfzehn Jahre formuliert dies vor dem
–
Hintergrund eines klaren Wertesystems.
Unsere heutige Kommunikationswelt ver- Der Regierungsrat gibt mit dieser Strate-
langt nach schwarzweissen Rezepten – gie vor, wohin er den Kanton Bern in den
aber: Unser Kanton lebt von den diffe- nächsten fünfzehn Jahren wirtschaftspo-
renzierten Grautönen, gerade in der Wirt- litisch führen will: Er will die Stärken des
schaftspolitik. Kantons Berns weiter entwickeln und die
vorhandenen Schwächen bekämpfen. Er
Der gesellschaftliche Trend geht zur Ta- will, dass der Kanton auf die nächste gros-
gesaktualität aber: wir können nicht in
– se Herausforderung, nämlich die Frage des
kurzer Zeit Strukturen verändern, die sich Umgangs mit den nicht unbeschränkt zur
über viele Jahrzehnte gebildet haben. Eine Verfügung stehenden natürlichen Ressour-
erfolgreiche Wirtschaftspolitik kann nicht cen vorbereitet ist. Er will, dass von dieser
kurzfristig orientiert sein. Strategie alle Regionen des Kantons, alle
Bernerinnen und Berner profitieren wie –
Der öffentliche Diskurs lebt von den Kli- es zum gesellschaftlichen Grundkonsens
schees wie dem Vorurteil, dass der Kanton dieses Flächenkantons gehört.
Bern rückständig und langsam sei – aber:
Der Kanton Bern hat sich in den letzten Mit der Vorlage dieser umfassenden Stra-
Jahren modernisiert und ist wirtschaftlich tegie hat der Regierungsrat den ersten
besser als sein Ruf. Schritt gemacht und in der November-
session 2011 mit dem Grossen Rat einen
Mit der Wirtschaftsstrategie 2025 legt der konstruktiven Dialog geführt. Aufgrund die-
Regierungsrat ein neues strategisches Füh- ses Dialoges werden wir die notwendigen
rungsinstrument vor: Es schürft wesentlich Massnahmen entwickeln und umsetzen.
tiefer als andere Wirtschaftsstrategien, die
Regierungsrat
Andreas Rickenbacher,
Volkswirtschaftsdirektor
5
7. Zusammenfassung
2. Zusammenfassung
2.1. Allgemeines
Grundlage der Wirtschaftsstrategie 2025 Für den eiligen Leser empfiehlt es sich, ne-
bildet eine eingehende Analyse der Aus- ben der Zusammenfassung die Kapitel 3
gangslage. Diese befasst sich mit den bis 5 zu lesen (Seiten 11 bis 21).
langfristigen Entwicklungen sowie dem
internationalen und nationalen Umfeld Der Grosse Rat hat die Wirtschaftsstra-
(Kapitel 6), den volkswirtschaftlichen Ei- tegie 2025 in der Novembersession zur
genheiten des Kantons Bern sowie den Kenntnis genommen und dazu Planungs-
staatlichen Leistungen und Strukturen erklärungen abgegeben. Die Haltung des
(Kapitel 7). Zusammen mit der Analyse Regierungsrats zu diesen Erklärungen ist
wurde bei den einzelnen Themen geprüft, in die vorliegende Fassung des Berichts
wie weit der Kanton auf die Entwicklung eingearbeitet.
Einfluss nehmen kann. Gestützt auf die
Analyse werden ein strategisches Ziel mit
Grundsätzen entwickelt (Abschnitt 3.5),
und drei Strategische Handlungsachsen
mit Bereichszielen bestimmt (Kapitel 5).
Die Wirtschaftsstrategie
auf einen Blick
Strategisches
Ziel
se
Ha
gs e
Str lung
lun gisch
Handlungsachse
ach
nd
ate sa
gis chs
Strategische
Ha trate
ch e
nd
S
e
Grundsätze
Analyse
7
8. Wirtschaftsstrategie 2025
2.2. Strategisches Ziel, Grundsätze und Handlungsachsen
Die Wirtschaftsstrategie 2025 setzt sich folgendes strategisches Ziel:
Bis ins Jahr 2025 steht der Kanton Bern bei allen drei Dimensionen der Nachhal-
tigen Entwicklung (Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft) besser da als im Jahr
2011. Für die Dimension Wirtschaft bedeutet dies, dass der Wohlstand der Ber-
nerinnen und Berner über den Schweizer Durchschnitt ansteigt und dass sich der
Kanton Bern bei der Wirtschaftskraft in der Rangliste der Kantone verbessert.
Die Grundsätze beschreiben das grundlegende Wertesystem der Wirtschaftsstrategie 2025:
ƒƒ Die Wirtschaftsstrategie 2025 stärkt ƒƒ Die Wirtschaftsstrategie 2025 setzt auf
die Nachhaltige Entwicklung. die vorhandenen Stärken. Sie ist eine
Strategie für den ganzen Kanton und
ƒƒ Die Wirtschaftsstrategie 2025 gibt alle Bernerinnen und Berner.
Impulse für eine zukunftsfähige, dyna-
mische Entwicklung der Berner Wirt- ƒƒ Die Wirtschaftsstrategie 2025 ist auf
schaft. die Wirtschaftsstrategie des Bundes
abgestimmt und bildet mit anderen
kantonalen Strategien ein kohärentes
System.
Entlang von drei Strategischen Handlungsachsen werden Bereichsziele definiert.
Diese drei Handlungsachsen sind:
ƒƒ Der Kanton setzt auf Innovation und ƒƒ Der Kanton handelt verständlich und
Schonung der natürlichen Ressourcen. bürgernah. Sein Handeln verursacht
bei der Wirtschaft sowie den Bürge-
ƒƒ Der Kanton setzt Anreize richtig und rinnen und Bürgern keine unnötigen
baut bestehende Fehlanreize ab. Kosten.
2.3. Zusammenfassung Umfeld
Die Entwicklung im Kanton Bern wird stark In den nächsten fünfzehn Jahren wird
von weltweiten Entwicklungen beeinflusst. neben Globalisierung und technischem
Die Globalisierung und der technische Fortschritt auch der Umgang mit den na-
Fortschritt sowie die Entwicklung zur Wis- türlichen Ressourcen zu einem Megatrend
sensgesellschaft prägten und prägen auch werden, der unsere Wirtschaft und Gesell-
die Schweiz und den Kanton Bern. Im in- schaft tiefgreifend beeinflussen wird. Damit
ternationalen Vergleich gehören sowohl die wir bei dieser Entwicklung zu den Gewin-
Schweiz als auch der Kanton Bern zu den nern zählen, müssen wir die Weichen jetzt
Globalisierungsgewinnern. Obwohl der richtig stellen.
Kanton Bern – wie später beschrieben –
im schweizerischen Vergleich Schwächen Der Kanton Bern führt mit der vorliegen-
aufweist, ist er im internationalen Vergleich den Wirtschaftsstrategie seine aktive Wirt-
ein sehr wettbewerbsfähiger Standort. schaftspolitik fort. Auch die Eidgenossen-
schaft verfolgt eine Wachstumspolitik. Die
vorliegende kantonale Strategie ist deshalb
auf die entsprechenden Arbeiten des Bun-
8 des abgestimmt.
9. Zusammenfassung
2.4. Zusammenfassung Analyse
Der Kanton Bern hat sich in der Vergan- exportorientierte Produktions- und Dienst-
genheit im Vergleich zu anderen Kantonen leistungsbetriebe im Kanton Bern eher un-
weniger dynamisch entwickelt und liegt bei tervertreten. Insgesamt ist die Wirtschafts-
wichtigen Kennzahlen zurück. Das Brutto- kraft des Kantons Bern eher tief. Gemessen
inlandprodukt pro Kopf der Bevölkerung am Ressourcenindex 2011 (vgl. Abschnitt
wie auch pro Erwerbstätigem liegt unter 7.7.1) belegt der Kanton Bern Rang 16 von
dem Wert der Schweiz. Dies hängt mit der 26 Kantonen.
Heterogenität des Kantons zusammen:
Nebst sehr dynamischen Regionen gibt Die Steuerbelastung für juristische Perso-
es – vor allem geografisch bedingt – auch nen liegt im hinteren Mittelfeld, diejenige für
strukturschwache Gebiete (vgl. Abschnitt natürliche Personen über dem schweize-
7.4). Das Bevölkerungswachstum war rischen Schnitt. In den vergangenen zehn
deutlich unterdurchschnittlich. Auch die Jahren schloss die Staatsrechnung des
Zahl der Erwerbstätigen und der Arbeits- Kantons jeweils positiv ab. Dennoch bleibt
plätze nahm weniger stark zu als in der die Verschuldung im nationalen Vergleich
Schweiz insgesamt. Diese Entwicklung ist hoch.
eine der zentralen Ursachen für die unter-
durchschnittliche Dynamik. Das frei ver- Der Kanton Bern ist ein Flächenkanton mit
fügbare Einkommen der Bernerinnen und entsprechend grossen Anforderungen an
Berner liegt dagegen im Schweizer Durch- Infrastruktur und öffentliche Leistungen.
schnitt. Die Arbeitslosigkeit ist im Kanton Das Verkehrsangebot ist gut ausgebaut.
unter dem schweizerischen Mittel und die Ebenso das Bildungsangebot und die Ge-
Erwerbsquote ist hoch. sundheitsversorgung.
In der Branchenstruktur überdurchschnitt- Bauland ist im Kanton Bern ausreichend
lich vertreten sind Information und Kom- vorhanden, aber oft an Standorten, die für
munikation (vor allem Swisscom und Post). die wirtschaftliche Entwicklung ungünstig
Aufgrund der Hauptstadtfunktion liegt die sind. Einzonungen an attraktiven Standor-
öffentliche Verwaltung ebenfalls deutlich ten sind verschiedentlich gescheitert.
über dem schweizerischen Mittel. Bemer-
kenswert ist: In keinem anderen Kanton ar- Mit der Schaffung von fünf Verwaltungs-
beiten in absoluten Zahlen mehr Personen regionen und dem Aufbau der Regional-
in der Industrie. konferenzen hat der Kanton Bern seine
Strukturen in den letzten Jahren stark
Zusammen mit Wallis und Graubünden ist modernisiert. Bei den Gemeinden haben
Bern einer der drei grossen Tourismus- sich jedoch noch keine grossen Verände-
kantone. Eine weitere wichtige Branche rungen ergeben. Die Zahl der erfolgreichen
ist mit rund 70’000 Arbeitsplätzen das Gemeindefusionen entspricht nicht den Er-
Gesundheitswesen. Dagegen sind grosse, wartungen.
9
11. Zur Wirtschaftsstrategie 2025
3. Zur Wirtschaftsstrategie 2025
3.1. Erarbeitung
Der Kanton Bern hat mit einem Control- den klassischen Elementen der Strategie-
lingbericht die Berichterstattung zur Um- entwicklung ein grosses Gewicht beige-
setzung der «wachstumsstrategie version messen:
2007», der «Wachstumsstrategie 2004»
und der «Strategie für eine differenzierte Die Wirtschaftsstrategie 2025 beruht auf
Stärkung des ländlichen Raums» abge- einer eingehenden Analyse der Ausgangs-
schlossen1. Das Formulieren von strate- lage (vgl. Kapitel 6 und 7). Neben zahlrei-
gischen Leitlinien für die wirtschaftliche chen bestehenden Berichten und Studien
Entwicklung gehört zu den Daueraufgaben wurden die Anliegen der verschiedenen
des Kantons. Aus diesem Grund wurde für Anspruchsgruppen ausgewertet (vgl. die
das Jahr 2011 die Formulierung einer neu- Auflistung im Anhang, Abschnitt 8.3). An
en Strategie in Aussicht gestellt. Mit der der Erarbeitung der Strategie haben mit
vorliegenden Wirtschaftsstrategie 2025 Jean-Daniel Gerber (ab April 2011), Ru-
wird dieses Versprechen eingelöst. dolf Strahm und Professor Dr. Thomas
Straubhaar national und international aus-
Die Wirtschaftsstrategie 2025 wurde be- gewiesene Experten mitgearbeitet2. Zu
wusst unter Verzicht auf neue Studien und einzelnen Fragen haben zudem Prof. Dr.
ohne kostspielige Drittaufträge erarbeitet. Gunter Stephan, Bern, und Prof. Dr. Rolf
Im Vergleich zu den vorangegangenen Wüstenhagen, St. Gallen, Stellung ge-
Wirtschaftsstrategien des Kantons Bern nommen3 und es wurden weitere Fach-
wurden neue Wege beschritten: Die Wirt- personen in der Verwaltung konsultiert.
schaftsstrategie 2025 befasst sich aus- Der Entwurf der Strategie wurde auch mit
schliesslich mit den langfristigen und somit Vertreterinnen und Vertretern der Wirt-
strategischen Elementen. Deshalb wurde schaft diskutiert.
3.2. Aufbau
Grundlage der Wirtschaftsstrategie 2025 bei diesen Themen geprüft, wie weit der
bildet die Analyse der langfristigen Ent- Kanton auf die Entwicklung Einfluss neh-
wicklungen sowie des internationalen und men kann. Gestützt auf die Analyse wer-
nationalen Umfelds (Kapitel 6), der volks- den ein strategisches Ziel mit Grundsätzen
wirtschaftlichen Eigenheiten des Kantons entwickelt (Kapitel 4), und drei Strategi-
Bern sowie der staatlichen Leistungen und sche Handlungsachsen mit Bereichszielen
Strukturen (Kapitel 7). Gleichzeitig wurde bestimmt (Kapitel 5).
1 RRB 0039 vom 13. Januar 2010
2 Jean-Daniel Gerber leitete bis Ende März 2011 das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. Seither ist er beratend
tätig. Rudolf Strahm ist Autor zahlreicher Publikationen zu den Themen Wirtschaft, Wirtschaftspolitik und Bildung.
Er war von 2004 bis 2008 Eidgenössischer Preisüberwacher und vorher Nationalrat. Prof. Dr. Thomas Straubaar
studierte und promovierte an der Universität Bern. Seit 2005 ist er Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsIn-
stitutes (HWWI) an der Universität Hamburg.
3 Prof. Dr. Gunter Stephan ist Professor für Mikroökonomie an der Universität Bern. Er ist Vizerektor Lehre der
Universität Bern, Deputy Director des NCCR Climate Forschungszentrums und Mitglied des Board of Directors
des Oeschger Center for Climate Change Research. Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen ist Professor für Management
Erneuerbarer Energien am Institut für Wirtschaft und Ökologie der Universität St. Gallen. 11
12. Wirtschaftsstrategie 2025
3.3. Zusammenhänge
Wirtschaftspolitik ist eine Querschnitts- Optik an andere Politikfelder. Sie werden
aufgabe. Zahlreiche Faktoren wie die Bil- in den entsprechenden Strategien weiter
dung oder die Infrastrukturen beeinflussen zu entwickeln sein. Dabei kann vielfach auf
die wirtschaftliche Entwicklung. Die Wirt- Bestehendem aufgebaut werden, wie die
schaftsstrategie 2025 formuliert deshalb folgenden Beispiele zeigen:
Anliegen aus der wirtschaftspolitischen
ƒƒ Die Bildungsstrategie formuliert als ƒƒ Der kantonale Richtplan legt eine Zen-
bildungspolitische Herausforderung: tralitätsstruktur für die wirtschaftpoliti-
«Die Bildungsinstitutionen leisten einen sche Steuerung fest5.
wichtigen Beitrag zur Innovationskraft
der Gesellschaft und zur wirtschaftli- ƒƒ Die Gesamtmobilitätstrategie bestimmt
chen Entwicklung des Kantons4.» die Grundsätze für die langfristige Aus-
richtung der Mobilitätspolitik im Kanton
Bern6.
Im Anhang (Abschnitt 8.2) findet sich eine Abschnitt 8.2.18). Unter den zahlreichen
Übersicht über die wichtigsten Berichte laufenden Massnahmen sind neben der Ar-
und Strategien. beit der Wirtschaftsförderung besonders zu
erwähnen das Projekt «Hauptstadtregion
Die Wirtschaftsstrategie 2025 beginnt nicht Schweiz», die Abklärungen für einen Inno-
bei null, der Kanton Bern ist seit langem vationspark in Biel und die Weiterentwick-
wirtschaftspolitisch aktiv. Mit dem Control- lung der Marktbearbeitung im Tourismus
lingbericht zur wachstumsstrategie version in Richtung eines integrierten Destinations-
20077 hat der Regierungsrat Bilanz über und Innovationsmarketings (vgl. die Zusam-
die bisherigen Massnahmen gezogen (vgl. menstellung im Anhang, Abschnitt 8.1).
3.4. Nachhaltigkeitsbeurteilung
Bei wichtigen strategischen Planungen positiven und negativen Wirkungen auf die
und Projekten verlangt der Regierungsrat Nachhaltige Entwicklung auf. Sie dient da-
des Kantons Bern eine Nachhaltigkeits- mit als Informationsgrundlage für Entschei-
beurteilung8. Als Wirkungsbeurteilung ei- dungsträgerinnen und -träger.
ner Strategie zeigt sie die zu erwartenden
4 Bildungsstrategie 2009, Bildungspolitische Herausforderungen S. 6
5 Richtplan des Kantons Bern, Massnahme C_01 Zentralitätsstruktur
6 RRB 1337 vom 13. August 2008
7 RRB 0039 vom 13. Januar 2010
12 8 RRB 1872 vom 22. Dezember 2010
13. Zur Wirtschaftsstrategie 2025
Aus der Nachhaltigkeitsbeurteilung der Wirtschaftsstrategie 2025 kann folgendes Fazit
gezogen werden:
ƒƒ Umwelt: Die Wirtschaftsstrategie 2025 Arbeitsplätze in wertschöpfungsstar-
zielt auf ein Wachstum von Wirtschaft ken Branchen im Kanton Bern. Die
und Bevölkerung ab. Damit verbunden Auswirkungen sind insbesondere in
sind ein grösserer Ressourcenver- den Zielbereichen Einkommen, Arbeits-
brauch (Energie, Boden, Natur, Land- markt, Ressourceneffizienz, Innovation
schaft) und höhere Emissionen. Diese und Know-how positiv. Längerfristig
in der Tendenz negativen Auswirkun- werden ebenfalls positive Auswirkun-
gen auf die Umwelt werden längerfris- gen auf den öffentlichen Haushalt bzw.
tig vermindert durch die Fokussierung die Steuerbelastung erwartet.
auf Cleantech-Unternehmen, eine
gezielte Raumentwicklung und die ƒƒ Gesellschaft: Die Wirtschaftsstrategie
Beseitigung von Fehlanreizen. 2025 hat positive Auswirkungen auf
den Zielbereich Bildung. Die übrigen
ƒƒ Wirtschaft: Die Wirtschaftsstrategie Zielbereiche sind nicht massgeblich
2025 will mehr Unternehmen und mehr tangiert.
Gesamthaft gesehen hat die Wirtschafts- Zielkonflikte der Wirtschaftsstrategie 2025
strategie 2025 klar positive Auswirkungen mit der Dimension Umwelt bei der späte-
auf die Wirtschaft und tendenziell positive ren Umsetzung von konkreten Massnah-
Auswirkungen auf die Gesellschaft. Bei men zu berücksichtigen und so weit wie
den Auswirkungen auf die Umwelt sind die möglich abzubauen.
3.5. Weiteres Vorgehen
Als strategisches Führungsinstrument hat tung von Gesetzen oder der Behandlung
die Wirtschaftsstrategie 2025 langfristigen von Kreditgeschäften. Zudem kann er mit
Charakter und greift über den überschau- parlamentarischen Vorstössen Entwicklun-
baren Zeitraum einer Legislatur hinaus. Sie gen anstossen. Der Stand der Umsetzung
dient der Daueraufgabe des Staates, güns- der Wirtschaftsstrategie 2025 soll regel-
tige Rahmenbedingungen für ein nachhalti- mässig mit der Oberaufsichtskommission
ges wirtschaftliches Wachstum zu schaffen. des Grossen Rates diskutiert werden. So
kann ein kontinuierliches Controlling sicher-
Der Grosse Rat hat in der Novemberses- gestellt werden.
sion 2011 von der Strategie Kenntnis ge-
nommen und acht Planungserklärungen Über die Entwicklung anhand der verschie-
verabschiedet. Der Regierungsrat hat am denen volkswirtschaftlichen Kennzahlen
14. März 2012 seine Haltung zu den Erklä- gibt der Bericht zur Wirtschaftslage Aus-
rungen bestimmt und in den vorliegenden kunft. Das beco Berner Wirtschaft gibt
Bericht eingearbeitet. Er wird periodisch diesen Bericht alle zwei Jahre heraus9. Der
festlegen, welche Massnahmen zur Umset- Bericht bildet die Grundlage, den Stand
zung der Wirtschaftsstrategie 2025 an die der Umsetzung und die Wirkungen mit der
Hand genommen werden. Oberaufsichtskommission zu erörtern. Die
Kennzahlen werden allerdings in einer offe-
Über die einzelnen Massnahmen wird der nen Volkswirtschaft nur zum Teil von den
Grosse Rat im Rahmen seiner Kompeten- Massnahmen dieser Wirtschaftsstrategie
zen befinden, beispielsweise bei der Bera- beeinflusst.
9 Aktuell Bericht zur Wirtschaftslage 2011, verfügbar unter www.be.ch/wirtschaftsdaten 13
15. Strategisches Ziel und Grundsätze
4. Strategisches Ziel und Grundsätze
4.1. Strategisches Ziel
Bis ins Jahr 2025 steht der Kanton Bern bei allen drei Dimensionen der Nachhal-
tigen Entwicklung (Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft) besser da als im Jahr
201110. Für die Dimension Wirtschaft bedeutet dies, dass der Wohlstand der Ber-
nerinnen und Berner über den Schweizer Durchschnitt11 ansteigt und dass sich der
Kanton Bern bei der Wirtschaftskraft12 in der Rangliste der Kantone verbessert.
Das strategische Ziel stützt sich auf eine mit Bereichszielen konkretisiert. Diese
eingehende Analyse des Umfelds, der wurden entlang von drei strategischen
volkswirtschaftlichen Eigenheiten des Handlungsachsen entwickelt. Für alle
Kantons sowie der staatlichen Leistun- Handlungsachsen und Ziele bilden die
gen und Strukturen. Das strategische Ziel folgenden Grundsätze ein gemeinsames
wird in den einzelnen Feldern der Politik Wertesystem.
4.2. Grundsätze
4.2.1. Nachhaltige Entwicklung
Die Wirtschaftsstrategie stärkt die Nachhaltige Entwicklung.
Die Wirtschaftsstrategie ist eingebettet in flussen. Das Wirtschaftswachstum trägt
die langfristige Politik des Regierungsrates. zur Lebensqualität aller bei.
Diese basiert auf der Grundmaxime der
Stärkung der Nachhaltigen Entwicklung13. Die wirtschaftliche Entwicklung soll aus
«Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwick- ökonomischen und ökologischen Gründen
lung, welche weltweit die heutigen Bedürf- mit einem deutlich sinkenden Ressour-
nisse zu decken vermag, ohne für künftige cenverbrauch einhergehen. Deshalb muss
Generationen die Möglichkeit zu schmä- sich die Wirtschaft in Richtung «Cleantech»
lern, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken14». weiter entwickeln. Damit nimmt der Kan-
ton Bern den Megatrend der Frage des
Dadurch bildet die Wirtschaftsstrategie Umgangs mit natürlichen Ressourcen auf.
eine Grundlage für die Wohlfahrt künftiger Dabei können die Schweiz und der Kanton
Generationen. Die Strategie will die Wirt- Bern davon profitieren, dass sie in diesem
schaftsentwicklung im ganzen Kanton und Bereich über eine jahrzehntelange Erfah-
für die ganze Gesellschaft positiv beein- rung verfügen.
10 Messen lässt sich die Nachhaltige Entwicklung anhand der vom Cercle Indicateurs entwickelten Indikatoren.
11 Der Wohlstand wird anhand des frei verfügbaren Einkommens gemessen, dem Betrag, der vom Bruttoeinkommen
verbleibt, nachdem Steuern, Sozialabgaben, BVG, Krankenkasse und Wohnkosten abgezogen sind. Heute liegt
der Kanton Bern im Schweizer Durchschnitt (vgl. Abschnitt 7.3.1).
12 Die Wirtschaftskraft bemisst sich aufgrund des Resssourcenpotenzials. Dieses vergleicht die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit mit dem schweizerischen Durchschnitt und ist deshalb nicht konjunkturabhängig. Heute ist der
Kanton Bern auf Rang 16 (vgl. Abschnitt 7.7.1).
13 Grundmaxime der Richtlinien der Regierungspolitik 2011–2014
14 Definition gemäss dem Bericht der UNO «Unsere gemeinsame Zukunft» aus dem Jahr 1987 (Brundtland-Kommission) 15
16. Wirtschaftsstrategie 2025
4.2.2. Impulse für mehr Dynamik
Die Wirtschaftsstrategie gibt Impulse für eine zukunftsfähige, dynamischere Ent-
wicklung der Berner Wirtschaft.
Die Analyse zeigt: Stillstand bedeutet Ressourcenverbrauch. Sie will die Export-
Rückschritt. Allein mit der Bewahrung des orientierung der Berner Wirtschaft stärken.
Bestehenden kann der Wohlstand für die Exportiert werden können nicht nur Güter,
Zukunft nicht gesichert werden. Der Kan- sondern auch Dienstleistungen und Wissen.
ton Bern muss für neue Unternehmen und
neue Projekte bestehender Unternehmen Die eigenen Leistungen des Kantons sind
attraktiver werden. ebenfalls den veränderten Ansprüchen
anzupassen. Wie die Wirtschaft nutzt der
Die Wirtschaftsstrategie 2025 setzt ei- Kanton künftig zeitgemässe Führungsin-
nen Schwerpunkt bei dynamischen, zu- strumente und den technologischen Fort-
kunftsträchtigen Branchen mit einer hohen schritt, um die von der Gesellschaft verlang-
Wertschöpfung und möglichst geringem ten Leistungen kostengünstig zu erbringen.
4.2.3. Auf Stärken setzen
Die Wirtschaftsstrategie 2025 setzt auf die vorhandenen Stärken. Sie ist eine
Strategie für den ganzen Kanton und alle Bernerinnen und Berner.
Die Wirtschaftsstrategie 2025 nutzt die und Umwelttechnologie sowie der Tou-
vorhandenen Stärken des Kantons und rismus. Bei den Dienstleistungen sind
entwickelt diese weiter. Je nach Stärken Bundesverwaltung sowie Verbände und
der einzelnen Regionen sind differenzierte Nichtregierungsorganisationen (NGO) von
Massnahmen nötig. Gemeinsamer Nenner grosser Bedeutung, wie auch die Firmen
ist die Stärkung der Wirtschaftskraft. Direkt des Consulting Clusters.
oder indirekt profitieren daher alle Berne-
rinnen und Berner von den auf Basis der Zu den Stärken des Kantons gehören
mit dem Parlament abgeschlossenen Stra- die tiefe Arbeitslosigkeit und die hohe
tegie zu entwickelnden Massnahmen. Erwerbsquote. Die Wirtschaftsstrategie
2025 trägt zur Schaffung und zum länger-
Für die räumliche Ausrichtung von Mass- fristigen Erhalt von Arbeitsplätzen bei.
nahmen ist der kantonale Richtplan mass-
gebend. Dieser legt in der Zentralitätsstruk- Die Wirtschaft des Kantons Bern ist wie
tur die räumlichen Schwerpunkte fest15. die Schweizer Unternehmenslandschaft
klein strukturiert (vgl. Abschnitt 7.3.2). Mit
Wichtige Branchen im Fokus der Wirt- der Wirtschaftsstrategie setzt sich der Re-
schaftsstrategie 2025 sind die Informa- gierungsrat dafür ein, die Rahmenbedin-
tions- und Kommunikationstechnologie, gungen für alle Betriebe zu verbessern16.
die Präzisionsindustrie, Medizinaltechnik
1516
15 Punkt 4 der Planungserklärung der BDP: Die Agglomerationen Burgdorf und Langenthal sind in die strategischen
Überlegungen einzubeziehen. Diese sind für die wirtschaftspolitische Steuerung Teil der Zentralitätsstruktur ge-
mäss Richtplan.
16 Punkt 2 der Planungserklärung der BDP: Es sind strategische Aussagen über die Zukunft und die Förderung der
Gewerbebetriebe und KMU zu machen.
Punkt 1 der Planungserklärung der SVP: Der Regierungsrat setzt sich dafür ein, dass sämtliche Branchen inklusive
der Landwirtschaft mit deren vor- und nachgelagerten Betrieben wirtschaftlich gestärkt werden und ihre Wert-
16 schöpfung steigern können.
17. Strategisches Ziel und Grundsätze
4.2.4. Kohärentes System
Die Wirtschaftsstrategie des Kantons ist auf die Wirtschaftsstrategie des Bundes
abgestimmt und bildet mit anderen kantonalen Strategien ein kohärentes System.
Der Kanton Bern hat in den letzten Jahren entwickeln soll. Sie beeinflussen sich ge-
in verschiedenen Bereichen Strategien ent- genseitig, weshalb in der Entwicklung und
wickelt oder erneuert (vgl. die Zusammen- Umsetzung der verschiedenen Strategien
stellung in Abschnitt 8.2). Diese Strategien immer wieder ein Abgleich erfolgen muss
geben zusammen vor, wie sich der Kanton (Regelkreis).
17
19. Strategische Handlungsachsen
5. Strategische Handlungsachsen
Die Wirtschaftsstrategie 2025 setzt bei Die drei Strategischen Handlungsachsen
denjenigen Faktoren an, die einen starken beinhalten jeweils verschiedene Bereichs-
Einfluss auf die Wirtschaftskraft haben und ziele. Diese konkretisieren das strategische
die vom Kanton Bern effektiv beeinflusst Ziel in den einzelnen Feldern der Politik.
werden können.
5.1. Innovation und Schonung der Ressourcen
Der Kanton setzt auf Innovation und auf Schonung der natürlichen Ressourcen.
Die wirtschaftliche Entwicklung im Kanton Die Schweiz verbraucht doppelt so viele
Bern beruht darauf, dass die Unterneh- Ressourcen wie noch vor fünfzig Jahren.
men national und international konkur- Die weltweite Entwicklung verschärft die
renzfähig sind. Dazu benötigen sie gute Ressourcenknappheit zusätzlich. Nicht
Rahmenbedingungen, unter anderem ei- erneuerbare Ressourcen gehen aufgrund
nen ausgebauten und gut funktionieren- der ständig steigenden Nachfrage zu
den Wissenstransfer. Zusammen mit der Ende und einige erneuerbare Ressour-
Innovationsförderung ermöglicht er es, die cen werden schneller verbraucht als sie
Erkenntnisse der Forschung rasch in die sich erneuern. Deshalb muss die wirt-
Berner Wirtschaft umzusetzen. schaftliche Entwicklung die vorhandenen
Ressourcen schonend einsetzen. Der
Eine wichtige Rahmenbedingung sind gut wichtigste Ansatz dazu wird unter dem
qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Begriff «Cleantech18» zusammengefasst.
ter. Deshalb ist die Aus- und Weiterbildung Die Entwicklung in Richtung Cleantech
mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts erfordert die Verbreitung von Umweltwis-
abzustimmen. Die Vereinbarkeit von Beruf sen und eine entsprechende Ausbildung
und Familie ist weiter zu fördern, damit das der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
erworbene Wissen im Interesse der Ge- Weniger Ressourcenverbrauch bedeu-
sellschaft dauerhaft genutzt werden kann. tet – nicht nur im Kontext von Cleantech
Dazu braucht es verstärkt die Möglichkeit – auch sparsamer Energieverbrauch und
von Teilzeitstellen (auch in Führungspositi- haushälterischer Umgang mit dem Boden.
onen) und ein gut ausgebautes Kinderbe- Damit ist das Prinzip «Cleantech» für alle
treuungsangebot. Dieses kann nicht nur drei Dimensionen der Nachhaltigen Ent-
von der öffentlichen Hand, sondern auch wicklung (Gesellschaft, Umwelt und Wirt-
von privaten Einrichtungen bereitgestellt schaft) von grosser Bedeutung.
werden17. Der Kanton stellt den Unterneh-
men im Portal zur Vereinbarkeit von Beruf
und Familie Informationen zur Verfügung.
Bereichsziele
ƒƒ Die Unternehmen im Kanton Bern nutzen die Chancen von Cleantech und set-
zen auf Energieeffizienz.
ƒƒ Die Branchenstruktur entwickelt sich verstärkt in Richtung wertschöpfungsstar-
ker Branchen, vor allem in den nach wirtschaftspolitischen Kriterien definierten
Clustern.
ƒƒ Im Kanton Bern werden die Erkenntnisse der Forschung rasch in die Praxis
umgesetzt.
ƒƒ Die Ausbildung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist aktuell und auf die
Bedürfnisse der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts abgestimmt.
17 Punkt 5 der Planungserklärung der BDP: Der Kanton soll Grundlagen und Anreize zur Förderung privater Einrich-
tungen zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familie schaffen.
18 Vgl. Abschnitt 6.1.2 19
20. Wirtschaftsstrategie 2025
5.2. Anreize richtig setzen
Der Kanton setzt Anreize richtig und baut bestehende Fehlanreize ab.
Die wirtschaftliche Entwicklung lässt sich Das schweizerische Steuersystem stellt
positiv beeinflussen, wenn die Anreize rich- auf den Wohnsitz ab. Dies wird der heu-
tig gesetzt werden. Zu den zentralen Staats- tigen Wirklichkeit mit dem grossen Anteil
aufgaben gehört es zudem, die nötigen an Pendlerinnen und Pendlern nicht mehr
Infrastrukturen bereit zu stellen. In der Infor- gerecht. Den zentralen Arbeitsorten feh-
mations- und Kommunikationsgesellschaft len dadurch Mittel, die sie für die Erfüllung
werden die entsprechenden Mittel gegen- ihrer Zentrumsaufgaben benötigen. Mit
über Bauwerken an Bedeutung gewinnen. einer Anpassung des Steuersystems auf
Bundesebene können komplizierte Aus-
Bei den staatlichen Strukturen und Leistun- gleichsmechanismen vereinfacht werden.
gen sowie bei der Raumentwicklung sind Aufgrund von Punkt 6 der Planungserklä-
die kleinräumigen Strukturen des Kantons rung der BDP wird auf eine Weiterbearbei-
einerseits ein Kostenfaktor. Anderseits be- tung des Themas verzichtet19.
steht die Gefahr, dass die gemeinsamen,
übergeordneten Interessen gegenüber Der Kanton Bern befindet sich mit den
den Einzelinteressen zu kurz kommen. Die anderen Kantonen der Schweiz in einem
Rolle des Kantons ist deshalb von einer ko- intensiven Steuerwettbewerb. Als grosser
ordinierenden zu einer gestaltenden Rolle Flächenkanton mit einem um-fassenden
weiter zu entwickeln. Der Kanton wird da- Angebot in der Gesundheitsversorgung,
rauf achten, dass die Vorteile von klein- der Infrastruktur und der Bildung hat der
räumigen Strukturen, wie die Bürgernähe, Kanton Bern einen schweren Stand gegen-
nicht verloren gehen. über kleinen Kantonen, die diese Leistun-
gen nicht selber anbieten müssen. In den
Eine der folgenreichsten Schwächen des vergangenen Jahren hat der Kanton insbe-
Kantons ist die stark unterdurchschnitt- sondere seine gute Position im Bereich der
liche Bevölkerungsentwicklung. Damit Steuern für juristische Personen aufgrund
mehr Leute im Kanton Bern wohnen, müs- von Steuersenkungen anderer Kantone
sen genügend Wohnraum und Arbeits- verloren. Zudem will er sich den nötigen
möglichkeiten vorhanden sein. Zusätzliche finanzpolitischen Handlungsspielraum er-
Arbeitsplätze sind für die Stärkung der arbeiten, um auch die Steuerbelastung der
Wirtschaftskraft unverzichtbar. Mit Umnut- natürlichen Personen zu senken. Diese ist
zungen und verdichtetem Bauen an zent- ein wichtiges Element für die Attraktivität
ralen Lagen ist dabei sicherzustellen, dass eines Wirtschaftsstandorts und beeinflusst
der Boden haushälterisch genutzt wird. die Zuwanderung. Dagegen erachtet er es
Zusätzlich gilt es, für die ansässige Wohn- als nicht realistisch, die Belastung unter
bevölkerung gute Arbeitsmöglichkeiten zu das schweizerische Mittel zu senken. Des-
bieten, unter anderem durch die Förderung halb lehnt er die Umsetzung der entspre-
der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. chenden Planungserklärung ab20.
1920
19 Punkt 6 der Planungserklärung der BDP: Auf die Ausdehnung des steuerlichen Ausgleichs zwischen Arbeits- und
Wohngemeinden ist zu verzichten.
20 Punkt 7 der Planungserklärung der BDP: Der Kanton Bern verbessert sich im Bezug auf die Höhe der öffentlichen
20 Abgaben unter das schweizerische Mittel.
21. Strategische Handlungsachsen
Bereichsziele
ƒƒ Der Kanton übernimmt bei der Raumplanung eine weiter reichende Verantwor-
tung als heute.
ƒƒ Der Kanton schafft die räumlichen Voraussetzungen für eine Arbeitsplatz- und
Bevölkerungsentwicklung im Schweizer Durchschnitt.
ƒƒ Die Gemeinden Bern, Biel und Thun umfassen ihr ganzes Kerngebiet.
ƒƒ Im interkantonalen Steuerwettbewerb verbessert sich der Kanton Bern in der
Rangliste der Kantone21.
ƒƒ Der Kanton Bern verfügt über für die Wirtschaft attraktive Infrastrukturen und
nutzt die Möglichkeiten der Informationstechnologie.
ƒƒ Die Wirtschaft stellt Arbeitsplätze zur Verfügung, die die Vereinbarkeit von Beruf
und Familie ermöglichen. Der Kanton schafft die dazu erforderlichen Rahmenbe-
dingungen.
5.3. Verständlich und bürgernah handeln
Der Kanton handelt lösungsorientiert, verständlich und bürgernah. Sein Handeln
verursacht bei der Wirtschaft sowie den Bürgerinnen und Bürgern ein Minimum
an Kosten.
Der Kanton vollzieht seine Vorschriften und das Image eines Standorts von grosser Be-
das Bundesrecht mit Augenmass. Dafür deutung. Dieses lässt sich nicht durch eine
ist zentral, dass in der täglichen Arbeit der aufgesetzte Kommunikation verbessern,
Blick für die übergeordneten Zusammen- sondern nur durch Leistungen, die von den
hänge nicht verloren geht. Der Kanton führt Bürgerinnen und Bürgern verstanden und
und schult seine Mitarbeitenden, damit ihr akzeptiert werden. Dazu gehören der Ein-
Handeln als lösungsorientiert und part- satz moderner Kommunikationsmittel und
nerschaftlich wahrgenommen wird. Dazu kurze Fristen. Der Art und Weise der Kom-
gehört, die Anliegen der Unternehmen so- munikation kommt ebenfalls eine grosse
wie der Bürgerinnen und Bürger ernst zu Bedeutung zu. Es ist zentral, nicht zuletzt
nehmen und im Rahmen der gesetzlichen angesichts der knappen Kantonsfinanzen,
Vorgaben nach Lösungen und nicht nach dass der Kanton Bern seine Leistungen
Stolpersteinen zu suchen. In einer Wis- effizient erbringt, beispielsweise durch den
sens- und Kommunikationsgesellschaft ist Einsatz von e-Governement.
Bereichsziele
ƒƒ Der Kanton Bern wird als moderner und attraktiver Wirtschaftsstandort wahrge-
nommen.
ƒƒ Der Kanton Bern strebt Lösungen für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger
an. Vorschriften werden zielorientiert umgesetzt und sind kein Selbstzweck.
ƒƒ Die Dienstleistungen des Kantons werden bürgernah, rasch und preisgünstig
erbracht.
21
21 Der Grosse Rat lehnte es ab, die Verbesserung im Internationalen Steuerwettbewerb auf die Unternehmenssteuern
zu fokussieren:
Punkt 2 der Planungserklärung der vorberatenden Kommission: Im interkantonalen Steuerwettbewerb verbessert
sich der Kanton Bern in der Rangliste der Kantone in allen Bereichen und nicht nur bei den Unternehmenssteuern.
Punkt 3 der Planungserklärung der SVP: Im interkantonalen Steuerwettbewerb verbessert sich der Kanton Bern in
der Rangliste der Kantone. 21
23. Umfeld
6. Umfeld
Die wirtschaftliche Entwicklung des Kan- Auf kantonaler Ebene ist die Wirtschafts-
tons Bern wird zu einem grossen Teil von strategie 2025 mit den Richtlinien der
längerfristigen, weltweiten Entwicklungen Regierungspolitik 2011 bis 201422 und
in Wirtschaft und Gesellschaft geprägt. Auf anderen Strategien abzustimmen, bei-
diese Entwicklungen kann eine kantonale spielsweise in der Bildung oder der Raum-
Wirtschaftsstrategie keinen Einfluss neh- planung (eine Zusammenfassung befindet
men. Innenpolitisch fallen viele wirtschafts- sich im Anhang 9.2).
politische Entscheide zudem auf Bundes-
ebene. Von der längerfristig angelegten Wirt-
schaftspolitik sind kurzfristige, operative
Die kantonale Wirtschaftsstrategie hat des- Massnahmen zu unterscheiden, die auf-
halb den nationalen und globalen Rahmen- grund der konjunkturellen Entwicklung nö-
bedingungen Rechnung zu tragen. Sie ist tig werden.
auf die Wirtschaftspolitik des Bundes ab-
zustimmen (zu den Handlungsfeldern von Im Folgenden werden zuerst die län-
Bund und Kantonen vgl. Abschnitt 7.2). gerfristigen Entwicklungen dargestellt
Die Frage steht im Vordergrund: Was kann (Abschnitt 6.1), anschliessend die Wirt-
und soll mit der kantonalen Wirtschaftspo- schaftspolitik des Bundes und der Kan-
litik bewirkt werden? tone (Abschnitt 6.2).
Wir wollen aktiv das beeinflussen, was in
unserem Einflussbereich liegt und die Wirt-
schaftskraft des Kantons effektiv stärkt.
6.1. Längerfristige weltweite Entwicklung
6.1.1. Globalisierung
Die Entwicklung der Transportmöglichkei- gleichzeitig Beschäftigungsmöglichkeiten
ten und der Kommunikation führten in den über die Landesgrenzen hinweg. Neue,
letzten Jahrzehnten zu einer beschleu- starke Wirtschaftsmächte wie China, In-
nigten Globalisierung nicht nur der Wirt- dien, Russland oder Brasilien sind Kon-
schaft, sondern in beschränkterem Aus- kurrenten im Standortwettbewerb, gleich-
mass auch der Politik. Seit dem zweiten zeitig aber auch grosse Märkte für Güter
Weltkrieg wurden weltweit Schranken des und Dienstleistungen. Sie ergänzen die
Waren- und Personenverkehrs abgebaut. bedeutenden Wirtschaftsbeziehungen der
Der technologische Fortschritt hat die Ge- Schweiz zu den Nachbarländern in der
schwindigkeit erhöht und die Kosten des Europäischen Union.
Verkehrs gesenkt. Daraus entstanden
neue Möglichkeiten, durch Verlagerungen Nationale Regulierungen und damit die
von Produktion sowie durch Dienstleistun- nationale Politik werden zunehmend
gen von unterschiedlichen Lohnniveaus durch internationale Entwicklungen be-
und Kosten zu profitieren. einflusst (zur aussenwirtschaftspolitischen
Agenda des Bundes vgl. Abschnitt 6.2.1).
Wissen und Kompetenzen werden welt- Die Schweiz und mit ihr der Kanton Bern
weit verfügbar. Wertschöpfungsketten der ist eine kleine, offene Volkswirtschaft. Ihre
Wirtschaft umspannen die ganze Welt, wirtschaftliche Entwicklung ist eng mit
Unternehmen sind international präsent, dem Weltmarkt verflochten. Die Konjunk-
Dienstleistungen werden international an- tur in wichtigen Absatzmärkten beeinflusst
geboten, nationale Arbeitsmärkte stehen deshalb unmittelbar die Wirtschaft im Kan-
in internationaler Konkurrenz und bieten ton Bern.
22 Grundmaxime: Die Politik des Regierungsrates orientiert sich in allen Bereichen an den Grundsätzen der Nachhal-
tigen Entwicklung. Schwerpunkt Wirtschaft: Der Kanton Bern bietet der Wirtschaft attraktive Rahmenbedingungen
und fördert Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. 23
24. Wirtschaftsstrategie 2025
6.1.2. Ressourcenknappheit
Die steigende Belastung der Umwelt, die Ressourcen aufgrund der ständig stei-
Verknappung der natürlichen Ressourcen genden Nachfrage mittel- bis langfristig
und der Klimawandel fordern ein grund- zu Ende gehen und ein Teil der erneuer-
sätzliches Umdenken in der wirtschaftli- baren Ressourcen schneller verbraucht
chen Entwicklung. Raum, Luft, Wasser, wird, als er sich erneuert. Ressourcen-
Rohstoffe und Energie stehen nicht unbe- knappheit führt zu höheren Preisen, die
schränkt zur Verfügung. kurzfristig die wirtschaftliche Entwicklung
eher hemmen. Längerfristig eröffnen sich
Die weltweite Entwicklung führt zu Res- aber neue Chancen und Entwicklungs-
sourcenknappheit, weil nicht erneuerbare möglichkeiten.
6.1.3. Technologischer Fortschritt
Der technologische Fortschritt führt zu Produktionsprozessen zu steigern. Damit
neuartigen Produkten und Dienstleistun- sich die Investitionen in Forschung und
gen. Er ermöglicht es, bei gleich bleiben- Entwicklung lohnen, muss der Erfolg des
dem oder tieferem Ressourceneinsatz die technologischen Vorsprungs durch geeig-
Quantität und Qualität von Produkten und nete Regulierungen geschützt werden.
6.1.4. Wissensgesellschaft
Erzeugung, Nutzung und Organisation Standardisierte Güter können in Ländern
von Wissen sind zentrale Quellen von mit einem tiefen Preisniveau kostengüns-
Produktivität und Wachstum. Für zahlrei- tiger produziert werden. In entwickelten
che Unternehmen bildet die Nutzung oder Volkswirtschaften sind deshalb Bildung
Generierung von Wissen die Grundlage sowie Forschung und Entwicklung zentral,
für ihre Dienstleistung. Die Erarbeitung weil diese Volkswirtschaften nur dank In-
von Grundkompetenzen, die Weiterent- novationen konkurrenzfähig bleiben. Dies
wicklung von Fähigkeiten und die lebens- trifft für die Schweiz als rohstoffarmem
lange Lernbereitschaft der Bevölkerung Land in besonderem Masse zu.
sind wesentliche Einflussfaktoren für eine
erfolgreiche Ausrichtung auf die Wissens- Ein weiterer Faktor ist die rasche Weiter-
gesellschaft. Immer wichtiger wird dabei entwicklung des Wissens. Aufgrund des
das Management von Wissen. Altes und technologischen Fortschritts veraltet ein
neues Wissen muss bewahrt und den grosser Teil des Wissens in unserer heu-
richtigen Stellen zur richtigen Zeit zur Ver- tigen Gesellschaft sehr rasch. Deshalb ist
fügung stehen. eine permanente Aus- und Weiterbildung
ein zentraler Erfolgsfaktor.
24
25. Umfeld
6.1.5. Demographische Entwicklung
Die demographische Entwicklung der In- Prognosen sind in diesem Bereich schwie-
dustrieländer zeigt seit 1960 einen Rück- rig: Die Bevölkerungszahlen sind in den
gang der Geburtenzahlen. Die industria- letzten Jahren sowohl in der Schweiz als
lisierten Gesellschaften sind zunehmend auch im Kanton Bern stärker gestiegen
überaltert, der Anteil der aktiven Bevölke- als Anfang des Jahrtausends erwartet23.
rung geht daher zurück. Diese Entwicklung Die Zunahme basiert hauptsächlich auf
trifft auch auf die Schweiz und den Kanton der Zuwanderung von Arbeitskräften –
Bern zu. Der demografische Wandel hat nicht zuletzt aufgrund der Einführung des
tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirt- freien Personenverkehrs mit der Europäi-
schaft und den Arbeitsmarkt, aber auch schen Union. Der freie Personenverkehr
auf das Bildungssystem, die Gesundheits- hat in dieser von Hochkonjunktur gepräg-
versorgung und die Sozialversicherungen. ten Phase vor allem zur Einwanderung gut
qualifizierter Personen geführt.
6.1.6. Wertewandel
Nicht nur die Bevölkerungszahl und die Al- und Konflikten übernehmen. Erschwerend
tersstruktur ändern sich, sondern auch die kommt dazu, dass die Finanzierung dieser
grundlegenden Werte der Gesellschaft. neuen staatlichen Aufgaben politisch häu-
fig in Frage gestellt wird.
Die heutige Gesellschaft ist durch eine
zunehmende Individualisierung geprägt. Der Wertewandel wirkt sich auch auf die
Familienstrukturen und Versorgungszu- Wahl der Ausbildung und die beruflichen
sammenhänge haben an Bedeutung ver- Karriere aus. Die unterschiedlichen Wer-
loren. Traditionelle Sicherheiten im Hin- te und Erwartungen erschweren es, die
blick auf Handlungswissen, Glauben und Nachfrage nach Ausbildungen und Karrie-
leitende Normen sind verloren gegangen. ren in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Heute stehen verschiedene Wertesysteme
gleichwertig nebeneinander. Einen Kon- Der Wertewandel führt weiterhin dazu, dass
sens über nötige Massnahmen zu errei- die Möglichkeiten und die Bereitschaft für
chen wird deshalb schwieriger. Gleichzeitig gemeinnützige Arbeiten abnehmen. Unter
soll der Staat in vielen Bereichen die Ver- anderem wird es dadurch in vielen Ge-
antwortung für die Lösung von Problemen meinden schwierig, Ämter zu besetzen.
23 Bundesamt für Statistik (BFS): Aktualisierung der Bevölkerungsszenarien 2005 nach Kantonen. Neuenburg, April 2008.
Statistikkonferenz des Kantons Bern: Regionalisierte Bevölkerungsprojektionen für den Kanton Bern bis zum Jahr
2030 (Ausgabe 2008). Bern, Dezember 2008. 25
26. Wirtschaftsstrategie 2025
6.2. Wirtschaftspolitik des Bundes und der Kantone
6.2.1. Wirtschaftspolitik des Bundes
Die Schweiz gilt mit ihrem international immer mehr ausserhalb des staatlichen
hervorragenden Leistungsausweis als eine Einflusses agierenden Unternehmen mit
der leistungsfähigsten Volkswirtschaften, berücksichtigen.
sowohl bezüglich Produktivität als auch
bezüglich Innovationsfähigkeit. Die Ar- Die Wirtschafts- bzw. Wachstumspolitik
beitsproduktivität entwickelt sich aber un- für die Schweiz24 umfasst Massnahmen,
terdurchschnittlich. Andere Länder holen welche der Bundesrat in eigener Verant-
in Bereichen auf, die traditionelle Stärken wortung dem Parlament vorlegen kann
der Schweiz ausmachen. Deshalb hat eine («Agenda des Bundes»), die internatio-
langfristig ausgerichtete Wachstumspolitik nalen Verhandlungen im Wirtschaftsbe-
weiterhin eine hohe Bedeutung. Wenn es reich («Aussenwirtschaftpolitische Agen-
um die Sicherung der globalen Wettbe- da»), sowie die kantonalen Massnahmen
werbsfähigkeit geht, muss die staatliche («Agenda der Kantone»).
Wirtschaftpolitik zudem die Strategien der
Die «Agenda des Bundes» verfolgt drei Stossrichtungen:
ƒƒ Hohes Kostenniveau senken: Mass- des Fiskalklimas und zur Schaffung
nahmen, die darauf abzielen, den eines unternehmensfreundlichen
Wettbewerb im Binnenmarkt zu stär- Rechtsrahmens.
ken, u.a. durch vermehrte Importkon-
kurrenz. ƒƒ Lohnende Erwerbsbeteiligung gewähr-
leisten: Massnahmen, dank denen das
ƒƒ Unternehmensstandort aufwerten: nationale und internationale Arbeits-
Massnahmen zur Sicherung des kräftepotential genutzt werden kann
Marktzugangs im Ausland, zu einem und mit denen die individuellen beruf-
guten Preis-/Leistungsverhältnis bei lichen Fähigkeiten, das Humankapital,
den Infrastrukturen, zur Verbesserung gefördert werden.
In den Bereichen Bildung, Forschung und der Weiterentwicklung des Freihandels
Innovation legt der Bundesrat die strate- (Doha Runde).
gischen Ziele in der entsprechenden Bot-
schaft an das Parlament fest. Sie ergänzen Im Hinblick auf die weitere Entwicklung
die drei Stossrichtungen der Agenda des hat der Bund den Bericht «Perspektiven
Bundes. 2025»25 erarbeitet, den der Bundesrat am
7. April 2011 zur Kenntnis genommen hat.
Mit der aussenwirtschaftspolitischen
Agenda will der Bund der Schweizer Der Bund erarbeitet zurzeit einen Master-
Wirtschaft den Marktzugang im Aus- plan Cleantech Schweiz26. Cleantech ist ein
land garantieren. Dazu will er einerseits Ansatz, der es der Schweiz ermöglicht, ihre
das Netz von Freihandelsabkommen mit Wirtschaft zu erneuern und den Verbrauch
Partnern ausserhalb der EU ausbauen. natürlicher Ressourcen deutlich zu ver-
Anderseits beteiligt er sich im Rahmen mindern. Cleantech ist der Oberbegriff für
der World Trade Organisation (WTO) an alle Technologien, Industrien und Dienst-
24 Quelle: Der Bundesrat: Wachstumspolitik 2008–2011: Massnahmen zur weiteren Stärkung des Schweizer Wirt-
schaftswachstums. Bericht in Erfüllung der Motion 01.3089: «Wachstumspolitik. Sieben Massnahmen«. Bern, 2008.
25 Perspektivstab der Bundesverwaltung: Perspektiven 2025: Lage- und Umfeldanalyse sowie Herausforderungen für
die Bundespolitik. Bern, 2011.
26 Masterplan Cleantech Schweiz; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD und Eidgenössisches Depar-
26 tement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation UVEK, Bern, Oktober 2010
27. Umfeld
leistungen, die zu einem schonenderen Generationen intakte und gut funktio-
und effizienteren Einsatz der natürlichen nierende Lebens- und Wirtschaftsräume
Ressourcen beitragen. Cleantech umfasst hinterlassen werden können und bildet
sämtliche Glieder der Wertschöpfungsket- die politische Grundlage für eine besser
te, von der Forschung und Entwicklung koordinierte, nachhaltige Raumentwick-
über die Produktion bis zum Verkauf und lungspolitik. Nach Abschluss der Konsul-
Export von Gütern. Dabei steht nicht die tation Ende Juni 2011 wird das Raum-
Frage «was wird produziert?» sondern konzept aufgrund der eingegangenen
«wie wird produziert?» im Vordergrund. Ein Stellungnahmen angepasst. Anschlies-
schonender Umgang mit Ressourcen wird send soll es von den Partnern aller drei
künftig nicht nur ökologisch sondern auch Staatsebenen politisch verabschiedet
ökonomisch von grösster Bedeutung sein. werden.
Das Raumkonzept Schweiz27 enthält Aber auch die Kantone sind bei einer akti-
Strategien zur zukünftigen räumlichen ven Wirtschaftspolitik gefordert.
Entwicklung. Es zeigt auf, wie künftigen
6.2.2. Wirtschaftspolitik der Kantone
Die kantonale Wirtschaftspolitik («Agenda Neben dem Kanton Bern haben 18 weitere
der Kantone») ergänzt die Massnahmen Kantone in den vergangenen Jahren ihre
des Bundes. Im Zentrum steht die Ver- wirtschaftspolitischen Strategien als Teil
besserung der Rahmenbedingungen, um der Legislaturziele oder als eigenständige
die regionale Wirtschaft zu stärken und Berichte erarbeitet. Die Kantone setzen mit
das Wachstum zu erhöhen. Wichtig sind jeweils individuellen Prioritäten bei den Ver-
Massnahmen zur Innovationsförderung, kehrsinfrastrukturen, bei der Bildung und
Bildungs- und Forschungs- sowie Steuer- Innovation sowie bei der Raumplanung
politik. an. Massnahmen umfassen auch Steuern,
Standortpromotion, Dienstleistungsori-
entierung der Verwaltung sowie effiziente
Verfahren und Vorschriften.
27 Raumkonzept Schweiz (Entwurf); Schweizerische Eidgenossenschaft, Konferenz der Kantonsregierungen, Schwei-
zerische Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz, Schweizerischer Städteverband, Schweizerischer
Gemeindeverband, Bern, Januar 2011 27
29. Analyse
7. Analyse
7.1. Volkswirtschaftliche Zusammenhänge
Grundlage jeder Volkswirtschaft bilden die men (Quantität). Diese werden vor allem
klassischen Produktionsfaktoren Boden, dadurch beeinflusst, welches Angebot an
Arbeit und Kapital. In entwickelten Volks- Wohnraum und Arbeitsflächen vorhanden
wirtschaften sind diese Faktoren weiter ist. Über die Instrumente der Raumentwick-
ausdifferenziert. Neben dem verfügbaren lung kann die Quantität beeinflusst werden.
Boden beeinflussen raumplanerische und Ohne Angebot an zusätzlichem Wohnraum
baurechtliche Vorschriften (z.B. Zonen- kann zum Beispiel nicht erwartet werden,
pläne, Ausnützungsziffern) das Angebot dass die Bevölkerungszahl zunimmt.
an Wohn- und Arbeitsflächen. Der Faktor
Arbeit bestimmt sich nicht nur anhand der Andererseits ist die Wirtschaftskraft von der
geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch Qualifikation der Beschäftigten und dem
anhand der Ausbildung und der Qualifika- Know-how (Technologie) der Unterneh-
tion der Erwerbstätigen (Wissen bzw. «Hu- men abhängig (Qualität). Eine gute Bildung
mankapital»). Beim Kapital unterscheidet führt zu höher qualifizierten Arbeitskräften.
sich das Finanzkapital (Geld, Kredite) vom Dadurch werden Innovationen möglich und
Realkapital (z.B. Verkehrs- und Energiein- die Produktivität kann gesteigert werden,
frastrukturen). Zudem wird auch das Re- die Wertschöpfung steigt an. Ändert sich
alkapital «Natur» zunehmend als zentraler die Branchenstruktur hin zu wertschöp-
und limitierender Produktionsfaktor aner- fungsstarken Unternehmen, steigt die Wirt-
kannt28. schaftskraft ebenfalls an.
Die Wirtschaftskraft ist die zentrale Grös- Der Kanton selber trägt ebenfalls zur Wirt-
se für die Beurteilung einer Volkswirtschaft. schaftskraft bei: Er ist ein wichtiger Arbeit-
Sie steht deshalb im Zentrum der Wirt- geber und ein wichtiger Auftraggeber mit
schaftsstrategie 2025. Allerdings lässt sich seinen Investitionen im Infrastrukturbereich.
die Wirtschaftskraft nicht direkt steuern,
sondern nur über einen längeren Zeitraum Unternehmen bzw. Arbeitsplätze und Be-
entwickeln, indem auf Grössen Einfluss völkerungszahl sind voneinander abhängig.
genommen wird, die ihrerseits die Wirt- Grundsätzlich steigt die Wirtschaftskraft
schaftskraft beeinflussen. bei steigender Bevölkerungszahl nur, wenn
auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen
Die Wirtschaftskraft ist einerseits abhän- werden. In der Wirklichkeit wird der Zusam-
gig von der Bevölkerungszahl, den Ar- menhang durch Pendlerbewegungen über
beitskräften und der Anzahl Unterneh- die Kantonsgrenzen hinaus abgeschwächt.
28 Siehe zum Beispiel das Kapitalstockmodell, wie es bei der Weltbank von einer Gruppe um Ismail Serageldin
entwickelt wurde (Mauch Consulting AG, Infras, Basler und Partner AG, Zürich April 2001: Politik der nachhaltigen
Entwicklung in der Schweiz: Standortbestimmung und Perspektiven, S. 65 ff.). 29
30. Wirtschaftsstrategie 2025
Die Entwicklung eines Wirtschaftsstandorts wird von weiteren Standortfaktoren be-
einflusst:
ƒƒ Für einen Standort sind gute Infra- ƒƒ Das Thema Sicherheit umfasst die
strukturen nötig, beispielsweise für öffentliche Sicherheit, ein zuverlässi-
den Verkehr, die Energieversorgung ges Rechtssystem sowie die soziale
oder die Kommunikation. Auf dem Sicherheit. Im internationalen Stand-
Schienen- und Strassennetz müssen ortwettbewerb ist Sicherheit bzw. die
für die Wirtschaft und die Bevölkerung Stabilität eines Landes ein wichtiger
ausreichend Kapazitäten zur Verfü- Faktor. Innerhalb der Schweiz sind die
gung stehen. Unterschiede gering. Viele Elemente
sind in der Zuständigkeit des Bundes.
ƒƒ Nicht nur die Bildung, sondern auch Die Gewährung der öffentlichen Si-
die Forschung und der Wissenstrans- cherheit gehört hingegen zu den kan-
fer tragen zur Qualität von Unterneh- tonalen Aufgaben. Vor allem in grossen
men und Arbeitsplätzen und damit zur Kantonen steigen die Anforderungen
Wertschöpfung bei. an die Polizei, weil nicht mehr tolerier-
bare Gefährdungen der öffentlichen
ƒƒ Die Branchenstruktur beeinflusst Sicherheit zunehmen.
einerseits direkt die Wirtschaftskraft.
Anderseits ist sie auch ein Element der ƒƒ Die Steuern sind Grundlage der
Attraktivität eines Standorts. Gibt es öffentlichen Finanzen, die wiederum
bereits viele Unternehmen einer be- das Angebot der staatlichen Leistun-
stimmten Branche, kann dies weitere gen bestimmen. Gleichzeitig sind die
Unternehmen anziehen (Cluster). Steuern ein Standortfaktor, der in die
Entscheide von Unternehmen und
ƒƒ Effiziente und bürgerfreundliche Privatpersonen einfliesst, wo sie sich
Verfahren und Vorschriften erlauben niederlassen. So beeinflussen Steuern
es, neue Vorhaben rasch umzusetzen längerfristig wiederum die Wirtschafts-
und tragen zu tieferen Gebühren und kraft.
Abgaben bei.
ƒƒ Nicht zu unterschätzen sind nicht
ƒƒ Eine gute Gesundheitsversorgung messbare, weiche Faktoren, die zu
ist wichtig für das Wohlbefinden einer guten Lebensqualität und damit
der Bevölkerung. Ist die Versorgung zu einem attraktiven Standort beitra-
kostengünstig, steigt das verfügbare gen (z.B. Kultur- und Freizeitangebote,
Einkommen an. Der Gesundheitssek- familienexterne Kinderbetreuung, Natur
tor ist zudem ein wichtiger Arbeitgeber. und Umgebung usw.).
Im Kanton Bern bildet die Medizinal-
technik einer der Cluster in der Stand-
ortpromotion (vgl. Abschnitt 7.3.2).
Die Wirtschaftskraft ist Basis der öffent- der Leistung gesenkt werden. Ohne Er-
lichen Finanzen, d.h. der Steuereinnah- höhung der Wirtschaftskraft lassen sich
men und damit der staatlichen Leistun- umgekehrt zusätzliche staatliche Leistun-
gen. Steigt die Wirtschaftskraft, stehen gen nur über eine höhere Abschöpfung
mehr Mittel für die Erfüllung der öffentli- finanzieren bzw. eine tiefere Abschöpfung
chen Aufgaben zur Verfügung oder die bleibt nicht ohne Einfluss auf die staatli-
Steuerbelastung kann bei gleichbleiben- chen Leistungen.
30
31. Analyse
Die folgende Grafik zeigt die volkswirt- unter den verschiedenen Faktoren. Die
schaftlichen Zusammenhänge und die Ein- Einflussmöglichkeiten einer Wirtschafts-
flussmöglichkeiten. In der Darstellung nicht strategie sind blau eingefärbt.
berücksichtigt sind die Rückkoppelungen
Öffentliche Finanzen
Investitionen Privater Konsum
Steuern
(3)
Wirtschaftskraft (2)
Unternehmen (1) Bevölkerung
Arbeitsplätze Erwerbstätige
Unternehmensgründungen, Wanderungssaldo, natürliches
Ansiedlungen, neue Projekte Bevölkerungswachstum
Räumliche Entwicklung, Räumliche Entwicklung,
Bildung
Bildung, Standortattraktivität Standortattraktvität
Quelle: eigene Darstellung
Mess- bzw. Beurteilungsgrössen: 1: Branchenstruktur, Betriebszählung
2: Bruttoinlandprodukt und Ressourcenpotenzial
3: Steuerausschöpfungsindex
31
32. Wirtschaftsstrategie 2025
7.2. Wirtschaftspolitische Einflussmöglichkeiten
Der föderalistische Staatsaufbau bringt gelt der Bund mit dem Raumplanungs-
es mit sich, dass es neben Bundes- und gesetz Zuständigkeiten und Aufgaben. In
Kantonsaufgaben auch Aufgaben gibt, der konkreten Ausgestaltung bleibt aber
bei denen sowohl der Bund als auch die den Kantonen und Gemeinden ein gros-
Kantone eigenständig handeln können ser Spielraum. In der Arbeitslosenversi-
(beispielsweise bei den Steuern). Viele Auf- cherung, die Teil des Arbeitsmarkts ist,
gaben können nicht entweder dem Bund vollziehen die Kantone Bundesrecht ohne
oder den Kantonen zugeordnet werden. eigenen Gestaltungsspielraum.
Bei der Raumplanung beispielsweise re-
Bund Bund und Kanton Kanton
Geld, Währung
Wettbewerb
Aussenwirtschaft
Raumplanung
Arbeitsmarkt
Kantonal-,
Nationalstrassen,
Regionalverkehr Kommunalstrassen,
Fernverkehr
Ortsverkehr
Technische Berufsbildung,
Mittelschulen Volksschulen
Hochschulen Hochschulen
Steuern Steuern
Gesundheitswesen
Regionalpolitik
Standortpromotion Standortpromotion
Wirtschaftspolizei- Wirtschaftspolizei-
liche Vorschriften liche Vorschriften
Verfahren Verfahren
Quelle: eigene Darstellung
32
33. Analyse
7.2.1. Vorbemerkungen zu den folgenden Abschnitten
Der Kanton Bern ist der zweitgrösste Kan- wird Bern jeweils mit der Schweiz und den
ton der Schweiz in Bezug auf Fläche, Be- Kantonen Aargau, St. Gallen, Waadt und
völkerung, Anzahl Arbeitsplätze und Betrie- Zürich verglichen (Referenzkantone).
be. Sein Anteil an gesamtschweizerischen
Kennzahlen beträgt jeweils zwischen zehn Aussagen zum Wert je Kopf der Bevölke-
und fünfzehn Prozent. In den folgenden rung sind aussagekräftiger, weil Vergleiche
Abschnitten werden in erster Linie Kenn- zwischen unterschiedlich grossen Einheiten
zahlen kommentiert, die davon deutlich möglich werden. Bei einer Zeitreihe misst
abweichen. die Veränderung des absoluten Werts zu-
dem oft vor allem die Entwicklung der Be-
Referenz für den Kanton Bern sind, neben völkerungszahl (eine Erhöhung des Brutto-
der Schweiz, diejenigen Kantone, welche inlandprodukts zum Beispiel ist nur dann
in Bezug auf Grösse, Bevölkerungszahl eine Verbesserung, wenn sie grösser ist
und Arbeitsplätze vergleichbar sind, nicht als das Bevölkerungswachstum). Deshalb
aber Stadtkantone oder flächen- und be- stehen in der folgenden Analyse die Werte
völkerungsmässig kleine Kantone. Deshalb pro Kopf der Bevölkerung im Vordergrund.
Die Abschitte sind folgendermassen aufgebaut:
ƒƒ Die Kernaussagen fassen die wichtigs- Einschätzungen. Die einzelnen Grafi-
ten Erkenntnisse aus der Analyse zu- ken weisen die Bedeutung der Kern-
sammen. Zusammen mit der Analyse aussagen pro Bereich aus. Ein direkter
wird jeweils dargestellt, wie der Kanton Vergleich zwischen den verschiedenen
Bern die Entwicklung beeinflussen Grafiken ist dagegen nicht möglich.
kann.
ƒƒ Unter «Hintergrund» werden die wich-
ƒƒ Die Grafik gewichtet die volkswirt- tigsten Kennzahlen dargestellt, die den
schaftliche Bedeutung und vergleicht Kernaussagen zu Grunde liegen. Diese
den Kanton Bern mit der Schweiz. Die Zahlen sind jeweils gerundet. Wo sinn-
Gewichtung stützt sich auf statistische voll, wird auch ein Vergleich mit den
Daten, ergänzt mit plausibilisierten Referenzkantonen erstellt.
Ausführlichere Angaben zu volkswirt- schnitte 7.3.1 bis 7.3.4). Diese wird zu-
schaftlichen Kennzahlen finden sich im Be- sätzlich nach regionalen Gesichtspunkten
richt zur Wirtschaftslage 2011 oder unter betrachtet (Abschnitt 7.4). In Abschnitt 7.6
www.be.ch/wirtschaftsdaten. wird das Image des Kantons dargestellt.
Anschliessend werden wichtige staatliche
Die Analyse geht zuerst auf die volkswirt- Leistungen und die Strukturen analysiert
schaftliche Struktur des Kantons ein (Ab- (Abschnitte 7.7.1 bis 7.7.5).
33
34. Wirtschaftsstrategie 2025
7.3. Volkswirtschaftliche Struktur des Kantons
7.3.1. Bruttoinlandprodukt und verfügbares Einkommen
Kernaussagen Das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf bzw. pro Beschäftigtem ist unterdurchschnittlich.
Die Entwicklung des BIP pro Kopf bzw. pro Beschäftigtem ist überdurchschnittlich.
Das Wachstum des absoluten BIP ist unterdurchschnittlich.
Das frei verfügbare Einkommen29 liegt im Durchschnitt.
Kernaussagen im
Vergleich +
CH
-
klein Volkswirtschaftliche Bedeutung gross
Handlungsbedarf Einflussmöglichkeiten
klein mittel gross klein gross
Einflussmöglichkeiten Die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts lässt sich nur indirekt beeinflussen. Die
Einflussmöglichkeiten werden bei den entsprechenden Faktoren dargestellt.
29 Das frei verfügbare Einkommen berücksichtigt neben der Steuerbelastung die Wohnkosten, die Sozialversiche-
34 rungsabgaben und die Krankenkassenprämien. Weitere Ausführungen am Ende dieses Abschnitts.
35. Analyse
Das Bruttoinlandprodukt (BIP)30 des Kan- misch reagiert als die Schweiz. Das Wachs- Hintergrund
tons Bern belief sich im Jahr 2010 auf 57 tum der Berner Wirtschaft ist im konjunkturel-
Milliarden Franken. Beim BIP pro Kopf31 len Aufschwung geringer als der Schweizer
der Bevölkerung liegt der Kanton Bern mit Durchschnitt. In Krisensituationen reagiert
58’100 Franken unter dem Schweizer Mittel die Berner Wirtschaft meist etwas verzö-
von 62’900 Franken. Von den Referenzkan- gert, aber nicht grundsätzlich anders als die
tonen liegt einzig Zürich vor Bern – sowohl Schweiz. Über einen gesamten Konjunktur-
absolut als auch pro Kopf. zyklus hinweg resultiert deshalb ein geringe-
res Wachstum als im Schweizer Durchschnitt.
Ein Vergleich des jährlichen Wachstums Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung
zeigt, dass der Kanton Bern weniger dyna- liegt in der Branchenstruktur des Kantons.
BIP-Wachstum
4%
CH
3%
2%
BE
1%
0%
-1 %
-2 %
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Quelle: BAKBASEL
Das durchschnittliche jährliche Wachs- Gallen wuchs gleich wie der Kanton Bern,
tum zwischen 2000 und 2010 lag mit 1.4 die Waadt lag im Schweizer Durchschnitt,
Prozent unter demjenigen der Schweiz Aargau und Zürich lagen darüber (1.7 %).
(1.6 %). Die Kantone Waadt und Aargau
lagen über dem bernischen Wert, St. Gal- Das durchschnittliche Wachstum pro
len und Zürich darunter. Zürich litt stark un- Kopf der Bevölkerung lag 2000 bis 2010
ter der Wirtschaftskrise 2001-2003 sowie mit 1.0 Prozent deutlich über dem der
unter der Finanzkrise 2008/2009. Eine Be- Schweiz (0.7 %) und der Referenzkantone.
trachtung des durchschnittlichen Wachs- Dies ist jedoch nicht auf ein überdurch-
tums über die vergangenen 30 Jahre schnittliches Wachstum des BIP zurückzu-
zeigt ähnliche Resultate. Der Kanton Bern führen, sondern eine Folge des unterdurch-
wuchs um 1.5 Prozent (CH: 1.6 %). St. schnittlichen Bevölkerungswachstums.
30 Bei den in der Wirtschaftsstrategie ausgewiesenen Grössen handelt es sich jeweils um reale (d.h. inflationsberei-
nigte) Grössen.
31 Grössere Aussagekraft erlangt das BIP, wenn es ins Verhältnis zur Bevölkerung gesetzt wird. Das BIP pro Kopf der
Bevölkerung ist ein Mass für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts.
Es wächst, wenn die Zahl der Erwerbstätigen stärker zunimmt als die Gesamtbevölkerung oder wenn pro Er-
werbstätigem eine höhere Wertschöpfung generiert wird, das heisst die vorhandene Arbeit produktiver eingesetzt
wird. 35
36. Wirtschaftsstrategie 2025
Das BIP pro Erwerbstätigem32 im Kanton kantonen liegt nur St. Gallen leicht hinter
Bern ist mit 98’500 Franken geringer als im dem Kanton Bern. Die Entwicklung in den
schweizerischen Durchschnitt (CH: 109’100 vergangenen zehn Jahren zeigt aber, dass
Franken). Das ist ein Hinweis auf eine eher der Strukturwandel hin zu wertschöpfungs-
wertschöpfungsschwache Branchenstruk- stärkeren Aktivitäten im Kanton Bern ausge-
tur im Kanton Bern. Von den Referenz- prägter war als im Schweizer Durchschnitt.
Entwicklung BIP pro
1.0 %
Erwerbstätigem
0.8 %
0.6 %
CH
0.4 %
0.2 %
0.0 %
BE AG VD SG ZH
Quelle: BAKBASEL
Für die Beurteilung des Wohlstands ist das sind deutlich überdurchschnittlich, dage-
frei verfügbare Einkommen33 von Bedeu- gen fallen die Fixkosten unterdurchschnitt-
tung. Dieses berücksichtigt nicht nur die lich aus. Beim frei verfügbaren Einkommen
Steuerbelastung, sondern alle gebundenen schneiden Stadtkantone und Kantone mit
Ausgaben. Das frei verfügbare Einkommen starker Zentrumsfunktion schlechter ab als
im Kanton Bern entspricht dem Schweizer die übrigen Kantone. Zürich und Waadt lie-
Durchschnitt. Die obligatorischen Abgaben gen hinter, St. Gallen und Aargau vor Bern.
Verfügbares Einkommen tiefe oblig. Abgaben Fixkosten hohe oblig. Abgaben
nach Ausgabenkompo- hohe Fixkosten GE hohe Fixkosten
nenten, 2011
ZG BS
ZH
SZ VD
NW CH BL oblig. Abgaben
GR LU TI
OW AG
BE
AI SG FR
UR TG NE
SO VS
GL AR SH
Quelle: Credit Suisse Eco-
nomic Research, eigene tiefe oblig. Abgaben hohe oblig. Abgaben
Darstellung tiefe Fixkosten JU tiefe Fixkosten
Obligatorische Abgaben: Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialabgaben, Krankenversicherungsprämien
Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall
32 Das BIP pro Erwerbstätigem ist ein Indikator für die Produktivität. Eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung ermög-
licht Rückschlüsse auf die Wertschöpfungsstärke bzw. Produktivität der Branchenstruktur. Aussagen zu Produkti-
vitätsunterschieden innerhalb bestimmter Branchen sind nicht möglich.
33 Frei verfügbares Einkommen nach der Definition von Credit Suisse: Bruttoeinkommen abzüglich Steuern, Sozialab-
36 gaben, BVG, Krankenkasse, Wohnkosten inkl. Nebenkosten und Pendlerkosten.