Rechtsanwalt in Vietnam Oliver Massmann ÖFFENTLICH-PRIVATE PARTNERSCHAFTEN
1. Rechtsanwalt in Vietnam Oliver Massmann ÖFFENTLICH-PRIVATE
PARTNERSCHAFTEN
Autor: Oliver Massmann
ÜBERBLICK
Moderne und effiziente Infrastruktur ist entscheidende Voraussetzung für ein beständiges
Wirtschaftswachstum und senkt die Kosten für alle Investoren, die in Vietnam Geschäften nachgehen
wollen. Ein rasantes Wirtschaftswachstum und eine zunehmende Urbanisierung lassen das Bedürfnis nach
Straßen, Häfen, einer verlässlichen Elektrizitäts-, Müll- und Abwasserentsorgung, Krankenhäusern und
sonstigen öffentliche Versorgungseinrichtungen, wie auch nach Gütern und Dienstleistungen ansteigen.
Die staatliche Ausgaben werden aber wohl nur 50% des Infrastrukturbedarfs decken können. In absoluten
Zahlen wird das zur Verfügung gestellte Budget in den Jahren 2011-2020 bei etwa 170 Milliarden USD
liegen.[1]
Die übrigen benötigten Gelder müssen aus anderen Quellen bezogen werden, wie z.B. aus
öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP).
In den vergangenen Jahren vollzog die vietnamesische Regierung sehr strikt Gesetzesreformen mit dem
Zweck, ausländische und private Investitionen in dem eigenen Land zu fördern. Im Jahr 2015 wurden von
der Regierung zwei seit langem erwartete Dekrets zu dem Thema ÖPP erlassen. Dabei handelte es sich
um das Dekret 15 für ÖPP (das ÖPP- Dekret)[2]
und Dekret 30, das die Investorenauswahl bei ÖPP-
Projekten (Dekret 30) regelt.[3]
Durch dieses wurde das bisher geltende Recht, das im Zusammenhang mit
BOT (Build-Operate-Transfer) - Verträgen und Pilot-ÖPP steht, abgelöst.
Seitdem diese Dekrets in Kraft getreten sind, wurden bereits eine Bekanntmachung des Premierministers
und acht Durchführungsbestimmungen erlassen. Diese enthielten umfangreiche und detaillierte
Bestimmungen bezüglich einer Vielzahl von Aspekten. Darunter eine Methode zur Durchführung von
Machbarkeitsstudien von ÖPP-Projekten und Regelungen für den Registrierungsprozess von ÖPP.
Nichtsdestotrotz sind Gesetzeslücken und Widersprüche leider noch verblieben.
Während der letzten 20 Jahre gab es vereinzelt erfolgreiche Projekte. Dazu zählen eine Hand voll
Energiekraftwerke, die von bereits existenten BOT-Projekten übernommen wurden.[4]
Allerdings blieben
erfolgreiche private Investitionen in dem Sektor der öffentlichen Infrastrukturversorgung, insbesondere in
Form einer ÖPP, eher die Ausnahme. Die wenigen Erfolgsgeschichten solcher BOT oder ÖPP
Investitionsprojekte, basierten zumeist auf relativ einfachen Basisprojektverträgen oder Vereinbarungen
mit der Regierung, die, obwohl sie marktgerecht sind, in Anbetracht der Risikoverteilung und rechtlichen
Durchsetzbarkeit unzureichend sind und nicht ausreichen, um eine Basis für ein nennenswerten
Investitions- und Finanzierungszuwachs aus dem Ausland zu schaffen.
Aufgrund von Schwierigkeiten mit den derzeitigen ÖPP-Gesetzen haben Investoren, besonders solche aus
dem Ausland, in mehreren Fällen entweder (i) bei ihren Investitionsprojekten auf das Investitionsgesetz
vertraut oder (ii) ein build-transfer (BT) Projekt durchgeführt, wobei der Bau der Infrastrukturprojekte
(meistens Autobahnen) durch die Regierung dadurch entlohnt wurde, dass dem Investor das Recht
zugesichert worden war, ein privates Projekt, in der Regel ein Projekt für Stadtentwicklung oder ein
Wohnungsbauprojekt, umsetzen zu können.[5]
Trotz der Schwierigkeiten mit dem ÖPP-Dekret, wurden mit Dekret 30 und seinen Umsetzungsregularien
ein wichtiger gesetzlicher Rahmen geschaffen, der aber an sich noch nicht dazu ausreicht, dass von jetzt
an erfolgreiche privat finanzierte Infrastrukturprojekte durchgeführt werden können. In diesem Kapitel
wird es um die folgenden Vorschläge gehen, die das ÖPP-Programm in Vietnam vorantreiben sollen:
Initiierung einer Vielzahl von wahrnehmbaren Projekten
Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Zusammenarbeit von Regierungsbehörden
Einführung eines Vergabeverfahren für das viability gap funding (VGF),
Vereinheitlichung der detaillierten gesetzlichen Regulierungen von ÖPP-Programmen in Vietnam
Initiierung EINER VIELZAHL WAHRNEHMBARER PROJEKTE
2. Zuständige Ministerien: Ministerium für Planung und Investitionen (MPI), autorisierte staatliche
Einrichtungen und andere wichtige Behörden
Themendarstellung
Der endgültige Erfolg des ÖPP-Dekrets und des soliden Gesetzesreformprozesses der letzten fünf Jahre in
Vietnam hängt hauptsächlich davon ab, dass die Regierung umsetzbare Projekte ins Leben ruft und
voranbringt. Um die Vertrauenswürdigkeit von Vietnam als Standort für ÖPP-Projekte zu sichern, ist es
aus unserer Sicht essentiell, dass eine kleine Anzahl von ÖPP-Projekten ausgemacht und priorisiert wird
und so schnell wie möglich als ÖPP-Projekte für den Markt öffentlich ausgeschrieben werden.
Seit dem Beschluss 631 des Premierminister aus dem Jahr 2014,[6]
der 127 inländische Projekte mit
Investitionsbedarf aufzählt, von denen ungefähr 35 dafür vorgesehen sind, als ÖPP-Projekt umgesetzt zu
werden, bis heute, wurde von der Regierung noch keine neue, aktualisierte Liste mit potenziellen ÖPP-
Projekten offiziell herausgegeben. Am 28. September 2016 wurde aber darüber berichtet, dass das MPI
eine Liste mit 108 Prioritätsprojekten an das Büro des Premierministers übergeben hat, damit dieser sie
prüfen kann (der Inhalt dieser Liste ist allerdings nicht vollständig öffentlich zugänglich).[7]
Wenn eine solche Liste veröffentlicht werden wird, wird man sehen müssen, wie die Regierung sich die
Strukturierung und Finanzierung solcher Projekte vorstellt und wie diese Projekte durch staatliches
Kapital oder andere Mitteln unterstützt werden sollen.[8]
Während solche Listen erahnen lassen, wo die
Regierung aktuell Prioritäten setzt, um einem regierungsgeführtem ÖPP-Projekt zum Erfolg zu verhelfen,
müssen die einzelnen Projekte zunächst genau auf ihre technische und finanzielle Umsetzbarkeit
untersucht werden, bevor sie dem Markt zugänglich gemacht werden. Diese Projekte müssen nicht
unbedingt die größten und ertragreichsten sein. Sie müssen aber technisch und finanziell umsetzbar sein,
und müssen (i) es den Geldgebern erlauben, sich an das Ausfallrisiko zu gewöhnen und ein Profil für die
Fremdfinanzierung des Projekts zu erstellen und (ii) es den Investoren ermöglichen, ihre Kosten nicht nur
ausgleichen zu können, sondern sie müssen finanziell so ertragreich sein, dass die Investoren auch unter
Berücksichtigung der Finanzierungskosten genug Geld zurück erhalten.
Eine gute Hilfestellung bei der Entwicklung einer Reihe von Projekten wird die
Projektentwicklungseinrichtung (PEEI) sein. Dies ist eine Einrichtung, die von der asiatischen
Entwicklungsbank und der Agence Française de Développement (AFD) gefördert wird und bestimmten
Staatsagenturen bei der Vorbereitung und Bewertung potenzieller ÖPP berät. Die PEEI wird von dem
Ministerium für Planung und Investitionen verwaltet werden. Das Ministerium für Planung und
Verwaltung arbeitet gerade zusammen mit dem Finanzministerium daran, ein gemeinschaftliches Zirkular
herauszugeben, das Leitlinien für die Verwaltung von PEEI enthalten soll. Dem letzten Entwurf des
Zirkulars entsprechend, wird die PEEI ein revolvierender Fond sein, der von dem die
Projektausschreibung gewinnenden Investor ausgeglichen werden soll, bevor er den Projektvertrag
unterschreiben darf (d.h. dass z.B. der Gewinner einer Ausschreibung die Kosten auszugleichen hat, die
durch die Vorbereitungen für das Projekt entstanden sind).[9]
Bis heute gibt es keinerlei Informationen
darüber, wann das Zirkular herausgegeben werden soll und ob eine PEEI nun eingeführt werden soll oder
nicht.
Mögliche Vorteile/Nachteile für Vietnam
Konkrete Projekte auszuwählen und öffentlich bekannt zu machen, ist mit am wichtigsten, um die
derzeitige Dynamik das vietnamesischen ÖPP-Programms zu erhalten. Wenngleich das ÖPP-Dekret von
der Regierung ein guter Anfang war, eine wahrnehmbare Reihe von Projekten in Gang zu bringen, bedarf
es nun für den Erfolg des Programms dringend eines effektiven und schnellen Umsetzungsprozess, der
von allen Behörden gemeinsam unterstützt wird.
Empfehlungen
Überarbeitung des Dekret 631 inklusive einer neuen Liste von wichtigen inländischen Projekten,
insbesondere in den Branchen, die bei ausländischen Investoren besonders beliebt sind, wie z.B.
die Transportbranche. Höchste Priorität sollte dabei für wirtschaftlich rentable Projekte, die in ein
ÖPP gewandelt werden sollen, gelten.
3. Umsetzung der PEEI und potenzielle Projekte einer strikten Prüfung unterziehen (mit Hilfe von
internationalen technischen und finanziellen Beratern). Bei der Prüfung sollten internationale und
einheitliche Standards angewendet werden.
Übermittlung von ausgewählten Projekten an einen wettbewerbsfähigen, transparent agierenden
Bieter, wie auch von dem Gesetz für öffentliche Vergaben und dem dazu gehörigen Dekret 30
erwogen. Anstatt dessen/Zusätzlich sollte es führenden globalen Sponsoren ermöglicht werden, in
speziellen Branchen ein Pilotprojekte durchzuführen. So soll ein grundlegender Standard für die
Dokumentation und Risikozuordnung geschaffen werden, der dann auf dem internationalen
Markt zu einer für Banken nachvollziehbaren Risikoeinschätzung führen würde.
II. Verbesserung der BEHÖRDLICHEN effizienz und ausbau der zusammenarbeit zwischen
den Behörden
Relevante Ministerien: Ministerium für Planung und Investitionen (MPI), zuständige staatliche
Institutionen und ähnliche Behörden
Themendarstellung
Der Kapazitätsmangel und häufig fehlende Zusammenarbeit sowie die unterschiedliche Behandlung von
Sachverhalten durch unterschiedliche Behörden sind die Probleme, die am häufigsten von potenziellen
Investoren und Sponsoren als größtes Hindernis für die Etablierung von ÖPP-Projekten in Vietnam
genannt werden.
Dieses Problem wird noch durch die Tatsache verschlimmert, dass obwohl BOT, BT und BTO Projekte
bereits seit beinahe 20 Jahren existieren, es dennoch keinen ausreichenden gesetzlichen Rahmen für ÖPP-
Projekte gibt. Das ÖPP-Dekret regelt insbesondere die besonders wichtige Risikoverteilung nicht
vollumfänglich und lässt auch andere wirtschaftliche Fragen außen vor (inklusive Fälle von einem
Wechsel des anwendbaren Rechts und Konvertierungsrisiken). Es enthält auch keine detaillierten
Regelungen für die Übertragung von Rechten durch Verträge (z.B. Gläubigerbeitritt), was zu
Rechtsunsicherheit bei den für die Umsetzung zuständigen Behörden führt und als Folge dessen zu einer
Verzögerung der Vertragsverhandlungen und der Durchführung von solchen Projekten. Es gibt außerdem
auch nur sehr wenige Präzedenzfälle, in denen es um Projekte geht, die privat finanziert und
abgeschlossen worden sind. Die staatlichen Behörden haben auch keinerlei rechtliche oder praktischen
Anweisungen erteilt bekommen, wie sie die Umsetzung eines Projekts, besonders eines solchen außerhalb
der konventionellen Energieerzeugungsbranche, verwalten.
Es erscheint bei der Erörterung verschiedener Projekte zwischen Behörden und Investoren so, als gäbe es
sehr häufig Unklarheiten auf Seiten der Behörden, bezüglich von traditionellen privaten
Investitionsformen und den ÖPP-Modellen. Der bisherige Fokus, der mehr auf Input Elemente, als auf
Output gerichtet war, bedarf keiner anspruchsvollen Projektbeurteilungsprozesse und ebenso keines
strikten Risikomanagements oder Zuweisungsprozesse. Im Umgang mit den staatlichen Behörden zeigt
sich außerdem häufig, dass diese keinerlei Erfahrung haben und/oder einen Mangel an Verständnis für
gewerbliche Prozesse und die Interessen privater Investoren, wie zum Beispiel die finanzielle
Tragfähigkeit eines Projekts oder die Risikoverteilung zwischen dem privatem und dem öffentlichen
Sektor, haben. Die fehlende Kenntnis von internationalen Praktiken hat ebenfalls dazu geführt, dass die
Vorgehensweise der Regierungsbehörden gegenüber ausländischen Beteiligten eines ÖPP-Projekts
verbesserungswürdig ist. Sie erscheinen vielmehr um interne innerbehördliche Abläufe besorgt zu sein
und beachten dabei praktische und wirtschaftliche Umstände gar nicht oder zumindest nicht im
angemessenem Maß.
Die fehlende Koordinierung innerhalb der Regierungsbehörden und innerhalb ähnlicher behördlicher
Strukturen hat bei den Investoren ebenfalls für Verwirrung gesorgt. Obwohl das ÖPP-Dekret ein zentrales
Verwaltungssystem für ÖPP-Projekte vorsieht, verbleibt noch jede Menge Arbeit, die Vorgehensweisen
der zentralen und regionalen Behörden zu vereinheitlichen. Unterschiedliche Industriebereiche werden
von unterschiedlichen Behörden betreut. Daraus entwickeln sich derzeit unterschiedliche ÖPP-
Investitionspraxen. Provinzregierungen, insbesondere in entlegeneren Provinzen, werden bei den
Reformprozessen außen vor gelassen.
4. Mögliche Vorteile/Nachteile für Vietnam
Die institutionelle und praktische Leistungsfähigkeit und das Problem der mangelnden innerbehördlichen
Koordination, sind unserer Meinung nach, unter Nichteinbeziehung der wirtschaftlichen und
ökonomischen Eigenschaften einzelner ÖPP-Projekte, weiterhin der wichtigste Faktor, der die
Wettbewerbsfähigkeit des vietnamesischen ÖPP-Programms schwächt. Diese Probleme werden weiterhin
zu Verzögerungen führen und daher die Kosten für solche Projekte ansteigen lassen. Im Vergleich mit
anderen Ländern, auch innerhalb der Association of South East Nations (ASEAN), liegen die Kosten in
Vietnam höher als anderswo. Es ist wahrscheinlich, dass dies dazu führen wird, dass viele Investoren
zunächst die Geduld und dann das Interesse an dem vietnamesischen ÖPP-Programm verlieren werden.
Da andere Länder (wie z.B. Thailand oder die Philippinen) wesentlich bessere ÖPP-Programme initiiert
haben, wird es umso schwieriger für Vietnam vorzeigbare Projekte zu entwickeln, wenn die oben
genannten Probleme nicht behoben werden. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bereits einige
vietnamesische Entwicklungsinstitute damit begonnen haben, an diesen Problemen zu arbeiten, was
ermutigendend ist.
Empfehlungen:
Es müssen Workshops und Schulungen für die zuständigen Beamten, insbesondere für die
Amtspersonen in den Provinzverwaltungen, ins Leben gerufen werden.
Der Prozess, die Regelungen umzusetzen, muss fortgeführt werden. Außerdem sollten weiterhin
Handbücher an Behörden ausgegeben werden, in denen der korrekte Umgang mit solchen
Projekten geschildert ist.
Es sollten genehmigte Ausschreibungsunterlagen zusammengestellt werden (mit Hilfe von
internationalen Beratern, die bereits auf anderen Märkten Erfahrung sammeln konnten). Diese
Unterlagen sollten Projektverträge und international akzeptierte Risikoverteilungsmodelle
enthalten, damit die Voraussetzungen für Ausschreibeverfahren transparenter werden.
Konkrete Projekte sollten entwickelt werden, damit die staatlichen Behörden den richtigen
Umgang anhand der Praxis lernen können.
Bei dem Umsetzungsprozess sollten alle wichtigen Ministerien und Behörden beteiligt werden.
So kann ein einheitliches Verfahren bei der Entwicklung von Projekten sichergestellt werden.
Dabei sollten diejenigen zu Rate gezogen werden, die bereits auf dem Strommarkt Erfahrungen
mit der Finanzierbarkeit und Marktfähigkeit von Projekten gesammelt haben.
III. inhaltliche straffung der detaillierten Ausführungsrichtlinien
Relevante Staatsbehörden: Ministerium für Planung und Investitionen (MPI), zuständige Staatsorgane
und andere, zu beteiligende Behörden
Die detaillierten Ausführungsrichtlinien bezüglich des ÖPP-Dekrets und des Dekrets 30 werden begrüßt
und gelten als Zeugnis dafür, wie wichtig die vietnamesische Regierung die Entwicklung der ÖPP nimmt,
um damit ausländische Investoren für den vietnamesischen Infrastrukturmarkt anzuwerben. Zirkular
06/2016/TT-BKHDT vom 28. Juni 2016 bezüglich der Umwandlung von öffentlich finanzierten
Projekten in ÖPP, ist ein wichtiger Schritt, damit die Regierung investiertes Kapital frei machen kann, um
es anders verwenden zu können.
Leider verbleiben dennoch einige Regelungslücken und Widersprüche, wie zum Beispiel einige
Unklarheiten zu dem wichtigen Thema der Bankfähigkeit einzelner Projekte. Dies hat zur Folge, dass die
Investoren sich entweder mit der Situation konfrontiert sehen, dass sie für ihre Projektdurchführung gar
keine weiteren Anleitungen mehr bekommen oder sie gar widersprüchliche Informationen erhalten. Es
bedarf daher noch Arbeit, um diese Probleme aus dem Weg zu räumen.[10]
Lückenfinanzierung Viability Gap Funding (VGF)
Dass das viability gap funding (VGF) bei Projekten, die dem ÖPP Dekret 15 unterfallen, nicht nach oben
hin gedeckelt ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung hin zu mehr ausländischen Beteiligten an ÖPP-
Projekten. Für zukünftige ÖPP-Projekte, wird berichtet (was aber nicht offiziell bestätigt ist), dass die
Regierung einen VGF Fond mit bis zu 1 Milliarde USD eingerichtet hat, um damit Projekte zu
5. finanzieren, die ansonsten nicht zu realisieren wären. Bis jetzt gibt es keinerlei Leitlinien für die
Verwaltung und Genehmigungsvoraussetzungen für ein VGF. Transparente und klare Abläufe sind
unbedingt notwendig, so dass die Kreditgeber und –nehmer unter Anbetracht der Projektdetails und ihrem
Finanzierungsbedürfnis sicher wissen, ob und wie viel Geld aus diesem Fond ihnen für ein neu geplantes
ÖPP-Projekt zur Verfügung gestellt werden kann.
Landnutzungs- und Grundpfandrechte
Die Vorschriften aus dem ÖPP-Dekret, die das Recht der Verpfändung von Landnutzungsrechten
betreffen, sind mehrdeutig. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Investor von der Leistung von
Pachtzinsen befreit ist. Eine solche Befreiung von Pachtzinsen oder sonstigen Gebühren für die
Landnutzung ist im ÖPP-Dekret, das damit im Einklang mit dem Landrecht steht, das eine solche
Befreiung auch möglich macht, unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Für die Frage der
Grundpfändbarkeit enthält auch das ÖPP-Dekret keine ausreichenden Regelungsbestände und kann daher
nicht die Lücken des Landrechts füllen. Dieses erlaubt eine Verpfändung nur dann, wenn der Investor
sämtliche Gebühren vollständig bezahlt hat. Daher könnten beide Vorschriften so interpretiert werden,
dass ein Investor, der insofern privilegiert ist, dass er keine Gebühren zahlen muss, auf der anderen Seite
das Land auch nicht belasten kann. Diese Regelungen könnte Geldgeber davon abhalten, Kredite an ÖPP-
Investoren auszugeben und macht das gesamte ÖPP-Regelwerk damit ineffizienter. Zur Klärung dieser
Frage wurden bisher leider weder im Rahmen des Landrechts, noch im Bezug zu dem ÖPP-Dekret neue
Vorschriften erlassen.
Garantierter Wechselkurs
Obwohl die Regierung das Saldo einer Währung garantiert, ist der durch die Regierung garantierte
Wechselkurs ein zentrales Problem, das Investoren dazu bewegt, Finanzmittel ins Ausland zu schaffen.
Das ÖPP-Dekret sieht in drei bestimmten Projektarten eine staatliche Wechselkursgarantie vor. Zu diesen
privilegierten Arten gehört der Bau von solchen Infrastrukturprojekten, die dem Investmentprogramm der
Regierung unterfallen. Allerdings gibt es keinerlei rechtliche Vorgaben, in welcher Höhe diese Garantie
gelten soll. Im Gegensatz zu dem offiziellen Brief 1604/TTg-KTN vom 12. September 2011, der im
Zusammenhang mit dem alten ÖPP-Dekret erlassen wurde und die Maximalgarantie für thermische BOT-
Projekte festlegte, wurden für das aktuelle ÖPP-Dekret noch keine konkreteren Bestimmungen festgelegt.
Besonders ausländische Investoren können die Entwicklung ihrer Einnahmen aus dem Projekt unmöglich
vorhersagen. Damit ist es ihnen ebenso unmöglich abzuschätzen, ob sie mit einem langfristigen ÖPP-
Projekt in Vietnam Gewinne oder Verluste einfahren werden. Leitlinien, die zu einer stabileren
Investitionslage insbesondere für ÖPP –Projekte führen würden, werden damit weiterhin vermisst.
Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Investoren und der Regierung
Der Zugang zu alternativen Schlichtungsverfahren stellt weiterhin eine Herausforderung in Vietnam dar.
Dies gilt insbesondere dann, wenn eine der streitigen Parteien eine staatliche Einrichtung ist. In dem ÖPP-
Dekret ist vorgesehen, dass Streitigkeiten zwischen Investoren und dem Staat von einer vietnamesischen
Schiedsorganisation entschieden werden. Falls eine der Parteien ein ausländischer Investor ist und beide
Parteien dem zugestimmt haben, kann auch ein Schiedsgericht zuständig sein. Dies gilt auch für die
Durchsetzung eines erlangten Titels aus einem solchen Verfahren. Nichtsdestotrotz wird ein großer Teil
der erzielten Schiedsgerichtsbeschlüsse von vietnamesischen Gerichten wieder aufgehoben oder für nicht
vollziehbar erklärt. Die Anzahl von erfolgreich vollstreckten ausländischen Schiedsgerichtsurteile bleibt
sehr niedrig. Das gegenwärtige Regelwerk von Investoren-Regierung-Schiedsverfahren bleibt ineffektiv,
was sich auch auf sämtliche Regelungen, die die ÖPP betreffen, auswirkt, da diese grundsätzlich
staatliche Behörden und ausländische, private Investoren umfassen.
Sich überschneidende Regelungen für Investitionsverfahren
Eine Vielzahl neuer Zirkulare führt die Pflicht auf, einen Umweltverträglichkeitsbericht (UVB). zu
erstellen. Das vom Ministerium für Industrie und Handel (MIH) erlassene Zirkular 23/2015/TT-BCT vom
13. Juli 2015 regelt die Abfolge und das Verfahren von entstehenden BOT-Wärmekraftwerksprojekte,
welche den UVB benötigen, um von dem Ministerium für natürliche Ressourcen und für Umwelt
(MNRU) genehmigt zu werden. Im Anschluss daran wird das MIH eine Machbarkeitsprüfung
durchführen. Dementgegen hat das MPI das Zirkular Nr. 02/2016/TT-BKHDT am 01. März 2016 zum
6. Thema vorläufige Projektauswahl, Projektgründung, -bewertung und Zulassung von ÖPP (womit alle
ÖPP eingeschlossen sind) erlassen. Dies beinhaltet Anweisungen für die Vorbereitung der
Machbarkeitsstudie, die ebenfalls einen UVB enthalten muss. Es ist allerdings nicht zu entnehmen,
inwiefern der UVB in der Machbarkeitsprüfung eingebunden sein muss. Wenn es sich um einen UVB-
Entwurf handelt, verbleibt es möglicherweise im Zuständigkeitsbereich des MNRU und wird
gegebenenfalls nach der Einarbeitung noch geändert. Falls der UVB allerdings erst durch das MNRU
genehmigt werden muss und dann, nachdem es in der Machbarkeitsprüfung eingearbeitet worden ist,
nochmal geändert wird, ist unklar, ob diese Änderungen als Änderung der Machbarkeitsprüfung oder des
UVB gelten soll. Daraus resultiert die Frage welches Ministerium dann für die Genehmigung zuständig
ist. Diese Unklarheit muss dringen geklärt werden. Dafür sollten die beiden Ministerien gemeinsam eine
Lösung ausarbeiten.
Ein weiteres Beispiel ergibt sich aus dem vom MIH erlassenen Zirkular 38/2015/TT-BCT vom 30.
Oktober 2015. Dieses legt fest, dass ein ÖPP-Projekt für eine „Logistikzentrum“ in den
Zuständigkeitsbereich des MIH fällt. Das Zirkular 86/2015/TT-BGTVT des Ministeriums für Transport
(MT) vom 31. Dezember 2015 legt aber fest, dass Häfen und Flughäfen von dem MT verwaltet werden.
Es bleibt dabei unklar, welches Ministerium dann zuständig ist, falls eine Hafen- oder Flughafen-ÖPP
dabei ein Logistikzentrum betreibt.
Die oben genannten Widersprüche stellen nur eine Auswahl an Probleme dar, die bei der Anwendung der
aktuellen Zirkulare und sonstigen Regularien bestehen. Natürlich könnten sie durch eine ad hoc
Entscheidung des zuständigen Ministeriums noch rechtzeitig behoben werden. Dennoch verursachen sie
ein gewisses Grad an Rechtsunsicherheit und sorgen dafür, dass die Entwicklung eines Projekts
komplizierter wird. Daher sollten diese Unklarheiten durch gesetzliche Regelungen möglichst schnell aus
dem Weg geräumt werden.
Mögliche Vorteile/Nachteile für Vietnam
Die neuen Leitlinien für das ÖPP–Dekret spielen eine wichtige Rolle in der Gesetzesreformierung, die
notwendig ist, um private Investoren für den Infrastrukturmarkt zu gewinnen. Da Vietnam aber derzeit in
eine neue Phase der Entwicklung von ÖPP übergeht, ist es umso wichtiger, dass die Bemühungen der
Regierungen weitergehen, um so ein gleichmäßiges, solides und auch zugängliches rechtliches Umfeld zu
schaffen. Investitionsvorhaben in Infrastrukturprojekte in Vietnam bleiben für ausländische Investoren
weiterhin problematisch, da diese sich im Rahmen eines ÖPP-Projektzyklus bis auf Weiteres mit
hartnäckigen und ungelösten Problemen konfrontiert sehen.
Empfehlungen:
Vereinheitlichung der Regulierungen und Leitlinien für ÖPP, um so ausländische Investoren
anzuwerben, die dann in die vietnamesische Infrastruktur investieren. Dabei sollten klare
Prioritäten gesetzt werden, z.B. auf die Zurverfügungstellung und Ausschüttung von VGF.
Die Regelungen sollten an vorhandenen Projekten getestet werden, so dass Investoren sehen, wie
die Regelungen in Bezug auf ÖPP anzuwenden und handzuhaben sind.
Es sollten Anleitungen herausgegeben werden (zusätzlich zu den normalen Gesetzestexten), die
an aktuellen Problemen der Praxis getestet werden könnten.
Zusammenstellung und Ausgabe von ausgearbeiteten Ausschreibungsunterlagen. Diese
Unterlagen sollten Projektverträge, international akzeptierte Risikoverteilungsmodelle für
Themen, die gesetzlich nicht geregelt sind, enthalten.
Schaffung einer ansprechenden Garantiepolitik, bei der die Belange berücksichtigt werden, die im
Umgang mit Fremdwährungen entstehen.
Verbesserung der rechtlichen Stellung durch die Durchsetzbarmachung von
Schiedsgerichtsentscheidungen, um berechtigte Ansprüche besser geltend machen zu können und
damit das Vertrauen der Investoren in das Rechtssystem zu stärken.
7. Bei Fragen oder weiteren Informationen zu dem oben gesagten zögern Sie bitte nicht Oliver Massmann
unter omassmann@duanemorris.com zu kontaktieren. Oliver Massmann ist der Generaldirektor von
Duane Morris Vietnam, LL.C.
VIELEN DANK!