1. Medien im Wandel
Wie verändern Internet und „Web 2.0“
die Kommunikation unserer Gesellschaft ?
Christian Katzenbach
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Freie Universität Berlin
Weiterbildungsreihe „Kamingespräch“, Fontane-Klinik
Motzen. 20.05.2010
3. Themen des Vortrags
Entwicklung der Mediennutzung
Kommunikation (und Kommunikationwissenschaft) im Wandel
Forschungsfragen in der Kommunikationswissenschaft
Wandel im Journalismus
Wandel von Öffentlichkeit
Wandel von Identität und Gemeinschaft
Diskussion
4. Fernsehen
Unsere Medien bis 1990
…und seit 1990
Radio
Zeitung
8. 100 %
Online-Nutzer (% der Bevölkerung)
75 %
Online-Nutzer nach
50 %
Altersgruppen
25 %
0%
1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009
14-19 J. 20-29 J. 30-39 J. 40-49 J. 50-59 J. 60 +
Basis: Erwachsene ab 14 Jahren in Deutschland
Quelle: ARD-Onlinestudie 1997, ARD/ZDF-Onlinestudie 1998 - 2009
9. 100 %
75 %
Hohe Habitualiserung
50 %
5,4 Tage / Woche
25 %
136min / Tag
0%
14-29 J. 30-49 J. 50 - 69 J. 70+
gestern online in den vergangenen Tagen/Wochen online
Basis: Onlinenutzer ab 14 Jahre in Deutschland (2009: n=1212)
Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2009
10. Suchmaschinen nutzen 82
Versenden/Empfangen von E-Mails 82
elgerichtet bestimmte Angebote suchen 47
Einfach so im Internet surfen 49
Homebanking 33
Instant Messaging 30
Genutzte Anwendungen
Gesprächsforen, Newsgroups, Chats 25
Onlinecommunitys nutzen 27
Download von Dateien 19
Onlinespiele 17
Onlineaktionen 9
Onlineshopping 8
Live im Internet Radio hören 12
Musikdateien aus dem Internet 13
0 25 50 75 100
Basis: Onlinenutzer ab 14 Jahre in Deutschland (2009: n=1212)
Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2009
11. aktuelle Nachrichten (Deutschland, Ausland)
ormationen aus Wissenschaft, Forschung, Bildung
Freizeitinformationen/Veranstaltungen
aktuelle Serviceinformationen (Wetter, Verkehr)
Verbraucher-/Ratgeberinformationen Genutzte Inhalte
aktuelle Regionalnachrichten/-informationen
Informationenen aus dem Kulturbereich
Sportinformationen
Unterhaltungsangebote
Informationen zu Wirtschaft u. Börse
0% 15 % 30 % 45 % 60 %
Basis: Onlinenutzer ab 14 Jahre in Deutschland (2009: n=1212)
Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2009
16. Internet bei 14 -29 J. wichtigste
Infoquelle
Frage: Wenn Sie sich über das Zeitgeschehen in Politik, Wirtschaft und Kultur aus Deutschland und aller Welt informieren wollen. Welches Medium
ist Ihnen da am wichtigsten?
Basis: Deutsche und EU-Ausländer in Deutschland
Quelle: TNS Infratest MediaResearch / BLM
26. Was ist Kommunikationswissenschaft?
Klassisch: Bezugspunkt „Massenkommunikation“
Eine Kommunikationsform „bei der Aussagen
• öffentlich
• durch technische Verbreitungsmittel (Medien),
• indirekt und
• einseitig an ein
• disperses Publikum […] gegeben werden“. (Maletzke 1963: 32)
27. Was ist Kommunikationswissenschaft?
Besser: Mediale, öffentliche
Kommunikation
Medien als Vermittlungssystem
TV, Radio, Print
Journalismus und PR
im Zentrum
Interpersonale Kommunikation
eher marginal
28. Kommunikation im Wandel?
Jeder kann publizieren
Neue Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Kommunikation
29. Kommunikation im Wandel?
Jeder kann publizieren
Neue Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Kommunikation
30. Kommunikation im Wandel?
One-to- Many-to-
Jeder kann publizieren
Many Many
Neue
Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Kommunikation
Many- Few-to- One-to-
to-One Few One
31. Kommunikation im Wandel?
Jeder kann publizieren
„Massenkommunikation“
Neue Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Gruppenkommunikation
Kommunikation
Interpersonale Kommunikation
32. Kommunikation im Wandel?
Jeder kann publizieren
„Massenkommunikation“
Neue Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Gruppenkommunikation
Kommunikation
Interpersonale Kommunikation
33. Kommunikation im Wandel?
Jeder kann publizieren
„Massenkommunikation“
Neue Kommunikationsformen
Interpersonale und Gruppen-
Gruppenkommunikation
Kommunikation
Interpersonale Kommunikation
38. Journalismus als Vermittlungsystem
Journalismus als zentrales
Vermittlungssystems
Themen und Positionen
zur Meinungsbildung
Journalismus als Gatekeeper
39. Funktionale Krise?
Disintermediation
Neue Rolle der Nutzer
Vermittlung zentral, aber:
Funktionale Äquivalente
41. Enorme Bedeutung der
Suchmaschinen (= Google)
Basis: Deutsche und EU-Ausländer in Deutschland
Quelle: TNS Infratest MediaResearch / BLM
42.
43. Funktionale Krise?
Disintermediation
Neue Rolle der Nutzer
Vermittlung zentral, aber:
Funktionale Äquivalente
» Journalismus verliert
exklusive Rolle
46. Mehr als 50% „anstatt
Print-Ausgabe“
Basis: Deutsche und EU-Ausländer in Deutschland
Quelle: TNS Infratest MediaResearch / BLM
47. Ökonomische Krise
Online?
Journalismus verliert exklusive Vermittlerrolle (Publikumsmarkt)
… und verliert zentrale Position als Anzeigenträger (Werbemarkt)
» Krise des Geschäftsmodells
Finanzierung über direkte Bezahlung?
Finanzierung über Werbung?
(nur 10% des Online-Werbeumsatzes, vgl. Meyer-Lucht 2010)
48. Wandel im Journalismus
• Doppelte Herausforderung für klassischen Journalismus
• Zentrale Position in gesellschaftlicher Kommunikation
behaupten
• Neue Geschäftsmodelle entwickeln
• Aber: Journalismus ist nicht nur Journalismus
51. Öffentlichkeit lässt sich [...] als ein Netzwerk für
die Kommunikation von Inhalten und
Stellungnahmen, also von Meinungen beschreiben;
dabei werden die Kommunikationsflüsse so gefiltert
und synthetisiert, dass sie sich zu themenspezifisch
gebündelten öffentlichen Meinungen verdichten.
(Habermas 1992: 436)
53. Ebenen von Öffentlichkeit
Ebene von Kommunikation
Zugang Funktion Medialität
Öffentlichkeit / Rollen
Selektion,
indirekt und Verarbeitung,
komplex Profession medial
einseitig Verbreitung von
Themen
direkt, Themen/Meinungen
Kompetenz /
mittel Rollendifferen- bündeln und direkt
Status
zierung bereitstellen
Alltagsrelevanz,
keine gleichberechtigt, direkt,
einfach Bedeutung und
Begrenzung wechselnd Wirkung von Themen flüchtig
in Anlehnung an Klaus 2001: 22
55. Ausgangspunkte
• Wandel der Bedingungen von Öffentlichkeit: Jeder kann sich
medial artikulieren
• Engpass nicht mehr Publizität, sondern Aufmerksamkeit der
Nutzer
• Vom Gatekeeping zum Gatewatching (Axel Bruns)
63. Medialisierung von Alltagsinhalten
(N=1236)
Berichte, Episoden, Anekdoten aus meinem Privatleben 76 %
Eigene Bilder oder Fotos 73,9 %
Links zu „Fundstücken“ im Netz mit eigenem Kommentar 70 %
Artikel zu Filmen, Büchern und/oder Musik 49,4 %
Artikel zu meinen Hobbies 49,3 %
Berichte, Episoden, Anekdoten aus meinem Arbeitsleben 45,1 %
Artikel über Ereignisse oder Themen aus meiner Stadt/meiner Region 41,5Studie zu Themen
%
Artikel zu beruflichen, schulischen oder studienbezogenen Themen 41,4 % in Weblogs
Artikel zu aktuellen politischen Themen 35,7 %
Gedichte, Liedtexte, Kurzgeschichten 31,6 %
Berichte, Episoden, Anekdoten aus Studium oder Schulea) 30,8 %
Eig. Darstellung, nach Zahlen von Schmidt et al. 2006
65. Merkmale von Online-Öffentlichkeiten
Ebene von Kommunikation
Zugang Funktion Medialität
Öffentlichkeit / Rollen
Selektion,
indirekt und Verarbeitung,
komplex Profession medial
einseitig Verbreitung von
Themen
direkt, Themen/Meinungen
Kompetenz /
mittel Rollendifferen- bündeln und direkt
Status
zierung bereitstellen
keine gleichberechtigt,
Alltagsrelevanz, …anhand der
direkt, Studien-
einfach Bedeutung und
Begrenzung wechselnd Wirkung von Themen ergebnisse zu
flüchtig Weblogs
66. Medialisierung von einfachen
Öffentlichkeiten
medial, manifest
Weblogs Massenmedien
Veranstaltungen
Encounter
Cafés, Büros
direkt, flüchtig
persönlich Relevanz gesellschaftlich
Eigene Darstelltung
69. Öffentlichkeiten im Web 2.0
• Kleine Öffentlichkeiten entstehen
• Im Zentrum: Themen und Personen, nicht gesellschaftliche
Relevanz
• Steigern Möglichkeiten zur Anschlusskommunikation enorm
• Blogosphäre mit eigenen Filter- und Selektions-Mechanismen
70. Wandel von Identität und Gemeinschaft
Identitätsbildung und Gemeinschaften im Netz
71. Anonymität – Verfall von Emanzipation und
Gemeinschaft – Beleidigungen Selbstverwirklichung
72. Identität im Netz
• Vielfältige Teil-Identitäten sind der Normalfall – im Leben wie im
Netz
» (bewusste) Identitätsarbeit notwendig
• Online: Gelegenheiten und Notwendigkeiten der
Selbstdarstellung
» „Online-Identitäts- bzw. Reputationsmanagement“
73.
74.
75. Eigendarstellungen
Verschiedene Identitäten
Nah an Offline-Identitäten
Kommunizieren und Informieren
Teil der Beziehungspflege
Freiheitsgrade
78. Exkurs: „Netz-Identitäten“
Genuine Online-Identitä ohne Bezug zu Aspekten oder Teil-
Identitäten außerhalb des Netzes
• Für Kommunikationswissenschaft nicht im Zentrum des Interesses
• Fake-Identitäten
• Motive kaum erforscht
• Regulierung i.d.R. innerhalb der Online-Communities
• Spiel und Experimente mit Identitäten
• Rollenspiele
• Selbsterfahrung
• Pädagogischer und Therapeutischer Einsatz
83. Negative Erfahrungen im Netz
Befragte, …
…die schonmal von jemanden im Internet
belästig worden sind
…von denen jemand Fotos oder Infos ins
Netz gestellt hat, mit denen Sie nicht
einverstanden waren
…die selbst schonmal Dinge ins Internet
gestellt haben, über die sich dann jemand
beschwert hat
0 7,5 15,0 22,5 30,0
Gesamt Männlich Weiblich
Quelle: Schmidt / Paus-Hasebrink / Hasebrink 2009
84. Identitäten im Netz
• Online-Identitäten meist nahe an Offline-Identitäten
• Online-Angebote werden als Sozialraum genutzt, um
Identitätsentwürfe auszuprobieren
• Neue Herausforderungen
• „inappropriate others“
• Datenschutz und Privatsphäre
• Pseudonyme als Strategie
• Rolle der Anbieter?
90. medial, manifest
Weblogs Massenmedien
Internet im Alltag angekommen
Veranstaltungen
1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009
Neue Felder für die
Kommunikationswissenschaft
Encounter Herausforderung für
Cafés, Büros
direkt, flüchtig
Journalismus
Relevanz
Wandel von Öffentlichkeiten
persönlich gesellschaftlich
Identitäten und
Gemeinschaften im Netz
91. Vielen Dank für die
Aufmerksamkeit!
Weiterführende Literatur
Christian Katzenbach
FU Berlin – Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
christian.katzenbach@fu-berlin.de http://katzenbach.info