Der Innsbrucker Stadtrat Franz Xaver Gruber (ÖVP) ist für das Flüchtlingswesen zuständig. Die deutsche Einladungspolitik sieht er kritisch. Innsbruck erfülle seine Pflicht, jetzt gehe es um Qualitätsverbesserung und Sicherheit. Schwierigkeiten in den Einrichtungen unter den Tisch kehren zu wollen, hält Gruber dagegen für fahrlässig. Die Bevölkerung soll sich wieder sicher fühlen.
1. 4 18. 03. 20161 Nr. 365POLITIK
,,Wer Werte nicht akzeptiert, ist im falschen Land"
Der Innsbrucker Stadtrat Franz Xaver Gruber (ÖVP) ist für das Flüchtlingswesen zuständig. Die deutsche Einladungspolitik sieht
er kritisch. Innsbruck erfülle seine Pflicht, jetzt gehe es um Qualitätsverbesserung und Sicherheit. Schwierigkeiten in den Einrich-
tungen unter den Tisch kehren zu wollen, hält Gruber dagegen für fahrlässig. Die Bevölkerung soll sich wieder sicher fühlen.
Im willkommenskultürlichen
Überschwang war zu beobach-
ten, dass nicht wenigedie so-
ziokulturellen Unterschiede
zwischen den Flüchtlingen und
der europäischen Kultur unter-
schätzt haben dürften. Hätte
uns ein realistischerer Zugang
zum Thema in der Debatte
geholfen, Enttäuschungen zu
vermeiden?
Franz X. Gruber: Ich glaube,
dass bei all den in den letzten
Monaten geführten Debatten
rund um das Thema vor allem
ein Grundsatz zählen soll. Es
darf nicht die Gesinnung über
die Vernunft siegen. Unter dem
Titel „Willkommenskultur"
sind stark ideologische Zugän-
ge zum Tragen gekommen, die
Vernunft ist dabei manchmal
auf der Strecke geblieben. Aus
meiner Sicht ist es vollkommen
klar, dass kein Land und keine
Stadt unbegrenzt Flüchtlinge
aufnehmen kann. Die EU hat es
vor Monaten verabsäumt, ge-
meinsam mit anderen Nachbar-
staaten der Kriegsgebiete, wie
etwa der Türkei, Lösungen zu
suchen. Als Christdemokrat ist
es für mich klar, dass man jenen
Menschen, die aus Kriegsgebie-
ten flüchten, ein rechtsstaatli-
ches Asylverfahren gewähren
muss. Das ist unsere Aufgabe
als Europäische Union. Nur
hat das nicht funktioniert
und Flüchtlinge sind unge-
bremst nach Europa, vor allem
Schweden, Deutschland und
Österreich, geströmt. Ohne
Solidarität und Rechtsstaat-
lichkeit kommt es zu massiven
Problemen. Ich bin froh, dass
es jetzt nationalstaatliche und
europäische Maßnahmen zur
Eindämmung der Flüchtlings-
ströme gibt. Es darf nicht sein,
dass nur drei Länder betroffen
sind. Es braucht raschere Asyl-
verfahren und jene, die kein
Recht auf Asyl haben, müssen
UMIT Schnupperstudium als
Unterstützungshilfe für Maturanten
Mechatronik - Psychologie - Betriebswirtschaft -
Wirtschaft, Gesundheits- und Sporttourismus
N
eue Chancen für
Betriebswirte im
Arbeitsfeld Gesund-
heitswesen", ,,Klassische Ex-
perimente der Psychologie",
„Technik ohne (Fach) Grenzen
- Mechatronik" oder „Trends
im Sport- und Gesundheit-
stourismus" sind Themen, die
am 9. April beim Schnupper-
studium der Tiroler Health &
Life Sciences Universität UMIT
von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr
vorgestellt werden.
Am modernen Campus der
Universität in Hall werden
die universitären Bachelor-
Studien Mechatronik, Psy-
chologie, Betriebswirtschaft
im Gesundheitswesen und
das Bachelor-Studium Wirt-
schaft, Sport- und Gesund-
heitstourismus im Rahmen
von Schnuppervorlesungen
spannend und anschaulich
dargestellt. Weiters bietet
das Mechatronik-Labor der
UMIT Technik zum Angreifen,
es wird der moderne Univer-
sitätscampus mit Studenten-
heim und Mensa vorgestellt
und Studierende und das
Studienmanagement geben
einen Einblick in das studen-
tische Leben der Universität.
Schnupperstudium als
Unterstützungshilfe für
Studienanfänger
„Mit dem Schnupperstudium
wollen wir eine Unterstüt-
zungshilfe für Studienanfänger
bieten. Die Entscheidung, nach
der Schule ein Studium zu be-
ginnen und insbesondere die
Wahl eines geeigneten Studi-
enfachs, ist sicherlich eine der
wichtigsten und in vielen Fäl-
len gleichzeitig schwierigsten
Weichenstellungen im per-
sönlichen Lebenslauf", sagte
dazu die Rektorin der UMIT,
Univ.-Prof. Dr. Sabine Schindler.
Es sei trotz vielfältiger Infor-
mationsmöglichkeiten häufig
schwierig, sich eine konkrete
Vorstellung von den Inhalten
und dem Ablauf eines Studi-
ums zu machen. Neben den
späteren Berufswünschen und
-aussichten sei die Frage „Ge-
fällt und interessiert mich die
Thematik, ist dieses Studium
das Richtige für mich?", ganz
wesentlich.sagte Schindler. Mit
dem Schnupperstudium wolle
die UMIT für diese Fragen eine
Entscheidungshilfe für Interes-
sierte bieten.
Anmeldung
Für das Schnupperstudiumam
9. April 2016 kann man sich unter
www.umit.at/schnupperstudium,
unter lehre@umit.atbzw. unter
derTel.Nr.+43 (0)508648-3817
anmelden.
konsequent abgeschoben wer-
den. In der Bevölkerung gibt es
die Sorge, dass eine große An-
zahl an Wirtschaftsflüchtlingen
ohne gültigen Rechtstitel hier
bleiben kann.
Die Anzahl der Abschiebungen
ist aber bislang äußerst über-
schaubar. Neben dem Asylsta-
tus gibt es subsidiären Schutz
und die Duldung. Bei Abschie-
bungen ist man derzeit wenig
glaubwürdig.
Gruber: Da bin ich d'accord.
Deshalb müssen die Flücht-
lingsströme massiv eingedämmt
werden. Die EU muss den
Schutz ihrer Außengrenzen
endlich ernst nehmen. Wir
brauchen nicht zuletzt rasche
und auch konsequente Asyl-
verfahren. Jene, die hierblei-
ben können, brauchen schnell
Rechtssicherheit und die Be-
völkerung muss sehen, dass der
Staat dem Recht Geltung ver-
schaffen kann. Eine Situation
wie im letzten Jahr, wo es nur
„Welcome" geheißen hat, kann
es sicher nicht mehr geben.
Die Hauptzielländer der
Migration sind Schweden,
Deutschland und Österreich.
Es gibt einen Streit darüber,
ob es die sogenannten Pull-
Faktoren, die Flüchtlinge an-
ziehen, überhaupt gibt.
Gruber: Die Aussagen von
Frau Merkel, das vielzitierte
„Wir schaffen das" und die
Einladungsrhetorik der Politik
haben natürlich viele Menschen
motiviert, einen Versuch zu wa-
gen und nach Europa zu kom-
men. Die Signale haben Men-
schen angezogen, die eigentlich
kaum Chancen auf Asyl haben.
Das ist spürbar. Als Kommune
können wir aber internationale
Entwicklungen nicht beeinflus-
sen. Als Stadt Innsbruck sind
wir aber doch konkret mit den
Auswirkungen der Flüchtlings-
krise konfrontiert.
Wie äußerst sich das?
Gruber: Das sieht man etwa
ganz konkret an den Maßnah-
men, die für den Brenner unter
dem Titel „Grenzmanagement"
geplant sind. Für die Unter-
bringung der Flüchtlinge ist das
Land Tirol zuständig, aber von
den Themen Unterbringung,
Soziales, Bildung und nicht zu-
letzt Sicherheit sind wesentlich
auch die Kommunen berührt.
Die lnnsbrucker Bürgermei-
sterin hat sich kürzlich zur Ver-
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Franz Xaver Gruber (ÖVPl feierte als lnnsbrucker Stadtrat ein unverhoff-
tes Comeback und darf sich nun mit der undankbaren Flüchtlingsagenda
beschäftigten. Der Sicherheitsaspekt hat für Gruber in seinem Handeln
derzeit Priorität.
antwortung der Städte in der
Flüchtlingsfrage bekannt. So-
lidarität ist ein großes Wort.
Dennoch haben viele Tiroler
Gemeinden keinen einzigen
Flüchtling aufgenommen.
Gruber: Wir haben vor drei
Wochen als Stadtregierung
klar festgehalten, dass wir un-
seren Solidarbeitrag als erfüllt
betrachten. Wir haben in In-
nsbruck an die 2000 Flücht-
linge in den Einrichtungen der
Tiroler Sozialen Dienste und
des Landes untergebracht. Es
geht für uns nicht mehr um die
Schaffung neuer Unterkünfte,
sondern um die Verbesserung
bestehender, vor allem was
Sicherheit und Organisati-
on betrifft. Es gibt aber noch
viele Gemeinden in Tirol, die
ihren Beitrag noch nicht lei-
sten konnten oder wollten.
Wir wollen als Stadtregierung
motivieren, die Lasten gleich-
mäßiger zu verteilen.
Ihre Partei ist in Tirol die
selbsternannte Bürgermei-
sterpartei. Wie könnte man
abseits schöner Worte auf Ge-
meinden in der Flüchtlingsun-
terbringung einwirken?
Gruber: Wir haben vorge-
schlagen, Anreizsysteme zu
schaffen. Es ist eine gemein-
same Aufgabe aller Tirole-
rinnen und Tiroler, die große
Anzahl jener, die zumindest
vorübergehend bei uns le-
ben, gerecht zu verteilen. Es
muss das Ziel sein, auf weitere
große Unterkünfte verzichten
zu können und das Zusam-
menleben mit der einheimi-
schen Bevölkerung zu verbes-
sern. Den Asylwerbern muss
man Leitplanken geben, dazu
zählen Wertevermittlung und
Spracherwerb genauso wie
Verbesserungen im Bereich Si-
cherheit und Betreuung.
Gerade die Unterkunft am
Paschbergweg sorgt immer
wieder für Probleme. Ist das
nicht in gewisser Weise er-
wartbar, wenn man Menschen
aus verschiedenen Ländern,
Ethnien und nicht zuletzt
Religionen in einem Ausnah-
mezustand beengt zusammen
unterbringt?
Gruber: Die Errichtung grö-
ßerer Unterkünfte vonseiten
des Landes war sicher aus der
Not geboren, weil kleinere
Unterkünfte in Tirol nicht
organisierbar waren. Das Zu-
sammenleben von Flüchtlin-
gen verschiedener Ethnien,
Sprachen und Religionen ist
sicher herausfordernd. Es
geht aber nicht allein um die
Größe der Unterkünfte, son-
dern auch um das Wie. Wie
gestalte ich das Zusammenle-
ben - Stichwort Hausordnung
-, wie setze ich die Sicherheit,
wie die Betreuung. Mit gutem
Management sind auch grö-
ßere Unterkünfte durchaus
organisierbar. Langfristige
Lösung ist das keine. Es wird
Qualitätsverbesserungen ge-
ben müssen. Gerade die Situ-
ation am Paschbergweg muss
in vielen Bereichen verbessert
werden. Das Land hat diesen
Ball aufgenommen.
Kehrt am Paschbergweg in
Zukunft Ruhe ein?
Gruber: Wir haben verschie-
dene Vorstellungen, wie wir
dort für Ruhe sorgen wollen.
Es braucht ein konsequentes
Sicherheitsmanagement und
Personal vor Ort, das sich um
die Einhaltung der Hausord-
nung kümmert. Außerdem ist
es wichtig, unser Wertefunda-
ment und die rechtlichen Leit-
planken zu vermitteln. Wer
unsere Rechte und Werte, wie
etwa die Gleichbehandlung
der Frau, nicht akzeptiert, der
ist im falschen Land. Da gibt
es großen Arbeitsbedarf. Wir
sind jetzt mit einer Realität
konfrontiert, die den Men-
schen Sorge macht. Die Polizei
macht bei uns aber ihre Arbeit
hervorragend. Ich halte es für
fahrlässig, die Schwierigkeiten
in den großen Einrichtungen
unter den Tisch kehren zu
wollen. Es ist die Aufgabe der
nächsten Wochen, dafür zu
sorgen, dass sich alle lnnsbru-
ckerinnen und lnnsbrucker
wieder sicher fühlen können.
Aufgrund der dramatischen
Vorkommnisse der letzten Zeit
ist die Stimmungslage in der
Bevölkerung naturgemäß eine
andere als noch vor wenigen
Monaten. Die Stimmungslage
resultiert aber nicht aus einer
falschen Gefühlslage, sondern
aus tatsächlichen Ereignissen.