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UNHCR lehnt automatische Internierung von Asylsuchenden ab

Asyl-Debatte in Österreich braucht wieder „humanitäre Orientierung“

Wien, 12.01.2010 – Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hat seinen
Appell zur Mäßigung an die politisch Verantwortlichen in Österreich erneuert. „Es ist
höchste Zeit, in der Sache und Sprache abzurüsten, so Dr. Michael Lindenbauer,
UNHCR-Vertreter für Österreich und Deutschland. Es sei „äußerst bedauerlich“,
dass in Österreich nunmehr der öffentliche Eindruck entstanden sei, Asylsuchende
stünden unter dem Generalverdacht der Kriminalität.

Der UNHCR-Vertreter forderte dazu auf, diesem falschen Bild und seinen fatalen
Folgen mit Nachdruck entgegenzutreten. „Österreich hat in der Vergangenheit
Zehntausende von schutzbedürftigen Menschen aufgenommen. Weder das Land
und seine Bevölkerung noch die betroffenen Flüchtlinge haben es verdient, wenn
diese Tatsache durch pauschale Verunglimpfungen in Frage gestellt wird“, betonte
Lindenbauer.

In diesem Zusammenhang nannte er den jüngsten Vorschlag, alle neuen
Asylwerber zunächst bis zu vier Wochen in eine geschlossene
Erstaufnahmeeinrichtung unterzubringen,„aus menschenrechtlicher Sicht sehr
bedenklich“. „UNHCR lehnt eine automatische Internierung von Schutzsuchenden
ausnahmslos und grundsätzlich ab“. Diese Position, so Lindenbauer, stehe auch im
Einklang mit Artikel 18 der EU-Asylverfahrensrichtlinie, nach der niemand lediglich
wegen des Umstands einer Asylantragstellung inhaftiert werden könne.

Er verwies darauf, dass gerade einmal vor einer Woche die bereits vierte Novelle
des Asylgesetzes 2005 in Kraft getreten sei, mit der viele für Asylwerber äußerst
restriktive Maßnahmen eingeführt wurden, einschließlich einer weiteren
Beschränkung ihres Aufenthalts auf ein bestimmtes Gebiet. Wenn nun schon
wieder eine weitere Verschärfung ins Spiel gebracht werde, stelle sich die Frage der
sachlichen Rechtfertigung.

Hingegen sei es nun das Gebot der Stunde, so Lindenbauer, dass sich die
zuständigen Stellen in Ruhe und mit Sorgfalt den anhängigen Asylfällen widmen
könnten. Die politisch Verantwortlichen forderte Lindenbauer auf, dem Thema Asyl
endlich wieder auch öffentlich eine „humanitäre Orientierung“ zu geben. Nach den
Worten des UNHCR-Vertreters sollten die gestern angekündigten Konsultationen
auf Regierungsebene deshalb dazu genutzt werden, ein starkes Bekenntnis zum
Asylrecht als unverzichtbare Institution zum Schutz von Flüchtlingen abzugeben.

Rückfragen: Gabrielle Sabourin, ausvi@unhcr.org, T: (+43/1) 260 60-4048




Presse:      Mag. Roland Schönbauer       ausvi@unhcr.org
             Wagramer Str. 5              Tel.: (01) 260 60-5307
             A-1400 Wien                  Fax: (01) 263 37 48
                                          www.unhcr.at

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