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DREIFACH BENACHTEILIGT?
Die Integration weiblicher Flüchtlinge
Thomas Liebig
Abteilung für International Migration
• Fast 40% der Flüchtlinge in Deutschland sind Frauen (EU-
weit: 45%)
• Hoher Anteil vor allem bei (anerkannten) Flüchtlingen aus
Afghanistan und Irak, weniger bei den Syrern
• Stark wachsende Gruppe – 300 000 neue Flüchtlingsfrauen
seit 2015 allein in Deutschland, 56% des EU-totals
• Flüchtlingsfrauen kommen aus Ländern mit niedriger
Frauenbeschäftigung und hoher Geschlechtsungleichheit
• Frauen, Migranten, und Flüchtlinge haben jeweils spezifische
Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu bewältigen
• Sind Flüchtlingsfrauen «dreifach benachteiligt» (als Frauen,
Migranten, und Flüchtlinge)?
Einführung
2
Anteil der Frauen unter den
Asylbewerbern stark gestiegen
Unter den anerkannten Flüchtlingen ist der Frauenanteil besonders bei den
Afghanen hoch (41%)
Quelle: BAMF (SOKO Daten – siehe Schmidt (2018))
3
Flüchtlingsfrauen haben häufig ein
niedrigeres Bildungsniveau als Männer…
und als die Gesamtbevölkerung
Quellen: DESTATIS; BAMF (SOKO Daten – siehe Schmidt (2018))
16.3
18.8
19.6
18.6
35
29.6
19.7
17.4
9.4
15.6
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Männer
Frauen
Asylantragsteller 2017
Hochschule Gymnasium Mittelschule Grundschule keine formelle Schulbildung
20.1
15.5
14.2
14.5
60.8
65.6
4.1
4.2
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Männer
Frauen
Gesamtbevölkerung 2016
Hochschulabschluss Fach/Hochschulreife Haupt/Realschulabschluss Maximum Grundschule
4
Flüchtlingsfrauen bekommen besonders häufig
in den zwei Jahren nach Ankunft Kinder
Grund: Ungewissheit und Unsicherheit vor und während der Flucht hindern die
Verwirklichung ihres Kinderwunschs. Mögliche Wartefristen beim Familiennachzug
können einen unerfüllten Kinderwunsch zusätzlich verstärken.
Geburtenrate je 1 000 Flüchtlingsfrauen in Norwegen
Quelle: Olsen (2002).
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Zeit vor und nach der Migration, in Jahren
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Der “Integrationspfad” in den Arbeitsmarkt ist
länger – besonders in Deutschland
Entwicklung der Beschäftigungsquoten (in %) von Flüchtlingen nach Aufenthaltsdauer
und Geschlecht, um 2016, 15- bis 64-Jährige, ausgewählte europäische OECD-Länder
Quellen: DK, NO, SE: Daten der Statististbehörden; AT: FIMS; DE: BAMF.
Hinweis: Gestrichelte Linien: geringe Fallzahlen
6
In der Regel ist die Erwerbsbeteiligung höher
als in den Ursprungsländern
Erwerbsbeteiligung im Vergleich zu Herkunftsländern, Schweden, 2015/2016
7
Somalia
Afghanistan
Irak
Syrien
Nigeria
Iran
Bosnien u.
Herzegowina
Eritrea
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0 20 40 60 80 100
Erwerbsquote der Frauen in Schweden
Erwerbsquote der Frauen im Herkunftsland
Quelle: OECD-DIOC.
Integration in Deutschland gelang bislang
weniger gut als z.B. in Schweden
Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingsfrauen in Deutschland und
Schweden im Vergleich zu den Herkunftsländern, 2015/2016
Somalia
Afghanistan
Irak
Syrien
Nigeria
Iran
Bosnien
Eritrea
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%
%
Schweden DeutschlandErwerbsquote der Frauen
im Herkunftsland
Erwerbsquote der Frauen im Empfangssland
8Quelle: OECD-DIOC.
Flüchtlingsfrauen haben weniger gute
Sprachkenntnisse
Anteil der Flüchtlinge, deren Kenntnisse in der Sprache des Aufnahmelandes laut eigenen
Angaben bestenfalls „Anfängerniveau“ entsprechen, nach Geschlecht, 2014
0
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Belgien Ver.
Königreich
Deutschland Frankreich OECD-Europa Österreich Schweden
Männer Frauen
9Quelle: EU-LFS.
Sprachkurse bringen gute Ergebnisse, aber
Flüchtlingsfrauen nehmen weniger häufig teil
• Daten des BAMF zu den Sprachkursen in 2017:
• Unter den wichtigsten Flüchtlingsnationalitäten waren ca. 1/3 Frauen
• Unter den Teilnehmern des (abschliessenden) Sprachtests waren nur
ca. 1/5 Frauen
• Frauen hatten bessere Ergebnisse (über 49.1% der Teilnehmerinnen
am Sprechtest B1-Niveau, bei Männern: 44.8%)
• Spezielle Frauen- und Mütterkurse hatten besonders gute Resultate
(über 53% B1), werden aber nur sehr beschränkt angeboten (kaum
Anstieg seit Beginn der Flüchtlingskrise)
• IAB-BAMF-SOEP Flüchtlingsbefragung 2016:
• Auch bei gleichen Charakteristiken haben Frauen niedrigere
Sprachkennnisse – zudem niedrigere Beteiligung an Sprachkursen
10
Basiskompetenzen sind zentral für die Integration
• EU-weite Analyse mit Daten aus 2014:
• Flüchtlingsfrauen mit mindestens mittleren Sprachkenntnissen
haben eine 40 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote
• Nach Berücksichtigung von Bildung, Alter, etc. ist die Differenz
nur noch halb so groß, aber immer noch deutlich größer als bei
anderen Migrantinnen
• BAMF-Flüchtlingsstudie 2014:
• Starker Anstieg der Beschäftigungswahrscheinlichkeit mit
höheren Qualifikationen; stärker als bei Männern
11
Weitere Erkenntnisse
• Zahlen aus Norwegen zeigen, dass im Schnitt für drei
anerkannte Flüchtlinge eine Person im Rahmen des
Familiennachzugs nachkommt
• Flüchtlingsfrauen haben häufiger Gesundheitsprobleme als
männliche Flüchtlinge (in Österreich: 22% vs. 14%)
• Hohe Bedeutung von Netzwerken (Worbs und Baraulina 2017):
– 27% der männlichen Flüchtlinge haben täglichen Kontakt mit
Deutschen, aber nur 12% der Frauen
– Netzwerke erhöhen Beschäftigungschancen von Flüchtlingsfrauen um
12 Prozentpunkte (kein Effekt bei Männern)
• Flüchtlingsfrauen sind sehr häufig in Teilzeitbeschäftigung
12
Weitere Erkenntnisse (Forts.)
• In fast allen wichtigen Aufnahmeländern nehmen
Flüchtlingsfrauen weniger häufig an Integrationsmassnahmen
teil
• Ende 2017 waren in Deutschland fast ein Drittel der
Arbeitslosen Flüchtlinge Frauen
– Frauenanteil unter den Flüchtlingen, die durch aktive
Arbeitsmarktmaßnahmen gefördert wurden, betrug lediglich ein
Sechstel
– Unterrepräsentation der Frauen ist gerade in
flüchtlingsspezifischen Maßnahmen besonders ausgeprägt
13
Zusammenfassung
• Flüchtlingsfrauen sind eine große und wachsende Gruppe, die zunehmende
politische Aufmerksamkeit bekommt
• Geschlechts-, Migranten-, und Flüchtlingsspezifische Probleme kumulieren sich.
• Niedrige Beschäftigungsquoten werden oft durch spezifische Bedingungen
(Geburten nach der Ankunft, geringe Bildung, Gesundheitsprobleme) bestimmt,
sind aber nicht in erster Linie „kulturbedingt“
• Integrationsmassnahmen scheinen häufig bessere Ergebnisse zu erzielen als bei
männlichen Flüchtlingen - und auch die Nachkommen profitieren stark... aber
Flüchtlingsfrauen nehmen seltener teil
• Die skandinavischen Länder hatten in der Vergangenheit bessere
Integrationsergebnisse bei den Flüchtlingsfrauen als Deutschland. Diese Länder
haben zielgerichtete mehrjährige Integrationsprogramme für alle Flüchtlinge und
deren Familien – mit vergleichsweise guten Ergebnissen für Frauen
14
Empfehlungen
• Berücksichtigung der besonderen Problemstellungen von
Flüchtlingsfrauen bei den Politikmassnahmen
• Nutzung eventueller Wartefristen im Ausland für die Integration
• Kontakt zu isolierten Flüchtlingsfrauen herstellen
• Mentorenprogramme sind besonders vielversprechend
(Beispiel: Kvinfo in Dänemark)
• Familiensituation berücksichtigen
• Ausbau Eltern-/Frauenkurse
• Monitoring und Analyse Sprachkursabbruch
• Übertragung des skandinavischen Modells?
15
Für weitere Informationen
Thomas.Liebig@oecd.org
www.oecd.org/migration
16

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Dreifach benachteiligt? Die Integration weiblicher Flüchtlinge

  • 1. DREIFACH BENACHTEILIGT? Die Integration weiblicher Flüchtlinge Thomas Liebig Abteilung für International Migration
  • 2. • Fast 40% der Flüchtlinge in Deutschland sind Frauen (EU- weit: 45%) • Hoher Anteil vor allem bei (anerkannten) Flüchtlingen aus Afghanistan und Irak, weniger bei den Syrern • Stark wachsende Gruppe – 300 000 neue Flüchtlingsfrauen seit 2015 allein in Deutschland, 56% des EU-totals • Flüchtlingsfrauen kommen aus Ländern mit niedriger Frauenbeschäftigung und hoher Geschlechtsungleichheit • Frauen, Migranten, und Flüchtlinge haben jeweils spezifische Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu bewältigen • Sind Flüchtlingsfrauen «dreifach benachteiligt» (als Frauen, Migranten, und Flüchtlinge)? Einführung 2
  • 3. Anteil der Frauen unter den Asylbewerbern stark gestiegen Unter den anerkannten Flüchtlingen ist der Frauenanteil besonders bei den Afghanen hoch (41%) Quelle: BAMF (SOKO Daten – siehe Schmidt (2018)) 3
  • 4. Flüchtlingsfrauen haben häufig ein niedrigeres Bildungsniveau als Männer… und als die Gesamtbevölkerung Quellen: DESTATIS; BAMF (SOKO Daten – siehe Schmidt (2018)) 16.3 18.8 19.6 18.6 35 29.6 19.7 17.4 9.4 15.6 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Männer Frauen Asylantragsteller 2017 Hochschule Gymnasium Mittelschule Grundschule keine formelle Schulbildung 20.1 15.5 14.2 14.5 60.8 65.6 4.1 4.2 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Männer Frauen Gesamtbevölkerung 2016 Hochschulabschluss Fach/Hochschulreife Haupt/Realschulabschluss Maximum Grundschule 4
  • 5. Flüchtlingsfrauen bekommen besonders häufig in den zwei Jahren nach Ankunft Kinder Grund: Ungewissheit und Unsicherheit vor und während der Flucht hindern die Verwirklichung ihres Kinderwunschs. Mögliche Wartefristen beim Familiennachzug können einen unerfüllten Kinderwunsch zusätzlich verstärken. Geburtenrate je 1 000 Flüchtlingsfrauen in Norwegen Quelle: Olsen (2002). 0 20 40 60 80 100 120 140 160 -3 -2 -1 0 1 2 3 Zeit vor und nach der Migration, in Jahren 5
  • 6. Der “Integrationspfad” in den Arbeitsmarkt ist länger – besonders in Deutschland Entwicklung der Beschäftigungsquoten (in %) von Flüchtlingen nach Aufenthaltsdauer und Geschlecht, um 2016, 15- bis 64-Jährige, ausgewählte europäische OECD-Länder Quellen: DK, NO, SE: Daten der Statististbehörden; AT: FIMS; DE: BAMF. Hinweis: Gestrichelte Linien: geringe Fallzahlen 6
  • 7. In der Regel ist die Erwerbsbeteiligung höher als in den Ursprungsländern Erwerbsbeteiligung im Vergleich zu Herkunftsländern, Schweden, 2015/2016 7 Somalia Afghanistan Irak Syrien Nigeria Iran Bosnien u. Herzegowina Eritrea 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 20 40 60 80 100 Erwerbsquote der Frauen in Schweden Erwerbsquote der Frauen im Herkunftsland Quelle: OECD-DIOC.
  • 8. Integration in Deutschland gelang bislang weniger gut als z.B. in Schweden Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingsfrauen in Deutschland und Schweden im Vergleich zu den Herkunftsländern, 2015/2016 Somalia Afghanistan Irak Syrien Nigeria Iran Bosnien Eritrea [CELLRANG E] [CELLRANG E] [CELLRANG E] [CELLRANG E] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 20 40 60 80 100 % % Schweden DeutschlandErwerbsquote der Frauen im Herkunftsland Erwerbsquote der Frauen im Empfangssland 8Quelle: OECD-DIOC.
  • 9. Flüchtlingsfrauen haben weniger gute Sprachkenntnisse Anteil der Flüchtlinge, deren Kenntnisse in der Sprache des Aufnahmelandes laut eigenen Angaben bestenfalls „Anfängerniveau“ entsprechen, nach Geschlecht, 2014 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Belgien Ver. Königreich Deutschland Frankreich OECD-Europa Österreich Schweden Männer Frauen 9Quelle: EU-LFS.
  • 10. Sprachkurse bringen gute Ergebnisse, aber Flüchtlingsfrauen nehmen weniger häufig teil • Daten des BAMF zu den Sprachkursen in 2017: • Unter den wichtigsten Flüchtlingsnationalitäten waren ca. 1/3 Frauen • Unter den Teilnehmern des (abschliessenden) Sprachtests waren nur ca. 1/5 Frauen • Frauen hatten bessere Ergebnisse (über 49.1% der Teilnehmerinnen am Sprechtest B1-Niveau, bei Männern: 44.8%) • Spezielle Frauen- und Mütterkurse hatten besonders gute Resultate (über 53% B1), werden aber nur sehr beschränkt angeboten (kaum Anstieg seit Beginn der Flüchtlingskrise) • IAB-BAMF-SOEP Flüchtlingsbefragung 2016: • Auch bei gleichen Charakteristiken haben Frauen niedrigere Sprachkennnisse – zudem niedrigere Beteiligung an Sprachkursen 10
  • 11. Basiskompetenzen sind zentral für die Integration • EU-weite Analyse mit Daten aus 2014: • Flüchtlingsfrauen mit mindestens mittleren Sprachkenntnissen haben eine 40 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote • Nach Berücksichtigung von Bildung, Alter, etc. ist die Differenz nur noch halb so groß, aber immer noch deutlich größer als bei anderen Migrantinnen • BAMF-Flüchtlingsstudie 2014: • Starker Anstieg der Beschäftigungswahrscheinlichkeit mit höheren Qualifikationen; stärker als bei Männern 11
  • 12. Weitere Erkenntnisse • Zahlen aus Norwegen zeigen, dass im Schnitt für drei anerkannte Flüchtlinge eine Person im Rahmen des Familiennachzugs nachkommt • Flüchtlingsfrauen haben häufiger Gesundheitsprobleme als männliche Flüchtlinge (in Österreich: 22% vs. 14%) • Hohe Bedeutung von Netzwerken (Worbs und Baraulina 2017): – 27% der männlichen Flüchtlinge haben täglichen Kontakt mit Deutschen, aber nur 12% der Frauen – Netzwerke erhöhen Beschäftigungschancen von Flüchtlingsfrauen um 12 Prozentpunkte (kein Effekt bei Männern) • Flüchtlingsfrauen sind sehr häufig in Teilzeitbeschäftigung 12
  • 13. Weitere Erkenntnisse (Forts.) • In fast allen wichtigen Aufnahmeländern nehmen Flüchtlingsfrauen weniger häufig an Integrationsmassnahmen teil • Ende 2017 waren in Deutschland fast ein Drittel der Arbeitslosen Flüchtlinge Frauen – Frauenanteil unter den Flüchtlingen, die durch aktive Arbeitsmarktmaßnahmen gefördert wurden, betrug lediglich ein Sechstel – Unterrepräsentation der Frauen ist gerade in flüchtlingsspezifischen Maßnahmen besonders ausgeprägt 13
  • 14. Zusammenfassung • Flüchtlingsfrauen sind eine große und wachsende Gruppe, die zunehmende politische Aufmerksamkeit bekommt • Geschlechts-, Migranten-, und Flüchtlingsspezifische Probleme kumulieren sich. • Niedrige Beschäftigungsquoten werden oft durch spezifische Bedingungen (Geburten nach der Ankunft, geringe Bildung, Gesundheitsprobleme) bestimmt, sind aber nicht in erster Linie „kulturbedingt“ • Integrationsmassnahmen scheinen häufig bessere Ergebnisse zu erzielen als bei männlichen Flüchtlingen - und auch die Nachkommen profitieren stark... aber Flüchtlingsfrauen nehmen seltener teil • Die skandinavischen Länder hatten in der Vergangenheit bessere Integrationsergebnisse bei den Flüchtlingsfrauen als Deutschland. Diese Länder haben zielgerichtete mehrjährige Integrationsprogramme für alle Flüchtlinge und deren Familien – mit vergleichsweise guten Ergebnissen für Frauen 14
  • 15. Empfehlungen • Berücksichtigung der besonderen Problemstellungen von Flüchtlingsfrauen bei den Politikmassnahmen • Nutzung eventueller Wartefristen im Ausland für die Integration • Kontakt zu isolierten Flüchtlingsfrauen herstellen • Mentorenprogramme sind besonders vielversprechend (Beispiel: Kvinfo in Dänemark) • Familiensituation berücksichtigen • Ausbau Eltern-/Frauenkurse • Monitoring und Analyse Sprachkursabbruch • Übertragung des skandinavischen Modells? 15