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Hintergrundinformationen zum Wildnisbildungsprojekt „Waldscout & Waldranger“


Kurzfassung
Während einer fünftägigen Projektwoche ‚Waldscout & Waldranger’ sind die Schüler in einer
Jugendherberge am Rande des Nationalparks untergebracht. Hier bereiten sie sich auf die 24-stündige
Wildnisexpedition vor. Anschließend packen sie alles, was sie für den Aufenthalt in der Wildnis
benötigen, zusammen und machen sich in den Nationalpark auf. Die notwendige Ausrüstung – wie
Rucksack, Schlafsack und Biwakplanen – wird vom Projektbüro zur Verfügung gestellt. Dann
verbringen die Schüler 24 Stunden im verwildernden Wald und erkunden die Natur auf vielfältige
Weise. Dabei hilft ihnen ein Kartenspiel, das ihnen verschiedene Zugänge zur Wildnis anbietet. Nach
der Rückkehr in die Jugendherberge tauschen die Schüler ihre Wildniserfahrungen in einer
Reflexionsphase gegenseitig aus. Im Rahmen der Projektwoche werden die Schulklassen von
erfahrenen Wildnispädagogen betreut.




Ausführlichere Information
I Wildnisbildung
Die Bildungsarbeit in deutschen Nationalparks befindet sich zurzeit in einer Umbruchphase. Stand
bisher vor allem der Aspekt der Akzeptanzförderung im Mittelpunkt von Nationalpark-Bildungszielen,
so verschiebt sich der Blickwinkel mehr und mehr hin zur gesellschaftlichen Funktion von
Großschutzgebieten im Rahmen des Prozesses der Nachhaltigen Entwicklung.
Die Wildnis wird nicht mehr nur als Ansammlung von Biotopen, sondern auch als soziales Experiment
einer Gesellschaft verstanden. Verwildernde Landschaften setzen bildungswirksame Kontrastpunkte,
die zum Nachdenken über das Verhältnis von Mensch und Natur und einen nachhaltigen Umgang mit
den Lebensgrundlagen anregen können.


Nationalparks haben im Bezug auf das Thema Wildnis eine herausragende Funktion als
Bildungsträger. Nur in dieser deutschen Schutzgebietskategorie ist Wildnisbildung möglich.


Im Mittelpunkt des Projektantrages „Waldscout & Waldranger“ steht die „Wildnis jenseits der Wege“.
Sie soll zum ersten Mal in einem deutschen Nationalpark, dem Nationalpark Kellerwald-Edersee, mit
der Einrichtung von Wildnisinseln mitten im Schutzgebiet erprobt und evaluiert werden.


Wildnisbildung beinhaltet sieben konkrete Zielperspektiven zur Förderung der
Naturkompetenz:
1. Das intensive Erleben von verwildernder, eigensinniger Natur zwischen Harmonie und Chaos, um
mehr Naturvertrautheit und ein realistisches Naturverständnis entwickeln zu können
2. Das leibliche Erspüren der eigenen empfindlichen und lebendigen Natur des Menschen durch eine
sorgsame „Bewilderung“
3. Das Erleben der Wildnis als Ort der persönlichen Freiheit in einer demokratischen Gesellschaft,
Natur als lustvoller Ort
4. Die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Konzept „Wildnis“ als Abgrenzung zur Zivilisation, das
individuell unterschiedlich erfahrbar ist
5. Das Entdecken und Erforschen der Biologischen Vielfalt (Biodiversität) mit ihrer großen Bedeutung
für den Menschen
6. Das konkrete Erfahren der Wechselwirkungen von Lebewesen und Mitwelt als Grundlage
ökologischer Urteilskompetenz
7. Das eingehende Nachdenken über Sinnfragen mit dem Blick auf den eigenen Lebensstil und die
Begrenzung eigener materieller Ansprüche


II Wildnisbildungs-Projekt „Waldscout & Waldranger“
Das von der DBU geförderte Wildnisbildungs-Projekt „Waldscout & Waldranger“ setzt neue Akzente in
der Wildnisbildung (siehe oben). Mit der erstmaligen Einrichtung von „Wildnisinseln“ mitten in einem
deutschen Nationalpark sollen Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und II sowie
Jugendgruppen und Jugend(hilfe)-Einrichtungen im Rahmen einer 24-stündigen „Expedition in die
Wildnis“ zum intensiven Nachdenken über das Verhältnis von Mensch, Natur und Kultur im Rahmen
des Diskurses der Nachhaltigen Entwicklung angeregt werden.


„Waldscout & Waldranger“ verbindet herausfordernde erlebnispädagogische Lernsituationen mit
vielfältigen Methoden der Naturerfahrung, die im Anschluss an die „Wildnis-Expedition“ ausführlich
reflektiert werden. Während der Projektwoche können die Jugendlichen unterschiedliche
Gestaltungskompetenzen der Bildung für Nachhaltige Entwicklung einüben.
Darüber hinaus trägt das „Waldscout & Waldranger“-Projekt auch zur Stärkung der Naturkompetenz
der Schülerinnen und Schüler bei. Die Vertrautheit mit und die Kenntnisse über die Natur sind
wesentliche Elemente einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Ihre große Bedeutung zeigt sich bei
den aktuellen Diskussionen über den enormen Stellenwert der Biodiversität.
„Waldscout & Waldranger“ stellt auch geschlechtsspezifische Bildungsszenarien bereit. Schulklassen
können in eine Mädchen- und eine Jungengruppe aufgeteilt werden.
Die Projekt-Teamer verstehen sich im reformpädagogischen Sinn als partnerschaftliche Begleiter von
Lernprozessen und bieten eine durchgängige Betreuung während der gesamten viertägigen
Projektwoche an.
Die didaktische Umsetzung orientiert sich an der Lerntheorie des pädagogischen Konstruktivismus. In
ihrem Mittelpunkt steht ein Kartenspiel, aus dessen Rubrikkarten „Natur“, „Thema“, „Werkzeug“ und
„Präsentation“ die Jugendlichen ein eigenes, interdisziplinär ausgerichtetes Wildnisentdecker-Konzept
zusammenstellen können. Sie haben zudem die Möglichkeit, das Kartenspiel um eigene Rubrikkarten
zu erweitern.


Mit einer biologiedidaktischen Evaluation wird die Wirkung der „Wildnis-Expedition“ auf die
Natureinstellungen der Jugendlichen untersucht. Eine naturschutzfachliche Begleitforschung
befasst sich zudem mit möglichen Belastungen der verwildernden Natur durch die Einrichtung und
Nutzung der „Wildnisinseln“ mitten im Schutzgebiet.
Mit der Durchführung einer Multiplikatorenschulung für Wildnisbildungs-Fachkräfte
anderer Nationalparke soll die Möglichkeit eröffnet werden, das Modellprojekt „Waldscout &
Waldranger“ auch in anderen deutschen Wald-Nationalparks zu etablieren.
Der Ablaufplan einer Projektwoche
Für eine Projektwoche von „Waldscout & Waldranger“ wurden vier Tage als sinnvoller Zeitrahmen
erachtet. Die Wildnisexpedition kann nach folgendem Beispielsmuster ablaufen, bei dem eine
Jugendherberge als Basisstation fungiert. Der erste Projekttag dient vor allem der Analyse und
Förderung der Gruppendynamik, der Sensibilisierung der Sinne und der Überwindung von Ängsten
vor dem Leben in der Natur. Am zweiten Projekttag stehen die Auswahl der Forschungs- Szenarien,
die Schulung der Methodenkompetenz und der Aufbruch in die Wildnis im Mittelpunkt. Den dritten
Projekttag kennzeichnen die Forschungsprojekte und die Rückkehr zur Basisstation. Am vierten Tag
werden die Forschungs-Ergebnisse reflektiert und präsentiert.


Gender-Aspekte des Bildungsprojektes
Da Mädchen in Schülerbefragungen andere Naturzugänge als Jungen bevorzugen und die Natur
stärker ästhetisch und sozial-fürsorgend erleben, während Jungen instrumentell-technische und
ökologisch-erkundende Naturerfahrungen präferieren, ist es sinnvoll, beim „Waldscout &
Waldranger“-Projekt auch den Gender-Aspekt zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß übernehmen
Mädchen, wenn sie in einfachen Naturcamps unter sich sind, auch selbstverständlich eher männlich
geprägte Aufgaben wie Zeltaufbau, Holz hacken, Feuer machen sowie Arbeiten mit Karte und
Kompass. Auf der anderen Seite sind auch Jungen in geschlechtergetrennten Gruppen schneller bereit,
typisch weiblich codierte Aufgaben wie Kochen und Abwasch anzugehen. Erfahrungen bei
mehrwöchigen Wildnistouren in Nord- und Osteuropa ergaben auch eine höhere Bereitschaft von
Jungen, sich in getrennt-geschlechtlichen Gruppen stärker auf ästhetische Naturerlebnisse
einzulassen. Beim Wildnisbildungsprojekt soll es deshalb auch möglich sein, Schulklassen und
Gruppen im Einvernehmen mit den Jugendlichen nach Geschlechtern aufzutrennen und auf je eigenen
Wildnisinseln ihre spezifischen Naturerfahrungen sammeln zu lassen. Aus diesem Grund wurden die
beiden Wildnispädagogikstellen mit einer Frau und einem Mann besetzt.


Literaturverweis:
Trommer, G. 1992:      Wildnis – die pädagogische Herausforderung,
                       Deutscher Studien Verlag,Weinheim

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  • 1. Hintergrundinformationen zum Wildnisbildungsprojekt „Waldscout & Waldranger“ Kurzfassung Während einer fünftägigen Projektwoche ‚Waldscout & Waldranger’ sind die Schüler in einer Jugendherberge am Rande des Nationalparks untergebracht. Hier bereiten sie sich auf die 24-stündige Wildnisexpedition vor. Anschließend packen sie alles, was sie für den Aufenthalt in der Wildnis benötigen, zusammen und machen sich in den Nationalpark auf. Die notwendige Ausrüstung – wie Rucksack, Schlafsack und Biwakplanen – wird vom Projektbüro zur Verfügung gestellt. Dann verbringen die Schüler 24 Stunden im verwildernden Wald und erkunden die Natur auf vielfältige Weise. Dabei hilft ihnen ein Kartenspiel, das ihnen verschiedene Zugänge zur Wildnis anbietet. Nach der Rückkehr in die Jugendherberge tauschen die Schüler ihre Wildniserfahrungen in einer Reflexionsphase gegenseitig aus. Im Rahmen der Projektwoche werden die Schulklassen von erfahrenen Wildnispädagogen betreut. Ausführlichere Information I Wildnisbildung Die Bildungsarbeit in deutschen Nationalparks befindet sich zurzeit in einer Umbruchphase. Stand bisher vor allem der Aspekt der Akzeptanzförderung im Mittelpunkt von Nationalpark-Bildungszielen, so verschiebt sich der Blickwinkel mehr und mehr hin zur gesellschaftlichen Funktion von Großschutzgebieten im Rahmen des Prozesses der Nachhaltigen Entwicklung. Die Wildnis wird nicht mehr nur als Ansammlung von Biotopen, sondern auch als soziales Experiment einer Gesellschaft verstanden. Verwildernde Landschaften setzen bildungswirksame Kontrastpunkte, die zum Nachdenken über das Verhältnis von Mensch und Natur und einen nachhaltigen Umgang mit den Lebensgrundlagen anregen können. Nationalparks haben im Bezug auf das Thema Wildnis eine herausragende Funktion als Bildungsträger. Nur in dieser deutschen Schutzgebietskategorie ist Wildnisbildung möglich. Im Mittelpunkt des Projektantrages „Waldscout & Waldranger“ steht die „Wildnis jenseits der Wege“. Sie soll zum ersten Mal in einem deutschen Nationalpark, dem Nationalpark Kellerwald-Edersee, mit der Einrichtung von Wildnisinseln mitten im Schutzgebiet erprobt und evaluiert werden. Wildnisbildung beinhaltet sieben konkrete Zielperspektiven zur Förderung der Naturkompetenz: 1. Das intensive Erleben von verwildernder, eigensinniger Natur zwischen Harmonie und Chaos, um mehr Naturvertrautheit und ein realistisches Naturverständnis entwickeln zu können 2. Das leibliche Erspüren der eigenen empfindlichen und lebendigen Natur des Menschen durch eine sorgsame „Bewilderung“ 3. Das Erleben der Wildnis als Ort der persönlichen Freiheit in einer demokratischen Gesellschaft, Natur als lustvoller Ort
  • 2. 4. Die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Konzept „Wildnis“ als Abgrenzung zur Zivilisation, das individuell unterschiedlich erfahrbar ist 5. Das Entdecken und Erforschen der Biologischen Vielfalt (Biodiversität) mit ihrer großen Bedeutung für den Menschen 6. Das konkrete Erfahren der Wechselwirkungen von Lebewesen und Mitwelt als Grundlage ökologischer Urteilskompetenz 7. Das eingehende Nachdenken über Sinnfragen mit dem Blick auf den eigenen Lebensstil und die Begrenzung eigener materieller Ansprüche II Wildnisbildungs-Projekt „Waldscout & Waldranger“ Das von der DBU geförderte Wildnisbildungs-Projekt „Waldscout & Waldranger“ setzt neue Akzente in der Wildnisbildung (siehe oben). Mit der erstmaligen Einrichtung von „Wildnisinseln“ mitten in einem deutschen Nationalpark sollen Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und II sowie Jugendgruppen und Jugend(hilfe)-Einrichtungen im Rahmen einer 24-stündigen „Expedition in die Wildnis“ zum intensiven Nachdenken über das Verhältnis von Mensch, Natur und Kultur im Rahmen des Diskurses der Nachhaltigen Entwicklung angeregt werden. „Waldscout & Waldranger“ verbindet herausfordernde erlebnispädagogische Lernsituationen mit vielfältigen Methoden der Naturerfahrung, die im Anschluss an die „Wildnis-Expedition“ ausführlich reflektiert werden. Während der Projektwoche können die Jugendlichen unterschiedliche Gestaltungskompetenzen der Bildung für Nachhaltige Entwicklung einüben. Darüber hinaus trägt das „Waldscout & Waldranger“-Projekt auch zur Stärkung der Naturkompetenz der Schülerinnen und Schüler bei. Die Vertrautheit mit und die Kenntnisse über die Natur sind wesentliche Elemente einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Ihre große Bedeutung zeigt sich bei den aktuellen Diskussionen über den enormen Stellenwert der Biodiversität. „Waldscout & Waldranger“ stellt auch geschlechtsspezifische Bildungsszenarien bereit. Schulklassen können in eine Mädchen- und eine Jungengruppe aufgeteilt werden. Die Projekt-Teamer verstehen sich im reformpädagogischen Sinn als partnerschaftliche Begleiter von Lernprozessen und bieten eine durchgängige Betreuung während der gesamten viertägigen Projektwoche an. Die didaktische Umsetzung orientiert sich an der Lerntheorie des pädagogischen Konstruktivismus. In ihrem Mittelpunkt steht ein Kartenspiel, aus dessen Rubrikkarten „Natur“, „Thema“, „Werkzeug“ und „Präsentation“ die Jugendlichen ein eigenes, interdisziplinär ausgerichtetes Wildnisentdecker-Konzept zusammenstellen können. Sie haben zudem die Möglichkeit, das Kartenspiel um eigene Rubrikkarten zu erweitern. Mit einer biologiedidaktischen Evaluation wird die Wirkung der „Wildnis-Expedition“ auf die Natureinstellungen der Jugendlichen untersucht. Eine naturschutzfachliche Begleitforschung befasst sich zudem mit möglichen Belastungen der verwildernden Natur durch die Einrichtung und Nutzung der „Wildnisinseln“ mitten im Schutzgebiet.
  • 3. Mit der Durchführung einer Multiplikatorenschulung für Wildnisbildungs-Fachkräfte anderer Nationalparke soll die Möglichkeit eröffnet werden, das Modellprojekt „Waldscout & Waldranger“ auch in anderen deutschen Wald-Nationalparks zu etablieren. Der Ablaufplan einer Projektwoche Für eine Projektwoche von „Waldscout & Waldranger“ wurden vier Tage als sinnvoller Zeitrahmen erachtet. Die Wildnisexpedition kann nach folgendem Beispielsmuster ablaufen, bei dem eine Jugendherberge als Basisstation fungiert. Der erste Projekttag dient vor allem der Analyse und Förderung der Gruppendynamik, der Sensibilisierung der Sinne und der Überwindung von Ängsten vor dem Leben in der Natur. Am zweiten Projekttag stehen die Auswahl der Forschungs- Szenarien, die Schulung der Methodenkompetenz und der Aufbruch in die Wildnis im Mittelpunkt. Den dritten Projekttag kennzeichnen die Forschungsprojekte und die Rückkehr zur Basisstation. Am vierten Tag werden die Forschungs-Ergebnisse reflektiert und präsentiert. Gender-Aspekte des Bildungsprojektes Da Mädchen in Schülerbefragungen andere Naturzugänge als Jungen bevorzugen und die Natur stärker ästhetisch und sozial-fürsorgend erleben, während Jungen instrumentell-technische und ökologisch-erkundende Naturerfahrungen präferieren, ist es sinnvoll, beim „Waldscout & Waldranger“-Projekt auch den Gender-Aspekt zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß übernehmen Mädchen, wenn sie in einfachen Naturcamps unter sich sind, auch selbstverständlich eher männlich geprägte Aufgaben wie Zeltaufbau, Holz hacken, Feuer machen sowie Arbeiten mit Karte und Kompass. Auf der anderen Seite sind auch Jungen in geschlechtergetrennten Gruppen schneller bereit, typisch weiblich codierte Aufgaben wie Kochen und Abwasch anzugehen. Erfahrungen bei mehrwöchigen Wildnistouren in Nord- und Osteuropa ergaben auch eine höhere Bereitschaft von Jungen, sich in getrennt-geschlechtlichen Gruppen stärker auf ästhetische Naturerlebnisse einzulassen. Beim Wildnisbildungsprojekt soll es deshalb auch möglich sein, Schulklassen und Gruppen im Einvernehmen mit den Jugendlichen nach Geschlechtern aufzutrennen und auf je eigenen Wildnisinseln ihre spezifischen Naturerfahrungen sammeln zu lassen. Aus diesem Grund wurden die beiden Wildnispädagogikstellen mit einer Frau und einem Mann besetzt. Literaturverweis: Trommer, G. 1992: Wildnis – die pädagogische Herausforderung, Deutscher Studien Verlag,Weinheim