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NT. M.7 (1999)208-230
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9 1999BirkhtluserVerlag.Basel




Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik"
Koyr~s Giit/inger Dissertationsentwurf*

Pa, ,l~l Z~ m belli


In 1909 A. Koyr~ (1892-1964) came to G6ttingen as an exile and there became a student of Edmund
Husserl and other philosophers (A. Reinach, M. Scheler): already before leaving his country Rus-
sia Koyr6 read Husserl's Logical Investigations, a text which interested greatly Russian philoso-
phers and was translated into Russian in the same year. As many other contemporary philosophers,
in G6ttingen they were discussing on the fundaments of mathematic, Cantor's set theory and Rus-
sell's antinomies. On this problems Koyr6 wrote a long paper inspired to Husserl's Logical Inve-
stigations, read it in the Philosophical Society at G6ttingen and submitted it as draft for his Ph.D.
dissertation to Prof. Husserl, who refused it. So unhappily the celebrated methodologist and histo-
rian of science began his academical career: Koyr6 came back to write on logical and mathemati-
cal paradoxes in 1922 and in 1946--47 saying he was "going back to his first love". Among other
factors this deep interest in mathematic and exact sciences unabled Koyr6 to analyze Galileo and
Newton in his masterly way.

Gewisse politische Umst/inde z w a n g e n A l e x a n d r e K o y r 6 (1892-1964) dazu, seine
Universit/~t und seine H e i m a t RuBland im a k a d e m i s c h e n Jahr 1908--09 zu verlas-
sen. N a c h G 6 t t i n g e n j e d o c h k a m er a u f g r u n d einer bewuBten, kulturell m o t i v i e r t e n
E n t s c h e i d u n g , da er bereits E d m u n d Husserls (1859--1938) Logische Untersuchun-
gen karmte. In G 6 t t i n g e n k o n n t e Koyr6 eine besonders fruchtbare und zugleich k o n -
fliktreiche P e r i o d e miterleben. Bereits seit einigen Jahren hatten j u n g e P h i l o s o p h e n
v o n d e r Universittit Mtinchen (die s o g e n a n n t e n B a y e r i s c h e n P h t i n o m e n o l o g e n ) -
a n g e z o g e n d u r c h die Logischen Untersuchungen - sich u m H u s s e r l geschart u n d
arbeiteten in GOttingen mit ihm z u s a m m e n . In den Jahren nach 1909 w a r e n es zwei
tiberragende Pers6nlichkeiten, die sich ihm a u f g r u n d intellektueLler Wahlver-
wandtschaft a n s c h l o s s e n : A d o l p h R e i n a c h (1883-1917) u n d - f i i r die D a u e r von zwei
lw               A u f e n t h a l t e n - Max Scheler (1874--1928) 1. Diese b e i d e n P r i v a t d o z e n t e n
h a t t e n zwar kein ]us doctorandi, ich d e n k e aber, dab Koyr6 d e n n o c h alle drei als
seine L e h r e r betrachtete.2 Wie Koyr6 schreibt, war far Scheler y o n e n t s c h e i d e n d e r
B e d e u t u n g seine B e g e g n u n g mit



    Ich bedanke mich herzlich bei den Kollegen Sandro Barbera (Pisa), Andrea Cantini (Florenz),
    Ettore Casari (Florenz), Jeanne Peiffer (Paris) und Christiane Schultz (Bochum), die freund-
    licherweise meine Arbeit aufmerksam gelesen haben, bei Frau Dr. habil. Renate Tobies, die
    mit Kompetenz und Intelligenz die Redaktion besorgte. Ich danke auch Pros Samuel Ijsselmg,
    Direktor des Husserl-Archivs in Leuven, Dr. Diether Lohmar, Frau Dr. Ursula Panzer und
    Frau Christiane Reuter vom Husserl-Archiv in KOin.




208
A l e x a n d r e Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'"                       FORSCHUNG - RESEARCH


    ,,Edmund Husserl, dem heute bertihmten, damals jedoch unbekannten Autor der Logischen
    Untersuchungen. Das Gesprtich mit E. Husserl hatte Max Scheler tiber seine eigenen Bestre-
    bungen aufgekl~irt, und die schonungslose Kritik, der E. Husserl den Pseudo-Idealismus der
    Neukantianer unterwarf- in welche~mer eine ,sch~indliche' Form des psychologischen Rela-
    tivismus erkannte - iaberzeugte ihn schlieglich. Die Philosophie hatte nicht im Ausgang von
    der gegebenen Wissenschaft ,Bedingungen ihrer M(Sglichkeit' zu ,rekonstruieren' und dabei
    letztere in der Struktur des menschlichen Geistes oder des Geistes schlechthin anzusiedeln.
    Die Philosophie hatte sich nicht zu fragen: Wie ist es m0glich, dab dieses oder jenes Ding ist?
    Die Philosophie mul3te sich radikal von jeglicher metaphysischer und wissenschaftlicher Vor-
    aussetzung (und die Wissenschaft enth~ilt,wie wit ja wissen, implizit eine Metaphysik), die bereits
    die Stellung ihrer Probleme selbst verfalscht, freimachen. Und last but not least durfte der Phi-
    losoph ,nichts als wahr behaupten, als was er mit Evidenz als solches wahrnahm', und keines-
    falls an die Stelle der Evidenz der intellektuellen Anschauung, der einzigen und hOchsten Rich-
    terin tiber Wahr und Falsch, die falschen Evidenzen der szientistischen und psychologistischen
    Vorurteile setzen. ''3

Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dab Alexandre Koyr6 ein ,,ph~inomenolo-
gischer" Historiograph des philosophischen und wissenschaftlichen D e n k e n s war.
Wie aber ist eine Geschichte der Philosophie und der Wissenschaften nach phfino-
menologischer Methode zu verstehen? Bevor ich die Fragestellung genauer for-
muliere, m6chte ich prgzisieren, dab ich mich mit ,,ph~inomenologisch" weder aus-
schliel31ich auf Husserl beziehe, noch auf jene A r t hermeneutischer Geschichts-
schreibung, die in letzter Zeit in Deutschland eine Blt~te erlebt - oder vielleicht
grassiert - auch in Italien Widerhall findet. Ein Schiller Husserls und Historiker des
Phenomenological Movement, Herbert Spiegelberg (1904--1990) [1960, S. 73], bezeich-
nete seine eigene Methode als , K o m b i n a t i o n eines historischen und eines analyti-
schen Ansatzes", jedoch hat seine intelligente, vollst~indige und ~iuBerst genaue
Rekonstruktion nichts mit den sporadischen, aber erheUenden und grundlegenden
Aufs~itzen von Koyr6 gemein.Weiterhin hat Spiegelberg Koyr6 mit George Santayana
(1863-1952) verglichen. [Spiegelberg 1960, S. 138]. Wegen des g e m e i n s a m e n Inte-
resses an der Geschichte der mathematisch-physikalischen Wissenschaften k6nnte
man auch Hans Blumenberg (1920-1997) heranziehen. Dennoch scMint Koyr6 einen
Fall far sich darzustellen.
    Malvine Husserl unterstrich in einem Brief, den sie als Sekret~irin und Sprach-
rohr ihres Mannes an R o m a n Ingarden (1893-1970) schrieb, dab Koyr6 (der sich
nach dem ersten Weltkrieg in Paris niedergelassen hatte und dort in A r m u t lebte)
eine zweite Lebensentscheidung habe treffen mtissen, die ibm praktisch aufge-
zwungen worden sei:

    ,,Um sich den Forderungen der Pariser Kreise anzupassen, hatte er sich mit der Rolle als Phi-
    losophiehistoriker begntigen mtissen. ''4

In den wohlorganisierten Verzweigungen der Schule Husserls im AnschluB an die
G6ttinger Zeit dachten noch andere so wie die furchteinfl6Bende Frau Professor.
Koyr6 selbst hatte in einem Brief v o m 10. D e z e m b e r 1953 anerkannt, ,,tiefgehend
yon Husserl beeinfluBt worden zu sein", wobei er jedoch vorausschickend b e m e r k t
hatte, dab dieser ,,nicht viel yon Geschichte weig". Koyr6 fi~hrt in demselben Brief
fort und gesteht ein, yon Husserl folgendes gelernt zu haben: ,,den positiven Z u g a n g
zu ihr <der Geschichte>, sein Interesse am Objektivismus des griechischen und mit-
telalterlichen Denkens, am anschaulichen Gehalt scheinbar rein begrifflicher Dia-




      N.S. 7 (1999)                                                                               209
FORSCHUNG   - RESEARCH                                                 Paola Zambelli

lektik, an der geschichtlichen - und ideellen - Konstitution yon Systemen der Onto-
logie. Ich habe von ihm den Platonischen Realismus, den er ablegte, den Anti-Psy-
chologismus und den Anti-Relativismus geerbt". 5
     Ein k~rzlich erschienenes B'uch [Peckhaus 1990] hat uns mit ,,Hilberts Bestre-
ben" bekannt gemacht, ,,G6ttingen ,zu einer Zentralstelle fiir systematysche Philo-
sophie', zum ,ersten Centralort far Philosophie in Deutschland' aufzuwerten". Wir
wissen, wie das ,,G6ttinger Modell interdisziplin~irer Zusammenarbeit zwischen
Mathematik und Philosophie" [S. 230 ft.] durch Felix Klein (1849-1925), David Hil-
bert (1862-1943), Ernst Zermelo (1871-1953) und Leonard Nelson (1882-1927) ent-
wickelt wurde, aber in diesem Zusammenhang erw~hnt der Autor den Fall Koyr6s
nicht. Wir wissen heute, dank den ~iugerst akkuraten Studien von Karl Schuhmann 6,
dab am Anfang der intellektuellen Laufbahn von Koyr~ ein Trauma stand. Koyr~
war schon als Student Emigrant und muB bereits vorher dramatische- vielleicht sogar
heroische - Erfahrungen gemacht haben, die jedoch leider unzureichend dokumen-
tiert sind und unklar bleiben, so wie tiber die gesamte Zeit Koyr6s vor seinem Stu-
dium in GOttingen fast nichts bekannt ist. Es scheint, als w~iren die Sympathien die-
ses russischen Gymnasiasten fiir die 1905 gescheiterten Revolution~ire in Form von
Propaganda zum Ausdruck gekommen (doch in Roman Jakobsons (1896-1982)
Zusammenfassung der - mir miindlich von Morris Halle mitgeteilten - Ereignisse
ist von einem Attentat auf den Gouverneur die Rede). Jedenfalls war Koyr6 im Alter
von ungefiihr ftinfzehn Jahren im zaristischen RuBland ins Gef~ngnis gekommen,
doch wurde allem Anschein nach dieses Verh~ngnis fast zu einem Vergntigen, da er
sich ganz der Lekttire der kurz zuvor (1900--1901) erschienenen Logischen Untersu-
chungen Husserls widmen konnte. Ohne in unangebrachte Ironie verfallen zu wol-
len, scheint es tats~ichlich so, als sei die Gefangenschaft der langwierigen und
anspruchsvollen Lekttire dieses Werks f6rderlich gewesen. Auch ftlr Bertrand Rus-
sell (1872-1970) wurde seine Gefangenschaft als Pazifist durch die gleiche Lektiire
ertfiiglicher. Die Logischen Untersuchungen erfordern zweifellos Zeit und Konzen-
tration, und von den beiden Gefangenen war der Russische offensichtlich mehr auf
dem Laufenden als der Englische. Durch diese erste Lektfire der Logischen Unter-
suchungen Husserls gelangte Koyr6 fast zwangsl~iufig zum Studium yon Husserls Phi-
losophie der Arithmetik [vgl. Bemet, Kern and Marbach 1993, S.14] und vermutlich
auch der grundlegenden, auBerst scharfen Rezension Gottlob Freges (1848-1925).
     In G6ttingen drang Koyr6 fief in die Gedankenwelt Husserls ein und beabsich-
tigte, bei ihm zu promovieren. Obwohl Koyr6 ein allgemein gesch/~tzter Student war,
muBte er erleben, dab die yon ibm im Hinblick auf eine Dissertation erarbeitete
Schrift von seinem Lehrer abgelehnt wurde. Diesem Entwurf und den Begleitum-
st~nden seiner Entstehung soll im folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet
werden.
    Koyr6 geh6rte von WS 1908--09 bis 1912 und noch einmal im SS 1913 der Schule
Husserls an: Husserl, der von 1901 his 1916 in G6ttingen lehrte [Schuhmann 1977],
tibte in dieser Zeit einen bedeutenden EinfluB als Dozent aus und erlebte hier die
wohl produktivsten Jahre seines wissenschaftlichen Lebens, obgleich er erst im Jahre
1913 das n/ichste Buch herausbrachte. Er widmete sich der gr0ndhchen Vorberei-
tung seiner Vorlesungen und Vortr~ge, die auch dazu dienten, seine Ideen den Stu-
dierenden gegeniiber zu tiberprtifen [Spiegelberg 1977, S. 124,119]. Allerdings kam
in der G6ttinger Zeit die zweite Ausgabe der Logischen Untersuchungen zum



210
Alexandre Koyr8im ,,Mekkader Mathematik"                    FORSCHUNG   - RESEARCH




AbschluB; und mit der Arbeit an den Ideen und der Herausgabe des Jahrbuchs fiir
Philosophie und phdnomenologische Forschung wurde begonnen; ebenfalls in G6t-
tingen entstand schlieglich 1910-11 der Aufsatz fiber ,Philosophie als strenge Wis-
senschaft".
    Leider ist die yon Schuhrnann aufgefundene und sorgf~iltig analysierte Doku-
mentation yon Koyr~s G6ttinger Zeit sehr sp~irlich. Demnach hat Koyr6 yon 1909
bis 1910 die groBe mathematische Schule frequentiert, zu der auch Klein7, Her-
mann Minkowski (1864-1909), Constatin Carath6odory (1873-1909) und Zermelo
geh6rtenS: Gewig hSrte Koyr6 mit groBer Aufmerksamkeit die Vorlesungen yon
Hilbert und machte dazu eine Nachschrift (was hier jedoch nicht weiter untersucht
werden soll). Nun behauptet Schuhmann, Koyr6 habe bereits vor seiner GOttinger
Studienzeit in Paris bei Henri Poincar6 (1854-1912) studiert. Dartiber hinaus ver-
mutet Schuhmann, dab Koyr6 schlieBlich von G6ttingen nach Paris wechselte, um
bei Poincar6 zu promovieren. Richtig ist, dab Koyr6s polemischer Stil einiges Poin-
cart verdankt; dessen Schriften kann er jedoch anderswo gelesen haben, und zudem
war Poincar6 1909 Nr eine Woche in G6ttingen und hielt dort auch sechsVortr~ige. 9
Schuhmann vertritt die Auffassung, dab Alexandre Koyr6 kurz vor der G6ttinger
Zeit, also sofort nach dem erw~hnten mysteri6sen politischen Vorfall, nach Paris
gegangen sei, um dort mathematische Studien zu betreiben. Schon bald jedoch habe
er eine unerwartete Neigung gezeigt, sich for das weniger mond~ne, aber intellek-
tuell anregendere Leben in G6ttingen zu entscheiden. Schuhmann Iragt sich nach
den Grianden, die eine so rigorose Entscheidung herbeigefOhrt haben k6nnten.10
Die Unterlagen, die ich beztiglich Koyr6s Pariser Laufbahn einsehen konnte, berech-
tigen jedoch zu der Behauptung, dab er erst 1912 als Student nach Paris kam und
sich noch einmal yon dort entfernte, um ftir das Sommersemester 1913 nach G6t-
tingen zuriickzukehren31 Dies schlieBt allerdings nicht die MOglichkeit weiterer
Paris-Besuche aus, da Koyr6 yon seiner reichen Familie untersttitzt wurde, und dort
sein Vetter Georges Lebedinsky lebte, einer der Begrtmder der plastischen Chir-
urgie und Stomatologie.
    Es Nhrt jedoch nicht weiter, auf der Frage zu insistieren, aus welchem AnlaB
Koyr6 sich in der einen oder in der anderen Stadt aufhielt, bzw. ob er der Philoso-
phie oder der Mathematik den Vorzug gab. Bekanntlich hat Husserl ,,wie auch seine
Zeitgenossen Gottlob Frege und Bertrand Russell seine akademische Laufbahn
als Mathematiker begonnen. ''12 Weiterhin ist darauf verwiesen worden, wie,, Hei-
degger yon den allerersten Anf~ingen seiner Karriere an - und zwar in der ersten
Ver6ffentlichung yon 1912 - unter Beweis stellte, dab er mit den neuen Forschun-
gen yon Frege, Husserl, Russell und Whitehead auf dem Gebiete der Logik gut ver-
traut war. ''13 So sehr war die Philosophie der Mathematik ein zentrales Thema in
den philosophischen Debatten der Jahrzehnte vor 1914.
    In GOttingen studierte Koyr6 - auBer bei den Mathematikern - sofort auch bei
Husserl und bei Adolph Reinach, einem Ph~nomenologen, dessen Kurse damals
yon den Studenten eifrig besucht wurden. Es wurde yon mehreren Seiten hervor-
gehoben, dab Reinach eine Vermittlerrolle zwischen den Studenten und Husserl
einnahm; 1'4 Schuhmann 15 und Jorland [Jorland 1994, S. 105-126] haben zu Recht
Reinach daftir verantwortlich gemacht, dab Koyr6 ein Thema ftir seine Doktorar-
beit vorgeschlagen wurde, welches die alte Wunde wieder aufriB, die Husserl durch
Freges Besprechung seiner Philosophie der Arithmetik zugefagt worden war.



~rM   N.s. 7 (I~o)                                                              211
FORSCHUNG   - RESEARCH                                                Paola Zambelli


Reinach war ursprtinglich Husserls wegen - allerdings wegen der Logischen Unter-
suchungen des frtihen Husserl - nach G6ttingen gekommen, und schon bald stellte
er durch seine Lehrt/itigkeit eine Art Gegenpol zu seinem Lehrer dar, der mit den
Ideen gerade die Wende seines t)enkens zum transzendentalen Idealismus vollzog.
So diskutierte Reinach mit seinen Studenten nicht so sehr das jtingste Werk Hus-
serls, sondern seine Logischen Untersuchungen (wer weig, ob Husserl diese Vor-
liebe, die sp~ter auch Heidegger auf die gleiche Weise zum Ausdruck brachte, sehr
zu sch~itzen vermochte...).
     In G6ttingen hielt auch Max Scheler in den Jahren 1910-11 und 1911-12 Pri-
vatvortr/ige (er hatte seine venia docendi, die er erst 1918 nach dem Sturz des Kai-
serreichs zurtickerhalten sollte, aufgrund von privaten Skandalen und insbesondere
wegen des Konfliktes mit anderen Mtinchner Akademikern verloren). Dort arbei-
tete er Erkenntnis und Arbeit aus, insbesondere aber sein Hauptwerk Der Forma-
lismus der Ethik und die materiale Wertethik, das dann sp~iter in Husserls Jahrbuch
erschien. Koyr6 erhielt Zugang zu allen, sogar zu den exklusivsten philosophischen
Kreisen G6ttingens, und zwar zu Schelers Seminarien.16 Was hier hervorzuheben
ist, sind die frtihen Themen von Koyr6s wissenschaftlicher T~itigkeit und die beson-
deren Umst~inde ihrer Ver6ffentlichung. Die erste gedruckte Arbeit von Koyr6, ein
kurzer Aufsatz tiber die Principles of Mathematics (der immerhin von Bertrand Rus-
sell einer Antwort gewtirdigt wurde), erschien in Paris: Diese kleine Schrift k6nnte
die von Schuhmann aufgestellte Hypothese von einer anf/inglichen mathematischen
Berufung Koyr6s, die dann in Paris zur Reife gelangte, st~rken [Koyr6 1912, S.
722-724]. Schuhmann verweist hingegen auf die unver6ffentlichten Schriften, die
im Winter 1911-1912 in G6ttingen abgefaBt und diskutiert worden sind, und die
dann aber in der Schublade verschwanden. Gegen Schuhmanns These vom strikt
mathematischen Charakter des Studienganges Koyr6s ist zu bemerken, dab dieser
den genannten Entwurf in der Philosophischen Gesellschaft vortrug. H~tte Koyr6
eine Karriere als Mathematiker angestrebt, so w~ire er damit an die G6ttinger Mathe-
matische Gesellschaft herangetreten, welche die Namen ihrer Mitglieder und die
Themen ihrer Vortr~ge in den Jahresberichten der Deutschen Mathematiker-Verei-
nigung festhielt, wo Koyr6 fehlt.
     Husserl selbst hatte das Problem der Paradoxien in einem nur in Manuskript-
form vorliegenden Vortrag behandelt,17 under wird Hans Lipps (1889-1941), einem
Studenten, der nicht viel sp~iter als Koyr6 zum Studium mit Husserl kam, eine Dis-
sertation zum selben Thema geben [H. Lipps 1923]. Nach Lipps geht das Interesse
ftir dieses Thema auf die Diskussion zwischen den Phanomenologen und dem
Mathematiker Ernst Zermelo zurtick. 18 Gerade die Polemiken von Poincar6, Ri-
chard, Russell, Zermelo und anderen [Heinzmann 1986], deren Echo in Koyr6s Dok-
torarbeit vernehmbar ist, ,,erweckten ein erneutes Interesse" - wie W. C. Kneale
und M. Kneale hervorheben - ,,far logische Paradoxien jeder Art. ''19 ,,Parallel und
unabh/ingig von Russell haben sich aber auch die G6ttinger Mathematiker um Hil-
bert mit den Problemen der transfmiten Mengenlehre besch/iftigt und offenbar eben-
falls Widerspriiche abgeleitet."[Peckhaus 1990, S.48]
     Eben dieses Interesse kommt in den Vortr~gen zum Ausdruck, die Koyr6
w~ihrend der Sitzungen der ,,Philosophischen Gesellschaft" hielt. Doch unabh/in-
gig von diesen Vortr/igen legte Koyr6 sie Husserl im Hinblick auf eine Doktorar-
beit vor.



212
Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik"                                                     FORSCHUNG         -   RESEARCH



      K o y r 6 stellte das P r o g r a m m s e i n e r D i s s e r t a t i o n 20 in d e n Z u s a m m e n h a n g m i t d e r
y o n s e i n e m D o k t o r v a t e r s o w o h l in m t i n d l i c h e r als auch in g e d r u c k t e r F o r m g e f a h r -
t e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit d e r z.eitgen6ssischen L o g i s t i k :

     ,,Wir begntlgen uns mit dem allernotwendigsten und werden n u r - im Anschluss an das Logik-
     Colleg von Prof. Husserl - an einigen Stellen manche bei Russell und Frege noch gebliebene
     Unklarheiten zu beseitigen suchen." 2t

E r v e r z i c h t e t e j e d o c h nicht darauf, ,,mit Dr. R e i n a c h zu s p r e c h e n ''22 u n d s e i n e n eige-
hen, s o e b e n e r s c h i e n e n e n A r t i k e l tiber R u s s e l l zu z i t i e r e n :

     ,,Noch eine Bemerkung: in einer bereits erw~ihnten Notiz habe ich auf gewisse dem Logicis-
     mus von Russell und Frege immanenten Schwierigkeiten aufmerksam gemacht - j e t z t kann
     ich sie genauer formulieren: der Logicismus ist notwendigerweise unsinnig."

D a s T h e m a d e r P a r a d o x i e n ,,geh6rt zu d e n b e r f i h m t e s t e n P r o b l e m e n d e r m o d e r -
n e n L o g i k " : K e i n a n d e r e s P r o b l e m h a t so viel A u f m e r k s a m k e i t , b e s o n d e r s in d e n
K r e i s e n d e r L o g i k e r u n d d e r M a t h e m a t i k e r erregt. E r gibt zu, d a b d i e s e P r o b l e m a t i k

     ,,noch keine einwandfreie L6sung gefunden <hat>- obwohl wieder manche Forscher nament-
     lich Poincar~ und B. Russell ganz nahe daran waren." 23

K o y r 6 ist sich d e r F o l g e n d e r P a r a d o x i e n d e r M e n g e n l e h r e f a r die G r u n d l e g u n g d e r
M a t h e m a t i k u n d d e r L o g i k bewuBt:

     ,,Die Antinomien scheinen allen logischen Gesetzen zu trotzen und in der Tat sind logische
     Gesetze auf sie nicht anwendbar, auch hier haben wires mit unsinnigen Complexen zu tun.
     Nur ist es hier nicht so offensichtlich, und vielleicht ist es nicht so leicht die characteristische
     Eigenttimlichkeit dieser Antinomien zu erkennen, well manche yon ihnen doppelt paradox sind
     und zwar gerade diejenigen welche ftir die Mengenlehre von Wichtigkeit sind und die infol-
     gedessen von den Mathematikern fast ausschliesslich behandelt worden sin& Diejenige<n>
     dagegen, welche diese Eigentfimlichkeit <am> deutlichsten zeigen - ich habe vor allem die
     Menge aller Gegenst/~nde im Auge - wurden als mathematisch uninteressant ausser Acht gems-
     sen und den Logikern iiberwiesen."

D u r c h die P a r a d o x i e n w i r d die L o g i k in e i n e K r i s e g e b r a c h t :

     ,Wenn sich in unserem Falle Widersprtiche ergeben - ich wiederhole unter Befolgung der logi-
     schen Schlussgesetze - so liegt es an der Logik selbst, sie ist dann selbst widerspruchsvoll. Und
     wenn die Logik, dieser PrOfstein jeder Wissenschaftlichkeit, diejenige Disciplin welche die
     Gesetze tier MOglichkeit des Geltens, der Wahrheit tiberhaupt aufstellt- wenn sie selbst wider-
     spruchsvoll ist, dannist tiberhaupt keine Wahrheit m6glich, dann sind wir zu dem ~rgsten Scep-
     ticismus gedr~ngt."

K o y r 6 kntipft h i e r an die P o l e m i k an, die zwischen , , M a t h e m a t i k e r n " ( Z e r m e l o ,
P e a n o , R u s s e l l ) u n d , , P h i l o s o p h e n " ( a n e r s t e r Stelle P o i n c a r 6 ) a u f g e k o m m e n war.
W i e so of, iibt er h a r t e K r i t i k an Z e r m e l o :

     ..... die Mannigfaltigkeitslehre, so wie [sie] von Cantor aufgebaut ist, ist durchaus wider-
     spruchsfrei und.., die Zermeloschen Axiome fttr den Aufbau derselben g~inzlich~berflfissig.... "

DaB heiBt j e d o c h nicht, d a b K o y r 6 n i c h t schiitzte, was die M e n g e n l e h r e G e o r g C a n -
tors (1845-1918) f a r die L o g i k g e l e i s t e t hatte.




        N.S. 7 ( 1 ~ )                                                                                                        213
FORSCHUNG         -   RESEARCH                                                                                   Paola Zambelli


      ,,Erst in unserer Zeit, nachdem die formale Logik eine fOrmliche Auferstehung aus dem Grabe
      erlebt hat, nachdem die traditioneUe Logik eine ungeheure Entwicklungsf/ihigkeit gezeigt24
      und rich in den H~inden der Mathematiker zu einer grossartigen Disciplin entwickelt hat, wo
      in den Arbeiten Georg Cantors einerseits, der italienischen und englischen Schulen (Peano
      und Russell) andererseits, der Gedanke Leibnizens von einer Mathesis universalis zu seiner
      Verwirklichung schritt, erst jetzt hat man den Sinn und das Interesse ftir rein logische Fragen
      wiedergewonnen."

D i e s e m e h r f a c h h e r v o r g e h o b e n e F o r m u l i e r u n g v o n L e i b n i z b e z i e h t sich a u f H u s -
serls Logische Untersuchungen u n d a u f s e i n e n A u f s a t z , , P h i l o s o p h i e als s t r e n g e Wis-
s e n s c h a f t . " [Vgl. auch H u s s e r l 1987, S. 13]. K o y r 6 s i e h t in d e r T h e o r i e d e r M e n g e n -
l e h r e z w a r e i n e groBe E r r u n g e n s c h a f t , teilt a b e r n i c h t m e h r d i e n e u e s t e n E n t w i c k -
lungen, d e n e n er die H u s s e r l s c h e ,,formelle O n t o l o g i e " entgegenh~ilt, d a

      ,,eine der schOnsten Errungenschaften der modernen Mathematik, die allgemeine Mannigfal-
      tigkeitslehre, die geniale Sch6pfung Georg Cantors, von diesen Paradoxien in ihrer Existenz
      bedroht wurde. Aber allmfihlich bemerkte man, dass dieses Problem keine Privatfrage tier
      Mathematiker, dass seine Tragweite eine viel grOssere ist, dass es sich hier um ein rein logi-
      sches Problem handelt."

E r n e u t b e z i e h t er sich a u f die H u s s e r l s c h e O n t o l o g i e :

      ,,Hier m6chte ich nochmals betonen, dass diese Leere <ein variabler, leerer Terminus> nur in
      einem ganz bestimmten Sinne zu verstehen ist. Es ist kein Nichts, und hat tibrigens so viel Inhalt,
      dass sich mit seiner Entwicklung eine ganze Wissenschaft (formeUe Ontologie) besch~iftigt."

E r k o m m t zu d e r F e s t s t e l l u n g ,

      ,,dass, gesetzt Zermelo kOnnte die Widerspruchslosigkeit seines Systems auch beweisen - die
      Mengenlehre, auf diese kiinstliche Weise aufgebaut principiell nicht das wMe was G. Cantor
      vorschwebte: Sie kOnnte nicht die allgemeine Mannigfaltigkeitslehre, k6nnte nicht formeUe
      Ontologie~ Gegenst~ck der Iormellen Logik, Mathesis Universalis sein. Und <das> seheint
      mir der entscheidende Punct zu sein. Die Cantorsche Mengenlehre ist, die Zermelosche kann
      nicht Grundlage der Mathematik sein, nattirlich wenn Mathematik nicht bloss eine mtlssige
      Spielerei sein soil, sondern eine der Logik wesensverwandte analytische Wissenschaft. Darum
      wollte auch B. Russell die Mengenlehre als einen Teil der Logik betraehten, darum auch die
      logisehe Classe und die Menge zu identificieren versuch<en> - das letztere wie mir scheint mit
      vollem Recht."

D e r S t u d e n t K o y r 6 w o l l t e o f f e n s i c h t l i c h a u f sein L e s e p e n s u m a u f m e r k s a m m a c h e n .
S o e r i n n e r t er a n J a k o b F r i e d r i c h F r i e s (1773-1843), d e n er ,,einen L o g i k e r y o r e
R a n g e " n e n n t , an R u d o l p h H e r m a n n L o t z e (1817-1881) u n d an B e r n h a r d B o l z a n o
(1781-1848).26

      .Zum mindesten beschr~inken wir uns auf existierende, reale Gegenst~indliehkeiten, um mit
      Bolzano zu sprechen."

E r v e r g h c h B o l z a n o m i t Z e r m e l o u n d R i c h a r d D e d e k i n d (1831-1916) beztiglich d e r
F r a g e d e r ,,Existenz u n e n d l i c h e r M e n g e n " :

      ,,Alle diese Axiomata <Zermelos> sprengen offene Ttiren - mit Ausnahme des VI, das etwas
      verbieten soil, was ohnehin nicht m0glich ist. Das Axiom VII, yon der Existenz unendlicher
      Mengen, brauchen wit auch nicht zum Axiom zu erheben. Freilich ist der Dedekindsche Beweis




214
Alexandre Koyr~ im ,,Mekka der Mathematik"                                         FORSCHUNG -       RESEARCH




    nicht stichhaltig 27- aber schon Bolzano hat einen besseren gegeben. Man darf sich dabei nicht
    auf die Menge atler Wahrheiten an sich stiitzen, wie er es rut - diese ,Menge' existiert ja eben-
    sowenig wie P, aber in der Reihe der zu jeder Wahrheit an sich, d. h. zu jedem wahren Satze
    zugeh6rigen Satze, die seine Wahrhelt behaupten, haben wir ein Beispiel einer solchen Menge".

Sein I n t e r e s s e a n der Psychologie d e h n t e er a u f H e n r i B e r g s o n (1859-1941) aus,
d e m er ein R e f e r a t in der ,,Philosophischen G e s e l l s c h a f t " w i d m e t e :

    ,,Bei dieser Auffassung muss man wohl Bedenken tragen, die arithmetischen S~tze auf das Psy-
    chische zu tibertragen, j a consequenter Weise auch auf die physische Welt. Ein Geftihl und ein
    Gefahl in meiner Seele sind nicht zwei Gefilhle, sondern etwas anderes, drittes, neues - daher
    die Stellung von Bergson.

E r verglich Lotze mit Husserl:

    ,,Es gibt noch einen anderen sehr wichtigen Unterschied - den alten Unterschied der reinen,
    formellen und materiellen Begriffe, der immer wieder unter den verschiedensten Namen zu
    verschiedensten Zwecken in der Geschichte der Philosophie auftaucht. Besonders nachdrticklich
    bei Lotze, der diese letzten, obersten Begriffe, wie Etwas, Einheit,Vielheit iaberhaupt nicht mehr
    Begriffe nennen wollte. In unserer Zeit hat Husserl diesen Unterschied stark betont, und auch
    die mathematischen Logiker haben viel Mtlhe darauf verwendet um die reinen, for den Auf-
    bau der Logik selbst notwendigen also im h6chsten Sinne rationelle, apriorische Begriffe her-
    auszuarbeiten."

E r zeigte, d a b er zwischen i h r e n P o s i t i o n e n u n d d e m S t a n d t p u n k t v o n Frege e i n e n
Z u s a m m e n h a n g herzustellen vermochte:

    ,,Der Begriff der propositionalen Function28 ist seit Freges und Russells Arbeiten so bekannt
    geworden und hat sich in der modemen Logik so lest eingebilrgert... Eine Function, so k6n-
    hen wir kurz sagen ist eine blosse Satzform; eine Satzform die gewisse Momente nur ihrer Form
    (propositionalen) nach bestimmt, was die Materie anbetrifft v611igunbestimmt l~sst. Bolzano,
    Frege, Russell fOhren aUe den Functionsbegriffin genau derselben Weise ein."

I m Fall v o n H u s s e r l bezog er sich auf die Logischen Untersuchungen (Bd. II: , , R e i n e
G r a m m a t i k " ) u n d auf sein L o g i k - K o l l e g 1910-11. 29

    ,,Wir gebrauchen durchweg das Wort Unsinn in der Bedeutung, die es bei Husserl erhalten
    hat, d. h. eines Bedeutungscomplexes der keine complexe Bedeutung ist."

V o n R u s s e l l zitierte er die T h e o r i e d e r logischen T y p e n (,,die h6chst b e d e u t u n g s -
volle, so schaffsinnig e n t w i c k e l t < e > - j e d o c h nicht einsichtig begriandete - T h e o r i e
d e r logischen T y p e n <l/iBt> sich aus u n s e r e n U n t e r s u c h u n g e n o h n e weiteres ablei-
t e n " ) u n d diskutiert, ebenfalls in e i n e m Anhang,30 d e s s e n ,,Frage d e r pr/idicativen
und nichtpr~dicativen Definition."
      E r schrieb:

    ,,Fall der eingliedrigen Relation, und es ist gar nicht abzusehen warum wir nicht beliebig viel
    andere linden k6nnten. Die hier vorgetragene Ansicht wurde von Bertrand Russell gerade im
    Hinblick auf die Identit~it begrtindet und vertreten. Er hat auch andere Beispiele angegeben
    - so z. B. spricht er yon dem self-mademan, der offenbar in einer Relation zu sich selbst steht.
    Ich glaube Herr Russell hat es nur diesem Umstande zu verdanken, dass ihm die L6sung des
    Problems durchaus nicht gelingen wollte. ''31




      n.s. 7 (~999)                                                                                             215
FORSCHUNG     - RESEARCH                                                            Paola Zambelli


Koyr6 beabsichtigte nicht, die Geschichte dieser Theorien zu rekonstruieren:

    ,,Ich brauche wohl nicht zu erzahlen wie man auf die Antinomien gekommen war, wie man sie
    zu beseitigen suchte und wie dann'schliesslich Zermelo den Versuch machte, die Mengenlehre
    auf einer ganz neuen Grundlage aufzubauen.'"

E r bediente sich jedoch zur rhetorischen Er6ffnung und zum AbschluB seiner l)-ber-
legungen des einen oder anderen historischen Verweises: In der Einleitung erw/ihnte
er nicht nur die lsolubilia der Scholastiker, sondern auch die Paradoxien von Antisthe-
nes und seiner Schule, jene Obungen und Wortspiele, die den griechischen Sophi-
sten so gefielen.

    ,,Welch eine Freude die gebildeten Athener der Aufkl/irungszeit an diesen mehr oder minder
    witzigen Wortspielen gehabt batten."

Was die lnsolubilia betrifft, war der Verweis auf die Sp/itscholastik unvermeidlich.

   ,,Wie gesagt, haben die scholastischen Logiker die Bedeutung des Problems wohl erkannt,
   jedoch ist es ihnen nicht gelungen eine klare Theorie der Paradoxien zu geben, obwohl man-
   the yon ihnen namentlich Girolamo Savonarola und Wilhelm Occam ganz nahe daran gewe-
   sen waren."

In seinen AbschluBbemerkungen bezieht sich Koyr6 auf Savonarola, ein unge-
w6hnliches Beispiel aus der Geschichte der Logik, das bereits in Bolzanos Wissen-
schaftslehre erw/ihnt (und von Urbach zitiert) worden war. 32
    ,,Ich m6chte zum Schluss noch darauf hinweisen, dass eine g/inzlich analoge LOsung bei Giro-
    lamo Savonarola zu finden ist. Nur ist die Begrtlndung die der Frate gibt etwas zu leicht
    tibrigens g~inzlich verkehrt. Er sagt: ,Insolubilia non possunt verum aut falsum esse - ergo non
    sunt propositiones.' Nein, umgekehrt: ,Insolubilia non sunt propositiones, ergo non possunt
    verum aut falsum esse'!"

Koyr6 wird b e m a h t sein, diese T h e m a t i k nicht aus den Augen zu verlieren: Z u zwei
verschiedenen Z e i t p u n k t e n nach den zwei Weltkriegen wird er sie wieder aufneh-
men. 33A n dieser SteUe ist jedoch eine Unterscheidung notwendig: Z u Unrecht behan-
delt Jorland den Artikel tiber die Zenonischen Paradoxien aus dem Jab_re 1922 so,
als handle es sich um die Dissertation von 1912 [Jorland 1994]. In Wahrheit weicht
er aber in Bezug auf Form und In.halt deutlich von ihr ab.
     In den Jahren unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg erhielt die Auseinan-
dersetzung um die Paradoxien neue Impulse. Koyr6 hatte vor dem Krieg, als Direk-
tor der Zeitschrift Recherches philosophiques, einen Aufsatz yon Paul L6vy
(1886-1971) tiber Paradoxien verOffentlicht [IAvy 1936-37]. Insbesondere hatte aber
Chaim P e r e l m a n n beim Congr~s Descartes ,,Les Paradoxes de la logique" abge-
handelt und damit die D e b a t t e zwischen Philosophen neu entfacht [Perelmann 1936;
vgl. Perelmann 1937]. Koyr6 hatte schon vor seinem Exil dafar Sorge getragen, auf
d e m laufenden zu bleiben, und eine Reihe von Notizen und Exzerpten niederge-
schrieben, 34 die dann in seinem Epim~nide Verwendung finden sollten. Diese
1940-1942 abgefaBte Arbeit, 35 die in gegeniiber der englischen Fassung in Philoso-
phy and Phenomenological Research leicht ver/knderter F o r m erschien, erhielt aus-
nahmlos negative Besprechungen. Dies war allerdings absehbar, da sein A u t o r wei-




216
Alexandre Koyr6im ,,Mekkader Mathematik"                      FORSCHUNG   - RESEARCH




terhin die formale Logik als unntitz angriff, auch wenn das B~ndchen von 1947 nicht
nur einen neuen Stand bezfiglich der sp~ter..en Entwicklungen dieser Problematik
darstellt, sondern auch eine entsprechende Uberarbeitung aufweist, die notwendig
geworden war, da Koyr6 seine Manuskripte nicht mit ins amerikanische Exil neh-
men konnte. 36
    Aus psychologischer Sicht 1/i13tdieser Rfickgriff auf Reflexionen seiner Studen-
tenzeit vermuten, daB er das Bed~irfnis hatte, sich eine gewisse Genugtuung zu ver-
schaffen.
    Die Anregung zu den 1922 ver6ffentlichten Bemerkungen zu den Zenonischen
Paradoxen ging von einer Fragestellung aus, die Adolph Reinach sehr am Herzen
lag. 37 Der im erstenWeltkrieg gefallene Privatdozent konnte weder diese noch zahl-
reiche andere Arbeiten zu Ende ftihren. Koyr6 machte daraus seinen zweiten Arti-
kel, den er dem Ged~ichtnis an Reinach widmete und der von Husserl in seinem Jahr-
buch ver6ffentlichte wurde. Dabei handelte es sich fast um einen Vers6hnungsritus,
denn die Jugendschrift von Koyr6 aus den G6ttinger Jahren war von Husserl als
Grundlage ftir eine Doktorarbeit abgelehnt worden, und ihre l~lberarbeitung und
Ver6ffentlichung erwies sich als mtihevoll und zog sich sehr lange hin: Zehn bzw.
dreil3ig Jahre vergingen, bevor seine Arbeiten endlich in Organen der ph~nomeno-
logischen Schule erschienen.
    Im M~irz 1912 hatten sich die Freunde des G6ttinger engeren Kreises versam-
melt, um mit groBem Bedauern fiber Husserls unerwartete Ablehnung der Dok-
torarbeit zu beraten, an der sowohl nach Meinung Reinachs als auch Theodor Con-
rads (1881-1969)38 nun nichts mehr zu ~indern war. So kehrte Koyr6 vor dem ersten
Weltkrieg nach Paris zurfick, wo er sich nicht mehr mit der Philosophie der Mathe-
matik, sondern mit Religionsgeschichte besch~iftigte: Zwischen der Mengenlehre
(bzw. dem ,,Epimenides"), und den Themen, die fOr den Koyr6 der ,,Cinqui~me sec-
tion de l'l~cole Pratique des Hautes t~tudes" (ontologischer Beweis, Sebastian Franck,
Paracelsus, Boehme, ecc.) so charakteristisch sein sollten, liegt ein groBer Sprung.
Es ist deshalb iaberraschend, wie Schuhmann seine Chronik der biographischen
Beziehungen zwischen Husserl und Koyr6 beendet: 0lane den geringsten Kommentar
verweist er darauf, dab Husserl, der mit grol3en Ehren in das Amphithe~tre der Sor-
bonne eingeladen worden war und dort im Frtihjahr 1929 seine Pariser Vortr~ige um
seine Cartesianischen Meditationen hieh, nicht nur Koyr6 zusammen mit Gilson
erw~ihnte, wegen ihrer ,,sch6nen und tiefgreifenden Untersuchungen" zu Descar-
tes, sondern ,,auch bei Koyr6s soutenance de la th6se d'6tat tiber Boehme" (das
Thema war dem Gedankenkreis von Husserl v611ig ffemd) ,,anwesend sein konnte,
die ein wahrer Triumph seines ehemaligen Schtilers war" und infolgedessen auch
"sein eigener Triumph. ''39Vielleicht blieb Schuhmann zu Recht so gleichmfitig, wenn
man bedenkt, dab das Universit~itsleben seit jeher derartige Traumata und Trium-
phe mit sich bringt...
    Vor dem Hintergrund der unglficklichen Ereignisse im akademischen Leben des
Studenten Koyr6 ist es vielleicht angebracht, auf das unglfickliche Ereignis zurfick-
zukommen, das seinem Lehrer selbst im Jahr 1891 anl~iBlichseiner Philosophie der
Arithmetik widerfahren war. Das Werk mit dem bezeichnenden Untertitel Psycho-
logische und logische Untersuchungen war eine Umarbeitung der Husserlschen Habi-
litationsschrifl.40 Es erhielt jedoch eine vernichtende Kritik in einer Rezension von
Gottlob Frege, einem um gut zehn Jahre ~ilteren Gelehrten, den Husserl oft in sei-




     N.S. 7 (1999)                                                                217
FORSCHUNG   -   RESEARCH                                               Paola Zambelli


 nero Werk zitierte und mit dem er sich beharrlich auseinandergesetzt hatte. 41Viel-
 leicht hatte auch Husserl diese Erfahrung nicht gut verkraftet, denn in seinen zahl-
 reichen Kursen, die er in den Jahren 1901-18 der Logik widmete, kam seine Absicht
 zum Ausdruck, mit der formalen Logik und den ,,Mathematikern" abzurechnen. 42
 Durch diese Kurse kommt es zu einer ebenIalls sehr langsam voranschreitenden Aus-
 arbeitung seines Buches Formale und transzendentale Logik (1929).
     Als Koyr6- gut vorbereitet durch die aufmerksame Lekt/are der Logischen Unter-
suchungen - in G6ttingen ankam, befand sich Husserl mitten in der Arbeit an der
 formalen Logik und der Mathematik nach Georg Cantor. Wom6glich kannte der
junge Exilant zun~ichst die Rezension Freges noch nicht, doch ist es schwer vor-
 stellbar, dab er auf lange Sicht keine Kenntnis davon erhalten haben soil. Aufjeden
 Fall berief er sich auf die Philosophie der Arithmetik. Frege hatte in diesem Werk
 nicht nur an der psychologistischen Logik Kritik geUbt, an die Husserl - unter dem
 Einflul3 von Brentano - noch gebunden war, 43 sondern auch an der empiristischen
 (aristotelischen) Auffassung vom Bewul3tseinsprozel3 und yon der Bildung abstrak-
 ter Begriffe (Anzahl, Vielheit, geometrische Verh~ltnisse). Der ehrerbietige Brief
Husserls an den Rezensenten und auch der Text seiner Logischen Untersuchungen
belegen, wie der junge Autor mit Freges Kritik fertig wurde; Husserl zehrte sogar
noch lange yon der Lektion, die ibm Frege erteilt hatte, bis hin zu seiner brillanten
Kritik an der psychologistischen Logik, die er in seinen Logischen Untersuchungen
entwickelte. Dieses Werk repr~isentiert einen Moment gr6/3ter Ausgewogenheit und
entsprechender Distanz zu seinem jugendlichen Psychologismus und zu den Idea-
lismus, den ihm die GOttinger Schtiler in Bezug auf die Ideen und die nachfolgen-
den Werke vorwaffen. Nach der heilsamen Rezension hatte Husserl seine Stern-
stunde: Nach Freges Meinung hatte sich in dem fehlenden ,,Unterschied zwischen
VorsteUung und Begriff, zwischen Vorstellen und Denken," wonach ,,alles ins Sub-
jektive herilbergespielt wird, ''44 ,hier ein Zwiespalt zwischen den psychologischen
Logikern und den Mathematikern" offenbart. ,Jenen kommt es auf den Sinn der
Worte an und auf die Vorstellungen, die sie yon dem Sinne nicht unterscheiden, die-
sen dagegen auf die Sache selbst, auf die Bedeutung der Worte" [Frege 1894, S. 425].
Wie aUgemein bekannt, schreibt Husserl das Motto: ,,Zu den Sachen selbst! ''45
     Eine wohlbekannte Interpretation des Denkens Edmund Husserls lautet ver-
einfacht ausgedrflckt so: Ein unter dem Einflug von Brentano und Stumpf geschrie-
benes, psychologistisch beg~ndetes Werk, die Philosophie der Arithmetik (1891),
wurde abgelehnt, 46 haupts~chlich wegen des von Frege erhobenen starken Einwands
gegen dieses Buch. Darauf folgte eine antipsychologistische und realistische Philo-
sophie in den Logischen Untersuchungen (1900-1901), die auf den Kreis der Mtinch-
ner Philosophen Einflul3 aus/abte, der sich damals um Husserl in G6ttingen sam-
melte. Dieser Interpretation zufolge wiesen die Logischen Untersuchungen bereits
einen Ansatz zur Analyse des BewuBtseins auf und setzten eine Auffassung der Ph~-
nomenologie als eine Psychologie voraus, deren Aufgabe es ist, die wesentlichen
Strukturen des Geisteslebens zu beschreiben [Mohanty 1995, S. 45]; vgl. [Mohanty
1982]. Einige fassen den Forschungsstand in dieser Weise zusammen, w~hrend andere
Wissenschaftler [Casari 1991] heute die zentrale These nicht mehr teilen, wonach
der gr6t3te Einflul3, der Nr den 13bergang Husserls vom Psychologismus zur Ph~i-
nomenologie verantwortlich ist, auf die Kritik Freges zurtickzuftihren ist: Nach J. N.
Mohanty, ,,war es nicht der EinfluB Freges, der Husserl zur vollst~indigen Abwen-



218
A l e x a n d r e Koyr~ im ,,Mekka der M a t h e m a t i k "                FORSCHUNG - RESEARCH



dung vom Psychologismus brachte, sondern vielmehr die Wandlung seiner Philo-
sophie der Mathematik in Verbindung mit dem EinfluB yon Leibniz, Bolzano und
Lotze. ''47 ,,Der EinfluB von Frege. auf die Entwicklung von Husserls Denkens war,
im Gegensatz zu dem was gew6hnlich behauptet wird, weniger bedeutend als der
von Lotze, Bolzano und Twardowski. Es war die Einwirkung aller drei Denker zusam-
men, die Husserl in die Richtung des Platonismus brachte."~
    Der Student Koyr~ nahm an Husserls Logik-Kurs (WS 1910-11) teit und machte
dazu eine Nachschrift. Zweifellos lassen sich die unver6ffentlichten Schriften auf
den gesamten, stark auf die analytische Mathematik und auf die ,,Aufgabe einer logi-
schen Theorie des Denkens" konzentrierten Kurs zurOckftihren, und nicht einfach
nur auf das Manuskript A 1 35 im Husserl-Archiv, 49 das u.a. einen vielleicht in der
,,Philosophischen Gesellschaft" gehaltenen Vortrag enth~lt. Das Manuskript umfaBt
in Wirklichkeit weitere Notizen und schliel3t mit denen ab, die einem gerade erschie-
nenen Artikel von Russell entnommen sind. 50 In diesem Zusammenhang er6rtert
Husserl auch die Paradoxien. Hier findet eine Diskussion mit Koyr6 Erw~hnung:

     ,,Nach dem Gespr~che mit Koyr6 scheint es mir aber doch, dass auch ein weiter brauchbarer
     Begriff von Menge m6glich und ftlr den Mathematiker zu Anfang n6tig ist. Es scheint, dass
     Koyr6s Begriff darauf hinauskommt, dass ein Klassenbegriff als Gesamtheit der A tiberall
     berechtigt ist, wo das partikul~ire Urteil, es gibt ein A (wo ein ein positiv Begriff ist), wahr ist.
     Etwas, das nicht A ist das gibt keinen berechtigten Begriff, da mit der Negation ,Paradox-Men-
     gen' hineinkommen, die auf sich selbst bezogen w/aren.Doch muss das noch tlberlegt werden. ''51

In seinem Entwurf, der seinem Professor im Hinblick auf eine Doktorarbeit vor-
gelegt worden war, muBte Koyr6 an alte Wunden rtihren. In den Jahren, die Koyr6
in G6ttingen verbrachte, lebte Frege noch. Gershom Scholem, der zu seinen Schtilern
in Jena z~ihlte, schreibt:
     ,,Frege war sicher der weitaus bedeutendeste Kopf der Philosophischen Fakult~it, ein Mann,
     der noch heute weltberiihmt ist. In Jena war er ein fast nur geduldetes, kaum yon irgend jeman-
     dem ernstgenommes Anh~ngsel. Er war schon ein hoher Sechziger, aber i~h glaube, noch nicht
     einmal Ordinarius~"[Scholem 1977,S.125].

Sein Schatten sollte auch auf GOttingen, das ,,Mekka der Mathematik," fallen. [Scho-
lem 1977, 147]. Frege hatte in seiner Besprechung ,,bemerkt, dab <Husserl> meine
Unterscheidung zwischen Merkmalen und Eigenschaften nicht begriffen hat:Woril-
ber man sich nicht zu wundern braucht, wenn man seine logisch-psychologistische
Auffassung sieht." [Frege 1894]. Die Geschichte sollte sich wiederholen: D e n n einige
Jahrzehnte sp/iter, im Rahmen von Koyr6s Doktorarbeit, schreibt auch Husserl, sein
Schiiler habe von seinen philosophischen Positionen, die dieser mit solcher Beharr-
lichkeit zitiere, nichts begriffen.
    Ich verfOge zwar nicht tiber eine besondere Kompetenz, was die Wechselffille
der GOttinger Schule und die gegens/atzlichen Tendenzen der f ~ h e n Ph~nomeno-
logen angeht; dennoch stellt sich die Frage, ob man sich hinsichtlich der Weigerung
Husserls, Koyr6s Doktorarbeit anzunehmen, wirklich mit der Erkl/arung zufrieden-
geben kann, die Reinach 1912 in einem Brief an Conrad gibt: Ausschlaggebend ftir
Husserl seien ,,pers6nliche 13berlegungen" - ,,selbstverst~indlich yon einem objek-
tiven Standpunkt aus" - gewesen: ,,Husserl glaubt in der Tat, dab Koyr6 stolz und
ein wenig unreif sei, was durchaus verst~indlich ist, wenn man sich seine etwas pri-




m'M N.S. 7 0999)                                                                                     219
FORSCHUNG    - RESEARCH                                                         Paola Zambelli

mitive Psychologie vor Augen htilt." Wenn Adolph Reinach, der eine Art junger Kon-
kurrent Husserls war, zu glauben meint, Husserl habe p~dagogisch-psychologische
Grtinde ftir die Ablehnung geh.abt (,,er hatte schlieBlich beschlossen, zu Koyr6s
Bestem, die Doktorarbeit nicht durchkommen zu lassen"), weshalb wtinscht sich dann
Reinach selbst ftir den zurtickgewiesenen Studenten, dab dieser, statt noch l~inger
zu warren, was Koyrd dann ja auch noch tiber ein Jahr lang tat,"aus G6ttingen fort-
gehen m6ge?" Ein weiterer interessanter Punkt in den ausdrticklichen Erkl~irun-
gen yon Reinach besteht in der radikal ver~inderten Haltung, die Koyrd nach dem
damaligen Geschehnis an den Tag legte: Alle entsinnen sich seiner Bescheidenheit,
als er in Paris und in den USA den Gipfel seiner akademischen Anerkennung en'eicht
hatte. Bei dieser Vertinderung mag die Entt~iuschung, die er durch Husserl erlitten
hatte, eine Rolle gespielt haben - neben den Auswirkungen des normalen Rei-
fungsprozesses eines Zwanzig~tihrigen und infolge des Schicksals seiner reichen, nach
der Oktober-Revolution ruinierten Familie.
    Das ist zumindest, was explizit zum Ausdruck kommt: Doch die Rekonstruktion
der intellektuellen Positionen, die Schuhmann unternimmt, gibt Anlag anzunehmen,
dab sowohl Koyr6 als auch Reinach treue Husserl-Anhtinger waren, was die Logi-
schen Untersuchungen anbetrifft, dab sie ihrem Lehrer hingegen nicht mehr in Bezug
auf die ldeen folgten. Der erste Band der ldeen wurde 1913 gedruckt und vorab im
Rahmen des Seminars yon Reinach diskutiert, als Koyr6 trotz des wenige Monate
zuvor erlittenen Traumas nach G6ttingen zurtickgekehrt war. Reinach ergriff uner-
bittlich Position gegen die in den ldeen I erhobene These.Andererseits hatte Reinach
noch in denselben Semestern folgende Themen diskutiert, die grundlegende Optio-
nen wie Psychologismus / Ph~inomenologie, Idealismus / Konventionalismus betra-
fen.52 Koyr6 res0mierte 1932 in einem Referat in Juvisy auf dem Ph~nomenologie-
Kongress der Soci~t6 Thomiste:
    ,,Husserl ist es nicht gelungen,auch nur einen seiner ehemaligenSchillern vonder Notwen-
    digkeit zu tIberzeugen,zu einem transzendentalenIdealismustiberzugehen.''53

Sollte der zwanzigj~ihrige Koyr6 etwa ein Opfer der internen Spannungen innerhalb
der ph~inomenologischen Schule geworden sein? Es handelt sich lediglich um eine
Hypothese, deren Er6rterung ich der Kompetenz anderer 0berlasse; hervorheben
mOchte ich jedoch erstens, dab er nie aufh6rte, die theoretischen Entwicklungen in
dieser Schule mit groger Neugier weiterzuverfolgen (einschlieBlich des Falls Hei-
degger); zweitens, dab Koyr6 nach einem Jahrzehnt interessanter, bahnbrechender,
jedoch vollkommen mathematikferner Untersuchungen tiber H~iretiker und Mysti-
ker zu sich selbst land, als er - nach der groflen Vers6hnung mit Husserl aus AnlaB
der Descartes-Gedenkfeier- dazu tiberging, die physikalisch-mathematischenWerke
von Kopernikus, Galileo, Descartes und Newton zu studieren und diese in Bezie-
hung zu metaphysischen und mystischen Voraussetzungen zu setzen. So schrieb er
1956: ,,Ich kehrte zu meiner ersten Liebe zurtick - zur Wissenschaft und ihrer
Geschichte."54

Anmerkungen
1     Vgl. [Spiegelberg 1960, S. 124 ff.];[Kuhn ed. 1975]; [Av~ Lallemant 1975]; [Reinach 1989];
      [Frings (Hg.) 1974].




220
Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'"                                FORSCHUNG     -   RESEARCH



2    Vgl. yon Hildebrand 1994,16": ,,Was ich Husserl verdanke, ist so viel... Dr. Scheler und Dr.
     Reinach... als deren Schiller reich hier bekennen zu dtirfen, ich stolz und glilcklich bin."
3    [Koyrd 1927-1928, S. 101]: ,,Edmund Husserl, l'auteur ajourd'hui crl~bre, mais inconnu alors,
     des Recherches logiques. La conversation avec E. Husserl avait ~clair6 Max Scheler sur ses
     propres tendances et la critique impitoyable qu'E. Husserl addressait au pseudo-idralisme
     de nro-kantiens, dans lequel il d~couvrait une forme ,honteuse' du relativisme psychologi-
     que, finit pour le convaincre. La philosophic n'avait pas ~ ,reconstruire', en panant da la science
     donnre, des ,conditions de sa possibilitY' en les plaqant dans la structure de l'esprit humain
     ou de l'esprit tout court. La philosophic n'avait ~ se demander: comment est il possible que
     relic ou telle autre chose soit? La philosophie devait se drbarrasser radicalement de toute
     prrsupposition m~taphysique ou scientifique (et la science, on le sait bien, contient implici-
     tement une m~taphysique) qui vicie la position meme de ses problames. Et last but not least
     le philosophe ne devait ,rich affirmer comme vrai que ce qu'il voyait 6videmment fitre tel"
     et Al'evidence de l'intuition inteUectueUe, seul j uge suprfime du vrai et du faux, ne point sub-
     stituer les fausses evidences des prejugrs scientistes et psychologistes."
4    Vgl. [Husserl 1968, S. 209]. Malvine Husserl schrieb am 28.3.1921:Koyr6 ,,lebt ]etzt dauernd
     in Paris und ist dort in der Habilitation begriffen. Eine kleine Arbeit tiber die zenonischen
     Argumente (dem Andenken Reinachs gewidmet, yon dem er die Anregung dazu empfing),
     erscheint auch im ntichsten Jahrbuch. Er arbeitet in Paris mit Hering zusammen, hauptstich-
     lich historisch (tiber Scholastik), well dies zuniichst in Paris yon jungen Philosophen verlangt
     wird.'"
5    "The positive approach to it <history>, his interest for the objectivism of greek and media-
     eval thought, for the intuitive content of seemingly purely conceptual dialectics, for the histo-
     rical - and ideal - constitution of systems of ontology. I inherited from him the Platonic rea-
     lism that he discarded, the anti-psychologism and the anti-relativism."Ich zitiere das Origi-
     nal aus dem Koyr~-Archiv, Paris; bei [Spiegelberg 1960, S. 225] sind nut einige Zeilen
     wiedergegeben.
6    [Schuhmann 1987]. Vgl. auch [Schuhmann 1977] und [Husserl 1994].
7    Auf Klein wird in Koyr~s Vortrag verwiesen, wo er in Form eines logischen Beispiels dem
     ,bertihmten scholastis<c>hen Beweis, dass Gott nicht allm~chtig sein kann," den Beweis,
     dab ,,Felix Klein kein Mathematiker ist," gegeniaberstellt [Koyr~-Archiv, Paris: Koyr& Vor-
     trag, S. 1-2. Vgl. [Koyr~ 1999].
8    [Sepp 1988, S. 187]: ,,Husserls Kollege, der Mathematiker David Hilbert, und vor allem der
     Ingenieur Constantin CaratModory und der Mathematiker Erhard Schmidt werden in Grt-
     tingen Freunde der Familie." Zu gemeinsamen Schillern (wie z. B. Kurt Grelling), vgl. [Smith
     and Smith 1995, S.5]. In dem Koyr~-Archiv, Paris, befindet sich eine Hilbert-Nachschrift und
     eine Notiz 0ber Nelsons Stundenplan. In einem Brief an Xavier Lron vom 23.12.1920 (Paris,
     Bibl. Sorbonne, fond Victor Cousin, correspondance X. Lron, ms. 362, S. 335-336), schreibt
     Koyr~, dab er ,,un ~l~ve de Hilbert et de Minkowski lui-m~me'" gewesen ist. Vorausgesetzt,
     diese Aussage 0ber seinen Studiengang ist nicht metaphorisch zu verstehen, mul3 man seine
     Ankunft in Gottingen auf das WS 1908-09 vordatieren, um annehmen zu k6nnen, dab er
     die Vorlesungen yon Minkowski hrren konnte, da dieser am 12. Januar 1909 verstarb. Koyr6
     verliess Odessa zu Beginn des Jahres 1908.
9    [Heinzmann 1986, S. 8, 231 ff.]. [Jahresberichte der Deutschen Mathematiker-Vereinigung,
     XVIII, 1909, 78-79]: Poincarr-Woche 22.-28. April 1909.Vgl. [Courant 1980, 162].
10   [Schuhmann 1987, S. 152-153]. Vgl. [Schuhmann 1997, S. 391]: "Koyr6 was born in Odessa
     <recte:Taganrog> on August 29, 1892... He went to Paris in 1908, probably to study mathe-
     matics (and philosophy). During winter 1909-1910 he moved to Grttingen, at that time the
     ,Mecca of mathematics' where especially Ernst Zermelo (1871-1953) was working on set-
     theory paradoxes such as Russell's antinomies, and Adolph Reinach... was working on clas-
     sical paradoxes in philosophy... In winter I910-11 <Koyrr> also turned to Edmund Hus-
     serl.., he even participated to the ,inner circle' of <G0ttingen Philosophical> Society, where
     he presented his own ideas on mathematical and logical paradoxes. He also discussed them
     with Hilbert's assitant Richard Courant (1888-1972)... After Reinach's death <1917>, Hus-
     serl became the leading figure of the phenomenological movement for Koyr6 too."




~rM N.~ 7 0999)                                                                                    221
FORSCHUNG    - RESEARCH                                                                Paola Zambelli


11    Vgl. Archives Nationales, Paris, AJ/16/4954 Koyr6s ,,Diplome d'~tudes superieures de phi-
      losophie" wurde im Juni 1913 ausgestellt. Ibid. vgl. den Matrikel-Zettel, wo Koyr6s Name
      fehlt.
12    Koyr6 erkl~irt in dem anl~iBlich seines Antrags auf Einbilrgerung verfaBten Schreiben 1922,
      er habe sein Studium in Paris 1912 aufgenommen.Weiterhin wird zum erstenmal im [Annuaire
      1913, S. 42-43] Koyr6s Teilnahme an den Kursen yon Picavet verzeichnet, und zwar nur f~ir
      das erste Semester 1912-13, und dann [a.a.O., 1914, S. 98] filr das akademische Jahr 1913-14.
13    [Fay, 1991, S.19].Vgl. [Heidegger 1912] und sein Brief an denTheologen Sauer vom 17.3.1912
      zit., in [Ott 1988, SS. 70-71]: ,Wenn ich yon meinem Versuch reden dad, so kann ich Ihnen
      meine Arbeit als nahezu vollendet ankilndigen. Im Grunde ist es nut eine Vorarbeit, die den
      Stiltzpunkt schaffen soil filr die Inangriffnahme der weitverzweigten Untersuchung der mathe-
      matischen Logik.Wenn das Ganze nicht eine fruchtlose NOrgelei und ein scholastisches Auf-
      decken yon Widersprilchen werden soll, dann muB das Raum- und Zeitproblem unter Ori-
      entierung an der mathematischen Physik einer vorl~iufigen I.~sung mindestens nahegebracht
      werden. Diese Arbeit wird nur dadurch erschwert, dab gegenw~irtig in der Physik durch Rela-
      tivit~itstheorie alies in FIuB geraten ist. Auf der anderen Seiten sucht sich neuerdings die Logik
      mit der allgemeinen Gegenstandstheorie zu verschmelzen. Was die Untersuchung wieder
      wesentlich eirdacher gestaltet."
14    [Schuhmann 1987, S. 158] zitiert Koyr6s festgehaltene Erinnerung aus Spiegelbergs Scrap-
      Book : ,Husserl n'avait pas d'effet sur ses Etudiants. L'influence de ce temps Etait Reinach."
      Nach 1914 ,,fehlte" den Studenten ,der bew~hrte einfilhlsame Vermittler Reinach": [Ples-
      sner 1985, S. 348]. Sp~iter lud Husserl seine neue Assistentin Edith Stein (1891-1942) ein, in
      Freiburg Reinachs Rolle zu LIbernehmen. [Stein 1976, S. 20]: ,Ich soU - so hat man sich mit
      riihrender Naivit~it ausgedrtickt - bier werden, was Remach in GOttingen war" (20.2.1917).
15    [Schuhmann 1987, S. 155]. Er selbst schreibt in einem Brief vom 10.8.1956 an Spiegelberg
      (KoyrE-Archiv, Paris): ,,I went to France as far back as 1908, then to GOttingen, then back
      to Paris and once more to G0ttingen. I joined the French army during the first World War
      (1914). I was sent to Russia during this war (in 1916) and came back to France in 1919. Rea-
      ched my PH.D. in 1923 and was appointed lecturer (charge de conferences) in the *cole Pra-
      tique des Hautes ]~tudes in 1923.Went to Montpellier in 1929 and back to Paris in 1931. As
      for Recherches <philosophiques> I think they came to an end not in '36 but in '38. But I may
      be wrong.There were at least five volumes. May be six. Spmer died. I was practically abroad
      in '36 and '37-38 (in Cairo). Then came war menace and war. After the war I felt that the
      new generation had to make their own Jahrbuch. I had no time, no desire to revive it. Puech
      became immersed in history of early christian religion. Jean Wahl was too existentialist to
      my taste. So we decided not to continue it: and not to let somebody else to take it over. It is
      a testimony of an epoch." In demselben Brief, in dem Koyr~ weitere Fragen zu Heidegger
      und zu Groethuysen beantwortet, entschuldigt er sich ~ r sein schlechtes Ged~chtnis bezilg-
      lich seiner Versetzung yon der franz0sischen zur russischen Armee, die im Juni 1915 erfolgte.
      Er hat in Paris am 13. Juni 1923 sein Doctorat d'UniversitE erlangt. Vgl. Archives Nationa-
      les, Pads, AJ/16/4763.
16    Auf diese Begegnung, der nach dem Krieg weitere folgen sollten, verweist KoyrE in seiner
      Gedenkschrift for Scheler [Koyr6 1927-1928]. Hier gedenkt KoyrE Schelers als eines Ver-
      treters der Gruppe um Husserl. Vgl. auch [Koyr6 1925, S. 456-57].
17    Husserl-Archiv, K61n. ms A 1 35, Bl. 4 ft. mit dem Titel Menge. Die Paradoxien. Die lnsolu-
      bilia, lnsbesondere auch die Paradoxien der Mengenlehre, datiert vom 7. M~irz 1912 und zitiert
      [Schuhmann 1987].
18    [H. Lipps 1954]: ,Das Thema der Paradoxien der Mengenlehre und der verwandten logi-
      schen Paradoxien geht vielleicht im besonderen auf die Diskussionen fiber Logik der Mathe-
      matik zwischen den Phaaomenologen und dem Mathematiker Zermelo aus dem Hilbert-
      Kreis kurz vor Lipps' GOttinger Zeit (1911-1914) zurilck, deren Fragen damals in dem Kreis
      um Husserl und Reinach wohl noch lebendig waren. Auch aus dieser Zeit stammt Lipps Thema
      der Paradoxie yon Zeno" (zit. in [Schuhmann 1977, S. 158]; ibid.: ,,SS 1911 - W S 1913-14
      Hans Lipps geht nach GOttingen, um Schiller Edmund Husserls zu werden)."




222
Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'"                              FORSCHUNG     - RESEARCH




19    Vgl. [Kneale-Kneale 1962, S. 652 ft.] zu dem grogen Interesse an den Paradoxien.
20    Koyr6-Archiv, Paris: Insolubilia. Eine logische Studie iiber die Gnmdlagen der Mengenlehre.
           Einleitung
           Darstellung der antiken Para4oxien.
           Identit~it als Relationslosigkeit
           ARA als Unsinn
           Paradoxie als Perpetuum mobile
           Anhang <I>
          Teil II. Die Antinomien der Mengenlehre
           Die Russellsche Paradoxie
           Die Paradoxie von Richard
           Die Menge aller Gegenst~inde
           Die logischen Constanten
           Anhang <II>. Uber die Cantorsche Mengenlehre und das Zermelosche Axiomensystem
      Aul3erdem existiert der Entwurf ftir einen Vortrag, tier unter Auslassung vieler technischer
      Fragen eine Zusammenfassung der Dissertation gibt. Die Handschrift hat drei nicht nume-
      rierte Hefte. Ich habe den vollstandigenText der Insolubilia herausgegeben [vgl.Koyr61999].
21    Siehe ibid.: ,wie Prof. Husserl in seinem Logik-Colleg ausftihrte;" ,,Husserl hat in seiner Phi-
      losophie der Arithmetik eine Analyse dieser Gebilde <=Aggregate> gegeben." (Koyr6s
      Anmerkung).
22    Vgl. ibid.: ,,Reinach, Zur Theorie des negativen Urteils"(Koyr~s Anmerkung).
23    ,,Vielleicht war die Bezeichnungsweise schuld daran, dass Russell es tibersehen hat"(Koy-
      rds Anmerkung).
24    ,,Unter anderem zeigte es sich, dass nicht einmal alle traditionellen Schlussformeln richtig
      sind"(Koyr6s Anmerkung).
25    ,,Diesen Ausdruck hat Husserl in seinem Logischen Colleg 1910-1911 gebraucht. Vgl. auch
      Logische Untersuchungen, Bd. I"(Koyr~s Anmerkung).
26    Alle drei sind schon bei [Urbach 1910] zitiert und benutzt, fiber Urbachs Aufsatz schrieb
      Koyr6:"Diese Arbeit trifft mit <der> unseren in manchen wichtigen Puncten zusammen,
      obwohl gerade in den for reich wichtigsten wit verschieden<er> <Meinungen> sind." Koyr6
      zitiert auch Bernoulli, Ameseder, SchOnfliess, Jules Richards Paradoxien, ,,Avenarius und
      die Posivitisten" sowie Heisenberg.
27    ,Dedekind bentRzt die Menge alles Denkbaren" (Koyrds Anmerkung). Noch tiber Bolzano,
      ibid.: ,,Bolzano hatte schon die Funktion auf diese Weise orientirt und dabei yon der Wahr-
      scheinlichkeit der S~itze gesprochen. Wahrscheinlichkeit nannte er das Verhliltnis der wah-
      ren S/itze zu allen S~itzen einer fester Form."
28    ,,lch bentltze die Gelegenheit um hinzuweisen, dass B. Bolzano diesen Begrfff mit voller
      Sch~irfe entwickelt,ja sogar seinen gesammten Schluss auf ihn basiert hat."(Koyr6s Anmer-
      kung).
29    Husserl wird zehnmal in Koyr6s Handschrift zitiert. Zu Husserls Kolleg tiber Lotze vgl. [Schuh-
      mann 1987].
30    Vgl. Insolubilia zit.: Anhang <II>. Ober Nicht-Prddicative Definitionen.; vgl. Anhang I 29:
      ,,Georg Cantor bestimmt die Menge als eine Zusammenfassung von beliebigen wohlunter-
      schiedenen Objecten - eine Definition welehe aus vielen Grtind<en> unvollkommenist. Sie
      ist zu weit, zu unbestimmt Allerdings, das kann man ftir sie geltend machen: iiberall wo eine
      Menge im Sinne dieser Definition vorliegt, liegt auch eine echte Menge mit denselben Ele-
      menten als Gliedern vor, undes scheint nur unzweifelhaft, dass Cantor unter Menge das-
      selbe verstanden hat wie wir, obwohl er sie yon den anderen m6glichen analogen Gebilden
      nicht ausdrticklich getrermt hat.Wir hoffen deshalb mit unserer Bestimmu<ng> die ursprting-
      fiche Intention Cantors getroffen zu haben." Ibid. 34--35:,,wer die Einw/inde, die seitens der
      Philosophen gegen Cantor vorgebracht wurden, kennt, weiss, dass sie alle auf dem selben
      Missverst/andnis beruhen: alle semen Menge = Inbegriff. Diese Verwechselung ist um so leich-
      ter, d<a> die meisten arith<m>etischen S~itze auf Inbegriffe anwendbar sind - so alle S/~tze
      tiber Addition, Multiplication etc."




NTM   N&   7 (i~9)                                                                               223
FORSCHUNG    -   RESEARCH                                                             Paola Zambelli


31     ,,Hat Russell seiner Zeit noch andere Beispiele gegen diese Behauptung angegeben, so z.
      B. die Mengen aller nicht-roten, aller nicht im Meere lebenden Oegensttinde." (Koyr6s Anmer-
      kung).
32    Vgl. [Bolzano 1837, I, S. 78] zit..bei [Urbach 1910] 89-90. Vgl. [Savonarola 1982, I, S. 152].
33    [Koyr6 t946, S. 344-362]; [Koyr4 1948, S. 1-20]. Eine franz6sische Fassung erschien 1947 unter
      dem Titel Epirngnide le menteur (Ensemble et categoric), und wurde in einer Rezension yon
      [Perelman 1949, S. 240--242] einer interessanten, aber strengen Kritik unterzogen; vgl. eine
      positive Rezension yon [Blanch6 1950]. Weitere negative Rezensionen wurden yon [Church
      1946], [Black 1948] verfaBt. [Bar-Hillel 1947, S. 249] kritisiert Koyr4 als "a man less versed
      in modern formal logic," S. 245: ,,It is rather strange not to find in a modem discussion of
      semantical antinomies, any mention or discussion of the relevant works of Goedel, Tarski
      and Carnap"; S. 247: "Koyr~ uses in his article five closely related notions, viz. 'proposition',
      'assertion','statement','judgement,'sentence'and it is not at all clear in which sense he intends
      to use these notoriously ambiguous terms. This is particularly disturbing with 'proposition'
      which is apparently used sometimes in Camap's sense (1), i.e., as synonymous with '(decla-
      rative) sentence', sometimes in Carnap's sense (2), i.e., as'that which is designated (or expres-
      sed, according to some usages) by a sentence'." Vgl. [Koyr4 1948, S. 255]: "Husserl's distin-
      ction of nonsense and counter-sense (of which Bar-Hkllel [1948] unwillingly gives a proof)
      with the modern distinction 'between contradictory sentences and word-sequences which
      are not built in accordance with the rules of formation of the language in discussion'. It is,
      therefore, unfortunately, by no means a commonplace as Bar-Hillel seems to believe. Quite
      on the contrary: it is the ignorance of this distinction that prevented Russell (and others)
      from giving a correct interpretation of the so called 'logical' (and semantic) paradoxes. It is
      the selfsame ignorance that leads Bar-Hillel to believe that he has shown that 'I failed to
      prove that the word sequence "I am uttering a false sentence" is nonsensical'."
34    In dem Koyr~-Archiv, Paris, befinden sich yon Koyr~ um 1940 angefenigte Exzerpte aus:
       [Russell 1903]; [Russell- Whitehead 1910-1913]; [Russell 1906]; [Russell 1907]; [Peirce 1901];
       [Husserl 1929]; [Carnap 1931]; [Carnap 1934]; [Sch6nfliess 1909]; [Fraenkel 1927]; [Fraenkel
       1939]; [Ushenko 1936]; [K6nig 1905]; [Mirimanoff 1917]; [Poincar~ 1916]; [Poincar4
       1905-1906]; [Ramsey 1931]; [Helmet 1934]; gegen die Anm. 41 zitierten Artikel Perelmans
      vgl. [Behmann 1937]; [Grelling 1936]; [Grelling 1937].
35    Koyr6, Manifold and category, p.1 Anm.: ,,my own papers.., were written in 1940--42 and
      reached Philosophy and Phenomenologial Research in 1944.'" Vgl. [Gurwitch-Schtltz 1985,
      S. 229] Schtitz' Brief vom 29. August 1951: "Ist nicht die Standard-Obersetzung ,nonsense
      and counter-sense'? Hatte mit Koyr6 lange Diskussion als er den Liar schrieb." Koyr6, The
      Liar, S. 362: ,,It is the failure to distinguish these two cases that is at the root of Russell's
      theory of types; and also of the corresponding semantic theories of Carnap and Tarski of a
      hierarchy of languages and metalanguages. The distinction which I have made, a distinction
      which is nothing else but Hnsserl's distinction between nonsense and counter-sense (LU, I,112
      ff.) enables us to avoid all these painful consequences, to subject logic to his own rules, to
      count numbers, and to write the grammar of a given language in this language itself."
36    [Koyr~ 1922]; vgl. [Koyr6 1961]:Wahrscheialich hatte er das franzOsische, 1922 yon Hedwig
      Conrad-Martius tlbersetzte Original nicht zur Hand, denn als er den Artikel in franz6sischer
      Sprache 1961 ver6ffentlichte, hatte er ihn zuvor erneut iibersetzen lassen.
37    Vgl. oben Anm. 6.
38    Er konnte ebensowenig wie Reinach, dernur Privatdozent war, eine Dissertation betreuen,
      und Koyr4 hatte keine andere Wahl, als die Universitat zu wechseln.
39    [Schuhmann 1987], 155.Vgl. [Husser11995] XI, 380--381, Malvine Husserl an Elli Rosenberg
      geb. Husserl, 30.7.1930: ,,Montag kam Koyr4, der bei uns wohnt.., geht dann fOr circa sechs
      Wochen nach Berlin... Koyr4 wird Euch besuchen; nehmt ihn sehr freundlich auf. Er hat die
      franzOsiche Ubersetzung von Papas Pariser Vortr/igen geleitet und damit ungeheure Arbeit
      gehabt."
40    Husserl- Schiiler des groBen Mathematikers Weierstrass in Berlin und der Philosophen Bern-
      hard Brentano in Wien und Carl Stumpf (1848--1936) in Halle - verfaBte nach die Disser-




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Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik"                                FORSCHUNG     - RESEARCH




     tation Beitr~ige zur Theorie iiber Variationsrechnung (1883 ungedruckt) - 1887 seine Habi-
     litationsschrift fiber den Begriff der Zahl.
41   [Husser11970] zu rund dreiBig expliziten oder vom Herausgeber identifizierten Frege-Zita-
     ten, siehe insbesondere S. 118-123 (zu den Begriffen von Vielheit, Einheit und Anzahl ver-
     merkt Husserl Freges Versuch einer Kritik der Psychologic schon in seinen Gr~mdlagen der
     Arithmetik: ,,die Psychologic bildet sich nicht ein zur Begrtindung der Arithmetik irgendet-
     was beitragen zu k6nnen"); siehe auch SS. 147-148,161-163,166-168. Ein spezifischerer Bei-
     trag ist von [Fr         1958]. Vgl. [Drummond 1985, S. 245-246; siehe auch S. 256]: ,,<Fr
     lesdal's> interpretation of Husserl's philosophy includes the historical claim that Husserl's
     development was decisively influenced by Frege, especially by Frege's critique of Husserl's
     Philosophie der Arithmetik, but also by works such as ,,Sinn und Bedeutung," Die Grund-
     lagen derArithrnetik, and Funktion und Begriff. I shall call this the strong version of the histo-
     rical thesis, and a detailed argument for it is made by Fr                Fr         conclusions
     are simply accepted and asserted by authors such as Dreyfus and Salomon and seem sha-
     red by many others, e.g. Spiegelberg." [Bell 1990, S. 236--237, Anm. 4] reagierte auf jtingere
     Versuche, die Bedeutung von Frege in Bezug auf Husserls inteUektuelle Entwicklung ein-
     zuschr~inken bzw. auszuschliel3en: ,,The influence that Freges work exercised on Husserl
     during the period 1886-1900 was, I believe, vast... It is however worth noting briefly that,
     contrary to widespread opinion, Freges influence did not begin (or, for the matter, end) with
     his devastating review of the Philosophy of Arithmetic which appeared in 1894. As an ant-
     idote to such a view it should be remembered, first, that in the Philosophy of Arithmetic its-
     elf Husserl refers more often to Frege, and devotes more space to the discussion of his ideas,
     than he does to any other mathematician or philosopher. And, second, that in 1891 Husserl
     wrote to Frege: ,allow me to aknowledge the large amount of stimulation and encourage-
     ment I derived from your Fotmdations of Arithmetic. Of all many writings that I had before
     me when I worked on my book, I could not name another which I studied with as much enjoy-
     ment as yours'."
42   [Husserl 1995]: Vorlesungen 1910--11, von denen es schon eine vorherige Fassung aus den
     Jahren 1901-2 gab; sic werden - in leicht abge/inderter Form - 1912-1913 wiederholt, und
     dann in den Jahren 1914--15 und 1917-18 nochmals in dieser letzten, nicht weiter abge~in-
     derten Fassung wiederholt.
43   Aus [Frege 1894] siehe insbesondere S.316: ,,Der vorliegende Versuch geh6rt nun zu denen,
     bei welchen diese Reinigung im psychologischen Waschkessel vorgenommen wird. Dieser
     bietet den Vorteil, dass die Dinge in ihm eine ganz eigenttimliche Geschmeidigkeit anneh-
     men, sich nicht mehr so hart im Raume stossen und viele 1/istige Eigent0mhchkeiten und
     Unterschiede fahren lassen. Die jetzt so beliebte Mischung aus Psychologic und Logik giebt
     fi.ir diesen Zweck eine gute Lauge ab. Zun~ichst wird Alles Vorstellung. Die Bedeutungen
     der W6rter sind Vorstellungen. Es kommt also z.B. beirn Worte ,,Anzahl" darauf an, die
     zugeh6rige Vorstellung auf7uweisen, ihre Entstehung und ihre Zusammensetzung zu beschrei-
     ben. Die Gegenst~inde sind Vorstellungen. So l ~ s t J. St. Mill mit dem BeifaUe des Verfassers
     Gegenst/~nde (,,wether physical or mental") in einen Bewusstseinszustand eingehen, Teile
     dieses BewuBtseinszustandes bilden. Aber sollte nicht der Mond z.B. einem BewuBtseins-
     zustande etwas schwer im Magen hegen? Da nun Alles Vorstellung ist, k6rmen wir leicht die
     Gegenst~inde durch Hin- und Ablenkung der Aufmerksamkeit ver/indern. Besonders das
     Letzte ist wirksam. Wir merken weniger auf eine Eigenschaft, und sic verschwindet. Indem
     wir so ein Merkmal nach dem andern verschwinden lassen, erhalten wir immer abstractere
      Begriffe. Auch die Begriffe sind also Vorstellungen nur weniger vollst~ndige als die Gegen-
     stande; sic haben noch die Eigenschaften jener, yon denen nicht abstrahiert ist. Die Unauf-
      merksamkeit ist eine h6chst wirksame logische Kraft; daher vermutlich die Zerstreutheit
     der Gelehrten...." Es ist unmOglich, hier spaBige Beispiele wiederzugeben, wie (S. 332) ,,die
      Entstehung der Meere psychologisch erkl~irt," oder das von den zwei Katzen, die, indem sic
     sich einIach ihrer unterschiedlichen Farben, Haltungen und Orte entledigen (S. 317) ,,einen
      allgemeinen Katzenbegriff" erzeugen."Jeder Gegenstand verwandelt sich bei fortgesetzter
      Anwendung dieses Verfahrens in ein immer blutleereres Gespenst."




rcrM N,s, 7 (1999)                                                                                225
FORSCHUNG - RESEARCH                                                                  Paola ZambeUi


44    Ibid., S. 317, wo es weiter heiBt: ,,Aber gerade dadurch, dass die Grenze zwischen Subjekti-
      vem und Objektivem verwischt wird, bekommt auch umgekehrt das Subjektive den Anschein
      des Objektiven. Man spricht z.B. yon dieser oder jener Vorstellung, als ob sie sich, abgel6st
      vom Vorstellenden, in der Offentlichkeit sehen liesse." Etwas weiter unten heiBt es: ,,So
      erscheint beim Verfasser der Inbegriff (die Menge, Vielheit) bald als Vorstellung (S. 15,17,
      24, 82), bald als Objektives (S. 10-11,235). Ist es aber im Grunde nicht ein ganz unschuldi-
      ges Vergntigen, den Mond z.B. eine Vorstellung zu nennen? Ja! solange man sich nicht ein-
      bildet, ihn durch psychologische Mittel beliebig umwandeln oder erzeugen zu k6rmen. Doch
      das ist nur zu leicht die Folge."
45    Siehe sein Manifest Philosophie als strenge Wissenschaft [Husserl 1987, SS. 21,61]; vgl. [Spie-
      gelberg 1960], 121-122.
46    [Bell 1990, S. 40] zitiert aus Husserls Tagebuch (Husserliana XII, S. XXVI-XXVII) : ,,Wie
      unreif, wie naiv und fast kindlich erschien mir dieses Werk. Nun, nicht umsonst peinigte mich
      bei der Publikation das Gewissen... Ich war Anf~inger ohne rechte Kenntrtis der philoso-
      phischen Probleme, ohne rechte Ubung philosophischer Fahigkeiten."
47    [Mohanty 1995, S.53];beziaglich der Veranderungen yon Husserls Auffassung der Mathematik,
      siehe S.48: ,,The philosophy of arithmetic that is advanced by Husserl at this stage is empi-
      ricistic."
48    [Smith and Smith 1995,5]. Vgl. [StegmtiUer 1991, S. 675] zitiert bei [Schmid 1981, S. 45]: ,,Die-
      ser Platonismus ausserst sich innerhalb der mathematische Praxis einmal darin, dab der Ver-
      treter der klassischen Mathematik unbedenklich Mengen und Relationen durch beliebige
      in der Sprache formulierbare Bedingungen einftihrt, n~ihmlich die Menge aller Objekte, die
      genau diesen Bedingungen genilgen."
49    Vgl. Anmerkung 16.
50    Husserl-Archiv, KOln, Ms. A 1 35 zit., BI. 27a ft.: Logik. Russells L'importance philosophi-
      que de la Logistique (1911).
51    Husserls Notiz in Husserl-Archiv, K61n, Ms. A 135, B1.16b. Auch in dem Koyr6-Archiv, Paris,
      Insolubilia zit. Husserl schrieb kurze handschriftliche Notizen zu Koyr~s Dissertation an:
      ,,Zu cit.: dab ich die <ganze>Theorie der Functionalurtheile (die die dtirftige m. Z.... falsche
      schon yon ... K<oyr6> und allgemeine Urtheile der traditionellen Logik <neglicirt>) seit vie-
      len Jahren in den Vorlesungen und prinzipiellen Bemerkung vom Gesichtspunkt der Parti-
      kularitat und Mengen, systematisch behandelt mad dama erst zu diesen Formen <und logisch>
      gefaBt habe. Das universelle ein A tiberhaupt habe ich mit Classenbegriffe der Classenlo-
      gik identifiziert, was folgte ist, dab <...> ,non A tiberhaupt' in giltigen Un<iversellen> Urt-
      heilen <...> ein geschlossener Plural yon Partikuladt~iten oder eine gesetzm~ssige
      Manigf<altigkeit> von angebbaren P angebbar ...<vor>, Usw. Aber das folgt auch hier und
      da steckt <..> die <...>sache drin."
52    Zahl- und Mengenbegriffe, die Paradoxien des Liigners (durch B. Russell aktualisiert) und
      weitere Probleme wiederholen fast wOrtlich Husserls Logische Untersuchungen.
53    [Journ~es 1932, S. 72]: ibid. schreibt Koyr6 auch daB, ,,la m~ditation de Husserl <darts Ideen>
      aboutit ~tun id6alime transcendental et, ces derni~res arm6es, Husserl insiste de plus en plus
      sur cet id6alisme, jusqu'~t d6clarer d6pass6 depuis longtemps le point de rue des Logische
      Untersuchungen, qui laissaient ouverte la question id~alisme-r6alisme."Vgl. [Schuhman 1987,
      S. 84].
54    Koyr~, Brief an H. Spiegelberg, 10.8.1956 (Koyr~-Archiv, Paris): ,,I went back to my first love
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FORSCHUNG     - RESEARCH                                                              Paola Zambelli


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FORSCHUNG     - RESEARCH                                                             Paola Zambelli


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       Forschung, 39 (1985) 110-121.



Anschrift der Verfasserin:

Prof. Dr. Paola Z a m b e l l i
D i p a r t i m e n t o di Filosofia
Universith degli Studi di Firenze
1-50139 Ftrenze




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  • 1. NT. M.7 (1999)208-230 0036-6978/99/040208-,23 $1.50 + 0.20 9 1999BirkhtluserVerlag.Basel Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik" Koyr~s Giit/inger Dissertationsentwurf* Pa, ,l~l Z~ m belli In 1909 A. Koyr~ (1892-1964) came to G6ttingen as an exile and there became a student of Edmund Husserl and other philosophers (A. Reinach, M. Scheler): already before leaving his country Rus- sia Koyr6 read Husserl's Logical Investigations, a text which interested greatly Russian philoso- phers and was translated into Russian in the same year. As many other contemporary philosophers, in G6ttingen they were discussing on the fundaments of mathematic, Cantor's set theory and Rus- sell's antinomies. On this problems Koyr6 wrote a long paper inspired to Husserl's Logical Inve- stigations, read it in the Philosophical Society at G6ttingen and submitted it as draft for his Ph.D. dissertation to Prof. Husserl, who refused it. So unhappily the celebrated methodologist and histo- rian of science began his academical career: Koyr6 came back to write on logical and mathemati- cal paradoxes in 1922 and in 1946--47 saying he was "going back to his first love". Among other factors this deep interest in mathematic and exact sciences unabled Koyr6 to analyze Galileo and Newton in his masterly way. Gewisse politische Umst/inde z w a n g e n A l e x a n d r e K o y r 6 (1892-1964) dazu, seine Universit/~t und seine H e i m a t RuBland im a k a d e m i s c h e n Jahr 1908--09 zu verlas- sen. N a c h G 6 t t i n g e n j e d o c h k a m er a u f g r u n d einer bewuBten, kulturell m o t i v i e r t e n E n t s c h e i d u n g , da er bereits E d m u n d Husserls (1859--1938) Logische Untersuchun- gen karmte. In G 6 t t i n g e n k o n n t e Koyr6 eine besonders fruchtbare und zugleich k o n - fliktreiche P e r i o d e miterleben. Bereits seit einigen Jahren hatten j u n g e P h i l o s o p h e n v o n d e r Universittit Mtinchen (die s o g e n a n n t e n B a y e r i s c h e n P h t i n o m e n o l o g e n ) - a n g e z o g e n d u r c h die Logischen Untersuchungen - sich u m H u s s e r l geschart u n d arbeiteten in GOttingen mit ihm z u s a m m e n . In den Jahren nach 1909 w a r e n es zwei tiberragende Pers6nlichkeiten, die sich ihm a u f g r u n d intellektueLler Wahlver- wandtschaft a n s c h l o s s e n : A d o l p h R e i n a c h (1883-1917) u n d - f i i r die D a u e r von zwei lw A u f e n t h a l t e n - Max Scheler (1874--1928) 1. Diese b e i d e n P r i v a t d o z e n t e n h a t t e n zwar kein ]us doctorandi, ich d e n k e aber, dab Koyr6 d e n n o c h alle drei als seine L e h r e r betrachtete.2 Wie Koyr6 schreibt, war far Scheler y o n e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g seine B e g e g n u n g mit Ich bedanke mich herzlich bei den Kollegen Sandro Barbera (Pisa), Andrea Cantini (Florenz), Ettore Casari (Florenz), Jeanne Peiffer (Paris) und Christiane Schultz (Bochum), die freund- licherweise meine Arbeit aufmerksam gelesen haben, bei Frau Dr. habil. Renate Tobies, die mit Kompetenz und Intelligenz die Redaktion besorgte. Ich danke auch Pros Samuel Ijsselmg, Direktor des Husserl-Archivs in Leuven, Dr. Diether Lohmar, Frau Dr. Ursula Panzer und Frau Christiane Reuter vom Husserl-Archiv in KOin. 208
  • 2. A l e x a n d r e Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'" FORSCHUNG - RESEARCH ,,Edmund Husserl, dem heute bertihmten, damals jedoch unbekannten Autor der Logischen Untersuchungen. Das Gesprtich mit E. Husserl hatte Max Scheler tiber seine eigenen Bestre- bungen aufgekl~irt, und die schonungslose Kritik, der E. Husserl den Pseudo-Idealismus der Neukantianer unterwarf- in welche~mer eine ,sch~indliche' Form des psychologischen Rela- tivismus erkannte - iaberzeugte ihn schlieglich. Die Philosophie hatte nicht im Ausgang von der gegebenen Wissenschaft ,Bedingungen ihrer M(Sglichkeit' zu ,rekonstruieren' und dabei letztere in der Struktur des menschlichen Geistes oder des Geistes schlechthin anzusiedeln. Die Philosophie hatte sich nicht zu fragen: Wie ist es m0glich, dab dieses oder jenes Ding ist? Die Philosophie mul3te sich radikal von jeglicher metaphysischer und wissenschaftlicher Vor- aussetzung (und die Wissenschaft enth~ilt,wie wit ja wissen, implizit eine Metaphysik), die bereits die Stellung ihrer Probleme selbst verfalscht, freimachen. Und last but not least durfte der Phi- losoph ,nichts als wahr behaupten, als was er mit Evidenz als solches wahrnahm', und keines- falls an die Stelle der Evidenz der intellektuellen Anschauung, der einzigen und hOchsten Rich- terin tiber Wahr und Falsch, die falschen Evidenzen der szientistischen und psychologistischen Vorurteile setzen. ''3 Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dab Alexandre Koyr6 ein ,,ph~inomenolo- gischer" Historiograph des philosophischen und wissenschaftlichen D e n k e n s war. Wie aber ist eine Geschichte der Philosophie und der Wissenschaften nach phfino- menologischer Methode zu verstehen? Bevor ich die Fragestellung genauer for- muliere, m6chte ich prgzisieren, dab ich mich mit ,,ph~inomenologisch" weder aus- schliel31ich auf Husserl beziehe, noch auf jene A r t hermeneutischer Geschichts- schreibung, die in letzter Zeit in Deutschland eine Blt~te erlebt - oder vielleicht grassiert - auch in Italien Widerhall findet. Ein Schiller Husserls und Historiker des Phenomenological Movement, Herbert Spiegelberg (1904--1990) [1960, S. 73], bezeich- nete seine eigene Methode als , K o m b i n a t i o n eines historischen und eines analyti- schen Ansatzes", jedoch hat seine intelligente, vollst~indige und ~iuBerst genaue Rekonstruktion nichts mit den sporadischen, aber erheUenden und grundlegenden Aufs~itzen von Koyr6 gemein.Weiterhin hat Spiegelberg Koyr6 mit George Santayana (1863-1952) verglichen. [Spiegelberg 1960, S. 138]. Wegen des g e m e i n s a m e n Inte- resses an der Geschichte der mathematisch-physikalischen Wissenschaften k6nnte man auch Hans Blumenberg (1920-1997) heranziehen. Dennoch scMint Koyr6 einen Fall far sich darzustellen. Malvine Husserl unterstrich in einem Brief, den sie als Sekret~irin und Sprach- rohr ihres Mannes an R o m a n Ingarden (1893-1970) schrieb, dab Koyr6 (der sich nach dem ersten Weltkrieg in Paris niedergelassen hatte und dort in A r m u t lebte) eine zweite Lebensentscheidung habe treffen mtissen, die ibm praktisch aufge- zwungen worden sei: ,,Um sich den Forderungen der Pariser Kreise anzupassen, hatte er sich mit der Rolle als Phi- losophiehistoriker begntigen mtissen. ''4 In den wohlorganisierten Verzweigungen der Schule Husserls im AnschluB an die G6ttinger Zeit dachten noch andere so wie die furchteinfl6Bende Frau Professor. Koyr6 selbst hatte in einem Brief v o m 10. D e z e m b e r 1953 anerkannt, ,,tiefgehend yon Husserl beeinfluBt worden zu sein", wobei er jedoch vorausschickend b e m e r k t hatte, dab dieser ,,nicht viel yon Geschichte weig". Koyr6 fi~hrt in demselben Brief fort und gesteht ein, yon Husserl folgendes gelernt zu haben: ,,den positiven Z u g a n g zu ihr <der Geschichte>, sein Interesse am Objektivismus des griechischen und mit- telalterlichen Denkens, am anschaulichen Gehalt scheinbar rein begrifflicher Dia- N.S. 7 (1999) 209
  • 3. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli lektik, an der geschichtlichen - und ideellen - Konstitution yon Systemen der Onto- logie. Ich habe von ihm den Platonischen Realismus, den er ablegte, den Anti-Psy- chologismus und den Anti-Relativismus geerbt". 5 Ein k~rzlich erschienenes B'uch [Peckhaus 1990] hat uns mit ,,Hilberts Bestre- ben" bekannt gemacht, ,,G6ttingen ,zu einer Zentralstelle fiir systematysche Philo- sophie', zum ,ersten Centralort far Philosophie in Deutschland' aufzuwerten". Wir wissen, wie das ,,G6ttinger Modell interdisziplin~irer Zusammenarbeit zwischen Mathematik und Philosophie" [S. 230 ft.] durch Felix Klein (1849-1925), David Hil- bert (1862-1943), Ernst Zermelo (1871-1953) und Leonard Nelson (1882-1927) ent- wickelt wurde, aber in diesem Zusammenhang erw~hnt der Autor den Fall Koyr6s nicht. Wir wissen heute, dank den ~iugerst akkuraten Studien von Karl Schuhmann 6, dab am Anfang der intellektuellen Laufbahn von Koyr~ ein Trauma stand. Koyr~ war schon als Student Emigrant und muB bereits vorher dramatische- vielleicht sogar heroische - Erfahrungen gemacht haben, die jedoch leider unzureichend dokumen- tiert sind und unklar bleiben, so wie tiber die gesamte Zeit Koyr6s vor seinem Stu- dium in GOttingen fast nichts bekannt ist. Es scheint, als w~iren die Sympathien die- ses russischen Gymnasiasten fiir die 1905 gescheiterten Revolution~ire in Form von Propaganda zum Ausdruck gekommen (doch in Roman Jakobsons (1896-1982) Zusammenfassung der - mir miindlich von Morris Halle mitgeteilten - Ereignisse ist von einem Attentat auf den Gouverneur die Rede). Jedenfalls war Koyr6 im Alter von ungefiihr ftinfzehn Jahren im zaristischen RuBland ins Gef~ngnis gekommen, doch wurde allem Anschein nach dieses Verh~ngnis fast zu einem Vergntigen, da er sich ganz der Lekttire der kurz zuvor (1900--1901) erschienenen Logischen Untersu- chungen Husserls widmen konnte. Ohne in unangebrachte Ironie verfallen zu wol- len, scheint es tats~ichlich so, als sei die Gefangenschaft der langwierigen und anspruchsvollen Lekttire dieses Werks f6rderlich gewesen. Auch ftlr Bertrand Rus- sell (1872-1970) wurde seine Gefangenschaft als Pazifist durch die gleiche Lektiire ertfiiglicher. Die Logischen Untersuchungen erfordern zweifellos Zeit und Konzen- tration, und von den beiden Gefangenen war der Russische offensichtlich mehr auf dem Laufenden als der Englische. Durch diese erste Lektfire der Logischen Unter- suchungen Husserls gelangte Koyr6 fast zwangsl~iufig zum Studium yon Husserls Phi- losophie der Arithmetik [vgl. Bemet, Kern and Marbach 1993, S.14] und vermutlich auch der grundlegenden, auBerst scharfen Rezension Gottlob Freges (1848-1925). In G6ttingen drang Koyr6 fief in die Gedankenwelt Husserls ein und beabsich- tigte, bei ihm zu promovieren. Obwohl Koyr6 ein allgemein gesch/~tzter Student war, muBte er erleben, dab die yon ibm im Hinblick auf eine Dissertation erarbeitete Schrift von seinem Lehrer abgelehnt wurde. Diesem Entwurf und den Begleitum- st~nden seiner Entstehung soll im folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Koyr6 geh6rte von WS 1908--09 bis 1912 und noch einmal im SS 1913 der Schule Husserls an: Husserl, der von 1901 his 1916 in G6ttingen lehrte [Schuhmann 1977], tibte in dieser Zeit einen bedeutenden EinfluB als Dozent aus und erlebte hier die wohl produktivsten Jahre seines wissenschaftlichen Lebens, obgleich er erst im Jahre 1913 das n/ichste Buch herausbrachte. Er widmete sich der gr0ndhchen Vorberei- tung seiner Vorlesungen und Vortr~ge, die auch dazu dienten, seine Ideen den Stu- dierenden gegeniiber zu tiberprtifen [Spiegelberg 1977, S. 124,119]. Allerdings kam in der G6ttinger Zeit die zweite Ausgabe der Logischen Untersuchungen zum 210
  • 4. Alexandre Koyr8im ,,Mekkader Mathematik" FORSCHUNG - RESEARCH AbschluB; und mit der Arbeit an den Ideen und der Herausgabe des Jahrbuchs fiir Philosophie und phdnomenologische Forschung wurde begonnen; ebenfalls in G6t- tingen entstand schlieglich 1910-11 der Aufsatz fiber ,Philosophie als strenge Wis- senschaft". Leider ist die yon Schuhrnann aufgefundene und sorgf~iltig analysierte Doku- mentation yon Koyr~s G6ttinger Zeit sehr sp~irlich. Demnach hat Koyr6 yon 1909 bis 1910 die groBe mathematische Schule frequentiert, zu der auch Klein7, Her- mann Minkowski (1864-1909), Constatin Carath6odory (1873-1909) und Zermelo geh6rtenS: Gewig hSrte Koyr6 mit groBer Aufmerksamkeit die Vorlesungen yon Hilbert und machte dazu eine Nachschrift (was hier jedoch nicht weiter untersucht werden soll). Nun behauptet Schuhmann, Koyr6 habe bereits vor seiner GOttinger Studienzeit in Paris bei Henri Poincar6 (1854-1912) studiert. Dartiber hinaus ver- mutet Schuhmann, dab Koyr6 schlieBlich von G6ttingen nach Paris wechselte, um bei Poincar6 zu promovieren. Richtig ist, dab Koyr6s polemischer Stil einiges Poin- cart verdankt; dessen Schriften kann er jedoch anderswo gelesen haben, und zudem war Poincar6 1909 Nr eine Woche in G6ttingen und hielt dort auch sechsVortr~ige. 9 Schuhmann vertritt die Auffassung, dab Alexandre Koyr6 kurz vor der G6ttinger Zeit, also sofort nach dem erw~hnten mysteri6sen politischen Vorfall, nach Paris gegangen sei, um dort mathematische Studien zu betreiben. Schon bald jedoch habe er eine unerwartete Neigung gezeigt, sich for das weniger mond~ne, aber intellek- tuell anregendere Leben in G6ttingen zu entscheiden. Schuhmann Iragt sich nach den Grianden, die eine so rigorose Entscheidung herbeigefOhrt haben k6nnten.10 Die Unterlagen, die ich beztiglich Koyr6s Pariser Laufbahn einsehen konnte, berech- tigen jedoch zu der Behauptung, dab er erst 1912 als Student nach Paris kam und sich noch einmal yon dort entfernte, um ftir das Sommersemester 1913 nach G6t- tingen zuriickzukehren31 Dies schlieBt allerdings nicht die MOglichkeit weiterer Paris-Besuche aus, da Koyr6 yon seiner reichen Familie untersttitzt wurde, und dort sein Vetter Georges Lebedinsky lebte, einer der Begrtmder der plastischen Chir- urgie und Stomatologie. Es Nhrt jedoch nicht weiter, auf der Frage zu insistieren, aus welchem AnlaB Koyr6 sich in der einen oder in der anderen Stadt aufhielt, bzw. ob er der Philoso- phie oder der Mathematik den Vorzug gab. Bekanntlich hat Husserl ,,wie auch seine Zeitgenossen Gottlob Frege und Bertrand Russell seine akademische Laufbahn als Mathematiker begonnen. ''12 Weiterhin ist darauf verwiesen worden, wie,, Hei- degger yon den allerersten Anf~ingen seiner Karriere an - und zwar in der ersten Ver6ffentlichung yon 1912 - unter Beweis stellte, dab er mit den neuen Forschun- gen yon Frege, Husserl, Russell und Whitehead auf dem Gebiete der Logik gut ver- traut war. ''13 So sehr war die Philosophie der Mathematik ein zentrales Thema in den philosophischen Debatten der Jahrzehnte vor 1914. In GOttingen studierte Koyr6 - auBer bei den Mathematikern - sofort auch bei Husserl und bei Adolph Reinach, einem Ph~nomenologen, dessen Kurse damals yon den Studenten eifrig besucht wurden. Es wurde yon mehreren Seiten hervor- gehoben, dab Reinach eine Vermittlerrolle zwischen den Studenten und Husserl einnahm; 1'4 Schuhmann 15 und Jorland [Jorland 1994, S. 105-126] haben zu Recht Reinach daftir verantwortlich gemacht, dab Koyr6 ein Thema ftir seine Doktorar- beit vorgeschlagen wurde, welches die alte Wunde wieder aufriB, die Husserl durch Freges Besprechung seiner Philosophie der Arithmetik zugefagt worden war. ~rM N.s. 7 (I~o) 211
  • 5. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli Reinach war ursprtinglich Husserls wegen - allerdings wegen der Logischen Unter- suchungen des frtihen Husserl - nach G6ttingen gekommen, und schon bald stellte er durch seine Lehrt/itigkeit eine Art Gegenpol zu seinem Lehrer dar, der mit den Ideen gerade die Wende seines t)enkens zum transzendentalen Idealismus vollzog. So diskutierte Reinach mit seinen Studenten nicht so sehr das jtingste Werk Hus- serls, sondern seine Logischen Untersuchungen (wer weig, ob Husserl diese Vor- liebe, die sp~ter auch Heidegger auf die gleiche Weise zum Ausdruck brachte, sehr zu sch~itzen vermochte...). In G6ttingen hielt auch Max Scheler in den Jahren 1910-11 und 1911-12 Pri- vatvortr/ige (er hatte seine venia docendi, die er erst 1918 nach dem Sturz des Kai- serreichs zurtickerhalten sollte, aufgrund von privaten Skandalen und insbesondere wegen des Konfliktes mit anderen Mtinchner Akademikern verloren). Dort arbei- tete er Erkenntnis und Arbeit aus, insbesondere aber sein Hauptwerk Der Forma- lismus der Ethik und die materiale Wertethik, das dann sp~iter in Husserls Jahrbuch erschien. Koyr6 erhielt Zugang zu allen, sogar zu den exklusivsten philosophischen Kreisen G6ttingens, und zwar zu Schelers Seminarien.16 Was hier hervorzuheben ist, sind die frtihen Themen von Koyr6s wissenschaftlicher T~itigkeit und die beson- deren Umst~inde ihrer Ver6ffentlichung. Die erste gedruckte Arbeit von Koyr6, ein kurzer Aufsatz tiber die Principles of Mathematics (der immerhin von Bertrand Rus- sell einer Antwort gewtirdigt wurde), erschien in Paris: Diese kleine Schrift k6nnte die von Schuhmann aufgestellte Hypothese von einer anf/inglichen mathematischen Berufung Koyr6s, die dann in Paris zur Reife gelangte, st~rken [Koyr6 1912, S. 722-724]. Schuhmann verweist hingegen auf die unver6ffentlichten Schriften, die im Winter 1911-1912 in G6ttingen abgefaBt und diskutiert worden sind, und die dann aber in der Schublade verschwanden. Gegen Schuhmanns These vom strikt mathematischen Charakter des Studienganges Koyr6s ist zu bemerken, dab dieser den genannten Entwurf in der Philosophischen Gesellschaft vortrug. H~tte Koyr6 eine Karriere als Mathematiker angestrebt, so w~ire er damit an die G6ttinger Mathe- matische Gesellschaft herangetreten, welche die Namen ihrer Mitglieder und die Themen ihrer Vortr~ge in den Jahresberichten der Deutschen Mathematiker-Verei- nigung festhielt, wo Koyr6 fehlt. Husserl selbst hatte das Problem der Paradoxien in einem nur in Manuskript- form vorliegenden Vortrag behandelt,17 under wird Hans Lipps (1889-1941), einem Studenten, der nicht viel sp~iter als Koyr6 zum Studium mit Husserl kam, eine Dis- sertation zum selben Thema geben [H. Lipps 1923]. Nach Lipps geht das Interesse ftir dieses Thema auf die Diskussion zwischen den Phanomenologen und dem Mathematiker Ernst Zermelo zurtick. 18 Gerade die Polemiken von Poincar6, Ri- chard, Russell, Zermelo und anderen [Heinzmann 1986], deren Echo in Koyr6s Dok- torarbeit vernehmbar ist, ,,erweckten ein erneutes Interesse" - wie W. C. Kneale und M. Kneale hervorheben - ,,far logische Paradoxien jeder Art. ''19 ,,Parallel und unabh/ingig von Russell haben sich aber auch die G6ttinger Mathematiker um Hil- bert mit den Problemen der transfmiten Mengenlehre besch/iftigt und offenbar eben- falls Widerspriiche abgeleitet."[Peckhaus 1990, S.48] Eben dieses Interesse kommt in den Vortr~gen zum Ausdruck, die Koyr6 w~ihrend der Sitzungen der ,,Philosophischen Gesellschaft" hielt. Doch unabh/in- gig von diesen Vortr/igen legte Koyr6 sie Husserl im Hinblick auf eine Doktorar- beit vor. 212
  • 6. Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik" FORSCHUNG - RESEARCH K o y r 6 stellte das P r o g r a m m s e i n e r D i s s e r t a t i o n 20 in d e n Z u s a m m e n h a n g m i t d e r y o n s e i n e m D o k t o r v a t e r s o w o h l in m t i n d l i c h e r als auch in g e d r u c k t e r F o r m g e f a h r - t e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit d e r z.eitgen6ssischen L o g i s t i k : ,,Wir begntlgen uns mit dem allernotwendigsten und werden n u r - im Anschluss an das Logik- Colleg von Prof. Husserl - an einigen Stellen manche bei Russell und Frege noch gebliebene Unklarheiten zu beseitigen suchen." 2t E r v e r z i c h t e t e j e d o c h nicht darauf, ,,mit Dr. R e i n a c h zu s p r e c h e n ''22 u n d s e i n e n eige- hen, s o e b e n e r s c h i e n e n e n A r t i k e l tiber R u s s e l l zu z i t i e r e n : ,,Noch eine Bemerkung: in einer bereits erw~ihnten Notiz habe ich auf gewisse dem Logicis- mus von Russell und Frege immanenten Schwierigkeiten aufmerksam gemacht - j e t z t kann ich sie genauer formulieren: der Logicismus ist notwendigerweise unsinnig." D a s T h e m a d e r P a r a d o x i e n ,,geh6rt zu d e n b e r f i h m t e s t e n P r o b l e m e n d e r m o d e r - n e n L o g i k " : K e i n a n d e r e s P r o b l e m h a t so viel A u f m e r k s a m k e i t , b e s o n d e r s in d e n K r e i s e n d e r L o g i k e r u n d d e r M a t h e m a t i k e r erregt. E r gibt zu, d a b d i e s e P r o b l e m a t i k ,,noch keine einwandfreie L6sung gefunden <hat>- obwohl wieder manche Forscher nament- lich Poincar~ und B. Russell ganz nahe daran waren." 23 K o y r 6 ist sich d e r F o l g e n d e r P a r a d o x i e n d e r M e n g e n l e h r e f a r die G r u n d l e g u n g d e r M a t h e m a t i k u n d d e r L o g i k bewuBt: ,,Die Antinomien scheinen allen logischen Gesetzen zu trotzen und in der Tat sind logische Gesetze auf sie nicht anwendbar, auch hier haben wires mit unsinnigen Complexen zu tun. Nur ist es hier nicht so offensichtlich, und vielleicht ist es nicht so leicht die characteristische Eigenttimlichkeit dieser Antinomien zu erkennen, well manche yon ihnen doppelt paradox sind und zwar gerade diejenigen welche ftir die Mengenlehre von Wichtigkeit sind und die infol- gedessen von den Mathematikern fast ausschliesslich behandelt worden sin& Diejenige<n> dagegen, welche diese Eigentfimlichkeit <am> deutlichsten zeigen - ich habe vor allem die Menge aller Gegenst/~nde im Auge - wurden als mathematisch uninteressant ausser Acht gems- sen und den Logikern iiberwiesen." D u r c h die P a r a d o x i e n w i r d die L o g i k in e i n e K r i s e g e b r a c h t : ,Wenn sich in unserem Falle Widersprtiche ergeben - ich wiederhole unter Befolgung der logi- schen Schlussgesetze - so liegt es an der Logik selbst, sie ist dann selbst widerspruchsvoll. Und wenn die Logik, dieser PrOfstein jeder Wissenschaftlichkeit, diejenige Disciplin welche die Gesetze tier MOglichkeit des Geltens, der Wahrheit tiberhaupt aufstellt- wenn sie selbst wider- spruchsvoll ist, dannist tiberhaupt keine Wahrheit m6glich, dann sind wir zu dem ~rgsten Scep- ticismus gedr~ngt." K o y r 6 kntipft h i e r an die P o l e m i k an, die zwischen , , M a t h e m a t i k e r n " ( Z e r m e l o , P e a n o , R u s s e l l ) u n d , , P h i l o s o p h e n " ( a n e r s t e r Stelle P o i n c a r 6 ) a u f g e k o m m e n war. W i e so of, iibt er h a r t e K r i t i k an Z e r m e l o : ..... die Mannigfaltigkeitslehre, so wie [sie] von Cantor aufgebaut ist, ist durchaus wider- spruchsfrei und.., die Zermeloschen Axiome fttr den Aufbau derselben g~inzlich~berflfissig.... " DaB heiBt j e d o c h nicht, d a b K o y r 6 n i c h t schiitzte, was die M e n g e n l e h r e G e o r g C a n - tors (1845-1918) f a r die L o g i k g e l e i s t e t hatte. N.S. 7 ( 1 ~ ) 213
  • 7. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli ,,Erst in unserer Zeit, nachdem die formale Logik eine fOrmliche Auferstehung aus dem Grabe erlebt hat, nachdem die traditioneUe Logik eine ungeheure Entwicklungsf/ihigkeit gezeigt24 und rich in den H~inden der Mathematiker zu einer grossartigen Disciplin entwickelt hat, wo in den Arbeiten Georg Cantors einerseits, der italienischen und englischen Schulen (Peano und Russell) andererseits, der Gedanke Leibnizens von einer Mathesis universalis zu seiner Verwirklichung schritt, erst jetzt hat man den Sinn und das Interesse ftir rein logische Fragen wiedergewonnen." D i e s e m e h r f a c h h e r v o r g e h o b e n e F o r m u l i e r u n g v o n L e i b n i z b e z i e h t sich a u f H u s - serls Logische Untersuchungen u n d a u f s e i n e n A u f s a t z , , P h i l o s o p h i e als s t r e n g e Wis- s e n s c h a f t . " [Vgl. auch H u s s e r l 1987, S. 13]. K o y r 6 s i e h t in d e r T h e o r i e d e r M e n g e n - l e h r e z w a r e i n e groBe E r r u n g e n s c h a f t , teilt a b e r n i c h t m e h r d i e n e u e s t e n E n t w i c k - lungen, d e n e n er die H u s s e r l s c h e ,,formelle O n t o l o g i e " entgegenh~ilt, d a ,,eine der schOnsten Errungenschaften der modernen Mathematik, die allgemeine Mannigfal- tigkeitslehre, die geniale Sch6pfung Georg Cantors, von diesen Paradoxien in ihrer Existenz bedroht wurde. Aber allmfihlich bemerkte man, dass dieses Problem keine Privatfrage tier Mathematiker, dass seine Tragweite eine viel grOssere ist, dass es sich hier um ein rein logi- sches Problem handelt." E r n e u t b e z i e h t er sich a u f die H u s s e r l s c h e O n t o l o g i e : ,,Hier m6chte ich nochmals betonen, dass diese Leere <ein variabler, leerer Terminus> nur in einem ganz bestimmten Sinne zu verstehen ist. Es ist kein Nichts, und hat tibrigens so viel Inhalt, dass sich mit seiner Entwicklung eine ganze Wissenschaft (formeUe Ontologie) besch~iftigt." E r k o m m t zu d e r F e s t s t e l l u n g , ,,dass, gesetzt Zermelo kOnnte die Widerspruchslosigkeit seines Systems auch beweisen - die Mengenlehre, auf diese kiinstliche Weise aufgebaut principiell nicht das wMe was G. Cantor vorschwebte: Sie kOnnte nicht die allgemeine Mannigfaltigkeitslehre, k6nnte nicht formeUe Ontologie~ Gegenst~ck der Iormellen Logik, Mathesis Universalis sein. Und <das> seheint mir der entscheidende Punct zu sein. Die Cantorsche Mengenlehre ist, die Zermelosche kann nicht Grundlage der Mathematik sein, nattirlich wenn Mathematik nicht bloss eine mtlssige Spielerei sein soil, sondern eine der Logik wesensverwandte analytische Wissenschaft. Darum wollte auch B. Russell die Mengenlehre als einen Teil der Logik betraehten, darum auch die logisehe Classe und die Menge zu identificieren versuch<en> - das letztere wie mir scheint mit vollem Recht." D e r S t u d e n t K o y r 6 w o l l t e o f f e n s i c h t l i c h a u f sein L e s e p e n s u m a u f m e r k s a m m a c h e n . S o e r i n n e r t er a n J a k o b F r i e d r i c h F r i e s (1773-1843), d e n er ,,einen L o g i k e r y o r e R a n g e " n e n n t , an R u d o l p h H e r m a n n L o t z e (1817-1881) u n d an B e r n h a r d B o l z a n o (1781-1848).26 .Zum mindesten beschr~inken wir uns auf existierende, reale Gegenst~indliehkeiten, um mit Bolzano zu sprechen." E r v e r g h c h B o l z a n o m i t Z e r m e l o u n d R i c h a r d D e d e k i n d (1831-1916) beztiglich d e r F r a g e d e r ,,Existenz u n e n d l i c h e r M e n g e n " : ,,Alle diese Axiomata <Zermelos> sprengen offene Ttiren - mit Ausnahme des VI, das etwas verbieten soil, was ohnehin nicht m0glich ist. Das Axiom VII, yon der Existenz unendlicher Mengen, brauchen wit auch nicht zum Axiom zu erheben. Freilich ist der Dedekindsche Beweis 214
  • 8. Alexandre Koyr~ im ,,Mekka der Mathematik" FORSCHUNG - RESEARCH nicht stichhaltig 27- aber schon Bolzano hat einen besseren gegeben. Man darf sich dabei nicht auf die Menge atler Wahrheiten an sich stiitzen, wie er es rut - diese ,Menge' existiert ja eben- sowenig wie P, aber in der Reihe der zu jeder Wahrheit an sich, d. h. zu jedem wahren Satze zugeh6rigen Satze, die seine Wahrhelt behaupten, haben wir ein Beispiel einer solchen Menge". Sein I n t e r e s s e a n der Psychologie d e h n t e er a u f H e n r i B e r g s o n (1859-1941) aus, d e m er ein R e f e r a t in der ,,Philosophischen G e s e l l s c h a f t " w i d m e t e : ,,Bei dieser Auffassung muss man wohl Bedenken tragen, die arithmetischen S~tze auf das Psy- chische zu tibertragen, j a consequenter Weise auch auf die physische Welt. Ein Geftihl und ein Gefahl in meiner Seele sind nicht zwei Gefilhle, sondern etwas anderes, drittes, neues - daher die Stellung von Bergson. E r verglich Lotze mit Husserl: ,,Es gibt noch einen anderen sehr wichtigen Unterschied - den alten Unterschied der reinen, formellen und materiellen Begriffe, der immer wieder unter den verschiedensten Namen zu verschiedensten Zwecken in der Geschichte der Philosophie auftaucht. Besonders nachdrticklich bei Lotze, der diese letzten, obersten Begriffe, wie Etwas, Einheit,Vielheit iaberhaupt nicht mehr Begriffe nennen wollte. In unserer Zeit hat Husserl diesen Unterschied stark betont, und auch die mathematischen Logiker haben viel Mtlhe darauf verwendet um die reinen, for den Auf- bau der Logik selbst notwendigen also im h6chsten Sinne rationelle, apriorische Begriffe her- auszuarbeiten." E r zeigte, d a b er zwischen i h r e n P o s i t i o n e n u n d d e m S t a n d t p u n k t v o n Frege e i n e n Z u s a m m e n h a n g herzustellen vermochte: ,,Der Begriff der propositionalen Function28 ist seit Freges und Russells Arbeiten so bekannt geworden und hat sich in der modemen Logik so lest eingebilrgert... Eine Function, so k6n- hen wir kurz sagen ist eine blosse Satzform; eine Satzform die gewisse Momente nur ihrer Form (propositionalen) nach bestimmt, was die Materie anbetrifft v611igunbestimmt l~sst. Bolzano, Frege, Russell fOhren aUe den Functionsbegriffin genau derselben Weise ein." I m Fall v o n H u s s e r l bezog er sich auf die Logischen Untersuchungen (Bd. II: , , R e i n e G r a m m a t i k " ) u n d auf sein L o g i k - K o l l e g 1910-11. 29 ,,Wir gebrauchen durchweg das Wort Unsinn in der Bedeutung, die es bei Husserl erhalten hat, d. h. eines Bedeutungscomplexes der keine complexe Bedeutung ist." V o n R u s s e l l zitierte er die T h e o r i e d e r logischen T y p e n (,,die h6chst b e d e u t u n g s - volle, so schaffsinnig e n t w i c k e l t < e > - j e d o c h nicht einsichtig begriandete - T h e o r i e d e r logischen T y p e n <l/iBt> sich aus u n s e r e n U n t e r s u c h u n g e n o h n e weiteres ablei- t e n " ) u n d diskutiert, ebenfalls in e i n e m Anhang,30 d e s s e n ,,Frage d e r pr/idicativen und nichtpr~dicativen Definition." E r schrieb: ,,Fall der eingliedrigen Relation, und es ist gar nicht abzusehen warum wir nicht beliebig viel andere linden k6nnten. Die hier vorgetragene Ansicht wurde von Bertrand Russell gerade im Hinblick auf die Identit~it begrtindet und vertreten. Er hat auch andere Beispiele angegeben - so z. B. spricht er yon dem self-mademan, der offenbar in einer Relation zu sich selbst steht. Ich glaube Herr Russell hat es nur diesem Umstande zu verdanken, dass ihm die L6sung des Problems durchaus nicht gelingen wollte. ''31 n.s. 7 (~999) 215
  • 9. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli Koyr6 beabsichtigte nicht, die Geschichte dieser Theorien zu rekonstruieren: ,,Ich brauche wohl nicht zu erzahlen wie man auf die Antinomien gekommen war, wie man sie zu beseitigen suchte und wie dann'schliesslich Zermelo den Versuch machte, die Mengenlehre auf einer ganz neuen Grundlage aufzubauen.'" E r bediente sich jedoch zur rhetorischen Er6ffnung und zum AbschluB seiner l)-ber- legungen des einen oder anderen historischen Verweises: In der Einleitung erw/ihnte er nicht nur die lsolubilia der Scholastiker, sondern auch die Paradoxien von Antisthe- nes und seiner Schule, jene Obungen und Wortspiele, die den griechischen Sophi- sten so gefielen. ,,Welch eine Freude die gebildeten Athener der Aufkl/irungszeit an diesen mehr oder minder witzigen Wortspielen gehabt batten." Was die lnsolubilia betrifft, war der Verweis auf die Sp/itscholastik unvermeidlich. ,,Wie gesagt, haben die scholastischen Logiker die Bedeutung des Problems wohl erkannt, jedoch ist es ihnen nicht gelungen eine klare Theorie der Paradoxien zu geben, obwohl man- the yon ihnen namentlich Girolamo Savonarola und Wilhelm Occam ganz nahe daran gewe- sen waren." In seinen AbschluBbemerkungen bezieht sich Koyr6 auf Savonarola, ein unge- w6hnliches Beispiel aus der Geschichte der Logik, das bereits in Bolzanos Wissen- schaftslehre erw/ihnt (und von Urbach zitiert) worden war. 32 ,,Ich m6chte zum Schluss noch darauf hinweisen, dass eine g/inzlich analoge LOsung bei Giro- lamo Savonarola zu finden ist. Nur ist die Begrtlndung die der Frate gibt etwas zu leicht tibrigens g~inzlich verkehrt. Er sagt: ,Insolubilia non possunt verum aut falsum esse - ergo non sunt propositiones.' Nein, umgekehrt: ,Insolubilia non sunt propositiones, ergo non possunt verum aut falsum esse'!" Koyr6 wird b e m a h t sein, diese T h e m a t i k nicht aus den Augen zu verlieren: Z u zwei verschiedenen Z e i t p u n k t e n nach den zwei Weltkriegen wird er sie wieder aufneh- men. 33A n dieser SteUe ist jedoch eine Unterscheidung notwendig: Z u Unrecht behan- delt Jorland den Artikel tiber die Zenonischen Paradoxien aus dem Jab_re 1922 so, als handle es sich um die Dissertation von 1912 [Jorland 1994]. In Wahrheit weicht er aber in Bezug auf Form und In.halt deutlich von ihr ab. In den Jahren unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg erhielt die Auseinan- dersetzung um die Paradoxien neue Impulse. Koyr6 hatte vor dem Krieg, als Direk- tor der Zeitschrift Recherches philosophiques, einen Aufsatz yon Paul L6vy (1886-1971) tiber Paradoxien verOffentlicht [IAvy 1936-37]. Insbesondere hatte aber Chaim P e r e l m a n n beim Congr~s Descartes ,,Les Paradoxes de la logique" abge- handelt und damit die D e b a t t e zwischen Philosophen neu entfacht [Perelmann 1936; vgl. Perelmann 1937]. Koyr6 hatte schon vor seinem Exil dafar Sorge getragen, auf d e m laufenden zu bleiben, und eine Reihe von Notizen und Exzerpten niederge- schrieben, 34 die dann in seinem Epim~nide Verwendung finden sollten. Diese 1940-1942 abgefaBte Arbeit, 35 die in gegeniiber der englischen Fassung in Philoso- phy and Phenomenological Research leicht ver/knderter F o r m erschien, erhielt aus- nahmlos negative Besprechungen. Dies war allerdings absehbar, da sein A u t o r wei- 216
  • 10. Alexandre Koyr6im ,,Mekkader Mathematik" FORSCHUNG - RESEARCH terhin die formale Logik als unntitz angriff, auch wenn das B~ndchen von 1947 nicht nur einen neuen Stand bezfiglich der sp~ter..en Entwicklungen dieser Problematik darstellt, sondern auch eine entsprechende Uberarbeitung aufweist, die notwendig geworden war, da Koyr6 seine Manuskripte nicht mit ins amerikanische Exil neh- men konnte. 36 Aus psychologischer Sicht 1/i13tdieser Rfickgriff auf Reflexionen seiner Studen- tenzeit vermuten, daB er das Bed~irfnis hatte, sich eine gewisse Genugtuung zu ver- schaffen. Die Anregung zu den 1922 ver6ffentlichten Bemerkungen zu den Zenonischen Paradoxen ging von einer Fragestellung aus, die Adolph Reinach sehr am Herzen lag. 37 Der im erstenWeltkrieg gefallene Privatdozent konnte weder diese noch zahl- reiche andere Arbeiten zu Ende ftihren. Koyr6 machte daraus seinen zweiten Arti- kel, den er dem Ged~ichtnis an Reinach widmete und der von Husserl in seinem Jahr- buch ver6ffentlichte wurde. Dabei handelte es sich fast um einen Vers6hnungsritus, denn die Jugendschrift von Koyr6 aus den G6ttinger Jahren war von Husserl als Grundlage ftir eine Doktorarbeit abgelehnt worden, und ihre l~lberarbeitung und Ver6ffentlichung erwies sich als mtihevoll und zog sich sehr lange hin: Zehn bzw. dreil3ig Jahre vergingen, bevor seine Arbeiten endlich in Organen der ph~nomeno- logischen Schule erschienen. Im M~irz 1912 hatten sich die Freunde des G6ttinger engeren Kreises versam- melt, um mit groBem Bedauern fiber Husserls unerwartete Ablehnung der Dok- torarbeit zu beraten, an der sowohl nach Meinung Reinachs als auch Theodor Con- rads (1881-1969)38 nun nichts mehr zu ~indern war. So kehrte Koyr6 vor dem ersten Weltkrieg nach Paris zurfick, wo er sich nicht mehr mit der Philosophie der Mathe- matik, sondern mit Religionsgeschichte besch~iftigte: Zwischen der Mengenlehre (bzw. dem ,,Epimenides"), und den Themen, die fOr den Koyr6 der ,,Cinqui~me sec- tion de l'l~cole Pratique des Hautes t~tudes" (ontologischer Beweis, Sebastian Franck, Paracelsus, Boehme, ecc.) so charakteristisch sein sollten, liegt ein groBer Sprung. Es ist deshalb iaberraschend, wie Schuhmann seine Chronik der biographischen Beziehungen zwischen Husserl und Koyr6 beendet: 0lane den geringsten Kommentar verweist er darauf, dab Husserl, der mit grol3en Ehren in das Amphithe~tre der Sor- bonne eingeladen worden war und dort im Frtihjahr 1929 seine Pariser Vortr~ige um seine Cartesianischen Meditationen hieh, nicht nur Koyr6 zusammen mit Gilson erw~ihnte, wegen ihrer ,,sch6nen und tiefgreifenden Untersuchungen" zu Descar- tes, sondern ,,auch bei Koyr6s soutenance de la th6se d'6tat tiber Boehme" (das Thema war dem Gedankenkreis von Husserl v611ig ffemd) ,,anwesend sein konnte, die ein wahrer Triumph seines ehemaligen Schtilers war" und infolgedessen auch "sein eigener Triumph. ''39Vielleicht blieb Schuhmann zu Recht so gleichmfitig, wenn man bedenkt, dab das Universit~itsleben seit jeher derartige Traumata und Trium- phe mit sich bringt... Vor dem Hintergrund der unglficklichen Ereignisse im akademischen Leben des Studenten Koyr6 ist es vielleicht angebracht, auf das unglfickliche Ereignis zurfick- zukommen, das seinem Lehrer selbst im Jahr 1891 anl~iBlichseiner Philosophie der Arithmetik widerfahren war. Das Werk mit dem bezeichnenden Untertitel Psycho- logische und logische Untersuchungen war eine Umarbeitung der Husserlschen Habi- litationsschrifl.40 Es erhielt jedoch eine vernichtende Kritik in einer Rezension von Gottlob Frege, einem um gut zehn Jahre ~ilteren Gelehrten, den Husserl oft in sei- N.S. 7 (1999) 217
  • 11. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli nero Werk zitierte und mit dem er sich beharrlich auseinandergesetzt hatte. 41Viel- leicht hatte auch Husserl diese Erfahrung nicht gut verkraftet, denn in seinen zahl- reichen Kursen, die er in den Jahren 1901-18 der Logik widmete, kam seine Absicht zum Ausdruck, mit der formalen Logik und den ,,Mathematikern" abzurechnen. 42 Durch diese Kurse kommt es zu einer ebenIalls sehr langsam voranschreitenden Aus- arbeitung seines Buches Formale und transzendentale Logik (1929). Als Koyr6- gut vorbereitet durch die aufmerksame Lekt/are der Logischen Unter- suchungen - in G6ttingen ankam, befand sich Husserl mitten in der Arbeit an der formalen Logik und der Mathematik nach Georg Cantor. Wom6glich kannte der junge Exilant zun~ichst die Rezension Freges noch nicht, doch ist es schwer vor- stellbar, dab er auf lange Sicht keine Kenntnis davon erhalten haben soil. Aufjeden Fall berief er sich auf die Philosophie der Arithmetik. Frege hatte in diesem Werk nicht nur an der psychologistischen Logik Kritik geUbt, an die Husserl - unter dem Einflul3 von Brentano - noch gebunden war, 43 sondern auch an der empiristischen (aristotelischen) Auffassung vom Bewul3tseinsprozel3 und yon der Bildung abstrak- ter Begriffe (Anzahl, Vielheit, geometrische Verh~ltnisse). Der ehrerbietige Brief Husserls an den Rezensenten und auch der Text seiner Logischen Untersuchungen belegen, wie der junge Autor mit Freges Kritik fertig wurde; Husserl zehrte sogar noch lange yon der Lektion, die ibm Frege erteilt hatte, bis hin zu seiner brillanten Kritik an der psychologistischen Logik, die er in seinen Logischen Untersuchungen entwickelte. Dieses Werk repr~isentiert einen Moment gr6/3ter Ausgewogenheit und entsprechender Distanz zu seinem jugendlichen Psychologismus und zu den Idea- lismus, den ihm die GOttinger Schtiler in Bezug auf die Ideen und die nachfolgen- den Werke vorwaffen. Nach der heilsamen Rezension hatte Husserl seine Stern- stunde: Nach Freges Meinung hatte sich in dem fehlenden ,,Unterschied zwischen VorsteUung und Begriff, zwischen Vorstellen und Denken," wonach ,,alles ins Sub- jektive herilbergespielt wird, ''44 ,hier ein Zwiespalt zwischen den psychologischen Logikern und den Mathematikern" offenbart. ,Jenen kommt es auf den Sinn der Worte an und auf die Vorstellungen, die sie yon dem Sinne nicht unterscheiden, die- sen dagegen auf die Sache selbst, auf die Bedeutung der Worte" [Frege 1894, S. 425]. Wie aUgemein bekannt, schreibt Husserl das Motto: ,,Zu den Sachen selbst! ''45 Eine wohlbekannte Interpretation des Denkens Edmund Husserls lautet ver- einfacht ausgedrflckt so: Ein unter dem Einflug von Brentano und Stumpf geschrie- benes, psychologistisch beg~ndetes Werk, die Philosophie der Arithmetik (1891), wurde abgelehnt, 46 haupts~chlich wegen des von Frege erhobenen starken Einwands gegen dieses Buch. Darauf folgte eine antipsychologistische und realistische Philo- sophie in den Logischen Untersuchungen (1900-1901), die auf den Kreis der Mtinch- ner Philosophen Einflul3 aus/abte, der sich damals um Husserl in G6ttingen sam- melte. Dieser Interpretation zufolge wiesen die Logischen Untersuchungen bereits einen Ansatz zur Analyse des BewuBtseins auf und setzten eine Auffassung der Ph~- nomenologie als eine Psychologie voraus, deren Aufgabe es ist, die wesentlichen Strukturen des Geisteslebens zu beschreiben [Mohanty 1995, S. 45]; vgl. [Mohanty 1982]. Einige fassen den Forschungsstand in dieser Weise zusammen, w~hrend andere Wissenschaftler [Casari 1991] heute die zentrale These nicht mehr teilen, wonach der gr6t3te Einflul3, der Nr den 13bergang Husserls vom Psychologismus zur Ph~i- nomenologie verantwortlich ist, auf die Kritik Freges zurtickzuftihren ist: Nach J. N. Mohanty, ,,war es nicht der EinfluB Freges, der Husserl zur vollst~indigen Abwen- 218
  • 12. A l e x a n d r e Koyr~ im ,,Mekka der M a t h e m a t i k " FORSCHUNG - RESEARCH dung vom Psychologismus brachte, sondern vielmehr die Wandlung seiner Philo- sophie der Mathematik in Verbindung mit dem EinfluB yon Leibniz, Bolzano und Lotze. ''47 ,,Der EinfluB von Frege. auf die Entwicklung von Husserls Denkens war, im Gegensatz zu dem was gew6hnlich behauptet wird, weniger bedeutend als der von Lotze, Bolzano und Twardowski. Es war die Einwirkung aller drei Denker zusam- men, die Husserl in die Richtung des Platonismus brachte."~ Der Student Koyr~ nahm an Husserls Logik-Kurs (WS 1910-11) teit und machte dazu eine Nachschrift. Zweifellos lassen sich die unver6ffentlichten Schriften auf den gesamten, stark auf die analytische Mathematik und auf die ,,Aufgabe einer logi- schen Theorie des Denkens" konzentrierten Kurs zurOckftihren, und nicht einfach nur auf das Manuskript A 1 35 im Husserl-Archiv, 49 das u.a. einen vielleicht in der ,,Philosophischen Gesellschaft" gehaltenen Vortrag enth~lt. Das Manuskript umfaBt in Wirklichkeit weitere Notizen und schliel3t mit denen ab, die einem gerade erschie- nenen Artikel von Russell entnommen sind. 50 In diesem Zusammenhang er6rtert Husserl auch die Paradoxien. Hier findet eine Diskussion mit Koyr6 Erw~hnung: ,,Nach dem Gespr~che mit Koyr6 scheint es mir aber doch, dass auch ein weiter brauchbarer Begriff von Menge m6glich und ftlr den Mathematiker zu Anfang n6tig ist. Es scheint, dass Koyr6s Begriff darauf hinauskommt, dass ein Klassenbegriff als Gesamtheit der A tiberall berechtigt ist, wo das partikul~ire Urteil, es gibt ein A (wo ein ein positiv Begriff ist), wahr ist. Etwas, das nicht A ist das gibt keinen berechtigten Begriff, da mit der Negation ,Paradox-Men- gen' hineinkommen, die auf sich selbst bezogen w/aren.Doch muss das noch tlberlegt werden. ''51 In seinem Entwurf, der seinem Professor im Hinblick auf eine Doktorarbeit vor- gelegt worden war, muBte Koyr6 an alte Wunden rtihren. In den Jahren, die Koyr6 in G6ttingen verbrachte, lebte Frege noch. Gershom Scholem, der zu seinen Schtilern in Jena z~ihlte, schreibt: ,,Frege war sicher der weitaus bedeutendeste Kopf der Philosophischen Fakult~it, ein Mann, der noch heute weltberiihmt ist. In Jena war er ein fast nur geduldetes, kaum yon irgend jeman- dem ernstgenommes Anh~ngsel. Er war schon ein hoher Sechziger, aber i~h glaube, noch nicht einmal Ordinarius~"[Scholem 1977,S.125]. Sein Schatten sollte auch auf GOttingen, das ,,Mekka der Mathematik," fallen. [Scho- lem 1977, 147]. Frege hatte in seiner Besprechung ,,bemerkt, dab <Husserl> meine Unterscheidung zwischen Merkmalen und Eigenschaften nicht begriffen hat:Woril- ber man sich nicht zu wundern braucht, wenn man seine logisch-psychologistische Auffassung sieht." [Frege 1894]. Die Geschichte sollte sich wiederholen: D e n n einige Jahrzehnte sp/iter, im Rahmen von Koyr6s Doktorarbeit, schreibt auch Husserl, sein Schiiler habe von seinen philosophischen Positionen, die dieser mit solcher Beharr- lichkeit zitiere, nichts begriffen. Ich verfOge zwar nicht tiber eine besondere Kompetenz, was die Wechselffille der GOttinger Schule und die gegens/atzlichen Tendenzen der f ~ h e n Ph~nomeno- logen angeht; dennoch stellt sich die Frage, ob man sich hinsichtlich der Weigerung Husserls, Koyr6s Doktorarbeit anzunehmen, wirklich mit der Erkl/arung zufrieden- geben kann, die Reinach 1912 in einem Brief an Conrad gibt: Ausschlaggebend ftir Husserl seien ,,pers6nliche 13berlegungen" - ,,selbstverst~indlich yon einem objek- tiven Standpunkt aus" - gewesen: ,,Husserl glaubt in der Tat, dab Koyr6 stolz und ein wenig unreif sei, was durchaus verst~indlich ist, wenn man sich seine etwas pri- m'M N.S. 7 0999) 219
  • 13. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli mitive Psychologie vor Augen htilt." Wenn Adolph Reinach, der eine Art junger Kon- kurrent Husserls war, zu glauben meint, Husserl habe p~dagogisch-psychologische Grtinde ftir die Ablehnung geh.abt (,,er hatte schlieBlich beschlossen, zu Koyr6s Bestem, die Doktorarbeit nicht durchkommen zu lassen"), weshalb wtinscht sich dann Reinach selbst ftir den zurtickgewiesenen Studenten, dab dieser, statt noch l~inger zu warren, was Koyrd dann ja auch noch tiber ein Jahr lang tat,"aus G6ttingen fort- gehen m6ge?" Ein weiterer interessanter Punkt in den ausdrticklichen Erkl~irun- gen yon Reinach besteht in der radikal ver~inderten Haltung, die Koyrd nach dem damaligen Geschehnis an den Tag legte: Alle entsinnen sich seiner Bescheidenheit, als er in Paris und in den USA den Gipfel seiner akademischen Anerkennung en'eicht hatte. Bei dieser Vertinderung mag die Entt~iuschung, die er durch Husserl erlitten hatte, eine Rolle gespielt haben - neben den Auswirkungen des normalen Rei- fungsprozesses eines Zwanzig~tihrigen und infolge des Schicksals seiner reichen, nach der Oktober-Revolution ruinierten Familie. Das ist zumindest, was explizit zum Ausdruck kommt: Doch die Rekonstruktion der intellektuellen Positionen, die Schuhmann unternimmt, gibt Anlag anzunehmen, dab sowohl Koyr6 als auch Reinach treue Husserl-Anhtinger waren, was die Logi- schen Untersuchungen anbetrifft, dab sie ihrem Lehrer hingegen nicht mehr in Bezug auf die ldeen folgten. Der erste Band der ldeen wurde 1913 gedruckt und vorab im Rahmen des Seminars yon Reinach diskutiert, als Koyr6 trotz des wenige Monate zuvor erlittenen Traumas nach G6ttingen zurtickgekehrt war. Reinach ergriff uner- bittlich Position gegen die in den ldeen I erhobene These.Andererseits hatte Reinach noch in denselben Semestern folgende Themen diskutiert, die grundlegende Optio- nen wie Psychologismus / Ph~inomenologie, Idealismus / Konventionalismus betra- fen.52 Koyr6 res0mierte 1932 in einem Referat in Juvisy auf dem Ph~nomenologie- Kongress der Soci~t6 Thomiste: ,,Husserl ist es nicht gelungen,auch nur einen seiner ehemaligenSchillern vonder Notwen- digkeit zu tIberzeugen,zu einem transzendentalenIdealismustiberzugehen.''53 Sollte der zwanzigj~ihrige Koyr6 etwa ein Opfer der internen Spannungen innerhalb der ph~inomenologischen Schule geworden sein? Es handelt sich lediglich um eine Hypothese, deren Er6rterung ich der Kompetenz anderer 0berlasse; hervorheben mOchte ich jedoch erstens, dab er nie aufh6rte, die theoretischen Entwicklungen in dieser Schule mit groger Neugier weiterzuverfolgen (einschlieBlich des Falls Hei- degger); zweitens, dab Koyr6 nach einem Jahrzehnt interessanter, bahnbrechender, jedoch vollkommen mathematikferner Untersuchungen tiber H~iretiker und Mysti- ker zu sich selbst land, als er - nach der groflen Vers6hnung mit Husserl aus AnlaB der Descartes-Gedenkfeier- dazu tiberging, die physikalisch-mathematischenWerke von Kopernikus, Galileo, Descartes und Newton zu studieren und diese in Bezie- hung zu metaphysischen und mystischen Voraussetzungen zu setzen. So schrieb er 1956: ,,Ich kehrte zu meiner ersten Liebe zurtick - zur Wissenschaft und ihrer Geschichte."54 Anmerkungen 1 Vgl. [Spiegelberg 1960, S. 124 ff.];[Kuhn ed. 1975]; [Av~ Lallemant 1975]; [Reinach 1989]; [Frings (Hg.) 1974]. 220
  • 14. Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'" FORSCHUNG - RESEARCH 2 Vgl. yon Hildebrand 1994,16": ,,Was ich Husserl verdanke, ist so viel... Dr. Scheler und Dr. Reinach... als deren Schiller reich hier bekennen zu dtirfen, ich stolz und glilcklich bin." 3 [Koyrd 1927-1928, S. 101]: ,,Edmund Husserl, l'auteur ajourd'hui crl~bre, mais inconnu alors, des Recherches logiques. La conversation avec E. Husserl avait ~clair6 Max Scheler sur ses propres tendances et la critique impitoyable qu'E. Husserl addressait au pseudo-idralisme de nro-kantiens, dans lequel il d~couvrait une forme ,honteuse' du relativisme psychologi- que, finit pour le convaincre. La philosophic n'avait pas ~ ,reconstruire', en panant da la science donnre, des ,conditions de sa possibilitY' en les plaqant dans la structure de l'esprit humain ou de l'esprit tout court. La philosophic n'avait ~ se demander: comment est il possible que relic ou telle autre chose soit? La philosophie devait se drbarrasser radicalement de toute prrsupposition m~taphysique ou scientifique (et la science, on le sait bien, contient implici- tement une m~taphysique) qui vicie la position meme de ses problames. Et last but not least le philosophe ne devait ,rich affirmer comme vrai que ce qu'il voyait 6videmment fitre tel" et Al'evidence de l'intuition inteUectueUe, seul j uge suprfime du vrai et du faux, ne point sub- stituer les fausses evidences des prejugrs scientistes et psychologistes." 4 Vgl. [Husserl 1968, S. 209]. Malvine Husserl schrieb am 28.3.1921:Koyr6 ,,lebt ]etzt dauernd in Paris und ist dort in der Habilitation begriffen. Eine kleine Arbeit tiber die zenonischen Argumente (dem Andenken Reinachs gewidmet, yon dem er die Anregung dazu empfing), erscheint auch im ntichsten Jahrbuch. Er arbeitet in Paris mit Hering zusammen, hauptstich- lich historisch (tiber Scholastik), well dies zuniichst in Paris yon jungen Philosophen verlangt wird.'" 5 "The positive approach to it <history>, his interest for the objectivism of greek and media- eval thought, for the intuitive content of seemingly purely conceptual dialectics, for the histo- rical - and ideal - constitution of systems of ontology. I inherited from him the Platonic rea- lism that he discarded, the anti-psychologism and the anti-relativism."Ich zitiere das Origi- nal aus dem Koyr~-Archiv, Paris; bei [Spiegelberg 1960, S. 225] sind nut einige Zeilen wiedergegeben. 6 [Schuhmann 1987]. Vgl. auch [Schuhmann 1977] und [Husserl 1994]. 7 Auf Klein wird in Koyr~s Vortrag verwiesen, wo er in Form eines logischen Beispiels dem ,bertihmten scholastis<c>hen Beweis, dass Gott nicht allm~chtig sein kann," den Beweis, dab ,,Felix Klein kein Mathematiker ist," gegeniaberstellt [Koyr~-Archiv, Paris: Koyr& Vor- trag, S. 1-2. Vgl. [Koyr~ 1999]. 8 [Sepp 1988, S. 187]: ,,Husserls Kollege, der Mathematiker David Hilbert, und vor allem der Ingenieur Constantin CaratModory und der Mathematiker Erhard Schmidt werden in Grt- tingen Freunde der Familie." Zu gemeinsamen Schillern (wie z. B. Kurt Grelling), vgl. [Smith and Smith 1995, S.5]. In dem Koyr~-Archiv, Paris, befindet sich eine Hilbert-Nachschrift und eine Notiz 0ber Nelsons Stundenplan. In einem Brief an Xavier Lron vom 23.12.1920 (Paris, Bibl. Sorbonne, fond Victor Cousin, correspondance X. Lron, ms. 362, S. 335-336), schreibt Koyr~, dab er ,,un ~l~ve de Hilbert et de Minkowski lui-m~me'" gewesen ist. Vorausgesetzt, diese Aussage 0ber seinen Studiengang ist nicht metaphorisch zu verstehen, mul3 man seine Ankunft in Gottingen auf das WS 1908-09 vordatieren, um annehmen zu k6nnen, dab er die Vorlesungen yon Minkowski hrren konnte, da dieser am 12. Januar 1909 verstarb. Koyr6 verliess Odessa zu Beginn des Jahres 1908. 9 [Heinzmann 1986, S. 8, 231 ff.]. [Jahresberichte der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, XVIII, 1909, 78-79]: Poincarr-Woche 22.-28. April 1909.Vgl. [Courant 1980, 162]. 10 [Schuhmann 1987, S. 152-153]. Vgl. [Schuhmann 1997, S. 391]: "Koyr6 was born in Odessa <recte:Taganrog> on August 29, 1892... He went to Paris in 1908, probably to study mathe- matics (and philosophy). During winter 1909-1910 he moved to Grttingen, at that time the ,Mecca of mathematics' where especially Ernst Zermelo (1871-1953) was working on set- theory paradoxes such as Russell's antinomies, and Adolph Reinach... was working on clas- sical paradoxes in philosophy... In winter I910-11 <Koyrr> also turned to Edmund Hus- serl.., he even participated to the ,inner circle' of <G0ttingen Philosophical> Society, where he presented his own ideas on mathematical and logical paradoxes. He also discussed them with Hilbert's assitant Richard Courant (1888-1972)... After Reinach's death <1917>, Hus- serl became the leading figure of the phenomenological movement for Koyr6 too." ~rM N.~ 7 0999) 221
  • 15. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli 11 Vgl. Archives Nationales, Paris, AJ/16/4954 Koyr6s ,,Diplome d'~tudes superieures de phi- losophie" wurde im Juni 1913 ausgestellt. Ibid. vgl. den Matrikel-Zettel, wo Koyr6s Name fehlt. 12 Koyr6 erkl~irt in dem anl~iBlich seines Antrags auf Einbilrgerung verfaBten Schreiben 1922, er habe sein Studium in Paris 1912 aufgenommen.Weiterhin wird zum erstenmal im [Annuaire 1913, S. 42-43] Koyr6s Teilnahme an den Kursen yon Picavet verzeichnet, und zwar nur f~ir das erste Semester 1912-13, und dann [a.a.O., 1914, S. 98] filr das akademische Jahr 1913-14. 13 [Fay, 1991, S.19].Vgl. [Heidegger 1912] und sein Brief an denTheologen Sauer vom 17.3.1912 zit., in [Ott 1988, SS. 70-71]: ,Wenn ich yon meinem Versuch reden dad, so kann ich Ihnen meine Arbeit als nahezu vollendet ankilndigen. Im Grunde ist es nut eine Vorarbeit, die den Stiltzpunkt schaffen soil filr die Inangriffnahme der weitverzweigten Untersuchung der mathe- matischen Logik.Wenn das Ganze nicht eine fruchtlose NOrgelei und ein scholastisches Auf- decken yon Widersprilchen werden soll, dann muB das Raum- und Zeitproblem unter Ori- entierung an der mathematischen Physik einer vorl~iufigen I.~sung mindestens nahegebracht werden. Diese Arbeit wird nur dadurch erschwert, dab gegenw~irtig in der Physik durch Rela- tivit~itstheorie alies in FIuB geraten ist. Auf der anderen Seiten sucht sich neuerdings die Logik mit der allgemeinen Gegenstandstheorie zu verschmelzen. Was die Untersuchung wieder wesentlich eirdacher gestaltet." 14 [Schuhmann 1987, S. 158] zitiert Koyr6s festgehaltene Erinnerung aus Spiegelbergs Scrap- Book : ,Husserl n'avait pas d'effet sur ses Etudiants. L'influence de ce temps Etait Reinach." Nach 1914 ,,fehlte" den Studenten ,der bew~hrte einfilhlsame Vermittler Reinach": [Ples- sner 1985, S. 348]. Sp~iter lud Husserl seine neue Assistentin Edith Stein (1891-1942) ein, in Freiburg Reinachs Rolle zu LIbernehmen. [Stein 1976, S. 20]: ,Ich soU - so hat man sich mit riihrender Naivit~it ausgedrtickt - bier werden, was Remach in GOttingen war" (20.2.1917). 15 [Schuhmann 1987, S. 155]. Er selbst schreibt in einem Brief vom 10.8.1956 an Spiegelberg (KoyrE-Archiv, Paris): ,,I went to France as far back as 1908, then to GOttingen, then back to Paris and once more to G0ttingen. I joined the French army during the first World War (1914). I was sent to Russia during this war (in 1916) and came back to France in 1919. Rea- ched my PH.D. in 1923 and was appointed lecturer (charge de conferences) in the *cole Pra- tique des Hautes ]~tudes in 1923.Went to Montpellier in 1929 and back to Paris in 1931. As for Recherches <philosophiques> I think they came to an end not in '36 but in '38. But I may be wrong.There were at least five volumes. May be six. Spmer died. I was practically abroad in '36 and '37-38 (in Cairo). Then came war menace and war. After the war I felt that the new generation had to make their own Jahrbuch. I had no time, no desire to revive it. Puech became immersed in history of early christian religion. Jean Wahl was too existentialist to my taste. So we decided not to continue it: and not to let somebody else to take it over. It is a testimony of an epoch." In demselben Brief, in dem Koyr~ weitere Fragen zu Heidegger und zu Groethuysen beantwortet, entschuldigt er sich ~ r sein schlechtes Ged~chtnis bezilg- lich seiner Versetzung yon der franz0sischen zur russischen Armee, die im Juni 1915 erfolgte. Er hat in Paris am 13. Juni 1923 sein Doctorat d'UniversitE erlangt. Vgl. Archives Nationa- les, Pads, AJ/16/4763. 16 Auf diese Begegnung, der nach dem Krieg weitere folgen sollten, verweist KoyrE in seiner Gedenkschrift for Scheler [Koyr6 1927-1928]. Hier gedenkt KoyrE Schelers als eines Ver- treters der Gruppe um Husserl. Vgl. auch [Koyr6 1925, S. 456-57]. 17 Husserl-Archiv, K61n. ms A 1 35, Bl. 4 ft. mit dem Titel Menge. Die Paradoxien. Die lnsolu- bilia, lnsbesondere auch die Paradoxien der Mengenlehre, datiert vom 7. M~irz 1912 und zitiert [Schuhmann 1987]. 18 [H. Lipps 1954]: ,Das Thema der Paradoxien der Mengenlehre und der verwandten logi- schen Paradoxien geht vielleicht im besonderen auf die Diskussionen fiber Logik der Mathe- matik zwischen den Phaaomenologen und dem Mathematiker Zermelo aus dem Hilbert- Kreis kurz vor Lipps' GOttinger Zeit (1911-1914) zurilck, deren Fragen damals in dem Kreis um Husserl und Reinach wohl noch lebendig waren. Auch aus dieser Zeit stammt Lipps Thema der Paradoxie yon Zeno" (zit. in [Schuhmann 1977, S. 158]; ibid.: ,,SS 1911 - W S 1913-14 Hans Lipps geht nach GOttingen, um Schiller Edmund Husserls zu werden)." 222
  • 16. Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik'" FORSCHUNG - RESEARCH 19 Vgl. [Kneale-Kneale 1962, S. 652 ft.] zu dem grogen Interesse an den Paradoxien. 20 Koyr6-Archiv, Paris: Insolubilia. Eine logische Studie iiber die Gnmdlagen der Mengenlehre. Einleitung Darstellung der antiken Para4oxien. Identit~it als Relationslosigkeit ARA als Unsinn Paradoxie als Perpetuum mobile Anhang <I> Teil II. Die Antinomien der Mengenlehre Die Russellsche Paradoxie Die Paradoxie von Richard Die Menge aller Gegenst~inde Die logischen Constanten Anhang <II>. Uber die Cantorsche Mengenlehre und das Zermelosche Axiomensystem Aul3erdem existiert der Entwurf ftir einen Vortrag, tier unter Auslassung vieler technischer Fragen eine Zusammenfassung der Dissertation gibt. Die Handschrift hat drei nicht nume- rierte Hefte. Ich habe den vollstandigenText der Insolubilia herausgegeben [vgl.Koyr61999]. 21 Siehe ibid.: ,wie Prof. Husserl in seinem Logik-Colleg ausftihrte;" ,,Husserl hat in seiner Phi- losophie der Arithmetik eine Analyse dieser Gebilde <=Aggregate> gegeben." (Koyr6s Anmerkung). 22 Vgl. ibid.: ,,Reinach, Zur Theorie des negativen Urteils"(Koyr~s Anmerkung). 23 ,,Vielleicht war die Bezeichnungsweise schuld daran, dass Russell es tibersehen hat"(Koy- rds Anmerkung). 24 ,,Unter anderem zeigte es sich, dass nicht einmal alle traditionellen Schlussformeln richtig sind"(Koyr6s Anmerkung). 25 ,,Diesen Ausdruck hat Husserl in seinem Logischen Colleg 1910-1911 gebraucht. Vgl. auch Logische Untersuchungen, Bd. I"(Koyr~s Anmerkung). 26 Alle drei sind schon bei [Urbach 1910] zitiert und benutzt, fiber Urbachs Aufsatz schrieb Koyr6:"Diese Arbeit trifft mit <der> unseren in manchen wichtigen Puncten zusammen, obwohl gerade in den for reich wichtigsten wit verschieden<er> <Meinungen> sind." Koyr6 zitiert auch Bernoulli, Ameseder, SchOnfliess, Jules Richards Paradoxien, ,,Avenarius und die Posivitisten" sowie Heisenberg. 27 ,Dedekind bentRzt die Menge alles Denkbaren" (Koyrds Anmerkung). Noch tiber Bolzano, ibid.: ,,Bolzano hatte schon die Funktion auf diese Weise orientirt und dabei yon der Wahr- scheinlichkeit der S~itze gesprochen. Wahrscheinlichkeit nannte er das Verhliltnis der wah- ren S/itze zu allen S~itzen einer fester Form." 28 ,,lch bentltze die Gelegenheit um hinzuweisen, dass B. Bolzano diesen Begrfff mit voller Sch~irfe entwickelt,ja sogar seinen gesammten Schluss auf ihn basiert hat."(Koyr6s Anmer- kung). 29 Husserl wird zehnmal in Koyr6s Handschrift zitiert. Zu Husserls Kolleg tiber Lotze vgl. [Schuh- mann 1987]. 30 Vgl. Insolubilia zit.: Anhang <II>. Ober Nicht-Prddicative Definitionen.; vgl. Anhang I 29: ,,Georg Cantor bestimmt die Menge als eine Zusammenfassung von beliebigen wohlunter- schiedenen Objecten - eine Definition welehe aus vielen Grtind<en> unvollkommenist. Sie ist zu weit, zu unbestimmt Allerdings, das kann man ftir sie geltend machen: iiberall wo eine Menge im Sinne dieser Definition vorliegt, liegt auch eine echte Menge mit denselben Ele- menten als Gliedern vor, undes scheint nur unzweifelhaft, dass Cantor unter Menge das- selbe verstanden hat wie wir, obwohl er sie yon den anderen m6glichen analogen Gebilden nicht ausdrticklich getrermt hat.Wir hoffen deshalb mit unserer Bestimmu<ng> die ursprting- fiche Intention Cantors getroffen zu haben." Ibid. 34--35:,,wer die Einw/inde, die seitens der Philosophen gegen Cantor vorgebracht wurden, kennt, weiss, dass sie alle auf dem selben Missverst/andnis beruhen: alle semen Menge = Inbegriff. Diese Verwechselung ist um so leich- ter, d<a> die meisten arith<m>etischen S~itze auf Inbegriffe anwendbar sind - so alle S/~tze tiber Addition, Multiplication etc." NTM N& 7 (i~9) 223
  • 17. FORSCHUNG - RESEARCH Paola Zambelli 31 ,,Hat Russell seiner Zeit noch andere Beispiele gegen diese Behauptung angegeben, so z. B. die Mengen aller nicht-roten, aller nicht im Meere lebenden Oegensttinde." (Koyr6s Anmer- kung). 32 Vgl. [Bolzano 1837, I, S. 78] zit..bei [Urbach 1910] 89-90. Vgl. [Savonarola 1982, I, S. 152]. 33 [Koyr6 t946, S. 344-362]; [Koyr4 1948, S. 1-20]. Eine franz6sische Fassung erschien 1947 unter dem Titel Epirngnide le menteur (Ensemble et categoric), und wurde in einer Rezension yon [Perelman 1949, S. 240--242] einer interessanten, aber strengen Kritik unterzogen; vgl. eine positive Rezension yon [Blanch6 1950]. Weitere negative Rezensionen wurden yon [Church 1946], [Black 1948] verfaBt. [Bar-Hillel 1947, S. 249] kritisiert Koyr4 als "a man less versed in modern formal logic," S. 245: ,,It is rather strange not to find in a modem discussion of semantical antinomies, any mention or discussion of the relevant works of Goedel, Tarski and Carnap"; S. 247: "Koyr~ uses in his article five closely related notions, viz. 'proposition', 'assertion','statement','judgement,'sentence'and it is not at all clear in which sense he intends to use these notoriously ambiguous terms. This is particularly disturbing with 'proposition' which is apparently used sometimes in Camap's sense (1), i.e., as synonymous with '(decla- rative) sentence', sometimes in Carnap's sense (2), i.e., as'that which is designated (or expres- sed, according to some usages) by a sentence'." Vgl. [Koyr4 1948, S. 255]: "Husserl's distin- ction of nonsense and counter-sense (of which Bar-Hkllel [1948] unwillingly gives a proof) with the modern distinction 'between contradictory sentences and word-sequences which are not built in accordance with the rules of formation of the language in discussion'. It is, therefore, unfortunately, by no means a commonplace as Bar-Hillel seems to believe. Quite on the contrary: it is the ignorance of this distinction that prevented Russell (and others) from giving a correct interpretation of the so called 'logical' (and semantic) paradoxes. It is the selfsame ignorance that leads Bar-Hillel to believe that he has shown that 'I failed to prove that the word sequence "I am uttering a false sentence" is nonsensical'." 34 In dem Koyr~-Archiv, Paris, befinden sich yon Koyr~ um 1940 angefenigte Exzerpte aus: [Russell 1903]; [Russell- Whitehead 1910-1913]; [Russell 1906]; [Russell 1907]; [Peirce 1901]; [Husserl 1929]; [Carnap 1931]; [Carnap 1934]; [Sch6nfliess 1909]; [Fraenkel 1927]; [Fraenkel 1939]; [Ushenko 1936]; [K6nig 1905]; [Mirimanoff 1917]; [Poincar~ 1916]; [Poincar4 1905-1906]; [Ramsey 1931]; [Helmet 1934]; gegen die Anm. 41 zitierten Artikel Perelmans vgl. [Behmann 1937]; [Grelling 1936]; [Grelling 1937]. 35 Koyr6, Manifold and category, p.1 Anm.: ,,my own papers.., were written in 1940--42 and reached Philosophy and Phenomenologial Research in 1944.'" Vgl. [Gurwitch-Schtltz 1985, S. 229] Schtitz' Brief vom 29. August 1951: "Ist nicht die Standard-Obersetzung ,nonsense and counter-sense'? Hatte mit Koyr6 lange Diskussion als er den Liar schrieb." Koyr6, The Liar, S. 362: ,,It is the failure to distinguish these two cases that is at the root of Russell's theory of types; and also of the corresponding semantic theories of Carnap and Tarski of a hierarchy of languages and metalanguages. The distinction which I have made, a distinction which is nothing else but Hnsserl's distinction between nonsense and counter-sense (LU, I,112 ff.) enables us to avoid all these painful consequences, to subject logic to his own rules, to count numbers, and to write the grammar of a given language in this language itself." 36 [Koyr~ 1922]; vgl. [Koyr6 1961]:Wahrscheialich hatte er das franzOsische, 1922 yon Hedwig Conrad-Martius tlbersetzte Original nicht zur Hand, denn als er den Artikel in franz6sischer Sprache 1961 ver6ffentlichte, hatte er ihn zuvor erneut iibersetzen lassen. 37 Vgl. oben Anm. 6. 38 Er konnte ebensowenig wie Reinach, dernur Privatdozent war, eine Dissertation betreuen, und Koyr4 hatte keine andere Wahl, als die Universitat zu wechseln. 39 [Schuhmann 1987], 155.Vgl. [Husser11995] XI, 380--381, Malvine Husserl an Elli Rosenberg geb. Husserl, 30.7.1930: ,,Montag kam Koyr4, der bei uns wohnt.., geht dann fOr circa sechs Wochen nach Berlin... Koyr4 wird Euch besuchen; nehmt ihn sehr freundlich auf. Er hat die franzOsiche Ubersetzung von Papas Pariser Vortr/igen geleitet und damit ungeheure Arbeit gehabt." 40 Husserl- Schiiler des groBen Mathematikers Weierstrass in Berlin und der Philosophen Bern- hard Brentano in Wien und Carl Stumpf (1848--1936) in Halle - verfaBte nach die Disser- 224
  • 18. Alexandre Koyr6 im ,,Mekka der Mathematik" FORSCHUNG - RESEARCH tation Beitr~ige zur Theorie iiber Variationsrechnung (1883 ungedruckt) - 1887 seine Habi- litationsschrift fiber den Begriff der Zahl. 41 [Husser11970] zu rund dreiBig expliziten oder vom Herausgeber identifizierten Frege-Zita- ten, siehe insbesondere S. 118-123 (zu den Begriffen von Vielheit, Einheit und Anzahl ver- merkt Husserl Freges Versuch einer Kritik der Psychologic schon in seinen Gr~mdlagen der Arithmetik: ,,die Psychologic bildet sich nicht ein zur Begrtindung der Arithmetik irgendet- was beitragen zu k6nnen"); siehe auch SS. 147-148,161-163,166-168. Ein spezifischerer Bei- trag ist von [Fr 1958]. Vgl. [Drummond 1985, S. 245-246; siehe auch S. 256]: ,,<Fr lesdal's> interpretation of Husserl's philosophy includes the historical claim that Husserl's development was decisively influenced by Frege, especially by Frege's critique of Husserl's Philosophie der Arithmetik, but also by works such as ,,Sinn und Bedeutung," Die Grund- lagen derArithrnetik, and Funktion und Begriff. I shall call this the strong version of the histo- rical thesis, and a detailed argument for it is made by Fr Fr conclusions are simply accepted and asserted by authors such as Dreyfus and Salomon and seem sha- red by many others, e.g. Spiegelberg." [Bell 1990, S. 236--237, Anm. 4] reagierte auf jtingere Versuche, die Bedeutung von Frege in Bezug auf Husserls inteUektuelle Entwicklung ein- zuschr~inken bzw. auszuschliel3en: ,,The influence that Freges work exercised on Husserl during the period 1886-1900 was, I believe, vast... It is however worth noting briefly that, contrary to widespread opinion, Freges influence did not begin (or, for the matter, end) with his devastating review of the Philosophy of Arithmetic which appeared in 1894. As an ant- idote to such a view it should be remembered, first, that in the Philosophy of Arithmetic its- elf Husserl refers more often to Frege, and devotes more space to the discussion of his ideas, than he does to any other mathematician or philosopher. And, second, that in 1891 Husserl wrote to Frege: ,allow me to aknowledge the large amount of stimulation and encourage- ment I derived from your Fotmdations of Arithmetic. Of all many writings that I had before me when I worked on my book, I could not name another which I studied with as much enjoy- ment as yours'." 42 [Husserl 1995]: Vorlesungen 1910--11, von denen es schon eine vorherige Fassung aus den Jahren 1901-2 gab; sic werden - in leicht abge/inderter Form - 1912-1913 wiederholt, und dann in den Jahren 1914--15 und 1917-18 nochmals in dieser letzten, nicht weiter abge~in- derten Fassung wiederholt. 43 Aus [Frege 1894] siehe insbesondere S.316: ,,Der vorliegende Versuch geh6rt nun zu denen, bei welchen diese Reinigung im psychologischen Waschkessel vorgenommen wird. Dieser bietet den Vorteil, dass die Dinge in ihm eine ganz eigenttimliche Geschmeidigkeit anneh- men, sich nicht mehr so hart im Raume stossen und viele 1/istige Eigent0mhchkeiten und Unterschiede fahren lassen. Die jetzt so beliebte Mischung aus Psychologic und Logik giebt fi.ir diesen Zweck eine gute Lauge ab. Zun~ichst wird Alles Vorstellung. Die Bedeutungen der W6rter sind Vorstellungen. Es kommt also z.B. beirn Worte ,,Anzahl" darauf an, die zugeh6rige Vorstellung auf7uweisen, ihre Entstehung und ihre Zusammensetzung zu beschrei- ben. Die Gegenst~inde sind Vorstellungen. So l ~ s t J. St. Mill mit dem BeifaUe des Verfassers Gegenst/~nde (,,wether physical or mental") in einen Bewusstseinszustand eingehen, Teile dieses BewuBtseinszustandes bilden. Aber sollte nicht der Mond z.B. einem BewuBtseins- zustande etwas schwer im Magen hegen? Da nun Alles Vorstellung ist, k6rmen wir leicht die Gegenst~inde durch Hin- und Ablenkung der Aufmerksamkeit ver/indern. Besonders das Letzte ist wirksam. Wir merken weniger auf eine Eigenschaft, und sic verschwindet. Indem wir so ein Merkmal nach dem andern verschwinden lassen, erhalten wir immer abstractere Begriffe. Auch die Begriffe sind also Vorstellungen nur weniger vollst~ndige als die Gegen- stande; sic haben noch die Eigenschaften jener, yon denen nicht abstrahiert ist. Die Unauf- merksamkeit ist eine h6chst wirksame logische Kraft; daher vermutlich die Zerstreutheit der Gelehrten...." Es ist unmOglich, hier spaBige Beispiele wiederzugeben, wie (S. 332) ,,die Entstehung der Meere psychologisch erkl~irt," oder das von den zwei Katzen, die, indem sic sich einIach ihrer unterschiedlichen Farben, Haltungen und Orte entledigen (S. 317) ,,einen allgemeinen Katzenbegriff" erzeugen."Jeder Gegenstand verwandelt sich bei fortgesetzter Anwendung dieses Verfahrens in ein immer blutleereres Gespenst." rcrM N,s, 7 (1999) 225
  • 19. FORSCHUNG - RESEARCH Paola ZambeUi 44 Ibid., S. 317, wo es weiter heiBt: ,,Aber gerade dadurch, dass die Grenze zwischen Subjekti- vem und Objektivem verwischt wird, bekommt auch umgekehrt das Subjektive den Anschein des Objektiven. Man spricht z.B. yon dieser oder jener Vorstellung, als ob sie sich, abgel6st vom Vorstellenden, in der Offentlichkeit sehen liesse." Etwas weiter unten heiBt es: ,,So erscheint beim Verfasser der Inbegriff (die Menge, Vielheit) bald als Vorstellung (S. 15,17, 24, 82), bald als Objektives (S. 10-11,235). Ist es aber im Grunde nicht ein ganz unschuldi- ges Vergntigen, den Mond z.B. eine Vorstellung zu nennen? Ja! solange man sich nicht ein- bildet, ihn durch psychologische Mittel beliebig umwandeln oder erzeugen zu k6rmen. Doch das ist nur zu leicht die Folge." 45 Siehe sein Manifest Philosophie als strenge Wissenschaft [Husserl 1987, SS. 21,61]; vgl. [Spie- gelberg 1960], 121-122. 46 [Bell 1990, S. 40] zitiert aus Husserls Tagebuch (Husserliana XII, S. XXVI-XXVII) : ,,Wie unreif, wie naiv und fast kindlich erschien mir dieses Werk. Nun, nicht umsonst peinigte mich bei der Publikation das Gewissen... Ich war Anf~inger ohne rechte Kenntrtis der philoso- phischen Probleme, ohne rechte Ubung philosophischer Fahigkeiten." 47 [Mohanty 1995, S.53];beziaglich der Veranderungen yon Husserls Auffassung der Mathematik, siehe S.48: ,,The philosophy of arithmetic that is advanced by Husserl at this stage is empi- ricistic." 48 [Smith and Smith 1995,5]. Vgl. [StegmtiUer 1991, S. 675] zitiert bei [Schmid 1981, S. 45]: ,,Die- ser Platonismus ausserst sich innerhalb der mathematische Praxis einmal darin, dab der Ver- treter der klassischen Mathematik unbedenklich Mengen und Relationen durch beliebige in der Sprache formulierbare Bedingungen einftihrt, n~ihmlich die Menge aller Objekte, die genau diesen Bedingungen genilgen." 49 Vgl. Anmerkung 16. 50 Husserl-Archiv, KOln, Ms. A 1 35 zit., BI. 27a ft.: Logik. Russells L'importance philosophi- que de la Logistique (1911). 51 Husserls Notiz in Husserl-Archiv, K61n, Ms. A 135, B1.16b. Auch in dem Koyr6-Archiv, Paris, Insolubilia zit. Husserl schrieb kurze handschriftliche Notizen zu Koyr~s Dissertation an: ,,Zu cit.: dab ich die <ganze>Theorie der Functionalurtheile (die die dtirftige m. Z.... falsche schon yon ... K<oyr6> und allgemeine Urtheile der traditionellen Logik <neglicirt>) seit vie- len Jahren in den Vorlesungen und prinzipiellen Bemerkung vom Gesichtspunkt der Parti- kularitat und Mengen, systematisch behandelt mad dama erst zu diesen Formen <und logisch> gefaBt habe. Das universelle ein A tiberhaupt habe ich mit Classenbegriffe der Classenlo- gik identifiziert, was folgte ist, dab <...> ,non A tiberhaupt' in giltigen Un<iversellen> Urt- heilen <...> ein geschlossener Plural yon Partikuladt~iten oder eine gesetzm~ssige Manigf<altigkeit> von angebbaren P angebbar ...<vor>, Usw. Aber das folgt auch hier und da steckt <..> die <...>sache drin." 52 Zahl- und Mengenbegriffe, die Paradoxien des Liigners (durch B. Russell aktualisiert) und weitere Probleme wiederholen fast wOrtlich Husserls Logische Untersuchungen. 53 [Journ~es 1932, S. 72]: ibid. schreibt Koyr6 auch daB, ,,la m~ditation de Husserl <darts Ideen> aboutit ~tun id6alime transcendental et, ces derni~res arm6es, Husserl insiste de plus en plus sur cet id6alisme, jusqu'~t d6clarer d6pass6 depuis longtemps le point de rue des Logische Untersuchungen, qui laissaient ouverte la question id~alisme-r6alisme."Vgl. [Schuhman 1987, S. 84]. 54 Koyr~, Brief an H. Spiegelberg, 10.8.1956 (Koyr~-Archiv, Paris): ,,I went back to my first love - science and its history." Literatur Annuaire de l'Ecole Pratique des Hautes Etudes. Section des Sciences religieuses, Paris 1913 und 1914. Av6 Lallemant, Eberhard: Die Nachl~se Miinchener Phi~nornenologen in der Bayerischen Staats- bibliothek. Harrassowitz: Wiesbaden 1975. Bar-Hillel, Jehoshua: ,,The Revival of The Liar", Philosophy and Phenoraenological Research, 8 226
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