Macht mit im Web! Anreizsysteme zur Unterstützung von Aktivitäten bei Communi...
Backes deutsche telekomgeschaeftskunden
1. Semantische Netzwerke in der Praxis
- Welche Vorteile bieten der Einsatz von Taxonomie & Topic
Maps im Web? -
Ralf Backes, Deutsche Telekom AG Geschäftskunden
Tino Schmidt, T-Systems Multimedia Solutions GmbH1
Abstract. Der Bereich Geschäftskunden der Deutschen Telekom AG
betreibt für seine über 160.000 Mittelstandskunden ein eigenes Por-
tal. Ende 2008 erfolgte ein Relaunch mit einer neuartigen Inhalts-
struktur, bei der die Anreicherung des Produktportfolios mit ergän-
zenden Inhalten im Vordergrund stand. Die Nutzung einer Topic
Map ermöglicht dabei die komplexe und flexible Verknüpfung der
verfügbaren Inhalte, die im Portal automatisiert und dynamisch an-
geboten werden.
1. Situation zu Projektbeginn
Das Geschäftskundenportal der Deutschen Telekom AG ist der Internet-
auftritt für die Mittelstandskunden.
Die ursprüngliche Version des Geschäftskundenportals verfügte bereits über
einen umfassenden Aufbau: mehr als 2.000 Inhaltsseiten mit einem kom-
plexen Portfolio, die Verknüpfung der Business Shop Angebote und exter-
ner Kampagnenseiten. Das Portal wurde in dieser Version durch 4 Mitar-
beiter des Marketing Fachbereiches gepflegt, die wiederum Unterstützung
durch externe Editoren erhielten.
Die Verwaltung und Darstellung der Inhalte konnte zwar passabel erfolgen,
jede größere strukturelle Änderung der Inhalte (Neues Portfolio, bedarfsge-
rechte Ansprache) stellte den Bereich auf Grund der vorhandenen komple-
xen Produktbeschreibungen wieder vor die Aufgabe, die hierarchisch
strukturierten Inhalte manuell neu zu organisieren und zu verknüpfen.
Die neue Ausrichtung des Geschäftskundenportals sollte jedoch zusätzlich
zur vorhandenen Informationsstruktur das geänderte Informationsverhaltens
der Nutzer, mehr Interaktion und Web 2.0 Funktionen berücksichtigen.
1
Ralf Backes: Am Propsthof 10; 53121 Bonn; E-Mail: Ralf.Backes@telekom.de
Tino Schmidt: Riesaer Str. 3, 01129 Dresden; E-Mail: tino.schmidt@t-systems.com
2. Diese integrierte Informations- und Portfoliolandschaft, die dem Anspruch
einer kundenzentrierten Ansprache und Information gerecht werden musste,
stellte hohe Ansprüche an die Gestaltung und Verknüpfung der Inhalte.
2. Die fachliche Informationsstruktur des neuen Auftritts
Auf dem Weg zu dieser integrierten Beschreibung der Informations- und
Portfoliolandschaft erfanden wir unseren Auftritt neu. Die Hauptaufgaben
des Portals sind:
Image ausbauen,
Interesse wecken,
Leads generieren,
Umsatz erzielen.
Um dies zu erreichen definierten wir eine völlig neue Inhaltstruktur, ausge-
richtet an den Bereichen Produkte & Lösungen (Portfoliodarstellung),
Erfolgsgeschichten (Referenzen, Success Stories), Wissen & Trends (Mul-
timedia Inhalte, White Paper, Artikel zu aktuellen Trends) sowie weiterfüh-
renden Angeboten des Business Shops (Produktteaser verschiedener Kate-
gorien, Preise). Wir entwickelten ein Leitbild, dem wir stringent folgten:
Gleichgültig, welchen inhaltlichen Einstieg der Kunde wählt, über
eine intelligente Verknüpfung der Inhalte erhält er immer Zugriff zu
allen für die Leadentscheidung relevanten Informationen.
Diesem Leitbild entsprechend legten wir die Struktur der Inhaltsseiten fest:
Contentbereich mit Boxen, die dynamisch die passenden
Informationen/ Verlinkungen der jeweils anderen Bereiche
anzeigen.
Themenseiten, die unabhängig von der bestehenden Navigation aus
bestehenden und neuen Inhalten dynamisch erzeugt werden.
Doch wie sollten diese Anforderungen in einem hierarchischen CMS reali-
siert werden, ohne das die Programmier- und redaktionellen Aufwände noch
mehr stiegen als bisher?
Die Umsetzung nach den bestehenden Prinzipien hätte zur Folge gehabt,
dass die Anzahl der notwendigen Verlinkungen zwischen den Inhalten im
CMS die Komplexität des Auftrittes weiter vergrößert hätten und damit
auch die Flexibilität bei Änderungen an den Inhalten stark eingeschränkt
wurden wäre.
3. Abb. 1: fachliche Informationsstruktur hinter dem Portal
3. Taxonomie. Topic Map. Ontologie.
Mit der Definition der Anforderungen war klar, dass die steigende Anzahl
der Verlinkungen nur mit neuen Automatismen zu bewältigen ist. Die klas-
sische Redaktion der einzelnen Inhaltselemente selbst hatte bei diesem An-
satz ausgedient. Wichtig bei der Auswahl eines geeigneten Verfahrens war
dabei die Tatsache, dass solche Automatismen in keiner Weise zu einer
qualitativen Verschlechterung der Verknüpfungen zwischen den Inhalten
führen dürfen. Der korrekte, inhaltliche Bezug zwischen den Elementen
musste weiterhin auf den Seiten des Auftrittes gewährleistet werden.
Die Lösungsidee dieser Herausforderung bestand darin, die Integration ei-
nes semantischen Modells in das Portal vorzunehmen. Während das seman-
tische Konzept „Taxonomie“ lediglich eine Hierarchie von Begriffen abbil-
det [UlrMaiAng07], stellt das Konzept der Topic Map darauf aufbauend die
Möglichkeit zur Verfügung, zwischen den Topics, Beziehungen zu
modellieren. An den Topics selbst ist es möglich, Dokumente, sogenannte
Occurences [UlrMaiAng07], zuzuordnen. Das Konzept der Ontologien
erweitert das Konzept der Topic Map unter anderem um zusätzliche Regeln,
die auf expliziten Beziehungen des Modells angewendet werden können,
um implizite Beziehungen aufzuzeigen.
Nach der Übersicht über die verschiedenen semantischen Konzepte wurde
der Einsatz einer Topic Map beschlossen, um die verschiedenen Ziele des
neuen Geschäftskundenportals zu erreichen.
4. In mehreren iterativen Schritten, in denen die unterschiedlichen Informati-
onsobjekte definiert und mit dem Leitbild und den Anforderungen des Por-
tals abgestimmt wurden, ergaben sich die Hauptfunktionen des semanti-
schen Modells. Es dient dabei als zentrales Steuerungselement zur Vertei-
lung und Verlinkung aller relevanten Informationen des Geschäftskunden
Portals. Dabei übernimmt das semantische Modell folgende Aufgaben:
Logische/ Steuerungs-/ Daten(lieferungs)-Funktionen.
größtmögliche Dynamisierung der Struktur.
größtmögliche Flexibilisierung der Darstellung/ Verknüpfung von
Inhalten.
4. Die Abbildung der Informationsstruktur als Topic Map
Die Auswahl einer „Topic Map“ als semantisches Modell für die Abbildung
der fachlichen Informationsstruktur bot die Möglichkeit, die definierten
Ziele des Geschäftskundenportals ohne die Nachteile der klassisch manuel-
len Verlinkung zwischen Inhalten2 zu verwirklichen.
Dies bedeutet, dass die Redakteure nicht mehr die Produktinhalte mit den
Wissen & Trend Inhalten und den Erfolgsgeschichten direkt verknüpfen
müssen, sondern diese Verknüpfung auf der Ebene der Topics durch die
Beziehungen in der Topic Map erfolgt. Die Inhalte müssen dann lediglich
korrekt klassifiziert und einem Topic zugeordnet werden. Die Darstellung
und Verknüpfung der Inhalte im Portal wird dann durch die Topic Map ge-
steuert. Maicher und Bock (2009) beschreiben diesen Ansatz als subject-
centric information architecture [MaiBo09], aus dem mehrere Vorteile für
webbasierte Portale entstehen. Konkret können in unserem Projekt folgende
Vorteile benannt werden:
1. Die Nutzung einer Topic Map ermöglicht es dem Marketing-Fachbe-
reich, dass im Team vorhandene Wissen über die „gewünschten“ Zu-
sammenhänge zwischen den Portalinhalten als fachliche Informations-
struktur in der stabilen Repräsentationsform der Topic Map zu hinterle-
gen. Während sich vor allem externe Redakteure bei der herkömmli-
chen Verlinkung neuer Inhalte immer fragen mussten, ob diese an allen
relevanten Stellen verlinkt wurden, reicht es in diesem Fall aus, die
neuen Inhalte korrekt zu klassifizieren und damit einem Topic der
2
Mit der geforderten, engeren Verlinkung zwischen den Inhalten wird im klassischen Prozess
vor allem eine manuelle Redaktion der Verknüpfungen zwischen Elementen der fachlichen
Informationsstruktur notwendig. Die gesteigerte Anzahl an Verknüpfung führt jedoch auch zu
einem unflexiblen Auftritt, der nur schwer und teilweise unvollständig an veränderte
Informationsbedingungen angepasst werden kann.
5. Topic Map zuzuordnen. Die Beziehungen innerhalb der Topic Map
sorgen dafür, dass die neuen Inhalte dann automatisch an allen
relevanten Stellen innerhalb des Portals angezeigt werden. Praktisch ist
es damit möglich, Informationsportale zu realisieren, bei denen die
Ersteller der Inhalte keinen Überblick über die vollständige fachliche
Informationsstruktur des Portals besitzen müssen und dennoch eine
qualitativ hohe semantische Verknüpfung der Inhalte erreicht wird.
Auch die vollständig automatische Befüllung aus externen Content
Quellen ist bei diesem Ansatz möglich.
2. Betrachtet man die unterschiedlichen Informationstypen aus Sicht des
Fachbereichs, besitzen diese auch eine unterschiedliche Gültigkeits-
dauer im Auftritt. Während die Inhalte des Produktbereiches eine be-
ständige Struktur besitzen, ändern sich die Inhalte des Business Shops
bzw. des Bereiches Wissens & Trends schneller.Die Verknüpfung der
Inhalte über die Beziehungen der Topic Map ermöglicht es dem
Fachbereich, flexibler und schneller Änderungen an der fachlichen
Informationsstruktur vorzunehmen und diese Anpassungen auf den
Auftritt zu übertragen.
3. Die Nutzung der Topic Map ermöglicht auch die Verknüpfung der In-
halte über die Grenzen verschiedener Systeme hinweg. Während der
größte Teil der Inhalte im CMS vorgehalten wird, werden aktuelle IT
Produktangebote im Business Shop gepflegt. Die Topic Map fasst da-
bei stellvertretend die Inhalte zusammen und setzt diese entsprechend
der fachlichen Informationsstruktur in Verbindung. Der Nutzer erhält
auf diesem Weg die Inhalte aus den verschiedenen Systemen in einem
Auftritt entsprechend der definierten Beziehungen angezeigt.
5. Projektrealisierung
Die Kernaufgaben nach der konzeptionellen Vorarbeit im Projekt bestanden
in den Aufgaben, eine geeignete Software zur Erstellung und Pflege der To-
pic Map zu evaluieren und die Migration des Portals auf eine semantische
Plattform durchzuführen. Parallel zu den Recherchen und Vorbereitungen
der MMS arbeiteten wir mit den Kollegen aus Marketing- und Produktma-
nagement am Redesign des Portfolios und der Erstellung von Verknüp-
fungsregeln und Listen mit Schlüsselbegriffen. Denn für die Verknüpfung
der Inhalte mussten wir zuerst ein semantisches Netzwerk aufbauen, wobei
unter anderen folgende Fragestellungen eine Rolle spielten:
Welche Informationen (Produkte, Referenzen, Multimedia, White
Paper, usw.) müssen miteinander verknüpft werden?
6. Welche Produkte ergänzen sich als Cross- und Upselling Ange-
bote? Und wie können die Angebote des Business Shops angebun-
den werden?
Nach dem mit der Software Suite L4 von moresophy ein geeignetes Produkt
evaluiert und ausgewählt wurde entwickelten man auf Basis der vorhande-
nen Informationen das Topic Map Modell der fachlichen Informations-
struktur.
Dieses Modell besteht aus den vier Hauptthemenbereichen Produkte &
Lösungen, Erfolgsgeschichten, Wissen & Trends und IT-Shop Angebote.
Die jeweilig dazu gehörenden Unterthemen wurden innerhalb der Topic
Map als untergeordnete Topics abgebildet. Durch die Redaktion der Inhalte
im CMS werden diese auch den Topics in der Topic Map als Occurences
hinzugefügt. Dazu wurde eine lesende und schreibende Schnittstelle zwi-
schen den Systemen CoreMedia CMS und moresophy L4 geschaffen, die
die Funktionen der Topic Map in den Auftritt des Geschäftskundenportals
integriert.
Der gesamte Systemansatz bildet in dieser Form ein mehrdimensionales
System aus
der hierarchischen Ordnung im CMS, die die fachliche Abbildung
der Inhalte wieder gibt und der Orientierung der Redakteure dient.
der Navigationsstruktur, die die fachliche/ thematische Ordnung im
Portal abbildet und den Benutzer führt.
dem semantischen Netzwerk der Taxonomie, über das dynamisch
Informationen im Portal dargestellt werden.
7. Abb 2: Netzwerke des Geschäftskundenportals
Neben der technischen Dimension, also dem Design und der Programmie-
rung der Schnittstellen zwischen CMS und L4, stellte dieser neue Ansatz
auch erweiterte Anforderungen an das Design der Oberfläche. Im Gegensatz
zur klassischen Herangehensweise, bei der man verschiedene Seitentypen
definiert, konnte man in diesem Fall nicht mehr eine komplette Seite als
eine Einheit entwerfen.
Für die Darstellung der dynamischen Inhalte pro Seite wurde das Konzept
der Kontextboxen definiert, bei dem es galt, verschiedene Details zu lösen:
Wo sollten die Boxen für die jeweils anderen Themen (Produkte &
Lösungen/ Erfolgsgeschichten/ Wissen & Trends) auf den Detail-
seiten angezeigt werden?
Wo sollten die Kontextboxen für Cross-/ Upselling stehen?
In welcher Reihenfolge werden die Inhalte angezeigt?
Wie sollten sich die Boxen verhalten, wenn mehr Inhalte gefunden
wurden als Platz vorhanden oder wenn nichts gefunden wurde?
Nach den Pflichtveranstaltungen Konzeption, Design und Redesign folgte
mit einer Realisierungszeit von rund 6 Monaten die Kür. Das Portal wurde
im August 2008 erfolgreich gelauncht.
8. 6. Erfahrungen & Vorteile
Durch die Integration der fachlichen Informationsstruktur über eine Topic
Map in den Auftritt des Geschäftskundenportals ist ein Portal entstanden,
mit der man in der Lage ist, folgende Vorteile auszuschöpfen:
neue Inhalte können durch die Definition von semantischen Ver-
knüpfungen problemlos und automatisch verknüpft werden
durch die getrennte Redaktion von CMS und Topic Map können
Inhalte unabhängig von der Hierarchie schnell neu gruppiert und in
einem neuen Kontext angezeigt werden.
die Erstellung von Themenportalen und Kampagnenseiten ist
durch die Definition von neuen Topic Maps sehr einfach gewor-
den, da vorhandener Inhalt ohne großen Mehraufwand thematisch
neu gruppiert und wieder verwendet werden kann.
die Pflegeaufwände für Verlinkungen konnten erheblich reduziert
werden, da die Zuweisung von verbundenen Informationen über
die Taxonomie erfolgt.
die Kontextboxen und die Boxen auf den Verteilseiten wurden mit
Intelligenz versehen, selbst Inhalte aus dem CMS bzw. der Taxo-
nomie zu ziehen und die Menge der Inhalte zu Händeln. Redaktio-
nelle Aufwände für die Befüllung der Boxen mit Inhalten (Texten,
Bildern, Verlinkungen) entfällt.
7. Ausblick
Zukünftig möchten wir Informationen von Dritten noch stärker nutzen. Wir
denken daran, eine Servicestruktur im Portal zu bauen, die nach einem
Login personalisierte Inhalte an einzelne Benutzer oder Benutzergruppen
über die Taxonomie zuweist.
Literatur
[ÚlrMaiAng07] Ullrich, Maier, Angele (2007). Taxonomie, Thesaurus, Topic Map,
Ontologie – ein Vergleich. Ontoprise Whitepaper Series. Download am 14.08.2009:
http://tiny.cc/SBNI9
[MaiBo09] Maicher, Lutz; Bock, Benjamin (2009). It’s all around the domain ontologies - Ten
benefits of a Subject-centric Information Architecture for the future of Social Networking.
Download am 14.08.2009: http://tiny.cc/drg33