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01 | 2012 FINANCE72
RISIKOMANAGEMENT
Von Steffen Rohr und
Torsten Röhner
D
ass Risikomanagement ei-
nem Regelkreis aus Identifikati-
on, Analyse, Bewertung, Strategie
und Kontrolle folgt, ist allgemein bekannt
und nicht neu. Viele Unternehmen haben
sich nach diesem Ansatz ein Risikomana-
gementsystem aufgebaut – jedoch häufig
mit einem Schönheitsfehler: Bei der Ana-
lyse und Bewertung werden die Risiken ei-
gentlich nie wirklich gemessen, und schon
gar nicht das Gesamtrisiko. Dabei steckt in
der Risikomessung der eigentliche Mehr-
wert, denn das ist die Basis, um fundierte
Entscheidungen treffen zu können.
Risikoinventur greift zu kurz
Was derzeit in Unternehmen gemacht
wird, sieht kurz gefasst wie folgt aus: Das
Risikocontrolling befragt die Fachberei-
che, welche Risiken bei ihnen existieren,
welche Eintrittswahrscheinlichkeit sie ha-
ben und welcher Schaden entstehen kann.
Eine solche Risikoinventur mag für „Versi-
cherungsrisiken“ gut passen, greift aber
bei allen anderen Risiken zu kurz. Die we-
nigsten Risiken lassen sich in dieses einfa-
che Schema pressen. In den meisten Fällen
unterliegen die Schadenshöhen einer
Wahrscheinlichkeitsverteilung. Nur bei
wenigen Risiken, wie etwa bei Vertrags-
strafen, steht ein Schaden eindeutig fest.
Wenn jedoch eine Fertigungsanlage aus-
fällt, lässt
sich die genaue
Schadenshöhe in
der Regel nicht vor-
hersagen. In der Risi-
koliste landet daher nur
der Durchschnittsschaden.
Oder beim Währungsrisiko:
Was ist hier der Schadenswert,
was die Eintrittswahrscheinlich-
keit? Die Treasury-Abteilung kennt
die gesamte Verteilung des Dollarrisi-
kos, meldet aber nur den Value-at-Risk
bei 95 Prozent Wahrscheinlichkeit. Wie
hoch das Risiko bei 99 oder bei 75 Prozent
ist, wird vernachlässigt.
Es ist daher notwendig, jedes Risiko
richtig zu modellieren, indem jedem mög-
lichen Schaden eine Wahrscheinlichkeit
zugeordnet wird. Benötigt wird also ein
„Abdruck“ des Risikos nicht in Gips, son-
dern in Zahlen. Unsere Erfahrungen zei-
gen, dass die jeweiligen Fachverantwortli-
chen ein gutes Gespür für ihre Risiken ha-
ben, wenn sie es nicht sowieso „ganz ge-
nau“ wissen, wie eben bei Finanzmarktri-
siken. Da Menschen aber nicht in Vertei-
lungskurven denken, muss man diese ge-
meinsam mit ihnen entwerfen, anstatt sie
durch die Abfrage von einwertigen
Schadenshöhen zu unvollständigen
Aussagen zu zwingen.
Eins und eins kleiner als zwei
Wie hoch ist eigentlich das Gesamt-
risiko des Unternehmens? Diese
Frage bleibt in der Praxis häufig
unbeantwortet, da es mit den un-
vollständigen Informationen einer
Risikoinventur auch gar nicht be-
rechnet werden kann. Die reine
Addition der Schadenshöhen al-
ler Einzelrisiken ist falsch, da
sie die Eintrittswahrschein-
lichkeiten vernachlässigt
und unterstellt, dass alle
Risiken gleichzeitig eintre-
ten. Dieser Fall dürfte
höchst unwahrscheinlich
sein. Eine Mittelwertbil-
dung bei den Einzelrisiken
führt ebenfalls nicht zum Ziel, weil das Er-
gebnis zwar statistisch richtig ist, aber in
vielen Fällen praktisch nicht vorkommen
kann.
Außerdem dürfen Risiken nicht isoliert
betrachtet werden, da sie mit anderen Ri-
siken zusammenhängen. Diese Interde-
pendenzen werden oftmals außer Acht ge-
lassen, obwohl sie bekannt sind oder sein
könnten. Bei Finanzmarktrisiken sind die
Korrelationen von Währungen, Zinsen
oder Rohstoffen leicht aus historischen
Daten zu berechnen. Bei anderen Ge-
iStock
73
RISIKOMANAGEMENT
01 | 2012FINANCE
schäftsrisiken müssen sie hergeleitet wer-
den. Ein Brand in einer Anlage kann eben
nicht nur zu Reparaturkosten führen, son-
dern auch zu einem Umsatzverlust durch
den Produktionsausfall.
Für die Ermittlung des Gesamtrisikos
ist daher ein Risikomodell notwendig, das
nicht nur die Verteilungen der Schadens-
höhen, sondern auch die Korrelationen
zwischen den einzelnen Risiken berück-
sichtigt. Auf dieser Basis kann mit Hilfe ei-
ner Monte-Carlo-Simulation das Gesamt-
risiko ermittelt werden. Als Ergebnis ergibt
sich kein einzelner Wert, sondern eine Ver-
teilung für das Gesamtrisiko. Daraus lässt
sich nicht nur ein Erwartungswert ableiten,
sondern auch eine fundierte Aussage tref-
fen: Mit einer Wahrscheinlichkeit von z.B.
95 Prozent wird das Gesamtrisiko nicht
größer als soundsoviel Millionen Euro
sein. Bei Finanzmarktrisiken sind solche
Verfahren zur Risikoquantifizierung weit
verbreitet und laufen unter den Begriffen
Value- bzw. Cashflow-at-Risk. Diese Dar-
stellung zeigt nicht nur, wie viel Risiko
durch das Ergebnis, die Liquiditätsreser-
ven oder das Eigenkapital gedeckt ist. Da
bei der Modellierung der Risiken nicht nur
die „negativen“ Seiten berücksichtigt sind,
werden auch die Chancen und Potentiale
des Unternehmens sichtbar.
Das „Gegengift“ messen
Wie man mit Risiken umgeht, ob man sie
absichert oder selbst trägt, wird bei vielen
Unternehmen anhand einer Risikomatrix
entschieden, die die Risiken nach Eintritts-
wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe ab-
bildet. Ob die Absicherung eines Risikos
tatsächlich sinnvoll ist und das Gesamtri-
siko senkt, kann gar nicht festgestellt wer-
den, wenn man das Zusammenspiel der
Risiken nicht berücksichtigt. Möglicher-
weise besteht ja bereits eine Risikodiversi-
fikation im Portfolio. Es könnte beispiels-
weise die Frage im Falle eines Fuhrparks
auftauchen, ob es sinnvoll ist, für jedes
Fahrzeug eine Versicherung abzuschlie-
ßen, oder das Risiko von Schäden selbst zu
tragen, da diese im Schnitt geringer aus-
fallen als die Versicherungsprämie.
Zur Steuerung der Risiken ist es daher
notwendig, die Risiken zu kennen, die den
größten Einfluss auf das Gesamtrisiko ha-
ben. Außerdem muss getestet werden,
welche Auswirkungen Sicherungsstrate-
gien mit Derivaten oder Versicherungen
tatsächlich auf die Höhe des Gesamtrisikos
haben – und zu welchen Kosten. Dazu
müssen die Sicherungsinstrumente und
anderen Maßnahmen zur Risikobegren-
zung abgebildet werden, und zwar genau
so wie die Risiken selbst. Mit diesem Risi-
komodell kann die Wirkung der verschie-
denen Varianten berechnet werden, um
die optimale Risikostrategie zu finden –
eine, die sowohl zur gewünschten Risiko-
höhe als auch zum Budget passt.
Es reicht heute nicht mehr aus, Risiken
nur zu „inventarisieren“. Man muss das
Gesamtrisiko berechnen und die Auswir-
kungen von Sicherungsstrategien auf Ri-
sikohöhe und Sicherungskosten testen.
Dies erfolgt oftmals nur in Teilbereichen,
wie z.B. im Treasury für Zins- und Wäh-
rungsrisiken. Da nicht nur die Methoden
zur Verfügung stehen, sondern mittlerwei-
le auch die technischen Voraussetzungen
vorhanden sind, sollten diese Maßstäbe
auch für alle anderen Arten von Unter-
nehmensrisiken gelten, die in vielen Fäl-
len eine viel größere Bedeutung für das
Unternehmen haben. Dadurch kann ein
wesentlicher Beitrag zur Senkung des Ge-
samtrisikos und der Sicherungskosten ge-
schaffen werden. ||
Von der Pflicht zur Kür
Risikomanagement ist en vogue. Doch die wenigsten berechnen die Risiken
und die Wirkung von Sicherungsmaßnahmen richtig. Die optimale Risiko-
strategie bleibt so auf der Strecke.
Torsten Röhner
ist Gründer und
Geschäftsführer der
Syconomic GmbH
in Leipzig.
tr@syconomic.com
Steffen Rohr
ist Gründer und
Geschäftsführer der
Syconomic GmbH
in Leipzig.
sr@syconomic.com

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  • 1. 01 | 2012 FINANCE72 RISIKOMANAGEMENT Von Steffen Rohr und Torsten Röhner D ass Risikomanagement ei- nem Regelkreis aus Identifikati- on, Analyse, Bewertung, Strategie und Kontrolle folgt, ist allgemein bekannt und nicht neu. Viele Unternehmen haben sich nach diesem Ansatz ein Risikomana- gementsystem aufgebaut – jedoch häufig mit einem Schönheitsfehler: Bei der Ana- lyse und Bewertung werden die Risiken ei- gentlich nie wirklich gemessen, und schon gar nicht das Gesamtrisiko. Dabei steckt in der Risikomessung der eigentliche Mehr- wert, denn das ist die Basis, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Risikoinventur greift zu kurz Was derzeit in Unternehmen gemacht wird, sieht kurz gefasst wie folgt aus: Das Risikocontrolling befragt die Fachberei- che, welche Risiken bei ihnen existieren, welche Eintrittswahrscheinlichkeit sie ha- ben und welcher Schaden entstehen kann. Eine solche Risikoinventur mag für „Versi- cherungsrisiken“ gut passen, greift aber bei allen anderen Risiken zu kurz. Die we- nigsten Risiken lassen sich in dieses einfa- che Schema pressen. In den meisten Fällen unterliegen die Schadenshöhen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. Nur bei wenigen Risiken, wie etwa bei Vertrags- strafen, steht ein Schaden eindeutig fest. Wenn jedoch eine Fertigungsanlage aus- fällt, lässt sich die genaue Schadenshöhe in der Regel nicht vor- hersagen. In der Risi- koliste landet daher nur der Durchschnittsschaden. Oder beim Währungsrisiko: Was ist hier der Schadenswert, was die Eintrittswahrscheinlich- keit? Die Treasury-Abteilung kennt die gesamte Verteilung des Dollarrisi- kos, meldet aber nur den Value-at-Risk bei 95 Prozent Wahrscheinlichkeit. Wie hoch das Risiko bei 99 oder bei 75 Prozent ist, wird vernachlässigt. Es ist daher notwendig, jedes Risiko richtig zu modellieren, indem jedem mög- lichen Schaden eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet wird. Benötigt wird also ein „Abdruck“ des Risikos nicht in Gips, son- dern in Zahlen. Unsere Erfahrungen zei- gen, dass die jeweiligen Fachverantwortli- chen ein gutes Gespür für ihre Risiken ha- ben, wenn sie es nicht sowieso „ganz ge- nau“ wissen, wie eben bei Finanzmarktri- siken. Da Menschen aber nicht in Vertei- lungskurven denken, muss man diese ge- meinsam mit ihnen entwerfen, anstatt sie durch die Abfrage von einwertigen Schadenshöhen zu unvollständigen Aussagen zu zwingen. Eins und eins kleiner als zwei Wie hoch ist eigentlich das Gesamt- risiko des Unternehmens? Diese Frage bleibt in der Praxis häufig unbeantwortet, da es mit den un- vollständigen Informationen einer Risikoinventur auch gar nicht be- rechnet werden kann. Die reine Addition der Schadenshöhen al- ler Einzelrisiken ist falsch, da sie die Eintrittswahrschein- lichkeiten vernachlässigt und unterstellt, dass alle Risiken gleichzeitig eintre- ten. Dieser Fall dürfte höchst unwahrscheinlich sein. Eine Mittelwertbil- dung bei den Einzelrisiken führt ebenfalls nicht zum Ziel, weil das Er- gebnis zwar statistisch richtig ist, aber in vielen Fällen praktisch nicht vorkommen kann. Außerdem dürfen Risiken nicht isoliert betrachtet werden, da sie mit anderen Ri- siken zusammenhängen. Diese Interde- pendenzen werden oftmals außer Acht ge- lassen, obwohl sie bekannt sind oder sein könnten. Bei Finanzmarktrisiken sind die Korrelationen von Währungen, Zinsen oder Rohstoffen leicht aus historischen Daten zu berechnen. Bei anderen Ge- iStock
  • 2. 73 RISIKOMANAGEMENT 01 | 2012FINANCE schäftsrisiken müssen sie hergeleitet wer- den. Ein Brand in einer Anlage kann eben nicht nur zu Reparaturkosten führen, son- dern auch zu einem Umsatzverlust durch den Produktionsausfall. Für die Ermittlung des Gesamtrisikos ist daher ein Risikomodell notwendig, das nicht nur die Verteilungen der Schadens- höhen, sondern auch die Korrelationen zwischen den einzelnen Risiken berück- sichtigt. Auf dieser Basis kann mit Hilfe ei- ner Monte-Carlo-Simulation das Gesamt- risiko ermittelt werden. Als Ergebnis ergibt sich kein einzelner Wert, sondern eine Ver- teilung für das Gesamtrisiko. Daraus lässt sich nicht nur ein Erwartungswert ableiten, sondern auch eine fundierte Aussage tref- fen: Mit einer Wahrscheinlichkeit von z.B. 95 Prozent wird das Gesamtrisiko nicht größer als soundsoviel Millionen Euro sein. Bei Finanzmarktrisiken sind solche Verfahren zur Risikoquantifizierung weit verbreitet und laufen unter den Begriffen Value- bzw. Cashflow-at-Risk. Diese Dar- stellung zeigt nicht nur, wie viel Risiko durch das Ergebnis, die Liquiditätsreser- ven oder das Eigenkapital gedeckt ist. Da bei der Modellierung der Risiken nicht nur die „negativen“ Seiten berücksichtigt sind, werden auch die Chancen und Potentiale des Unternehmens sichtbar. Das „Gegengift“ messen Wie man mit Risiken umgeht, ob man sie absichert oder selbst trägt, wird bei vielen Unternehmen anhand einer Risikomatrix entschieden, die die Risiken nach Eintritts- wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe ab- bildet. Ob die Absicherung eines Risikos tatsächlich sinnvoll ist und das Gesamtri- siko senkt, kann gar nicht festgestellt wer- den, wenn man das Zusammenspiel der Risiken nicht berücksichtigt. Möglicher- weise besteht ja bereits eine Risikodiversi- fikation im Portfolio. Es könnte beispiels- weise die Frage im Falle eines Fuhrparks auftauchen, ob es sinnvoll ist, für jedes Fahrzeug eine Versicherung abzuschlie- ßen, oder das Risiko von Schäden selbst zu tragen, da diese im Schnitt geringer aus- fallen als die Versicherungsprämie. Zur Steuerung der Risiken ist es daher notwendig, die Risiken zu kennen, die den größten Einfluss auf das Gesamtrisiko ha- ben. Außerdem muss getestet werden, welche Auswirkungen Sicherungsstrate- gien mit Derivaten oder Versicherungen tatsächlich auf die Höhe des Gesamtrisikos haben – und zu welchen Kosten. Dazu müssen die Sicherungsinstrumente und anderen Maßnahmen zur Risikobegren- zung abgebildet werden, und zwar genau so wie die Risiken selbst. Mit diesem Risi- komodell kann die Wirkung der verschie- denen Varianten berechnet werden, um die optimale Risikostrategie zu finden – eine, die sowohl zur gewünschten Risiko- höhe als auch zum Budget passt. Es reicht heute nicht mehr aus, Risiken nur zu „inventarisieren“. Man muss das Gesamtrisiko berechnen und die Auswir- kungen von Sicherungsstrategien auf Ri- sikohöhe und Sicherungskosten testen. Dies erfolgt oftmals nur in Teilbereichen, wie z.B. im Treasury für Zins- und Wäh- rungsrisiken. Da nicht nur die Methoden zur Verfügung stehen, sondern mittlerwei- le auch die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, sollten diese Maßstäbe auch für alle anderen Arten von Unter- nehmensrisiken gelten, die in vielen Fäl- len eine viel größere Bedeutung für das Unternehmen haben. Dadurch kann ein wesentlicher Beitrag zur Senkung des Ge- samtrisikos und der Sicherungskosten ge- schaffen werden. || Von der Pflicht zur Kür Risikomanagement ist en vogue. Doch die wenigsten berechnen die Risiken und die Wirkung von Sicherungsmaßnahmen richtig. Die optimale Risiko- strategie bleibt so auf der Strecke. Torsten Röhner ist Gründer und Geschäftsführer der Syconomic GmbH in Leipzig. tr@syconomic.com Steffen Rohr ist Gründer und Geschäftsführer der Syconomic GmbH in Leipzig. sr@syconomic.com