Der Vortrag wurde anläßlich des 36. Congresses der Society for Newsdesign am 26. September 2014 in Frankfurt am Main gehalten. Der Vortrag gibt einen Überblick über akutelle Trends. Am Anfang sind Beispiele aus dem Online-Bereich. Es folgen Beispiele aus dem Print-Bereich.
48. 48European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 4848Design: Norbert Küpper 48
GrenzEcho
85. Jahrgang · Nummer 262 www.grenzecho.net Samstag, 10. November 2012 · 1,10 Euro
„Kraftwerk“ gastiert nach
über 20 Jahren in Düsseldorf
Pioniere des Elektro-Pop
Medien/Kultur Seite 19
Kinder gestalten
Zukunft ihres Dorfes
Ortsbegehung
Eifel • Ardennen Seite 14
Der Siegelring als
Schmuckstück
WE-Magazin
Beilage
5 413655 000649
4 5
Seit dem 1. Juli 2011 ist es in
Belgien gesetzlich verbo-
ten, in Kneipen und Cafés
zu rauchen. Wie aber sieht
es mit der Umsetzung aus
und welche Strafen ziehen
Zuwiderhandlungen nach
sich? Das GrenzEcho unter-
nimmt den Versuch einer
Bestandsaufnahme. Seite 4
Die Seite Vier
Rauchverbot:
Wie sieht es aus?
Am 9. März 2013 wird die
weit über die Stadtgrenzen
hinaus bekannte Irene Kal-
busch (Foto), die Leiterin
der Compagnie Irene K, we-
gen ihrer Verdienste mit
der Goldenen Feder seitens
der Ex-Prinzen der Stadt
Eupen ausgezeichnet wer-
den. Seite 12
Auszeichnung
Goldene Feder
für Irene K
„Wenn es Belgien eines Ta-
ges nicht mehr geben soll-
te, werden wir alle ärmer
sein.“ Dies sagt der für die
institutionellen Reformen
verantwortliche Staatsse-
kretär Melchior Wathelet
(CDH) in einem GE-Inter-
view. Seite 6
GE-Interview
„Ohne Belgien
sind wir ärmer“
Beilage zum Grenzecho Nr. 262
Samstag, 10. November 2012
WOCHENEND MAGAZIN
Vorweihnachtsstimmung,
Würste und Bier vom Fass
Prag im Advent
Reportage
Haut braucht im Winter Schutz,
denn die Kälte trocknet aus
Je fetter, desto besser
Verschiedenes
Er galt als Symbol für Autori-
tät und Macht. Heute dürften
bei Siegelringen viele an ame-
rikanische Hip-Hopper oder
junge Männer in Studenten-
verbindungen denken. Dabei
tragen viele Männer und man-
che Frauen gerne diese Ring-
form - wenn auch ohne Fami-
lienwappen, aber vielleicht
mit ihren Initialen.
An amerikanischen
Schulen und Universitäten
sind Siegelringe als
Schulring bekannt
Der Siegelring war ur-
sprünglich zum Besiegeln von
Dokumenten gedacht. Um ein
Dokument damit zu versehen,
drückte man den Stempel in
weiches Wachs und verschloss
damit Briefe oder wichtige
Schriftstücke. Im Mittelalter
und der Antike waren diese
Ringe im Allgemeinen der
Oberschicht vorbehalten. Vor
allem waren die Schmuckstü-
cke ein Zeichen von Macht.
„Jede wohlhabende Familie
hatte ein eigenes Siegel - oft
das Familienwappen“, erklärt
Goldschmiedemeister
Bernd
Schwetje.
Zwar verlor der Siegelring
vor langer Zeit seine Funktion,
seine Wirkung behielt er aber
zunächst, sagt Andreas Rose,
Stilberater aus Frankfurt am
Main. Er war ein beliebtes Ac-
cessoire in den Vorstandseta-
gen großer Industrieunter-
nehmen und von Banken.
„Heute trägt der Vorstand der
DAX 30-Unternehmen nur
seinen Ehering am Finger und
eine hochwertige Uhr am
Handgelenk.“
Doch wer trägt den Siegel-
ring heute? Vornehmlich, wer
ein Familienwappen hat. Der
Ring ist ein Zeichen für die
Zusammengehörigkeit
und
die Identifikation mit der Her-
kunft. „Jede Person, die einen
solchen Siegelring trägt, ver- bindet mit diesem besonde-
ren Schmuckstück eine Ge-
schichte“, sagt Patricia Esser-
Föhre vom Zentralverband
der Deutschen Goldschmiede,
Silberschmiede und Juweliere
in Osnabrück.
„Wenn ich den Besitzer ei-
nes Ringes darauf anspreche,
erzählt er mir oft mit einem
Lächeln im Gesicht die Famili-
engeschichte. Zum Beispiel
wie das gravierte Wappen ent-
standen ist und wo die Familie
ursprünglich herkommt.“ An
amerikanischen Schulen und
Universitäten sind Siegelringe
als Schulring bekannt und
sehr beliebt.
Der sogenannte „Klassen-
ring“ ist mit dem Schulwap-
pen, der Jahreszahl des Schul-
abschlusses sowie Symbolen
zum Beispiel für Sportarten
oder Künste, die der Schüler
ausübt, verziert. Aber auch je-
der andere könne einen sol-
chen Ring tragen, findet And-
reas Rose. Sie gewinnen der-
zeit modisch sogar an Bedeu-
tung. Doch er rät immer dar-
auf zu achten, dass diese nicht
zu protzig wirkten.
Die Ringe zieren dann ein-
fach die Initialen oder selbst
entworfene Verzierungen.
Man kann sich aber auch ein
eigenes Wappen zulegen.
Meist helfen Grafiker oder De-
signer, das umzusetzen. Beim
Entwerfen eines Wappens soll-
te man die sogenannten he-
raldischen Richtlinien berück-
sichtigen.
Die Heraldik ist die Gesetz-
gebung der Wappenkunde,
und sieht etwa vor, welche
Farben und wie diese im Wap-
pen verwendet werden. Der
Entwurf wird in einer freien
Wappenrolle eingetragen, wo-
raufhin er geprüft wird - etwa
auf Dopplungen mit anderen
Wappen.
Der Ring wird am
Ringfinger getragen. Und
zwar so, dass die Gravur
erkennbar ist.
Alle Siegel haben eine spiegel-
verkehrte Gravur eines Orna-
ments, Initialen oder eine
Kombination aus beidem. Die
Gravur in Stein oder Metall
geritzt, erklärt Patricia Esser-
Föhre. Häufig sind die Ringe
schlicht aus Gold oder Weiß-
gold, es gibt aber auch opulent
verzierte Ringe mit gravierten
Schmucksteinen.
„Der Ring wird üblicherwei-
se am Ringfinger getragen.
Und zwar so, dass die Gravur
für den Betrachter erkennbar
ist“, erklärt Bernd Schwetje.
Ob es sich dabei um den Ring-
finger der rechten oder der
linken Hand handelt, hänge
von regionalen, konfessionel-
len oder auch familienspezifi-
schen Gegebenheiten ab. Und
natürlich davon, wo man es
am liebsten hat. Auf mittelal-
terlichen Porträts sieht man,
dass Kaufleute den Siegelring
am Zeigefinger getragen ha-
ben. Das sei heute aber unüb-
lich, sagt Schwetje. Gelegent-
lich werde der Siegelring am
kleinen Finger getragen - doch
dahinter steckt keine Traditi-
on, sagt Swentje. Sondern viel-
leicht einfach, dass der Ring
im Laufe der Jahre für den
Ringfinger zu klein geworden
sei.
VON MARINA LEUNIG, DPA
Mode: Einst war er das Erkennungszeichen der mächtigen Oberschicht, noch heute ist er ein Statement
Der Siegelring, Schmuckstück mit Geschichte
Eher Musiker- denn Adels-Insignium: Ein Schmuckstück wie dieses von I AM ähnelt den Ringen, die amerikanische Hip-
Hopper gern tragen (circa 6 Euro).
Foto: I AM
Make love, not war: Moderne Siegelringe wie dieses
Modell von SIX mit dem Peace-Zeichen setzen ein
friedliches Signal (circa 5 Euro). Foto: SIX
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Die deutschsprachige Tageszeitung in Ostbelgien
Leckerei mit Weltruhm
Belgische Praline feiert 100. Geburtstag Seite 7
Notdienste: Seite 27
Anvisiert wir die Zeitspanne
vom 2. bis 4. Januar 2013. „Das
Ganze ist noch keine definitiv
beschlossene Sache“, versuch-
te Kabelwerk-Generalsekretär
Hermann-Joseph Bernrath
gestern ein wenig abzuwie-
geln - allerdings sind die Ge-
werkschaften diesbezüglich
schon informiert worden.
„Natürlich ist eine solche
Maßnahme beunruhigend,
aber seit der letzten Reform
besteht nun mal die gesetzli-
che Grundlage hierfür“, erklär-
te FGTB-Gewerkschaftssekre-
tär Renaud Rahier. Gleichwohl
wollte Rahier nicht in Panik
verfallen. Man sei nicht blind
und wisse, wie schwierig die
momentane Marktsituation
sei. Dabei verwies er auf die
geplante Schließung des
Ford-Werks in Genk oder der
Bombardier-Niederlassung in
Aachen.
Ob diese Premiere im Kabel-
werk eine einmalige Sache sei
oder in Zukunft Schule ma-
chen kann, wollte Generalse-
kretär Bernrath weder bestäti-
gen noch ausschließen: „Wir
können jetzt noch nicht sa-
gen, was beispielsweise im Fe-
bruar sein wird.“ Seite 10
Premiere: Auch 250 Angestellte betroffen
Kurzarbeit
im Kabelwerk
ausgedehnt
Kurzarbeit wird im Eupe-
ner Kabelwerk nicht länger
nur die Arbeiterschaft tan-
gieren. Aufgrund der mau-
en Auftragslage wird das
Unternehmen in der ers-
ten Januar-Woche für drei
Tage auch seine 250 Ange-
stellten in die wirtschaftli-
che Arbeitslosigkeit ver-
setzen.
Am morgigen Sonntag, 11. No-
vember, findet auf dem Kel-
miser Galmeiplatz bereits
zum 25. Mal das sogenannte
Küschespektakel statt. Seit ei-
nem Vierteljahrhundert geht
es im dortigen Festzelt anläss-
lich der Karnevalseröffnung
im KeNeHeMo-Land bei
prächtiger Stimmung rund.
Die Attraktivität der Veran-
staltung hat in den letzten 25
Jahren nicht abgenommen,
was nicht zuletzt daran liegen
dürfte, dass der Reinerlös kari-
tativen Zwecken gespendet
wird: seit 1988 mehr als
220.000 Euro. Seite 11
Karneval: Eröffnungsfest in Kelmis
Ein Vierteljahrhundert
Küschespektakel
Gestern Nachmittag stellte
sich das künftige Raerener Ge-
meindekollegium der Presse
vor. Neben Hans-Dieter La-
schet, der als Bürgermeister
auch in der kommenden Le-
gislaturperiode die Geschicke
der Gemeinde leiten wird, ge-
hören zwei Ecolo-Vertreter
(Ludwig Gielen, Heike Esfahla-
ni-Ehlert) und drei Mit-uns-
Kandidaten (Marcelle Vans-
treels, August Boffenrath, Joa-
chim van Weersth) dem kom-
munalen Exekutivorgan an.
Mit Ulrich Deller wird zudem
ein Grüner den ÖSHZ-Vorsitz
übernehmen.
Überraschenderweise wird
Ecolo-Spitzenkandidat David
Kirschvink nicht Teil des Kol-
legiums, da dies für ihn aus
beruflichen Gründen nicht
möglich ist. Seite 13
Gemeindekollegium: Laschet startet mit runderneuerter Mannschaft in künftige Legislatur
Zwei Schöffenposten für Ecolo in Raeren
Die neue Mehrheit im Raerener Gemeinderat. Foto: David Hagemann
Heute Nachmittag (14.30 Uhr)
empfängt Fußball-Drittligist
RFC Union Kelmis den CS Ver-
viers zum Derby der 3. Divisi-
on B. Nach zuletzt vier Spielen
in Folge ohne Niederlage (zwei
Siege, zwei Unentschieden)
hofft der Kelmiser Trainer Luc
Sluysmans auf das nächste Er-
folgserlebnis, um sich in der
Tabelle weiter nach oben zu
arbeiten.
Die AS Eupen ist schon seit
fünf Spielen (zwei Siege, drei
Unentschieden) unbesiegt.
Heute Abend (20 Uhr) sind die
Eupener bei Erstligaabsteiger
Sint-Truiden zu Gast. AS-
Coach Bartolomé Márquez Ló-
pez muss auf die verletzten
Ibusuki, Bassey und Wala Zock
verzichten. Seiten 30 & 31
Fußball
Derby in Kelmis,
AS Eupen zu Gast
in Sint-Truiden
49. 49European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 4949Design: Norbert Küpper 49
GrenzEcho
Unter der weißen Kochmütze
bilden sich Schweißperlen auf
der Stirn von Olivier Demol.
Mit einem Plastikschaber
rührt er in einem großen Bot-
tich voll flüssiger Schokolade.
Dann tunkt er gefüllte Kro-
kantröllchen hinein und um-
hüllt sie mit der duftenden
Masse. Demol ist Maître Cho-
colatier beim Pralinen-Her-
steller Neuhaus.
Auch einer der
momentanen Stars der
Szene kommt aus Belgien:
Die Luxus-Pralinen von
Pierre Marcolini sind auch
in Kuwait oder Japan
gefragt.
Der belgische Verband Cho-
prabisco, der die Süßwarenin-
dustrie vertritt, datiert die Ge-
burtsstunde der Praline auf
das Jahr 1912. Damals füllte
Jean Neuhaus im Keller seiner
Apotheke in Brüssel eine
Creme in eine Hülle aus Scho-
kolade und erfand damit die
belgische Praline. 100 Jahre
später hat sich die Schokola-
denkunst zu einem der Mar-
kenzeichen Belgiens entwi-
ckelt. Im Zentrum von Brüssel
reihen sich zahlreiche Prali-
nenläden aneinander, darun-
ter große Hersteller wie Godi-
va oder Leonidas und kleinere
Chocolatiers. Auch einer der
momentanen Stars der Szene
kommt aus Belgien: Die Lu-
xus-Pralinen von Pierre Mar-
colini sind auch in Kuwait
oder Japan gefragt. Demol ent-
wickelt etwa 100 neue Prali-
nen pro Jahr. Davon schaffen
es zwischen fünf und zehn auf
den Markt. „Wir arbeiten bis
zu sechs Monate daran, verän-
dern die Aromen oder ihre Zu-
sammensetzung“, erklärt er.
Schokolade ist Demols Leiden-
schaft. „Ich träume sogar von
Rezepten. Ich bin ein Schoko-
holic.“ 300 Millionen Pralinen
liefert Neuhaus jedes Jahr in
50 Länder in aller Welt. In der
großen Produktionshalle des
Unternehmens am Stadtrand
von Brüssel brummen die Ma-
schinen, es duftet nach Scho-
kolade, Nüssen und Nougat.
Im ersten Stock rühren Choco-
latiers die Füllungen für die
Pralinen an, die über große
Förderbänder nach unten
transportiert werden.
Milliarden Euro werden
jährlich in der Pralinen-
und Schokoladenindustrie
Belgiens umgesetzt. Fast
50.000 Tonnen Pralinen
exportierte das kleine
Land im vergangenen Jahr.
Jede Praline hat ihren eige-
nen Herstellungsprozess: Für
die Manon Sucre - die einzige
Neuhaus-Praline ohne Scho-
kolade - wird zunächst der
Kern aus Buttercreme herge-
stellt und dann mit einer Zu-
ckermasse umhüllt. Für ande-
re Pralinen werden Schokola-
denformen gegossen, mit ei-
ner Creme, Nüssen oder ande-
ren Zutaten gefüllt und wieder
verschlossen. Zwischen den
einzelnen Produktionsschrit-
ten werden die Pralinen her-
untergekühlt und durchgerüt-
telt, um die Masse gleichmä-
ßig zu verteilen und Luftbla-
sen zu vermeiden.
„Verpackung,
Präsentation, alles Blabla.
Man braucht nur gute
Schokolade und gute
Früchte.“
Nach Angaben des Verbands
Choprabisco werden in der
Pralinen- und Schokoladenin-
dustrie Belgiens jährlich 4,1
Milliarden Euro umgesetzt.
Fast 50.000 Tonnen Pralinen
exportierte das kleine Land
2011. „Als Belgier müssen wir
stolz auf unsere Schokolade
sein“, sagt Peggy van Lierde,
die Direktorin des Brüsseler
Schokoladen-Museums. Grün-
de für den Erfolg sind ihrer
Meinung nach das Know-how
der Pralinenmacher, die hoch-
wertigen Zutaten und die tra-
4,1
ditionelle Herstellung. „Der
Feinschliff erfolgt immer noch
per Hand, das ist sehr wich-
tig.“ Der Chocolatier Laurent
Gerbaud hat einen kleinen La-
den im Zentrum Brüssels.
Dort stellt er seine Pralinen
täglich frisch her. Das Beson-
dere: Gerbaud verwendet nur
wenig Zucker und keine Zu-
satzstoffe. Seine Spezialität
sind mit dunkler Schokolade
umhüllte Früchte. Er verwen-
det auch ausgefallenere Zuta-
ten wie Physalis, Preiselbee-
ren, Ingwer oder Chilli. „Es
hängt alles von den Zutaten
ab“, sagt Gerbaud. „Verpa-
ckung, Präsentation, alles Bla-
bla. Man braucht nur gute
Schokolade und gute Früchte.“
Bei Neuhaus hat jede der 80
Pralinen eine Geschichte. Die
„Tentation“ (Versuchung)
wurde für die Weltausstellung
in Brüssel 1958 kreiert, die „Al-
bert“ zur Hochzeit des damali-
gen Prinzen (und heutigen
Königs) 1959. „Wir haben viele
alte Rezepte, nach denen wir
unsere Pralinen herstellen“,
sagt Demol. Einige haben sich
seit 75 Jahren nicht verändert.
Maschinen helfen inzwischen
bei der Herstellung, aber vie-
les wird immer noch von
Hand gemacht. „Die Basis ist
die gleiche geblieben“, erklärt
Chef Jos Linkens. „Wir haben
nur den Prozess verbessert.“
Jubiläum: Belgische Praline wird 100
VON MIRIAM SCHMIDT, DPA
Die Praline ist eine der be-
liebtesten Naschereien der
Welt. Und bekannt für be-
sonders gute Schoko-
Häppchen ist Belgien. Vor
100 Jahren füllte Jean
Neuhaus dort zum ersten
Mal eine Schokohülle mit
Creme - die Geburtsstunde
der belgischen Praline.
„Es hängt
alles von den
Zutaten ab“
Der Neuhaus-Mitarbeiter David Deyaert bringt in der Produktionshalle des belgischen Pralinen-Herstellers Neuhaus am
Stadtrand von Brüssel flüssige Schokolade auf die richtige Temperatur. Vor 100 Jahren füllte Jean Neuhaus zum ersten Mal
eine Schokohülle mit Creme - die Geburtsstunde der belgischen Praline. Foto: Miriam Schmidt/dpa
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Das Kernkabinett hat sich am
Donnerstagabend darauf geei-
nigt, eine neue Steueramnes-
tie zu gewähren. Diese Maß-
nahme könne bis zu 600 Mil-
lionen Euro in den Staatshaus-
halt fließen lassen, berichtete
die Brüsseler Tageszeitung „Le
Soir“ (Online-Ausgabe). Die
Details müssten noch geregelt
werden, doch niemand sträu-
be sich gegen eine solche Re-
gelung, heißt es in dem Be-
richt weiter mit der Berufung
auf mehrere Verhandlungs-
partner. Diese Steueramnestie
solle sich in zwei Phasen ab-
spielen. Die erste Phase be-
handle die „kleinen Betrüger“,
ehe in einer zweiten Phase die
„großen Betrüger“ eine Steu-
eramnestie genießen dürften.
Mit einer Steueramnestie - ei-
gentlich handelt es sich um ei-
ne „einmalige befreiende Er-
klärung“ - will die öffentliche
Hand vor allem eines errei-
chen: Untergetauchtes
Schwarzgeld an die Oberfläche
holen. Der Staat nimmt auf
diese Weise nicht nur Bußgel-
der ein, sondern sorgt dafür,
dass Kapital aus dem Ausland
zurück nach Belgien kommt -
und dies wiederum stützt die
Wirtschaft in unserem Land.
Die Steueramnestie-Runde im
Jahr 2004 brachte dem Staat
rund 500 Millionen Euro ein.
Das Bußgeld belief sich auf
sechs bzw. neun Prozent. Es
waren die Liberalen, die sich
bisher für eine neue Steuer-
amnestie-Runde starkmach-
ten. Die Sozialisten waren all-
ergisch gegen eine solche
Maßnahme, vor allem da sie
den Kampf gegen Steuerbe-
trug zu ihrem Steckenpferd
erkoren haben, doch nun ha-
ben auch sie der Maßnahme
zugestimmt.
Zeitungsbericht: Einnahmen von rund 600 Millionen Euro
Regierung: Einigung auf Steueramnestie
Politik · Gesellschaft
GrenzEcho
Samstag, 10. November 2012 7
50. 50European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5050Design: Norbert Küpper 50
GrenzEcho
85. Jahrgang · Nummer 278 www.grenzecho.net Donnerstag, 29. November 2012 · 1,10 Euro
Hobbit-Film zeigt Vorge-
schichte zu „Herr der Ringe“
Weltpremiere
Medien • Kultur Seite 32
Neue Schutzhülle
für den Unglücksreaktor
Tschernobyl
Aus aller Welt Seite 34
Jacques Berndorf legt
neuen Eifel-Krimi vor
Drei Bücher zu gewinnen
Eifel • Ardennen Seite 21
Im kommenden Jahr ist es
800 Jahre her, dass die Ort-
schaft Eynatten erstmals
urkundlich erwähnt wird.
Der Verkehrsverein und en-
gagierte Bürger nehmen
dies zu einem umfangrei-
chen Festprogramm zum
Anlass. Seite 14
Jubiläum
Eynatten wird
800 Jahre alt
Der Kauf von (rezeptfreien)
Medikamenten in virtuel-
len Apotheken, die behörd-
lich genehmigt sind, bür-
gert sich langsam ein. New-
pharma, die erste Internet-
apotheke in unserem Land,
schreibt seit vier Jahren an
ihrer eigenen Erfolgsge-
schichte. Seite 6
Newpharma
Onlineapotheke
stets populärer
Rollstuhlbasketball
Die deutschsprachige Tageszeitung in Ostbelgien
Wohin mit der Gülle?
Neue Verordnung macht auch ostbelgischen
Landwirten zu schaffen. Seite 4
fangen, wo sie Ende März auf-
gehört haben. Erst für April
wird das Inkrafttreten eines
Königlichen Erlasses, der die
Indexierung der Strom- und
Gaspreise neu regelt, erwartet.
Mindestens bis April 2013 ha-
ben also Electrabel & Co. Zeit,
Winter vor der Tür stehe. Dass
es der Regierung in all den
Monaten nicht gelungen ist,
die Preisanpassungen der
Strom- und Gasanbieter neu
zu reglementieren, liegt an
Meinungsverschiedenheiten
innerhalb der Di-Rupo-Mann-
Energie: Anbieter dürfen bald wieder an der Preisschraube drehen
Strom und Gas
werden teurer
Ab dem 1. Januar dürfen
die belgischen Strom- und
Gasanbieter wieder ihre
Tarife anpassen. Es wird
mit Preissteigerungen im
zweistelligen Prozentbe-
reich gerechnet.
Die Table Ronde und das Rote
Kreuz rufen zur Unterstüt-
zung ihrer „Weihnachtspäck-
chen-Aktion“ auf. Gesucht
werden Alltagsgegenstände,
die nicht mehr gebraucht wer-
den, aber dennoch in einem
guten Zustand sind. Diese sol-
len an Weihnachten an die
rund 500 bedürftigen Men-
schen in der Eupener Region
verteilt werden. Der Fantasie
beim Bepacken der Geschenk-
Weihnachtsaktion
Solidaritätsaufruf
zu Weihnachten
Die Grünen beklagen, dass bis
zu Dreiviertel der Züge zu spät
am Eupener Bahnhof ankom-
men. So will die Ecolo-Senato-
rin Claudia Niessen vom zu-
ständigen Minister Paul Mag-
nette (PS) erfahren haben,
„dass bereits in den Winter-
monaten Januar und März
51,1% bzw. 65,1 % und in den
Frühsommermonaten Mai
und Juni gar 73 % bzw. 64 %
der Züge den Bahnhof Eupen
Ecolo
Züge meistens
zu spät in Eupen?
51. 51European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5151Design: Norbert Küpper 51
GrenzEcho
4 Die Seite Vier
GrenzEcho
Donnerstag, 29. November 2012
Durch die neue Gesetzeslage müssen Landwirte im nitratgefährdeten Gebiet ihre Gülleausbringung reduzieren - andernfalls drohen saftige Geldstrafen. Foto: dpa
Der Lontzener Landwirt Leo
Kessel und seine beiden Söh-
ne Nico und Thomas, die ei-
nen Betrieb mit insgesamt 170
Milchkühen führen, sind mit
„zwei blauen Augen davon ge-
kommen“, wie sie es ausdrü-
cken. Zwar verläuft die neue
„Nitratgrenze“ mitten durch
die von ihnen genutzten Län-
dereien, doch nur ein Drittel
der 105 Hektar großen Fläche
ist betroffen. Hier müssen die
Landwirte ab dem 1. Januar
2013 ihre jährliche Düngeaus-
bringung reduzieren. Ein paar
Meter Luftlinie entfernt gilt
diese Einschränkung für die
gesamte Nutzfläche der Bau-
ern.
„Unsere Nachbarn liegen
mittendrin. Weder arbeiten
sie anders als wir, noch haben
sie schlechtere Nitratwerte.
Wir verstehen die Logik des
neuen Erlasses von Minister
Henry nicht“, macht Leo Kes-
sel seinem Unmut Luft. Als
hätten die Landwirte nicht be-
reits genug Fronten, an denen
sie um ihre Existenz kämpfen
müssen - siehe die Proteste zu
Wochenbeginn in Brüssel -,
macht ihnen jetzt eine weitere
Vorschrift zu schaffen.
Hintergrund für die Aus-
dehnung des nitratgefährde-
ten Gebietes sind die Nitrat-
werte im Grundwasser, die
nach Auffassung der EU in der
Wallonie zu hoch liegen. Er-
laubt sind 50 Milligramm pro
Liter. Landwirtschaft mit ihrer
Gülledüngung gilt als einer
der größten Verursacher von
Nitratbelastung. Doch im
durch Grünflächen (94%) und
Milchviehhaltung geprägten
Osten Belgiens liegen die Wer-
te weit unter der zulässigen
Höchstmenge. Nur sehr ver-
einzelt nähern sich die Werte
mit 25 bis 40 Milligramm Nit-
rat pro Liter dem gesetzlichen
Grenzwert.
„Grünland übt bewiesener-
maßen eine Schutzfunktion in
Sachen Nitratauswaschung
aus“, weiß Helmut Veiders
vom Belgischen Bauernbund.
„Da die Wiesen im Gegensatz
zu Feldern das ganze Jahr über
bewachsen bleiben, wird der
Stickstoff im Boden durch die
ständige Pflanzenaktivität
verwertet und ist deshalb be-
deutend weniger auswa-
schungsgefährdet als auf
Ackerflächen“, resümiert Vei-
ders die Zusammenhänge.
Dass immer mehr „Grünland-
bauern“ in die nitratgefährde-
te Zone fallen, ärgert auch ihn.
Konkret müssen die betrof-
fenen Landwirte ihre Gülle-
ausbringung reduzieren -
nach einer in ihren Augen
nicht ganz nachvollziehbaren
Rechnung. Im nicht gefährde-
ten Gebiet gelten fol-
gende Obergrenzen
für Gülle: 115 kg Stick-
stoff pro Hektar dür-
fen jährlich auf Acker-
flächen verteilt wer-
den; auf Grünflächen
sind 230 kg erlaubt. In
der gefährdeten Zone
gelten dieselben Re-
geln, allerdings mit der Ein-
schränkung, dass der Bauern-
hof einen Durchschnitt von
170 kg nicht überschreiten
darf. Helmut Veiders rechnet
vor: „Wenn der Bauer im Ver-
hältnis für jeden Hektar Grün-
land auch ein Hektar Acker-
land hat, dann liegt er knapp
im Soll und darf auf den Wie-
sen genau so viel Stickstoff
wie immer ausbringen. Der
Kollege ohne Ackerland ist de
facto auf 170 kg beschränkt -
verstehe wer will.“
Zwar ist den ostbelgischen
Landwirten die neue Verord-
nung ein Dorn im Auge, doch
kann sie auch als Teilerfolg ge-
wertet werden. Der Gesetzes-
entwurf sah nämlich eine
noch umfangreichere Ausdeh-
nung vor. „Dann wäre der ge-
samte Norden der DG betrof-
fen gewesen“, erklärt Heinz
Keutgen, Landwirt aus Wal-
horn. Der Bauernbund re-
agierte mit Erfolg: Im Septem-
ber machte er in einem
Schreiben an die Gemeinde-
kollegien von Eupen, Raeren,
Kelmis und Lontzen mobil
und brachte eine Reihe Ge-
genargumente vor. Auch ein
Einspruchschreiben beim Mi-
nister wurde im Rahmen der
öffentlichen Untersuchung
eingereicht.
Offenbar stieß die Argu-
mentation auf offene Ohren.
„In der abgeänderten Version
des Erlasses von Philippe Hen-
ry werden einige unserer
Standpunkte als Begründung
des veränderten Grenzver-
laufs aufgeführt“, betont Hel-
mut Veiders sichtlich zufrie-
den. Die Grenze verläuft jetzt
in einem komplizierten Zick-
zack entlang der Weser und
anderer Bachläufe (siehe Kar-
te) - und damit mitten durch
Gemeinden bzw. Ortschaften.
Doch von Euphorie kann bei
den Landwirten, die sich soli-
darisch mit nahen aber auch
entfernten Nachbarn z.B. im
Herver Land zeigen wollen,
nicht die Rede sein. Die Be-
troffenen haben durch die
Einschränkung der Gülleaus-
bringung kaum Alternativen:
Entweder den Viehbestand re-
duzieren oder zusätzliche Flä-
chen finden. Ersteres kommt
aus betriebswirtschaftlicher
Sicht nicht infrage, da die Ein-
nahmen zu stark sinken wür-
den. „Der Milchpreis ist ja be-
reits im Keller und übersteigt,
wenn überhaupt, dann kaum
unsere Produktionskosten“,
bringt Mathieu Schifflers aus
Walhorn die prekäre finanziel-
le Lage der Milchbauern auf
den Punkt. Bleibt also nur
noch die Suche nach
Land. Land, das es
nicht mehr gibt und
dessen Pacht- und
Kaufpreise in den ver-
gangenen fünf Jahren
in die Höhe ge-
schnellt sind. Leo Kes-
sel nennt Gründe für diesen
Verlust: „Immer mehr land-
wirtschaftliche Nutzflächen
fallen industriellen oder priva-
ten Projekten zum Opfer. Kon-
krete Beispiele sind bei uns
die TGV-Trasse oder die Indus-
triezone, wo 60 Hektar Grün-
land verschwunden sind.
Auch wird auf Kosten von
Dauergrünland Mais ange-
baut, der im benachbarten
Ausland für Bioheizanlagen
gebraucht wird.“ Den Landwir-
ten missfällt vor allem, dass
sie häufig - wie jetzt für erhöh-
te Nitratwerte - als alleiniger
Übeltäter verantwortlich ge-
macht werden. Sie vermissen
beispielsweise eine Untersu-
chung der Auswirkungen von
Wohngebieten auf den Nitrat-
gehalt im Grundwasser. Auch
wenn in der Vergangenheit
Fehler gemacht worden seien,
habe - wie in vielen Berufs-
zweigen, die direkt oder indi-
rekt Auswirkungen auf die
Umwelt haben - ein Umden-
ken stattgefunden. „Die Land-
wirtschaft produziert viel we-
niger Nitrate als noch vor 20
Jahren und setzt Gülle be-
wusster als Düngemittel ein“,
betont Heinz Keutgen.
Wie aus einem Mund klingt
es, wenn die Landwirte ihren
Wunsch für die Zukunft for-
mulieren: mehr praxiserfah-
rene oder der Landwirtschaft
nahestehende Berater in Kabi-
netten, Ministerien und sämt-
lichen Entscheidungsgremien.
VON CYNTHIA LEMAIRE
Am vergangenen Donnerstag hat der wallonische Umweltminister Philippe Henry (Ecolo) die sogenannte nitratgefährdete Zone in
der Wallonie ausgedehnt. Landwirte, deren Flächen sich in diesem Gebiet befinden, müssen ihre Gülleausbringung reduzieren. Die
Grenze verläuft mitten durch die Nordgemeinden der DG und hat nicht nur Auswirkungen auf die direkt betroffenen Bauern.
Gülle-Erlass stinkt Bauern gewaltig
Nach der von Minister Philippe Henry (Ecolo) beschlossenen Ausdehnung des nitratgefährdeten Gebietes erhöht sich die
Anzahl betroffener landwirtschaftlicher Betriebe von 8.756 auf 10.659.
In Ostbelgien liegen die
Nitratwerte weit unter der
zulässigen Höchstmenge.
„Gülle wird viel bewusster
eingesetzt als früher.“
52. 52European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5252Design: Norbert Küpper 52
GrenzEcho
86. Jahrgang · Nummer 10 www.grenzecho.net Samstag, 12. Januar 2013 · 1,20 Euro
Eintrittskarten für
Show zu gewinnen
Circus Mother Africa
Eifel • Ardennen Seite 13
Vor einem Jahr sank
die „Costa Concordia“
Schiffshavarie
Hintergrund Seite 17
Elektroautos
brauchen Anreize
Autosalon
Wochenend-Magazin
Mit den „Knallfröösch“ ist
der Süden der DG um eine
Karnevalsband reicher. Die
fünfköpfige Formation
möchte vor allen Dingen ei-
gene Titel präsentieren und
hat für ihre erste Veröffent-
lichung erst einmal drei Ti-
tel aufgenommen. Seite 12
Karnevalsband
Knallfröösch
mit drei Hits
Um im Unterrichtswesen
die emotionale Bildung zu
fördern, hat der Eupener
Therapeut Ernst Servais ein
selbst zusammengestelltes
Fotobuch herausgebracht.
Die Bilder sollen Kindern
und Jugendlichen dazu die-
nen, sich ihrer Gefühle be-
wusst zu werden. Seite 8
Für den Unterricht
Eupener brachte
Fotobuch heraus
Fußball - 3. Division
Beilage zum Grenzecho Nr. 10
Samstag, 12. Januar 2013
WOCHENEND MAGAZIN
Leo Kever blickt zurück in die
Geschichte von Eynatten
Erinnerungen
Aus der Region
Wer das Abenteuer liebt, dem
winkt Trekking durch die Sahara.
Kamelkuss am Ende der Welt
Reise-Echo
Das war zu erwarten: Die Käu-
fer von Neufahrzeugen haben
sich im vergangenen Jahr 2012
in Belgien nicht zu den Händ-
lern hin gedrängt. Angesichts
der Rekordergebnisse des Jah-
res 2011 ist für echte Katastro-
phenstimmung allerdings
auch kein Platz.
In Brüssel ist der 91. Autosa-
lon bis zum 20. Januar geöff-
net. In einem Jahr, in dem die
Personenfahrzeuge nicht im
Vordergrund glänzen dürfen,
versammelt sich die Lkw-
Branche zu einer mehrtägigen
Fachmesse. Der Fahrradsektor
gesellt sich vom 11. bis 14. Ja-
nuar erneut zur Automesse.
Vélo&Co will zeigen, dass die
Fahrradbranche gut aufge-
stellt ist.
Elektroautos leiden unter
hohen Preisen.
Mancher Besucher des Brüs-
seler Autosalons dürfte sich
die Frage stellen, wie es um
die Elektrofahrzeuge bestellt
ist. Lange Jahre haben wir auf
diese gewartet.
Im vergangenen Jahr war
der Opel Ampera zum Auto
des Jahres erwählt worden.
Und heute? Von Opel Ampera,
Nissan Leaf oder den Elektro-
autos von Peugeot und Citro-
ën sind nur wenige Exemplare
verkauft worden.
Die Erwartungen der Anbie-
ter haben sich nicht erfüllt, die
Kunden sind ausgeblieben.
Privatkäufer melden sich nur
wenige, Firmen zögern. Die
Firmen weisen dem Föderal-
staat und den Regionen hier-
für die Schuld zu. Die Föderal-
regierung hatte zunächst steu-
erliche Anreize geboten, um
es den Käufern zu erleichtern,
die höheren Preise für Elektro-
autos zu zahlen. Dann schaffte
sie diese Vergünstigungen ab
und überließ es den Regionen,
mit eigenen Anreizen den
Kauf von Elektroautos zu be-
günstigen.
Und schon war die Verwir-
rung unvermeidbar. Die Wal-
lonie gewährte einen Ökobo-
nus beim Kauf eines Elektro-
autos, Flandern ging andere
Wege. Schließlich blieben ech-
te Anreize aus ... und die Autos
mit dem umweltschonenden
Elektromotor fanden kaum
noch Anwärter.
Die Hersteller von Elektro-
autos müssen bisher dem
Nachteil der mangelnden
Reichweite Rechnung tragen.
Hundert Kilometer sorgen-
freies Fahren , und schon ver-
sagen die Elektromobile den
Dienst, wenn nicht nachgela-
den wird. Opel und Chevrolet
bieten den Reichweitenverlän-
gerer, andere warten mit Hyb-
ridmodellen auf, bei denen
der Elektromotor als Zusatz
gilt. Renault hat sich mit sei-
nen Elektrofahrzeugen sehr
weit nach vorn gewagt. Der
Twizy war das spektakulärste
Fahrzeug, Kango ZE und Flu-
ence ZE brachten den Beweis,
dass Elektroautos schon all-
tagsfähig sind.
Der Elektromotor hat
jedenfalls als Alternative
noch nicht alle Trümpfe
ausgespielt.
Nun schiebt Renault das
Modell ZOE nach. Dieses Kom-
paktauto soll mit einer Reich-
weite von gut 200 Kilometern
der Elektromobilität einen
wichtigen Dienst erweisen.
Der ZOE ist marktreif und be-
weist, dass Elektroautos im
Stadtgebiet schon wertvolle
Dienste leisten können.
Herkömmliche Motoren mit
Elektroantrieb als Zusatz sind
bei anderen Anbietern zu ha-
ben.
Der Elektromotor hat jeden-
falls als Alternative noch nicht
alle Trümpfe ausgespielt. Vor-
aussetzung bleibt ein günsti-
ger Preis.
Einige Länder, so Norwegen
und Dänemark, bieten hohe
Vergünstigungen in der Be-
steuerung der Elektroautos.
Dort greifen die Käufer dann
auch bereitwillig zu.
Zum Brüsseler Salon zeigen
alle Aussteller, was sie zum
Elektroantrieb zu bieten ha-
ben. Erdgas und LPG sind
ebenfalls Alternativen zu Ben-
zin und Diesel. Erdgas wird in
Belgien noch nicht mit der nö-
tigen Angebotsinfrastruktur
gefördert. LPG bleibt eine kos-
tengünstige und technisch
ausgereifte Formel.
Elektroauto braucht steuerlichen Anreiz
VON HEINZ WARNY
91. Autosalon: Autobranche hofft auf Aufwind vom Salon
Beim Autosalon in Paris hatte Volkswagen den Golf der siebten Generation als Weltpremiere vorgestellt. Mit dem Premierenfieber von Paris oder Frankfurt
kann Brüssel nicht mithalten, doch bleibt der Brüsseler Automobilsalon der wichtigste Treffpunkt für Schaulustige und für echte Käufer.
Der Salon ist bis
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Die deutschsprachige Tageszeitung in Ostbelgien
Jousten zieht Bilanz
Bischof wartet auf seinen Nachfolger Seite 4
Die ostbelgischen Liberalen
(PFF) beraten heute über die
Nachfolge von Parlamentsprä-
sident Ferdel Schröder, der am
4. Januar verstorben war. Als
aussichtsreicher Kandidat gilt
bislang der Bütgenbacher Bür-
germeister Emil Dannemark,
der sein Mandat auf kommu-
naler Ebene mit dem im Parla-
ment verknüpfen könnte.
„Bislang ist aus Respekt vor
Ferdel Schröder darüber noch
gar nicht gesprochen wor-
den“, meinte Dannemark auf
Anfrage gegenüber dem
GrenzEcho. Am Montag findet
ab 18 Uhr im Parlament ein
Trauerakt für Ferdel Schröder
statt, der live vom Offenen Ka-
nal übertragen wird. Unter-
dessen wurde bekannt, dass in
der CSP-Fraktion der desig-
nierte Bütgenbacher ÖSHZ-
Präsident Erwin Franzen für
die verstorbene Gabriele Thie-
mann-Heinen ins Parlament
nachrückt. Seite 6
PFF-Personalie
Emil Dannemark
Kandidat für den
Vorsitz im PDG
scheidung von ehemaligen
Selbstständigen, Beamten
Grenzbeträge um 2% gestei-
gert.
Föderalregierung: Nebentätigkeiten werden vereinfacht
Rentner dürfen mehr
hinzuverdienen
Die Föderalregierung hat
einem Gesetz zugestimmt,
53. 53European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5353Design: Norbert Küpper 53
GrenzEcho
4 Die Seite Vier
GrenzEcho
Samstag, 12. Januar 2013
Bischof Aloys Jousten etwas nachdenklich in seinem Amtszimmer in der Lütticher Rue de
l‘Evêché. Fotos: David Hagemann
Herr Bischof, wie fällt Ihr Fa-
zit des abgelaufenen Jahres
aus?
Es war für mich persönlich
ein besonders Jahr. Ich habe
mein goldenes Priesterjubilä-
um und meinen 75. Geburts-
tag gefeiert. Zwei nachhaltige
Ereignisse, die Gelegenheit
bieten, einmal innezuhalten.
Ich bin glücklich, Priester zu
sein, und auch das Bischofs-
amt, das ich seit fast zwölf Jah-
ren auf den Schultern und vor
allem auf dem Herzen habe,
erfüllt mich mit großer Freu-
de. Das Wichtigste ist, dass ich
den Menschen hier im Bistum
helfen kann, Christ und Kirche
zu sein. Denn beides geht
doch heute eng zusammen,
was in meiner Kindheit nicht
so der Fall war. Damals war die
Hauptsorge: Wie stehe ich vor
dem Herrgott, wie komme ich
in den Himmel? Das hat sich
gewandelt. Heutzutage spüren
viele Christen, dass es vor al-
lem darum geht, als Kirche die
Liebe Gottes zu bezeugen.
Deshalb die Sorge: Wie geht es
nicht mit mir, sondern wie
geht es mit der Kirche weiter?
Da geht es nicht nur um Zah-
len, sondern um Qualität. Die
Frage lautet nicht „Sind wir
viele in der Kirche?“, sondern
„Sind wir Kirche?“.
Aber Qualität ist doch eng
verknüpft mit Personalstär-
ke. Der Priestermangel wird
auch in Ostbelgien immer
akuter, erst zuletzt mussten
deshalb die Dekanate Büllin-
gen und St.Vith zusammen-
gelegt werden. Stirbt die Kir-
che aus?
Die Priesterfrage ist eine
sensible, eine wichtige Frage.
Wir haben es da mit einem ge-
sellschaftlichen Phänomen zu
tun. Die Frage, wie wir uns da-
gegen zur Wehr setzen kön-
nen, stellt sich nicht nur den
Bischöfen und den Priestern,
sondern allen Christen. Die
Frage der Priester ist eine ent-
scheidende, eine fundamenta-
le. Ohne Priester keine Kirche.
Wir sind schließlich kein klei-
ner Verein, sondern eine Ge-
meinschaft, die von Christus
den Auftrag hat, Zeugen sei-
ner Liebe zu sein. Dazu gehört
das Priesteramt. Und die Reak-
tion auf diesen Mangel muss
vom Kopf der Kirche, aber
auch von ihrem Leib kom-
men, vom Inneren heraus.
2001, als Sie zum ersten
deutschsprachigen Lütticher
Bischof wurden, war das für
Ostbelgien historisch. Ist es
nicht rückblickend verwun-
derlich, dass dieses Ereignis
keinen einzigen Deutsch-
sprachigen dazu bewogen
hat, Priester zu werden. Als
Boris Becker, Sie erlauben
diesen Vergleich, damals
Wimbledon gewann, wollten
in Deutschland auf einmal al-
le Tennis spielen.
Viele Dinge sind heutzutage
anders, nicht nur in der Kir-
che. Die Menschen wollen au-
tonom leben, und ich glaube,
dass in der Deutschsprachigen
Gemeinschaft die gesellschaft-
liche Entwicklung nicht nach-
hinkt. Die Zahl der Gottes-
dienstbesucher in der DG ist
zwar positiver als in den ande-
ren Landesteilen, aber es gibt
auch in Ostbelgien eine Ent-
wicklung. Die Jugend und die
Jugendbewegungen stellen
das Katholische nicht mehr in
den Mittelpunkt.
Als Sie zum Bischof geweiht
wurden, beschrieb Sie der
damalige Primas der katholi-
schen Kirche in Belgien, Kar-
dinal Godfried Danneels, als
einen Menschen, der sich sei-
ner Grenzen und Möglichkei-
ten bewusst sei. Ist diese von
Ihnen angesprochene „ge-
sellschaftliche Entwicklung“
eine solche Grenze gewesen?
Ich habe immer versucht,
ich selber zu sein. Nicht ich
sollte im Vordergrund stehen,
als der Macher, sondern Gott
und Jesus Christus. Ich kann
mich immer nur fragen: Habe
ich mich erschöpft in dem,
was ich tun kann? Das ist aber
nur das Begießen, das Wachs-
tum muss ein anderer geben.
Haben Sie denn genug be-
gossen in diesen knapp zwölf
Jahren?
Ab und zu tue auch ich
nicht genug und bleibe hinter
den Erwartungen zurück. Aber
das sollten andere beurteilen.
Ich hoffe, dass die Leute eines
Tages sagen werden, dass ich
ihnen gut getan und ihnen
Mut gemacht habe.
Die Altersgrenze von 75 Jah-
ren zwingt Sie zur Aufgabe
des Bischofamtes. Hätten Sie
andernfalls weitergemacht?
Wahrscheinlich ja, weil es
meine Gesundheit erlaubt
hätte. Aber die Altersgrenze
ist sicher gut, weil man sonst
weitermacht bis zu einer
Grenze, die man selber nicht
mehr wahrnimmt. Der Papst
hat mich gebeten, vorerst wei-
terzumachen, und das tue ich
gerne.
Und wie lange, denken Sie?
Ich gehe davon aus, dass ein
Nachfolger in diesem Jahr ge-
funden wird.
In Ihre Zeit als Bischof fiel
das Bekanntwerden einer
Vielzahl von Missbrauchsfäl-
len in der katholischen Kir-
che in Belgien. Ist das ein
Makel, ein Wermutstropfen,
der Ihre Amtszeit betrübt?
Dieses Ereignis des Jahres
2012 war ein Tsunami, ein er-
schütternder Vulkanausbruch,
der vieles in Frage gestellt hat.
Dass es dies in diesem Aus-
maß gab in unserem Land,
war uns Bischöfen nicht be-
wusst. Und ich glaube vor al-
lem die flämischen Bischöfen
wurden dadurch erschüttert,
während es auf wallonischer
und deutschsprachiger Seite
eher kleine Fallzahlen zu be-
klagen gab. Dennoch wird in
jeder Bilanz über meine Amts-
zeit dieses Ereignis auftau-
chen, ganz klar. Es war ein ru-
hig fließender Bach, und dann
kam der Tsunami. Aber ich
finde, dass unsere Priester
mutig mit dieser Sache umge-
gangen sind. Das war nicht
einfach. Wir kennen inzwi-
schen wieder ruhigere Zeiten,
aber das wird in die Geschich-
te unserer Kirche und unseres
Bistums eingehen. Fälle sexu-
ellen Missbrauchs in der Kir-
che hat es auch in anderen
Ländern gegeben, aber in Bel-
gien hat dieses Unheil, be-
dingt auch durch den Du-
troux-Skandal, mehr Gewicht.
Schämen Sie sich für diese
Missbrauchsfälle?
Damals, als im April 2010
der Brügger Bischof (Roger
Vangheluwe, A.d.R.) zurück-
trat, war ich natürlich erschüt-
tert, weil man sich kaum vor-
stellen kann, dass ein Bischof
so etwas getan hat. Und ja, ich
schäme mich.
Hatten die Missbrauchsfälle
so etwas wie eine positive
Seite, eine selbstheilende
Wirkung?
In gewisser Hinsicht schon,
auch wenn man sich in die-
sem Zusammenhang hüten
sollte, von einer „positiven
Seite“ zu sprechen. Ich habe
dort, wo Sie gerade vor mir sit-
zen, Opfer von Missbrauch sit-
zen gehabt, und dann wird
man ganz klein. Ich schäme
mich, aber vor allem leide ich
mit diesen Leuten.
Immerhin kom-
men jetzt Dinge
ans Tageslicht, die
jahrzehntelang
unausgesprochen
blieben.
Gab es in Ostbelgi-
en tatsächlich nur
wenige solcher Fälle von
priesterlichem Missbrauch?
Also aus der DG sind mir
tatsächlich, was die Nach-
kriegszeit angeht, praktisch
keine Fälle bekannt.
Einen Ostbelgier an der Spit-
ze des Bistums wird es so
schnell nicht mehr geben.
Wird zumindest die Beherr-
schung der deutschen Spra-
che ein Kriterium bei der
Wahl des neuen Lütticher Bi-
schofs sein? Über Ihren Vor-
gänger Albert Houssiau hieß
es einmal: „Das einzige
Wort, das er auf Deutsch
kann, ist Amen.“
Deutsch wird sicher eine
Grundbedingung bei der Be-
zeichnung sein. Wer die Spra-
che nicht zumindest passiv
beherrscht und keine Lust hat,
Deutsch zu lernen, kommt
nicht in Frage.
Was wird aus Ihnen? Bleiben
Sie der Kirche, speziell den
ostbelgischen Pfarren, erhal-
ten?
Ich bin bereit, mich einzu-
setzen und auszuhelfen, aber
ich möchte mich nicht bin-
den, indem ich beispielsweise
Hilfspriester in einem Pfarr-
verband werde. Das kann
Nachteile haben, weil man be-
trachtet wird als jemand, der
dazukommt und Planungen
und Projekte durcheinander-
wirft. Es kann auch sein, dass
mich der neue Bischof um ge-
wisse Dienste bittet.
„Und dann
wird man
ganz klein“
Bischof Aloys Jousten (75) hat sein Amt aus Al-
tersgründen zur Verfügung gestellt. Jetzt war-
tet der Eibertinger auf einen Nachfolger. Zeit
für eine Bilanz: Das GrenzEcho sprach mit
Bischof Jousten in den Räumen des Bistums an
der Maas über seine Amtszeit.
VON BORIS CREMER
„Ich möchte mich nicht
binden, indem ich
beispielsweise Hilfspriester in
einem Pfarrverband werde.“
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
„Die Priesterfrage ist
fundamental. Ohne
Priester keine Kirche.“
Aloys Jousten
55. 55European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5555
Eyetracking test with 20 readers, Bonn 2012
56. 56European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5656
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesign24 Blickaufzeichnung Zeitung 2 · Lesequoten
019
Thema Griechenland Bonner Echo
Samstag,16. Juni 20124
Griechische Preisfrage
Langsam, ganz langsam kriecht
Schnecke über Schnecke. Fünf Euro
kostet ein Kilogramm dieser Delika-
tesse. Langsam, ganz langsam blickt
auch Antonio hoch, als er angespro-
chen wird. Er fährt jeden Tag mit
seinem Moped in die Stadt, um seine
Schnecken auf dem Fleisch- und
Fischmarkt nahe dem Monastiraki-
Platz zum Kauf anzubieten.
DochdieLeutesparen,essenlieber
Nudeln. „Und schön langsam wäre
ich gern eine Schnecke mit einem
eigenen Haus“, philosophiert er vor
sich hin. „Mein Platz zum Schlafen
kostet im Monat 200 Euro. Geld, das
ich nicht habe, wenn keiner Schne-
cken kauft. Willst du welche?“
Weiter drinnen in der Markthalle
wird’s blutig. Männer in nicht mehr
ganzsoweißenKittelnbietenFleisch
an – nur dass hier wesentlich mehr
Kittelträger unterwegs sind als Kun-
den.
So hat Manos Zeit zum Plau-
dern. „Ein Kilogramm Rind-
fleisch kostet 7,50 Euro. Ohne
Knochen“, betont der Fleischer.
„Schweinefleisch kostet
4,50 Euro. Die Preise sind
gesunken.“ Doch
auch hier ist von
Nudeln die Rede,
die neuerdings ge-
häuft auf den Tellern
der Griechen landen.
„Bis Sonntag läuft hier
sowieso nichts“, sagt
Manos. „Die Menschen
sind unsicher, was bei
der Wahl passieren wird.
Wir stecken seit der letz-
ten Wahl in einer Art
Schockstarre.“
Wie diese zu lösen wä-
re, weiß auch er nicht. Ein
mächtiger Mann mit wenig
Haar und viel Bauch bringt
sich zwischen den Disku-
tanten in Position.
„Ich wähle die Linken von der
Syriza. Die anderen – das sind
seitmeinerKindheitdiegleichen
Gesichter. Wie soll sich da etwas än-
dern?“ Fischhändler Paris greift sich
an den Kopf. „Mit dem fliegen wir
doch aus Europa raus. Und Europa
– das ist ein griechisches Wort, ein
griechischer Name. Was wäre Europa
ohne Griechenland? Nichts!“ Dass
Alltagssorgen: Die Griechen verdienen weniger. So sie überhaupt noch einen Job haben. Die Preise dagegen sind gesalzen.
beherzt fest. Da spuckt Paris aus, wer
am nächsten Sonntag seine Stimme
bekommt: „Ich werde die Nea Dimo-
kratia wählen. Antonis Samaras mag
ichzwarnicht,derhatvielesverkehrt
gemacht, aber für mich ist er der
Garant dafür, dass wir weiter in der
Eurozone bleiben.“
Statt wie früher eine Tonne
Fisch pro Woche verkauft er
nun nur noch 300 Kilogramm.
„Und davon ist der Großteil
billiger Fisch,wie Sardinen.“
20 bis 30 Prozent Lohnkürzungen
mussten die Griechen im Zuge der
Sparpakete hinnehmen. Ein Fünftel
der Bevölkerung ist ohne Job. Die
Arbeitslosenquote in Griechenland
ist fast doppelt so hoch wie der
Durchschnitt in der Eurozone. Nur
in Spanien ist die Lage noch schlim-
mer. Im Gegenzug kletterten aber
zum Beispiel die Preise für Benzin
und Zigaretten hoch besteuert nach
oben.EinLiterBenzinkostetinAthen
derzeit 1,849 Euro. Wer sich das noch
leisten will oder kann, kommt dafür
sogar im Berufsverkehr zügig voran.
Denn viele lassen ihr Auto stehen.
Zigaretten kosten vier Euro das
Packerl – auf die scheinen trotzdem
wenige zu verzichten. Mit der U-
Bahn geht es weg vom Monastiraki-
Platz und den Hitzköpfen in der
kühlen Markthalle. Im Supermarkt
angekommen, flattern vereinzelt
griechische Flaggen.
Sie kennzeichnen die wenigen
griechischen Produkte, die der so-
lidarische Kunde doch bitte bevor-
zugen möge. Der Rest ist importiert
–einerderGründefürGriechenlands
wirtschaftliches Desaster.
Der Landwirtschaft kehrten viele
den Rücken, hofften auf mehr Lohn
in der Stadt, um nun oftmals wieder
zurückzukehren und die brachlie-
genden Felder zu bestellen.
Die Preise im Supermarkt jeden-
falls sind gesalzen: Ein Liter Milch
kostet 1,34 Euro, eine Tafel Schoko-
lade 1,14 Euro.Eine Fahrt mit der U-
Bahnkostet1,40Euro,einTagesticket
vier Euro. Dafür, also um vier Euro,
bekäme man in einer Bar in Athen
mit Glück auch eine Halbe Bier – die
Preise schwanken zwischen 3,50 und
fünf Euro.
Am florierendsten scheint die
Lotterie zu sein. Ein Jackpot von
sechsMillionenliegtimTopf.DieAll-
tagssorgen wären mit einem Schlag
weg, um nur zwei Euro pro Gewinn-
schein. Schneckenverkäufer Antonio
hat schon einen.
SchneckenverkäuferAntonio bietet seineWare um fünf Euro pro Kilogramm an.
Doch die Kunden essen derzeit lieber Nudeln.Antonio zahlt 200 Euro im Monat
für einen Schlafplatz. Bilder (3):SN/GUDO
Fischhändler Paris verkauft statt einer Tonne nur noch 300 Kilogramm pro Woche. Die Fleischer Manos und Ioannis hoffen auf eine Entspannung der Lage nach der Wahl vom Sonntag.
Gudrun Doringer
berichtet aus Athen
FREITAG, 15. JUNI 2012 THEMA GRIECHENLAND 3
Griechische Preisfrage
Alltagssorgen. Die Griechen verdienen weniger. So sie überhaupt
noch einen Job haben. Die Preise dagegen sind gesalzen.
ATHEN (SN). Langsam, ganz lang-
sam kriecht Schnecke über Schne-
cke. Fünf Euro kostet ein Kilo-
gramm dieser Delikatesse. Lang-
sam, ganz langsam blickt auch An-
tonio hoch, als er angesprochen
wird. Er fährt jeden Tag mit sei-
nem Moped in die Stadt, um seine
Schnecken auf dem Fleisch- und
Fischmarkt nahe dem Monastira-
ki-Platz zum Kauf anzubieten.
Doch die Leute sparen, essen lie-
ber Nudeln. „Und schön langsam
wäre ich gern eine Schnecke mit
einem eigenen Haus“, philoso-
phiert er vor sich hin. „Mein Platz
zum Schlafen kostet im Monat 200
Euro. Geld, das ich nicht habe,
wenn keiner Schnecken kauft.
Willst du welche?“
Weiter drinnen in der Markt-
halle wird’s blutig. Männer in
nicht mehr ganz so weißen Kitteln
bieten Fleisch an – nur dass hier
wesentlich mehr Kittelträger un-
terwegs sind als Kunden.
So hat Manos Zeit zum Plau-
dern. „Ein Kilogramm Rindfleisch
kostet 7,50 Euro. Ohne Knochen“,
betont der Fleischer. „Schweine-
fleisch kostet 4,50 Euro. Die Prei-
se sind gesunken.“ Doch auch hier
ist von Nudeln die Rede, die neu-
erdings gehäuft auf den Tellern
der Griechen landen. „Bis Sonn-
tag läuft hier sowieso nichts“, sagt
Manos. „Die Menschen sind unsi-
cher, was bei der Wahl passieren
wird. Wir stecken seit der letzten
Wahl in einer Art Schockstarre.“
Wie diese zu lösen wäre, weiß
auch er nicht.
Ein mächtiger Mann mit wenig
Haar und viel Bauch bringt sich
zwischen den Diskutanten in Po-
sition. „Ich wähle die Linken von
der Syriza. Die anderen – das sind
seit meiner Kindheit die gleichen
Gesichter. Wie soll sich da et-
was ändern?“ Fisch-
händler Paris greift sich
an den Kopf. „Mit dem
fliegen wir doch aus Euro-
pa raus. Und Europa – das
ist ein griechisches Wort,
ein griechischer Name. Was
wäre Europa ohne Griechen-
land? Nichts!“
Dass auch die Wörter
„Chaos“ und „Dilemma“ dem
Griechischen entspringen,
nimmt er zur Kenntnis, fährt
aber ungehindert fort: „Außer-
dem waren es die Griechen, die
die Demokratie erfunden haben“,
sagt er, setzt er noch eins drauf,
und dann wird es hitzig in der
frischfischgekühlten Ecke. „Noch
etwas: Die Europäer sind immer
gern nach Griechenland gekom-
men und haben Ouzos aufs Haus
getrunken. Damals hat ihnen un-
ser Lebensstil noch gefallen. Und
GUDRUN
DORINGER
berichtet für die SN
ausAthen
Paris, Fischhändler
Was wäre Europa ohne
Griechenland? Nichts!
jetzt?“ Der dicke Fleischer klopft
ihm auf die Schulter wie er sonst
seine Schnitzel klopft – beherzt
fest. Da spuckt Paris aus, wer am
nächsten Sonntag seine Stimme
bekommt: „Ich werde die Nea Di-
mokratia wählen. Antonis Sama-
ras mag ich zwar nicht, der hat
vieles verkehrt gemacht, aber für
mich ist er der Garant dafür, dass
wir weiter in der Eurozone blei-
ben.“ Statt wie früher eine Tonne
Fisch pro Woche verkauft er nun
nur noch 300 Kilogramm. „Und
davon ist der Großteil billiger
Fisch, wie Sardinen.“
20 bis 30 Prozent Lohnkürzun-
gen mussten die Griechen im Zuge
der Sparpakete hinnehmen. Ein
Fünftel der Bevölkerung ist ohne
Job. Die Arbeitslosenquote in
Griechenland ist fast doppelt so
hoch wie der Durchschnitt in der
Eurozone. Nur in Spanien ist die
Lage noch schlimmer. Im Gegen-
zug kletterten aber zum Beispiel
die Preise für Benzin und Zigaret-
ten hoch besteuert nach oben. Ein
Liter Benzin kostet in Athen der-
zeit 1,849 Euro. Wer sich das noch
leisten will oder kann, kommt da-
für sogar im Berufsverkehr zügig
voran. Denn viele lassen ihr Auto
stehen. Zigaretten kosten vier Eu-
ro das Packerl – auf die scheinen
trotzdem wenige zu verzichten.
Mit der U-Bahn geht es weg
vom Monastiraki-Platz und den
Hitzköpfen in der kühlen Markt-
halle. Eine Fahrt mit der U-Bahn
kostet 1,40 Euro, ein Tagesticket
vier Euro. Dafür, also um vier Eu-
ro, bekäme man in einer Bar in
Athen mit Glück auch eine Halbe
Bier – die Preise schwanken zwi-
schen 3,50 und fünf Euro. Im Su-
permarkt angekommen, flattern
vereinzelt griechische Flaggen.
Sie kennzeichnen die wenigen
griechischen Produkte, die der so-
lidarische Kunde doch bitte be-
vorzugen möge. Der Rest ist im-
portiert – einer der Gründe für
Griechenlands wirtschaftliches
Desaster. Der Landwirtschaft
kehrten viele den Rücken, hofften
auf mehr Lohn in der Stadt, um
nun oftmals wieder zurückzukeh-
ren und die brachliegenden Fel-
der zu bestellen. Die Preise im Su-
permarkt jedenfalls sind gesalzen:
Ein Liter Milch kostet 1,34 Euro,
eine Tafel Schokolade 1,14 Euro –
und das für die Eigenmarke der
Kette.
Am florierendsten scheint die
Lotterie zu sein. Ein Jackpot von
sechs Millionen liegt im Topf. Die
Alltagssorgen wären mit einem
Schlag weg, um nur zwei Euro pro
Gewinnschein. Schneckenverkäu-
fer Antonio hat schon einen.
Bild:SN
SchneckenverkäuferAntonio bietet seineWare um fünf Euro pro
Kilogramm an. Doch die Kunden essen derzeit lieber Nudeln.Antonio
zahlt 200 Euro im Monat für einen Schlafplatz. Bilder (3): SN/GUDO
Fischhändler Paris verkauft statt einer Tonne nur noch 300 Kilogramm pro Woche. Die Fleischer Manos und Ioannis hoffen auf eine Entspannung der Lage nach der Wahl vom Sonntag.
auch die Wörter „Chaos“ und „Dilem-
ma“ dem Griechischen entspringen,
nimmt er zur Kenntnis, fährt aber
ungehindert fort: „Außerdem waren
es die Griechen, die die Demokratie
erfundenhaben“,sagter,setzternoch
eins drauf, und dann wird es hitzig in
der frischfischgekühlten Ecke. „Noch
etwas:DieEuropäersindimmergern
nach Griechenland gekommen und
haben Ouzos aufs Haus getrunken.
Damals hat ihnen unser Lebensstil
noch gefallen. Und jetzt?“ Der dicke
Fleischer klopft ihm auf die Schulter
wie er sonst seine Schnitzel klopft –
Seite 7
■ Aufmacherbild
mit Überschrift:
Es zeigt Karl Lager-
feld mit einem Steiff-
t
■ Bild-Text-Schere:
Die Schauspielerin Simone Thomalla lehnt
an einem Traktor. Überschrift: „Männer
57. 57European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5757
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesign 25Blickaufzeichnung Zeitung 2 · Lesequoten
Seite 7
Panorama
■ Das Aufmacherbild
mit Karl Lagerfeld
wurde sehr stark
beachtet, das Inter-
view fällt dagegen
deutlich ab. Die rela-
tiv jungen Leser im
Test waren an der
021
■ Die Überschrift als Rätsel:
Überschriften mit rätselhaftem Inhalt, wie
„Männer sind keine Gurkenmaske“ ziehen
d
5
90 75
40
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55 55 55
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50
40
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15
58. 58European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 5858
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesign30 Blickaufzeichnung Zeitung 2 · Lesequoten
033
SERIE ENERGIEWENDE (2)
Mehr Informationen und
Antworten zur Energiewende
finden Sie auch unter
energie.rp-online.de
ONLINE
FOTO:DPA
18.Juni:DeutschlandohneKernkraft–ist
das möglich?
20. Juni: Welches Potenzial hat Wind-
kraft an Land und vor der Küste?
Morgen lesen Sie: Sonnenkraft
vom Hausdach.
22. Juni: Geothermie – Strom aus dem In-
neren der Erde.
23. Juni: Blockheizkraftwerke – Energie
aus dem Keller.
25. Juni: Nachwachsende Energiequelle:
Biomasse als Brennstoff.
27. Juni: Die Kraft des Wassers: Ist das Po-
tenzial ausgereizt?
28. Juni: Eine neue Chance für Erdgas-
Kraftwerke.
29. Juni: Wie viel Erdgas steckt in NRW
unter der Erde?
30.Juni:KommtnundieRenaissanceder
Kohle?
1. Juli: Wie lange hat die Welt noch Erdöl
und was sind die Alternativen?
2. Juli: Erneuerbare Energien geben ihre
Leistung nicht gleichmäßig ab. Energie-
speicher werden benötigt.
4.Juli:Wiekanmandasklimaschädliche
Treibhaus-Gas CO2 aus Kohle- und Gas-
kraftwerken speichern?
5. Juli: Ein neues Stromnetz muss her:
Mindestens 3600 Kilometer Hochspan-
nungsleitungenmüssteninDeutschland
neu verlegt werden.
6. Juli: Wie grün ist Öko-Energie wirk-
lich?
7. Juli: Die strahlende Last: Das Endlager-
Problem bleibt erhalten.
8. Juli: Niederlande, Frankreich, Däne-
mark, England, Schweiz – wie gehen un-
sere Nachbarn mit der Energiefrage um?
9.Juli:ErgebnisderTelefonaktion:Exper-
ten beantworten Fragen rund um die
Energiewende.
DIE BEITRÄGE
Berlin will Windkraft
vor den Küsten zulasten der
Anlagen an Land fördern
Die neu gebauten
Windkraft-Anlagen werden
größer sein müssen
1 m
m
Nabe 1 m
Rotordurchmesser
1 m
1, m Gondel
Größenvergleich von
Windkraftanlagen
Nabe m
m
Rotordurchmesser
1 m
Gondel
Windkraftanlage
„E-1/, MW“
zum Vergleich:
Kölner Dom /
Brandenburger Tor Sie ist mit , Megawatt Nenn-
leistung die leistungsstärkste
Windkraftanlage des Auricher
Herstellers Enercon. Sie arbeitet
bei Windgeschwindigkeiten
bis zu Meter pro Sekunde.
Bis
einsatzbereit
In Bremerhaven testet das
Fraunhofer-Institut für
Windenergie derzeit Meter
lange Rotorblätter für die
Windkraftanlagen der
nächsten Generation.
GRAFIK:SCHWALM
Schematische Zeichnung
Der Strom aus WindkraftDas größte Potenzial unter den Erneuerbaren Energien steckt in der Kraft des Windes. Dadurch könnte ein Großteil des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt werden.
Aber der Ausbau von Windparks vor den Küsten kommt nur sehr schleppend in Gang. Und Projekte auf dem Land möchte die Bundesregierung nicht mehr fördern.
VON LUDWIG JOVANOVIC
Dänemark macht es vor: 24 Prozent
des jährlichen Strombedarfs wer-
den dort über Windkraft auf dem
Land und vor der Küste gedeckt.
Das ist mit 3734 Megawatt zwar
kein Vergleich zu Deutschland, wo
21607 Anlagen mehr als 27 000 Me-
gawatt erzeugen. Dennoch zeigt
unser Nachbarland, was möglich
ist. Denn in Deutschland hatte
Windenergie 2010 einen Anteil von
6,2 Prozent am Stromverbrauch.
Nur hat Dänemark einen entschei-
denden Vorteil: die 7314 Kilometer
lange Küstenlinie gegenüber knapp
2400 Kilometern in Deutschland.
Und die dänischen Windkraft-
Parks entstehen immer öfter auf
dem Meer. Diese sogenannten Off-
shore-Anlagen profitieren davon,
dass über der Nord- und Ostsee fast
immer Wind weht – mit einer höhe-
ren Geschwindigkeit als auf dem
Land. Denn das Wasser bremst we-
hende Luft nicht so stark aus wie
der Erdboden. Und auf dem Meer
stellen sich auch keine Wälder, Ber-
ge,GebäudeoderHügelindenWeg.
Die Geschwindigkeit ist ein ent-
scheidendes Kriterium bei der Er-
zeugung von Strom aus Wind: Weht
er doppelt so schnell, nimmt die er-
zeugteLeistungumdenFaktorAcht
zu. Zudem kann man auf dem offe-
nen Meer größere Anlagen bauen
als auf dem Land – ohne Proteste
vonAnwohnernzubefürchten:Ver-
doppelt man aber die Länge eines
Rotorblattes, nimmt die erzeugte
Leistung um das Vierfache zu.
Gründe, die eigentlich für Wind-
kraft vor den Küsten sprechen.
Ein Trend indes, der Deutschland
noch nicht wirklich erreicht hat:
2010 wurden insgesamt 1551 Mega-
watt neuer Leistung Windenergie
installiert. Mehr als 90 Prozent da-
von waren Anlagen an Land. Auf
dem Meer dagegen tut sich bislang
nur wenig. Bislang sind nach Anga-
ben des Bundesamtes für Seeschiff-
fahrt und Hydrographie 26 Off-
shore-Windparks genehmigt, 23 in
der Nordsee und drei in der Ostsee,
die insgesamt auf eine Leistung von
knapp 9000 Megawatt kommen
könnten. Das würde neun Atom-
kraftwerken entsprechen und ist
auch in etwa die Zielvorgabe der
Bundesregierung von 10000 Mega-
watt bis 2020. Doch bislang stehen
diese Zahlen nur auf dem Papier.
Eine Entwicklung, durch die Berlin
sich zum Handeln gezwungen
siegt: Mit der geplanten Novellie-
rung des Erneuerbaren-Energien-
Gesetzes (EEG) soll die Vergütung
für Strom aus Offshore-Anlagen ab
2012 steigen – von 15 auf 19 Cent
pro Kilowattstunde. Und das zulas-
tenderWindkraftanLand.Dortsoll
die Vergütung nur noch 8,93 Cent
pro Kilowattstunde betragen und
ab 2013 jedes Jahr um 1,5 Prozent
gesenkt werden. Sehr zum Missfal-
len der Bundesländer ohne Küste
wie Bayern. „Eine einseitige Off-
shore-Strategie der Bundesregie-
rung finden wir nicht richtig“, sagt
auch Alexander Sewohl, Presse-
sprecher des Bundesverbandes
Windenergie.
Dabei ist das Potenzial von Wind-
kraftanLandlängstnochnichtaus-
gereizt. Nach einer Studie des
Fraunhofer-Instituts für Windener-
gie und Energiesystemtechnik
(IWES) könnten theoretisch acht
Prozent der Fläche in Deutschland
für Windkraft eingesetzt werden.
„Wir sagen, lasst uns nur zwei Pro-
zent der Fläche nutzen“, so Sewohl
weiter. Dann könnten bis zu 65 Pro-
zent des deutschen Strombedarfs
von der Windenergie an Land ge-
deckt werden.
Zumal der Bau von Anlagen auf
dem Meer teuer ist. Laut der Off-
shore-Stiftung kostet eine Refe-
renz-Anlage (bis zu drei Megawatt)
an Land etwa 1463 Euro pro Kilo-
watt, auf dem Meer dagegen bis zu
3814 Euro pro Kilowatt – allerdings
auch, weil man in Deutschland erst
ErfahrungenmitWindparksvorder
Küste sammeln muss. Und trotz der
höheren Vergütung nach der EEG-
Im ersten deutschen Windpark
auf dem Meer, „Alpha Ventus“, dre-
hen sich erst seit April 2010 rund
45 Kilometer vor Borkum die Rotor-
blätter. Das 250 Millionen Euro teu-
re Projekt, hinter dem unter ande-
rem Eon, EWE (ehemals Energie-
versorgung Weser-Ems AG) und
Vattenfall stehen, wurde im 30 Me-
ter tiefen Wasser verwirklicht und
besteht aus zwölf Turbinen mit ei-
nem Rotordurchmesser von 116
Metern mit je fünf Megawatt Leis-
tung. Jährlich soll „Alpha Ventus“
Strom für 50 000 Haushalte liefern.
Im Prinzip ist das aber nicht mehr
als ein Testlauf für größere Anlagen.
Etwa 90 Kilometer nordwestlich
von Borkum entsteht „Bard Off-
shore 1“: Bei 40 Meter Wassertiefe
sollen dort 80 Windkraftanlagen
mit einem Rotordurchmesser von
122 Metern gebaut werden, von de-
nen bis jetzt 18 errichtet wurden.
Wenn das Projekt fertig ist, soll es
einmal 400 Megawatt leisten, was
denVerbrauchvon400000 Mehrfa-
milienhäusern entspricht. Das Un-
ternehmen Bard gibt als Gesamtin-
vestition rund 1,6 Milliarden Euro
an.
In der Ostsee dagegen, 16 Kilo-
meter vor Mecklenburg-Vorpom-
mern, liefert „Baltic 1“ von EnBW
mit 21 Windkraft-Anlagen (Rotor-
durchmesser 91 Meter, Investition
120 Millionen Euro) seit dem 2. Mai
dieses Jahres bereits Strom: aller-
dings nicht mehr als 48 Megawatt.
Das ist kein Vergleich zu Großbri-
tannien: Dort werden mittlerweile
mehr als 1300 Megawatt durch
Wind vor den britischen Küsten er-
zeugt–mehrnochalsaufdemMeer
vor Dänemark. Und London holt
gerade erst tief Luft: Bis 2020 sollen
insgesamt rund 32 000 Megawatt
Offshore-Windleistung installiert
werden. Die Kosten belaufen auf
etwa mehr als 100 Milliarden Euro.
So möchte man in neun Jahren 15
Prozent des britischen Stroms aus
erneuerbaren Energien erzeugen.
Den Anstrengungen Deutschlands
fehlt es da im Vergleich etwas an
Rückenwind.
Allerdings gelten hierzulande
auch andere Bestimmung als in
Großbritannien, wo man relativ
nahe am Land baut. So muss in
Deutschland beispielsweise eine
Grenze von mindestens 30 Kilome-
ternzurKüsteeingehaltenwerden–
um eine Störung der intensiven
Schifffahrt,derFischerei-undKies-
abbaugebiete und der Küstenfauna
zu vermeiden. Dennoch können
durch den enormen Schalldruck
beim Bau der Fundamente für die
Windräder Meeressäuger wie
Schweinswale schwerhörig wer-
den, die Orientierung verlieren und
verenden, warnt das Umweltbun-
desamt. Doch „Schalldämpfer“ für
den Bau der Fundamente befinden
sich noch im Teststadium.
Die weiten Entfernungen von der
Küste bedeuten auch einen hohen
Aufwand für die Stromleitungen.
Zudem machen Service und War-
tung dadurch bis zu einem Viertel
Novelle fällt die Rendite, wie Ener-
gieunternehmen beklagt haben.
Mit der Steigerung auf 19 Cent pro
Kilowattstunde soll die Laufzeit ge-
kappt werden. Statt zwölf Jahre gibt
es nur noch acht Jahre lang einen
garantiertenStrom-Abnahmepreis.
Das macht Anlagen auf dem Meer
mit ihrem hohen Risiko nicht unbe-
dingt attraktiver. Dennoch geht die
Offshore-Stiftung davon aus, dass
der Ausbau beschleunigt wird.
der Kosten von Offshore-Wind-
parks aus, heißt es beim Bundes-
verband Windenergie. An Land da-
gegen liegen die Kosten dafür im
einstelligen Prozentbereich.
Doch ob auf dem Meer oder an
Land: Die neu gebauten Windkraft-
Anlagen werden größer sein müs-
sen. Denn „jeder Meter mehr Na-
benhöhe bringt etwa einen Prozent
mehr Ertrag“, erklärt Alexander Se-
wohl. Man sei sich darüber im Kla-
ren, dass man dafür um Akzeptanz
werben müsste. Außerdem bedeu-
tet eine größere Höhe nicht, dass
die Windräder im Übermaß wach-
sen. Schon jetzt erreicht mehr als
die Hälfte der neugebauten Wind-
räder Nabenhöhen zwischen
80 und 120 Metern. Diese Höhe
würde in Zukunft moderat zunhe-
men – wenn der politische Wille da
wäre und die geltenden Höhenbe-
schränkungen an vielen Orten weg-
fallen würden.
Auf dem Meer gibt es solche Be-
schränkungen nicht: Fraunhofer-
Forscher vom IWES haben in Bre-
merhaven gerade eine Testhalle ge-
baut, um Rotorblätter der nächsten
Generation zu testen, die bis 2020
von 60 Meter auf 90 Meter wachsen
werden. In der Halle werden sie un-
ter anderem an der Spitze bis zu
30 Meter durchgebogen. So viel
muss ein Rotorblatt aushalten kön-
nen, um auch noch bei 25 Meter
pro Sekunde Windgeschwindig-
keit, also einem schweren Sturm,
noch zu arbeiten.
Zudem möchte man die bislang
genutzten Gebiete verlassen und
noch weiter hinaus. Norwegen
treibt diese Entwicklung voran.
WeilderMeeresbodenvordeneige-
nen Küsten steil abfällt, sind bishe-
rige Anlagen, die über ein Funda-
ment im Meeresboden verfügen,
für das Land keine Option – ohne
dass die Kosten explodieren wür-
den. Darum hat der Energiekon-
zern Statoil-Hydro zusammen mit
Siemens die erste schwimmende
Windkraft-Anlage entwickelt, die
zwölfKilometersüdöstlichderInsel
Karmøy bei einer Wassertiefe von
220 Metern Strom erzeugt. Damit
will man Erfahrungen sammeln,
um solche Systeme auch in Wasser-
tiefen bis zu 700 Meter einzusetzen.
Das wären Gebiete weit auf dem of-
fenen Meer, wo der Wind noch
schneller und beständiger ist.
A 6 RHEINISCHE POST MONTAG 20. JUNI 2011SERIE
R-FEUSO
Das größte Potenzial unter den Erneuerbaren Energien steckt in der Kraft des
Windes. Dadurch könnte ein Großteil des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt
werden. Aber der Ausbau von Windparks vor den Küsten kommt nur sehr
schleppend in Gang.
Strom aus Windkraft
Von Ludwig Jovanovic
D
änemark macht
es vor: 24 Pro-
zent des jähr-
lichen Strom-
bedarfs werden
dort über Wind-
kraft auf dem
Land und vor der Küste gedeckt.
Das ist mit 3734 Megawatt zwar kein
Vergleich zu Deutschland, wo 21607
Anlagen mehr als 27 000 Mega-
watt erzeugen. Dennoch zeigt unser
Nachbarland, was möglich ist. Denn
in Deutschland hatte Windenergie
2010einenAnteilvon6,2Prozentam
Stromverbrauch.
Nur hat Dänemark einen entschei-
denden Vorteil: die 7314 Kilometer
lange Küstenlinie gegenüber knapp
2400 Kilometern in Deutschland.
Und die dänischen Windkraft-Parks
entstehen immer öfter auf dem
Meer. Diese sogenannten Offshore-
Anlagenprofitierendavon,dassüber
der Nord- und Ostsee fast immer
Wind weht – mit einer höheren
Geschwindigkeit als auf dem Land.
Denn das Wasser bremst wehende
Luft nicht so stark aus wie der Erdbo-
den. Und auf dem Meer stellen sich
auch keine Wälder, Berge, Gebäude
oder Hügel in den Weg.
Die Geschwindigkeit ist ein ent-
scheidendes Kriterium bei der Er-
zeugung von Strom aus Wind: Weht
er doppelt so schnell, nimmt die
erzeugte Leistung um den Faktor
Acht zu. Zudem kann man auf dem
offenen Meer größere Anlagen bau-
en als auf dem Land – ohne Proteste
von Anwohnern zu befürchten: Ver-
doppelt man aber die Länge eines
Rotorblattes, nimmt die erzeugte
Leistung um das Vierfache zu.
Gründe, die eigentlich für Wind-
kraft vor den Küsten sprechen. Ein
Trend indes, der Deutschland noch
nicht wirklich erreicht hat: 2010
wurden insgesamt 1551 Megawatt
neuer Leistung Windenergie instal-
liert. Mehr als 90 Prozent davon wa-
ren Anlagen an Land. Auf dem Meer
dagegen tut sich bislang nur wenig.
Bislang sind nach Angaben des Bun-
desamtes für Seeschifffahrt und Hy-
drographie 26 Offshore-Windparks
genehmigt, 23 in der Nordsee und
drei in der Ostsee, die insgesamt auf
eine Leistung von knapp 9000 Me-
gawatt kommen könnten. Das würde
neun Atomkraftwerken entsprechen
und ist auch in etwa die Zielvorgabe
der Bundesregierung von 10000
Megawatt bis 2020. Doch bislang
stehen diese Zahlen nur auf dem
Papier. Eine Entwicklung, durch die
Berlin sich zum Handeln gezwungen
siegt: Mit der geplanten Novellie-
rung des Erneuerbaren-Energien-
Gesetzes (EEG) soll die Vergütung
für Strom aus Offshore-Anlagen ab
2012 steigen – von 15 auf 19 Cent pro
Kilowattstunde. Und das zulasten
der Windkraft an Land. Dort soll die
Vergütung nur noch 8,93 Cent pro
Kilowattstunde betragen und ab
2013 jedes Jahr um 1,5 Prozent ge-
senkt werden. Sehr zum Missfallen
der Bundesländer ohne Küste wie
Bayern. „Eine einseitige Offshore-
Strategie der Bundesregierung fin-
den wir nicht richtig“, sagt auch
Alexander Sewohl, Pressesprecher
des Bundesverbandes Windenergie.
Dabei ist das Potenzial von Wind-
kraft an Land längst noch nicht aus-
gereizt. Nach einer Studie des Fraun-
hofer-Instituts für Windenergie
und Energiesystemtechnik (IWES)
könntentheoretischachtProzentder
Fläche in Deutschland für Windkraft
eingesetzt werden. „Wir sagen, lasst
uns nur zwei Prozent der Fläche nut-
zen“, so Sewohl weiter. Dann könnten
bis zu 65 Prozent des deutschen
Strombedarfs von der Windenergie
an Land gedeckt werden.
Zumal der Bau von Anlagen auf
dem Meer teuer ist. Laut der Off-
shore-Stiftung kostet eine Referenz-
Anlage (bis zu drei Megawatt) an
Land etwa 1463 Euro pro Kilowatt,
auf dem Meer dagegen bis zu 3814
Euro pro Kilowatt – allerdings auch,
weil man in Deutschland erst Erfah-
rungen mit Windparks vor der Küste
sammeln muss. Und trotz der hö-
heren Vergütung nach der EEG.
Im ersten deutschen Windpark auf
dem Meer, „Alpha Ventus“, drehen
sich erst seit April 2010 rund 45 Kilo-
meter vor Borkum die Rotorblätter.
Das 250 Millionen Euro teure
Projekt, hinter dem unter anderem
Eon, EWE (ehemals Energieversor-
gung Weser-Ems AG) und Vattenfall
stehen, wurde im 30 Meter tiefen
Wasser verwirklicht und besteht aus
zwölf Turbinen mit einem Rotor-
durchmesser von 116 Metern mit je
fünf Megawatt Leistung. Jährlich soll
„Alpha Ventus“ Strom für 50 000
Haushalte liefern.
Im Prinzip ist das aber nicht mehr
als ein Testlauf für größere Anlagen.
Etwa 90 Kilometer nordwestlich von
Borkum entsteht „Bard Offshore
1“: Bei 40 Meter Wassertiefe sollen
dort 80Windkraftanlagen mit einem
Rotordurchmesser von 122 Metern
gebaut werden, von denen bis jetzt
18 errichtet wurden. Wenn das Pro-
jekt fertig ist, soll es einmal 400
Megawattleisten,wasdenVerbrauch
von 400 000 Mehrfamilienhäusern
entspricht. Das Unternehmen Bard
gibt als Gesamtinvestition rund 1,6
Milliarden Euro an.
In der Ostsee dagegen, 16 Kilome-
ter vor Mecklenburg-Vorpommern,
liefert „Baltic 1“ von EnBW mit
21 Windkraft-Anlagen (Rotordurch-
messer 91 Meter, Investition 120 Mil-
lionen Euro) seit dem 2. Mai dieses
JahresbereitsStrom:allerdingsnicht
mehr als 48 Megawatt.
Das ist kein Vergleich zu Großbri-
tannien: Dort werden mittlerweile
mehr als 1300 Megawatt durch Wind
vor den britischen Küsten erzeugt –
mehr noch als auf dem Meer vor Dä-
nemark.UndLondonholtgeradeerst
tief Luft: Bis 2020 sollen insgesamt
rund 32 000 Megawatt Offshore-
Windleistung installiert werden. Die
Kosten belaufen auf etwa mehr als
100 Milliarden Euro. So möchte
man in neun Jahren 15 Prozent des
britischen Stroms aus erneuerbaren
Energien erzeugen. Den Anstren-
gungen Deutschlands fehlt es da
im Vergleich etwas an Rückenwind.
Allerdings gelten hierzulande auch
andere Bestimmung als in Großbri-
tannien, wo man relativ nahe am
Land baut. So muss in Deutschland
beispielsweise eine Grenze von min-
destens 30 Kilometern zur Küste ein-
gehalten werden – um eine Störung
der intensiven Schifffahrt, der Fi-
scherei- und Kiesabbaugebiete und
der Küstenfauna zu vermeiden. Den-
noch können durch den enormen
Schalldruck beim Bau der Funda-
mente für die Windräder Meeressäu-
ger wie Schweinswale schwerhörig
werden, die Orientierung verlieren
und verenden, warnt das Umwelt-
bundesamt. Doch „Schalldämpfer“
für den Bau der Fundamente befin-
den sich noch im Teststadium.
Die weiten Entfernungen von der
Küste bedeuten auch einen hohen
Aufwand für die Stromleitungen.
Zudem machen Service und War-
tung dadurch bis zu einem Viertel
der Kosten von Offshore-Windparks
aus, heißt es beim Bundesverband
Windenergie. An Land dagegen lie-
gen die Kosten dafür im einstelligen
Prozentbereich.
Doch ob auf dem Meer oder an
Land: Die neu gebauten Windkraft-
Anlagenwerdengrößerseinmüssen.
Denn „jeder Meter mehr Nabenhöhe
bringt etwa einen Prozent mehr Er-
trag“, erklärt Alexander Sewohl. Man
sei sich darüber im Klaren, dass man
dafür um Akzeptanz werben müsste.
Außerdem bedeutet eine größere
Höhe nicht, dass die Windräder im
Übermaß wachsen.
Schon jetzt erreicht mehr als die
Hälfte der neugebauten Windräder
Nabenhöhen zwischen 80 und 120
Metern. Diese Höhe würde in Zu-
kunft moderat zunhemen – wenn
der politische Wille da wäre und die
geltenden Höhenbeschränkungen
an vielen Orten wegfallen würden.
Auf dem Meer gibt es solche
Beschränkungen nicht: Fraunhofer-
Forscher vom IWES haben in Bre-
merhaven gerade eine Testhalle ge-
baut, um Rotorblätter der nächsten
Generation zu testen, die bis 2020
von 60 Meter auf 90 Meter wachsen
werden. In der Halle werden sie un-
ter anderem an der Spitze bis zu 30
Meter durchgebogen. So viel muss
ein Rotorblatt aushalten können,
um auch bei 25 Meter pro Sekunde
Windgeschwindigkeit, also einem
schweren Sturm, noch zu arbeiten.
Zudemmöchtemandiebislangge-
nutzten Gebiete verlassen und noch
weiter hinaus. Norwegen treibt diese
Entwicklung voran. Weil der Mee-
resboden vor den eigenen Küsten
steil abfällt, sind bisherige Anlagen,
die über ein Fundament im Meeres-
boden verfügen, für das Land keine
Option.
Darum hat der Energiekonzern
Statoil-Hydro zusammen mit Sie-
mens die erste schwimmende Wind-
kraft-Anlage entwickelt, die zwölf
Kilometer südöstlich der Insel Kar-
møy bei einer Wassertiefe von 220
Metern Strom erzeugt. Damit will
man Erfahrungen sammeln, um sol-
cheSystemeauchinWassertiefenbis
zu 700 Meter einzusetzen.
2010 wurden insgesamt 1551
Megawatt neuer Leistung
Windenergie installiert. Mehr
als 90 Prozent davon waren
Anlagen an Land.
„Jeder Meter mehr
Nabenhöhe bringt etwa einen
Prozent mehr Ertrag“,erklärt
Alexander Sewohl. Man sei
sich darüber im Klaren,
dass man dafür um Akzeptanz
werben müsste.
Umwelt und VerbraucherBonner Zeitung
Samstag,16. Juni 2012 7
Zielgruppen berücksichtigen:
■ Bei den CD-Tipps wurden die Abbildungen
viel intensiver genutzt als die Texte. Es
■ Visualisierung:
Das Thema: vor 75
Jahren erschien der
Roman „Vom Winde
verweht“. Als Visuali-
sierung wird
60. 60European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 6060
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesign40 Blickaufzeichnung Zeitung 2 · Lesequoten
058
Hintergrund Bonner Zeitung
Samstag,16. Juni 201212
2010 2011
Ooohhhh, wann kommst du?
Von Th. Fülling U. Keseling,A. Klesse
Am Anfang der Geschichte steht
ein Weihnachtsgeschenk. Zum 24.
Dezember des Jahres 1930 schenkte
sich die Deutsche Reichsbahn-Ge-
sellschaft ein neues Markenzeichen.
Das weiße „S“ auf grünem Grund
sollte als Abkürzung für „Stadt-
schnellbahn“ stehen.
Als Symbol stand es seitdem
einprägsam für die vorbildliche Ver-
kehrserschließung einer dynamisch
wachsenden Weltmetropole. Die Zü-
ge transportierten jeden Tag Milli-
onen Menschen. Das weiße „S“ auf
Grün wurde in Berlin erfunden und
bald in ganz Deutschland kopiert.
Lange stand es vor allem für eines:
Verlässlichkeit und Pünktlichkeit.
An einem Wintermorgen 80 Jahre
später steht der Chef der Berliner
S-Bahn,PeterBuchner,aufeinemzu-
gigen Bahnsteig im Bahnhof Fried-
richstraße. Der 43-jährige Bahnma-
nager verteilt Adventskalender. Es
sind Trostpflaster für die seit fast
zwei Jahren anhaltenden Zugaus-
fälle und Verspätungen im Berliner
S-Bahn-Netz.
Vor allem aber versucht er, die
aufgebrachten Fahrgäste zu beruhi-
gen. Nein, ein solches Winterchaos
werde es nicht noch einmal geben.
Man habe sich gut auf Eis und Frost
vorbereitet.Dochalsam2.Dezember
das erste Mal Schnee in größerer
Menge fällt, bricht der Zugverkehr
fast zusammen.
Berlin-Buch, kurz nach 7 Uhr am
Morgen. Das Unheil der geplanten
Fahrt nach Wedding beginnt gleich
im Einstiegsbahnhof. Gerade ist
die S 2 nach Lichtenrade pünktlich
abgefahren. Kein Problem für die
Wartenden, die nächste kommt ja in
zehn Minuten. Doch auch nach einer
Viertelstunde ist der Zug, der aus
Bernau kommt, noch nicht in Sicht.
Die Bahnhofsaufsicht – immerhin
gibt es in Buch noch eine – gibt in
kurzen Abständen die mögliche Ver-
spätungsdauer durch. Der Gegenzug
nach Bernau fällt „wegen einer Stö-
rung im Betriebsablauf“ ganz aus.
Dann endlich kommt ein Zug.
Sitzplätze sind längst nicht mehr
zu haben. Wer noch an den Halte-
stellen einsteigen will, muss kräftig
drängeln. In Gesundbrunnen hat der
Zug bereits 20 Minuten Verspätung.
Weiter soll es mit der Ringbahn-Linie
S 42 gehen. Die Züge fahren laut
Fahrplan alle fünf Minuten. An die-
sem Morgen kommt aber erst nach
zwölf Minuten eine Bahn, und die
ist hoffnungslos überfüllt. Dennoch
drängen Dutzende an die geöffneten
Türen, wollen noch irgendwie mit.
Angesichts der Menschentrauben ist
an eine Weiterfahrt nicht zu denken.
DieDurchsagenwerdenlauter„Zu-
uurückbleiben bitte, bitte zurück-
bleiben“, ruft eine leicht hysterische
Frauenstimme aus den Lautspre-
chern.
Dann die Ansage, dass in zwei Mi-
nuten der nächste Zug folgen werde.
DieFahrgästeglaubensoetwasnicht.
Nicht mehr.
Berlin-Karlshorst, 07.27 Uhr. Der
Bahnsteig der S 3 ist noch ein biss-
chen voller als sonst. Die übliche
Ankündigung kommt prompt: „Der
Zug aus Richtung Erkner nach Ost-
bahnhof verzögert sich um voraus-
sichtlichachtMinuten.“Voraussicht-
lich. Nach sieben Minuten werden
es neun, am Ende sind es zwölf. Das
schafft Raum für Verschwörungs-
theorien. Ist das Auto des Lokführers
nicht angesprungen? Hat er ver-
schlafen? Oder auf seine vertraglich
festgesetzte Ruhezeit vor der
Abfahrt beharrt? Und warum
hat der Zug in die Stadt eine
derartige Verspätung, wenn
die Züge der Gegenrichtung
problemlos rollen?
Selbst der Regionalexpress
trifft mit der üblichen Verzö-
gerung ein. Darauf haben allerdings
die wenigsten Wartenden gesetzt,
so dass sich auf dem Bahnsteig die
Fahrgäste aus zwei Zügen drängen.
Warum folgt, wie die Diensthabende
zaghaft verkündet, dem verspäteten
Zug der fahrplanmäßige – wobei
unerwähnt bleibt, dass beide Züge
höchstens eine Minute Abstand ha-
ben?
Diese Information hätte das Chaos
beim Eintreffen der ersten S-Bahn
vielleicht gemildert. So drängen bei
jeder weiteren Station Menschen in
die hoffnungslos überfüllten
Wagen, als handele es sich um die
letzten Züge in die Freiheit vor der
Errichtung einer neuen Berliner
Mauer.
Am Umsteigebahnhof Ostkreuz
drängen sich die Wartenden im
Sturm zusammen, es wütet eine Art
sibirisches Schneetreiben über die
oberen Bahnsteige. „S 42 Zug fällt
aus“,stehtamöstlichenGleis.Gegen-
über scheppert es aus dem Lautspre-
cher: „Zug nach Grünau acht Minu-
ten Verspätung.“ Die Fahrgäste ste-
hen in zugigen Glas-Wartehäuschen,
frierend, rauchend, schimpfend. Die
Mini-Bushaltestellen müssen ihnen
als Unterschlupf genügen, seit der
alte Bahnsteig im Sommer abgeris-
sen wurde. Die Lautsprecher wieder-
holen im Kanon: „Zug S 41 verspätet
sich um 14 Minuten – verspätet sich
– verspätet sich….“ Drei französische
Touristen mit Rucksäcken drehen
hilflos den Baustellen-Plan des S-
Bahnnetzes herum. Die Erklärungen
sind auf Deutsch. Ebenso die Durch-
sagen. Nicht gut für Touristen.
Bleibt also nur die Nachfrage bei
der Aufsicht: Doch als Teil des Spar-
programms der alten S-Bahn-Füh-
rung wurde deren Zahl in den ver-
gangenen Jahren drastisch reduziert.
Die Züge der S 1 Richtung Oranien-
burg verkehren ab Waidmannslust
im Pendelverkehr und 20-Minuten-
takt. Funktioniert alles, bedeutet es,
nur einmal den Zug zu wechseln.
„Hat man Pech, wartet man zehn bis
20 Minuten“, schimpft Katrin Kunz,
die täglich von Hohen Neuendorf
zurArbeitandenSavignyplatzmuss.
„Früher brauchte ich für die Strecke
eine Stunde jetzt die doppelte Zeit.“
Verkehr: Das große Warten auf die S-Bahn:
Verläßlich und pünktlich – das war einmal.
Heute ist das Unternehmen ein Sanierungsfall.
Ein Leidensbericht in vollen Zügen.
Die Durchsagen werden lauter
„Zuuurückbleiben bitte,bitte zurück-
bleiben“,ruft eine leicht hysterische
Frauenstimme aus den Lautsprechern.
Die fünf Probleme
der S-Bahn
l 1 Weichen
Sie sind im Winter störanfällig. Im
Berliner S-Bahn-Netz gibt es mehr
als 1000 Weichen, die zum Teil be-
heizt werden.Fällt inkurzerZeit viel
Schnee, reicht die Heizwärme nicht
aus. Die Weichen frieren ein.
l 2 Besandung
Ein Schwachpunkt der Züge der
Baureihe 481 ist die Besandungsan-
lage,eine Art ABS für Schienenfahr-
zeuge. Der Sand wird bei Glätte auf
die Schienen gestreut, er verkürzt
die Bremswege. Friert die Streuan-
lage ein, dürfen die Züge maximal
60 Kilometer pro Stunde fahren.
l 3 fahrmotoren
Jeder Triebwagen wird von bis zu
sechs Fahrmotoren angetrieben.
Speziell die Motoren der S-Bahn-
Baureihe 481 erweisen sich als be-
besonders winteranfällig. Eindrin-
gende Feuchtigkeit sorgt für Kurz-
schlüsse.
l 4 Räder
Weil Räder und Achsen eines Groß-
teils der S-Bahn-Wagen als nicht
fest genug gelten, müssen sie
einmalproWocheaufRissekontrol-
liert werden. Diese Prüfungen kön-
nen nur bei Plusgraden erfolgen.
l 5 Information
Wenn Züge wegen Betriebsstö-
rungen ausfallen oder sich ver-
späten, ist der Informationsbedarf
groß. Doch die S-Bahn schloss ein
Großteil der Aufsichten.
hinterGrund
Abstrakt oder konkret
■ Der Aufmacher mit der Überschrift
„Manipulierte Bankautomaten in der
61. 61European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 6161
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesign 41Blickaufzeichnung Zeitung 2 · Lesequoten
Seite 14
Region
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62. 62European Newspaper of the Year: Überregionale Zeitung 6262
Eyetracking
Büro für Zeitungsdesignng Zeitung 2 · Lesequoten
Hintergrund Bonner Zeitung
Samstag,16. Juni 201212
2010 2011
Ooohhhh, wann kommst du?
Von Th. Fülling U. Keseling,A. Klesse
Am Anfang der Geschichte steht
ein Weihnachtsgeschenk. Zum 24.
Dezember des Jahres 1930 schenkte
sich die Deutsche Reichsbahn-Ge-
Berlin-Buch, kurz nach 7 Uhr am
Morgen. Das Unheil der geplanten
Fahrt nach Wedding beginnt gleich
im Einstiegsbahnhof. Gerade ist
die S 2 nach Lichtenrade pünktlich
abgefahren. Kein Problem für die
an eine Weiterfahrt nicht zu denken.
DieDurchsagenwerdenlauter„Zu-
uurückbleiben bitte, bitte zurück-
bleiben“, ruft eine leicht hysterische
Frauenstimme aus den Lautspre-
chern.
Dann die Ansage, dass in zwei Mi-
nuten der nächste Zug folgen werde.
DieFahrgästeglaubensoetwasnicht.
Nicht mehr.
Berlin-Karlshorst, 07.27 Uhr. Der
Bahnsteig der S 3 ist noch ein biss-
chen voller als sonst. Die übliche
Wagen, als handele es sich um die
letzten Züge in die Freiheit vor der
Errichtung einer neuen Berliner
Mauer.
Am Umsteigebahnhof Ostkreuz
drängen sich die Wartenden im
Sturm zusammen, es wütet eine Art
sibirisches Schneetreiben über die
oberen Bahnsteige. „S 42 Zug fällt
aus“,stehtamöstlichenGleis.Gegen-
über scheppert es aus dem Lautspre-
cher: „Zug nach Grünau acht Minu-
ten Verspätung.“ Die Fahrgäste ste-
Verkehr: Das große Warten auf die S-Bahn:
Verläßlich und pünktlich – das war einmal.
Heute ist das Unternehmen ein Sanierungsfall.
Ein Leidensbericht in vollen Zügen.
Die fünf Probleme
der S-Bahn
l 1 Weichen
Sie sind im Winter störanfällig. Im
Berliner S-Bahn-Netz gibt es mehr
als 1000 Weichen, die zum Teil be-
heizt werden.Fällt inkurzerZeit viel
Schnee, reicht die Heizwärme nicht
aus. Die Weichen frieren ein.
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77. 1.1 Titelseiten Local Newspaper 77
Bild am Sonntag, D
BILD am SONNTAG, 25. März 2012
DIE GENTLEMEN MIT DEN WAFFEN
Weiße Schwanenfedern am golde-
nen Helm sind die Markenzeichen
von „Her Majesty’s Bodyguard of
the Honourable Corps of Gentle-
men at Arms“. Diese Ehrengarde
besteht aus 27 Gentlemen und
fünf Offizieren. Sie tragen Kaval-
leriedegen, historische Streitäxte
und Amtsstäbe, die sie vom
Monarchen erhalten haben. DIE STEINSTATUEN
Sie stellen weiße
Hirsche dar. Die-
se sogenannten
„White Harts“
waren das persön-
liche Symbol von
König Richard II.,
der die Skulpturen
gegen Ende des
14. Jahrhunderts
errichten ließ. Auf
den Schilden, die
die Hirsche vor
sich halten, ist das
Wappen Englands
mit den drei
Löwen und Lilien
zu sehen.
DIE STEINTAFELN
Sie gehören zu einem 1921 errichteten Denkmal für die im
Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder und Mitarbeiter des
Unterhauses sowie deren Söhne. Auf den Tafeln sind die Namen,
Dienstgrade und Regimenter der Gefallenen eingraviert.
DER CHEF DER LEIBWACHE
Der „Captain of the Yeomen of the
Guard“ ist bei offiziellen Anlässen
der Kommandant der Leibwache.
Normalerweise hat er damit aber
nichts zu tun, denn das Amt des
Captains ist an das politische Amt
des stellvertretenden Fraktions-
vorsitzenden des Oberhauses
gebunden. Momentan ist das
Baron Shutt of Greetland.
DIE LEIBWACHE
Die „Yeomen of the
Guard“ sind pensio-
nierte Unteroffiziere
der britischen Ar-
mee. Diese beson-
dere Leibwache des
Königshauses wurde
1485 von Heinrich
VII. gegründet und
ist damit die älteste
Leibwache des Kö-
nigshauses. Heute
hat sie ausschließ-
lich zeremonielle
Aufgaben.
DIE SPRECHERIN DES OBERHAUSES
Baroness Frances D’Souza ist seit dem 1. September 2011 die Sprecherin
des Oberhauses im britischen Parlament. In dieser Parlamentskammer
sitzen nur Adelige. Politisch hat das Oberhaus aber nicht mehr viel zu
sagen. Alle wichtigen Entscheidungen trifft das Unterhaus.
DER SPRECHER DES UNTERHAUSES
In dieser Funktion ist John Bercow der Parlamentspräsident. Das Unterhaus
(„House of Commons“) ist die entscheidende Kammer im britischen Parlament.
Dabei steht „Commons“ aber nicht für „Nichtadelige“. Das Wort ist ein alter
Begriff für die Ortschaften, die durch die Kammer vertreten werden.
DIE GÄSTE
In der ersten Reihe sitzt Premierminister David
Cameron; außerdem seine Vorgänger Tony Blair und
Gordon Brown. Neben ihnen haben noch 16 andere
Top-Politiker Platz genommen, z. B. Oppositionsführer
Ed Miliband von der Labour Party.
PRINz PHILIP
Prince Philip Andrew, Duke of
Edinburgh ist der Ehemann der
Queen. In ihrer Rede vor dem
Parlament sagt sie, dass ihr
Mann immer eine Stütze und
Orientierungshilfe gewesen sei.
Der Prinz, 90, war Zeit seines
Lebens sehr aktiv, hat z. B.
die Umweltorganisation
WWF mitgegründet.
DIE HANDTASCHE
Die Queen hat mehr als 200
Exemplare; alle kommen
vom Hoflieferanten Launer.
Angeblich soll Elizabeth II. in
ihrer Handtasche unter
anderem Glücksbringer,
Fotos ihrer Kinder und Enkel,
ein Döschen mit Minz-
bonbons, ein paar Hunde-
kekse und – falls ihr
langweilig wird – ein
Kreuzwort-
rätsel dabei haben.
Ed Miliband von der Labour Party.
SieistwirklichfleißigundfeiertindiesemJahr 60.Betriebsjubiläum.Am6.Februar1952,demTodestagihresVatersGeorgeVI.,wurdeElizabethII.
imAltervonnur25JahrenKöniginvonEngland.AmvergangenenDienstagsprachdieQueennunanlässlichihresrundenThronjubiläumsinWestminster
Hallvorden1474Abgeordnetender2KammerndesbritischenParlaments.3500dortbeschlosseneGesetzehatdie85-jährigeMonarchinwährend
ihrerAmtszeitschonunterzeichnet.Inihrer 657WörterlangenAnsprachedanktesievorallemihremMann,PrincePhilip,90,mitdemsieseit
65Jahrenverheiratetist.IndiesemJahristübrigensdieganzeFamilieimDiensteIhrerMajestätimEinsatz:DieWindsorsbesuchenalle 54Common-
wealth-Staaten;dortistdieQueennachwievordasStaatsoberhaupt.DenHöhepunktderFeierlichkeitenbildeteingroßerFestaktam 5.JuniinLondon.
Das sprechende Foto44
DieMitarbeiterindesMonats
DIE QUEEN
Dieser Auftritt ist ihr dritter in Westminster Hall: Das
erste Mal redete die Queen hier 1977 zu ihrem 25. Thron-
jubiläum, das zweite Mal 2002 anlässlich ihres Goldenen
Thronjubiläums.
77
78. 1.1 Titelseiten Local Newspaper 78
Stuttgarter Nachrichten, D
CamiloMayrnimmtbeimTrainingaufdemtraditionsreichenLord’sCricketGround(Fassungsvermögen:6500Zuschauer)Maß:DiePfeilewerdenaufden70MeternbiszurZielscheibebiszu220KilometerproStundeschnell Foto:dapd
Camilo Mayr ist gespannt
wie ein Flitzebogen
DieerstenMedaillender Sommerspiele
2012werdenandiesemSamstagimSchie-
ßenvergeben. Für dieLuftgewehrschützin-
nengehtes gleichamerstenTagnachder
Eröffnungsfeier umGold, Silberund Bronze.
Insgesamtgibtes imSchießen15 Entschei-
dungen.SiefindenalleindenRoyalArtillery
Barracks(Fassungsvermögen: 7500Zuschau-
er),eineraltenKaserneimOstenLondons,
Pfeile: Seit15 Jahrensind sie
ausganz dünnemAlumi-
nium, mitCarbonfasern
umwickelt, und fliegen
damitdeutlichschneller als
diedicken, schwerenAlu-
Pfeilevonfrüher. Mitihnen
hatder Fortschrittder Mate-
rialienbegonnen. Für einen
einzigenqualitativhochwer-
tigenPfeilzahlenSpitzen-
sportler40Euro, einenSatz
fürHobbysportler mitzwölf
Pfeilengibtes indes bereits
ab30 Euro.
Arm-undBrustschutz:WennderSchützelöst,
beschleunigtdieSehnerasant.Dabeibesteht
dieGefahr,dasssieinderKleidunghängen
bleibtoderanderBrustundandemArm,der
denBogenhält,entlangstreift.EinArm-und
Brustschutz–auchStreifschutzgenannt–ver-
hinderndiesesschmerzhafteSzenario.
Wurfarme:DieWuchtdesPfeilswirddurch
dieStärkedesBogens–diesogenannten
Wurfarme–bestimmt.Siewerdenunten
undobenaufdasMittelteilmontiert,sind
entwederausHolzundFieberglasoderaus
CarbonfasernmitKunststoffkern.DieSpit-
zenschützenziehen–mitdreiFingern–bis
zu50Pfund(umgerechnetknapp25Kilo).
Mittelteil:StattwiefrüherausGussbe-
stehtdasGriffstückinzwischenausAlumi-
niumoderCarbon.DieneuenMittelteile
nehmendieSchwingungbeimSchuss
besserauf,sindleiserunddeutlichleichter.
Sehne:Sie
bestehtaus Cevlar-
Kunstfasern, variiertinder
Stärke, kostetumdie300Euro undwirdvordemSchießen
gewachst. Jeweniger Wachs aufderSehneist,umsoschnel-
leristsie. Dafür hatsieeinenichtsogroßeSeitenstabilität.
Das bedeutet: Der Schützemuss saubererlösen.
Tab:Der Tab isteinLederstück, das
dankeiner SchlaufeamMittelfinger
hängtund diedrei ziehendenFinger
schützt. OhnedenTab würdeder
SchützeSchmerzenund Blasenanden
Fingernbekommen–was sichwiede-
rumaufdieLeistungauswirkenwürde.
StabilisatorundDämpfer:DurchdieEntwick-
lungdesBogensportsmitdenneuenMateria-
lenschießtessichnichtleichter.Stabilisator
undDämpfergebendemSchützenStabilität
undsorgendafür,dasssichdieSchwingung
beimSchussnichtaufdenPfeilüberträgt.
Visier:ImGegensatzzuPistolenundRevolvern,
diezumAnvisierendesZielsKimmeundKorn
haben,gibtesbeimRecurvebogennurdasKorn.
Zielscheibe:DieScheibenbeimBogen-
schießenbestehenentwederausgepresstem
StrohoderwieinLondonausKunststoff.
BeimolympischenWettbewerbsindsie70
MetervonderSchießlinieentfernt.
DerRecurvebogen
Größe:zwischen64und72Zentimetern.
Gewicht:runddreiKilo.
Kosten:zwischen1600und1800Euro.
Schnellfeuerpistole,25m,Männer:
DieseDisziplingibtesnurfürMänner–am
3.August.DerBronzegewinnervon2008,
ChristianReitz(Kriftel),undderdeutsche
RekordteilnehmerRalfSchumann(Suhl)
habensichhierfürqualifiziert.FürSchu-
28 Nummer172Freitag,27.Juli2012 Olympische Sommerspiele 2012
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