1. 1
Der Nonprofit Sektor
im Wandel
Der Nonprofit Sektor
Strukturdaten des Nonprofit Sektors
Nonprofit Sektor im Wandel
Entwicklungsperspektiven
Dr. Stefan Nährlich, Gf Aktive Bürgerschaft
Fortbildung zum Engagement-Berater (Advisor
Philanthropy (FA) – München, 05.12.2013
2. 2
Der Nonprofit Sektor
Nonprofit-Organisationen und Definition
Sektoren-Modell und Handlungslogiken
International Classification of Nonprofit
Organizations (ICNPO)
3. 3
Nonprofit
Organisationen
Charakteristika von NonprofitOrganisationen (NPO) nach
Salamon/Anheier aus dem „Johns
Hopkins Comparative Nonprofit
Sector Project“
In Deutschland sind dies
gemeinnützige Organisationen,
vor allem Vereine und Stiftungen
Uneinigkeit: Gehören Genossenschaften zum Nonprofit Sektor?
4. 4
Nonprofit Sektor
Auch Dritter Sektor, Zivilgesellschaft /
Bürgergesellschaft, Philanthropischer
Sektor, Wohlfahrtssektor o.a.
Nur umgangssprachlich Synonyme,
fachliche Unterschiede und
differenzierte Zugänge
Sektorale Handlungslogiken, Schnittmengen als Bereiche besonderer
Dynamik
Uneinigkeit: Hat der Nonprofit Sektor
eine eigene Handlungslogik oder
kombiniert er die Logiken der
anderen Sektoren?
5. 5
Branchen des
Nonprofit Sektors
Gruppe 1 Kultur und Freizeit
Gruppe 6 Entwicklungsförderung
1 100 Kultur und Künste
6 100 Wirtschaftliche,
gesellschaftliche, lokale Entwicklung
1 200 Sport
1 300 Sonstige Freizeit- und
Sozialvereine
Gruppe 2 Bildung und Forschung
2 100 Grund- und Sekundarstufe
6 200 Wohnungsgenossenschaften
6 300 Beschäftigung und Fortbildung
Gruppe 7 Rechts- und
Interessensvertretung, Politik
2 200 Hochschulen
7 100 Bürger- und
Verbraucherinteressen
2 300 Sonstige Schule und Bildung
7 200 Rechtliche Dienste
2 400 Forschung
7 300 Politische Organisationen
Gruppe 3 Gesundheit
Gruppe 8 Stiftungen und Förderung
des Ehrenamtes
3 100 Krankenhäuser und
Rehabilitationskliniken
3 200 Seniorenheime
3 300 Sanatorien, Frauenhäuser und
andere Kriseneinrichtungen
3 400 Sonstigen Gesundheitsdienste
Gruppe 4 Soziale Dienste
8 100 Förderstiftungen
8 200 Sonstige Stiftungen und
Förderung des Ehrenamtes
Gruppe 9 Internationale
Entwicklungshilfe
Gruppe 10 Religionsgemeinschaften
4 200 Not- und Rettungsdienste
Gruppe 11 Berufs- und
Wirtschaftsverbände,
Gewerkschaften
4 300 Lohnhilfen und Unterstützung
11 100 Wirtschaftsverbände
Gruppe 5 Umwelt- und Naturschutz
11 200 Berufsverbände
5 100 Umwelt- und Naturschutz
11 300 Gewerkschaften
5 200 Tierschutz
Gruppe 12 Sonstige
4 100 Soziale Dienste
International Classification of Nonprofit Organizations (ICNPO) in: ZiviZ Abschlussbericht Modul 1, April 2011
7. 7
Überblick
Wenig gesicherte Informationen, kaum
vergleichbare Daten
Branchenumsatz bei 70 Mrd Euro
p.a.(andere Angaben 90 Mrd.),
Spenden, Mitgliedsbeiträge bei rund 10
Mrd.
Über 2 Mio. Beschäftigte in 100.000
Betrieben und Einrichtungen bei rund
600.000 gemeinnützigen Organisationen
Datenerhebungen (Freiwilligensurvey,
Erster Engagementbericht) nicht frei von
Interessen. Angaben Statistisches
Bundesamt mit mehrjährigen Zeitverzug
345
19.551
8. 8
Bürgerschaftliches
Engagement
Sport, Freizeit, Kultur sind die drei
engagementstärksten Bereiche
Engagementquote in den letzten
zehn Jahren stabil (34%, 36%, 34%)
Engagementfelder entsprechen
nicht genau den ICNPO Klassen
Quelle: Freiwilliges Engagement in
Deutschland 1999-2009. 3.
Freiwilligensurvey des BMFSFJ Kurzbericht
9. 9
Hauptamtlich Beschäftigte
Zwei Drittel aller Arbeitnehmer im Nonprofit Sektor arbeiten im Sozial- und
Gesundheitsbereich
Sozialbereich „gewinnt“ zu Lasten des Gesundheitsbereiches, neue Jobs in den Bereichen
Umwelt und Bildung und Forschung. Kommunalfinanzierte Bereiche (Sport, Kultur) rückläufig.
Achtung: Vollzeitäquivalente (FTE) in 1996, „Köpfe“ in 2007
Quelle: ZiviZ Abschlussbericht Modul 1, April 2011
10. 10
Hauptamt und Ehrenamt
„Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die sich freiwillig und ehrenamtlich
in der Freien Wohlfahrtspflege, ihren Hilfswerken und Initiativen sowie in
den ihnen angeschlossenen Selbsthilfegruppen sozial engagieren, wird
auf 2,5 bis 3 Millionen geschätzt.“ Dieser Satz wird seit 1996 so verwendet!
(Quelle: Einrichtungen und Dienste der Freien Wohlfahrtspflege.
Gesamtstatistik 2008)
12. 12
Wie viel spenden die Deutschen?
Spendenvolumen eher
rückläufig (3,5 Mrd. in 2005,
2,9 Mrd. in 2011)
Valide Erkenntnisse?
Inflation berücksichtigen:
Seit 2005: 1,5%, 1,6%, 2,3%
2,6%, 0,4%, 1,1%, 2,0%, 1,5%
Polen u.a.: Jeder Steuerzahler kann 1% seiner
Steuerlast direkt an eine
gemeinnützige Organisation
geben
Oder doch „Deutsche auf dem Weg zum Spendenweltmeister?“
Urselmann/Schwabbacher geben Spendenvolumen mit 6,5 Mrd. € im Jahr
an (2013).
14. 14
Spenden von Unternehmen
Finanzielle Zuwendungen durch (ohne Angabe
von Zahlen):
Allgemeine Sponsoringbeiträge
Gründung/Finanzierung einer Stiftung oder
eines Fördervereins
?
Allgemeine Geldspenden
Einrichtung/Finanzierung einer Institution als
Mäzen z.B. im Kulturbereich
Kooperation mit der öffentlichen Hand bei der
Durchführung öffentlicher Aufgaben
Veranstaltung oder andere Kontakte mit
„Stakeholdern“
Quelle: Für eine Kultur der Mitverantwortung.
Erster Engagementbericht der Bundesregierung.
Berlin August 2012
15. 15
Zweigeteilter Nonprofit Sektor
Staatsnaher Sozial- und Gesundheitsbereich. Einnahmen vor allem
durch Leistungsentgelte, viele
hauptamtliche Mitarbeiter. Wettbewerb und Kostendruck, wirtschaftliche Risiken. Optimierung von
Leitungsstrukturen. Freie Mittel für
mehr Handlungsfreiheit.
Zivilgesellschaftlicher Sport-, Freizeitund Kulturbereich, auch Stiftungen.
Beiträgen und Spenden machen
großen Anteil an Einnahmen aus.
Ehrenamtliches Engagement hat
große Bedeutung. Kürzungen
öffentlicher Mittel, Gewinnung von
Organmitgliedern sind Probleme.
Stiftungen und Bürgerstiftungen spielen
in beiden Bereichen eine Rolle für die
Anlage freier Mittel.
16. 16
Nonprofit Sektor im Wandel
Finanzierung
Ehrenamtliche
Stiftungen
Beschäftigte
Aufgaben
Rahmenbedingungen
Verhältnis Nonprofit Sektor
zu Staat und Wirtschaft
17. 17
Wandel in der Finanzierung
Umstellung von „Selbstkostendeckung“ in den
1990er Jahren auf
Leistungsengelte
Rückläufige öffentliche
Mittel, bei 32% der Vereine
seit 2005 (gestiegen bei
19% der Vereine)
Institutionelle Förderung
geht zurück, am meisten
bei Vereinen (37%) am
wenigsten bei Stiftungen
(18%)
Stagnierende private Mittel
Unternehmensspenden?
Quelle: Priller u.a. Dritte-Sektor-Organisationen heute: Eigene Ansprüche und ökonomische
Herausforderungen. Ergebnisse einer Organisationsbefragung. Berlin: WZB 2012
18. 18
Strukturwandel des Ehrenamtes
Überalterung bei
traditionellen Verbänden
„Zaungäste statt
Stammkunden“ (Streeck)
Mangel an (jungen, neuen)
Organmitgliedern. 50% der
Vereine haben keine 14- bis
30-Jährigen in Organen *
„Die 14- bis 30-Jährigen sind
am stärksten in Vereinen
ohne religiöse und politische Orientierung aktiv.“ *
Steigendes Engagement
insgesamt, gerade bei
jungen Menschen
„Die freiwillig engagierten Menschen in der
Diakonie sind zumeist weiblich, älter als 60
Jahre und im Ruhestand, verheiratet,
bereits längere Zeit und im Schnitt bis zu
zehn Stunden monatlich freiwillig tätig.“
* Quelle: Priller u.a. Dritte-Sektor-Organisationen heute: Eigene Ansprüche und ökonomische
Herausforderungen. Ergebnisse einer Organisationsbefragung. Berlin: WZB 2012
19. 19
Stiftungen unter Stress
Niedrigzinsphase drückt
Renditen
Optionen: Fundraising, Mission
Investing, Rationalisierung,
Einschränkungen der
Förderung
Öffentliche Meinung und
Medien gegenüber Stiftungen
nicht mehr nur positiv
(undemokratisch,
intransparent, ineffektiv)
Engagementpolitik: Neuer
Koalitionsvertrag „erwähnt
Stiftungen noch nicht einmal
am Rande“ (Fleisch, BVDS)
„Tausende Wohltäter haben ihr Geld in
eigene Stiftungen eingebracht. Doch von
der tückischen Rechtsform profitieren zuerst
Banker und Berater. Vor allem bei kleinen
Vermögen bleibt der gute Zweck auf der
Strecke.“ DIE WELT 12.5.2013
„Die freiwillig engagierten Menschen in der
Diakonie sind zumeist weiblich, älter als 60
Jahre und im Ruhestand, verheiratet,
bereits längere Zeit und im Schnitt bis zu
zehn Stunden monatlich freiwillig tätig.“
Stiftungsfinanzen in Krisenzeiten: Neue Zahlen und Fakten www.stiftungen.org/uploads/tx_leonhardtdyncontent/downloads/Stiftungsfokus_final.pdf
Kommentar Nährlich: Stiftungen unter Stress www.aktive-buergerschaft.de/buergergesellschaft/kommentare/2013/stiftungen_unter_stress
20. 20
Beschäftigungsverhältnisse
Professionalisierung des
Managements
Flexible Beschäftigungsverhältnisse (37% Vollzeit,
33% Teilzeit, 25% Mini-Jobs
u.a.). Für die nächsten 5
Jahre werden keine
generellen Änderungen
erwartet *
Einkommen: Hauptamtliche Stiftungsvorstände
verdienen durchschnittlich 60-80.000 Euro p.a.
* Quelle: Priller u.a. Dritte-Sektor-Organisationen heute: Eigene Ansprüche und ökonomische
Herausforderungen. Ergebnisse einer Organisationsbefragung. Berlin: WZB 2012
21. 21
Aufgabenwandel
Anforderungen an die
fachlichen Expertisen
gestiegen, zunehmende
Ergebnisorientierung
Übernahme von
Leistungsangeboten bei
Privatisierungen der
öffentlichen Hand
(Kultureinrichtungen
„Bürgerbäder“,
Stadteilbüchereien ...)
Ausweitung auf neue
Tätigkeitsbereiche bei 29%
der gGmbHs, 21% der
Vereine als „Reaktion auf
gesellschaftliche
Entwicklungen“ *
* Quelle: Priller u.a. Dritte-Sektor-Organisationen heute: Eigene Ansprüche und ökonomische
Herausforderungen. Ergebnisse einer Organisationsbefragung. Berlin: WZB 2012
22. 22
Rahmenbedingungen
Verschiedene Steuer- und Zivilrechtsreformen (2002, 2004, 2007)
Abkehr von Geprägetheorie
(AEAO) und 2013 Ehrenamtsstärkungsgesetz (Einnahmen erwirtschaften erleichtert, Flexibilisierungen bei Mittelverwendung)
Grundlegende Reform von
Abgabenordnung und Gemeinnützigkeitsrecht steht aus
Koalitionsvertrag: „Geeignete
Rechtsform für die Gründung
unternehmerischer Initiativen aus
bürgerschaftlichem Engagement“ (Kita, Dorfladen, Energie)
23. 23
Nonprofit Sektor und Staat
Lange bewährte Zusammenarbeit
steht unter Druck
50% der Vereine haben Konflikte
mit dem Staat durch "Mittelkürzungen und finanzielle
Planungsunsicherheit", "Druck
durch strengere Vergabekriterien"
und "Verringerung inhaltlicher
Handlungsspielräume". 33% der
Vereine kritisieren die "Vereinnahmung als Dienstleister" u. die "zu
starke Steuerung und Kontrolle.*
Verhältnis Bürgergesellschaft /
Staat wird neu diskutiert: Lückenbüßer-Debatte („Vertafelung“),
Subsidiarität. Siehe „Denkschrift
* Quelle: Priller u.a. Dritte-Sektor-Organisationen heute: Eigene Ansprüche und ökonoBürgergesellschaft“
mische Herausforderungen. Ergebnisse einer Organisationsbefragung. Berlin: WZB 2012
24. 25
Nonprofit Sektor und Wirtschaft
Debatte „Corporate
Citizenship“ ab Ende der
1990er in Deutschland
Unternehmen als Förderer
bürgerschaftlichen
Engagements
(Wieder)entdeckung der
Wirtschaft und des
„Unternehmers“
Graswurzelunternehmer
Sozialunternehmer
Moralunternehmer
25. 26
Entwicklungsperspektiven
Investition in Schlüsselthemen (Handlungsfelder)
Förderung von Organisationen
„Marken“- Organisationen
Besonders wirkungsvolle Organisationen
Stärkung von Strukturen (capacity building)
Qualifizierung und Gewinnung vom
Gremienmitglieder
Verbesserung der Finanzierung (Spendensiegel,
„Deutschland rundet auf“, neue Geber, ...)
Ausbau lokale Engagementinfrastruktur
26. 27
Handlungsfelder
Investition in Schlüsselthemen
Vor dem Hintergrund stets
knapper Ressourcen und
konkurrierender Verwendungsmöglichkeiten die Frage der
gesellschaftlichen Relevanz eines
Engagementfelds bedeutend.
Innerhalb der zwölf
Handlungsfelder können
konkrete Projekte danach
systematisiert werden, ob sie eher
einen individuellen oder einen
institutionellen Ansatz verfolgen
bzw. bei der Problemlinderung
oder der Ursachenbekämpfung
ansetzen.
Quelle: Aktive Bürgerschaft (Hrsg.): Handlungsfelder Bürgergesellschaft. Orientierung für Ihr
Engagement. Berlin 2011
27. 28
Organisationen
Förderung von Organisationen
Marken- Organisationen (z.B.
Greenpeace, UNICEF, SOSKinderdörfer, Welthungerhilfe ...)
Besonders wirkungsvolle
Organisationen (z.B. Phineo Label
u.a. siehe nächste Folie)
Bürgerstiftungen als lokale
Ansprechparter: „Wir verstehen
mehr von Geld als ein Verein und
mehr von Engagement als eine
Bank“ (Bürgerstiftung Bielefeld)
Lokale Übernahme erfolgreicher
Konzepte (scaling, franchising)
Hoffnungsträger Social Business
und Social Investments?
28. 29
Organisationen
Orientierungen für Geber
Geprüfte Informationen(DZI,
Phineo), Selbstverpflichtungen
DZI: Leistungsfähigkeit,
Transparenz, Wirtschaftlichkeit,
Kontroll- und Aufsichtsstrukturen
Phineo: Wirkung und Leistungsfähigkeit, Einbettung in Themenfelder (z.B. über wirkungsvolles
zivilgesellschaftliches
Engagement gegen Rechts)
Diskussionen: Verlässlichkeit der
Informationen, Kosten der
Prüfung, Transparenzpflicht,
Siegelvielfalt, schwarze Schafe
29. 30
Capacity building
„actions that improve nonprofit
effectiveness“ (Foundation
Center)
Fördern von „Projekten“ oder
investieren in „Strukturen“?
capacity building ist mehr als
„engagementfördernde
Infrastruktureinrichtungen“
Mittelbeschaffung hierfür ist in
Deutschland schwierig, aber
nicht unmöglich
30. 31
Angebote für „Geber“
Wie sind sie (als Nonprofit-Organisation) im NPO
Sektor positioniert?
Was bieten sie potentiellen Gebern an?
Was unterscheidet sie von ihren gemeinnützigen
und anderen Wettbewerbern in dem Feld?
Was ist für sie besonders wichtig und wie arbeiten
sie?
31. SAVE THE DATE
27.03.2014, 17 - 19 Uhr
Vielen Dank für Ihre
„Von Vater Staat Aufmerksamkeit!
zu Uncle Sam“
Wohin entwickelt sich das Bürgerengagement?
Forum Aktive Bürgerschaft 2014