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Rechtsgutachtliche Stellungnahme
                                      zur
 Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes zur Verlängerung der Laufzeiten
                             von Kernkraftwerken
                                      von
                 Professor Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier
                Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D.


Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mich
um eine rechtsgutachtliche Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob ein Ge-
setz zur Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke der Zustim-
mung des Bundesrates bedürfte. In der vorliegenden Stellungnahme wird da-
von ausgegangen, dass ein etwaiges Änderungsgesetz, das eine erhebliche
Erhöhung der nach geltender Rechtslage begrenzten Elektrizitätsmengen und
damit eine erhebliche Laufzeitverlängerung von Reaktoren anstrebt, auf rein
materiell-rechtliche Regelung beschränkt ist.


                                       I.
Mit dem Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur ge-
werblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1351)
wurde das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb der bestehenden
kommerziellen Kernreaktoren an die Erreichung bestimmter Elektrizitätsmen-
gen geknüpft (§ 7 Abs. 1 a AtG). Mit diesem Änderungsgesetz wurde der bis-
herige, in der Förderung der Atomenergie bestehende Gesetzeszweck durch
die Vorgabe einer geordneten Beendigung der Kernenergienutzung (§ 1 Nr. 1
AtG) ersetzt. Diese wurde begleitet durch ein Verbot von Genehmigungen für
die Errichtung und den Betrieb neuer Kernkraftwerke und die Begrenzung der
bestehenden Betriebserlaubnisse.


Da das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur ge-
werblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 zu einer Verminde-
rung und absehbaren Beendigung der in Bundesauftragsverwaltung durch die
                                       1
Länder zu erfüllenden Verwaltungsaufgaben führt, war nach überwiegender
Auffassung der an jenem Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, insbesondere
nach der Mehrheit des Bundesrates, eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht ge-
geben. Weil die nunmehr angestrebte erhebliche Erhöhung der nach geltender
Gesetzeslage begrenzten Reststrommengen dagegen zu einer Vermehrung
der betreffenden Verwaltungsaufgaben und zu einer Verlängerung der in der
Anordnung der Bundesauftragsverwaltung liegenden Eingriffe in das verfas-
sungsrechtliche Grundprinzip der Landeseigenverwaltung (Art. 83 GG) führe,
wird teilweise eine Zustimmungsbedürftigkeit in Bezug auf jene angestrebte
Gesetzesänderung angenommen.


                                     II.
1. Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angele-
genheit aus. Diese Grundaussage steht unter dem Vorbehalt, dass dieses
Grundgesetz etwas anderes bestimmt oder zulässt. Eine solche verfassungs-
rechtliche Zulassung anderweitiger Regelung ist unter anderem durch Art. 87 c
GG erfolgt. Gesetze, die auf Grund des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG ergehen,
können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass sie von den Län-
dern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden. Gesetze, die auf Grund des
Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG ergehen, sind solche, welche die Erzeugung und
Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Be-
trieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren,
die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entste-
hen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe regeln. Das geltende Atomgesetz
unterfällt dieser Regelungsmaterie des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG und im § 24
Abs. 1 AtG ist auch mit damals ordnungsgemäßer Zustimmung des Bundes-
rats von der Ermächtigung des Art. 87 c GG Gebrauch gemacht worden.


2. Die Frage, ob und in wieweit Gesetze, die (ausschließlich) die materiell-
rechtlichen Regelungen des geltenden Atomgesetzes ändern, ihrerseits der
Zustimmung des Bundesrates nach Art. 87 c bedürfen, ist vom Bundesverfas-
sungsgericht noch nicht entschieden worden. Die verfassungsgerichtliche Ju-
                                     2
dikatur, auf die in der rechtswissenschaftlichen Kommentarliteratur und auch
in den neuerlichen, aktuellen Stellungnahmen hingewiesen wird, bezieht sich
im Wesentlichen auf die Vorschrift des Art. 84 Abs. 1 GG a.F. und damit auf
die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder als eigene Angelegen-
heit. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen sind hier vor allem in der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgericht vom 25. Juni 1974 (BVerfGE 37, S.
363, 379 ff.; vgl. ferner BVerfGE 39, S. 1, 33 f.; 55, S. 274, 318 ff.; 78, S. 108,
150 ff.;105, S.313, 331 ff.) gelegt worden. Art. 84 Abs. 1 GG a.F. band ein
Bundesgesetz, das Vorschriften enthält, die das Verfahren der Landesverwal-
tung regeln, an die Zustimmung des Bundesrates als desjenigen Bundesor-
gans, durch das die Länder bei der Gesetzgebung des Bundes mitwirken. Der
Bundesrat hat im Falle der Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes nach
dieser Vorschrift das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach zu prüfen und nicht
nur die Vorschriften, welche die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen. Er darf
deshalb auch einem Gesetz, das sowohl materielle Normen als auch Vor-
schriften über das Verfahren der Landesverwaltung enthält, die Zustimmung
versagen, weil er nur mit der materiellen Regelung nicht einverstanden ist.
Wenn der Bundesrat einem Gesetz zustimmt, dann stimmt er stets dem ge-
samten Inhalt des Gesetzes zu. Dass die Zustimmung des Bundesrates sich
auf das ganze Gesetz bezieht, folgt schon daraus, dass es bei dem Gesetz
um eine „gesetzgebungstechnische Einheit“ geht.


Nach der durch die besagte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 25. Juni 1974 entwickelten und inzwischen gefestigten Judikatur zu Art.
84 Abs. 1 GG a.F. bedeutet dies indes nicht, dass jedes Änderungsgesetz
wiederum der Zustimmung des Bundesrats bedürfe. Das Bundesverfassungs-
gericht vertritt vielmehr die Auffassung, dass die Annahme einer gesetzge-
bungstechnischen Einheit des Zustimmungsgesetzes gegen die (vorausset-
zungslose) Zustimmungsbedürftigkeit von Änderungsgesetzen spreche. Denn
auch das Änderungsgesetz selbst ist eine gesetzgebungstechnische Einheit,
bei dessen Erlass, ebenso wie bei jedem anderen Gesetz, sämtliche Voraus-
setzungen der Gesetzgebung erneut und selbstständig zu prüfen sind. Es
                                        3
müsse deshalb festgestellt werden, ob der Bundesgesetzgeber für den Erlass
eines Gesetzes mit diesem Inhalt zuständig und ob das Gesetz seinem Inhalt
nach zustimmungsbedürftig ist. Enthalte das Gesetz nicht selbst auch zustim-
mungsbedürftige Vorschriften und ändert es auch keine solchen Vorschriften
ab, so ist es selbst nicht zustimmungsbedürftig. Die dem ursprünglichen – zu-
stimmungsbedürftigen – Gesetz erteilte Zustimmung habe sich nur auf dieses
Gesetz bezogen und konnte sich auch nur darauf beziehen.


Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zu Art. 84
GG a.F. allerdings davon aus, dass es eine Reihe von Fällen gibt, in denen für
die Änderung eines Zustimmungsgesetzes wiederum die Zustimmung des
Bundesrates erforderlich ist. Das gilt nicht nur für den selbstverständlichen und
klaren Fall, dass das Änderungsgesetz selbst neue Vorschriften enthält, die
ihrerseits der Zustimmungsbedürftigkeit unterliegen. Entsprechendes gilt,
wenn von der Änderung solche Regelungen des geänderten Gesetzes betrof-
fen sind, die seine Zustimmungsbedürftigkeit begründet hatten. Das Bundes-
verfassungsgericht geht aber von der Zustimmungsbedürftigkeit eines Ände-
rungsgesetzes auch unter den folgenden Voraussetzungen aus: Ein Zustim-
mungsgesetz, das sowohl materiell-rechtliche Vorschriften als auch Vorschrif-
ten über das Verfahren der Landesverwaltung (Art. 84 Abs. 1 GG a.F.) enthält,
wird durch ein Gesetz geändert, das sich zwar auf die Regelung materiell-
rechtlicher Fragen beschränkt, in diesem Bereich jedoch Neuerungen in Kraft
setzt, die den nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften über das Verwal-
tungsverfahren eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleihen
(vgl. BVerfGE 37, S. 363, 383).


3. Diese bundesverfassungsgerichtliche Judikatur zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F.
wird in der rechtswissenschaftlichen Kommentarliteratur regelmäßig auf die
Vorschrift des Art. 87 c GG übertragen. Setzt das Änderungsgesetz neue Re-
gelungen in Kraft, die den nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften, welche
die ursprüngliche Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG begründet hat-
ten, eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleihen, so unterliegt
                                       4
auch das Zustimmungsgesetz der Zustimmungsbedürftigkeit. Nach Hans-
Detlef Horn (in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz,
Band 3, 5. Auflage 2005, Art. 87 c, Rdnr., 44 ff.) führe die Änderung materiell-
rechtlicher Normen zu einer Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG,
wenn sich die materiell-rechtliche Änderungsregelung zugleich als konkrete,
greif- und messbare rechtliche Verfügung über die Auftragsverwaltung im
Kernenergierecht darstellt. Demnach bedürfe ein Kernenergiegesetz, das aus-
drücklich nur die materiellen Teile des ursprünglichen Zustimmungsgesetzes
ändere, der Zustimmung des Bundesrates, wenn es zugleich die Anordnung
der Bundesauftragsverwaltung mittelbar regelnd erfasst und bestimmt, „indem
es diese irgend greifbar verändert oder umwidmet“ (aaO., Rdnr. 46). Ähnlich
formuliert Kay Windhorst (in: Sachs, Grundgesetz, 5. Auflage, 2009, Art. 87 c,
Rdnr. 24), nach dem ein Änderungsgesetz, das sich allein auf den materiell-
rechtlichen Teil des ursprünglichen Gesetzes beschränkt, der Zustimmung des
Bundesrates nur bei wesentlicher Umgestaltung des materiell-rechtlichen In-
halts des geänderten Gesetzes bedürfe. Nach Wolfgang Durner (in: Bonner
Kommentar, 18. Ergänzungslieferung 2006, Art. 87 c, Rdnr. 9) unterliegt ein
Änderungsgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates, solange die mate-
rielle Umgestaltung dieses Gesetzes nicht der Neuzuweisung einer Aufgabe in
Bundesauftragsverwaltung gleichkomme. Eine solche Neuzuweisung habe die
Rechtssprechung nur dort bejaht, wo sich die Neuregelung zwar auf materiell-
rechtliche Fragen beschränke, damit jedoch den nicht ausdrücklich geänder-
ten Vorschriften über das Verwaltungsverfahren „eine wesentlich andere Be-
deutung und Tragweite“ verleihe. Auch nach Georg Hermes (in: Dreier,
Grundgesetz, 2. Auflage 2008, Art. 87 c, Rdnr. 11) werde im Falle nachträgli-
cher Änderung (nur) der materiellen Bestimmungen des Gesetzes die Zu-
stimmungsbedürftigkeit dann ausgelöst, wenn durch die Änderung der mate-
riellen Regelungen der Bereich der Auftragsverwaltung wesentlich verändert
oder erweitert werde.


4. Damit geht die Kommentarliteratur zugleich davon aus, dass ein Ände-
rungsgesetz dann nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfe, wenn es
                                       5
lediglich die bislang vorgesehene Bundesauftragsverwaltung aufhebe oder
beschränke. Weil diese Voraussetzungen bei dem Gesetz zur geordneten Be-
endigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Nutzung von Elektrizität
vom 22. April 2002 erfüllt gewesen seien, sei dieses Gesetz nicht zustim-
mungsbedürftig gewesen. Denn hier seien die Vollzugsaufgaben nicht wesent-
lich verändert worden, insbesondere sei keine Vermehrung von Vollzugsauf-
gaben erfolgt (so etwa Georg Hermes, aaO., Rdnr 11 mit Fn. 44). Die Auffas-
sungen speziell zu diesem Gesetz vom 22. April 2002 sind allerdings geteilt.
Unter Hinweis darauf, dass eine Totalrevision vorläge, die an Stelle der – bis-
herigen – Förderung die Beendigung der friedlichen Kernenergienutzung zum
Gesetzeszweck erhebe und dadurch eine grundlegende Umgestaltung der
Verwaltungsaufgabe im Kernenergierecht bewirke, habe nach anderer Auffas-
sung das damalige Änderungsesetz der Zustimmung des Bundesrates bedurft.
Die Vorschriften über den Aufgabenvollzug in Bundesauftragsverwaltung hät-
ten durch diese Revision des materiellen Rechts eine neue Bestimmung erfah-
ren, die von der zum geänderten Gesetz erteilten Zustimmung nicht mehr um-
fasst werde (so insbesondere Hans-Detlef Horn, aaO., Rdnr. 47). Diese Auf-
fassung hatten im Übrigen auch die Länder Bayern, Baden-Württemberg und
Hessen im Bundesrat vertreten, der mehrheitlich allerdings dieser Auffassung
nicht gefolgt war.


                                      III.
Eine mehr oder weniger schematische Übertragung der Rechtssprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. auf die Auslegung des
Art. 87 c GG ist problematisch. Die die Zustimmungsbedürftigkeit auslösenden
Vorschriften des Art. 84 Abs. 1 GG einerseits und des Art. 87 c GG anderer-
seits stehen in unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Zusammenhängen
und verfolgen keine einheitlichen Zwecke.


1. Nach Art. 83 GG sind die Länder von Verfassungs wegen berechtigt und
verpflichtet, Bundesgesetze als eigene Angelegenheit auszuführen. Die Bun-
desländer verfügen damit über die verfassungsrechtlich verbürgte Vollzugsho-
                                       6
heit im Hinblick auf die bundesgesetzlichen Sachregelungen. Ein Gesetz wird
nach dem Grundgesetz nicht bereits dadurch zustimmungsbedürftig, dass es
die Interessen der Bundesländer als Träger der Ausführungskompetenz in all-
gemeiner Weise berührt, etwa dadurch, dass es deren Verwaltungshandeln
auf einem bestimmten Gebiet auslöst bzw. beendet (vgl. BVerfGE 55, S. 274,
319; 75, S. 108,150). Geht es um den Vollzug von Bundesgesetzen als eigene
Angelegenheit der Länder, dann wird nach dem Willen des Grundgesetzes
eine Zustimmungsbedürftigkeit erst dann ausgelöst, wenn die Bundesgesetze
selbst Einrichtung oder Verfahren der Landesbehörden regeln. In die Verwal-
tungshoheit der Länder wird in einer die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen-
den Art und Weise nicht allein dadurch eingegriffen, dass durch eine bundes-
gesetzliche Sachregelung die verfassungsrechtliche Pflicht der Länder zur
Ausführung der Bundesgesetze (Art. 83 GG) betroffen wird, sondern erst da-
durch, dass das Bundesgesetz selbst Einrichtung oder Verfahren der Landes-
behörden regelt. Dass durch eine neue oder geänderte Sachregelung des
Bundes die verfassungsrechtliche Pflicht der Länder zur Ausführung der Bun-
desgesetze berührt wird, macht gerade den Regelfall des Verfassungsrechts
(Art. 83 GG) und die Grundstruktur der föderalen Ordnung der Bundesrepublik
Deutschland aus. Dass bundesgesetzliche Sachregelungen gleichwohl der
Zustimmung des Bundesrates unterliegen können, beruht eben nicht auf die-
ser Regelfolge des Art. 83 GG. Die Zustimmungsbedürftigkeit folgt vielmehr
erst daraus, dass auf Grund der schwerwiegenderen Eingriffe in die Verwal-
tungshoheit der Länder in Form der Aufnahme von Organisations- und Verfah-
rensregelungen und wegen der weiteren formellen Betrachtung des Gesetzes
als gesetzgebungstechnische Einheit die aus dem letzteren Eingriff resultie-
rende Zustimmungsbedürftigkeit auf das Gesamtgesetz erstreckt wird. Vor
dem Hintergrund dieser Grundannahmen ist die geschilderte, differenzierte
und zurückhaltene verfassungsgerichtliche Behandlung von Änderungsgeset-
zen im Regelungszusammenhang des Art. 84 Abs. 1 GG verständlich und gut
vertretbar.




                                     7
2. Bei der Auftragsverwaltung ist die Eigenständigkeit der Länder deutlich be-
grenzter. Der Bund hat bei der Auftragsverwaltung im Vergleich zur landesei-
genen Ausführung der Bundesgesetze weit stärkere Einwirkungsmöglichkei-
ten. So erstreckt sich seine Aufsicht nicht nur auf die Gesetzmäßigkeit und die
Zweckmäßigkeit der Gesetzesausführung, die Landesbehörden unterstehen
vielmehr von vornherein den Weisungen der obersten Bundesbehörden. Auch
wenn es sich bei der Auftragsverwaltung um eine Form der Landesverwaltung
handelt und die Länder hierbei Landesstaatsgewalt ausüben, steht den Län-
dern nur die Wahrnehmungskompetenz unentziehbar zu. Diese bleibt stets
Landesangelegenheit, ein Eintrittsrecht des Bundes ist in Art. 85 GG nicht vor-
gesehen. Dies gilt indes nicht für die Sachbeurteilung und die Sachentschei-
dung. Diese Sachkompetenz liegt zwar zunächst ebenfalls beim Land, der
Bund kann sie aber nach eigener Entscheidung dadurch an sich ziehen, dass
er das ihm zuerkannte Weisungsrecht in Anspruch nimmt. Diese Inanspruch-
nahme ist nicht auf Ausnahmsfälle begrenzt und auch nicht weiter rechtferti-
gungsbedürftig. Sie ist nach Maßgabe des Art. 85 Abs. 3 GG als reguläres Mit-
tel gedacht, sodass die Sachkompetenz im Rahmen einer Auftragsverwaltung
dem Land von vornherein nur unter dem Vorbehalt ihrer Inanspruchnahme
durch den Bund zusteht.


Der Bund darf auf Grund seiner Sachkompetenz im Rahmen der Bundesauf-
tragsverwaltung alle Aktivitäten entfalten, die er für die effektive und sachge-
rechte Vorbereitung und Ausübung seiner grundsätzlich unbeschränkten Di-
rektions- und Weisungsrechte für erforderlich hält, soweit er dadurch die
Wahrnehmungskompetenz der Länder nicht verletzt (siehe grundlegend
BVerfGE 104, S. 249 ff). Bestandteil der Aktivitäten des Bundes zur Vorberei-
tung und Ausübung seiner Direktions- und Weisungsrechte können auch un-
mittelbare Kontakte nach außen, einschließlich etwaiger informaler Abspra-
chen sein.


Sollen atomrechtliche Sachregelungen einem solchen Vollzug der Auftrags-
verwaltung unterstellt werden, durch die den Ländern letztlich nur noch die
                                       8
formale Wahrnehmungskompetenz nach außen, nicht aber die eigentliche
Sachkompetenz verbleibt, so darf dies nach Art. 87 c GG nur mit der Zustim-
mung des Bundesrates geschehen. Diese Zustimmung ist eine zwingende und
angesichts der föderalen Grundstruktur des Grundgesetzes sich geradezu
aufdrängende Folge einer derart gewichtigen Durchbrechung des Grundprin-
zips des eigenverantwortlichen Landesvollzugs von Bundesgesetzen sowie
des Umstands, dass diese Vollzugsfolgen für das Atomrecht nicht unmittelbar
im Grundgesetz selbst angeordnet sind, sondern diese Anordnung einem ein-
fachen, aber zustimmungsbedürftigen Bundesgesetz überlassen wird. Mit der
Zustimmung des Bundesrates verzichten die Länder auf ein regelhaft ihnen
zustehendes Recht des atomrechtlichen Eigenvollzuges, bei dem Sachkompe-
tenz und Wahrnehmungskompetenz (selbstverständlich) zusammenfallen. Sie
unterwerfen sich und ihre Verwaltungen einem mehr oder weniger vorausset-
zungslosen Weisungsrecht und damit der uneingeschränkten Sachkompetenz
des Bundes. Dies kann im Hinblick auf die Eingriffswirkungen in Richtung auf
die föderalen Grundstrukturen der Bundesrepublik nicht gleichgesetzt werden
mit der Zustimmung des Bundesrates zu Gesetzen nach Maßgabe des Art. 84
Abs. 1 GG. Denn in jenen Fällen verbleibt es bei der regelhaften Eigenverant-
wortung der Länder für den Vollzug von Bundesgesetzen, also bei ihrer eigent-
lichen Sachkompetenz (Art. 83 GG).


3. Daraus folgt, dass die Zustimmung des Bundesrates nach Art. 87 c GG sich
auf ganz bestimmte Sachregelungen bezieht und beziehen muss. Demgemäß
können sich die Zustimmung nach Art 87 c GG und damit die Anordnung der
Auftragsverwaltung auch auf einen bestimmten Teil oder bestimmte Teile des
Sachgesetzes des Bundes beschränken. Die Zustimmung kann aber wegen
der geschilderten weitreichenden Folgen einer Verlagerung der eigentlichen
sachlichen Vollzugskompetenzen von den Ländern auf den Bund niemals „ins
Blaue hinein“ erfolgen, sich also nicht nur auf die im Zeitpunkt der Zustimmung
vorhandenen Sachregelungen, sondern auch auf alle künftigen beziehen. Eine
solche „Unterwerfung“ oder „Auslieferung“ der Länder unter die im Wesentli-
chen uneingeschränkten exekutivischen Sachkompetenzen des Bundes un-
                                      9
geachtet der jeweils geltenden Sachregelungen verletzten die Grundprinzipien
und Grundstrukturen der föderalen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland
und verkehrten sie in ihr Gegenteil. Zu dieser Grundstruktur gehört es, dass
die Fachgesetze des Bundes grundsätzlich von den Ländern in eigener Wahr-
nehmungs- und Sachkompetenz vollzogen werden und dem Bund nur die sehr
begrenzten Ingerenzrechte des Art. 84 Abs. 3 und 4 GG (Rechtsaufsicht) zu-
stehen. Aus diesen Gründen erscheint die mehr oder weniger unbesehene
Übernahme der Judikatur zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. nicht angezeigt, Art. 87 c
GG ist vielmehr nach seinen eigenen Sinnzusammenhängen und nach seinem
eigenen Telos zu interpretieren.


4. Das bedeutet, dass im Zusammenhang mit Art. 87 c GG nicht allein zu fra-
gen ist, ob das auf sachliche Regelungen begrenzte Änderungsgesetz den
nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften über das Verwaltungsverfahren
eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleiht (vgl. zum Art. 84 GG
a.F. BVerfGE 37, S. 383). Denn im Gegensatz zu dem Gesetz nach Art. 84
Abs. 1 GG wird die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG allein durch
die Anordnung der Auftragsverwaltung, bezogen auf bestimmte Sachreglun-
gen, ausgelöst. Die eigentlichen Rechtsfolgen dieser Anordnung ergeben sich
gar nicht aus dem zustimmungsbedürftigen Gesetz, sondern unmittelbar aus
der Verfassung (Art. 85 GG). Es muss daher vor allem darum gehen, ob durch
das Änderungsgesetz die Sachregelungen, die Gegenstand der Unterwerfung
unter die Auftragsverwaltung des Bundes sind, eine nicht nur unwesentliche
Änderung erfahren, ob daher die Verlagerung der sachlichen Vollzugskompe-
tenz auf den Bund einen nicht nur unwesentlich veränderten Sachgegenstand
betrifft. Will man den Verzicht der Länder auf den letztlich wichtigsten Teil ihrer
Vollzugskompetenz, nämlich auf die exekutivische Sachkompetenz, nicht als
einen „Freibrief“ oder als einen Verzicht „ins Blaue hinein“ begreifen oder zu-
lassen, dann bleibt nur die untrennbare Verknüpfung des Zustimmungsvorbe-
halts nach Art. 87 c GG mit den vollzugsfähigen und vollzugsbedürftigen Sach-
regelungen und ihren etwaigen nicht nur unwesentlichen späteren Änderun-
gen.
                                        10
5. Von daher erscheint eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken,
auch wenn eine solche Regelung auf rein sachlich-rechtliche Inhalte be-
schränkt sein sollte, als nicht nur marginale, sondern wesentliche, vollzugsfä-
hige und vollzugsbedürftige Änderung des bestehenden Atomrechts und damit
zustimmungsbedürftig nach Art. 87 c GG. Nach den hier entwickelten
Grundsätzen hätte dies im Übrigen wohl auch für das Gesetz zur geordneten
Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektri-
zität vom 22. April 2002 zu gelten. Denn auch dieses Gesetz hat wesentliche,
sogar auf eine grundlegende Umgestaltung der ursprünglichen Gesetzeszwe-
cke abzielende Änderungen des früheren Gesetzesinhalts bewirkt. Die in der
Anordnung der Auftragsverwaltung liegende Abspaltung der exekutivischen
Sachkompetenz von der Vollzugshoheit der Länder und deren Reduktion auf
eine bloße Wahrnehmungskompetenz sind letztlich auch hier auf einen sach-
lich veränderten Regelungsgegenstand bezogen worden. Solche Veränderun-
gen sind für die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG nach dem oben
Gesagten nicht unmaßgeblich. Es geht nicht nur um die Frage, ob bestimmte
Aufgaben im Zuge des Verwaltungsvollzuges verlängert, verkürzt, erleichtert
oder erschwert werden. Auf jeden Fall kann daraus, dass in Bezug auf das
Änderungsgesetz des Jahres 2002 eine Zustimmungsbedürftigkeit mehrheit-
lich nicht reklamiert worden war, eine irgendwie geartete Schlussfolgerung im
Hinblick auf die jetzt aktuelle Verfassungsrechtsfrage nicht gezogen werden.


6. Soweit durch das Änderungsgesetz die geänderten oder ergänzten mate-
riell-rechtlichen Vorschriften ausdrücklich nicht der Bundesauftragsverwaltung
unterstellt werden oder die Anordnung der Bundesauftragsverwaltung durch
das Änderungsgesetz insgesamt aufgehoben wird, besteht für dieses Ände-
rungsgesetz keine Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG. Aufgrund ei-
nes solchen Änderungsgesetzes tritt der Regelfall des Landeseigenvollzuges
nach Art. 83 GG unmittelbar von Verfassungs wegen ein. In der Sache handelt
es sich um den Verzicht des Bundes auf die weitergehenden Ingerenzrechte


                                      11
nach Art. 85 GG, was nach dem geschilderten Sinn und Zweck des Art. 87 c
GG nicht den dort verankerten Zustimmungsvorbehalt auslöst.


München, den 27. Mai 2010




Professor Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier




                                     12

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Stellungnahme laufzeitverlaengerung hj_papier

  • 1. Rechtsgutachtliche Stellungnahme zur Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes zur Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken von Professor Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mich um eine rechtsgutachtliche Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob ein Ge- setz zur Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke der Zustim- mung des Bundesrates bedürfte. In der vorliegenden Stellungnahme wird da- von ausgegangen, dass ein etwaiges Änderungsgesetz, das eine erhebliche Erhöhung der nach geltender Rechtslage begrenzten Elektrizitätsmengen und damit eine erhebliche Laufzeitverlängerung von Reaktoren anstrebt, auf rein materiell-rechtliche Regelung beschränkt ist. I. Mit dem Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur ge- werblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1351) wurde das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb der bestehenden kommerziellen Kernreaktoren an die Erreichung bestimmter Elektrizitätsmen- gen geknüpft (§ 7 Abs. 1 a AtG). Mit diesem Änderungsgesetz wurde der bis- herige, in der Förderung der Atomenergie bestehende Gesetzeszweck durch die Vorgabe einer geordneten Beendigung der Kernenergienutzung (§ 1 Nr. 1 AtG) ersetzt. Diese wurde begleitet durch ein Verbot von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb neuer Kernkraftwerke und die Begrenzung der bestehenden Betriebserlaubnisse. Da das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur ge- werblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 zu einer Verminde- rung und absehbaren Beendigung der in Bundesauftragsverwaltung durch die 1
  • 2. Länder zu erfüllenden Verwaltungsaufgaben führt, war nach überwiegender Auffassung der an jenem Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, insbesondere nach der Mehrheit des Bundesrates, eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht ge- geben. Weil die nunmehr angestrebte erhebliche Erhöhung der nach geltender Gesetzeslage begrenzten Reststrommengen dagegen zu einer Vermehrung der betreffenden Verwaltungsaufgaben und zu einer Verlängerung der in der Anordnung der Bundesauftragsverwaltung liegenden Eingriffe in das verfas- sungsrechtliche Grundprinzip der Landeseigenverwaltung (Art. 83 GG) führe, wird teilweise eine Zustimmungsbedürftigkeit in Bezug auf jene angestrebte Gesetzesänderung angenommen. II. 1. Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angele- genheit aus. Diese Grundaussage steht unter dem Vorbehalt, dass dieses Grundgesetz etwas anderes bestimmt oder zulässt. Eine solche verfassungs- rechtliche Zulassung anderweitiger Regelung ist unter anderem durch Art. 87 c GG erfolgt. Gesetze, die auf Grund des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG ergehen, können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass sie von den Län- dern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden. Gesetze, die auf Grund des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG ergehen, sind solche, welche die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Be- trieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entste- hen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe regeln. Das geltende Atomgesetz unterfällt dieser Regelungsmaterie des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG und im § 24 Abs. 1 AtG ist auch mit damals ordnungsgemäßer Zustimmung des Bundes- rats von der Ermächtigung des Art. 87 c GG Gebrauch gemacht worden. 2. Die Frage, ob und in wieweit Gesetze, die (ausschließlich) die materiell- rechtlichen Regelungen des geltenden Atomgesetzes ändern, ihrerseits der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 87 c bedürfen, ist vom Bundesverfas- sungsgericht noch nicht entschieden worden. Die verfassungsgerichtliche Ju- 2
  • 3. dikatur, auf die in der rechtswissenschaftlichen Kommentarliteratur und auch in den neuerlichen, aktuellen Stellungnahmen hingewiesen wird, bezieht sich im Wesentlichen auf die Vorschrift des Art. 84 Abs. 1 GG a.F. und damit auf die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder als eigene Angelegen- heit. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen sind hier vor allem in der Ent- scheidung des Bundesverfassungsgericht vom 25. Juni 1974 (BVerfGE 37, S. 363, 379 ff.; vgl. ferner BVerfGE 39, S. 1, 33 f.; 55, S. 274, 318 ff.; 78, S. 108, 150 ff.;105, S.313, 331 ff.) gelegt worden. Art. 84 Abs. 1 GG a.F. band ein Bundesgesetz, das Vorschriften enthält, die das Verfahren der Landesverwal- tung regeln, an die Zustimmung des Bundesrates als desjenigen Bundesor- gans, durch das die Länder bei der Gesetzgebung des Bundes mitwirken. Der Bundesrat hat im Falle der Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes nach dieser Vorschrift das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach zu prüfen und nicht nur die Vorschriften, welche die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen. Er darf deshalb auch einem Gesetz, das sowohl materielle Normen als auch Vor- schriften über das Verfahren der Landesverwaltung enthält, die Zustimmung versagen, weil er nur mit der materiellen Regelung nicht einverstanden ist. Wenn der Bundesrat einem Gesetz zustimmt, dann stimmt er stets dem ge- samten Inhalt des Gesetzes zu. Dass die Zustimmung des Bundesrates sich auf das ganze Gesetz bezieht, folgt schon daraus, dass es bei dem Gesetz um eine „gesetzgebungstechnische Einheit“ geht. Nach der durch die besagte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 1974 entwickelten und inzwischen gefestigten Judikatur zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. bedeutet dies indes nicht, dass jedes Änderungsgesetz wiederum der Zustimmung des Bundesrats bedürfe. Das Bundesverfassungs- gericht vertritt vielmehr die Auffassung, dass die Annahme einer gesetzge- bungstechnischen Einheit des Zustimmungsgesetzes gegen die (vorausset- zungslose) Zustimmungsbedürftigkeit von Änderungsgesetzen spreche. Denn auch das Änderungsgesetz selbst ist eine gesetzgebungstechnische Einheit, bei dessen Erlass, ebenso wie bei jedem anderen Gesetz, sämtliche Voraus- setzungen der Gesetzgebung erneut und selbstständig zu prüfen sind. Es 3
  • 4. müsse deshalb festgestellt werden, ob der Bundesgesetzgeber für den Erlass eines Gesetzes mit diesem Inhalt zuständig und ob das Gesetz seinem Inhalt nach zustimmungsbedürftig ist. Enthalte das Gesetz nicht selbst auch zustim- mungsbedürftige Vorschriften und ändert es auch keine solchen Vorschriften ab, so ist es selbst nicht zustimmungsbedürftig. Die dem ursprünglichen – zu- stimmungsbedürftigen – Gesetz erteilte Zustimmung habe sich nur auf dieses Gesetz bezogen und konnte sich auch nur darauf beziehen. Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zu Art. 84 GG a.F. allerdings davon aus, dass es eine Reihe von Fällen gibt, in denen für die Änderung eines Zustimmungsgesetzes wiederum die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist. Das gilt nicht nur für den selbstverständlichen und klaren Fall, dass das Änderungsgesetz selbst neue Vorschriften enthält, die ihrerseits der Zustimmungsbedürftigkeit unterliegen. Entsprechendes gilt, wenn von der Änderung solche Regelungen des geänderten Gesetzes betrof- fen sind, die seine Zustimmungsbedürftigkeit begründet hatten. Das Bundes- verfassungsgericht geht aber von der Zustimmungsbedürftigkeit eines Ände- rungsgesetzes auch unter den folgenden Voraussetzungen aus: Ein Zustim- mungsgesetz, das sowohl materiell-rechtliche Vorschriften als auch Vorschrif- ten über das Verfahren der Landesverwaltung (Art. 84 Abs. 1 GG a.F.) enthält, wird durch ein Gesetz geändert, das sich zwar auf die Regelung materiell- rechtlicher Fragen beschränkt, in diesem Bereich jedoch Neuerungen in Kraft setzt, die den nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften über das Verwal- tungsverfahren eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleihen (vgl. BVerfGE 37, S. 363, 383). 3. Diese bundesverfassungsgerichtliche Judikatur zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. wird in der rechtswissenschaftlichen Kommentarliteratur regelmäßig auf die Vorschrift des Art. 87 c GG übertragen. Setzt das Änderungsgesetz neue Re- gelungen in Kraft, die den nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften, welche die ursprüngliche Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG begründet hat- ten, eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleihen, so unterliegt 4
  • 5. auch das Zustimmungsgesetz der Zustimmungsbedürftigkeit. Nach Hans- Detlef Horn (in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Band 3, 5. Auflage 2005, Art. 87 c, Rdnr., 44 ff.) führe die Änderung materiell- rechtlicher Normen zu einer Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG, wenn sich die materiell-rechtliche Änderungsregelung zugleich als konkrete, greif- und messbare rechtliche Verfügung über die Auftragsverwaltung im Kernenergierecht darstellt. Demnach bedürfe ein Kernenergiegesetz, das aus- drücklich nur die materiellen Teile des ursprünglichen Zustimmungsgesetzes ändere, der Zustimmung des Bundesrates, wenn es zugleich die Anordnung der Bundesauftragsverwaltung mittelbar regelnd erfasst und bestimmt, „indem es diese irgend greifbar verändert oder umwidmet“ (aaO., Rdnr. 46). Ähnlich formuliert Kay Windhorst (in: Sachs, Grundgesetz, 5. Auflage, 2009, Art. 87 c, Rdnr. 24), nach dem ein Änderungsgesetz, das sich allein auf den materiell- rechtlichen Teil des ursprünglichen Gesetzes beschränkt, der Zustimmung des Bundesrates nur bei wesentlicher Umgestaltung des materiell-rechtlichen In- halts des geänderten Gesetzes bedürfe. Nach Wolfgang Durner (in: Bonner Kommentar, 18. Ergänzungslieferung 2006, Art. 87 c, Rdnr. 9) unterliegt ein Änderungsgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates, solange die mate- rielle Umgestaltung dieses Gesetzes nicht der Neuzuweisung einer Aufgabe in Bundesauftragsverwaltung gleichkomme. Eine solche Neuzuweisung habe die Rechtssprechung nur dort bejaht, wo sich die Neuregelung zwar auf materiell- rechtliche Fragen beschränke, damit jedoch den nicht ausdrücklich geänder- ten Vorschriften über das Verwaltungsverfahren „eine wesentlich andere Be- deutung und Tragweite“ verleihe. Auch nach Georg Hermes (in: Dreier, Grundgesetz, 2. Auflage 2008, Art. 87 c, Rdnr. 11) werde im Falle nachträgli- cher Änderung (nur) der materiellen Bestimmungen des Gesetzes die Zu- stimmungsbedürftigkeit dann ausgelöst, wenn durch die Änderung der mate- riellen Regelungen der Bereich der Auftragsverwaltung wesentlich verändert oder erweitert werde. 4. Damit geht die Kommentarliteratur zugleich davon aus, dass ein Ände- rungsgesetz dann nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfe, wenn es 5
  • 6. lediglich die bislang vorgesehene Bundesauftragsverwaltung aufhebe oder beschränke. Weil diese Voraussetzungen bei dem Gesetz zur geordneten Be- endigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Nutzung von Elektrizität vom 22. April 2002 erfüllt gewesen seien, sei dieses Gesetz nicht zustim- mungsbedürftig gewesen. Denn hier seien die Vollzugsaufgaben nicht wesent- lich verändert worden, insbesondere sei keine Vermehrung von Vollzugsauf- gaben erfolgt (so etwa Georg Hermes, aaO., Rdnr 11 mit Fn. 44). Die Auffas- sungen speziell zu diesem Gesetz vom 22. April 2002 sind allerdings geteilt. Unter Hinweis darauf, dass eine Totalrevision vorläge, die an Stelle der – bis- herigen – Förderung die Beendigung der friedlichen Kernenergienutzung zum Gesetzeszweck erhebe und dadurch eine grundlegende Umgestaltung der Verwaltungsaufgabe im Kernenergierecht bewirke, habe nach anderer Auffas- sung das damalige Änderungsesetz der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Die Vorschriften über den Aufgabenvollzug in Bundesauftragsverwaltung hät- ten durch diese Revision des materiellen Rechts eine neue Bestimmung erfah- ren, die von der zum geänderten Gesetz erteilten Zustimmung nicht mehr um- fasst werde (so insbesondere Hans-Detlef Horn, aaO., Rdnr. 47). Diese Auf- fassung hatten im Übrigen auch die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen im Bundesrat vertreten, der mehrheitlich allerdings dieser Auffassung nicht gefolgt war. III. Eine mehr oder weniger schematische Übertragung der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. auf die Auslegung des Art. 87 c GG ist problematisch. Die die Zustimmungsbedürftigkeit auslösenden Vorschriften des Art. 84 Abs. 1 GG einerseits und des Art. 87 c GG anderer- seits stehen in unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Zusammenhängen und verfolgen keine einheitlichen Zwecke. 1. Nach Art. 83 GG sind die Länder von Verfassungs wegen berechtigt und verpflichtet, Bundesgesetze als eigene Angelegenheit auszuführen. Die Bun- desländer verfügen damit über die verfassungsrechtlich verbürgte Vollzugsho- 6
  • 7. heit im Hinblick auf die bundesgesetzlichen Sachregelungen. Ein Gesetz wird nach dem Grundgesetz nicht bereits dadurch zustimmungsbedürftig, dass es die Interessen der Bundesländer als Träger der Ausführungskompetenz in all- gemeiner Weise berührt, etwa dadurch, dass es deren Verwaltungshandeln auf einem bestimmten Gebiet auslöst bzw. beendet (vgl. BVerfGE 55, S. 274, 319; 75, S. 108,150). Geht es um den Vollzug von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit der Länder, dann wird nach dem Willen des Grundgesetzes eine Zustimmungsbedürftigkeit erst dann ausgelöst, wenn die Bundesgesetze selbst Einrichtung oder Verfahren der Landesbehörden regeln. In die Verwal- tungshoheit der Länder wird in einer die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen- den Art und Weise nicht allein dadurch eingegriffen, dass durch eine bundes- gesetzliche Sachregelung die verfassungsrechtliche Pflicht der Länder zur Ausführung der Bundesgesetze (Art. 83 GG) betroffen wird, sondern erst da- durch, dass das Bundesgesetz selbst Einrichtung oder Verfahren der Landes- behörden regelt. Dass durch eine neue oder geänderte Sachregelung des Bundes die verfassungsrechtliche Pflicht der Länder zur Ausführung der Bun- desgesetze berührt wird, macht gerade den Regelfall des Verfassungsrechts (Art. 83 GG) und die Grundstruktur der föderalen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland aus. Dass bundesgesetzliche Sachregelungen gleichwohl der Zustimmung des Bundesrates unterliegen können, beruht eben nicht auf die- ser Regelfolge des Art. 83 GG. Die Zustimmungsbedürftigkeit folgt vielmehr erst daraus, dass auf Grund der schwerwiegenderen Eingriffe in die Verwal- tungshoheit der Länder in Form der Aufnahme von Organisations- und Verfah- rensregelungen und wegen der weiteren formellen Betrachtung des Gesetzes als gesetzgebungstechnische Einheit die aus dem letzteren Eingriff resultie- rende Zustimmungsbedürftigkeit auf das Gesamtgesetz erstreckt wird. Vor dem Hintergrund dieser Grundannahmen ist die geschilderte, differenzierte und zurückhaltene verfassungsgerichtliche Behandlung von Änderungsgeset- zen im Regelungszusammenhang des Art. 84 Abs. 1 GG verständlich und gut vertretbar. 7
  • 8. 2. Bei der Auftragsverwaltung ist die Eigenständigkeit der Länder deutlich be- grenzter. Der Bund hat bei der Auftragsverwaltung im Vergleich zur landesei- genen Ausführung der Bundesgesetze weit stärkere Einwirkungsmöglichkei- ten. So erstreckt sich seine Aufsicht nicht nur auf die Gesetzmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit der Gesetzesausführung, die Landesbehörden unterstehen vielmehr von vornherein den Weisungen der obersten Bundesbehörden. Auch wenn es sich bei der Auftragsverwaltung um eine Form der Landesverwaltung handelt und die Länder hierbei Landesstaatsgewalt ausüben, steht den Län- dern nur die Wahrnehmungskompetenz unentziehbar zu. Diese bleibt stets Landesangelegenheit, ein Eintrittsrecht des Bundes ist in Art. 85 GG nicht vor- gesehen. Dies gilt indes nicht für die Sachbeurteilung und die Sachentschei- dung. Diese Sachkompetenz liegt zwar zunächst ebenfalls beim Land, der Bund kann sie aber nach eigener Entscheidung dadurch an sich ziehen, dass er das ihm zuerkannte Weisungsrecht in Anspruch nimmt. Diese Inanspruch- nahme ist nicht auf Ausnahmsfälle begrenzt und auch nicht weiter rechtferti- gungsbedürftig. Sie ist nach Maßgabe des Art. 85 Abs. 3 GG als reguläres Mit- tel gedacht, sodass die Sachkompetenz im Rahmen einer Auftragsverwaltung dem Land von vornherein nur unter dem Vorbehalt ihrer Inanspruchnahme durch den Bund zusteht. Der Bund darf auf Grund seiner Sachkompetenz im Rahmen der Bundesauf- tragsverwaltung alle Aktivitäten entfalten, die er für die effektive und sachge- rechte Vorbereitung und Ausübung seiner grundsätzlich unbeschränkten Di- rektions- und Weisungsrechte für erforderlich hält, soweit er dadurch die Wahrnehmungskompetenz der Länder nicht verletzt (siehe grundlegend BVerfGE 104, S. 249 ff). Bestandteil der Aktivitäten des Bundes zur Vorberei- tung und Ausübung seiner Direktions- und Weisungsrechte können auch un- mittelbare Kontakte nach außen, einschließlich etwaiger informaler Abspra- chen sein. Sollen atomrechtliche Sachregelungen einem solchen Vollzug der Auftrags- verwaltung unterstellt werden, durch die den Ländern letztlich nur noch die 8
  • 9. formale Wahrnehmungskompetenz nach außen, nicht aber die eigentliche Sachkompetenz verbleibt, so darf dies nach Art. 87 c GG nur mit der Zustim- mung des Bundesrates geschehen. Diese Zustimmung ist eine zwingende und angesichts der föderalen Grundstruktur des Grundgesetzes sich geradezu aufdrängende Folge einer derart gewichtigen Durchbrechung des Grundprin- zips des eigenverantwortlichen Landesvollzugs von Bundesgesetzen sowie des Umstands, dass diese Vollzugsfolgen für das Atomrecht nicht unmittelbar im Grundgesetz selbst angeordnet sind, sondern diese Anordnung einem ein- fachen, aber zustimmungsbedürftigen Bundesgesetz überlassen wird. Mit der Zustimmung des Bundesrates verzichten die Länder auf ein regelhaft ihnen zustehendes Recht des atomrechtlichen Eigenvollzuges, bei dem Sachkompe- tenz und Wahrnehmungskompetenz (selbstverständlich) zusammenfallen. Sie unterwerfen sich und ihre Verwaltungen einem mehr oder weniger vorausset- zungslosen Weisungsrecht und damit der uneingeschränkten Sachkompetenz des Bundes. Dies kann im Hinblick auf die Eingriffswirkungen in Richtung auf die föderalen Grundstrukturen der Bundesrepublik nicht gleichgesetzt werden mit der Zustimmung des Bundesrates zu Gesetzen nach Maßgabe des Art. 84 Abs. 1 GG. Denn in jenen Fällen verbleibt es bei der regelhaften Eigenverant- wortung der Länder für den Vollzug von Bundesgesetzen, also bei ihrer eigent- lichen Sachkompetenz (Art. 83 GG). 3. Daraus folgt, dass die Zustimmung des Bundesrates nach Art. 87 c GG sich auf ganz bestimmte Sachregelungen bezieht und beziehen muss. Demgemäß können sich die Zustimmung nach Art 87 c GG und damit die Anordnung der Auftragsverwaltung auch auf einen bestimmten Teil oder bestimmte Teile des Sachgesetzes des Bundes beschränken. Die Zustimmung kann aber wegen der geschilderten weitreichenden Folgen einer Verlagerung der eigentlichen sachlichen Vollzugskompetenzen von den Ländern auf den Bund niemals „ins Blaue hinein“ erfolgen, sich also nicht nur auf die im Zeitpunkt der Zustimmung vorhandenen Sachregelungen, sondern auch auf alle künftigen beziehen. Eine solche „Unterwerfung“ oder „Auslieferung“ der Länder unter die im Wesentli- chen uneingeschränkten exekutivischen Sachkompetenzen des Bundes un- 9
  • 10. geachtet der jeweils geltenden Sachregelungen verletzten die Grundprinzipien und Grundstrukturen der föderalen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und verkehrten sie in ihr Gegenteil. Zu dieser Grundstruktur gehört es, dass die Fachgesetze des Bundes grundsätzlich von den Ländern in eigener Wahr- nehmungs- und Sachkompetenz vollzogen werden und dem Bund nur die sehr begrenzten Ingerenzrechte des Art. 84 Abs. 3 und 4 GG (Rechtsaufsicht) zu- stehen. Aus diesen Gründen erscheint die mehr oder weniger unbesehene Übernahme der Judikatur zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. nicht angezeigt, Art. 87 c GG ist vielmehr nach seinen eigenen Sinnzusammenhängen und nach seinem eigenen Telos zu interpretieren. 4. Das bedeutet, dass im Zusammenhang mit Art. 87 c GG nicht allein zu fra- gen ist, ob das auf sachliche Regelungen begrenzte Änderungsgesetz den nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften über das Verwaltungsverfahren eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleiht (vgl. zum Art. 84 GG a.F. BVerfGE 37, S. 383). Denn im Gegensatz zu dem Gesetz nach Art. 84 Abs. 1 GG wird die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG allein durch die Anordnung der Auftragsverwaltung, bezogen auf bestimmte Sachreglun- gen, ausgelöst. Die eigentlichen Rechtsfolgen dieser Anordnung ergeben sich gar nicht aus dem zustimmungsbedürftigen Gesetz, sondern unmittelbar aus der Verfassung (Art. 85 GG). Es muss daher vor allem darum gehen, ob durch das Änderungsgesetz die Sachregelungen, die Gegenstand der Unterwerfung unter die Auftragsverwaltung des Bundes sind, eine nicht nur unwesentliche Änderung erfahren, ob daher die Verlagerung der sachlichen Vollzugskompe- tenz auf den Bund einen nicht nur unwesentlich veränderten Sachgegenstand betrifft. Will man den Verzicht der Länder auf den letztlich wichtigsten Teil ihrer Vollzugskompetenz, nämlich auf die exekutivische Sachkompetenz, nicht als einen „Freibrief“ oder als einen Verzicht „ins Blaue hinein“ begreifen oder zu- lassen, dann bleibt nur die untrennbare Verknüpfung des Zustimmungsvorbe- halts nach Art. 87 c GG mit den vollzugsfähigen und vollzugsbedürftigen Sach- regelungen und ihren etwaigen nicht nur unwesentlichen späteren Änderun- gen. 10
  • 11. 5. Von daher erscheint eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken, auch wenn eine solche Regelung auf rein sachlich-rechtliche Inhalte be- schränkt sein sollte, als nicht nur marginale, sondern wesentliche, vollzugsfä- hige und vollzugsbedürftige Änderung des bestehenden Atomrechts und damit zustimmungsbedürftig nach Art. 87 c GG. Nach den hier entwickelten Grundsätzen hätte dies im Übrigen wohl auch für das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektri- zität vom 22. April 2002 zu gelten. Denn auch dieses Gesetz hat wesentliche, sogar auf eine grundlegende Umgestaltung der ursprünglichen Gesetzeszwe- cke abzielende Änderungen des früheren Gesetzesinhalts bewirkt. Die in der Anordnung der Auftragsverwaltung liegende Abspaltung der exekutivischen Sachkompetenz von der Vollzugshoheit der Länder und deren Reduktion auf eine bloße Wahrnehmungskompetenz sind letztlich auch hier auf einen sach- lich veränderten Regelungsgegenstand bezogen worden. Solche Veränderun- gen sind für die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG nach dem oben Gesagten nicht unmaßgeblich. Es geht nicht nur um die Frage, ob bestimmte Aufgaben im Zuge des Verwaltungsvollzuges verlängert, verkürzt, erleichtert oder erschwert werden. Auf jeden Fall kann daraus, dass in Bezug auf das Änderungsgesetz des Jahres 2002 eine Zustimmungsbedürftigkeit mehrheit- lich nicht reklamiert worden war, eine irgendwie geartete Schlussfolgerung im Hinblick auf die jetzt aktuelle Verfassungsrechtsfrage nicht gezogen werden. 6. Soweit durch das Änderungsgesetz die geänderten oder ergänzten mate- riell-rechtlichen Vorschriften ausdrücklich nicht der Bundesauftragsverwaltung unterstellt werden oder die Anordnung der Bundesauftragsverwaltung durch das Änderungsgesetz insgesamt aufgehoben wird, besteht für dieses Ände- rungsgesetz keine Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 87 c GG. Aufgrund ei- nes solchen Änderungsgesetzes tritt der Regelfall des Landeseigenvollzuges nach Art. 83 GG unmittelbar von Verfassungs wegen ein. In der Sache handelt es sich um den Verzicht des Bundes auf die weitergehenden Ingerenzrechte 11
  • 12. nach Art. 85 GG, was nach dem geschilderten Sinn und Zweck des Art. 87 c GG nicht den dort verankerten Zustimmungsvorbehalt auslöst. München, den 27. Mai 2010 Professor Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier 12