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EINBLICKE
IN DIE
FORMEL 1
DIE
VORTEILE VON
E-LEARNING
NEUES DESIGN
NEUER INHALT!
BY SEMCON
#1 2015
BIG DATA STEUERN
DEN VERKEHR DER
ZUKUNFT
KOOPERATION:
RISIKEN UND
GEWINNETEILEN
IDEEN
ENTSTEHEN
NICHT IM
SCHLAFDIE FRAU HINTER „THE
EPIC SPLIT“ GIBT TIPPS
FÜR MEHR KREATIVITÄT
FUTUREBYSEMCON#12015
FUTURE BY SEMCON
#2 2014PREMIUMADRESS
BASIS
INFOPOSTP
2  FUTURE BY SEMCON
32
Stefan
Sommer
„Bei uns ist jeder
gleich wichtig.“
Inhalt
#1/2015
Das ist Future
Notizen 4
Unterwegs in die Zukunft 6
Guide 15
Die Lösung 16
Satellitennavigation 18
E-Learning 20
Trends 24
QA: Sophia Lindholm 30
Einblicke in die Formel 1 34
Semcon Brains 36
Wie ging es weiter? 41
Die Liste: 10 inspirierende
Designer 42
BY SEMCON
PRÄSENTIERT VON
Semcon
WEBSITE
semcon.com/de
ANSCHRIFT
Future by Semcon, Semcon AB,
417 80 Göteborg, Schweden
ADRESSENÄNDERUNG
future@semcon.se
HERAUSGEBER
Anders Atterling
+46 (0)70-447 28 19
anders.atterling@semcon.se
PROJEKTLEITUNG SEMCON
Madeleine Andersson
+46 (0)76-569 83 31
madeleine.andersson@semcon.se
REDAKTIONELLE UMSETZUNG
Spoon, spoon.se
REDAKTION
Björn Jansson
GRAFIK
Mathias Lövström
REPRO
Spoon
DRUCK
Trydells Tryckeri, Laholm
ISSN
1650-9072
Creating the future
ALLE
GEWINNEN
DURCH
KOOPERATION
Allein ist man nicht
unbedingt erfolgreich:
Immer mehr Unternehmen
entwickeln Produkte
und Geschäftsmodelle
gemeinsam mit anderen.
24 30
SOPHIA
LINDHOLM:
OHNE
FAKTEN
GEHT
NICHTS
Die Leute denken
immer, dass bei
Kreativen die
Inspiration über
Nacht entsteht.
6
SO REISEN
WIR IN
ZEHN
JAHREN
Die Verkehrssysteme
der Zukunft eröffnen
neue Möglichkeiten.
Was bedeutet
das für den Alltag
von Milliarden
Menschen?
FUTURE BY SEMCON präsentiert sich
seinen Lesern in neuem Design und setzt
jetzt noch stärker auf Inhalte. Diese Aus­
gabe kreist um die Themen technischer
Fortschritt, Zukunft und Kreativität.
Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit
erhalten wollen, müssen wir selbst und
unsere Branche lernen, unkonventionel­
ler zu denken.
Wir leben in einer Zeit, in der die
Ansprüche der Verbraucher und ihr
Lebens- und Konsumstil die techni­
sche Entwicklung rasant vorantreiben.
Die zunehmende Digitalisierung, eine
wachsende und alternde Bevölkerung
und die Urbanisierung sind nur einige
der Trends, die uns neue Chancen
eröffnen, aber auch vor große Heraus­
forderungen stellen.
Künftige Dienstleistungen und
Lösungen werden auch die Gesetze und
Normen verändern, die uns alle auf vie­
lerlei Weise beeinflussen. Es lohnt sich
für uns alle, wenn wir gemeinsam mit
unseren Kunden und Wettbewerbern
neue Modelle der Nutzung, des Eigen­
tums und der Verantwortung erforschen
und umsetzen.
Wir von Semcon sind davon über­
zeugt, dass wir mehr Kreativität wagen
und die Dienste und Geschäftsmodelle
der Zukunft in Kooperation mit anderen
entwickeln sollten. Das würde allen
zugute kommen und es ermöglichen,
das enorme Potenzial vieler Ideen und
Initiativen optimal zu nutzen. ✖
Leitartikel
KreativeKooperationsformensinddieZukunft
Markus Granlund
CEO und Konzernchef
FUTURE BY SEMCON  3
Notizen
SCHON SEIT vielen Jahren arbeitet Semcon für Kunden auf dem norwegischen Markt. Semcon
Schweden unterstützt diese Kunden unter anderem mit Ingenieurdienstleistungen und Produktin-
formationen. Im Rahmen dieser Entwicklung hat Semcon vor Kurzem das norwegische Unterneh-
men Ibruk AS akquiriert, das auf Produktinformationen spezialisiert ist. Das Unternehmen erstellt
seit mehr als 13 Jahren Technische Dokumentation und Lebenszyklusanalysen (LCI), vorwiegend
für die norwegische Öl- und Gasindustrie.
„Unsere Expansion nach Norwegen hilft Semcon dabei, sich als internationaler Dienstleister
weiter zu etablieren“, so Johan Ekener, Leiter des Geschäftsbereichs Product Information.
SPONSORING
PONTUS LINDBERG hat 2011 bei
Semcon angefangen, in dem Jahr,
als er auch den schwedischen Iron
Man gewann. Jetzt hat Semcon
sich entschieden, Lindberg ein
Jahr lang zu sponsern, um ihm
den Anschluss an die Weltspitze
zu ermöglichen. Lindberg trainiert
derzeit auf Mallorca für die Wett-
bewerbe der kommenden Saison.
Semcon
sponsert
Spitzen-
Triathleten
EXPANSION
Semcon expandiert
nach Norwegen
4  FUTURE BY SEMCON
IM HERBST 2014 hat Semcon
einen neuen Blog online gestellt,
auf dem das Unternehmen über
seine Erfahrungen im Bereich
Produktinformationen berichtet.
Auf dem Blog werden regel­
mäßig Artikel von Mitarbeitern
aus verschiedensten Fachberei-
chen veröffentlicht.
„Wir haben eine Leidenschaft
für Technik und glauben, dass es
sich lohnt, andere großzügig an
unserem Wissensschatz teilha-
ben zu lassen. Der Blog wird mit
der Zeit immer umfangreicher
werden und hoffentlich unseren
Kunden und anderen, die sich
für diesen Thema interessieren,
wertvolle Hilfestellungen geben“,
so Madeleine Andersson, Global
Marketing Manager bei Semcon.
WEITERE INFOS: blog.semcon.
com/productinformation
NeuerBlogzum
ThemaProdukt­­
informationen
SEMCON
INNOVATION
MEHR SICHERHEIT
IM AUTOVERKEHR
BEI DER Volvo Cars Active Safety
Challenge hat Semcon mit dem
Innovationsprojekt PAW einen
Preis gewonnen. Die benutzer-
freundliche Technik von PAW nutzt
Sensoren im Auto, d. h. Kameras
und Radar, um Autofahren sicherer
und bequemer zu machen. Die
Lösung ist inzwischen patentiert.
Dank Fördermitteln von Vinnova
kann Semcon gemeinsam mit sei-
nen Partnern Viktoria Swedish ICT
und Volvo Cars an Geschäftsmo-
dellen für effizientere Software-­
Entwicklung arbeiten.
SEIT ANFANG LETZTEN
Jahres ist Semcon Partner­
unternehmen der SOS-­
Kinderdörfer. Unsere
internen Botschafterin­
nen Alexandra Wagner
und Amy-Marie Brown
besuchten vor Kurzem In­
dien und waren begeistert.
„Die SOS-Kinderdörfer
leisten phantastische Arbeit
und bieten Kindern mit tra­
gischen Lebensgeschichten
eine neue Zukunft“, sagt
Amy-Marie Brown.
Semcon finanziert
Renovierungs- und
Umbauarbeiten in einem
Kinderdorf im nordindi­
schen Bhimtal. Außerdem
entwickeln die Mitarbei­
ter unserer Niederlassung
in Bangalore Aktivitäten
für die Kinder der Kin­
derdörfer in Bangalore,
Tirupati und Puducherry
in Südindien. Im Septem­
ber letzten Jahres konnten
Amy-Marie Brown und
Alexandra Wagner die
Organisation vor Ort
besuchen.
„Diesen Abend in
Tirupati werde ich nie
vergessen. Wir saßen auf
dem Boden und aßen Reis.
Die Kinder waren still
und recht schüchtern.
Aber dann kam ein Mäd­
chen und erzählte uns,
wie sehr der Tag, an dem
sie ins Kinderdorf kam,
ihr Leben verändert hat“,
so Alexandra Wagner.
Sie selbst und Amy-­Marie
Brown wollen nun das
Engagement von Semcon
durch Artikel im Intranet,
Vorlesungen und andere
Aktionen intern bekannt
machen. Sie hoffen, da­
durch Mitarbeiter aus aller
Welt zu eigenem Engage­
ment anzuregen.
Semcon führte zu
Weihnachten eine interne
Spendenaktion durch. Der
gesammelte Betrag kommt
den SOS-Kinderdörfern
zugute. ✖
CSR
UnvergesslicheMomente
imindischenSOS-Kinderdorf
Lodges digitalisiert
Produktinformationen
PRODUKTINFORMATION
Digitale Informationen haben viele Vorteile, aber um sie vollumfänglich nutzen zu
können, braucht es korrekt gestaltete Benutzerschnittstellen und eine effiziente Dis-
tributionsplattform. Semcons System Lodges macht Produktinformationen über jede
digitale Plattform zugänglich, z. B. auf mobilen Geräten oder durch direkte Produkin-
tegration. Dies erleichtert die Nutzung, eröffnet neue Geschäftschancen und senkt die
Produktionskosten. Gleichzeitig sind die Inhalte immer auf dem neuesten Stand.
FUTURE BY SEMCON  5
UNTER­-
WEGS
IN
DIE
ZUKUNFT
Interaktivität, Big Data und multimodale
Lösungen. Bei den Verkehrssystemen der
Zukunft steht der Mensch im Mittelpunkt.
Mit mobilen Apps und Carsharing oder
sogar im autonom fahrenden Auto.
TEXT MARCUS OLSSON
FAKTEN DODGE GRANADA CONCEPT CAR
Dieses Konzeptfahrzeug stellte Dodge im Jahr 1954 vor. Es war das erste
Auto mit Glasfaser-Karosserie auf einem herkömmlichen Chassis.
S GAB EINEN Verkehrsunfall
im Streckenverlauf. Eine
alternative Route wird
berechnet. In 500 Metern
Abfahrt 26 nehmen.“ Die
Navigations-App spricht
mit dem Fahrer und hilft
ihm bei der Suche nach
einer neuen und effizienten
Route. Der Verkehr fließt
schneller, jeder spart Zeit.
Die Lösungen der Zukunft
setzen auf die Interaktion zwischen
Benutzer und Software. Ein aktuel­
les Beispiel ist die soziale GPS-App
Waze für Smartphones.
Dank Crowdsourcing optimieren
die Nutzer den Dienst selbst. Zum
einen, indem sie Verkehrsstaus mel­
den, aber auch durch die automa­
tische Übermittlung von Daten an
die Datenbank von Waze, die damit
ihre Verkehrsinfos in Echtzeit aktu­
alisiert. Außerdem gibt Waze Tipps,
wo das Benzin besonders günstig
ist und informiert den Nutzer über
Werbeaktionen in seiner Nähe.
Das israelische Unternehmen
hat mehr als 50 Millionen Nutzer
und wurde letztes Jahr für eine
Milliarde Dollar von Google über­
nommen.
David Levinson ist Professor für
Verkehrstechnik an der Universi­
tät Minnesota. Er hat zahlreiche
Bücher geschrieben und betreibt
Transportationist.org, einen der
meistbesuchten Blogs zum Thema
Verkehr.
David Levinson sieht eine
Zukunft, in der Navigations-Apps
nicht mehr auf Tablets oder Han­
dys laufen, sondern bereits im Auto
integriert sind. PKWs gehen online
und die Benutzerschnittstellen
werden personalisiert und dadurch
in ihrer Bedienung noch intuitiver.
„Ich bin gespannt, wie Waze
angenommen wird, wenn es
künftig weltweit verfügbar ist. Das
Potenzial ist enorm.“
Smartphones haben das Leben
von Milliarden Menschen verän­
dert, die jeden Tag von A nach B
kommen müssen. Dadurch bieten
sich auch für Verkehrssysteme der
Zukunft völlig neue Möglichkeiten.
Schon heute nutzen viele Men­
schen für ihre Wege mehr als ein
Verkehrsmittel. In Zukunft werden
immer mehr Personen öffentliche
Nahverkehrsmittel, wie S-Bahn
oder Bus, Leihräder und Carsha­
ring-Modelle nutzen oder
sogar auf Autos, die sich
selbst steuern, zurück­
greifen.
UND GENAU DAFÜR brau­
chen wir Big Data.
Professor Levinson
sagt voraus, dass sich
E’’
FAKTEN VERKEHR DER ZUKUNFT
Einkäufe beim amerikanischen E-Commerce
Giganten Amazon werden in Zukunft
direkt an die Haustür geliefert – von einer
Drohne. Bisher ist diese Versandart noch
gesetzlich verboten, aber Amazon strebt
eine Gesetzesänderung im Jahr 2015 an.
8  FUTURE BY SEMCON
das Verkehrsverhalten der meis­
ten Menschen durch Big Data
grundlegend verändern wird. Dem
Benutzer wird das bewusst, wenn
seine Geräte online nach den
schnellsten Transportmitteln und
-strecken suchen.
„Die Menschen werden die ver­
fügbaren Verkehrsmittel effizienter
nutzen. Die Fahrtzeiten werden
kürzer, weil es immer einfacher
wird, in Echtzeit die optimale Rou­
te zu finden. Durch die Kombinati­
on von Echtzeitdaten durch eigene
Sensoren und Benutzerdaten, die
die Menschen auf ihrem Weg
durch das Verkehrsnetz generieren,
können Systemadministratoren die
Systeme besser steuern. Ein Bussun­
ternehmen kann auf einer bestimm­
ten Strecke zusätzliche Fahrzeuge
einsetzen, wenn es feststellt, dass
gerade dort besonders viele Passa­
giere unterwegs sind. Je nach Ver­
kehrslage kann man die Höchstge­
schwindigkeit auf Autobahnen mit
elektronischen Verkehrsschildern
senken oder erhöhen.“
Dublin und Stockholm nutzen
Big Data bereits auf diese Weise.
IBM hat für die beiden Millionen­
städte entsprechende Verkehrslö­
sungen entwickelt.
„Wir tragen viel dazu bei, die Ver­
kehrsmuster in den Städten zu ver­
bessern“, erklärt Randall Howard,
Big Date-Experte bei IBM. „Zum
Beispiel erfassen wir den Verkehr
in den Hauptverkehrszeiten, um zu
sehen, über welche Straßen Busse
in der Innenstadt von Dublin bei
extremem Verkehrsaufkommen
am besten vorankommen. Dadurch
können die Verantwortlichen in
Dublin Wartungsarbeiten besser
planen und ihre gesamte Busflotte
effizienter einsetzen. Die Fahrtzei­
ten werden kürzer, das spart Zeit
und schont die Umwelt.“
In der irischen Hauptstadt
wurden dafür über 6.000 Sensoren
installiert. Sie schicken ihre Echt­
zeitdaten direkt an die Verkehrs­
leitzentrale, die den Verkehr bei
Bedarf entsprechend umleitet. In
Stockholm hat IBM die digitale
Infratruktur für das Mautsystem
aufgebaut.
Randall Howard hat gemein­
sam mit seinem Kollegen Kurt
Wedgwood, der als Big Data­
Analyst bei IBM arbeitet, den 7
„DIE MENSCHEN WERDEN
DIE VERFÜGBAREN
VERKEHRSMITTEL
EFFIZIENTER NUTZEN.
DIE FAHRTZEITEN
WERDEN KÜRZER, WEIL
ES IMMER EINFACHER
WIRD, IN ECHTZEIT DIE
OPTIMALE ROUTE ZU
FINDEN.“
David Levinson
ist Professor für
Verkehrstechnik
an der Universität
Minnesota.
FAKTEN CHEVROLET BISCAYNE CONCEPT CAR
Bei seiner Einführung im Jahr 1955 war das Design des Chevrolet
Biscayne sehr futuristisch. Keine üppigen Floskeln, stattdessen eine
Sportlichkeit, die die 60er Jahre vorweg nimmt. Die Windschutz-
scheibe zieht sich bis aufs Dach und dank der Türkonstruktion
kommt der Wagen ohne B-Säule aus.
FUTURE BY SEMCON  9
Bericht „Big Data and Analytics
in Travel  Transportations“
verfasst. Die Studie erläutert
unter anderem, wie große Unter­
nehmen mit Hilfe von Big Data
die Verkehrssysteme der Zukunft
entwickeln können.
DAS PROBLEM besteht darin, die
enorme Datenmenge zu analysie­
ren und in etwas zu verwandeln,
das jeder einzelne Benutzer ver­
stehen kann.
„Vor allem im privaten Sektor
wird Big Data genutzt, um den
Verkehr der Zukunft zu prägen“,
so Kurt Wedgwood. Für ihn gehö­
ren zum Beispiel Autovermieter
zu den möglichen Gewinnern.
Wenn sie Big Data intelligent
nutzen, bringt ihnen das große
Wettbewerbsvorteile.
„Für Unternehmen wie Enter­
prise, Avis und Hertz besteht der
nächste Schritt darin, die Kunden­
nachfrage in Echtzeit zu erfassen
Drei Lösungen für den
Verkehr der Zukunft
 1
„Die verstärkte Integrati-
on aller Verkehrsmittel,
öffentlicher und privater,
wird unseren Alltag erleichtern.
In Helsinki gibt es schon heute
den ehrgeizige Plan, Mitfahrgele-
genheiten und öffentlichen
Nahverkehr in einem System
zusammenzufassen. Dem
Benutzer werden alle verfügba-
ren Verkehrsmittel in einem
Suchfenster angezeigt – und er
kann alle über ein einziges Portal
bezahlen. So etwas werden wir
in Zukunft häufiger sehen.“
 2
„Wir können ein neues
Ökosystem nutzen, in
dem öffentliche, private
und gemeinnützige Akteure
daran arbeiten, die Verkehrs­
probleme der Zukunft zu lösen.
Es geht darum, Daten für die
Entwicklungsarbeit zugänglich
zu machen. Viele Unternehmen
setzen inzwischen auf Crowd-
sourcing. Künftig werden noch
mehr Projekte die Daten unter-
schiedlicher Netzwerke ver-
knüpfen.“
 3
„Der Aufbau von Infra-
struktur ist teuer und
langwierig. Da ist es eine
gute Nachricht, dass viele Lösun-
gen der Zukunft bereits beste-
hende Infrastruktur nutzen.
Beispiele dafür sind Fahrgemein-
schaften oder autonome Autos.“
TIFFANY FISHMAN NENNT DREI WICHTIGE PUNKTE,
MIT DENEN DER VERKEHR DER ZUKUNFT BESSER
FUNKTIONIEREN KANN: INTEGRIERTE VERKEHR­S­
MITTEL, OFFENE SYSTEME UND DIE INTELLIGENTE
NUTZUNG DER BESTEHENDEN INFRASTRUKTUR.
Tiffany Fishman
arbeitet in der For-
schungsabteilung
von Deloitte. Sie
ist Autorin des Be-
richts „Digital-Age
Transportation:
The Future of
Urban Mobility“,
der Trends für die
Verkehrssysteme
der Zukunft ana-
lysiert.
FOTODAIMLER
10  FUTURE BY SEMCON
und ihre Produkte und Preise in
sehr eng abgegrenzten Bereichen
entsprechend anzupassen.“
uch für die
Carsharing-­
Branche bringt
die Datener­
fassung viele
Vorteile.
„Innovation
ist das Schlüssel­
wort“, meint Kurt Wedgwood. Die
Unternehmen arbeiten daran, Pro­
dukte und Kunden in einer Weise
zu verknüpfen, die wir uns bisher
noch gar nicht vorstellen können.
So kann ein Carsharing-Anbieter
mit Hilfe von Big Data Benutzer
mit einem bestimmten Automodell
ansprechen, das speziell auf die Be­
dürfnisse des Kunden zugeschnit­
ten ist. Beispielsweise wenn jemand
besonderen Wert auf modernes
Infotainmentsystem im Auto legt
oder eben auf die Motorleistung.
Bisher träumen Werbeprofis nur
davon, ihre Produkte auf individu­
eller Ebene zielgenau vermarkten
zu können.
ALAN WOODLAND IST Geschäfts­
führer der Car Sharing Association,
einem internationalen Verband von
Carsharing-Anbietern. Er ist davon
überzeugt, dass sich die Einstellung
zum Auto verändert hat.
„Vor zehn Jahren war Carsha­
ring etwas Radikales und politisch
motiviert. Ein Protest gegen die
herrschende Einstellung zum Auto.
Inzwischen sind wir im ‚Main­
stream‘ angekommen. Die Medien
und die breite Bevölkerung sehen
das Thema jetzt anders. Positiver.
Da hat sich enorm viel verändert,
besonders in den letzten vier Jah­
ren. Unsere Mitglieder haben auf
allen Märkten Wachstumsraten
von über zehn Prozent. Carsharing
ist überall auf dem Vormarsch. In
den USA nutzen schon gut eine
Million Menschen entsprechende
Dienste. Das sind viermal mehr als
noch vor vier Jahren.“ 7
Daimler und DriveNow von BMW.“
Nach Ansicht von Alan Wood­
land spielen Carsharing-Anbieter
auch eine wichtige Rolle bei der
Koordination unterschiedlicher
Verkehrsmittel.
„Die Verbindung mit dem öffent­
lichen Nahverkehr ist wichtig. Wer
sich multimodal fortbewegen will,
wird immer häufiger Lösungen
mit einem einheitlichen Bezahl­
system nutzen. Das heißt, dass
dem Benutzer auf einer Plattform
unterschiedliche Verkehrsmittel
angeboten werden. Er kauft dann
eine einzige Fahrkarte, die für die
gesamte Strecke und alle Verkehrs­
mittel gilt.“
NATÜRLICH ist es in Großstädten
mit hoch entwickelter Infrastruk­
tur einfacher, mehrere Verkehrs­
mittel zu koordinieren. „Kleinstäd­
te geraten leicht ins Hintertreffen,
wenn sie nicht rechtzeitig um­
schwenken“, prognostiziert Randall
Howard von IBM.
„Die Zukunft vieler Unterneh­
men wird davon abhängen, ob es
ihnen gelingt, unterschiedliche
Eine Million Menschen sind nur
ein Prozent der Führerscheinbesit­
zer in den USA. Die Autohersteller
beobachten diese Entwicklung
ganz genau.
„Sie stellen fest, dass weniger
junge Menschen ein Auto besitzen
als früher. Sie haben eine andere
Einstellung zum Auto und zum
Besitzen. Früher war das Auto Aus­
druck der eigenen Persönlichkeit
oder ein Statussymbol. Nach dem
Prinzip: ‚Ich habe einen schwarzen
VW und der zeigt, wie ich bin.‘ Das
hat sich geändert“, sagt Woodland
und fährt fort:
„Die Autohersteller bleiben
wichtige Akteure. Heute bauen
und verkaufen sie Autos. Aber
in Zukunft haben sie eine völlig
andere Beziehung zu ihren Kun­
den. Diese werden Autos immer
mehr als Dienstleistung begreifen
und weniger als Vermögenswert.
Diese Dienstleistung werden die
Autobauer ihren Kunden immer
öfter direkt anbieten, anstatt über
Carsharingdienste oder Autover­
mietungen. Zwei Beispiele dafür
sind die Angebote Car2Go von
Kurt Wedgwood ist
Big Data-Analyst
bei IBM.
FAKTEN BRIGGS  STRATTON HYBRID
Briggs  Stratton ist kein Autobauer, das Unternehmen stellt Motoren her.
Dieser Prototyp von 1979 ist eines der ersten Hybridfahrzeuge. Das Auto hat
einen Gasmotor mit 18 PS und einen batteriegetriebenen Motor mit 8 PS.
Weil die Batterien fast 500 kg schwer waren, brauchte das Auto eine dop-
pelte Hinterachse.
A
FUTURE BY SEMCON  11
Verkehrsmittel zu verbinden und
eine Dienstleistung anzubieten,
die Flugzeug, Zug, Bus und Auto
integriert. Wer sein Geschäftsmo­
dell ausweiten möchte, versucht
Passagiere zu gewinnen, die mit
mehreren unterschiedlichen Ver­
kehrsmitteln unterwegs sind.
In diesem Bereich wird es ver­
mutlich Partnerschaften zwischen
Unternehmen geben. Oder Städte
arbeiten mit Carsharing-Diensten
zusammen, die wiederum mit dem
öffentlichen oder privaten Nahver­
kehr gekoppelt sind.
Die wichtigste Voraussetzung
für diese Entwicklung ist, dass die­
jenigen, denen die Daten gehören,
sie auch für andere zugänglich
machen. Hier liegt auch eines der
größten Probleme. Die öffentliche
Hand stellt die Daten in ihren Sys­
tem häufig anderen zur Verfügung.
Große Unternehmen dagegen
sitzen auf ihren Informationen. Sie
wollen die Verkehrslösungen der
Zukunft lieber selbst entwickeln.
San Francisco hat Software-Ent­
wicklern die Daten der Stadt
zugänglich gemacht. Seit 2011 kön­
nen Autofahrer die App SF Park
nutzen, um freie Parkplätze zu su­
chen. Mit Hilfe von Bodensensoren
Faltbare Autos in Berlin
Hiriko bedeutet auf Baskisch
„Für die Stadt“. Jetzt hat Berlin
entschieden, das faltbare Auto
im Carsharing der Stadt ein-
zusetzen. Das geniale Element
des Hiriko ist die Hinterachse,
die sich unter das Fahrgestell
schiebt. Dadurch braucht das
Auto beim Parken mit 1,5 Metern
nur extrem wenig Platz. Die
Deutsche Bahn will den Hiriko
als letztes Glied ihres Mobilitäts-
angebots einsetzen. Das Auto
hat eine Reichweite von 120 km
und lädt sich in nur 15 Minuten
vollständig auf.
fünf Millionen Einwohnern. Eine
höhere Wohndichte führt in der
Regel zu weniger Autokäufen.
Alan Woodland von der Car
Sharing Association erwartet dieses
Szenario: Viele Städte bauen ihre
Verkehrssysteme mit Leihrädern,
Carsharing-Angeboten und Fahrge­
meinschaftsprogrammen aus.
„Die Forschung zeigt, dass viele
Menschen ihre Autos verkaufen
bzw. erst gar keines kaufen. Ein
einziges Auto im Carsharing-Pool
kann neun bis zwölf Privatwagen
von der Straße nehmen. Wenn
es weniger Autos gibt, die dafür
häufiger genutzt werden, hat das
deutliche positive Auswirkungen
auf die Umwelt. Die gleichen
Studien zeigen außerdem, dass
Carsharing-Nutzer häufiger mit
dem öffentlichen Nahverkehr
unterwegs sind, mehr zu Fuß gehen
und öfters mit Freunden Fahrge­
meinschaften bilden. Kurz gesagt,
sie ändern ihren Lebensstil.“
Um unsere Umweltziele zu errei­
chen, brauchen wir Veränderungen
auf individueller Ebene, aber auch
neue Ansätze in Großstädten und
großen Organisation. Laut den
Zahlen des Texas Transportation
und einer flexiblen Preisbildung
wurde das Ziel erreicht, 15 Prozent
der Parkplätze frei zu halten und
den Zeit- und Kraftstoffverbrauch
drastisch zu senken.
Nach einer Studie der Univer­
sity of California, die im Frühjahr
vorgestellt wurde, gingen auch
die Bußgelder für Falschparken
zurück, die inzwischen nur noch
20 Prozent der Gesamteinnahmen
durch parkende Autos ausmachen.
Vor der App waren es 45 Prozent.
Gleichzeitig hat die Parkraumge­
sellschaft von San Francisco eine
Belegungsquote zwischen 60 und
80 Prozent erreicht. Und die Suche
nach einem freien Parkplatz dauert
jetzt nur noch halb so lang.
mwelt- und
Nachhaltigkeits­
ziele können
auf viele Arten
erreicht werden.
Im Jahr 2030
werden nach
einer Prognose der UN 60 Prozent
der Weltbevölkerung in Städten
leben. In den USA werden 85 Pro­
zent der Bevölkerung bereits 2020
in der Stadt wohnen. Ein Viertel
davon in Großstädten mit mehr als
„VIELE MENSCHEN
VERKAUFEN IHRE
AUTOS BZW. KAUFEN
ERST GAR KEINES.
EIN EINZIGES AUTO
IM CARSHARING-
POOL KANN NEUN BIS
ZWÖLF PRIVATWAGEN
VON DER STRASSE
NEHMEN.“
Alan Woodland ist
Geschäftsführer
der Car Sharing
Association,
einem internati-
onalen Verband
von Carsharing-­
Anbietern.
U
12  FUTURE BY SEMCON
nahmen eigentlich fließen sollen.
Levinson erwartet positive Aus­
wirkungen auch von einer anderen
Technologie, deren Durchbruch
kurz bevorsteht: Autos, die sich
selbst steuern – und mit anderen
Fahrzeugen online kommunizieren
– werden die Verkehrssysteme der
Zukunft revolutionieren.
„Das autonome Auto wird die
größte Neuerung auf individu­
eller Ebene. Und es wird unsere
Einstellung zum Auto verändern.
In Zukunft kann ich mit meinem
Smartphone ein Auto bestellen
– und das Auto taucht einfach
auf und fährt mich, wohin ich
will.“ Das „fahrerlose Taxi“ vor
der Haustür eröffnet völlig neue
Möglichkeiten. Besonders in mit­
telgroßen Städten, in denen der
öffentliche Personennahverkehr
weniger gut ausgebaut ist. Immer
weniger Menschen werden
sich ein eigenes Auto kaufen,
wenn etwas anderes fast ebenso
bequem und voraussichtlich um
einiges günstiger ist.
ndere technische Änderungen
werden das Seh- und Hörer­
lebnis künftiger Fahrgäste
verändern. Der Verkehr
bekommt einen neuen Klang.
Die EU erarbeitet derzeit eine
Richtlinie, wie die Elektro­
autos der Zukunft klingen
müssen. Dabei geht es vor allem
um die Sicherheit.
Es ist seit langem bekannt, dass
Verkehrslärm krank macht. Eine
Untersuchung des amerikanischen
Verkehrsministeriums zeigt jedoch,
dass in bestimmten Situationen
leise Fahrzeuge gefährlicher sind als
herkömmliche Autos.
Bei Elektro- und Hybridautos,
die mit weniger als 55 Kilometer
pro Stunde unterwegs sind, liegt
die Wahrscheinlichkeit, einen Fuß­
gänger zu überfahren, 37 Prozent
höher als bei Autos mit Verbren­
nungsmotor. Ein Zusammenstoß
mit einem Radfahrer ist sogar um
66 Prozent wahrscheinlicher.
Fredrik Hagman ist Soundent­ 7
Institute hat sich die durchschnitt­
liche Wartedauer amerikanischer
Autofahrer aufgrund von Staus
und anderen Verkehrsstörungen
von 14 Stunden im Jahr 1982 auf 34
Stunden im Jahr 2010 erhöht.
IN VIELEN LÄNDERN zahlen Auto­
bahnpendler heute schon flexible
Mautgebühren, die sich nach
der Verkehrsbelastung richten.
Levinson glaubt, dass sich mit dem
langsamen Rückzug des Verbren­
nungsmotors noch viel mehr
ändern wird.
„Wenn es uns gelingt, die Maut­
gebühren in Echtzeit anzupassen,
können wir die Gebühren zu be­
stimmten Zeiten erhöhen und so
fast alle Staus verhindern.“ Schon
heute führt die Kraftstoffsteuer
in den USA zu einer Unterfinan­
zierung. Die Steuern wurden seit
zehn Jahren nicht mehr erhöht,
gleichzeitig ist der Kraftstoffver­
brauch insgesamt gesunken. Das
erschwert die Finanzierung der
Infrastruktur, in die die Steuerein­
A
FAKTEN FORD FX-ATMOS
Der FX-Atmos von Ford zeigt beispielhaft den starken Einfluss des Raketenfiebers
auf die Autobauer dieser Zeit. Der Prototyp wurde 1954 vorgestellt. Er hat vorne
nadelähnliche Radioantennen, eine Glaskuppel als Dach und wird statt mit einem
Lenkrad mit einem Steuerknüppel gelenkt. Geplant war ein Antrieb durch Kernkraft.
FUTURE BY SEMCON  13
Elektroautos ist ein Warnton,
der anzeigt, dass das Fahrzeug in
der Nähe ist. Unser Ziel ist es, die
Vorteile des leisen Elektroantriebs
zu bewahren. Wir möchten, dass
die Autos zu hören sind, aber ihre
Umgebung nicht stören.“
Bo Karlsson, Leiter des NVH
Centre:
„Die Autobranche ist sich
einig, dass wir Warnsignale aus
Gründen des Lärmschutzes so
weit wie möglich reduzieren
wollen. Besonders in der Stadt.
Beim Blick in die Kristallkugel
sehe ich aktive Systeme voraus,
die Personen erkennen können.
Der erste Schritt sind Autos, die
Personen in ihrer unmittelbaren
Umgebung bei Gefahr warnen.
Das informative Element ist
wichtig, man muss hören, dass ein
Auto kommt.“
DAS EU-PARLAMENT hat beschlos­
sen, dass sämtliche Elektro- und
Hybridfahrzeuge bis zum Jahr
2021 bestimmte Hörbarkeitsgrenz­
werte einhalten müssen.
Semcon erforscht im Rahmen
des Projekts Sonic Movement, wie
Elektro- und Hybridautos sich in
Zukunft anhören könnten. James
Brooks ist Hybrid-Designer bei
Semcon:
„Unsere Befürchtung ist, dass
sich Dinge, die einmal eingeführt
wurden, kaum noch ändern lassen.
Wenn ein großer Autobauer ein
Fahrzeug mit Elektroantrieb mit
dem Sound eines V8-Motors oder
einem irritierenden Piepton aus­
stattet, greift das der Gesetzgeber
sofort auf.“
Das Projekt hat in der Automo­
bilbranche und bei Technologie­
firmen viel Interesse geweckt.
„Letzten Endes stellen wir nur
Fragen. Wir entwickeln Konzep­
te. Warum muss ich als Fußgän­
ger ein Auto schon von weitem
hören? Warum nicht ein Warn­
ton, der sich über ausgerichtete
Lautsprecher direkt an Personen
in der Nähe wendet? Neue Tech­
nik schafft neue Möglichkeiten,
dieses Problem zu lösen“, meint
James Brooks. ✖
FAKTEN AMC CONCEPT 80 AM VAN
Dieses Konzeptfahrzeug wurde 1977 vorgestellt und
nimmt die Popularität des Minibus in den 1980er-­Jahren
vorweg. Schon damals erkannte AMC die zunehmende
Bedeutung des Kraftstoffverbrauchs und entwickelte
ein kleines, kraftstoffsparendes Modell. Allerdings mit
Vierradantrieb und Turbomotor.
wickler im NVH Centre (Noise,
Vibration and Harshness), dem
Tonlabor von Volvo.
„Die größte Herausforderung
beim Sound von Elektroautos
besteht darin, die Vorteile des
Elektro- und Hybridantriebs, also
die gefühlte Stille, nicht zunichte
zu machen. Der optimale Ton eines
7
Einkauf in
der U-Bahn
In Südkorea erprobt Tesco mit den
Shops Home Plus seit drei Jahren ein
völlig neues Einkaufsmodell. Mit einer
Handy-App, die QR-Codes einscannt,
wählen Fahrgäste in der U-Bahn die
Waren aus, die sie kaufen wollen.
Aber nicht in einem echten Laden. Die
Waren werden auf dem Bahnsteig
angezeigt – auf großen Werbeflä-
chen, die wie Regale aussehen. Die
gekauften Produkte werden innerhalb
von Stunden frei Haus geliefert. Man
muss nur ein paar Tasten drücken.
Der Autozustrom zu den Läden von
Tesco ist zurückgegangen – aber der
Gesamtumsatz ist durch das Online-
shopping gestiegen.
14  FUTURE BY SEMCON
Vorteil
Projektmethodik XLPM
Diese Methodik
bringt ihre
Projekte ins Ziel
 2
INTUITIVE SCHNITTSTELLE.
XLPM funktioniert in der Praxis,
weil die Methodik allen Benutzern
den Einstieg erleichtert. Begriffe sind klar
definiert und in den meisten großen
Organisationen bereits eingeführt. Abläufe
sowie einzelne Phasen und Elemente sind
farblich kodiert. All dies in einer pädago-
gisch sinnvollen visuellen Form.
 9
PROJEKT IST NICHT GLEICH
PROJEKT. Manchmal ist es nur
ein kurzer Auftrag. Und manch-
mal ein komplettes Programm mit vielen
parallelen Projekten und Aufträgen. XLPM
2.0 ist skalierbar und lässt sich an
verschiedene Arbeitsverfahren anpassen.
Mit der Funktion „Portfolio-Management“
lässt sich der gesamte Projektverlauf
steuern. Vorteil dieser Flexibilität ist eine
bessere Koordination – und damit eine
höhere Erfolgsquote.
 4
VON MENSCHEN, FÜR
MENSCHEN. Methodik und Tech-
nik in allen Ehren, aber jedes
Projekt steht und fällt mit dem menschli-
chen Faktor. Projekte werden von
Menschen getragen und diese brauchen
die richtigen Voraussetzungen. Individuum,
Team und Führungsebene sind Schlüssel-
faktoren in der Projektkultur von XLPM.
 6
FLEXIBEL UND MOBIL. Für den
Einstieg in XLPM braucht man
nur einen Webbrowser. Ein
Programm, das jeder kennt und das allen
Beteiligten, vom Management bis zum
Projektteilnehmer, Überblick und eine
schnelle Einlernphase garantiert. XLPM
funktioniert aber auch mit SharePoint,
Antura oder mit Project Place.
 5
GEPRÜFT UND FÜR SEHR
GUT BEFUNDEN. Wie schon
die Bezeichnung 2.0 zeigt,
ist XLPM nicht ganz neu. Die Metho-
dik wurde in mehreren großen Orga-
nisation erprobt und weiterentwi-
ckelt. Semcon hat XLPM in global
tätigen Konzernen, bei rasant wach-
senden IT-Firmen und in der öffent-
lichen Verwaltung erfolgreich um-
gesetzt. Die Entwicklung ist noch
nicht abgeschlossen und bisher
haben wir nur Bestnoten erhalten.
EINE DURCHDACHTE METHODIK FÜR PROJEKTMANAGEMENT
ERHÖHT IHRE CHANCEN, PROJEKTE ERFOLGREICH ZUM
ABSCHLUSS ZU BRINGEN. DIE METHODIK XLPM VON SEMCON
IST JETZT IN DER NEUEN VERSION 2.0 VERFÜGBAR. ZEHN
GRÜNDE FÜR EINE BRILLANTE LÖSUNG.
TEXT JOHAN JARNEVING BILD COLOURBOX
 1
BEWIESENER ERFOLG.
Was unterscheidet eine
erfolgreiche Organisation
von einer mittelmäßigen? Wie die
Forschung zeigt, ist strukturiertes
Projektmanagement ein entschei-
dender Faktor. Laut einer Studie des
Project Management Institute
setzten mittelmäßige Organisation
nur 36 Prozent ihrer Projekte um,
führende Organisationen dagegen
89 Prozent. Sie erreichen ihr Ziel und
sparen Geld, Zeit und Nerven.
7
WIE AM SCHNÜRCHEN. XLPM
betrachtet jedes Projekt als
Lebenszyklus. Jedes Projekt hat
seinen eigenen Zyklus und es ist immer
effizienter, die Phasen einzeln anzuge-
hen und dabei ein Modell zu nutzen,
dass die Beiträge aller Projektteilnehmer
synchronisiert. In XLPM 2.0 sind bereits
mehrere Lebenszyklus-­Modelle
integriert. Von kurzen Aufträgen und
agilen Projekten über komplette
Programme oder Portfolios. Das
Lebenszyklus-Modell bietet allen Beteili-
gen einen festen Rahmen und konkrete
Entscheidungspunkte, an denen sie sich
orientieren können.
10
NUR DER ANFANG. Die
zahlreichen Instrumente
und die benutzerfreundli-
che technische Plattform bilden die
Grundlage. Praktische Hilfsmittel
verwandeln vage Ideen in strukturier-
te Projekte, die sich erfolgreich
umsetzen lassen. XLPM 2.0 bietet
eine Chance zur Weiterentwicklung:
Es wird in Schulungen vermittelt,
entweder direkt vor Ort oder als
E-Learning-Kurs.
ZUM WOHL DER ORGANISA-
TION Auch wenn das Projekt
ein voller Erfolg ist, ohne Aus-
richtung an den strategischen Zielen
kommt die Organisation trotzdem
nicht voran. Mit XLPM 2.0 können
Sie im Projektmanagement harte
Kennzahlen genauso berücksich-
tigen wie weiche organisatorische
Zielsetzungen.
 3
DER PROJEKT-SPONSOR IST
IMMER DABEI . Im Projektma-
nagement kommt es häufig
vor, dass der Auftraggeber – bei
XLPM der „Sponsor“ – des Projekts an
der eigentlichen Arbeit nicht beteiligt ist.
XLPM 2.0 macht den Sponsor zu einem
Teil des Projekts mit eigener Rolle und
genauem Überblick, einfach mit Hilfe
von Farbkodierungen.
8
FUTURE BY SEMCON  15
NeueKameravon
Hasselbladschafft
bessereBildermit
wenigerLicht
Die Lösung
So hat Semcon
den Auftrag gelöst
TEXT KARIN AASE FOTO HASSELBLAD
DER AUFTRAG: Die H4-Kamera benötigte neue
Hardware und neue Software, um die
Datenübertragung zu beschleunigen. Bei der Entwicklung
von High-End-Kameras besteht das größte Problem darin,
eine programmierbare Logik umzusetzen, die einen hohen
Datenfluss ermöglicht, ohne zu viel Strom zu verbrauchen.
DIE LÖSUNG: Für eine schnellere Datenübertragung
bekam die Kamera einen größeren
Speicher und einen neuen Prozessor. Dazu kamen noch
neu entwickelte Treiber und ein neues Betriebssystem, das
die Architektur der Kamera besser unterstützt. Außerdem
wurde die Kamera modularer gestaltet, sodass die einzel-
nen Elemente der Software bei späteren Aktualisierungen
leichter ausgewechselt werden können.
DAS ERGEBNIS: Das neue Modell H5D wurde vom
Markt begeistert aufgenommen. Ihre
Leistung ist besser und ihre Benutzerschnittstelle schneller
und mit mehr Funktionen ausgestattet. Gleichzeitig wurde
das Design der Kamera modernisiert. Dank des neuen Sen-
sors macht die Kamera auch außerhalb des Studios und
ohne zusätzliche Beleuchtung richtig gute Bilder.
16  FUTURE BY SEMCON
200 MEGAPIXEL
Zwei H5D-Modelle bieten eine
Multishot-Funktion, durch die die
Kamera mit Hilfe eines hochmo-
dernen Piezo-Moduls Bilder mit
bis zu 200 Megapixeln aufnehmen
kann. Eine Technik, die Hasselblad
in diesem Segment als einziger
Hersteller anbietet.
HASSELBLAD-OBJEKTIVE
Es ist gleichgültig, was im Inneren der Ka-
mera steckt, wenn das Objektiv mangelhaft
ist. Genau wie frühere H-Modelle ist die
H5D für das einzigartige Objektivsortiment
von Hasselblad ausgelegt, mit dem der
Blitz auch bei kürzesten Belichtungszeiten
eingesetzt werden kann.
DIE PERSÖNLICHE ALTERNATIVE
Die Kunden von Hasselblad sind überwiegend
professionelle Fotografen mit ganz bestimm-
ten Erwartungen an ihre Kamera. Bei der H5D
hat Hasselblad neue Optionen geschaffen,
die Kamera nach eigenen Wünschen zu per-
sonalisieren, unter anderem durch program-
mierbare Tasten und Einstellungen.
MODERNER LOOK
Die HD5 von Hasselblad hat ein
sehr charakteristisches Design.
Die Formsprache der Sensorein-
heit wurde überarbeitet, Klappen,
Display und Tasten erhielten einen
modernen Look. Auch die Farb­
gebung wurde an die typische
Hasselblad­-Optik angepasst.
BESSERE BILDER BEI SCHWACHEM LICHT
Da Hasselblad die Leistung der Elektronik verbes-
sert hat, konnte ein völlig neuer CMOS-Sensor
eingebaut werden. Er ist extrem empfindlich und
ermöglicht wesentlich längere Belichtungszeiten.
Durch diese beiden Faktoren kann die Kamera
auch bei schlechten Lichtverhältnissen verwendet
werden.
ES GIBT KEIN SCHLECHTES
WETTER, NUR SCHLECHTE
KAMERAS
Eine Kamera, die über einen so
guten Sensor verfügt, dass sie prak-
tisch überall schießen kann, muss
auch unter widrigsten Bedingungen
funktionieren. Dank besonders
dichter Deckel und Dichtungen ist
die HD5 bei Feuchtigkeit, aber auch
in industrieller Umgebung mit ho-
her Verschmutzung einsetzbar.
FUTURE BY SEMCON  17
DIE IDEE einer exakten Positionsbestim-
mung in Echtzeit wurde im Kalten Krieg
sowohl vom amerikanischen als auch
vom sowjetischen Militär entwickelt.
Der Wettlauf ins All war in vollem Gan-
ge und Wissenschaftler auf beiden Seiten
entdeckten ständig neue Einsatzmöglich-
keiten für ihre Satelliten.
Sieger waren die USA, die den ersten
Satelliten zur Positionsbestimmung 1978
ins All schossen. Ihre Version eines satel-
litengestützten Positionsbestimmungs-
systems nannten sie Global Positioning
System – GPS. Vier Jahre später, im Jahr
1982 brachte die Sowjetunion ihren
ersten Satelliten für das System Glonass
in eine Umlaufbahn.
Gut 30 Jahre später ist die Technik
verfeinert, für die Öffentlichkeit
frei verfügbar und wird jeden Tag in
Smartphones, Navigationssystem und
anderen Geräten mit Ortungssystem
verwendet. Das hat nicht zuletzt die
Sicherheit auf hoher See verbessert.
Die Bestimmung der korrekten Position
in Notsituationen ist heute in den meis-
ten Booten verfügbar und nicht mehr al-
lein dem Premiumsegment vorbehalten.
Inzwischen mischen noch weitere
Akteure bei der Positionsbestimmung
mit. Theoretisch können sowohl die USA
als auch Russland die Systeme GPS bzw.
Glonass mit einem Tastendruck abschal-
ten. Aus diesem Grund haben Indien,
China und nun auch die EU eigene
Systeme entwickelt. Das europäische Na-
vigationssystem Galileo, das im Jahr 2018
einsatzbereit sein soll, wird außerdem
zehnmal genauer arbeiten als GPS, d. h.
auf einen Meter genau. ✖
Satellitennavigation
ist ein Kind des
Kalten Kriegs
DIE ZEITEN KOMPLIZIERTER WEGBESCHREIBUNGEN
SIND VORBEI. BEI IMMER WENIGER AUTOS FINDET
SICH EIN STRASSENATLAS IM HANDSCHUHFACH. DIE
TECHNIK HAT DIE STRASSENKARTEN ERREICHT UND
UNS DIE SATELLITENNAVIGATION GEBRACHT.
FAKTEN NAVIGATIONSSYSTEME
Navigationssysteme verfügen über inte-
grierte Karten und eine integrierte Logik.
Wenn Ihr System erkennt, dass Sie sich in
der Nähe einer Straße befinden und sich
in die Richtung bewegen, in der die Straße
verläuft, befinden Sie sich logischerweise
auf der Straße. Aus diesem Grund wirken
viele Navigationssysteme genauer als sie
eigentlich sind.
Die Revolution
Satellitennavigation
TEXT FREDRIK HULDT FOTO 123RF  COLOURBOX
18  FUTURE BY SEMCON
IM JAHR 1982
Kosmos 1413, der ers-
te sowjetische Satellit
für das GLONASS-
System (Globalnaya
navigatsionnaya sput-
nikovaya sistema),
wird im kasachischen
Baikonur gestartet.
Er ist 15 Monate lang
aktiv.
IM JAHR 2015
Galileo ist einsatzbereit. Eine Auflösung von
1-0,01 Metern trägt wesentlich zu mehr Sicher-
heit und Umweltschutz im Straßenverkehr bei.
Die Abdeckung in der Nähe der Erdpole wurde
verbessert. Es ergeben sich unzählige Überwa-
chungsmöglichkeiten, wodurch der Daten-
schutz immer intensiver diskutiert wird.
IM JAHR 2025
Der unfallfreie Verkehr ist Wirklich-
keit. Auf kurzen Strecken werden
neue Logistiksysteme unter anderem
mit autonomen Transportdrohnen
eingesetzt, z. B. in Städten und in
Gebieten mit zerstörter Infrastruktur,
um nach Katastrophen Hilfsmittel
auszuliefern. Zum Transport größe-
rer Güter arbeiten solarbetriebene
Drohnen als Schwarm zusammen.
IM JAHR 2018
Das europäische System Galileo
ist voll ausgebaut. Revolutionä-
re Verbesserung der Verkehrs-
sicherheit und Auflösung
auf einen Zentimeter genau.
Einzigartige SAR-Funktion (Se-
arch And Rescue), die Satelliten
verfügen über Transponder, die
Notrufe und die Position des
Notsignals weiterleiten.
IM JAHR 1978
Der Satellit „OPS 5111“, der erste
von bis heute 75 amerikanischen
Satelliten für das GPS-System,
wird von der Vandenberg Air
Force Base in Kalifornien ins
All geschossen. Heute sind 32
GPS-Satelliten aktiv.
IM JAHR 1995
Das GPS-System ist
voll ausgebaut und in
Betrieb. Nachdem es
zunächst nur dem Militär
zur Verfügung stand,
wird es für die Öffent-
lichkeit und den zivilen
Markt geöffnet. Karten
verlieren als Navigations-
hilfen ihre Vorherrschaft.
IM JAHR 2020
Das chinesische System Beidou ist voll ausgebaut
und in Betrieb. Im Personen- und Güterverkehr
sind autonome Fahrzeuge unterwegs. Intelligente
Verkehrssysteme, die verkehrsarme Zeiten nutzen,
nie Unfälle verursachen und in langen Kolonnen
Energie sparen, sorgen für einen effizienten Ver-
kehrsfluss auf unseren Straßen.
EMPFÄNGER
Mit den Daten der Satelliten und
der Lichtgeschwindigkeit kann das
Empfangsgerät (z. B. ein Handy) den
Abstand zu den Satelliten berechnen.
Empfängt das Gerät Daten von drei
oder mehr Satelliten, kann es die
eigene Position bestimmen.
SATELLIT
Die Satelliten senden laufend ihre
Position und die exakte Zeit auf
ihrem internen Zeitgeber bei der
Versendung von Daten.
Das amerikanische GPS-System besteht aus 32 Satelliten in
sechs Umlaufbahnen, die jeweils um 60 Grad versetzt sind. Die
Satelliten kreisen auf einer Höhe von 20 200 Kilometer um die
Erde und sind so positioniert, dass Empfänger auf dem größten
Teil der Erdoberfläche mit mindestens sechs Satelliten Kontakt
(line of sight) haben. Für eine Positionsbestimmung sind die
Daten von drei Satelliten notwendig. Die Bestimmung wird umso
genauer, mit je mehr Satelliten der Empfänger Kontakt hat.
SO FUNKTIONIERT GPS
ENTWICKLUNG DER SATELLITENNAVIGATION
FUTURE BY SEMCON  19
Thema
E-Learning
20  FUTURE BY SEMCON
E-LEARNING IST OFT nur ein feineres
Wort für Fernunterricht per Computer.
Wenn man ins Detail geht, ist das Thema
jedoch ebenso komplex wie das Thema
Schule insgesamt. Genauso wie es keine
Schule für alle gibt, besteht auch E-Lear­
ning aus vielen verschiedenen Zutaten
und Rezepten.
Die Entwicklung von E-Learning geht
Hand in Hand mit der Computerisierung
unserer Welt.
Nach zwei frühen Versuchen – elektro­
nische Prüfmaschinen an amerikanischen
Universitäten in den 1920er-Jahren und
Plato (Programmed Logic for Automated
Teaching Operations), ein Programm zum
rechnergestützten Lernen, das in den
60er-Jahren an der Universität Illinois
entwickelt wurde, – hat sich E-Learning
erst mit Hilfe von PCs und Internet auf
breiter Front durchgesetzt.
HEUTE HAT E-Learning im Schulwesen
und in der Arbeitswelt einen festen
Platz. Man kann an der Volkshochschule
Hauptschulwissen nachholen oder bei
Stanford Online seinen Master machen.
Egal ob man an der Fleischtheke steht
oder als Techniker im Kernkraftwerk
arbeitet, die Wahrscheinlichkeit, dass man
in den letzten Jahren eine elektronische
Fortbildung bekommen hat, ist hoch.
Den Durchbruch hat E-Learning in den
90-er Jahren erlebt. Im neuen Jahrtausend
sind die Angebote dank neuer Technik
und der zunehmenden Verwendung von
mobilen Geräten geradezu explodiert.
Heute ist E-Learning von Fernkursen
per E-Mail meilenweit entfernt. Bildungs­
angebote, vor denen ein „E“ steht, nutzen
die technischen Möglichkeiten voll aus.
Es gibt scheinbar einfache Dinge, wie
auf Video aufgenommene Vorlesungen.
Aber auch virtuelle Welten, in denen die
Teilnehmer an unterschiedlichen Szena­
rien mitwirken können, und webgestützte
Klassenzimmer, in denen Lehrer und
Schüler in Echtzeit interagieren oder
Flugsimulatoren für künftige Piloten oder
simulierte Kundengespräche für Verkäufer.
Wenn Zukunftsforscher über Roboter
der neuen Generation spekulieren, die
immer qualifiziertere Aufgaben überneh­
men, ist neben der Finanzberatung und der
medizinischen Diagnostik vielleicht auch
der Lehrberuf in Gefahr.
ULRIKA FAGRELL ist Vertriebschefin für
die Projektmethodik XLPM bei Semcon
und hat sich intensiv mit Weiterbildung
und E-Learning im Bereich Projektmana­
gement auseinander gesetzt. Sie glaubt,
dass es noch eine Weile dauern wird, bis
der Computer den Lehrer völlig ersetzt.
„Die Nachfrage nach E-Learning-­Kursen
steigt. Erstens weil das Angebot größer und
besser geworden ist, und zweitens, weil
viele Führungskräfte, die Weiterbildung
einkaufen, sparen wollen. Aber es ist nicht
immer so einfach. Lehrer und Klassenzim­
mer lassen sich nicht eins zu eins durch
einen Computer ersetzen.”
Natürlich hat E-Learning finanzielle
Vorteile. Die Kosten für Reisen, Schu­
lungsräume, Logis und Dozenten sinken.
Aber der echte Vorteil liegt in der Distri­
bution und der Möglichkeit, in einer in­
teraktiven Umgebung zu üben; „Learning
by doing“, wie es auch gern genannt wird.
Ulrika Fagrell empfiehlt jedem, zuerst auf
die Erfolge zu schauen und erst dann auf
die Kosten.
Digital, virtuell
und echt
flexibel
E-LEARNING ERÖFFNET VIELE MÖGLICHKEITEN.
ABER LEHRER UND KLASSENZIMMER LASSEN
SICH DURCH COMPUTER NICHT ERSETZEN. DAS
BESTE IST, BEIDE METHODEN ZU KOMBINIEREN.
TEXT JOHAN JARNEVING FOTO COLOURBOX
Ulrika Fagrell,
Vertriebsleiterin bei Semcon
7
FUTURE BY SEMCON  21
Thema
E-Learning
SOLLTE EIN Manager, der Weiterbil­
dungsangebote einkauft, also besser auf
herkömmlichen Unterricht setzen oder
auf webgestütztes Lernen? Auf beides,
lautet die ebenso kurze wie selbstver­
ständliche Antwort. In der Branche
nennt man das „Blended
Learning“.
„Nichts gegen reines
E-Learning an sich, aber
der Mensch funktio­
niert nicht immer so,
wie die Fürsprecher
von E-Learning sich
das vorstellen. Vor zehn
Jahren wurde alles, was
mit dem Internet zu tun
hat, euphorisch bejubelt.
In der Praxis hat sich
aber gezeigt, dass nur ein
Bruchteil der Teilneh­
mer die Kurse wie vor­
gesehen nutzt“, erklärt
Ulrika Fagrell.
Blended Learning ist eine Mischform.
Das Beste aus zwei Welten. Die Teil­
nehmer können sich persönlich kennen
lernen und ihre informellen Netzwerke
ausbauen. Das steigert den Lerneffekt,
wenn sie später gemeinsam online lernen.
„Für Unternehmen, bei denen die
Teilnehmer auf viele Standorte verteilt
sind, ist E-Learning eine gute Lösung.
Aber man kann sich auch fragen, ob
nicht gerade Präsenzschulungen eine
gute Möglichkeit darstellen, persönliche
Kontakte aufzubauen. Beim Blended
Learning nutzt man die Vorteile der
realen und der virtuellen Welt.
Für Ulrika Fagrell und Semcon ist es
selbstverständlich, sich
mit neuer Technik
auseinander zu setzen
und neue Verfahren
der Wissensvermitt­
lung zu entwickeln.
Für optimale Ergebnis­
se muss man kritisch
denken, alles hinter­
fragen und eine gute
Kombination finden.
Ein gutes Beispiel ist
die Entwicklung von
Blended Learning.
„Gruppendynamik
und die Autorität eines
Dozenten oder Lehrers
ist online genauso
wichtig wie im Schulungsraum.“
DIE VORTEILE VON Mischformen sind
leicht zu erkennen, aber was trägt
E-Learning eigentlich neues bei?
Individuelle Ansätze sind ein wich­
tiges Element. Nicht jeder liest gerne
Bücher. Beim E-Learning wird Wissen
auch über Videos, Grafiken und Spiele
vermittelt. Außerdem kann am Compu­
ter jeder in seiner eigenen Geschwin­
digkeit und stets mit den aktuellen
Informationen lernen.
Darüber hinaus lassen sich mit Hil­
fe digitaler Technik mehr Teilnehmer
zu niedrigeren Kosten weiterbilden.
Weil Wissen inzwischen der wichtigs­
te Wettbewerbsvorteil ist, profitieren
davon sowohl die Wirtschaft als auch
die Gesellschaft als Ganzes. ✖
FAKTEN E-LEARNING
E-Learning erlebte den Durchbruch in den
1990er-Jahren und hat sich seitdem rasant
weiterentwickelt.
Die Technik wird vor allem für die
virtuellen Klassenzimmer von Fernkursen
eingesetzt. Aber auch in traditionellen
Schulungsräumen finden sich immer
häufiger digitale Hilfsmittel. Die meisten
Experten empfehlen eine Mischung aus
herkömmlichen und neuen Lehrverfahren,
auch Blended Learning genannt. Inzwischen
bieten sogar Universitäten Online-Kurse an.
International tätige Konzerne
müssen Projekte grenzüber­
schreitend koordinieren und zum
Erfolg führen können.
EIN BEWÄHRTES Hilfsmittel ist die
Ausbildung von Mitarbeitern zum
PMP, Project Mangement Professional.
Dieses Zertifikat wird vom amerika­
nischen Project Managment Institute
verliehen. Auch Semcon bietet Weiter­
bildungen an, die Mitarbeiter auf die
PMP-Prüfung vorbereiten.
Der Vorbereitungskurs zum PMP
und ein Kurs in Projektwirtschaft fin­
den in virtuellen Klassenzimmern statt.
Hier sehen die Teilnehmer den Kurs­
leiter in Echtzeit, können miteinander
chatten und in virtuellen Gruppenräu­
men zusammenarbeiten. Die Teilneh­
mer kommen aus aller Welt.
„Zunächst war ich skeptisch, ob
die neue Technik auch funktioniert,
besonders bei einer schlechten Ver­
bindungsqualität. Aber ich war schnell
überzeugt und der Kurs hat meine Er­
wartungen noch übertroffen“, erzählt
Erika Klingler, die das virtuelle Klassen­
zimmer von Semcon entwickelt hat.
Dazu verwendet Semcon die IT-Lö­
sung Adobe Connect. Eine webgestütz­
te Umgebung mit allen Funktionen, die
ein moderner Schulungsraum braucht,
aber ohne besondere Anforderungen
an Bandbreite oder eine spezielle
Software.
„Technisch gab es keinerlei Hinder­
nisse. Die unterschiedlichen Zeitzonen
waren da schon eher ein Problem.“
Kurse, an deren Ende ein Zertifikat
in Aussicht steht, eignen sich sehr gut
zum E-Learning. Die Teilnehmer sind
motiviert und investieren ausreichend
Zeit ins Selbststudium.
„Wir arbeiten auch viel mit Übung­
en und direktem Feedback, durch das
die Teilnehmer erkennen, in welchen
Bereichen sie vor der Prüfung beim
PMI noch besser werden müssen.“ ✖
Bei E-Kursen wird Wissen auch
über Videos, Grafiken und Spiele
vermittelt.
7
MIT HILFE DIGITALER TECHNIK LASSEN SICH
MEHR PERSONEN ZU GERINGEREN KOSTEN
WEITERBILDEN. WIR STELLEN IHNEN DREI
GELUNGENE E-LEARNING-PROJEKTE VOR.
1. GLOBALER
ERFAHRUNGS­
AUSTAUSCH IN
ECHTZEIT
22  FUTURE BY SEMCON
Die afrikanische Organisation
LEAP hat ihren Sitz in Nigeria.
Sie möchte Menschen durch
E-Learning dazu bringen, ihre
Einstellungen zu überdenken
und neue Möglichkeiten zu
entdecken.
DIE ANFANGSBUCHSTABEN von „Le­
adership“, „Effectiveness“, „Accounta­
bility“ und „Professionalism“ ergeben
abgekürzt LEAP. Die Organisation
unterstützt Jugendliche und Unter­
nehmer aus 26 afrikanischen Ländern
bei der Aus- und Weiterbildung. Auf
dem Lehrplan stehen Management,
Betriebswirtschaft und Soft Skills, wie
beispielsweise Kommunikation und
Verantwortung.
Ihr visionärer Ansatz macht
Hoffnung und bringt Kompetenzen
und einen schwierigen Arbeitsmarkt
zusammen. LEAP arbeitet auf zwei
Ebenen. Direkt mit den Jugendlichen
und gemeinsam mit Unternehmern
und Geschäftsleuten.
Ein großer Teil ihrer Arbeit besteht
darin, Einstellungen zu verändern
und den Menschen die Augen für
neue Chancen zu öffnen. Oft mit ei­
nem ganzen Land auf der Schulbank.
Dabei sind E-Learning und Multi­
media wichtige Erfolgsfaktoren.
Das Projekt Naija Junction hat
LEAP gemeinsam mit dem African
Leadership Institute entwickelt, um
vor allem junge Menschen stärker für
Politik zu begeistern.
In mehreren Videos entwickelten
die Teilnehmer Zukunftsszenarien für
das Land. Das Projekt hat eine eigene
Website und die Videos wurden auf
YouTube veröffentlicht. Immer mehr
Nigerianer haben Zugang zum Inter­
net und die Videos dienten LEAP als
Türöffner zur Ausbildung künftiger
Führungskräfte.
Laut der Geschäftsführerin von
LEAP, Iyadunni Olubode, hat der
Erfolg von Naija Junction weitere
E-Learning-Projekte angestoßen.
Diese Technik wird in ganz Afrika
immer wichtiger.
„Wenn es uns gelingt, die gesamte
Bevölkerung mit Bildung zu erreichen,
ist das Jahrhundert Afrikas gekom­
men. Mit den richtigen Inhalten und
leichterem Zugang zum Internet
wird E-Learning das Bildungsniveau
heben“, erklärt Iyadunni Olubode.
Als Beispiel nennt sie das Projekt
„Powering the impossible“, das sich
an Gymnasien richtet. In einem Com­
puterlabor, das nur mit Solarenergie
betrieben wird, können Lehrer und
Schüler die Technik zur Verbesserung
des Unterrichts nutzen. Sie bekom­
men bessere Unterlagen und Instru­
mente zum Lernen und Bewerten.
LEAP hat auch ein Format für
Webinare entwickelt, die „LEAP
Career Corner Speaker Series“. In den
Webinaren können Jugendliche Vor­
bilder kennenlernen und in Echtzeit
mit ihnen interagieren. ✖
Mit den Bereichen Öffent-
liche Verwaltung und Sozial­
arbeit beschäftigen sich
Henrik Montgomery und seine
Kollegen üblicherweise nicht
tagtäglich.
NOHALC ist ein Verfahren im Bereich
„Unterstützende Beschäftigung“, das
mit Fördermitteln des ESF für das
Arbeitsmarktzentrum im Göteborger
Stadtteil Norra Hisingen entwickelt
wurde. Das Programm soll Menschen
durch Berufsausbildung und Prak­
tikumsplätze auf ihrem Weg in den
ersten Arbeitsmarkt unterstützen.
Ein ungewöhnlicher Auftrag für
ein Unternehmen, das meist für große
Industriekunden arbeitet.
„Wir haben gleich erkannt, dass
dieses Projekt auf unserer Linie liegt.
Und weil der Auftrag von der Stadt
kam und für die Gesellschaft sehr
wichtig ist, haben wir nicht
lange gezögert“, erzählt
Henrik Montgomery.
„Der Auftraggeber
teilte unser pragma­
tisches Verständnis von
E-Learning als einer in­
teraktiven Lernmethode
in individueller Umgebung.
Wir waren auf der gleichen
Wellenlänge.“
Das Projekt hatte von Anfang an
einen sehr freien Rahmen.
„Das Arbeitsmarktzentrum Norra
Hisingen hat seine Erfahrung im Be­
reich Arbeitsförderung beigesteuert
und wir unser Fachwissen im Bereich
interaktive Lösungen.“
Die interaktive Lernplattform
basiert auf der freien Software
Drupal, einem System, mit dem sich
Inhalte im Web schnell und günstig
erstellen und verwalten lassen.
Die Sachbearbeiter im So­
zialamt der Stadt Göteborg
nutzen die Plattform
gemeinsam mit ihren
Kunden. Die Funktionen
umfassen die Darstellung
von Statistiken sowie
Selbsteinschätzungen
und Beurteilungen. Auch
Unternehmen, die an diesem
Programm teilnehmen, können die
Plattform besuchen.
„Es ist sehr befriedigend, in diesem
Bereich zu arbeiten und in der Ge­
sellschaft etwas zu bewirken.“
Die Plattform ist seit Dezember
2014 online und wird voraussichtlich
noch weiter ausgebaut.
„Die Stadt Göteborg plant sehr
langfristig, wir können jederzeit neue
Anwendungen einbauen und sehen
noch viele Möglichkeiten“, so Henrik
Montgomery. ✖
2. E WIE ENGAGEMENT
3. AUF DIGITALEM WEG IN
DEN ERSTEN ARBEITSMARKT
Henrik Montgomery, Semcon.
FUTURE BY SEMCON  23
Trends
Zusammenarbeit
DerTrendistdeutlich–Zusammen­arbeit
eröffnetneueHandlungsmöglichkeiten.
Abermanmusskommunizierenundsich
einigenkönnen.WennderMenschdabei
versagt,istkünstlicheIntelligenzvielleicht
dieLösung.
TEXT JAKOB LUNDBERG UND MARCUS OLSSON
WIN-WIN
DURCH
24  FUTURE BY SEMCON
KOOPERATION
FUTURE BY SEMCON  25
„ALLE HABEN DIE
GLEICHEN DATEN UND
EIN GEMEINSAMES
ZIEL: DASS DIE STADT
GUT FUNKTIONIERT.“
ROHIT TALWAR
LLES LÄUFT
rund in Rio de
Janeiro. Polizei
und Rettungs­
kräfte sind
bei Unfällen
schnell vor Ort.
Techniker rü­
cken aus, wenn
eine Ampel ausfällt. Verstopfungen in der
Kanalisation werden schnell beseitigt,
Überschwemmungen bleiben aus.
In der Zwölf-Millionen-Stadt arbeiten
30 Organisationen in einer einzigartigen
Leitzentrale zusammen.
Die Wände sind mit Bildschirmen tape­
ziert, auf denen alle wichtigen städtischen
Funktionen überwacht werden. Im Centro
de Operações laufen enorme Datenmen­
gen zusammen, die von Überwachungs­
kameras, Sensoren, intelligenten Ampeln
und den Nutzern spezieller Apps geliefert
werden. Alle am Projekt beteiligten Behör­
den und Unternehmen haben gleichbe­
rechtigten Zugang zu diesen Daten.
Die zweitgrößte Stadt Brasiliens hat
die Zeichen der Zeit erkannt und setzt
auf Kooperation.
Wenn Denken Grenzen überwindet,
funktionieren Städte – und Unterneh­
men wachsen.
„Das Erfolgsgeheimnis von Rio de
Janeiro ist eine gemeinsame Daten­
bank, die schnelle und faktengestützte
Entscheidungen ermöglicht. Alle haben
die gleichen Daten und ein gemeinsames
Ziel: dass die Stadt gut funktioniert“,
erklärt Rohit Talwar.
Der weltweit tätige Zukunftsforscher
leitet das Londoner Beratungsbüro Fast
Future Research, das Unternehmen
bei der strategischen Zukunftsplanung
unterstützt.
„Die erfolgreichsten Unternehmen
haben alle etwas gemeinsam. Sie besitzen
intelligente Systeme, durch die alle Ak­
teure im Ökosystem des Unternehmens
miteinander ins Gespräch kommen und
Informationen austauschen können. Im­
mer mehr Aufträge werden in Großpro­
jekten mit vielen beteiligten Spielern
abgewickelt. Dabei wird ständig daran
gearbeitet, noch bessere Kooperationsver­
fahren zu finden.“
FÜR ROHIT TALWAR IST das Schwierigste,
eine Zusammenarbeit konkret anzusto­
ßen – und sie dann am Laufen zu halten.
„Da sind viele Kräfte im Spiel. Jede
Organisation hat ihre eigene Politik
und andere Motive. Die Leute an der
Spitze sind sich womöglich einig, aber
die Spieler weiter unten wollen den Ball
nicht abgeben.“ Unternehmen sind oft
überrascht, wie schwierig es ist, eine
gelungene Kooperation aufzubauen. Es
kommt auf die Menschen an. Wenn man
sie dazu bringt, zusammenzuarbeiten und
einander zu vertrauen, ist viel gewonnen.
Wenn unterschiedliche Unternehmen,
Kulturen, Sprachen und Arbeitsweisen
aufeinander treffen, sind Probleme vor­
programmiert.
„Es ist kein reibungsloser Prozess,
wenn eine indische, eine chinesische und
eine amerikanische Firma zusammen ar­
beiten sollen. Da gibt es unterschiedliche
Führungsstile und Entscheidungsverfah­
A
Im Centro de Operações in Rio de Janeiro teilen sich 30 Organisationen eine Leitzentrale. Alle haben Zugang zu enormen Datenmengen,
die für schnelle und wirksame Einsätze genutzt werden.
26  FUTURE BY SEMCON
1GEMEINSAME FORSCHUNGSPROJEKTE
Die Pharmakonzerne Sanofi und Merck sind sowohl Konkurrenten als auch
Kooperationspartner. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt entwickeln
sie unter anderem Mittel zur Krebsbehandlung. Beide Unternehmen arbeiten
außerdem häufig mit Behörden und öffentlichen Organisationen zusammen.
2PARTNERSCHAFT
ZWISCHEN KONKURRENTEN
PSA Peugeot und Toyota entwickelten gemeinsam Bauteile für stadttaugliche
Kleinwagen. Diese werden im Peugeot 107, Citroën C1 und Toyota Aygo einge-
setzt. Alle drei Fahrzeuge werden seit 2005 im tschechischen Kolin gebaut und
von den drei Herstellern sehr erfolgreich verkauft.
3FREIE INNOVATION
Wikipedia, die mehrsprachige freie Enzyklopädie, ist die am häufigsten
besuchte Website im Internet. Ihre kostenlosen Inhalte werden von den Benut-
zern selbst erstellt. Die englische Ausgabe ist mit über vier Millionen Artikeln
am umfangreichsten. Insgesamt enthält Wikipedia 30 Millionen Artikel.
4GEMEINSAME NUTZUNG VON WISSEN
Im Rahmen der South-South Cooperation teilen Entwicklungsländer
auf der südlichen Hemisphäre Wissen, Ressourcen und Technologien. Ziel ist
unter anderem die Gründung einer gemeinsamen Bank als Gegengewicht zum
Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank. Auf dem letzten Gipfel der
Organisation wurden von Investoren, Unternehmen, Regierungen und anderen
Partnern über 450 Millionen Dollar zugesagt.
5KUNDENGESTÜTZTE
INNOVATION
Blizzard Entertainment hat die Spielereihe
World of Warcraft (WoW) geschaffen. Ein
wichtiger Erfolgsfaktor war die Einladung
an die Spieler, Betaversionen noch in der
Entwicklungsphase zu testen. 2013 erziel-
te WoW über eine Milliarde Dollar Umsatz
– und einen Marktanteil von 36 Prozent in
seinem Genre.
6VERTEILUNG VON
RISIKEN UND GEWINNEN
Aera Energy ist ein Kooperationsprojekt
der Energiekonzerne Exxon Mobil und
Royal Dutch Shell. Aera ist der führende
kalifornische Öl- und Gasproduzent (30
Prozent der Gesamtproduktion in diesem
Bundesstaat). Exxon und Shell tragen
gemeinsam die Produktions- und Investi-
tionskosten. 2013 nahm Aera 5 Milliarden
Dollar ein.
Formen der
Zusammenarbeit
7
ren. Informationen fließen in jeder Firma
anders“, sagt Rohit Talwar und fährt fort:
„Ebenso interessant ist die Kooperati­
on innerhalb einer Arbeitsgruppe oder
zwischen unterschiedlichen Teilen dersel­
ben Organisation. Was machen wir mit
einer Idee, die an ganz anderer Stelle im
Unternehmen nutzbringend eingesetzt
werden kann? Bei der Verbreitung von
Ideen ist die IT besonders wichtig. Alle
wollen lernen, wie man in der digitalen
Welt kulturelle und organisatorische
Grenzen überschreiten kann.“
TRENDSETTER IST hier die Baubranche,
in der Bauunternehmen, Investoren und
Subunternehmer zusammenarbeiten.
Die Weitergabe von Informationen ist
der Schlüssel.
„An Bauprojekten für eine Milliarde
Euro können bis zu 20 Partner beteiligt
sein. Wie können wir die Zusammenar­
beit optimieren? Wir arbeiten zeitgleich
mit identischen Daten, damit alle
dieselben Informationen haben. Und
alle können die Inhalte direkt beein­
flussen. Dadurch sinkt auch die Gefahr,
dass mehrere Akteure Zeit für dieselbe
Aufgabe verschwenden.“
Rohit
Talwar
Wohnort: London,
England.
Beruf: Berater, Autor,
Redner.
Mit Humor, Inspiration
und Provokation als
Waffen berät Rohit
Talwar globale Konzerne
in den Bereichen
Risikoanalyse und
Entwicklungsstrategien.
FUTURE BY SEMCON  27
Dick Strout ist ein britischer Unter­
nehmensstratege. Trotz des Trends
zur Kooperation sieht er noch viele
Hindernisse.
„Ich staune, wie selten Unternehmen
und Organisationen zusammenarbeiten.
Anscheinend hat sich die Lust an der
Geheimhaltung über viele Generation
festgesetzt. Viele 30-jährige Manager
sind genauso vom Wettbewerbsdenken
besessen wie ihre Vorgänger. Das ist eine
echte Enttäuschung, weil ich glaube, dass
Unternehmen viel voneinander lernen
könnten, ohne ihren wirtschaftlichen
Erfolg zu gefährden.
Der Wettbewerb zwischen den Firmen
hält viele davon ab, neue gemeinsame
Wege zu entdecken. Aber genau darin
liegen die größten Chancen; wenn man
sich traut.“
DER JOURNALIST ANDREAS EKSTRÖM
hat ein Buch über Google geschrieben. Er
ist Zukunftsforscher und hält Vorträge
über die sozialen Folgen der digitalen
Wende.
„Die digitale Revolution hat völ­
lig neue Möglichkeiten geschaffen,
Unternehmen weiter voran zu bringen.
Obwohl der Wettbewerb härter ist
als je zuvor, entscheiden sich immer
mehr für softe Formen der Kooperati­
on. Wechselseitiges Lernen verspricht
enorme Vorteile. Das sehen heute alle
ein. Gleichzeitig erhöht sich die Gefahr
des Konformismus. Alle drängen in die
Mitte des Markts, wo es zwar sicher ist,
aber auch langweilig. Wann gab es den
letzten „Game Changer“, eine Erfin­
dung, die den Markt oder das Verhalten
der Menschen von Grund auf verändert?
Ich würde sagen, so etwas gab es seit
der Erfindung des Tablets nicht mehr“,
meint Andreas Ekström.
Es gibt viele Beispiele für notwendige
und gelungene technische Abstimmungs­
verfahren. Einheitliche Standards wie 3G,
4G, Bluetooth, USB sind die Ergebnisse
einer breiten Kooperation.
In diesen Fällen haben Riesenkonzer­
ne wie Ericsson, Intel, IBM und Micro­
soft die Vorteile der Zusammenarbeit
mit anderen Unternehmen derselben
Branche erkannt.
„Die globale Bitcoin-Community
ist ein anderes Beispiel für technische
Entwicklung durch Kooperation“, sagt
Rohit Talwar. „Hier haben Menschen
gemeinsam Lösungen entwickelt. Sie
haben auf der Grundlage einer digi­
talen Währung ein völlig neues Wirt­
schaftssystem erschaffen, das durch die
Block-Chain-Technologie abgesichert ist.
Diese Modelle haben finanzielle Dienst­
leistungen revolutioniert. Die Spieler
sind Pioniere in diesem Bereich. Und sie
wurden zur Zusammenarbeit gezwun­
gen, weil ihr unkonventionelles Denken
auf erbitterten Widerstand stieß.“
IN VIELEN BRANCHEN ist Hilfe von
außen ein Muss.
„Einige Pharmafirmen nutzen
verstärkt die Ideen und Forschungser­
gebnisse anderer. Astra Zeneca hat mit
seinen Kooperationspartnern meist ein
glückliches Händchen. Das gilt auch für
FOTOPONTUSTIDEMAN
Der internationale Flughafen Dallas/Fort Worth nutzt ein einzigartiges
Kooperationsmodell zwischen Flughafen und Fluggesellschaften. Es
wird gemeinsam geplant und die Fluggesellschaften entscheiden bei
der Verwendung der Gewinne mit.
Andreas
Ekström
Wohnort: Lund,
Schweden.
Beruf: Journalist,
Autor und Redner.
Andreas Ekström ist
Verfasser des Buchs
„Der Google-Code“, in
dem er die Denkweise
von Google neutral
analysiert.
28  FUTURE BY SEMCON
WANN GAB ES DEN
LETZTEN „GAME
CHANGER“, EINE
ERFINDUNG, DIE
DEN MARKT ODER
DAS VERHALTEN DER
MENSCHEN VON GRUND
AUF VERÄNDERT?
ANDREAS EKSTRÖM
den Konkurrenten GlaxoSmithKline“, so
Rohit Talwar.
Er ist davon überzeugt, dass Vertei­
lungsmodelle für Risiken und Gewinne
in Zukunft immer wichtiger werden.
Als Beispiel nennt er den internationa­
len Flughafen DFW, Dallas/Fort Worth,
der von rund 30 Fluggesellschaften
angeflogen wird, unter ihnen American
Airlines, Lufthansa und British Airways.
„Der Flughafen hat ein sehr interessan­
tes Entscheidungsverfahren, an dem auch
die Fluggesellschaften beteiligt sind. Das
System setzt auf die Verbesserung von
Dienstleistungen und Geschäften und
verteilt die Einnahmen der Geschäfte, Re­
staurants, Hotels und sonstigen Unterneh­
men nach einem ausgefeilten Schlüssel.
Außerdem haben die Fluggesellschaften
Mitsprache bei der Frage, wie Gewinne
verwendet und investiert werden.“
Beim DFW, einem der zehn am stärks­
ten frequentierten Flughäfen der Welt,
arbeiten die Konkurrenten zusammen
und teilen den Gewinn.
In anderen Branchen ist es üblich,
in einer frühen Phase gemeinsam zu
forschen – und das gemeinsame Ergebnis
dann getrennt zu nutzen.
„Dies finden wir in sogenannten
„pre-competitive research projects“, die
oft vom Staat mitfinanziert werden. Es
wird viel getan, damit Unternehmen
ihre Informationen und Ergebnisse
offenlegen. Dadurch werden Dinge
entwickelt, die der Gesellschaft großen
Nutzen bringen und den Unternehmen
kommerzielle Möglichkeiten eröffnen.“
Andreas Ekström stellt fest, dass die
Kooperationsmodelle immer ausgefeilter
werden. Eine wichtige Entwicklung ist
hierbei die direkte Zusammenarbeit mit
den Endkunden.
„Viele Unternehmen haben von der
Veröffentlichung erster Beta-Versionen
extrem profitiert. Wenn die Benutzer
in einer frühen Phase an der Gestaltung
der Produkte und Inhalte beteiligt
werden, fühlen sie sich dem Hersteller
verbunden.“
DIE OFFENLEGUNG von Informationen
ist der rote Faden hin zur Kooperation.
Sie schafft Vertrauen und erhöht die
Bereitschaft, anderen zu helfen. Aber
vielleicht spielt menschliche Interaktion
künftig gar nicht mehr die Hauptrolle.
Mit gegenseitigem Wohlwollen kann
eine Gruppe weit kommen, aber manch­
mal reicht das nicht.
Wenn Rohit Talwar über bahnbrechen­
de neue Kooperationsformen spricht,
denkt er nicht an Menschen.
„Es gibt einen anderen Weg. Künstli­
che Intelligenz (KI) wird alles verändern.
Es wird „KI-Akteure“ geben, die ihr Ver­
halten durch ständiges Lernen anpassen“,
meint er.
Dabei kann es sich beispielsweise um
Programme handeln, die eine bestimmte
Aufgabe erhalten und dann selbst ent­
scheiden, welche Kooperationspartner
sie brauchen, um die Aufgabe erfolgreich
zu erfüllen.
„Sie bekommen klar definierte Ziele
und arbeiten immer mit den Parteien
zusammen, die ihnen helfen, diese Ziele
zu erreichen. Der Vorteil besteht darin,
dass diese Akteure keine politische Agen­
da haben. Sie werden nicht befördert,
bekommen keine Boni und können
auch nicht gefeuert werden. Ihr einziges
Ziel ist es, die vorgegebene Aufgabe zu
erledigen. Deshalb finden sie immer die
optimale Kooperationsform. ✖
Dick Stroud
Wohnort: Salisbury, England
Beruf: Berater, Redner und
Journalist.
Dick Strout arbeitet viel für
die Werbeagentur 20plus30,
die auf die kaufkräftige
Konsumentengruppe der über
50-Jährigen spezialisiert ist.
FUTURE BY SEMCON  29
QA
Sophia Lindholm über Kreativität
S
ie haben es bestimmt
schon gesehen und dar­
über geredet. Das Video,
in dem Jean-Claude van
Damme zwischen zwei
rückwärts fahrenden
Lkws von Volvo in den Spagat geht, ist
eines der am häufigsten angeklickten
Werbevideos in der Geschichte von You­
Tube. Seine Durchschlagskraft hat die
Bekanntheit der Marke Volvo Trucks so
enorm gesteigert, dass der Pariser Louvre
das Video dauerhaft in seiner Abteilung
für Reklame zeigen will.
Für Sophia Lindholm ist „The Epic
Split“ nicht nur einer der größten Erfolge
ihrer Karriere. Es ist auch der krönende
Abschluss einer Kampagne, an der sie und
ihre Kollegen bei Forsman  Bodenfors
mehrere Jahre lang gearbeitet haben.
Als sich Volvo Trucks an die mit Preisen
überhäufte schwedische Werbeagentur
wandte, ging es um die erste Produkt­
präsentation seit neunzehn Jahren. Vier
Kreative bei Forsman  Bodenfors, unter
ihnen Sophia Lindholm, erhielten den
Auftrag, das Interesse der Öffentlichkeit
mit einer spektakulären Kampagne anzu­
stacheln. Ganz nach dem Motto „Not just
another truck – Not just another launch“.
Und das haben sie geschafft. Schon das
erste Video der Kampagne, der so genann­
te „Ballerina Stunt“, in dem Faith Dickey
über ein Seil zwischen zwei fahrenden
Lastwagen balanciert, wurde sofort zum
Hit und der Beginn einer Erfolgsgeschich­
te. Der Höhepunkt war im Juni letzten
Jahres erreicht, als Sophia Lindholm und
ihre Kollegen beim Werbefestival in Can­
nes mit zwei goldenen Löwen ausgezeich­
net wurden – dem renommiertesten Preis
der Werbebranche. 7
SophiaLindholmist
einerderkreativsten
MenschenderWelt
undeinerderKöpfehinter
VolvoTrucks‘Megaerfolg
„TheEpicSplit“.Wie
erhältsieihreKreativität?
TEXT LINDA THOMSEN HÖGFELDT FOTO ANDERS DEROS
30  FUTURE BY SEMCON
Sophia
Lindholm
Arbeitet als: Art Director bei Forsman
 Bodenfors in Göteborg. Hobbys:
Skifahren, Tennis und Hummerfang.
Preise und Auszeichnungen: #14 Most
Creative People in Business 2014 (Fast
Company), 3 Grand Prix Cannes Lions,
5 Guldägg, Auszeichnungen von
Black Cube, Art Directors Club,
Best in Show, One Show,
Black Pencil, DAD.
FUTURE BY SEMCON  31
Sie gelten als einer der kreativsten Men-
schen der Welt. Wo kommen Ihre vielen
Ideen her?
Die Leute glauben, dass wir Kreativen
nur so sprudeln, dass uns die Inspiration
im Schlaf überkommt oder uns beim
Spazierengehen brillante Ideen nur so
zufliegen. Die Wirklichkeit ist leider
nicht so glamourös. Die Konzeption von
Werbung ist oft harte Arbeit, bei der wir
eingepfercht in einem engen Büro sitzen,
diskutieren und Ideen langsam herauszi­
selieren. Einer hat einen Einfall, den das
Team dann gemeinsam weiterentwickelt.
Und nicht selten kommt am Ende etwas
völlig anderes heraus. Die kreative Arbeit
ist nur ein Teil meines Berufs. Damit ich
kreativ sein kann, muss ich zunächst viele
Fakten aufnehmen. Nur so kann ich et­
was schaffen, das relevant ist und mit dem
der Kunde auch arbeiten kann. Natürlich
kann man dasitzen und phantastische Ide­
en entwickeln. Aber wenn die Idee nicht
auf Fakten beruht, ist sie nicht relevant.
Das ist wahrscheinlich meine eigentliche
Stärke als Art Director. Ich kann kreative
und interessante Konzepte entwerfen,
die auch Relevanz für den Kunden haben.
Bei „The Epic Split“ steht das Produkt im
Mittelpunkt und jeder kann verstehen,
warum gerade Volvo Trucks diese Stunts
macht. Eigentlich machen wir ja nur eine
Produktvorführung, wenn auch in unge­
wöhnlicher und spektakulärer Form.
Fakten sind also Voraussetzung für
Ihren Schaffensprozess?
Fakten sind für mich enorm wichtig!
Ich brauche sie, um zu verstehen, welche
Botschaft kommuniziert werden soll.
Davon ausgehend entwickeln wir dann
die Idee, mit der die Botschaft verkauft
wird. Die Arbeit für einen Kunden und
eine Kampagne beginnt immer mit vielen
Nachforschungen. Als wir das Konzept
der Live Test Series für Volvo Trucks erar­
beiteten, haben wir bei Volvo mit vielen
unglaublich schlauen Leuten gesprochen,
vom Techniker bis zum Produktmanager,
die uns erzählt haben, wie sie den neuen
Lkw sehen und welche Vorteile er hat.
Was steht hinter der Idee der Live Test
Series?
Unser Ausgangspunkt war, dass unsere
Zielgruppe sehr breit gestreut und mit
herkömmlichen Medien nur schwer zu
erreichen ist. Wir wollten den kleinen
Spediteur, der seinen einen Lkw selbst
fährt, ebenso ansprechen, wie die Einkäu­
fer in großen Konzernen wie Schenker
oder DHL, die gleich mehrere hundert
Lkw bestellen. Deshalb mussten wir ganz
neu denken und den kleinsten gemein­
samen Nenner dieser Zielgruppe finden.
Und der ist, dass sie von vielen Men­
schen beeinflusst werden, von Kollegen,
Familie und Freunden und natürlich von
den Medien. Wir wollten einen Trend
schaffen, bei dem ein Sohn seinen Vater
fragt: „Hast du diese krasse Werbung
für Volvo Trucks schon gesehen?“ Oder
jemand einen Artikel über die Kampagne
liest und das Gefühl hat „das muss ich mir
auch mal ansehen“. Also haben wir ver­
sucht, eine möglichst breite Zielgruppe
zu erreichen und für die Funktionen der
Lkws zu inter­essieren. Diese Zielgruppe
wiederum soll dann die Kernzielgruppe
beeinflussen, die wir vor allem erreichen
wollen.
Wie unterscheidet sich die Arbeit bei
Forsman  Bodenfors von anderen
Werbeagenturen?
Wir haben keinen Creative Director.
Wenn man sich die großen Agenturen im
Ausland und auch in Schweden ansieht,
ist die Werbebranche ziemlich traditio­
nell und hierarchisch, mit einem Creative
 1
Neue Eindrücke sammeln.
Reisen Sie, probieren Sie Neues
aus und vor allem: hören Sie
anderen zu. Ich finde, neue Eindrücke
steigern die eigene Kreativität.
 2
Nicht an den Ruf denken.
Trauen Sie sich, Dinge zu sagen,
die nicht völlig durchdacht sind
oder vielleicht sogar dumm klingen.
Vielleicht ist die Idee nicht brillant,
aber manchmal kommt eben auch
etwas Phantastisches heraus. Seien
Sie mutig und kümmern Sie sich nicht
darum, was andere von Ihnen denken.
 3
Übung macht den Meister.
Genau wie andere Fertigkeiten
kann man auch Kreativität üben.
Erfahrung spielt natürlich auch eine
Rolle. Wer schon lange dabei ist, hat
viel Übung. Und vielleicht lässt auch
die berühmte Panik etwas nach, wenn
Sie wissen, dass Ihnen schon mal was
Gutes eingefallen ist. Dann kommt die
nächste Idee umso leichter.
 4
Ideen mit anderen entwickeln.
Viele meiner besten Ideen sind
durch die Zusammenarbeit mit
anderen entstanden. Wir werfen uns
Ideen zu, feilen daran herum und
verbessern sie durch den Input
anderer. Für mich ist Kreativität in
vieler Hinsicht Teamwork.
 5
Nicht auf Inspiration warten
– einfach arbeiten. Einfälle im
Schlaf oder aus dem Nichts
waren noch nie meine Stärke. Meine
Ideen nehmen Form an, wenn ich mit
Kollegen in einem kleinen Büro sitze
und diskutiere.
 6
Spaß haben. Mit ist wichtig,
dass ich zufrieden bin und meine
Arbeit gern mache. Wenn ich
keinen Spaß daran hätte, wären meine
Ideen wahrscheinlich auch nicht
besonders gut.
So werden Sie kreativ –
Tipps von Sophia Lindholm
QA
Sophia Lindholm über Kreativität
32  FUTURE BY SEMCON
„NATÜRLICH KANN
MAN DASITZEN UND
PHANTASTISCHE
IDEEN ENTWICKELN.
ABER WENN DIE IDEE
NICHT AUF FAKTEN
BERUHT, IST SIE
NICHT RELEVANT.“
Director, der die Arbeit des kreativen
Teams stark dominiert. Bei Forsman 
Bodenfors ist es umgekehrt, hier liegt
die Verantwortung für die Arbeit bei
den Teams selbst. Manche fragen sich
vielleicht, wer dann die Entscheidungen
trifft. Das klingt wie ein Problem, aber
wenn eine Idee wirklich gut ist, sind alle
im Team überzeugt. Und wenn einer oder
zwei noch Zweifel haben – tja, dann müs­
sen wir eben noch daran arbeiten oder
uns etwas ganz Neues einfallen lassen.
Außerdem haben wir eine Unterneh­
menskultur und Verfahren, bei denen wir
anderen Input geben und selbst auch Kri­
tik annehmen können. Wir beraten uns
oft mit anderen Kreativen in der Agentur,
aber letzten Endes entscheiden wir selbst,
was wir mit deren Kritik anfangen.
Was sind die Vorteile und Nachteile?
Ich glaube, dass diese Arbeitsweise die
Kreativität aller Mitarbeiter steigert, weil
wir Kreativen mehr Eigenverantwortung
haben. Natürlich funktioniert das nur,
wenn wir Mitarbeiter an dieses Arbeits­
modell und unsere eigenen Fähigkeiten
glauben, wenn wir gut sind und bereit,
Verantwortung zu übernehmen. Damit
will ich aber nicht behaupten, dass
dieses demokratische Verfahren immer
leicht ist. Zum Beispiel kann ein junger
Kreativer, der in der Branche gerade erst
anfängt, im gleichen Team sitzen und
genauso viel Verantwortung tragen, wie
ein Profi, der schon seit dreißig Jahren
dabei ist und vielleicht sogar die Agentur
mit gegründet hat. Dann ist es natürlich
am Anfang schwer, kritisch zu sein oder
eigene Ideen laut auszusprechen. Aber
auch den älteren und routinierten Mitar­
beitern bringt es viel, mit jungen frischen
Leuten zu arbeiten, die ganz neu denken.
In dieser Branche passiert so viel, ständig
kommen neue Medien dazu und da sind
die jungen Kreativen mindestens genauso
fit wie Profis, die schon lange dabei sind.
Manchmal dauert es ein bisschen, aber
früher oder später merken die meisten,
dass unser Arbeitsmodell auch für sie
Vorteile hat.
Die Welt wird immer digitaler. Wie sehen
Sie diese Entwicklung?
Ich finde diese Entwicklung positiv
und glaube, dass phantastische Ideen ent­
stehen können, wenn jemand, der meist
mit Printmedien gearbeitet hat, jemanden
trifft, der in der digitalen Welt zuhause
ist. Solche Begegnungen setzen kreatives
Potenzial frei. Natürlich kann ich nicht
in die Zukunft sehen. Die Kommunikati­
onslandschaft verändert sich ständig. Vor
noch nicht allzu langer Zeit hieß es, das
Video stirbt aus, weil die Menschen nicht
mehr fernsehen. Heute werden mehr
Videos produziert als je zuvor, auch wenn
sich die Dramaturgie geändert hat und
die Szenen kürzer sind als früher – oder
wesentlich länger. Im Printbereich ist es
wegen der digitalen Entwicklung natür­
lich schwerer geworden, dieselbe Durch­
schlagskraft zu erreichen wie früher.
Andererseits sehen wir im Internet und in
sozialen Medien ständig, dass die Nutzer
Bilder und Texte, die ihnen gefallen, an
andere weiterleiten. Vielleicht werden wir
in ein paar Jahren im Rückblick erkennen,
dass wir gerade erleben, wie die Printme­
dien gezwungen werden, kreativer oder
sogar interaktiv zu werden? ✖
FUTURE BY SEMCON  33
Einblicke
Formel 1
LEISTUNG UM
JEDEN PREIS
HELDENMUT, MILITÄRISCHE PRÄZISION UND ENORMES TALENT.
ENTSCHEIDENDE ELEMENTE IN EINEM SPORT, IN DEM DIE MASCHINE
MENSCH MINDESTENS SO REIBUNGSLOS FUNKTIONIEREN MUSS WIE DIE
BRÜLLENDEN MOTOREN.
TEXT FREDRIK HULDT FOTO GETTY IMAGES/RED BULL CONTENT POOL
OHNE ZWEIFEL IST die Formel 1 der ex­
tremste Materialsport der Welt. Ein ver­
rückter Schmelztiegel, in dem ehrgeizige
Einzelkämpfer für ein gemeinsames Ziel
zusammenarbeiten müssen: den Welt­
meistertitel in der schnellsten Rennserie
der Welt.
Hier pumpen die klügsten Ingenieure
der Menschheit Millionensummen in
Maschinen, mit denen die begabtesten
Piloten immer schnellere Runden fahren
können. Die besten Köpfe der Raum-
und Luftfahrtbranche programmieren
Supercomputer, die mit Hilfe hochkom­
plexer Simulationen die Aerodynamik
der Fahrzeuge auf die Spitze treiben. Die
genialsten Strategen durchforsten gigan­
tische Datenmengen auf der Jagd nach
siegversprechenden Rennstrategien. Und
die radikalsten Revolutionäre entwerfen
die Technologien und Herstellungs­
verfahren, die man braucht, um die
phantastischen Konzepte für Antriebs-
und Fahrwerkstechnik zu liefern, die
in diesem Sport zum Einsatz kommen.
Konzepte, die mit etwas Glück auch uns
Normalsterblichen zugute kommen,
wenn sie nach und nach in unseren
Autos auftauchen.
Seit 2014 strebt die Formel 1 nach
noch ehrgeizigeren Zielen als bisher.
Dank der umfassendsten Regelände­
rungen aller Zeiten geht es nicht mehr
nur um Geschwindigkeit, sondern um
die Entwicklung umweltfreundlicher
Technologien für die Automobilindus­
trie. Plötzlich gehört Effizienz ebenso
selbstverständlich zum Gesamtpaket
wie Geschwindigkeit. Seitdem jeder
Wagen pro Rennen nur noch 100 Kilo
Benzin mitführen darf, ist der Kraft­
stoffverbrauch auf einen Schlag um über
35 Prozent gesunken. Natürlich ohne
Kompromisse bei der Leistung.
Im Grunde ist die Formel 1 immer
noch ein Gladiatorenspiel in rasender
Fahrt. Ein Sport, bei dem die Piloten sich
und ihre Fahrzeuge einer lebensgefährli­
chen Wette aussetzen – mit sagenhaften
Prämien auf der einen Seite und noch
größeren Risiken auf der anderen. ✖
34  FUTURE BY SEMCON
BELASTUNG DER PILOTEN
Haben Sie Stress auf der Arbeit? Dann
denken Sie an das Arbeitsumfeld von
F1-Piloten. Bei jeder Fahrt sind sie ex­
tremen Belastungen ausgesetzt. Hohe
G-Kräfte, Cockpittemperaturen von bis
zu 60 °C und mörderischer Druck bringen
ihre Körper an die Grenzen menschlicher
Leistungsfähigkeit. Ein Grand-Prix-Rennen
dauert 1,5-2 Stunden. So lange hat der
Pilot einen durchschnittlichen Puls von
170 Schlägen/Minute, den höchsten aller
Sportler über so lange Zeit.
MECHANISCHE HAFTUNG
Die wichtigsten Elemente eines F1-Autos
sind nicht Motoren, Computer oder
Flügel. Es sind die Reifen. In der F1
werden 245–325 mm breite Slicks auf
13-Zoll-Felgen aufgezogen und für eine
optimale mechanische Haftung auf
110 °C erwärmt. Die Lebensdauer des
Gummis liegt bei nur 25 Minuten. Da-
nach müssen alle vier Reifen gewechselt
werden. Für Bedienung der Wagenhe-
ber, Reifenwechsel und Einstellung der
Flügel sind 18 Mann erforderlich. Der
schnellste Boxenstopp gelang Red Bull
auf dem Circuit of the Americas im Jahr
2013. In 1,923 Sekunden.
POWER UNIT
ICE + MGU-K + MGU-H + ES + Turbo
+ CE = PU. Kompliziert? Mehr als das.
Vergessen Sie Motoren. F1-Autos haben
hyperkomplexe Hybridsysteme aus
sechs Grundelementen, die sogenann-
ten Power Units. Die ICE (Internal Com-
bustion Engine) ist ein V6-Turbomotor
mit 1,6 Liter und 600 PS. Eine Kombi-
nation aus Generator und Elektromotor
(MGU-K) „erntet“ beim Abbremsen
die Bewegungsenergie der Hinterachse
für den ES (Energy Store/Batterie). Bei
der Beschleunigung liefert die MGU-­K-
Einheit pro Runde für 30 Sekunden zu-
sätzliche 160 PS. Die MGU-H speichert
die überschüssige Energie des Turbos im
ES. Spitzenleistung insgesamt: 760 PS.
Um die wahnsinnigen Kosten des Sports
wenigsten etwas zu dämpfen, wird
alles durch standardisierte CE (Control
Electronics) gesteuert.
GESCHWINDIGKEIT
Nach Berechnungen liegt die theore­
tische Höchstgeschwindigkeit von
F1-Autos bei über 440 km/h. Die Piloten
nehmen diese Zahl aber nicht beson-
ders ernst. In der Formel 1 dreht sich
alles um die Rundenzeit, d. h. die Durch­
schnittsgeschwindigkeit pro Runde.
Deshalb wird die Spitzengeschwindig-
keit durch den Luftwiderstand der Flügel
gebremst. Die höchste gemessene
Geschwindigkeit betrug 2014 „nur“
362 km/h. Die schnellste Runde der
F1-Geschichte fuhr Juan Pablo Montoya
2014 beim Training zum GP von Monza.
Die durchschnittliche Geschwindigkeit
betrug 262,242 km/h.
BREMSEN
Bei atemberaubenden Bremsmanövern
verwandelt sich Bewegungsenergie in
bis zu 2 000 kW Wärme. Darum glühen
die Kohlefaserscheiben auch so schön.
Das stärkste Bremsmanöver der F1
erfordert Kurve 14 auf dem Shanghai
International Circuit in China. Ab dem
Bremspunkt belastet der Pilot das
Bremspedal 123 Meter lang mit einem
Druck von 131 Kilo. Das Fahrzeug bremst
um 254 km/h ab – von 317 km/h auf 63
km/h in nur 2,98 Sekunden. In dieser
Kurve wurde auch mit 6,41 G die bisher
stärkste Abbremsung eines F1-Wagens
gemessen.
AERODYNAMISCHE HAFTUNG
Um mit einer seitlichen Beschleuni­g­
ung von über 5 G durch die Kurve zu
kommen, braucht ein F1-Wagen mehr
als nur gute Slicks. Deshalb haben
F1-Autos Flügel, die das Chassis mit
Hilfe des Fahrtwinds und eines Diffu-
sors, der unter dem Wagen Unterdruck
erzeugt, auf den Boden pressen. Bei
300 km/h entsteht ein Druck von bis
zu 1,5 Tonnen. Das extremste Beispiel
ist Kurve 8 im Istanbul Park. Eine lange
190-Grad-Kurve mit vier Scheitelpunk-
ten, an denen die F1-Piloten sieben Se-
kunden lang Kräften zwischen 4,5–5,5 G
ausgesetzt sind.
FUTURE BY SEMCON  35
Semcon Brains
TEXT LINDA THOMSEN HÖGFELDT  JOHAN JARNEVING
FOTO SEBASTIAN BERGER, NICKE JOHANSSON, AASHITH SHETTY  ANDERS DEROS
DIE LETZTEN JAHRE hat Stefan Sommer für
Semcon einen neuen Geschäftsbereich auf­
gebaut, der als Projektbüro zur Konstruk­
tion von Flugzeugküchen für den Kunden
Sell dient. Sein Team ist ständig gewachsen
und besteht heute aus 50 Mitarbeitern in
Deutschland und Indien, die für Flugge­
sellschaften wie Qatar Airways und Etihad
Airways arbeiten.
Wie hat sich Ihre Abteilung seit Be-
ginn dieses Auftrags verändert?
Als ich 2009 als Konstrukteur anfing,
hatte ich nur drei Kollegen. Semcon besaß
damals noch keine Erfahrung mit Bau­
teilen für Flugzeuge, sondern war nur im
Automobilbau tätig. Deshalb arbeiteten
mein Team und ich im ersten Jahr bei Sell
vor Ort. Unser erster Auftrag war sehr
simpel im Vergleich zu dem, was wir heute
machen, nämlich komplexe Küchenein­
bauten, elektrische Bauteile, Kühlanlagen,
Wasserinstallation und Klimatisierung.
Wie haben Sie es geschafft, ein so
erfolgreiches Team auf die Beine zu
stellen?
Entscheiden für die Leistung unserer Ab­
teilung ist die gut abgestimmte Teamarbeit.
Bei uns ist jeder gleich wichtig. Unser Team
in Deutschland konstruiert die Küche
und leitet dann alle Daten an das Team in
Indien weiter, das die Zeichnungen für den
Kunden erstellt. Anschließend unterstützt
das deutsche Team den Kunden bei der
Produktion, bis die fertige Küche bei der
Fluggesellschaft ankommt.
Welche Pläne haben Sie und was
treibt Sie an?
In den kommenden Jahren möchte ich
mein Team kontinuierlich weiterbilden
oder weiterbringen und dazu beitragen,
dass Semcon in diesem Geschäftsbereich
wächst. Mich motiviert, dass ich bei der
Arbeit ständig Neues entwickeln und mir
selbst Ziele setzen kann, die mich heraus­
fordern. ✖
Der
Flugzeug­­
interieur-
Designer
Stefan Sommer,
Semcon Deutschland
36  FUTURE BY SEMCON
FUTURE BY SEMCON  37
38  FUTURE BY SEMCON
Semcon Brains
Kindersitze
Vordersitze
Rücksitze
Sitze
Gurtwarner
Sicherheitsgurt
Klimaregler Rücksitz
Klimaanlage
Klimaregler Vordersitz
Ventilation der Sitze
JOHAN ELISSON IST Technischer Re-
dakteur und Experte für Topic-basierte
Informationen, ein schnell wachsender
Bereich, in dem Semcon an vorderster
Front dabei ist. Derzeit unterstützen
Johan Elisson und seine Kollegen Volvo
Cars dabei, ihre Bedienungsanleitungen
an die digitale Welt anzupassen.
Wie unterscheiden sich Topic-­
basierte Anleitungen Informationen
von herkömmlichen Anleitungen?
„Bedienungsanleitungen liest man in
Abschnitten, kapitelweise. Wir brechen
diese Abschnitte in eigenständige Teile
auf. Der Benutzer bekommt genau die
Informationen, die er in diesem Moment
braucht, und wir können nicht voraus-
setzen, dass er die anderen Teile auch
gelesen hat. Jeder Teil muss das jeweilige
Themengebiet komplett abdecken.“
Welche Vorteile haben Volvo und
Volvo-Fahrer von Ihrer Arbeit?
„Es geht vor allem um mehr Benut-
zerfreundlichkeit. Die Informationen
sind leichter verständlich. Topic-­
basierte Informationen sind medienun-
abhängig und wir können sie über
unterschiedliche Schnittstellen wie
z. B. das Multimediasystem des Autos
bereitstellen und aktualisieren. Auch
Systeme für personalisierte Botschaften
und Feedback lassen sich integrieren.
Wie sind Sie selbst zum Topic-­
basierten Schreiben gekommen?“
„Ich war von Anfang an bei Wikipe-
dia dabei und wurde ziemlich schnell
Administrator. Im Nachhinein erkenne
ich viele Ähnlichkeiten zwischen der
Arbeit dort und dem, was wir in der
Volvo-Redaktion machen.“
Was ist der nächste Schritt für Sie
und alle, die bei Semcon mit Topic-­
basierten Informationssystemen
arbeiten?
„Wir sind im Bereich Weiterbildung
sehr aktiv, sowohl intern als auch für
Kunden, und entwickeln entsprechende
Angebote. Wir glauben an die Mög-
lichkeiten dieser Informationssysteme.
Man kann sie an jedes Produkt und jede
Dienstleistung anpassen.“✖
Klimaanlage
Elektrische
Sitzheizung
Sitzklima
Der
Topic-
Experte
Johan Elisson,
Semcon Schweden
FUTURE BY SEMCON  39
MADHURIMA PATRO IST Elektronik-
designerin und gehört zu Semcons
Flugzeug-Team mit Niederlassungen
in Deutschland und Indien. Gemein-
sam mit ihren Kollegen in Indien
konstruiert sie Elektrosysteme, bei
denen der kleinste Fehler den Kun-
den enorme Summen kosten würde.
Was macht eine gute Elektro­
installation aus?
„Die Produkte, die ich für meine
Kunden entwickle, müssen einfach
und robust sein. Für mich ist die Idee
hinter der Konstruktion das Entschei-
dende. Sie muss schon beim ersten
Test in einem CAD-System perfekt
funktionieren. Als Konstrukteure
müssen wir in der Produktionsphase
flexibel sein und bis zur letzten Se-
kunde Änderungen berücksichtigen.
Wir müssen bei der Arbeit zwar alles
geben, aber dafür macht sie auch viel
Spaß.“
Wie sehen Ihre Arbeitsaufgaben
und Ihr Auftrag aus?
„Ich leite nicht nur den Bereich
Elektroinstallation, sondern bin auch
für Semcons Expansion in andere
Bereiche der Flugzeugindustrie
verantwortlich. Meine erste Aufga-
be bestand darin, alle elektrischen
Elemente in einer Flugzeugküche zu
verstehen und dann zu bauen. Dazu
gehört alles von der Konstruktion des
Elektrosystems und der Integration
der einzelnen Funktionen bis zur
Installation im Werk. Seit meiner
Rückkehr nach Indien baue ich in
Bangalore ein Semcon-Team auf, das
Elektroinstallationen für Flugzeug-
küchen entwickelt.“
Wie funktioniert die Zusammen-
arbeit mit Deutschland?
„Wir arbeiten eng zusammen. Kurz
nach meiner Einstellung war ich
eine Zeit lang in Deutschland, um
bei Semcons Elektro-Team in Bad
Friedrichshall zu lernen. Im Dienst-
leistungsbereich werden Offshoring
und die Bildung von Netzwerken
immer wichtiger. Wir haben das Ziel,
unseren Kunden in aller Welt als ein
Team zur Seite zu stehen.“ ✖
HINTER DEN KULISSEN
VON SEMCON BRAINS
u Möchten Sie mehr über Madhu­rima
Patro, ihre Arbeit und die Herausforde-
rungen erfahren, die bei Semcon auf
sie warten? Dann schauen Sie sich
hier das Video auf semcon.com an.
Die
Elektronik­
expertin
Madhurima Patro,
Semcon Indien
40  FUTURE BY SEMCON
Der
Strom­
experte
Christoffer Grönberg,
Semcon Schweden
Semcon Brains
CHRISTOFFER GRÖNBERG IST Elektro- und
Automationsingenieur. Seine Arbeit ist
oftmals das reinste Detektivspiel, weil die
Wirklichkeit nicht immer den Zeichnungen
entspricht, die der Kunde vorlegt.
Warum ist Strom so wichtig?
„Unsere Welt ist vom Strom abhängig,
und ein Stromausfall kann schwerwiegende
Folgen haben. Bei meiner Arbeit geht es da-
rum, sichere und zuverlässige Stromsysteme
zu entwickeln, damit das nicht passiert.“
Wie sieht ein typischer Auftrag aus?
„Ich habe viele Aufgaben, z. B. Fehler-
suche, Problemlösung und Entwicklung,
nicht selten in ein und demselben Projekt.
Vor Kurzem habe ich einem schwedischen
Energiekonzern dabei geholfen, Anlagen
zur Fernsteuerung und Überwachung
seiner Transformatorenstationen zu bauen.
Eine komplexe und wichtige Arbeit, weil
der Kunde Unternehmen und Haushalte
mit Strom beliefert und seine Versorgungs-
sicherheit erhöhen wollte.“
Was ist dabei die größte Heraus­
forderung?
„Wenn die Anlage alt ist, besteht die
Dokumentation im besten Fall aus den
Kopien alter Zeichnungen. Manchmal muss
man die Anlage vor Ort untersuchen und
den Ist-Stand dokumentieren, bevor man
mit der neuen Aufgabe überhaupt anfangen
kann. Bei vielen Projekten werden Anlagen
im laufenden Betrieb umgebaut, also muss
beim Abriss und Neubau extrem sorgfältig
gearbeitet werden. Das ist das Coole an
meiner Arbeit, dass sie sowohl Kreativität
als auch ingenieurstechnische Präzision
erfordert.“ ✖
VOR ZWEI JAHREN berichteten wir über
Atlas Copco Mechanical Rock Excavation
(MRE) und die gigantischen Maschinen,
die im modernen Bergbau zum Einsatz
kommen. Für die Recherche trafen wir
Andreas Stråth, Semcon-Berater und me­
chanischer Konstrukteur bei MRE. Damals,
2012, steckten er und seine Kollegen mitten
in vier parallelen Konstruktionsprojekten.
Jetzt haben wir nochmals nachgefragt.
„Im Bergwerk geht es voran. Bei Ihrem
letzten Besuch durfte ich aus Geheimhal­
tungsgründen noch nicht zu viel über mei­
ne Maschine verraten. Tja, ich sage „meine
Maschine“, weil ich mich für diesen Bohrer
wirklich ins Zeug gelegt habe. Jetzt ist sie
auf dem Markt“, erzählt Andreas Stråth.
Sie heißt Easer und stellt in der Bohr­
technik eine kleine Revolution dar.
„Wir nutzen die gleiche Technik wie
beim Raiseboring [mehr Infos in Future
By Semcon #2, 2012], haben sie aber wei­
ter verfeinert. Wie ein Traktor, der zum
Formel 1-Wagen aufgerüstet wurde.“
Der Name Easer klingt nicht nur kurz
und elegant, er stammt auch direkt aus
der Fachsprache des Bergbaus. „Ease off“
bezeichnet die Wegnahme des Drucks
bei Sprengungen durch sogenannte
Mundlöcher.
Der Easer soll im Stollen genau diese
Aufbrüche bohren. Das eigentlich Neue
ist die Mobilität und enorme Vielseitig­
keit der Maschine.
Anders als herkömmliche Bohrma­
schinen muss der Easer nicht auf einer
Betonplattform verankert werden.
Daher ist er in weniger als einer Stunde
einsatzbereit. Im Bergbau ist das fast
Lichtgeschwindigkeit.
„Auf dem Tacho stehen jetzt statt 2
gute 15 km/h. Eine 50-prozentige Zeit­
ersparnis von der Aufstellung bis zum
fertigen Mundloch.“
Mit gutem Grund hat Atlas Copco
MRE hohe Erwartungen an „Andreas‘
Maschine“. Zwei wurden bereits ausge­
liefert und aus Australien liegen zehn
Bestellungen vor.
„Der Druck ist groß, aber leider
können wir noch nicht ausliefern. Wir
analysieren noch die beiden bereits
gelieferten Exemplare.“
Bevor wir uns für dieses Mal verab­
schieden, kommt Andreas Stråth noch
auf ein anderes Projekt zu sprechen.
„Streng geheim. Ein Kundenprojekt
in der letzten Testphase. Beim nächs­
ten Anruf in zwei Jahren erzähle ich
gerne mehr.“ ✖
Wie ging es weiter?
Future fragt nach
EIN FLEXIBLER UND MOBILER BOHRER, DER DOPPELT
SO SCHNELL ARBEITET. DAS WAR DAS ERGEBNIS DER
ZUSAMMENARBEIT VON SEMCON UND ATLAS COPCO. UND
WEITERE PROJEKTE SIND SCHON IM GANGE.
TEXT JOHAN JARNEVING FOTO JOHAN BERGLING
Revolution unter Tage
Artikel in Future
Ausgabe 3/2012.
24 FUTURE BY SEMCON 3.2012
EIN
FUTURE BY SEMCON 3.2012 25
W
er erinnert sich nicht an diesieben Zwerge aus Schnee­
wittchen? Die zogen Tag
für Tag mit Spitzhacke und
Laterne hintereinander indie Grube. Viel mehr Hilfsmittel kannte manfrüher im Bergbau nicht. Wenn das Gesteinfür Spitzhacke, Meißel und Brechstange zuhart war, versuchte man es mit Erhitzen durchFeuer. Etwas leichter wurde es im 18. Jahrhun­dert mit der Einführung des Sprengpulvers.Im 19. Jahrhundert kam dann das Dynamit.Die Arbeit blieb jedoch beschwerlich undkräftezehrend und barg große Gefahren.Aber seitdem hat sich viel getan. Im hell
eingerichteten Bürogebäude von Atlas Cop­co Mechanical Rock Excavation (MRE) inÖrebro zeugen Fotos und Modelle moder­ner Bergbaumaschinen vom aktuellen Standder Technik. Hier am Firmensitz werden dieBergbaulösungen der Zukunft entwickelt. Esgibt völlige Neuentwicklungen ebenso wieVerbesserung an Vorhandenem.
»Hier zu arbeiten, ist sehr abwechslungs­reich. Ich bin die ganze Zeit bei der Produkt­entwicklung an vorderster Front mit dabei.Eine tolle Chance«, berichtet Andreas Stråth,Semcon­Berater und mechanischer Konst­rukteur bei MRE.
Der primäre Geschäftsbereic
h von MRE
DassogenannteRaiseboringhatAtlasCopcoMechanicalRockExcavationzumweltweitführendenLieferanteniminternationalenBergbaugemacht.DiegewaltigenMaschinenwerdenimschwedischenÖrebroentwickelt,undSemconistmitdabei.
TEXT LOTTA RINGDAHL FOTOS ATLAS COPCO, MATTIAS ERMANBRIX
RIESE IM
TUNNEL

FUTURE BY SEMCON  41
DIETER
RAMS
PHILIPPE
STARCK
IN EINEM INTERVIEW am Pasadena Art
Center College of Design in Kalifornien,
das er regelmäßig besucht, inspiriert er
die Studenten mit seinem Motto „einfa­
cher, aber besser“.
Dieter Rams ist berühmt dafür, unter­
schiedliche Designdisziplinen zu verbin­
den und auf diese Weise bahnbrechende
Produkte zu erschaffen. Vielleicht kommt
das daher, dass er nach seinem Architek­
turstudium an der Werkkunst­schule in
Wiesbaden noch eine Schreinerlehre
absolviert hat. Schon als Kind hatte Rams
beobachtet, wie sein Großvater, ebenfalls
Schreiner, mit großem handwerklichen
Können neue Möbel erschuf.
In seinen ersten eigenen Möbeln
mischte Dieter Rams unterschiedliche
Werkstoffe, z. B. Holz mit Kunststoff
oder Aluminium. Ab 1955 arbeitete Rams
40 Jahre lang für den Elektrogeräte-­
Hersteller Braun, wo er als Schöpfer des
hochgelobten Braun-Stils weltberühmt
wurde. Er selbst betont die Bedeutung
von Teamwork und Timing. Eines der
berühmtesten Produkte seines Teams
– das direkt in die Daueraustellung des
MoMa in New York aufgenommen
wurde – war die Radio-Plattenspieler-­
Kombination Braun SK 4 mit Acrylglas­
deckel. Ein Novum in einer Zeit, in der
Radios in glänzende braune Holzgehäuse
verbaut wurden.
„MEIN HERZ GEHÖRT DEN DETAILS. TATSÄCHLICH WAREN SIE FÜR MICH
IMMER WICHTIGER ALS DAS GROSSE GANZE.“ DAS SAGT DIETER RAMS 

– EINER DER EINFLUSSREICHSTEN INDUSTRIEDESIGNER DER WELT.
ERFOLGREICHE FORMGEBER MÜSSEN MANCHMAL AUSGETRETENE
PFADE VERLASSEN UND GEGEN REGELN VERSTOSSEN. FUTURE
STELLT ZEHN DESIGNER VOR, DENEN GENAU DIES GELUNGEN IST.
„WENN ES KEIN PROJEKT ZU GEBEN SCHEINT, DAS
PHILIPPE STARCK NICHT ZUM ERFOLG FÜHREN KANN,
DANN LIEGT DAS VERMUTLICH DARAN, DASS DEM SO
IST“, SCHREIBT DIE ZEITSCHRIFT DESIGN BUREAU
ÜBER DEN FRANZOSEN.
10 INSPIRIERENDE DESIGNER
PHILIPPE STARK HAT von der Zahnbürste bis zur Luxusyacht schon alles
entworfen. Seine Formensprache ist klar und reduziert. Gleichzeitig weisen
viele seiner Produkte popkulturelle Anspielungen auf, wie seine ikonische
raumschiffartige Saftpresse Juice Salif, seine astförmigen Wasserhähne oder
die Lampenfüße aus goldlackierten Waffen, die zu seiner Gun Series gehö-
ren. Letztere stehen für den Zusammenhang von Geld und Krieg, wie Starck
selbst erklärt, der Design als seine mächtigste politische Waffe versteht.
Die Liste
10 Designer
42  FUTURE BY SEMCON
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  • 2. 2  FUTURE BY SEMCON 32 Stefan Sommer „Bei uns ist jeder gleich wichtig.“ Inhalt #1/2015 Das ist Future Notizen 4 Unterwegs in die Zukunft 6 Guide 15 Die Lösung 16 Satellitennavigation 18 E-Learning 20 Trends 24 QA: Sophia Lindholm 30 Einblicke in die Formel 1 34 Semcon Brains 36 Wie ging es weiter? 41 Die Liste: 10 inspirierende Designer 42 BY SEMCON PRÄSENTIERT VON Semcon WEBSITE semcon.com/de ANSCHRIFT Future by Semcon, Semcon AB, 417 80 Göteborg, Schweden ADRESSENÄNDERUNG future@semcon.se HERAUSGEBER Anders Atterling +46 (0)70-447 28 19 anders.atterling@semcon.se PROJEKTLEITUNG SEMCON Madeleine Andersson +46 (0)76-569 83 31 madeleine.andersson@semcon.se REDAKTIONELLE UMSETZUNG Spoon, spoon.se REDAKTION Björn Jansson GRAFIK Mathias Lövström REPRO Spoon DRUCK Trydells Tryckeri, Laholm ISSN 1650-9072 Creating the future
  • 3. ALLE GEWINNEN DURCH KOOPERATION Allein ist man nicht unbedingt erfolgreich: Immer mehr Unternehmen entwickeln Produkte und Geschäftsmodelle gemeinsam mit anderen. 24 30 SOPHIA LINDHOLM: OHNE FAKTEN GEHT NICHTS Die Leute denken immer, dass bei Kreativen die Inspiration über Nacht entsteht. 6 SO REISEN WIR IN ZEHN JAHREN Die Verkehrssysteme der Zukunft eröffnen neue Möglichkeiten. Was bedeutet das für den Alltag von Milliarden Menschen? FUTURE BY SEMCON präsentiert sich seinen Lesern in neuem Design und setzt jetzt noch stärker auf Inhalte. Diese Aus­ gabe kreist um die Themen technischer Fortschritt, Zukunft und Kreativität. Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten wollen, müssen wir selbst und unsere Branche lernen, unkonventionel­ ler zu denken. Wir leben in einer Zeit, in der die Ansprüche der Verbraucher und ihr Lebens- und Konsumstil die techni­ sche Entwicklung rasant vorantreiben. Die zunehmende Digitalisierung, eine wachsende und alternde Bevölkerung und die Urbanisierung sind nur einige der Trends, die uns neue Chancen eröffnen, aber auch vor große Heraus­ forderungen stellen. Künftige Dienstleistungen und Lösungen werden auch die Gesetze und Normen verändern, die uns alle auf vie­ lerlei Weise beeinflussen. Es lohnt sich für uns alle, wenn wir gemeinsam mit unseren Kunden und Wettbewerbern neue Modelle der Nutzung, des Eigen­ tums und der Verantwortung erforschen und umsetzen. Wir von Semcon sind davon über­ zeugt, dass wir mehr Kreativität wagen und die Dienste und Geschäftsmodelle der Zukunft in Kooperation mit anderen entwickeln sollten. Das würde allen zugute kommen und es ermöglichen, das enorme Potenzial vieler Ideen und Initiativen optimal zu nutzen. ✖ Leitartikel KreativeKooperationsformensinddieZukunft Markus Granlund CEO und Konzernchef FUTURE BY SEMCON  3
  • 4. Notizen SCHON SEIT vielen Jahren arbeitet Semcon für Kunden auf dem norwegischen Markt. Semcon Schweden unterstützt diese Kunden unter anderem mit Ingenieurdienstleistungen und Produktin- formationen. Im Rahmen dieser Entwicklung hat Semcon vor Kurzem das norwegische Unterneh- men Ibruk AS akquiriert, das auf Produktinformationen spezialisiert ist. Das Unternehmen erstellt seit mehr als 13 Jahren Technische Dokumentation und Lebenszyklusanalysen (LCI), vorwiegend für die norwegische Öl- und Gasindustrie. „Unsere Expansion nach Norwegen hilft Semcon dabei, sich als internationaler Dienstleister weiter zu etablieren“, so Johan Ekener, Leiter des Geschäftsbereichs Product Information. SPONSORING PONTUS LINDBERG hat 2011 bei Semcon angefangen, in dem Jahr, als er auch den schwedischen Iron Man gewann. Jetzt hat Semcon sich entschieden, Lindberg ein Jahr lang zu sponsern, um ihm den Anschluss an die Weltspitze zu ermöglichen. Lindberg trainiert derzeit auf Mallorca für die Wett- bewerbe der kommenden Saison. Semcon sponsert Spitzen- Triathleten EXPANSION Semcon expandiert nach Norwegen 4  FUTURE BY SEMCON
  • 5. IM HERBST 2014 hat Semcon einen neuen Blog online gestellt, auf dem das Unternehmen über seine Erfahrungen im Bereich Produktinformationen berichtet. Auf dem Blog werden regel­ mäßig Artikel von Mitarbeitern aus verschiedensten Fachberei- chen veröffentlicht. „Wir haben eine Leidenschaft für Technik und glauben, dass es sich lohnt, andere großzügig an unserem Wissensschatz teilha- ben zu lassen. Der Blog wird mit der Zeit immer umfangreicher werden und hoffentlich unseren Kunden und anderen, die sich für diesen Thema interessieren, wertvolle Hilfestellungen geben“, so Madeleine Andersson, Global Marketing Manager bei Semcon. WEITERE INFOS: blog.semcon. com/productinformation NeuerBlogzum ThemaProdukt­­ informationen SEMCON INNOVATION MEHR SICHERHEIT IM AUTOVERKEHR BEI DER Volvo Cars Active Safety Challenge hat Semcon mit dem Innovationsprojekt PAW einen Preis gewonnen. Die benutzer- freundliche Technik von PAW nutzt Sensoren im Auto, d. h. Kameras und Radar, um Autofahren sicherer und bequemer zu machen. Die Lösung ist inzwischen patentiert. Dank Fördermitteln von Vinnova kann Semcon gemeinsam mit sei- nen Partnern Viktoria Swedish ICT und Volvo Cars an Geschäftsmo- dellen für effizientere Software-­ Entwicklung arbeiten. SEIT ANFANG LETZTEN Jahres ist Semcon Partner­ unternehmen der SOS-­ Kinderdörfer. Unsere internen Botschafterin­ nen Alexandra Wagner und Amy-Marie Brown besuchten vor Kurzem In­ dien und waren begeistert. „Die SOS-Kinderdörfer leisten phantastische Arbeit und bieten Kindern mit tra­ gischen Lebensgeschichten eine neue Zukunft“, sagt Amy-Marie Brown. Semcon finanziert Renovierungs- und Umbauarbeiten in einem Kinderdorf im nordindi­ schen Bhimtal. Außerdem entwickeln die Mitarbei­ ter unserer Niederlassung in Bangalore Aktivitäten für die Kinder der Kin­ derdörfer in Bangalore, Tirupati und Puducherry in Südindien. Im Septem­ ber letzten Jahres konnten Amy-Marie Brown und Alexandra Wagner die Organisation vor Ort besuchen. „Diesen Abend in Tirupati werde ich nie vergessen. Wir saßen auf dem Boden und aßen Reis. Die Kinder waren still und recht schüchtern. Aber dann kam ein Mäd­ chen und erzählte uns, wie sehr der Tag, an dem sie ins Kinderdorf kam, ihr Leben verändert hat“, so Alexandra Wagner. Sie selbst und Amy-­Marie Brown wollen nun das Engagement von Semcon durch Artikel im Intranet, Vorlesungen und andere Aktionen intern bekannt machen. Sie hoffen, da­ durch Mitarbeiter aus aller Welt zu eigenem Engage­ ment anzuregen. Semcon führte zu Weihnachten eine interne Spendenaktion durch. Der gesammelte Betrag kommt den SOS-Kinderdörfern zugute. ✖ CSR UnvergesslicheMomente imindischenSOS-Kinderdorf Lodges digitalisiert Produktinformationen PRODUKTINFORMATION Digitale Informationen haben viele Vorteile, aber um sie vollumfänglich nutzen zu können, braucht es korrekt gestaltete Benutzerschnittstellen und eine effiziente Dis- tributionsplattform. Semcons System Lodges macht Produktinformationen über jede digitale Plattform zugänglich, z. B. auf mobilen Geräten oder durch direkte Produkin- tegration. Dies erleichtert die Nutzung, eröffnet neue Geschäftschancen und senkt die Produktionskosten. Gleichzeitig sind die Inhalte immer auf dem neuesten Stand. FUTURE BY SEMCON  5
  • 7. Interaktivität, Big Data und multimodale Lösungen. Bei den Verkehrssystemen der Zukunft steht der Mensch im Mittelpunkt. Mit mobilen Apps und Carsharing oder sogar im autonom fahrenden Auto. TEXT MARCUS OLSSON FAKTEN DODGE GRANADA CONCEPT CAR Dieses Konzeptfahrzeug stellte Dodge im Jahr 1954 vor. Es war das erste Auto mit Glasfaser-Karosserie auf einem herkömmlichen Chassis.
  • 8. S GAB EINEN Verkehrsunfall im Streckenverlauf. Eine alternative Route wird berechnet. In 500 Metern Abfahrt 26 nehmen.“ Die Navigations-App spricht mit dem Fahrer und hilft ihm bei der Suche nach einer neuen und effizienten Route. Der Verkehr fließt schneller, jeder spart Zeit. Die Lösungen der Zukunft setzen auf die Interaktion zwischen Benutzer und Software. Ein aktuel­ les Beispiel ist die soziale GPS-App Waze für Smartphones. Dank Crowdsourcing optimieren die Nutzer den Dienst selbst. Zum einen, indem sie Verkehrsstaus mel­ den, aber auch durch die automa­ tische Übermittlung von Daten an die Datenbank von Waze, die damit ihre Verkehrsinfos in Echtzeit aktu­ alisiert. Außerdem gibt Waze Tipps, wo das Benzin besonders günstig ist und informiert den Nutzer über Werbeaktionen in seiner Nähe. Das israelische Unternehmen hat mehr als 50 Millionen Nutzer und wurde letztes Jahr für eine Milliarde Dollar von Google über­ nommen. David Levinson ist Professor für Verkehrstechnik an der Universi­ tät Minnesota. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben und betreibt Transportationist.org, einen der meistbesuchten Blogs zum Thema Verkehr. David Levinson sieht eine Zukunft, in der Navigations-Apps nicht mehr auf Tablets oder Han­ dys laufen, sondern bereits im Auto integriert sind. PKWs gehen online und die Benutzerschnittstellen werden personalisiert und dadurch in ihrer Bedienung noch intuitiver. „Ich bin gespannt, wie Waze angenommen wird, wenn es künftig weltweit verfügbar ist. Das Potenzial ist enorm.“ Smartphones haben das Leben von Milliarden Menschen verän­ dert, die jeden Tag von A nach B kommen müssen. Dadurch bieten sich auch für Verkehrssysteme der Zukunft völlig neue Möglichkeiten. Schon heute nutzen viele Men­ schen für ihre Wege mehr als ein Verkehrsmittel. In Zukunft werden immer mehr Personen öffentliche Nahverkehrsmittel, wie S-Bahn oder Bus, Leihräder und Carsha­ ring-Modelle nutzen oder sogar auf Autos, die sich selbst steuern, zurück­ greifen. UND GENAU DAFÜR brau­ chen wir Big Data. Professor Levinson sagt voraus, dass sich E’’ FAKTEN VERKEHR DER ZUKUNFT Einkäufe beim amerikanischen E-Commerce Giganten Amazon werden in Zukunft direkt an die Haustür geliefert – von einer Drohne. Bisher ist diese Versandart noch gesetzlich verboten, aber Amazon strebt eine Gesetzesänderung im Jahr 2015 an. 8  FUTURE BY SEMCON
  • 9. das Verkehrsverhalten der meis­ ten Menschen durch Big Data grundlegend verändern wird. Dem Benutzer wird das bewusst, wenn seine Geräte online nach den schnellsten Transportmitteln und -strecken suchen. „Die Menschen werden die ver­ fügbaren Verkehrsmittel effizienter nutzen. Die Fahrtzeiten werden kürzer, weil es immer einfacher wird, in Echtzeit die optimale Rou­ te zu finden. Durch die Kombinati­ on von Echtzeitdaten durch eigene Sensoren und Benutzerdaten, die die Menschen auf ihrem Weg durch das Verkehrsnetz generieren, können Systemadministratoren die Systeme besser steuern. Ein Bussun­ ternehmen kann auf einer bestimm­ ten Strecke zusätzliche Fahrzeuge einsetzen, wenn es feststellt, dass gerade dort besonders viele Passa­ giere unterwegs sind. Je nach Ver­ kehrslage kann man die Höchstge­ schwindigkeit auf Autobahnen mit elektronischen Verkehrsschildern senken oder erhöhen.“ Dublin und Stockholm nutzen Big Data bereits auf diese Weise. IBM hat für die beiden Millionen­ städte entsprechende Verkehrslö­ sungen entwickelt. „Wir tragen viel dazu bei, die Ver­ kehrsmuster in den Städten zu ver­ bessern“, erklärt Randall Howard, Big Date-Experte bei IBM. „Zum Beispiel erfassen wir den Verkehr in den Hauptverkehrszeiten, um zu sehen, über welche Straßen Busse in der Innenstadt von Dublin bei extremem Verkehrsaufkommen am besten vorankommen. Dadurch können die Verantwortlichen in Dublin Wartungsarbeiten besser planen und ihre gesamte Busflotte effizienter einsetzen. Die Fahrtzei­ ten werden kürzer, das spart Zeit und schont die Umwelt.“ In der irischen Hauptstadt wurden dafür über 6.000 Sensoren installiert. Sie schicken ihre Echt­ zeitdaten direkt an die Verkehrs­ leitzentrale, die den Verkehr bei Bedarf entsprechend umleitet. In Stockholm hat IBM die digitale Infratruktur für das Mautsystem aufgebaut. Randall Howard hat gemein­ sam mit seinem Kollegen Kurt Wedgwood, der als Big Data­ Analyst bei IBM arbeitet, den 7 „DIE MENSCHEN WERDEN DIE VERFÜGBAREN VERKEHRSMITTEL EFFIZIENTER NUTZEN. DIE FAHRTZEITEN WERDEN KÜRZER, WEIL ES IMMER EINFACHER WIRD, IN ECHTZEIT DIE OPTIMALE ROUTE ZU FINDEN.“ David Levinson ist Professor für Verkehrstechnik an der Universität Minnesota. FAKTEN CHEVROLET BISCAYNE CONCEPT CAR Bei seiner Einführung im Jahr 1955 war das Design des Chevrolet Biscayne sehr futuristisch. Keine üppigen Floskeln, stattdessen eine Sportlichkeit, die die 60er Jahre vorweg nimmt. Die Windschutz- scheibe zieht sich bis aufs Dach und dank der Türkonstruktion kommt der Wagen ohne B-Säule aus. FUTURE BY SEMCON  9
  • 10. Bericht „Big Data and Analytics in Travel Transportations“ verfasst. Die Studie erläutert unter anderem, wie große Unter­ nehmen mit Hilfe von Big Data die Verkehrssysteme der Zukunft entwickeln können. DAS PROBLEM besteht darin, die enorme Datenmenge zu analysie­ ren und in etwas zu verwandeln, das jeder einzelne Benutzer ver­ stehen kann. „Vor allem im privaten Sektor wird Big Data genutzt, um den Verkehr der Zukunft zu prägen“, so Kurt Wedgwood. Für ihn gehö­ ren zum Beispiel Autovermieter zu den möglichen Gewinnern. Wenn sie Big Data intelligent nutzen, bringt ihnen das große Wettbewerbsvorteile. „Für Unternehmen wie Enter­ prise, Avis und Hertz besteht der nächste Schritt darin, die Kunden­ nachfrage in Echtzeit zu erfassen Drei Lösungen für den Verkehr der Zukunft  1 „Die verstärkte Integrati- on aller Verkehrsmittel, öffentlicher und privater, wird unseren Alltag erleichtern. In Helsinki gibt es schon heute den ehrgeizige Plan, Mitfahrgele- genheiten und öffentlichen Nahverkehr in einem System zusammenzufassen. Dem Benutzer werden alle verfügba- ren Verkehrsmittel in einem Suchfenster angezeigt – und er kann alle über ein einziges Portal bezahlen. So etwas werden wir in Zukunft häufiger sehen.“  2 „Wir können ein neues Ökosystem nutzen, in dem öffentliche, private und gemeinnützige Akteure daran arbeiten, die Verkehrs­ probleme der Zukunft zu lösen. Es geht darum, Daten für die Entwicklungsarbeit zugänglich zu machen. Viele Unternehmen setzen inzwischen auf Crowd- sourcing. Künftig werden noch mehr Projekte die Daten unter- schiedlicher Netzwerke ver- knüpfen.“  3 „Der Aufbau von Infra- struktur ist teuer und langwierig. Da ist es eine gute Nachricht, dass viele Lösun- gen der Zukunft bereits beste- hende Infrastruktur nutzen. Beispiele dafür sind Fahrgemein- schaften oder autonome Autos.“ TIFFANY FISHMAN NENNT DREI WICHTIGE PUNKTE, MIT DENEN DER VERKEHR DER ZUKUNFT BESSER FUNKTIONIEREN KANN: INTEGRIERTE VERKEHR­S­ MITTEL, OFFENE SYSTEME UND DIE INTELLIGENTE NUTZUNG DER BESTEHENDEN INFRASTRUKTUR. Tiffany Fishman arbeitet in der For- schungsabteilung von Deloitte. Sie ist Autorin des Be- richts „Digital-Age Transportation: The Future of Urban Mobility“, der Trends für die Verkehrssysteme der Zukunft ana- lysiert. FOTODAIMLER 10  FUTURE BY SEMCON
  • 11. und ihre Produkte und Preise in sehr eng abgegrenzten Bereichen entsprechend anzupassen.“ uch für die Carsharing-­ Branche bringt die Datener­ fassung viele Vorteile. „Innovation ist das Schlüssel­ wort“, meint Kurt Wedgwood. Die Unternehmen arbeiten daran, Pro­ dukte und Kunden in einer Weise zu verknüpfen, die wir uns bisher noch gar nicht vorstellen können. So kann ein Carsharing-Anbieter mit Hilfe von Big Data Benutzer mit einem bestimmten Automodell ansprechen, das speziell auf die Be­ dürfnisse des Kunden zugeschnit­ ten ist. Beispielsweise wenn jemand besonderen Wert auf modernes Infotainmentsystem im Auto legt oder eben auf die Motorleistung. Bisher träumen Werbeprofis nur davon, ihre Produkte auf individu­ eller Ebene zielgenau vermarkten zu können. ALAN WOODLAND IST Geschäfts­ führer der Car Sharing Association, einem internationalen Verband von Carsharing-Anbietern. Er ist davon überzeugt, dass sich die Einstellung zum Auto verändert hat. „Vor zehn Jahren war Carsha­ ring etwas Radikales und politisch motiviert. Ein Protest gegen die herrschende Einstellung zum Auto. Inzwischen sind wir im ‚Main­ stream‘ angekommen. Die Medien und die breite Bevölkerung sehen das Thema jetzt anders. Positiver. Da hat sich enorm viel verändert, besonders in den letzten vier Jah­ ren. Unsere Mitglieder haben auf allen Märkten Wachstumsraten von über zehn Prozent. Carsharing ist überall auf dem Vormarsch. In den USA nutzen schon gut eine Million Menschen entsprechende Dienste. Das sind viermal mehr als noch vor vier Jahren.“ 7 Daimler und DriveNow von BMW.“ Nach Ansicht von Alan Wood­ land spielen Carsharing-Anbieter auch eine wichtige Rolle bei der Koordination unterschiedlicher Verkehrsmittel. „Die Verbindung mit dem öffent­ lichen Nahverkehr ist wichtig. Wer sich multimodal fortbewegen will, wird immer häufiger Lösungen mit einem einheitlichen Bezahl­ system nutzen. Das heißt, dass dem Benutzer auf einer Plattform unterschiedliche Verkehrsmittel angeboten werden. Er kauft dann eine einzige Fahrkarte, die für die gesamte Strecke und alle Verkehrs­ mittel gilt.“ NATÜRLICH ist es in Großstädten mit hoch entwickelter Infrastruk­ tur einfacher, mehrere Verkehrs­ mittel zu koordinieren. „Kleinstäd­ te geraten leicht ins Hintertreffen, wenn sie nicht rechtzeitig um­ schwenken“, prognostiziert Randall Howard von IBM. „Die Zukunft vieler Unterneh­ men wird davon abhängen, ob es ihnen gelingt, unterschiedliche Eine Million Menschen sind nur ein Prozent der Führerscheinbesit­ zer in den USA. Die Autohersteller beobachten diese Entwicklung ganz genau. „Sie stellen fest, dass weniger junge Menschen ein Auto besitzen als früher. Sie haben eine andere Einstellung zum Auto und zum Besitzen. Früher war das Auto Aus­ druck der eigenen Persönlichkeit oder ein Statussymbol. Nach dem Prinzip: ‚Ich habe einen schwarzen VW und der zeigt, wie ich bin.‘ Das hat sich geändert“, sagt Woodland und fährt fort: „Die Autohersteller bleiben wichtige Akteure. Heute bauen und verkaufen sie Autos. Aber in Zukunft haben sie eine völlig andere Beziehung zu ihren Kun­ den. Diese werden Autos immer mehr als Dienstleistung begreifen und weniger als Vermögenswert. Diese Dienstleistung werden die Autobauer ihren Kunden immer öfter direkt anbieten, anstatt über Carsharingdienste oder Autover­ mietungen. Zwei Beispiele dafür sind die Angebote Car2Go von Kurt Wedgwood ist Big Data-Analyst bei IBM. FAKTEN BRIGGS STRATTON HYBRID Briggs Stratton ist kein Autobauer, das Unternehmen stellt Motoren her. Dieser Prototyp von 1979 ist eines der ersten Hybridfahrzeuge. Das Auto hat einen Gasmotor mit 18 PS und einen batteriegetriebenen Motor mit 8 PS. Weil die Batterien fast 500 kg schwer waren, brauchte das Auto eine dop- pelte Hinterachse. A FUTURE BY SEMCON  11
  • 12. Verkehrsmittel zu verbinden und eine Dienstleistung anzubieten, die Flugzeug, Zug, Bus und Auto integriert. Wer sein Geschäftsmo­ dell ausweiten möchte, versucht Passagiere zu gewinnen, die mit mehreren unterschiedlichen Ver­ kehrsmitteln unterwegs sind. In diesem Bereich wird es ver­ mutlich Partnerschaften zwischen Unternehmen geben. Oder Städte arbeiten mit Carsharing-Diensten zusammen, die wiederum mit dem öffentlichen oder privaten Nahver­ kehr gekoppelt sind. Die wichtigste Voraussetzung für diese Entwicklung ist, dass die­ jenigen, denen die Daten gehören, sie auch für andere zugänglich machen. Hier liegt auch eines der größten Probleme. Die öffentliche Hand stellt die Daten in ihren Sys­ tem häufig anderen zur Verfügung. Große Unternehmen dagegen sitzen auf ihren Informationen. Sie wollen die Verkehrslösungen der Zukunft lieber selbst entwickeln. San Francisco hat Software-Ent­ wicklern die Daten der Stadt zugänglich gemacht. Seit 2011 kön­ nen Autofahrer die App SF Park nutzen, um freie Parkplätze zu su­ chen. Mit Hilfe von Bodensensoren Faltbare Autos in Berlin Hiriko bedeutet auf Baskisch „Für die Stadt“. Jetzt hat Berlin entschieden, das faltbare Auto im Carsharing der Stadt ein- zusetzen. Das geniale Element des Hiriko ist die Hinterachse, die sich unter das Fahrgestell schiebt. Dadurch braucht das Auto beim Parken mit 1,5 Metern nur extrem wenig Platz. Die Deutsche Bahn will den Hiriko als letztes Glied ihres Mobilitäts- angebots einsetzen. Das Auto hat eine Reichweite von 120 km und lädt sich in nur 15 Minuten vollständig auf. fünf Millionen Einwohnern. Eine höhere Wohndichte führt in der Regel zu weniger Autokäufen. Alan Woodland von der Car Sharing Association erwartet dieses Szenario: Viele Städte bauen ihre Verkehrssysteme mit Leihrädern, Carsharing-Angeboten und Fahrge­ meinschaftsprogrammen aus. „Die Forschung zeigt, dass viele Menschen ihre Autos verkaufen bzw. erst gar keines kaufen. Ein einziges Auto im Carsharing-Pool kann neun bis zwölf Privatwagen von der Straße nehmen. Wenn es weniger Autos gibt, die dafür häufiger genutzt werden, hat das deutliche positive Auswirkungen auf die Umwelt. Die gleichen Studien zeigen außerdem, dass Carsharing-Nutzer häufiger mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind, mehr zu Fuß gehen und öfters mit Freunden Fahrge­ meinschaften bilden. Kurz gesagt, sie ändern ihren Lebensstil.“ Um unsere Umweltziele zu errei­ chen, brauchen wir Veränderungen auf individueller Ebene, aber auch neue Ansätze in Großstädten und großen Organisation. Laut den Zahlen des Texas Transportation und einer flexiblen Preisbildung wurde das Ziel erreicht, 15 Prozent der Parkplätze frei zu halten und den Zeit- und Kraftstoffverbrauch drastisch zu senken. Nach einer Studie der Univer­ sity of California, die im Frühjahr vorgestellt wurde, gingen auch die Bußgelder für Falschparken zurück, die inzwischen nur noch 20 Prozent der Gesamteinnahmen durch parkende Autos ausmachen. Vor der App waren es 45 Prozent. Gleichzeitig hat die Parkraumge­ sellschaft von San Francisco eine Belegungsquote zwischen 60 und 80 Prozent erreicht. Und die Suche nach einem freien Parkplatz dauert jetzt nur noch halb so lang. mwelt- und Nachhaltigkeits­ ziele können auf viele Arten erreicht werden. Im Jahr 2030 werden nach einer Prognose der UN 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. In den USA werden 85 Pro­ zent der Bevölkerung bereits 2020 in der Stadt wohnen. Ein Viertel davon in Großstädten mit mehr als „VIELE MENSCHEN VERKAUFEN IHRE AUTOS BZW. KAUFEN ERST GAR KEINES. EIN EINZIGES AUTO IM CARSHARING- POOL KANN NEUN BIS ZWÖLF PRIVATWAGEN VON DER STRASSE NEHMEN.“ Alan Woodland ist Geschäftsführer der Car Sharing Association, einem internati- onalen Verband von Carsharing-­ Anbietern. U 12  FUTURE BY SEMCON
  • 13. nahmen eigentlich fließen sollen. Levinson erwartet positive Aus­ wirkungen auch von einer anderen Technologie, deren Durchbruch kurz bevorsteht: Autos, die sich selbst steuern – und mit anderen Fahrzeugen online kommunizieren – werden die Verkehrssysteme der Zukunft revolutionieren. „Das autonome Auto wird die größte Neuerung auf individu­ eller Ebene. Und es wird unsere Einstellung zum Auto verändern. In Zukunft kann ich mit meinem Smartphone ein Auto bestellen – und das Auto taucht einfach auf und fährt mich, wohin ich will.“ Das „fahrerlose Taxi“ vor der Haustür eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Besonders in mit­ telgroßen Städten, in denen der öffentliche Personennahverkehr weniger gut ausgebaut ist. Immer weniger Menschen werden sich ein eigenes Auto kaufen, wenn etwas anderes fast ebenso bequem und voraussichtlich um einiges günstiger ist. ndere technische Änderungen werden das Seh- und Hörer­ lebnis künftiger Fahrgäste verändern. Der Verkehr bekommt einen neuen Klang. Die EU erarbeitet derzeit eine Richtlinie, wie die Elektro­ autos der Zukunft klingen müssen. Dabei geht es vor allem um die Sicherheit. Es ist seit langem bekannt, dass Verkehrslärm krank macht. Eine Untersuchung des amerikanischen Verkehrsministeriums zeigt jedoch, dass in bestimmten Situationen leise Fahrzeuge gefährlicher sind als herkömmliche Autos. Bei Elektro- und Hybridautos, die mit weniger als 55 Kilometer pro Stunde unterwegs sind, liegt die Wahrscheinlichkeit, einen Fuß­ gänger zu überfahren, 37 Prozent höher als bei Autos mit Verbren­ nungsmotor. Ein Zusammenstoß mit einem Radfahrer ist sogar um 66 Prozent wahrscheinlicher. Fredrik Hagman ist Soundent­ 7 Institute hat sich die durchschnitt­ liche Wartedauer amerikanischer Autofahrer aufgrund von Staus und anderen Verkehrsstörungen von 14 Stunden im Jahr 1982 auf 34 Stunden im Jahr 2010 erhöht. IN VIELEN LÄNDERN zahlen Auto­ bahnpendler heute schon flexible Mautgebühren, die sich nach der Verkehrsbelastung richten. Levinson glaubt, dass sich mit dem langsamen Rückzug des Verbren­ nungsmotors noch viel mehr ändern wird. „Wenn es uns gelingt, die Maut­ gebühren in Echtzeit anzupassen, können wir die Gebühren zu be­ stimmten Zeiten erhöhen und so fast alle Staus verhindern.“ Schon heute führt die Kraftstoffsteuer in den USA zu einer Unterfinan­ zierung. Die Steuern wurden seit zehn Jahren nicht mehr erhöht, gleichzeitig ist der Kraftstoffver­ brauch insgesamt gesunken. Das erschwert die Finanzierung der Infrastruktur, in die die Steuerein­ A FAKTEN FORD FX-ATMOS Der FX-Atmos von Ford zeigt beispielhaft den starken Einfluss des Raketenfiebers auf die Autobauer dieser Zeit. Der Prototyp wurde 1954 vorgestellt. Er hat vorne nadelähnliche Radioantennen, eine Glaskuppel als Dach und wird statt mit einem Lenkrad mit einem Steuerknüppel gelenkt. Geplant war ein Antrieb durch Kernkraft. FUTURE BY SEMCON  13
  • 14. Elektroautos ist ein Warnton, der anzeigt, dass das Fahrzeug in der Nähe ist. Unser Ziel ist es, die Vorteile des leisen Elektroantriebs zu bewahren. Wir möchten, dass die Autos zu hören sind, aber ihre Umgebung nicht stören.“ Bo Karlsson, Leiter des NVH Centre: „Die Autobranche ist sich einig, dass wir Warnsignale aus Gründen des Lärmschutzes so weit wie möglich reduzieren wollen. Besonders in der Stadt. Beim Blick in die Kristallkugel sehe ich aktive Systeme voraus, die Personen erkennen können. Der erste Schritt sind Autos, die Personen in ihrer unmittelbaren Umgebung bei Gefahr warnen. Das informative Element ist wichtig, man muss hören, dass ein Auto kommt.“ DAS EU-PARLAMENT hat beschlos­ sen, dass sämtliche Elektro- und Hybridfahrzeuge bis zum Jahr 2021 bestimmte Hörbarkeitsgrenz­ werte einhalten müssen. Semcon erforscht im Rahmen des Projekts Sonic Movement, wie Elektro- und Hybridautos sich in Zukunft anhören könnten. James Brooks ist Hybrid-Designer bei Semcon: „Unsere Befürchtung ist, dass sich Dinge, die einmal eingeführt wurden, kaum noch ändern lassen. Wenn ein großer Autobauer ein Fahrzeug mit Elektroantrieb mit dem Sound eines V8-Motors oder einem irritierenden Piepton aus­ stattet, greift das der Gesetzgeber sofort auf.“ Das Projekt hat in der Automo­ bilbranche und bei Technologie­ firmen viel Interesse geweckt. „Letzten Endes stellen wir nur Fragen. Wir entwickeln Konzep­ te. Warum muss ich als Fußgän­ ger ein Auto schon von weitem hören? Warum nicht ein Warn­ ton, der sich über ausgerichtete Lautsprecher direkt an Personen in der Nähe wendet? Neue Tech­ nik schafft neue Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen“, meint James Brooks. ✖ FAKTEN AMC CONCEPT 80 AM VAN Dieses Konzeptfahrzeug wurde 1977 vorgestellt und nimmt die Popularität des Minibus in den 1980er-­Jahren vorweg. Schon damals erkannte AMC die zunehmende Bedeutung des Kraftstoffverbrauchs und entwickelte ein kleines, kraftstoffsparendes Modell. Allerdings mit Vierradantrieb und Turbomotor. wickler im NVH Centre (Noise, Vibration and Harshness), dem Tonlabor von Volvo. „Die größte Herausforderung beim Sound von Elektroautos besteht darin, die Vorteile des Elektro- und Hybridantriebs, also die gefühlte Stille, nicht zunichte zu machen. Der optimale Ton eines 7 Einkauf in der U-Bahn In Südkorea erprobt Tesco mit den Shops Home Plus seit drei Jahren ein völlig neues Einkaufsmodell. Mit einer Handy-App, die QR-Codes einscannt, wählen Fahrgäste in der U-Bahn die Waren aus, die sie kaufen wollen. Aber nicht in einem echten Laden. Die Waren werden auf dem Bahnsteig angezeigt – auf großen Werbeflä- chen, die wie Regale aussehen. Die gekauften Produkte werden innerhalb von Stunden frei Haus geliefert. Man muss nur ein paar Tasten drücken. Der Autozustrom zu den Läden von Tesco ist zurückgegangen – aber der Gesamtumsatz ist durch das Online- shopping gestiegen. 14  FUTURE BY SEMCON
  • 15. Vorteil Projektmethodik XLPM Diese Methodik bringt ihre Projekte ins Ziel  2 INTUITIVE SCHNITTSTELLE. XLPM funktioniert in der Praxis, weil die Methodik allen Benutzern den Einstieg erleichtert. Begriffe sind klar definiert und in den meisten großen Organisationen bereits eingeführt. Abläufe sowie einzelne Phasen und Elemente sind farblich kodiert. All dies in einer pädago- gisch sinnvollen visuellen Form.  9 PROJEKT IST NICHT GLEICH PROJEKT. Manchmal ist es nur ein kurzer Auftrag. Und manch- mal ein komplettes Programm mit vielen parallelen Projekten und Aufträgen. XLPM 2.0 ist skalierbar und lässt sich an verschiedene Arbeitsverfahren anpassen. Mit der Funktion „Portfolio-Management“ lässt sich der gesamte Projektverlauf steuern. Vorteil dieser Flexibilität ist eine bessere Koordination – und damit eine höhere Erfolgsquote.  4 VON MENSCHEN, FÜR MENSCHEN. Methodik und Tech- nik in allen Ehren, aber jedes Projekt steht und fällt mit dem menschli- chen Faktor. Projekte werden von Menschen getragen und diese brauchen die richtigen Voraussetzungen. Individuum, Team und Führungsebene sind Schlüssel- faktoren in der Projektkultur von XLPM.  6 FLEXIBEL UND MOBIL. Für den Einstieg in XLPM braucht man nur einen Webbrowser. Ein Programm, das jeder kennt und das allen Beteiligten, vom Management bis zum Projektteilnehmer, Überblick und eine schnelle Einlernphase garantiert. XLPM funktioniert aber auch mit SharePoint, Antura oder mit Project Place.  5 GEPRÜFT UND FÜR SEHR GUT BEFUNDEN. Wie schon die Bezeichnung 2.0 zeigt, ist XLPM nicht ganz neu. Die Metho- dik wurde in mehreren großen Orga- nisation erprobt und weiterentwi- ckelt. Semcon hat XLPM in global tätigen Konzernen, bei rasant wach- senden IT-Firmen und in der öffent- lichen Verwaltung erfolgreich um- gesetzt. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen und bisher haben wir nur Bestnoten erhalten. EINE DURCHDACHTE METHODIK FÜR PROJEKTMANAGEMENT ERHÖHT IHRE CHANCEN, PROJEKTE ERFOLGREICH ZUM ABSCHLUSS ZU BRINGEN. DIE METHODIK XLPM VON SEMCON IST JETZT IN DER NEUEN VERSION 2.0 VERFÜGBAR. ZEHN GRÜNDE FÜR EINE BRILLANTE LÖSUNG. TEXT JOHAN JARNEVING BILD COLOURBOX  1 BEWIESENER ERFOLG. Was unterscheidet eine erfolgreiche Organisation von einer mittelmäßigen? Wie die Forschung zeigt, ist strukturiertes Projektmanagement ein entschei- dender Faktor. Laut einer Studie des Project Management Institute setzten mittelmäßige Organisation nur 36 Prozent ihrer Projekte um, führende Organisationen dagegen 89 Prozent. Sie erreichen ihr Ziel und sparen Geld, Zeit und Nerven. 7 WIE AM SCHNÜRCHEN. XLPM betrachtet jedes Projekt als Lebenszyklus. Jedes Projekt hat seinen eigenen Zyklus und es ist immer effizienter, die Phasen einzeln anzuge- hen und dabei ein Modell zu nutzen, dass die Beiträge aller Projektteilnehmer synchronisiert. In XLPM 2.0 sind bereits mehrere Lebenszyklus-­Modelle integriert. Von kurzen Aufträgen und agilen Projekten über komplette Programme oder Portfolios. Das Lebenszyklus-Modell bietet allen Beteili- gen einen festen Rahmen und konkrete Entscheidungspunkte, an denen sie sich orientieren können. 10 NUR DER ANFANG. Die zahlreichen Instrumente und die benutzerfreundli- che technische Plattform bilden die Grundlage. Praktische Hilfsmittel verwandeln vage Ideen in strukturier- te Projekte, die sich erfolgreich umsetzen lassen. XLPM 2.0 bietet eine Chance zur Weiterentwicklung: Es wird in Schulungen vermittelt, entweder direkt vor Ort oder als E-Learning-Kurs. ZUM WOHL DER ORGANISA- TION Auch wenn das Projekt ein voller Erfolg ist, ohne Aus- richtung an den strategischen Zielen kommt die Organisation trotzdem nicht voran. Mit XLPM 2.0 können Sie im Projektmanagement harte Kennzahlen genauso berücksich- tigen wie weiche organisatorische Zielsetzungen.  3 DER PROJEKT-SPONSOR IST IMMER DABEI . Im Projektma- nagement kommt es häufig vor, dass der Auftraggeber – bei XLPM der „Sponsor“ – des Projekts an der eigentlichen Arbeit nicht beteiligt ist. XLPM 2.0 macht den Sponsor zu einem Teil des Projekts mit eigener Rolle und genauem Überblick, einfach mit Hilfe von Farbkodierungen. 8 FUTURE BY SEMCON  15
  • 16. NeueKameravon Hasselbladschafft bessereBildermit wenigerLicht Die Lösung So hat Semcon den Auftrag gelöst TEXT KARIN AASE FOTO HASSELBLAD DER AUFTRAG: Die H4-Kamera benötigte neue Hardware und neue Software, um die Datenübertragung zu beschleunigen. Bei der Entwicklung von High-End-Kameras besteht das größte Problem darin, eine programmierbare Logik umzusetzen, die einen hohen Datenfluss ermöglicht, ohne zu viel Strom zu verbrauchen. DIE LÖSUNG: Für eine schnellere Datenübertragung bekam die Kamera einen größeren Speicher und einen neuen Prozessor. Dazu kamen noch neu entwickelte Treiber und ein neues Betriebssystem, das die Architektur der Kamera besser unterstützt. Außerdem wurde die Kamera modularer gestaltet, sodass die einzel- nen Elemente der Software bei späteren Aktualisierungen leichter ausgewechselt werden können. DAS ERGEBNIS: Das neue Modell H5D wurde vom Markt begeistert aufgenommen. Ihre Leistung ist besser und ihre Benutzerschnittstelle schneller und mit mehr Funktionen ausgestattet. Gleichzeitig wurde das Design der Kamera modernisiert. Dank des neuen Sen- sors macht die Kamera auch außerhalb des Studios und ohne zusätzliche Beleuchtung richtig gute Bilder. 16  FUTURE BY SEMCON
  • 17. 200 MEGAPIXEL Zwei H5D-Modelle bieten eine Multishot-Funktion, durch die die Kamera mit Hilfe eines hochmo- dernen Piezo-Moduls Bilder mit bis zu 200 Megapixeln aufnehmen kann. Eine Technik, die Hasselblad in diesem Segment als einziger Hersteller anbietet. HASSELBLAD-OBJEKTIVE Es ist gleichgültig, was im Inneren der Ka- mera steckt, wenn das Objektiv mangelhaft ist. Genau wie frühere H-Modelle ist die H5D für das einzigartige Objektivsortiment von Hasselblad ausgelegt, mit dem der Blitz auch bei kürzesten Belichtungszeiten eingesetzt werden kann. DIE PERSÖNLICHE ALTERNATIVE Die Kunden von Hasselblad sind überwiegend professionelle Fotografen mit ganz bestimm- ten Erwartungen an ihre Kamera. Bei der H5D hat Hasselblad neue Optionen geschaffen, die Kamera nach eigenen Wünschen zu per- sonalisieren, unter anderem durch program- mierbare Tasten und Einstellungen. MODERNER LOOK Die HD5 von Hasselblad hat ein sehr charakteristisches Design. Die Formsprache der Sensorein- heit wurde überarbeitet, Klappen, Display und Tasten erhielten einen modernen Look. Auch die Farb­ gebung wurde an die typische Hasselblad­-Optik angepasst. BESSERE BILDER BEI SCHWACHEM LICHT Da Hasselblad die Leistung der Elektronik verbes- sert hat, konnte ein völlig neuer CMOS-Sensor eingebaut werden. Er ist extrem empfindlich und ermöglicht wesentlich längere Belichtungszeiten. Durch diese beiden Faktoren kann die Kamera auch bei schlechten Lichtverhältnissen verwendet werden. ES GIBT KEIN SCHLECHTES WETTER, NUR SCHLECHTE KAMERAS Eine Kamera, die über einen so guten Sensor verfügt, dass sie prak- tisch überall schießen kann, muss auch unter widrigsten Bedingungen funktionieren. Dank besonders dichter Deckel und Dichtungen ist die HD5 bei Feuchtigkeit, aber auch in industrieller Umgebung mit ho- her Verschmutzung einsetzbar. FUTURE BY SEMCON  17
  • 18. DIE IDEE einer exakten Positionsbestim- mung in Echtzeit wurde im Kalten Krieg sowohl vom amerikanischen als auch vom sowjetischen Militär entwickelt. Der Wettlauf ins All war in vollem Gan- ge und Wissenschaftler auf beiden Seiten entdeckten ständig neue Einsatzmöglich- keiten für ihre Satelliten. Sieger waren die USA, die den ersten Satelliten zur Positionsbestimmung 1978 ins All schossen. Ihre Version eines satel- litengestützten Positionsbestimmungs- systems nannten sie Global Positioning System – GPS. Vier Jahre später, im Jahr 1982 brachte die Sowjetunion ihren ersten Satelliten für das System Glonass in eine Umlaufbahn. Gut 30 Jahre später ist die Technik verfeinert, für die Öffentlichkeit frei verfügbar und wird jeden Tag in Smartphones, Navigationssystem und anderen Geräten mit Ortungssystem verwendet. Das hat nicht zuletzt die Sicherheit auf hoher See verbessert. Die Bestimmung der korrekten Position in Notsituationen ist heute in den meis- ten Booten verfügbar und nicht mehr al- lein dem Premiumsegment vorbehalten. Inzwischen mischen noch weitere Akteure bei der Positionsbestimmung mit. Theoretisch können sowohl die USA als auch Russland die Systeme GPS bzw. Glonass mit einem Tastendruck abschal- ten. Aus diesem Grund haben Indien, China und nun auch die EU eigene Systeme entwickelt. Das europäische Na- vigationssystem Galileo, das im Jahr 2018 einsatzbereit sein soll, wird außerdem zehnmal genauer arbeiten als GPS, d. h. auf einen Meter genau. ✖ Satellitennavigation ist ein Kind des Kalten Kriegs DIE ZEITEN KOMPLIZIERTER WEGBESCHREIBUNGEN SIND VORBEI. BEI IMMER WENIGER AUTOS FINDET SICH EIN STRASSENATLAS IM HANDSCHUHFACH. DIE TECHNIK HAT DIE STRASSENKARTEN ERREICHT UND UNS DIE SATELLITENNAVIGATION GEBRACHT. FAKTEN NAVIGATIONSSYSTEME Navigationssysteme verfügen über inte- grierte Karten und eine integrierte Logik. Wenn Ihr System erkennt, dass Sie sich in der Nähe einer Straße befinden und sich in die Richtung bewegen, in der die Straße verläuft, befinden Sie sich logischerweise auf der Straße. Aus diesem Grund wirken viele Navigationssysteme genauer als sie eigentlich sind. Die Revolution Satellitennavigation TEXT FREDRIK HULDT FOTO 123RF COLOURBOX 18  FUTURE BY SEMCON
  • 19. IM JAHR 1982 Kosmos 1413, der ers- te sowjetische Satellit für das GLONASS- System (Globalnaya navigatsionnaya sput- nikovaya sistema), wird im kasachischen Baikonur gestartet. Er ist 15 Monate lang aktiv. IM JAHR 2015 Galileo ist einsatzbereit. Eine Auflösung von 1-0,01 Metern trägt wesentlich zu mehr Sicher- heit und Umweltschutz im Straßenverkehr bei. Die Abdeckung in der Nähe der Erdpole wurde verbessert. Es ergeben sich unzählige Überwa- chungsmöglichkeiten, wodurch der Daten- schutz immer intensiver diskutiert wird. IM JAHR 2025 Der unfallfreie Verkehr ist Wirklich- keit. Auf kurzen Strecken werden neue Logistiksysteme unter anderem mit autonomen Transportdrohnen eingesetzt, z. B. in Städten und in Gebieten mit zerstörter Infrastruktur, um nach Katastrophen Hilfsmittel auszuliefern. Zum Transport größe- rer Güter arbeiten solarbetriebene Drohnen als Schwarm zusammen. IM JAHR 2018 Das europäische System Galileo ist voll ausgebaut. Revolutionä- re Verbesserung der Verkehrs- sicherheit und Auflösung auf einen Zentimeter genau. Einzigartige SAR-Funktion (Se- arch And Rescue), die Satelliten verfügen über Transponder, die Notrufe und die Position des Notsignals weiterleiten. IM JAHR 1978 Der Satellit „OPS 5111“, der erste von bis heute 75 amerikanischen Satelliten für das GPS-System, wird von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien ins All geschossen. Heute sind 32 GPS-Satelliten aktiv. IM JAHR 1995 Das GPS-System ist voll ausgebaut und in Betrieb. Nachdem es zunächst nur dem Militär zur Verfügung stand, wird es für die Öffent- lichkeit und den zivilen Markt geöffnet. Karten verlieren als Navigations- hilfen ihre Vorherrschaft. IM JAHR 2020 Das chinesische System Beidou ist voll ausgebaut und in Betrieb. Im Personen- und Güterverkehr sind autonome Fahrzeuge unterwegs. Intelligente Verkehrssysteme, die verkehrsarme Zeiten nutzen, nie Unfälle verursachen und in langen Kolonnen Energie sparen, sorgen für einen effizienten Ver- kehrsfluss auf unseren Straßen. EMPFÄNGER Mit den Daten der Satelliten und der Lichtgeschwindigkeit kann das Empfangsgerät (z. B. ein Handy) den Abstand zu den Satelliten berechnen. Empfängt das Gerät Daten von drei oder mehr Satelliten, kann es die eigene Position bestimmen. SATELLIT Die Satelliten senden laufend ihre Position und die exakte Zeit auf ihrem internen Zeitgeber bei der Versendung von Daten. Das amerikanische GPS-System besteht aus 32 Satelliten in sechs Umlaufbahnen, die jeweils um 60 Grad versetzt sind. Die Satelliten kreisen auf einer Höhe von 20 200 Kilometer um die Erde und sind so positioniert, dass Empfänger auf dem größten Teil der Erdoberfläche mit mindestens sechs Satelliten Kontakt (line of sight) haben. Für eine Positionsbestimmung sind die Daten von drei Satelliten notwendig. Die Bestimmung wird umso genauer, mit je mehr Satelliten der Empfänger Kontakt hat. SO FUNKTIONIERT GPS ENTWICKLUNG DER SATELLITENNAVIGATION FUTURE BY SEMCON  19
  • 21. E-LEARNING IST OFT nur ein feineres Wort für Fernunterricht per Computer. Wenn man ins Detail geht, ist das Thema jedoch ebenso komplex wie das Thema Schule insgesamt. Genauso wie es keine Schule für alle gibt, besteht auch E-Lear­ ning aus vielen verschiedenen Zutaten und Rezepten. Die Entwicklung von E-Learning geht Hand in Hand mit der Computerisierung unserer Welt. Nach zwei frühen Versuchen – elektro­ nische Prüfmaschinen an amerikanischen Universitäten in den 1920er-Jahren und Plato (Programmed Logic for Automated Teaching Operations), ein Programm zum rechnergestützten Lernen, das in den 60er-Jahren an der Universität Illinois entwickelt wurde, – hat sich E-Learning erst mit Hilfe von PCs und Internet auf breiter Front durchgesetzt. HEUTE HAT E-Learning im Schulwesen und in der Arbeitswelt einen festen Platz. Man kann an der Volkshochschule Hauptschulwissen nachholen oder bei Stanford Online seinen Master machen. Egal ob man an der Fleischtheke steht oder als Techniker im Kernkraftwerk arbeitet, die Wahrscheinlichkeit, dass man in den letzten Jahren eine elektronische Fortbildung bekommen hat, ist hoch. Den Durchbruch hat E-Learning in den 90-er Jahren erlebt. Im neuen Jahrtausend sind die Angebote dank neuer Technik und der zunehmenden Verwendung von mobilen Geräten geradezu explodiert. Heute ist E-Learning von Fernkursen per E-Mail meilenweit entfernt. Bildungs­ angebote, vor denen ein „E“ steht, nutzen die technischen Möglichkeiten voll aus. Es gibt scheinbar einfache Dinge, wie auf Video aufgenommene Vorlesungen. Aber auch virtuelle Welten, in denen die Teilnehmer an unterschiedlichen Szena­ rien mitwirken können, und webgestützte Klassenzimmer, in denen Lehrer und Schüler in Echtzeit interagieren oder Flugsimulatoren für künftige Piloten oder simulierte Kundengespräche für Verkäufer. Wenn Zukunftsforscher über Roboter der neuen Generation spekulieren, die immer qualifiziertere Aufgaben überneh­ men, ist neben der Finanzberatung und der medizinischen Diagnostik vielleicht auch der Lehrberuf in Gefahr. ULRIKA FAGRELL ist Vertriebschefin für die Projektmethodik XLPM bei Semcon und hat sich intensiv mit Weiterbildung und E-Learning im Bereich Projektmana­ gement auseinander gesetzt. Sie glaubt, dass es noch eine Weile dauern wird, bis der Computer den Lehrer völlig ersetzt. „Die Nachfrage nach E-Learning-­Kursen steigt. Erstens weil das Angebot größer und besser geworden ist, und zweitens, weil viele Führungskräfte, die Weiterbildung einkaufen, sparen wollen. Aber es ist nicht immer so einfach. Lehrer und Klassenzim­ mer lassen sich nicht eins zu eins durch einen Computer ersetzen.” Natürlich hat E-Learning finanzielle Vorteile. Die Kosten für Reisen, Schu­ lungsräume, Logis und Dozenten sinken. Aber der echte Vorteil liegt in der Distri­ bution und der Möglichkeit, in einer in­ teraktiven Umgebung zu üben; „Learning by doing“, wie es auch gern genannt wird. Ulrika Fagrell empfiehlt jedem, zuerst auf die Erfolge zu schauen und erst dann auf die Kosten. Digital, virtuell und echt flexibel E-LEARNING ERÖFFNET VIELE MÖGLICHKEITEN. ABER LEHRER UND KLASSENZIMMER LASSEN SICH DURCH COMPUTER NICHT ERSETZEN. DAS BESTE IST, BEIDE METHODEN ZU KOMBINIEREN. TEXT JOHAN JARNEVING FOTO COLOURBOX Ulrika Fagrell, Vertriebsleiterin bei Semcon 7 FUTURE BY SEMCON  21
  • 22. Thema E-Learning SOLLTE EIN Manager, der Weiterbil­ dungsangebote einkauft, also besser auf herkömmlichen Unterricht setzen oder auf webgestütztes Lernen? Auf beides, lautet die ebenso kurze wie selbstver­ ständliche Antwort. In der Branche nennt man das „Blended Learning“. „Nichts gegen reines E-Learning an sich, aber der Mensch funktio­ niert nicht immer so, wie die Fürsprecher von E-Learning sich das vorstellen. Vor zehn Jahren wurde alles, was mit dem Internet zu tun hat, euphorisch bejubelt. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass nur ein Bruchteil der Teilneh­ mer die Kurse wie vor­ gesehen nutzt“, erklärt Ulrika Fagrell. Blended Learning ist eine Mischform. Das Beste aus zwei Welten. Die Teil­ nehmer können sich persönlich kennen lernen und ihre informellen Netzwerke ausbauen. Das steigert den Lerneffekt, wenn sie später gemeinsam online lernen. „Für Unternehmen, bei denen die Teilnehmer auf viele Standorte verteilt sind, ist E-Learning eine gute Lösung. Aber man kann sich auch fragen, ob nicht gerade Präsenzschulungen eine gute Möglichkeit darstellen, persönliche Kontakte aufzubauen. Beim Blended Learning nutzt man die Vorteile der realen und der virtuellen Welt. Für Ulrika Fagrell und Semcon ist es selbstverständlich, sich mit neuer Technik auseinander zu setzen und neue Verfahren der Wissensvermitt­ lung zu entwickeln. Für optimale Ergebnis­ se muss man kritisch denken, alles hinter­ fragen und eine gute Kombination finden. Ein gutes Beispiel ist die Entwicklung von Blended Learning. „Gruppendynamik und die Autorität eines Dozenten oder Lehrers ist online genauso wichtig wie im Schulungsraum.“ DIE VORTEILE VON Mischformen sind leicht zu erkennen, aber was trägt E-Learning eigentlich neues bei? Individuelle Ansätze sind ein wich­ tiges Element. Nicht jeder liest gerne Bücher. Beim E-Learning wird Wissen auch über Videos, Grafiken und Spiele vermittelt. Außerdem kann am Compu­ ter jeder in seiner eigenen Geschwin­ digkeit und stets mit den aktuellen Informationen lernen. Darüber hinaus lassen sich mit Hil­ fe digitaler Technik mehr Teilnehmer zu niedrigeren Kosten weiterbilden. Weil Wissen inzwischen der wichtigs­ te Wettbewerbsvorteil ist, profitieren davon sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft als Ganzes. ✖ FAKTEN E-LEARNING E-Learning erlebte den Durchbruch in den 1990er-Jahren und hat sich seitdem rasant weiterentwickelt. Die Technik wird vor allem für die virtuellen Klassenzimmer von Fernkursen eingesetzt. Aber auch in traditionellen Schulungsräumen finden sich immer häufiger digitale Hilfsmittel. Die meisten Experten empfehlen eine Mischung aus herkömmlichen und neuen Lehrverfahren, auch Blended Learning genannt. Inzwischen bieten sogar Universitäten Online-Kurse an. International tätige Konzerne müssen Projekte grenzüber­ schreitend koordinieren und zum Erfolg führen können. EIN BEWÄHRTES Hilfsmittel ist die Ausbildung von Mitarbeitern zum PMP, Project Mangement Professional. Dieses Zertifikat wird vom amerika­ nischen Project Managment Institute verliehen. Auch Semcon bietet Weiter­ bildungen an, die Mitarbeiter auf die PMP-Prüfung vorbereiten. Der Vorbereitungskurs zum PMP und ein Kurs in Projektwirtschaft fin­ den in virtuellen Klassenzimmern statt. Hier sehen die Teilnehmer den Kurs­ leiter in Echtzeit, können miteinander chatten und in virtuellen Gruppenräu­ men zusammenarbeiten. Die Teilneh­ mer kommen aus aller Welt. „Zunächst war ich skeptisch, ob die neue Technik auch funktioniert, besonders bei einer schlechten Ver­ bindungsqualität. Aber ich war schnell überzeugt und der Kurs hat meine Er­ wartungen noch übertroffen“, erzählt Erika Klingler, die das virtuelle Klassen­ zimmer von Semcon entwickelt hat. Dazu verwendet Semcon die IT-Lö­ sung Adobe Connect. Eine webgestütz­ te Umgebung mit allen Funktionen, die ein moderner Schulungsraum braucht, aber ohne besondere Anforderungen an Bandbreite oder eine spezielle Software. „Technisch gab es keinerlei Hinder­ nisse. Die unterschiedlichen Zeitzonen waren da schon eher ein Problem.“ Kurse, an deren Ende ein Zertifikat in Aussicht steht, eignen sich sehr gut zum E-Learning. Die Teilnehmer sind motiviert und investieren ausreichend Zeit ins Selbststudium. „Wir arbeiten auch viel mit Übung­ en und direktem Feedback, durch das die Teilnehmer erkennen, in welchen Bereichen sie vor der Prüfung beim PMI noch besser werden müssen.“ ✖ Bei E-Kursen wird Wissen auch über Videos, Grafiken und Spiele vermittelt. 7 MIT HILFE DIGITALER TECHNIK LASSEN SICH MEHR PERSONEN ZU GERINGEREN KOSTEN WEITERBILDEN. WIR STELLEN IHNEN DREI GELUNGENE E-LEARNING-PROJEKTE VOR. 1. GLOBALER ERFAHRUNGS­ AUSTAUSCH IN ECHTZEIT 22  FUTURE BY SEMCON
  • 23. Die afrikanische Organisation LEAP hat ihren Sitz in Nigeria. Sie möchte Menschen durch E-Learning dazu bringen, ihre Einstellungen zu überdenken und neue Möglichkeiten zu entdecken. DIE ANFANGSBUCHSTABEN von „Le­ adership“, „Effectiveness“, „Accounta­ bility“ und „Professionalism“ ergeben abgekürzt LEAP. Die Organisation unterstützt Jugendliche und Unter­ nehmer aus 26 afrikanischen Ländern bei der Aus- und Weiterbildung. Auf dem Lehrplan stehen Management, Betriebswirtschaft und Soft Skills, wie beispielsweise Kommunikation und Verantwortung. Ihr visionärer Ansatz macht Hoffnung und bringt Kompetenzen und einen schwierigen Arbeitsmarkt zusammen. LEAP arbeitet auf zwei Ebenen. Direkt mit den Jugendlichen und gemeinsam mit Unternehmern und Geschäftsleuten. Ein großer Teil ihrer Arbeit besteht darin, Einstellungen zu verändern und den Menschen die Augen für neue Chancen zu öffnen. Oft mit ei­ nem ganzen Land auf der Schulbank. Dabei sind E-Learning und Multi­ media wichtige Erfolgsfaktoren. Das Projekt Naija Junction hat LEAP gemeinsam mit dem African Leadership Institute entwickelt, um vor allem junge Menschen stärker für Politik zu begeistern. In mehreren Videos entwickelten die Teilnehmer Zukunftsszenarien für das Land. Das Projekt hat eine eigene Website und die Videos wurden auf YouTube veröffentlicht. Immer mehr Nigerianer haben Zugang zum Inter­ net und die Videos dienten LEAP als Türöffner zur Ausbildung künftiger Führungskräfte. Laut der Geschäftsführerin von LEAP, Iyadunni Olubode, hat der Erfolg von Naija Junction weitere E-Learning-Projekte angestoßen. Diese Technik wird in ganz Afrika immer wichtiger. „Wenn es uns gelingt, die gesamte Bevölkerung mit Bildung zu erreichen, ist das Jahrhundert Afrikas gekom­ men. Mit den richtigen Inhalten und leichterem Zugang zum Internet wird E-Learning das Bildungsniveau heben“, erklärt Iyadunni Olubode. Als Beispiel nennt sie das Projekt „Powering the impossible“, das sich an Gymnasien richtet. In einem Com­ puterlabor, das nur mit Solarenergie betrieben wird, können Lehrer und Schüler die Technik zur Verbesserung des Unterrichts nutzen. Sie bekom­ men bessere Unterlagen und Instru­ mente zum Lernen und Bewerten. LEAP hat auch ein Format für Webinare entwickelt, die „LEAP Career Corner Speaker Series“. In den Webinaren können Jugendliche Vor­ bilder kennenlernen und in Echtzeit mit ihnen interagieren. ✖ Mit den Bereichen Öffent- liche Verwaltung und Sozial­ arbeit beschäftigen sich Henrik Montgomery und seine Kollegen üblicherweise nicht tagtäglich. NOHALC ist ein Verfahren im Bereich „Unterstützende Beschäftigung“, das mit Fördermitteln des ESF für das Arbeitsmarktzentrum im Göteborger Stadtteil Norra Hisingen entwickelt wurde. Das Programm soll Menschen durch Berufsausbildung und Prak­ tikumsplätze auf ihrem Weg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. Ein ungewöhnlicher Auftrag für ein Unternehmen, das meist für große Industriekunden arbeitet. „Wir haben gleich erkannt, dass dieses Projekt auf unserer Linie liegt. Und weil der Auftrag von der Stadt kam und für die Gesellschaft sehr wichtig ist, haben wir nicht lange gezögert“, erzählt Henrik Montgomery. „Der Auftraggeber teilte unser pragma­ tisches Verständnis von E-Learning als einer in­ teraktiven Lernmethode in individueller Umgebung. Wir waren auf der gleichen Wellenlänge.“ Das Projekt hatte von Anfang an einen sehr freien Rahmen. „Das Arbeitsmarktzentrum Norra Hisingen hat seine Erfahrung im Be­ reich Arbeitsförderung beigesteuert und wir unser Fachwissen im Bereich interaktive Lösungen.“ Die interaktive Lernplattform basiert auf der freien Software Drupal, einem System, mit dem sich Inhalte im Web schnell und günstig erstellen und verwalten lassen. Die Sachbearbeiter im So­ zialamt der Stadt Göteborg nutzen die Plattform gemeinsam mit ihren Kunden. Die Funktionen umfassen die Darstellung von Statistiken sowie Selbsteinschätzungen und Beurteilungen. Auch Unternehmen, die an diesem Programm teilnehmen, können die Plattform besuchen. „Es ist sehr befriedigend, in diesem Bereich zu arbeiten und in der Ge­ sellschaft etwas zu bewirken.“ Die Plattform ist seit Dezember 2014 online und wird voraussichtlich noch weiter ausgebaut. „Die Stadt Göteborg plant sehr langfristig, wir können jederzeit neue Anwendungen einbauen und sehen noch viele Möglichkeiten“, so Henrik Montgomery. ✖ 2. E WIE ENGAGEMENT 3. AUF DIGITALEM WEG IN DEN ERSTEN ARBEITSMARKT Henrik Montgomery, Semcon. FUTURE BY SEMCON  23
  • 26. „ALLE HABEN DIE GLEICHEN DATEN UND EIN GEMEINSAMES ZIEL: DASS DIE STADT GUT FUNKTIONIERT.“ ROHIT TALWAR LLES LÄUFT rund in Rio de Janeiro. Polizei und Rettungs­ kräfte sind bei Unfällen schnell vor Ort. Techniker rü­ cken aus, wenn eine Ampel ausfällt. Verstopfungen in der Kanalisation werden schnell beseitigt, Überschwemmungen bleiben aus. In der Zwölf-Millionen-Stadt arbeiten 30 Organisationen in einer einzigartigen Leitzentrale zusammen. Die Wände sind mit Bildschirmen tape­ ziert, auf denen alle wichtigen städtischen Funktionen überwacht werden. Im Centro de Operações laufen enorme Datenmen­ gen zusammen, die von Überwachungs­ kameras, Sensoren, intelligenten Ampeln und den Nutzern spezieller Apps geliefert werden. Alle am Projekt beteiligten Behör­ den und Unternehmen haben gleichbe­ rechtigten Zugang zu diesen Daten. Die zweitgrößte Stadt Brasiliens hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt auf Kooperation. Wenn Denken Grenzen überwindet, funktionieren Städte – und Unterneh­ men wachsen. „Das Erfolgsgeheimnis von Rio de Janeiro ist eine gemeinsame Daten­ bank, die schnelle und faktengestützte Entscheidungen ermöglicht. Alle haben die gleichen Daten und ein gemeinsames Ziel: dass die Stadt gut funktioniert“, erklärt Rohit Talwar. Der weltweit tätige Zukunftsforscher leitet das Londoner Beratungsbüro Fast Future Research, das Unternehmen bei der strategischen Zukunftsplanung unterstützt. „Die erfolgreichsten Unternehmen haben alle etwas gemeinsam. Sie besitzen intelligente Systeme, durch die alle Ak­ teure im Ökosystem des Unternehmens miteinander ins Gespräch kommen und Informationen austauschen können. Im­ mer mehr Aufträge werden in Großpro­ jekten mit vielen beteiligten Spielern abgewickelt. Dabei wird ständig daran gearbeitet, noch bessere Kooperationsver­ fahren zu finden.“ FÜR ROHIT TALWAR IST das Schwierigste, eine Zusammenarbeit konkret anzusto­ ßen – und sie dann am Laufen zu halten. „Da sind viele Kräfte im Spiel. Jede Organisation hat ihre eigene Politik und andere Motive. Die Leute an der Spitze sind sich womöglich einig, aber die Spieler weiter unten wollen den Ball nicht abgeben.“ Unternehmen sind oft überrascht, wie schwierig es ist, eine gelungene Kooperation aufzubauen. Es kommt auf die Menschen an. Wenn man sie dazu bringt, zusammenzuarbeiten und einander zu vertrauen, ist viel gewonnen. Wenn unterschiedliche Unternehmen, Kulturen, Sprachen und Arbeitsweisen aufeinander treffen, sind Probleme vor­ programmiert. „Es ist kein reibungsloser Prozess, wenn eine indische, eine chinesische und eine amerikanische Firma zusammen ar­ beiten sollen. Da gibt es unterschiedliche Führungsstile und Entscheidungsverfah­ A Im Centro de Operações in Rio de Janeiro teilen sich 30 Organisationen eine Leitzentrale. Alle haben Zugang zu enormen Datenmengen, die für schnelle und wirksame Einsätze genutzt werden. 26  FUTURE BY SEMCON
  • 27. 1GEMEINSAME FORSCHUNGSPROJEKTE Die Pharmakonzerne Sanofi und Merck sind sowohl Konkurrenten als auch Kooperationspartner. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt entwickeln sie unter anderem Mittel zur Krebsbehandlung. Beide Unternehmen arbeiten außerdem häufig mit Behörden und öffentlichen Organisationen zusammen. 2PARTNERSCHAFT ZWISCHEN KONKURRENTEN PSA Peugeot und Toyota entwickelten gemeinsam Bauteile für stadttaugliche Kleinwagen. Diese werden im Peugeot 107, Citroën C1 und Toyota Aygo einge- setzt. Alle drei Fahrzeuge werden seit 2005 im tschechischen Kolin gebaut und von den drei Herstellern sehr erfolgreich verkauft. 3FREIE INNOVATION Wikipedia, die mehrsprachige freie Enzyklopädie, ist die am häufigsten besuchte Website im Internet. Ihre kostenlosen Inhalte werden von den Benut- zern selbst erstellt. Die englische Ausgabe ist mit über vier Millionen Artikeln am umfangreichsten. Insgesamt enthält Wikipedia 30 Millionen Artikel. 4GEMEINSAME NUTZUNG VON WISSEN Im Rahmen der South-South Cooperation teilen Entwicklungsländer auf der südlichen Hemisphäre Wissen, Ressourcen und Technologien. Ziel ist unter anderem die Gründung einer gemeinsamen Bank als Gegengewicht zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank. Auf dem letzten Gipfel der Organisation wurden von Investoren, Unternehmen, Regierungen und anderen Partnern über 450 Millionen Dollar zugesagt. 5KUNDENGESTÜTZTE INNOVATION Blizzard Entertainment hat die Spielereihe World of Warcraft (WoW) geschaffen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor war die Einladung an die Spieler, Betaversionen noch in der Entwicklungsphase zu testen. 2013 erziel- te WoW über eine Milliarde Dollar Umsatz – und einen Marktanteil von 36 Prozent in seinem Genre. 6VERTEILUNG VON RISIKEN UND GEWINNEN Aera Energy ist ein Kooperationsprojekt der Energiekonzerne Exxon Mobil und Royal Dutch Shell. Aera ist der führende kalifornische Öl- und Gasproduzent (30 Prozent der Gesamtproduktion in diesem Bundesstaat). Exxon und Shell tragen gemeinsam die Produktions- und Investi- tionskosten. 2013 nahm Aera 5 Milliarden Dollar ein. Formen der Zusammenarbeit 7 ren. Informationen fließen in jeder Firma anders“, sagt Rohit Talwar und fährt fort: „Ebenso interessant ist die Kooperati­ on innerhalb einer Arbeitsgruppe oder zwischen unterschiedlichen Teilen dersel­ ben Organisation. Was machen wir mit einer Idee, die an ganz anderer Stelle im Unternehmen nutzbringend eingesetzt werden kann? Bei der Verbreitung von Ideen ist die IT besonders wichtig. Alle wollen lernen, wie man in der digitalen Welt kulturelle und organisatorische Grenzen überschreiten kann.“ TRENDSETTER IST hier die Baubranche, in der Bauunternehmen, Investoren und Subunternehmer zusammenarbeiten. Die Weitergabe von Informationen ist der Schlüssel. „An Bauprojekten für eine Milliarde Euro können bis zu 20 Partner beteiligt sein. Wie können wir die Zusammenar­ beit optimieren? Wir arbeiten zeitgleich mit identischen Daten, damit alle dieselben Informationen haben. Und alle können die Inhalte direkt beein­ flussen. Dadurch sinkt auch die Gefahr, dass mehrere Akteure Zeit für dieselbe Aufgabe verschwenden.“ Rohit Talwar Wohnort: London, England. Beruf: Berater, Autor, Redner. Mit Humor, Inspiration und Provokation als Waffen berät Rohit Talwar globale Konzerne in den Bereichen Risikoanalyse und Entwicklungsstrategien. FUTURE BY SEMCON  27
  • 28. Dick Strout ist ein britischer Unter­ nehmensstratege. Trotz des Trends zur Kooperation sieht er noch viele Hindernisse. „Ich staune, wie selten Unternehmen und Organisationen zusammenarbeiten. Anscheinend hat sich die Lust an der Geheimhaltung über viele Generation festgesetzt. Viele 30-jährige Manager sind genauso vom Wettbewerbsdenken besessen wie ihre Vorgänger. Das ist eine echte Enttäuschung, weil ich glaube, dass Unternehmen viel voneinander lernen könnten, ohne ihren wirtschaftlichen Erfolg zu gefährden. Der Wettbewerb zwischen den Firmen hält viele davon ab, neue gemeinsame Wege zu entdecken. Aber genau darin liegen die größten Chancen; wenn man sich traut.“ DER JOURNALIST ANDREAS EKSTRÖM hat ein Buch über Google geschrieben. Er ist Zukunftsforscher und hält Vorträge über die sozialen Folgen der digitalen Wende. „Die digitale Revolution hat völ­ lig neue Möglichkeiten geschaffen, Unternehmen weiter voran zu bringen. Obwohl der Wettbewerb härter ist als je zuvor, entscheiden sich immer mehr für softe Formen der Kooperati­ on. Wechselseitiges Lernen verspricht enorme Vorteile. Das sehen heute alle ein. Gleichzeitig erhöht sich die Gefahr des Konformismus. Alle drängen in die Mitte des Markts, wo es zwar sicher ist, aber auch langweilig. Wann gab es den letzten „Game Changer“, eine Erfin­ dung, die den Markt oder das Verhalten der Menschen von Grund auf verändert? Ich würde sagen, so etwas gab es seit der Erfindung des Tablets nicht mehr“, meint Andreas Ekström. Es gibt viele Beispiele für notwendige und gelungene technische Abstimmungs­ verfahren. Einheitliche Standards wie 3G, 4G, Bluetooth, USB sind die Ergebnisse einer breiten Kooperation. In diesen Fällen haben Riesenkonzer­ ne wie Ericsson, Intel, IBM und Micro­ soft die Vorteile der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen derselben Branche erkannt. „Die globale Bitcoin-Community ist ein anderes Beispiel für technische Entwicklung durch Kooperation“, sagt Rohit Talwar. „Hier haben Menschen gemeinsam Lösungen entwickelt. Sie haben auf der Grundlage einer digi­ talen Währung ein völlig neues Wirt­ schaftssystem erschaffen, das durch die Block-Chain-Technologie abgesichert ist. Diese Modelle haben finanzielle Dienst­ leistungen revolutioniert. Die Spieler sind Pioniere in diesem Bereich. Und sie wurden zur Zusammenarbeit gezwun­ gen, weil ihr unkonventionelles Denken auf erbitterten Widerstand stieß.“ IN VIELEN BRANCHEN ist Hilfe von außen ein Muss. „Einige Pharmafirmen nutzen verstärkt die Ideen und Forschungser­ gebnisse anderer. Astra Zeneca hat mit seinen Kooperationspartnern meist ein glückliches Händchen. Das gilt auch für FOTOPONTUSTIDEMAN Der internationale Flughafen Dallas/Fort Worth nutzt ein einzigartiges Kooperationsmodell zwischen Flughafen und Fluggesellschaften. Es wird gemeinsam geplant und die Fluggesellschaften entscheiden bei der Verwendung der Gewinne mit. Andreas Ekström Wohnort: Lund, Schweden. Beruf: Journalist, Autor und Redner. Andreas Ekström ist Verfasser des Buchs „Der Google-Code“, in dem er die Denkweise von Google neutral analysiert. 28  FUTURE BY SEMCON
  • 29. WANN GAB ES DEN LETZTEN „GAME CHANGER“, EINE ERFINDUNG, DIE DEN MARKT ODER DAS VERHALTEN DER MENSCHEN VON GRUND AUF VERÄNDERT? ANDREAS EKSTRÖM den Konkurrenten GlaxoSmithKline“, so Rohit Talwar. Er ist davon überzeugt, dass Vertei­ lungsmodelle für Risiken und Gewinne in Zukunft immer wichtiger werden. Als Beispiel nennt er den internationa­ len Flughafen DFW, Dallas/Fort Worth, der von rund 30 Fluggesellschaften angeflogen wird, unter ihnen American Airlines, Lufthansa und British Airways. „Der Flughafen hat ein sehr interessan­ tes Entscheidungsverfahren, an dem auch die Fluggesellschaften beteiligt sind. Das System setzt auf die Verbesserung von Dienstleistungen und Geschäften und verteilt die Einnahmen der Geschäfte, Re­ staurants, Hotels und sonstigen Unterneh­ men nach einem ausgefeilten Schlüssel. Außerdem haben die Fluggesellschaften Mitsprache bei der Frage, wie Gewinne verwendet und investiert werden.“ Beim DFW, einem der zehn am stärks­ ten frequentierten Flughäfen der Welt, arbeiten die Konkurrenten zusammen und teilen den Gewinn. In anderen Branchen ist es üblich, in einer frühen Phase gemeinsam zu forschen – und das gemeinsame Ergebnis dann getrennt zu nutzen. „Dies finden wir in sogenannten „pre-competitive research projects“, die oft vom Staat mitfinanziert werden. Es wird viel getan, damit Unternehmen ihre Informationen und Ergebnisse offenlegen. Dadurch werden Dinge entwickelt, die der Gesellschaft großen Nutzen bringen und den Unternehmen kommerzielle Möglichkeiten eröffnen.“ Andreas Ekström stellt fest, dass die Kooperationsmodelle immer ausgefeilter werden. Eine wichtige Entwicklung ist hierbei die direkte Zusammenarbeit mit den Endkunden. „Viele Unternehmen haben von der Veröffentlichung erster Beta-Versionen extrem profitiert. Wenn die Benutzer in einer frühen Phase an der Gestaltung der Produkte und Inhalte beteiligt werden, fühlen sie sich dem Hersteller verbunden.“ DIE OFFENLEGUNG von Informationen ist der rote Faden hin zur Kooperation. Sie schafft Vertrauen und erhöht die Bereitschaft, anderen zu helfen. Aber vielleicht spielt menschliche Interaktion künftig gar nicht mehr die Hauptrolle. Mit gegenseitigem Wohlwollen kann eine Gruppe weit kommen, aber manch­ mal reicht das nicht. Wenn Rohit Talwar über bahnbrechen­ de neue Kooperationsformen spricht, denkt er nicht an Menschen. „Es gibt einen anderen Weg. Künstli­ che Intelligenz (KI) wird alles verändern. Es wird „KI-Akteure“ geben, die ihr Ver­ halten durch ständiges Lernen anpassen“, meint er. Dabei kann es sich beispielsweise um Programme handeln, die eine bestimmte Aufgabe erhalten und dann selbst ent­ scheiden, welche Kooperationspartner sie brauchen, um die Aufgabe erfolgreich zu erfüllen. „Sie bekommen klar definierte Ziele und arbeiten immer mit den Parteien zusammen, die ihnen helfen, diese Ziele zu erreichen. Der Vorteil besteht darin, dass diese Akteure keine politische Agen­ da haben. Sie werden nicht befördert, bekommen keine Boni und können auch nicht gefeuert werden. Ihr einziges Ziel ist es, die vorgegebene Aufgabe zu erledigen. Deshalb finden sie immer die optimale Kooperationsform. ✖ Dick Stroud Wohnort: Salisbury, England Beruf: Berater, Redner und Journalist. Dick Strout arbeitet viel für die Werbeagentur 20plus30, die auf die kaufkräftige Konsumentengruppe der über 50-Jährigen spezialisiert ist. FUTURE BY SEMCON  29
  • 30. QA Sophia Lindholm über Kreativität S ie haben es bestimmt schon gesehen und dar­ über geredet. Das Video, in dem Jean-Claude van Damme zwischen zwei rückwärts fahrenden Lkws von Volvo in den Spagat geht, ist eines der am häufigsten angeklickten Werbevideos in der Geschichte von You­ Tube. Seine Durchschlagskraft hat die Bekanntheit der Marke Volvo Trucks so enorm gesteigert, dass der Pariser Louvre das Video dauerhaft in seiner Abteilung für Reklame zeigen will. Für Sophia Lindholm ist „The Epic Split“ nicht nur einer der größten Erfolge ihrer Karriere. Es ist auch der krönende Abschluss einer Kampagne, an der sie und ihre Kollegen bei Forsman Bodenfors mehrere Jahre lang gearbeitet haben. Als sich Volvo Trucks an die mit Preisen überhäufte schwedische Werbeagentur wandte, ging es um die erste Produkt­ präsentation seit neunzehn Jahren. Vier Kreative bei Forsman Bodenfors, unter ihnen Sophia Lindholm, erhielten den Auftrag, das Interesse der Öffentlichkeit mit einer spektakulären Kampagne anzu­ stacheln. Ganz nach dem Motto „Not just another truck – Not just another launch“. Und das haben sie geschafft. Schon das erste Video der Kampagne, der so genann­ te „Ballerina Stunt“, in dem Faith Dickey über ein Seil zwischen zwei fahrenden Lastwagen balanciert, wurde sofort zum Hit und der Beginn einer Erfolgsgeschich­ te. Der Höhepunkt war im Juni letzten Jahres erreicht, als Sophia Lindholm und ihre Kollegen beim Werbefestival in Can­ nes mit zwei goldenen Löwen ausgezeich­ net wurden – dem renommiertesten Preis der Werbebranche. 7 SophiaLindholmist einerderkreativsten MenschenderWelt undeinerderKöpfehinter VolvoTrucks‘Megaerfolg „TheEpicSplit“.Wie erhältsieihreKreativität? TEXT LINDA THOMSEN HÖGFELDT FOTO ANDERS DEROS 30  FUTURE BY SEMCON
  • 31. Sophia Lindholm Arbeitet als: Art Director bei Forsman Bodenfors in Göteborg. Hobbys: Skifahren, Tennis und Hummerfang. Preise und Auszeichnungen: #14 Most Creative People in Business 2014 (Fast Company), 3 Grand Prix Cannes Lions, 5 Guldägg, Auszeichnungen von Black Cube, Art Directors Club, Best in Show, One Show, Black Pencil, DAD. FUTURE BY SEMCON  31
  • 32. Sie gelten als einer der kreativsten Men- schen der Welt. Wo kommen Ihre vielen Ideen her? Die Leute glauben, dass wir Kreativen nur so sprudeln, dass uns die Inspiration im Schlaf überkommt oder uns beim Spazierengehen brillante Ideen nur so zufliegen. Die Wirklichkeit ist leider nicht so glamourös. Die Konzeption von Werbung ist oft harte Arbeit, bei der wir eingepfercht in einem engen Büro sitzen, diskutieren und Ideen langsam herauszi­ selieren. Einer hat einen Einfall, den das Team dann gemeinsam weiterentwickelt. Und nicht selten kommt am Ende etwas völlig anderes heraus. Die kreative Arbeit ist nur ein Teil meines Berufs. Damit ich kreativ sein kann, muss ich zunächst viele Fakten aufnehmen. Nur so kann ich et­ was schaffen, das relevant ist und mit dem der Kunde auch arbeiten kann. Natürlich kann man dasitzen und phantastische Ide­ en entwickeln. Aber wenn die Idee nicht auf Fakten beruht, ist sie nicht relevant. Das ist wahrscheinlich meine eigentliche Stärke als Art Director. Ich kann kreative und interessante Konzepte entwerfen, die auch Relevanz für den Kunden haben. Bei „The Epic Split“ steht das Produkt im Mittelpunkt und jeder kann verstehen, warum gerade Volvo Trucks diese Stunts macht. Eigentlich machen wir ja nur eine Produktvorführung, wenn auch in unge­ wöhnlicher und spektakulärer Form. Fakten sind also Voraussetzung für Ihren Schaffensprozess? Fakten sind für mich enorm wichtig! Ich brauche sie, um zu verstehen, welche Botschaft kommuniziert werden soll. Davon ausgehend entwickeln wir dann die Idee, mit der die Botschaft verkauft wird. Die Arbeit für einen Kunden und eine Kampagne beginnt immer mit vielen Nachforschungen. Als wir das Konzept der Live Test Series für Volvo Trucks erar­ beiteten, haben wir bei Volvo mit vielen unglaublich schlauen Leuten gesprochen, vom Techniker bis zum Produktmanager, die uns erzählt haben, wie sie den neuen Lkw sehen und welche Vorteile er hat. Was steht hinter der Idee der Live Test Series? Unser Ausgangspunkt war, dass unsere Zielgruppe sehr breit gestreut und mit herkömmlichen Medien nur schwer zu erreichen ist. Wir wollten den kleinen Spediteur, der seinen einen Lkw selbst fährt, ebenso ansprechen, wie die Einkäu­ fer in großen Konzernen wie Schenker oder DHL, die gleich mehrere hundert Lkw bestellen. Deshalb mussten wir ganz neu denken und den kleinsten gemein­ samen Nenner dieser Zielgruppe finden. Und der ist, dass sie von vielen Men­ schen beeinflusst werden, von Kollegen, Familie und Freunden und natürlich von den Medien. Wir wollten einen Trend schaffen, bei dem ein Sohn seinen Vater fragt: „Hast du diese krasse Werbung für Volvo Trucks schon gesehen?“ Oder jemand einen Artikel über die Kampagne liest und das Gefühl hat „das muss ich mir auch mal ansehen“. Also haben wir ver­ sucht, eine möglichst breite Zielgruppe zu erreichen und für die Funktionen der Lkws zu inter­essieren. Diese Zielgruppe wiederum soll dann die Kernzielgruppe beeinflussen, die wir vor allem erreichen wollen. Wie unterscheidet sich die Arbeit bei Forsman Bodenfors von anderen Werbeagenturen? Wir haben keinen Creative Director. Wenn man sich die großen Agenturen im Ausland und auch in Schweden ansieht, ist die Werbebranche ziemlich traditio­ nell und hierarchisch, mit einem Creative  1 Neue Eindrücke sammeln. Reisen Sie, probieren Sie Neues aus und vor allem: hören Sie anderen zu. Ich finde, neue Eindrücke steigern die eigene Kreativität.  2 Nicht an den Ruf denken. Trauen Sie sich, Dinge zu sagen, die nicht völlig durchdacht sind oder vielleicht sogar dumm klingen. Vielleicht ist die Idee nicht brillant, aber manchmal kommt eben auch etwas Phantastisches heraus. Seien Sie mutig und kümmern Sie sich nicht darum, was andere von Ihnen denken.  3 Übung macht den Meister. Genau wie andere Fertigkeiten kann man auch Kreativität üben. Erfahrung spielt natürlich auch eine Rolle. Wer schon lange dabei ist, hat viel Übung. Und vielleicht lässt auch die berühmte Panik etwas nach, wenn Sie wissen, dass Ihnen schon mal was Gutes eingefallen ist. Dann kommt die nächste Idee umso leichter.  4 Ideen mit anderen entwickeln. Viele meiner besten Ideen sind durch die Zusammenarbeit mit anderen entstanden. Wir werfen uns Ideen zu, feilen daran herum und verbessern sie durch den Input anderer. Für mich ist Kreativität in vieler Hinsicht Teamwork.  5 Nicht auf Inspiration warten – einfach arbeiten. Einfälle im Schlaf oder aus dem Nichts waren noch nie meine Stärke. Meine Ideen nehmen Form an, wenn ich mit Kollegen in einem kleinen Büro sitze und diskutiere.  6 Spaß haben. Mit ist wichtig, dass ich zufrieden bin und meine Arbeit gern mache. Wenn ich keinen Spaß daran hätte, wären meine Ideen wahrscheinlich auch nicht besonders gut. So werden Sie kreativ – Tipps von Sophia Lindholm QA Sophia Lindholm über Kreativität 32  FUTURE BY SEMCON
  • 33. „NATÜRLICH KANN MAN DASITZEN UND PHANTASTISCHE IDEEN ENTWICKELN. ABER WENN DIE IDEE NICHT AUF FAKTEN BERUHT, IST SIE NICHT RELEVANT.“ Director, der die Arbeit des kreativen Teams stark dominiert. Bei Forsman Bodenfors ist es umgekehrt, hier liegt die Verantwortung für die Arbeit bei den Teams selbst. Manche fragen sich vielleicht, wer dann die Entscheidungen trifft. Das klingt wie ein Problem, aber wenn eine Idee wirklich gut ist, sind alle im Team überzeugt. Und wenn einer oder zwei noch Zweifel haben – tja, dann müs­ sen wir eben noch daran arbeiten oder uns etwas ganz Neues einfallen lassen. Außerdem haben wir eine Unterneh­ menskultur und Verfahren, bei denen wir anderen Input geben und selbst auch Kri­ tik annehmen können. Wir beraten uns oft mit anderen Kreativen in der Agentur, aber letzten Endes entscheiden wir selbst, was wir mit deren Kritik anfangen. Was sind die Vorteile und Nachteile? Ich glaube, dass diese Arbeitsweise die Kreativität aller Mitarbeiter steigert, weil wir Kreativen mehr Eigenverantwortung haben. Natürlich funktioniert das nur, wenn wir Mitarbeiter an dieses Arbeits­ modell und unsere eigenen Fähigkeiten glauben, wenn wir gut sind und bereit, Verantwortung zu übernehmen. Damit will ich aber nicht behaupten, dass dieses demokratische Verfahren immer leicht ist. Zum Beispiel kann ein junger Kreativer, der in der Branche gerade erst anfängt, im gleichen Team sitzen und genauso viel Verantwortung tragen, wie ein Profi, der schon seit dreißig Jahren dabei ist und vielleicht sogar die Agentur mit gegründet hat. Dann ist es natürlich am Anfang schwer, kritisch zu sein oder eigene Ideen laut auszusprechen. Aber auch den älteren und routinierten Mitar­ beitern bringt es viel, mit jungen frischen Leuten zu arbeiten, die ganz neu denken. In dieser Branche passiert so viel, ständig kommen neue Medien dazu und da sind die jungen Kreativen mindestens genauso fit wie Profis, die schon lange dabei sind. Manchmal dauert es ein bisschen, aber früher oder später merken die meisten, dass unser Arbeitsmodell auch für sie Vorteile hat. Die Welt wird immer digitaler. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Ich finde diese Entwicklung positiv und glaube, dass phantastische Ideen ent­ stehen können, wenn jemand, der meist mit Printmedien gearbeitet hat, jemanden trifft, der in der digitalen Welt zuhause ist. Solche Begegnungen setzen kreatives Potenzial frei. Natürlich kann ich nicht in die Zukunft sehen. Die Kommunikati­ onslandschaft verändert sich ständig. Vor noch nicht allzu langer Zeit hieß es, das Video stirbt aus, weil die Menschen nicht mehr fernsehen. Heute werden mehr Videos produziert als je zuvor, auch wenn sich die Dramaturgie geändert hat und die Szenen kürzer sind als früher – oder wesentlich länger. Im Printbereich ist es wegen der digitalen Entwicklung natür­ lich schwerer geworden, dieselbe Durch­ schlagskraft zu erreichen wie früher. Andererseits sehen wir im Internet und in sozialen Medien ständig, dass die Nutzer Bilder und Texte, die ihnen gefallen, an andere weiterleiten. Vielleicht werden wir in ein paar Jahren im Rückblick erkennen, dass wir gerade erleben, wie die Printme­ dien gezwungen werden, kreativer oder sogar interaktiv zu werden? ✖ FUTURE BY SEMCON  33
  • 34. Einblicke Formel 1 LEISTUNG UM JEDEN PREIS HELDENMUT, MILITÄRISCHE PRÄZISION UND ENORMES TALENT. ENTSCHEIDENDE ELEMENTE IN EINEM SPORT, IN DEM DIE MASCHINE MENSCH MINDESTENS SO REIBUNGSLOS FUNKTIONIEREN MUSS WIE DIE BRÜLLENDEN MOTOREN. TEXT FREDRIK HULDT FOTO GETTY IMAGES/RED BULL CONTENT POOL OHNE ZWEIFEL IST die Formel 1 der ex­ tremste Materialsport der Welt. Ein ver­ rückter Schmelztiegel, in dem ehrgeizige Einzelkämpfer für ein gemeinsames Ziel zusammenarbeiten müssen: den Welt­ meistertitel in der schnellsten Rennserie der Welt. Hier pumpen die klügsten Ingenieure der Menschheit Millionensummen in Maschinen, mit denen die begabtesten Piloten immer schnellere Runden fahren können. Die besten Köpfe der Raum- und Luftfahrtbranche programmieren Supercomputer, die mit Hilfe hochkom­ plexer Simulationen die Aerodynamik der Fahrzeuge auf die Spitze treiben. Die genialsten Strategen durchforsten gigan­ tische Datenmengen auf der Jagd nach siegversprechenden Rennstrategien. Und die radikalsten Revolutionäre entwerfen die Technologien und Herstellungs­ verfahren, die man braucht, um die phantastischen Konzepte für Antriebs- und Fahrwerkstechnik zu liefern, die in diesem Sport zum Einsatz kommen. Konzepte, die mit etwas Glück auch uns Normalsterblichen zugute kommen, wenn sie nach und nach in unseren Autos auftauchen. Seit 2014 strebt die Formel 1 nach noch ehrgeizigeren Zielen als bisher. Dank der umfassendsten Regelände­ rungen aller Zeiten geht es nicht mehr nur um Geschwindigkeit, sondern um die Entwicklung umweltfreundlicher Technologien für die Automobilindus­ trie. Plötzlich gehört Effizienz ebenso selbstverständlich zum Gesamtpaket wie Geschwindigkeit. Seitdem jeder Wagen pro Rennen nur noch 100 Kilo Benzin mitführen darf, ist der Kraft­ stoffverbrauch auf einen Schlag um über 35 Prozent gesunken. Natürlich ohne Kompromisse bei der Leistung. Im Grunde ist die Formel 1 immer noch ein Gladiatorenspiel in rasender Fahrt. Ein Sport, bei dem die Piloten sich und ihre Fahrzeuge einer lebensgefährli­ chen Wette aussetzen – mit sagenhaften Prämien auf der einen Seite und noch größeren Risiken auf der anderen. ✖ 34  FUTURE BY SEMCON
  • 35. BELASTUNG DER PILOTEN Haben Sie Stress auf der Arbeit? Dann denken Sie an das Arbeitsumfeld von F1-Piloten. Bei jeder Fahrt sind sie ex­ tremen Belastungen ausgesetzt. Hohe G-Kräfte, Cockpittemperaturen von bis zu 60 °C und mörderischer Druck bringen ihre Körper an die Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit. Ein Grand-Prix-Rennen dauert 1,5-2 Stunden. So lange hat der Pilot einen durchschnittlichen Puls von 170 Schlägen/Minute, den höchsten aller Sportler über so lange Zeit. MECHANISCHE HAFTUNG Die wichtigsten Elemente eines F1-Autos sind nicht Motoren, Computer oder Flügel. Es sind die Reifen. In der F1 werden 245–325 mm breite Slicks auf 13-Zoll-Felgen aufgezogen und für eine optimale mechanische Haftung auf 110 °C erwärmt. Die Lebensdauer des Gummis liegt bei nur 25 Minuten. Da- nach müssen alle vier Reifen gewechselt werden. Für Bedienung der Wagenhe- ber, Reifenwechsel und Einstellung der Flügel sind 18 Mann erforderlich. Der schnellste Boxenstopp gelang Red Bull auf dem Circuit of the Americas im Jahr 2013. In 1,923 Sekunden. POWER UNIT ICE + MGU-K + MGU-H + ES + Turbo + CE = PU. Kompliziert? Mehr als das. Vergessen Sie Motoren. F1-Autos haben hyperkomplexe Hybridsysteme aus sechs Grundelementen, die sogenann- ten Power Units. Die ICE (Internal Com- bustion Engine) ist ein V6-Turbomotor mit 1,6 Liter und 600 PS. Eine Kombi- nation aus Generator und Elektromotor (MGU-K) „erntet“ beim Abbremsen die Bewegungsenergie der Hinterachse für den ES (Energy Store/Batterie). Bei der Beschleunigung liefert die MGU-­K- Einheit pro Runde für 30 Sekunden zu- sätzliche 160 PS. Die MGU-H speichert die überschüssige Energie des Turbos im ES. Spitzenleistung insgesamt: 760 PS. Um die wahnsinnigen Kosten des Sports wenigsten etwas zu dämpfen, wird alles durch standardisierte CE (Control Electronics) gesteuert. GESCHWINDIGKEIT Nach Berechnungen liegt die theore­ tische Höchstgeschwindigkeit von F1-Autos bei über 440 km/h. Die Piloten nehmen diese Zahl aber nicht beson- ders ernst. In der Formel 1 dreht sich alles um die Rundenzeit, d. h. die Durch­ schnittsgeschwindigkeit pro Runde. Deshalb wird die Spitzengeschwindig- keit durch den Luftwiderstand der Flügel gebremst. Die höchste gemessene Geschwindigkeit betrug 2014 „nur“ 362 km/h. Die schnellste Runde der F1-Geschichte fuhr Juan Pablo Montoya 2014 beim Training zum GP von Monza. Die durchschnittliche Geschwindigkeit betrug 262,242 km/h. BREMSEN Bei atemberaubenden Bremsmanövern verwandelt sich Bewegungsenergie in bis zu 2 000 kW Wärme. Darum glühen die Kohlefaserscheiben auch so schön. Das stärkste Bremsmanöver der F1 erfordert Kurve 14 auf dem Shanghai International Circuit in China. Ab dem Bremspunkt belastet der Pilot das Bremspedal 123 Meter lang mit einem Druck von 131 Kilo. Das Fahrzeug bremst um 254 km/h ab – von 317 km/h auf 63 km/h in nur 2,98 Sekunden. In dieser Kurve wurde auch mit 6,41 G die bisher stärkste Abbremsung eines F1-Wagens gemessen. AERODYNAMISCHE HAFTUNG Um mit einer seitlichen Beschleuni­g­ ung von über 5 G durch die Kurve zu kommen, braucht ein F1-Wagen mehr als nur gute Slicks. Deshalb haben F1-Autos Flügel, die das Chassis mit Hilfe des Fahrtwinds und eines Diffu- sors, der unter dem Wagen Unterdruck erzeugt, auf den Boden pressen. Bei 300 km/h entsteht ein Druck von bis zu 1,5 Tonnen. Das extremste Beispiel ist Kurve 8 im Istanbul Park. Eine lange 190-Grad-Kurve mit vier Scheitelpunk- ten, an denen die F1-Piloten sieben Se- kunden lang Kräften zwischen 4,5–5,5 G ausgesetzt sind. FUTURE BY SEMCON  35
  • 36. Semcon Brains TEXT LINDA THOMSEN HÖGFELDT JOHAN JARNEVING FOTO SEBASTIAN BERGER, NICKE JOHANSSON, AASHITH SHETTY ANDERS DEROS DIE LETZTEN JAHRE hat Stefan Sommer für Semcon einen neuen Geschäftsbereich auf­ gebaut, der als Projektbüro zur Konstruk­ tion von Flugzeugküchen für den Kunden Sell dient. Sein Team ist ständig gewachsen und besteht heute aus 50 Mitarbeitern in Deutschland und Indien, die für Flugge­ sellschaften wie Qatar Airways und Etihad Airways arbeiten. Wie hat sich Ihre Abteilung seit Be- ginn dieses Auftrags verändert? Als ich 2009 als Konstrukteur anfing, hatte ich nur drei Kollegen. Semcon besaß damals noch keine Erfahrung mit Bau­ teilen für Flugzeuge, sondern war nur im Automobilbau tätig. Deshalb arbeiteten mein Team und ich im ersten Jahr bei Sell vor Ort. Unser erster Auftrag war sehr simpel im Vergleich zu dem, was wir heute machen, nämlich komplexe Küchenein­ bauten, elektrische Bauteile, Kühlanlagen, Wasserinstallation und Klimatisierung. Wie haben Sie es geschafft, ein so erfolgreiches Team auf die Beine zu stellen? Entscheiden für die Leistung unserer Ab­ teilung ist die gut abgestimmte Teamarbeit. Bei uns ist jeder gleich wichtig. Unser Team in Deutschland konstruiert die Küche und leitet dann alle Daten an das Team in Indien weiter, das die Zeichnungen für den Kunden erstellt. Anschließend unterstützt das deutsche Team den Kunden bei der Produktion, bis die fertige Küche bei der Fluggesellschaft ankommt. Welche Pläne haben Sie und was treibt Sie an? In den kommenden Jahren möchte ich mein Team kontinuierlich weiterbilden oder weiterbringen und dazu beitragen, dass Semcon in diesem Geschäftsbereich wächst. Mich motiviert, dass ich bei der Arbeit ständig Neues entwickeln und mir selbst Ziele setzen kann, die mich heraus­ fordern. ✖ Der Flugzeug­­ interieur- Designer Stefan Sommer, Semcon Deutschland 36  FUTURE BY SEMCON
  • 38. 38  FUTURE BY SEMCON Semcon Brains Kindersitze Vordersitze Rücksitze Sitze Gurtwarner Sicherheitsgurt Klimaregler Rücksitz Klimaanlage Klimaregler Vordersitz Ventilation der Sitze JOHAN ELISSON IST Technischer Re- dakteur und Experte für Topic-basierte Informationen, ein schnell wachsender Bereich, in dem Semcon an vorderster Front dabei ist. Derzeit unterstützen Johan Elisson und seine Kollegen Volvo Cars dabei, ihre Bedienungsanleitungen an die digitale Welt anzupassen. Wie unterscheiden sich Topic-­ basierte Anleitungen Informationen von herkömmlichen Anleitungen? „Bedienungsanleitungen liest man in Abschnitten, kapitelweise. Wir brechen diese Abschnitte in eigenständige Teile auf. Der Benutzer bekommt genau die Informationen, die er in diesem Moment braucht, und wir können nicht voraus- setzen, dass er die anderen Teile auch gelesen hat. Jeder Teil muss das jeweilige Themengebiet komplett abdecken.“ Welche Vorteile haben Volvo und Volvo-Fahrer von Ihrer Arbeit? „Es geht vor allem um mehr Benut- zerfreundlichkeit. Die Informationen sind leichter verständlich. Topic-­ basierte Informationen sind medienun- abhängig und wir können sie über unterschiedliche Schnittstellen wie z. B. das Multimediasystem des Autos bereitstellen und aktualisieren. Auch Systeme für personalisierte Botschaften und Feedback lassen sich integrieren. Wie sind Sie selbst zum Topic-­ basierten Schreiben gekommen?“ „Ich war von Anfang an bei Wikipe- dia dabei und wurde ziemlich schnell Administrator. Im Nachhinein erkenne ich viele Ähnlichkeiten zwischen der Arbeit dort und dem, was wir in der Volvo-Redaktion machen.“ Was ist der nächste Schritt für Sie und alle, die bei Semcon mit Topic-­ basierten Informationssystemen arbeiten? „Wir sind im Bereich Weiterbildung sehr aktiv, sowohl intern als auch für Kunden, und entwickeln entsprechende Angebote. Wir glauben an die Mög- lichkeiten dieser Informationssysteme. Man kann sie an jedes Produkt und jede Dienstleistung anpassen.“✖ Klimaanlage Elektrische Sitzheizung Sitzklima Der Topic- Experte Johan Elisson, Semcon Schweden
  • 39. FUTURE BY SEMCON  39 MADHURIMA PATRO IST Elektronik- designerin und gehört zu Semcons Flugzeug-Team mit Niederlassungen in Deutschland und Indien. Gemein- sam mit ihren Kollegen in Indien konstruiert sie Elektrosysteme, bei denen der kleinste Fehler den Kun- den enorme Summen kosten würde. Was macht eine gute Elektro­ installation aus? „Die Produkte, die ich für meine Kunden entwickle, müssen einfach und robust sein. Für mich ist die Idee hinter der Konstruktion das Entschei- dende. Sie muss schon beim ersten Test in einem CAD-System perfekt funktionieren. Als Konstrukteure müssen wir in der Produktionsphase flexibel sein und bis zur letzten Se- kunde Änderungen berücksichtigen. Wir müssen bei der Arbeit zwar alles geben, aber dafür macht sie auch viel Spaß.“ Wie sehen Ihre Arbeitsaufgaben und Ihr Auftrag aus? „Ich leite nicht nur den Bereich Elektroinstallation, sondern bin auch für Semcons Expansion in andere Bereiche der Flugzeugindustrie verantwortlich. Meine erste Aufga- be bestand darin, alle elektrischen Elemente in einer Flugzeugküche zu verstehen und dann zu bauen. Dazu gehört alles von der Konstruktion des Elektrosystems und der Integration der einzelnen Funktionen bis zur Installation im Werk. Seit meiner Rückkehr nach Indien baue ich in Bangalore ein Semcon-Team auf, das Elektroinstallationen für Flugzeug- küchen entwickelt.“ Wie funktioniert die Zusammen- arbeit mit Deutschland? „Wir arbeiten eng zusammen. Kurz nach meiner Einstellung war ich eine Zeit lang in Deutschland, um bei Semcons Elektro-Team in Bad Friedrichshall zu lernen. Im Dienst- leistungsbereich werden Offshoring und die Bildung von Netzwerken immer wichtiger. Wir haben das Ziel, unseren Kunden in aller Welt als ein Team zur Seite zu stehen.“ ✖ HINTER DEN KULISSEN VON SEMCON BRAINS u Möchten Sie mehr über Madhu­rima Patro, ihre Arbeit und die Herausforde- rungen erfahren, die bei Semcon auf sie warten? Dann schauen Sie sich hier das Video auf semcon.com an. Die Elektronik­ expertin Madhurima Patro, Semcon Indien
  • 40. 40  FUTURE BY SEMCON Der Strom­ experte Christoffer Grönberg, Semcon Schweden Semcon Brains CHRISTOFFER GRÖNBERG IST Elektro- und Automationsingenieur. Seine Arbeit ist oftmals das reinste Detektivspiel, weil die Wirklichkeit nicht immer den Zeichnungen entspricht, die der Kunde vorlegt. Warum ist Strom so wichtig? „Unsere Welt ist vom Strom abhängig, und ein Stromausfall kann schwerwiegende Folgen haben. Bei meiner Arbeit geht es da- rum, sichere und zuverlässige Stromsysteme zu entwickeln, damit das nicht passiert.“ Wie sieht ein typischer Auftrag aus? „Ich habe viele Aufgaben, z. B. Fehler- suche, Problemlösung und Entwicklung, nicht selten in ein und demselben Projekt. Vor Kurzem habe ich einem schwedischen Energiekonzern dabei geholfen, Anlagen zur Fernsteuerung und Überwachung seiner Transformatorenstationen zu bauen. Eine komplexe und wichtige Arbeit, weil der Kunde Unternehmen und Haushalte mit Strom beliefert und seine Versorgungs- sicherheit erhöhen wollte.“ Was ist dabei die größte Heraus­ forderung? „Wenn die Anlage alt ist, besteht die Dokumentation im besten Fall aus den Kopien alter Zeichnungen. Manchmal muss man die Anlage vor Ort untersuchen und den Ist-Stand dokumentieren, bevor man mit der neuen Aufgabe überhaupt anfangen kann. Bei vielen Projekten werden Anlagen im laufenden Betrieb umgebaut, also muss beim Abriss und Neubau extrem sorgfältig gearbeitet werden. Das ist das Coole an meiner Arbeit, dass sie sowohl Kreativität als auch ingenieurstechnische Präzision erfordert.“ ✖
  • 41. VOR ZWEI JAHREN berichteten wir über Atlas Copco Mechanical Rock Excavation (MRE) und die gigantischen Maschinen, die im modernen Bergbau zum Einsatz kommen. Für die Recherche trafen wir Andreas Stråth, Semcon-Berater und me­ chanischer Konstrukteur bei MRE. Damals, 2012, steckten er und seine Kollegen mitten in vier parallelen Konstruktionsprojekten. Jetzt haben wir nochmals nachgefragt. „Im Bergwerk geht es voran. Bei Ihrem letzten Besuch durfte ich aus Geheimhal­ tungsgründen noch nicht zu viel über mei­ ne Maschine verraten. Tja, ich sage „meine Maschine“, weil ich mich für diesen Bohrer wirklich ins Zeug gelegt habe. Jetzt ist sie auf dem Markt“, erzählt Andreas Stråth. Sie heißt Easer und stellt in der Bohr­ technik eine kleine Revolution dar. „Wir nutzen die gleiche Technik wie beim Raiseboring [mehr Infos in Future By Semcon #2, 2012], haben sie aber wei­ ter verfeinert. Wie ein Traktor, der zum Formel 1-Wagen aufgerüstet wurde.“ Der Name Easer klingt nicht nur kurz und elegant, er stammt auch direkt aus der Fachsprache des Bergbaus. „Ease off“ bezeichnet die Wegnahme des Drucks bei Sprengungen durch sogenannte Mundlöcher. Der Easer soll im Stollen genau diese Aufbrüche bohren. Das eigentlich Neue ist die Mobilität und enorme Vielseitig­ keit der Maschine. Anders als herkömmliche Bohrma­ schinen muss der Easer nicht auf einer Betonplattform verankert werden. Daher ist er in weniger als einer Stunde einsatzbereit. Im Bergbau ist das fast Lichtgeschwindigkeit. „Auf dem Tacho stehen jetzt statt 2 gute 15 km/h. Eine 50-prozentige Zeit­ ersparnis von der Aufstellung bis zum fertigen Mundloch.“ Mit gutem Grund hat Atlas Copco MRE hohe Erwartungen an „Andreas‘ Maschine“. Zwei wurden bereits ausge­ liefert und aus Australien liegen zehn Bestellungen vor. „Der Druck ist groß, aber leider können wir noch nicht ausliefern. Wir analysieren noch die beiden bereits gelieferten Exemplare.“ Bevor wir uns für dieses Mal verab­ schieden, kommt Andreas Stråth noch auf ein anderes Projekt zu sprechen. „Streng geheim. Ein Kundenprojekt in der letzten Testphase. Beim nächs­ ten Anruf in zwei Jahren erzähle ich gerne mehr.“ ✖ Wie ging es weiter? Future fragt nach EIN FLEXIBLER UND MOBILER BOHRER, DER DOPPELT SO SCHNELL ARBEITET. DAS WAR DAS ERGEBNIS DER ZUSAMMENARBEIT VON SEMCON UND ATLAS COPCO. UND WEITERE PROJEKTE SIND SCHON IM GANGE. TEXT JOHAN JARNEVING FOTO JOHAN BERGLING Revolution unter Tage Artikel in Future Ausgabe 3/2012. 24 FUTURE BY SEMCON 3.2012 EIN FUTURE BY SEMCON 3.2012 25 W er erinnert sich nicht an diesieben Zwerge aus Schnee­ wittchen? Die zogen Tag für Tag mit Spitzhacke und Laterne hintereinander indie Grube. Viel mehr Hilfsmittel kannte manfrüher im Bergbau nicht. Wenn das Gesteinfür Spitzhacke, Meißel und Brechstange zuhart war, versuchte man es mit Erhitzen durchFeuer. Etwas leichter wurde es im 18. Jahrhun­dert mit der Einführung des Sprengpulvers.Im 19. Jahrhundert kam dann das Dynamit.Die Arbeit blieb jedoch beschwerlich undkräftezehrend und barg große Gefahren.Aber seitdem hat sich viel getan. Im hell eingerichteten Bürogebäude von Atlas Cop­co Mechanical Rock Excavation (MRE) inÖrebro zeugen Fotos und Modelle moder­ner Bergbaumaschinen vom aktuellen Standder Technik. Hier am Firmensitz werden dieBergbaulösungen der Zukunft entwickelt. Esgibt völlige Neuentwicklungen ebenso wieVerbesserung an Vorhandenem. »Hier zu arbeiten, ist sehr abwechslungs­reich. Ich bin die ganze Zeit bei der Produkt­entwicklung an vorderster Front mit dabei.Eine tolle Chance«, berichtet Andreas Stråth,Semcon­Berater und mechanischer Konst­rukteur bei MRE. Der primäre Geschäftsbereic h von MRE DassogenannteRaiseboringhatAtlasCopcoMechanicalRockExcavationzumweltweitführendenLieferanteniminternationalenBergbaugemacht.DiegewaltigenMaschinenwerdenimschwedischenÖrebroentwickelt,undSemconistmitdabei. TEXT LOTTA RINGDAHL FOTOS ATLAS COPCO, MATTIAS ERMANBRIX RIESE IM TUNNEL  FUTURE BY SEMCON  41
  • 42. DIETER RAMS PHILIPPE STARCK IN EINEM INTERVIEW am Pasadena Art Center College of Design in Kalifornien, das er regelmäßig besucht, inspiriert er die Studenten mit seinem Motto „einfa­ cher, aber besser“. Dieter Rams ist berühmt dafür, unter­ schiedliche Designdisziplinen zu verbin­ den und auf diese Weise bahnbrechende Produkte zu erschaffen. Vielleicht kommt das daher, dass er nach seinem Architek­ turstudium an der Werkkunst­schule in Wiesbaden noch eine Schreinerlehre absolviert hat. Schon als Kind hatte Rams beobachtet, wie sein Großvater, ebenfalls Schreiner, mit großem handwerklichen Können neue Möbel erschuf. In seinen ersten eigenen Möbeln mischte Dieter Rams unterschiedliche Werkstoffe, z. B. Holz mit Kunststoff oder Aluminium. Ab 1955 arbeitete Rams 40 Jahre lang für den Elektrogeräte-­ Hersteller Braun, wo er als Schöpfer des hochgelobten Braun-Stils weltberühmt wurde. Er selbst betont die Bedeutung von Teamwork und Timing. Eines der berühmtesten Produkte seines Teams – das direkt in die Daueraustellung des MoMa in New York aufgenommen wurde – war die Radio-Plattenspieler-­ Kombination Braun SK 4 mit Acrylglas­ deckel. Ein Novum in einer Zeit, in der Radios in glänzende braune Holzgehäuse verbaut wurden. „MEIN HERZ GEHÖRT DEN DETAILS. TATSÄCHLICH WAREN SIE FÜR MICH IMMER WICHTIGER ALS DAS GROSSE GANZE.“ DAS SAGT DIETER RAMS 
 – EINER DER EINFLUSSREICHSTEN INDUSTRIEDESIGNER DER WELT. ERFOLGREICHE FORMGEBER MÜSSEN MANCHMAL AUSGETRETENE PFADE VERLASSEN UND GEGEN REGELN VERSTOSSEN. FUTURE STELLT ZEHN DESIGNER VOR, DENEN GENAU DIES GELUNGEN IST. „WENN ES KEIN PROJEKT ZU GEBEN SCHEINT, DAS PHILIPPE STARCK NICHT ZUM ERFOLG FÜHREN KANN, DANN LIEGT DAS VERMUTLICH DARAN, DASS DEM SO IST“, SCHREIBT DIE ZEITSCHRIFT DESIGN BUREAU ÜBER DEN FRANZOSEN. 10 INSPIRIERENDE DESIGNER PHILIPPE STARK HAT von der Zahnbürste bis zur Luxusyacht schon alles entworfen. Seine Formensprache ist klar und reduziert. Gleichzeitig weisen viele seiner Produkte popkulturelle Anspielungen auf, wie seine ikonische raumschiffartige Saftpresse Juice Salif, seine astförmigen Wasserhähne oder die Lampenfüße aus goldlackierten Waffen, die zu seiner Gun Series gehö- ren. Letztere stehen für den Zusammenhang von Geld und Krieg, wie Starck selbst erklärt, der Design als seine mächtigste politische Waffe versteht. Die Liste 10 Designer 42  FUTURE BY SEMCON