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Nr 3 | Oktober 2016
Wirtschaftspolitik
Standpunkte
EDITORIAL
In der neuen Ausgabe der Standpunkte fordert die AK die Umsetzung von Kon-
sumentenrechten im Kartellrecht, z.B. die längst fällige Zweckwidmung von
Bußgeldern für den VKI und die Einführung von Gruppenklagen. Der ­heurige
AK-Strukturwandelbarometer – diesmal mit dem Schwerpunkt Digitalisie-
rung der Wirtschaft – zeigt: Für eine faire Arbeitswelt, sowohl im Sinne der
Beschäftigten als auch der Unternehmen, sind Mitbestimmung sowie Mitge­
staltung der ArbeitnehmerInnen und ihrer Interessensvertretungen entschei­
dende Faktoren. Bei öffentlicher Auftragsvergabe hat sich mittlerweile herum­
gesprochen, dass es klug ist, soziale, ökologische und qualitative Kriterien
zu berücksichtigen, da solche Entscheidungen langfristig auch volkswirtschaft­
lich die günstigsten sind – auch für die SteuerzahlerInnen. Genau diese Gruppe
– sprich: wir alle – finanzieren übrigens einen Großteil der heurigen Zusatzsub-
ventionen für die österreichische Landwirtschaft, in der die Einkommensver­
teilung eine sehr ungleiche ist, wie ein Artikel der Standpunkte zeigt. Ein anderer
Beitrag geht der Frage nach, ob innovierende Unternehmen auch bessere
Arbeitsbedingungen bieten. Bei Unternehmensbilanzen hingegen ist Kreativität
gar nicht gefragt. Als eine Lehre aus der Finanzkrise wurden nun strengere
Kriterien für die Abschlussprüfung eingeführt. Und schließlich veranschau­
lichen ein Appell für eine sozialere Europäische Union und ein Bericht über
das Leben von Erwerbsarbeitslosen in Deutschland einmal mehr den großen
sozial-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Die Redaktion
Abo und Download: wien.arbeiterkammer.at/wp-standpunkte
Inhalt
Kartellgesetznovelle 2016: AK für
stärkere Konsumentenrechte	 2
AK-Strukturwandelbarometer:
Rushhour in der Arbeitswelt	 6
Öffentliche Auftragsvergabe:	
Nachhaltig und sozial 	 13
Erntedank den SteuerzahlerInnen:
Was der Agrarsektor 2016 extra
bekommt	 17
Innovationsaktivitäten im Unter-
nehmen: Bringen sie auch Vorteile
für die Beschäftigten?	 21
Lehren aus der Finanzkrise:
Reform der Abschlussprüfung 	 24
Soziales Europa: Aufbruch oder
Abbruch?	 27
Hartz IV und das Hamsterrad
von Erwerbsarbeitslosen und
Beschäftigten	 31
Seite 2 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
KARTELLGESETZNOVELLE 2016:
AK FÜR STÄRKERE KONSUMENTENRECHTE
Der Entwurf der Kartellgesetznovelle 2016 hat maßgeblich zum Ziel, die EU-Schadenersatzrichtlinie
in Zusammenhang mit Wettbewerbsverletzungen umzusetzen sowie die Vollzugstätigkeit der Wett-
bewerbsbehörden, insbesondere der Bundeswettbewerbsbehörde, zu stärken. Wesentliche Anliegen
der AK wurden allerdings nicht aufgegriffen. Nachfolgend werden die Eckpunkte des Entwurfs und die
Forderungen der AK dargestellt.
Eckpunkte des Entwurfs:
Hauptaugenmerk der Reform des Kartellge­
setzes ist die Umsetzung der EU-Schaden­
ersatzrichtlinie. Ziel hierbei ist es, die private
Rechtsdurchsetzung aufgrund von Kartellver­
stößen zu stärken. Nach Ansicht der AK ist
dies aber nur teilweise gelungen. Vor allem
für geschädigte KonsumentInnen bleibt der
Weg zur Schadenskompensation weiterhin
versperrt, weil wichtige konsumentenschutz­
relevante Instrumente fehlen.
Weiters soll mit der Novelle die Vollzugstä­
tigkeit der Wettbewerbsbehörden gestärkt
werden. Hierzu zählen etwa die Unterbre­
chung der Verjährungsfristen bei Einleitung
von Ermittlungen durch die Bundeswettbe­
werbsbehörde (BWB) oder die Möglichkeit,
die Verhängung von Zwangsgeldern zu bean­
tragen, wenn Unternehmen im Rahmen einer
Hausdurchsuchung den Zugang zu elektro­
nisch abrufbaren Daten verweigern.
Positiv zu erwähnen sind die geplanten Maß­
nahmen zur Verbesserung der Transparenz
– dazu zählen die Veröffentlichung auch von
abweisenden Entscheidungen und Einstwei­
ligen Verfügungen sowie die Unzulässigkeit
von verkürzten (begründungslosen) Entschei­
dungen bei Settlement-Verfahren. Weiters
soll die beim Kartellgericht geführte Sachver­
ständigenliste in die allgemeine Sachverstän­
digenliste übergeführt werden, um damit die
Mechanismen der Qualitätssicherung nach
dem Sachverständigen- und Dolmetscherge­
setz auch für Kartellangelegenheiten zu ge­
währleisten.
Materiellrechtliche Neuerungen betreffen
die Möglichkeit des Kartellgerichts, bei Ge­
meinschaftsunternehmen im Rahmen des
Fusionsverfahrens auch Aussagen über die
kartellrechtlichen Auswirkungen zu treffen
(Fusions- und Kartellkontrolle in einem Ver­
fahren). In Verfahrensrechtlicher Hinsicht soll
der Oberste Gerichtshof (OGH) als Kartell­
obergericht nunmehr auch bestimmte qua­
lifizierte Feststellungsmängel im Rekursweg
überprüfen können (2. Tatsacheninstanz).
Dem Entwurf sind zahlreiche Sitzungen der
interministeriell eingesetzten Arbeitsgruppe
„Wettbewerb“ vorausgegangen, die nach
Fertigstellung der Studie des Beirats für Wirt­
schaft- und Sozialfragen Nr. 871
, 2014 ihre
Tätig­keit aufnahm.
Wiewohl in den Begutachtungsentwurf viele
Empfehlungen der AK und des Beirats über­
nommen wurden, fehlen aber wichtige Forde­
rungen der AK weiterhin. Diese werden nach­
folgend kurz dargestellt:
Von Ulrike Ginner und
Helmut Gahleitner,
beide Arbeiterkammer Wien,
Abteilung Wirtschaftspolitik
Die im Regierungsprogramm festgeschriebene Zweckwidmung
von Buß­geldern für Konsumentenschutz an den Verein für Konsu-
menteninformation (VKI) wurde immer noch nicht realisiert.
Seite 3 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
Forderungen der AK
1. Zweckwidmung von Geldbußen für
­Anliegen des Konsumentenschutzes
DieimRegierungsprogrammunter„Wachstum
und Beschäftigung für Österreich“ festge­
schriebene Zweckwidmung von Bußgeldern
für Konsumentenschutz an den Verein für
Konsumenteninformation (VKI) wurde immer
noch nicht realisiert. Aus Sicht der AK ist
die Regierungsvereinbarung aus mehreren
Gründen umgehend umzusetzen:
nn Der VKI ist eine unverzichtbare Institu­
tion, die allen KonsumentInnen individu­
elle Beratung und Unterstützung bei kon­
sumentenrechtlichen Problemen anbietet.
Von den Tests, Publikationen, der Medien­
arbeit und den Aktivitäten zur Rechts­
durchsetzung profitieren alle Konsumen­
tInnen, egal ob sie z.B. unselbständig
Beschäftigte, UnternehmerInnen, Beam­
tInnen oder LandwirtInnen sind. Die Ange­
bote sind umso wichtiger, je globaler und
komplexer Märkte werden, wie z.B. auch
das erfolgreiche VKI-Projekt „Energiekos­
tenstopp“ eindrücklich gezeigt hat.
nn Aus der Geldbußenstatistik der Bundes­
wettbewerbsbehörde ist ersichtlich, dass
überwiegend EndverbraucherInnen die
Geschädigten von wettbewerbswidrigen
Absprachen sind. Alleine im Lebensmittel­
bereich wurden in den letzten drei Jahren
Geldbußen in Höhe von rund 70 Mio Euro
verhängt, weil Unternehmen des Lebens­
mitteleinzelhandels sowie Lebensmittelpro­
duzenten auf Kosten der Konsumentinnen
und Konsumenten verbotene Absprachen
durchführten.
nn Häufig sind dies so genannte Streu­
schäden, die von KonsumentInnen ange­
sichts ihrer geringen Höhe nie eingeklagt
werden. Auch höhere Schadensbeträge
werden wegen des Prozesskostenrisikos
individuell in aller Regel nicht verfolgt.
Eine teilweise Zweckwidmung von Geld­
bußen für den Konsumentenschutz an den
VKI ist daher sachlich gerechtfertigt und zwin­
gend geboten. Die AK fordert eine Gesetzes­
änderung, wonach 20% der im vergangenen
Budgetjahr eingetriebenen Geldbußen, min­
destens jedoch zwei und höchstens vier Mil­
lionen Euro, dem VKI zur Förderung von Kon­
sumenteninteressen zugutekom­men sollen.
2. Akteneinsicht für die Vorbereitung von
Schadenersatzklagen:
Die AK hat sich stets dafür ausgesprochen,
dass die „vorprozessuale“ Akteneinsicht i.S.
der EuGH-Rechtsprechung „Donauchemie
Rs. C-536/11“ ebenfalls in der Novelle umge­
setzt werden soll. Anders als im Vorentwurf,
welcher der Arbeitsgruppe zur Diskussion vor­
gelegt wurde, findet sich im aktuellen Entwurf
der Novelle nun doch keine Adaptierung des
§ 39 KartG (Akteneinsicht).
Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist not­
wendig, um überhaupt feststellen zu können,
ob Dritte tatsächlich durch den konkreten
Wettbewerbsverstoß einen Schaden erlitten
haben. Durch das Einsichtsrecht ist es dem
Geschädigten möglich zu entscheiden, ob
eine Schadenersatzklage aussichtsreich wäre
bzw ein Offenlegungsantrag i.S. der Richtlinie
Die Einführung einer Gruppenklage ist vor allem aus konsu-
mentenpolitischer Sicht dringend erforderlich.
Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist
notwendig, um überhaupt feststellen zu
können, ob Dritte durch den konkreten
Wettbewerbsverstoß einen Schaden
erlitten haben.
Seite 4 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
für bestimmte Beweismittel präziser formuliert
werden könnte.
Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist einer­
seits für die Abschätzung des Prozesskos­
tenrisikos wesentlich und andererseits auch
europarechtlich geboten, wie folgendes Bei­
spiel zeigt: Bei einer angenommenen Scha­
denshöhe von € 500 betragen die Kosten bei
Klagseinbringung rund € 300 (Gerichtsge­
bühren, Rechtsanwaltshonorar). Geschädigte
ohne ausreichende Informationsbasis werden
daher zumeist ihre Ansprüche nicht geltend
machen.
Nach Ansicht der AK sollte daher die im Vor­
entwurf enthaltene Regelung, die unter be­
stimmten Umständen eine Akteneinsicht noch
vor Klagseinbringung erlaubt, wieder in die
Kartellgesetznovelle aufgenommen werden.
3. Gruppenklagen wichtig bei Schaden­
ersatzansprüchen
Weder auf EU- noch auf nationaler Ebene
wurde die Möglichkeit ergriffen, durch Ein­
führung einer Gruppenklage ein wirkungs­
volles Instrument zur Geltendmachung von
Schadenersatzansprüchen zur Verfügung zu
stellen. Die derzeit angewandte Verfahrens­
möglichkeit („Sammelklage nach österrei­
chischem Recht“) ermöglicht keine effiziente
Prozessführung bei gleichartig gelagerten
Sachverhalten. Die Einführung einer Gruppen­
klage ist vor allem aus konsumenten­politischer
Sicht dringend erforderlich. Gruppenklagen
reduzieren die Prozesskosten für den ein­
zelnen, vermeiden divergierende Entschei­
dungen und bieten somit einen verbesserten
Rechtszugang für geschädigte Konsumen­
tInnen. Darüber hinaus führen Einzelverfahren
bei gleichartig gelagerten Sachverhalten zu
einer enormen Belastung der Gerichtsbarkeit
(z.B. durch mehrfache Zeugenbefragung ein
und derselben Person). Die Einführung einer
Gruppenklage ist daher auch ein wirkungs­
volles Instrument zur oftmals geforderten Ver­
waltungsvereinfachung.
4. Keine unrechtmäßigen Gewinne für
rechtswidrig handelnde Unternehmen
Wie schon erwähnt, werden die neuen scha­
denersatzrechtlichen Bestimmungen für
KonsumentInnen keinen Vorteil bringen. Das
Prozesskostenrisiko bleibt, die Streuschä­
den-Problematik wird gar nicht aufgegriffen,
kollektive Rechtsdurchsetzungs­instrumente
werden vom Gesetzgeber nicht zur Verfügung
gestellt. Aus diesen Gründen kann nach An­
sicht der AK nur ein Gewinnabschöpfungs­
verfahren gewährleisten, dass unrechtmäßige
Erlöse nicht bei den rechtswidrig handelnden
Unternehmen verbleiben.
5. Stärkere Berücksichtigung der volks-
wirtschaftlichen Rechtfertigung bei
Zusammenschlüssen
Aus AK-Sicht soll der volkswirtschaftlichen
Rechtfertigung (z.B. Arbeitsplatzsicherung,
Sicherung der Nahversorgung) im Rahmen
der Zusammenschlusskontrolle größere Be­
deutung zukommen.
Es ist nicht sachgemäß, dass die Berücksich­
tigung der volkswirtschaftlichen Rechtferti­
gung nur in Verbindung mit der internationalen
Bei Zusammenschlüssen soll der volkswirtschaftlichen Recht-
fertigung (z.B. Arbeitsplatzsicherung, Sicherung der Nahver-
sorgung) größere Bedeutung zukommen.
Nur ein Gewinnabschöpfungsverfahren
kann gewährleisten, dass unrechtmä-
ßige Erlöse nicht bei den rechtswidrig
handelnden Unternehmen verbleiben.
Seite 5 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
Wettbewerbsfähigkeit zum Tragen kommt.
Dies hat nämlich zur Konsequenz, dass bei
rein nationalen Sachverhalten (oftmals im Be­
reich des Einzelhandels) die volkswirtschaft­
liche Dimension eines Zusammenschlusses
im Rahmen des Prüfverfahrens nicht ausrei­
chend berücksichtigt werden kann. Die fusi­
onsrechtliche Regelung muss daher an dieses
Erfordernis angepasst werden.
Eine alternative Überlegung wäre auch die
Einführung einer sogenannten „Ministerer­
laubnis“, wie sie auch in anderen Mitglied­
staaten (Deutschland, Großbritannien und
Frankreich) gesetzlich verankert ist.
6. Digitalisierung der Wirtschaft
Um die zunehmende Digitalisierung der Wirt­
schaft auch unter dem Kartellrechtsregime
zu erfassen, ist es wichtig, auf Märkten, die
unentgeltliche Leistungen anbieten, bzw. bei
mehrseitigen Märkten (Plattformen) eine um­
fassende Kontrollmöglichkeit einzuführen.
Ein Beispiel dazu ist die Übernahme von
WhatsApp durch Facebook, die – mangels Er­
reichen der Umsatzschwellenwerte – trotz eines
Transaktionsvolumens in der Höhe von 18 Mrd
US-$ nicht der Fusionskontrolle unterlag.
In Deutschland liegt bereits ein „Referente­
nentwurf“ für die neunte Novelle des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (dGWB)
vor, der auch der zunehmenden Digitalisierung
Rechnung trägt. Die AK schlägt daher vor,
auch in Österreich gleichartige Bestimmungen
hinsichtlich Fusionskontrolle, Marktdefinition
und Kriterien zur Marktstellung eines Unter­
nehmens vorzusehen.
Das Begutachtungsverfahren läuft bis 5. Okto­
­ber 2016. Im Anschluss daran wird eine Re­
gierungsvorlage erstellt und der parlamenta­
rischen Behandlung zugeleitet. Die AK wird
im Rahmen dieses Prozesses weiterhin auf
eine Erfüllung der aufgezeigten Forderungen
drängen.
1	 http://www.sozialpartner.at/wp-content/uploads/2015/08/Beirat_Nr.87_2014_WEB.pdf
Das Kartellrechtsregime sollte auch die zunehmende Digitali-
sierung der Wirtschaft berücksichtigen.
Seite 6 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
AK-STRUKTURWANDELBAROMETER:
RUSHHOUR IN DER ARBEITSWELT
Der Strukturwandelbarometer 2016 der AK Wien zeigt, wie die BetriebsrätInnen den Wandel in ihren
Unternehmen beurteilen: Haupttreiberin der betrieblichen Veränderungsprozesse ist die fortschrei-
tende Digitalisierung der Arbeitswelt, die gravierende Auswirkungen für die Beschäftigten nach sich
zieht.
Die Geschwindigkeit in der Arbeitswelt nimmt
rapide zu, das zeigt der aktuelle AK-Struktur­
wandelbarometer als österreichweiter Stim­
mungstest1
unter 271 BetriebsrätInnen: Die
Beschäftigten sehen sich gegenwärtig mit zu­
nehmenden Flexibilitätsanforderungen, stei­
gendem Zeitdruck und einer Verschlechterung
des Betriebsklimas konfrontiert. Während die
Zunahme der Flexibilität zumindest aus der
betriebswirtschaftlichen Perspektive als sinn­
voll erachtet wird, gilt dies für die anderen
beiden Faktoren nicht: Für 61% der befragten
BetriebsrätInnen hat die Erhöhung des Drucks
auch negative Konsequenzen auf die wirt­
schaftliche Performance des Unternehmens;
sogar 90% sind der Meinung, dass schlechtes
Betriebsklima wirtschaftliche Nachteile bringt.
Zum Abkühlen des Betriebsklimas trägt vor
allem Personalabbau bei, der unter den ver­
bleibenden Beschäftigten Verunsicherung
hervorruft und zur Entsolidarisierung führen
kann.2
Dabei ist ein gutes Betriebsklima so­
wohl ein entscheidender Schlüssel zur Zufrie­
denheit am Arbeitsplatz als auch ein wichtiger
(weil motivierender) Wettbewerbsfaktor.3
Vom
Strukturwandel insgesamt profitieren laut Be­
fragung das Unternehmen und deren Eigen­
tümer, während die Auswirkungen auf die
Beschäftigten (z.B. Arbeitsbedingungen, Ein­
kommen) als negativ erachtet werden.
Maßgeblich getrieben wird der betriebliche
Wandel von der fortschreitenden Digitalisie­
rung: So werden zwar neue Formen der Arbeit­
und der Arbeitszeitgestaltung generiert, gleich­
zeitig wächst aber das Risiko der Arbeitsver­
dichtung und der Entgrenzung von Arbeit und
Freizeit. Der AK-Strukturwandelbarometer
2016 zeigt, wie der digitale Wandel bisher in
den österreichischen Betrieben angekommen
ist: Von 43% der Unternehmen werden be­
reits virtuelle Arbeitsformen eingesetzt. Zwei
Drittel der Unternehmen nutzen Softwaresys­
teme zur Steuerung und Planung. Und bereits
drei Viertel verwenden mobile Endgeräte mit
Anbindung an das Firmennetzwerk. Zu be­
obachten ist, dass der Einsatz von digitalen
Technologien mit zunehmender Betriebsgröße
steigt. Konzernbetriebe und dabei vor allem
jene, bei denen die Entscheidungskompe­
tenz bei einer Muttergesellschaft im Ausland
liegt, weisen weitaus höhere Digitalisierungs­
raten auf. Der Prozess der Digitalisierung er­
folgt branchenübergreifend, unterscheidet
sich jedoch je nach Sparte in der konkreten
Einsatzform: Produktionsbetriebe mit langen
Lieferketten bis hin zu EndverbraucherInnen
benötigen beispielsweise andere Planungs-,
und Produktionstechnologien oder Transport­
logistiken als Dienstleistungsunternehmen.
Grundsätzlich stehen die befragten Betriebs­
rätInnen der Digitalisierung positiv gegenüber:
Fast drei Viertel sind der Meinung, dass die
stärkere Verwendung digitaler Technologien in
ihren Unternehmen eher von Vorteil ist, wenn
es um die wirtschaftliche Entwicklung geht.
Der betriebliche Wandel wird von
der fortschreitenden Digitalisierung
getrieben.
Von Christina Wieser,
Abteilung Betriebswirtschaft
und Vera Lacina,
Abteilung Wirtschaftspolitik,
beide Arbeiterkammer Wien
Seite 7 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
Richtet sich der Blick jedoch auf die Arbeits­
bedingungen, sind die BetriebsrätInnen nur
mehr knapp zur Hälfte positiv gestimmt. Für
ein Sechstel der Befragten hat die Digitalisie­
rung eher nachteilige Auswirkungen auf die
Arbeitsbedingungen, da sich dadurch das Ar­
beitstempo noch mehr beschleunigt und der
Druck weiter zunimmt (vgl. Abbildung 1).
Auswirkungen der Digitalisierung
Neues Arbeiten, neue Qualität?
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die
Qualität der Arbeit und insbesondere auf den
Qualifikationsbedarf stehen im Zentrum des
gegenwärtigen Diskurses rund um die Zukunft
der Arbeit. Offen ist, wie sich die Beschäfti­
gungssituation weiter entwickeln wird, die
Dynamik am Arbeitsmarkt wird jedenfalls zu­
nehmen und die Bedeutung von Qualifizierung
und Weiterbildung weiter wachsen.4
Fast die
Hälfte (49%) der BetriebsrätInnen vertritt die
Auffassung, dass sich die Einführung neuer
Technologien auf die Qualität und das Niveau
der Arbeitsplätze positiv ausgewirkt hat. Die
technologische Ausgangsbasis der österrei­
chischen Unternehmen ist demnach aus der
Perspektive der ArbeitnehmerInnenvertretung
gut. Dies bestätigen Daten der Statistik Aus­
tria, etwa zur Industrieproduktion, den Ex­
porten oder der Forschungs-  Entwicklungs­
quote. Auch im europäischen Vergleich weist
Österreich eine positive Entwicklung auf. Um
diese Position zu festigen, Beschäftigung und
Einkommen zu generieren und eine Spitzen­
position im digitalen Bereich zu erreichen, be­
darf es jedoch weiterer Investitionen.
Der Strukturwandelbarometer liefert zudem
Informationen über die neuen Anforderungen
im Hinblick auf Qualifikationsstrukturen und
Kompetenzprofile der MitarbeiterInnen: Mehr
als die Hälfte (57%) der BetriebsrätInnen
meint, dass die betriebliche Weiterbildung
zur Erweiterung digitaler Kompetenzen zuge­
nommen hat. Fast zwei Drittel (63%) der Be­
fragten geben an, dass digitale Kompetenzen
bei Neuanstellungen zunehmend wichtiger
werden. Gleichzeitig sehen aber nur 20%,
dass die digitale Qualifikation als zusätzliches
Kriterium bei der Entlohnung neuer Kolle­
gInnen berücksichtigt wird.
Flexibel, aber selbstbestimmt
Durch die zunehmende Digitalisierung sind
dem flexiblen Arbeiten kaum Grenzen gesetzt.
Bereits jetzt orten 63% der Befragten, dass
die Flexibilitätsanforderungen steigen. Arbeit
ist längst nicht mehr an einen bestimmten Ort
und an fixe Zeiten gebunden: Wie beurteilt die
ArbeitnehmerInnenvertretung die neu erlangte
ABBILDUNG 1: IST DIE DIGITIALISIERUNG ALLES IN ALLEM EHER VON VORTEIL ODER EHER VON NACHTEIL? (N=271)
48
71
35
26
14
3
3
0% 50% 100%
für	
  die	
  Arbeitsbedingungen
für	
  die	
  wirtschaftliche	
   Entwicklung	
  
Abbildung	
  1:	
  Ist	
  die	
  Digitalisierung	
  alles	
  in	
  allem	
  eher	
  von	
  Vorteil	
  
oder	
  eher	
  von	
  Nachteil?	
  (n=271)
eher	
  positiv weder	
  noch eher	
  negativ k.A.
Quelle:	
  AK-­‐Strukturwandelbarometer	
  2016,	
  IFES
Quelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
Seite 8 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
räumliche und zeitliche Flexibilität? Mehr
als ein Drittel (37%) der Befragten sieht bei
dieser Frage positive Auswirkungen. Für diese
Gruppe ergeben sich offenbar neue Freiräume
und interessante Alternativen zur Präsenz­
kultur, die gerne genutzt werden.
Allerdings hat sich die Einführung digitaler
Technologien für jede/n Fünfte/n eher negativ
auf die Autonomie ausgewirkt, gibt doch nach
wie vor das Unternehmen den Takt an. Die
landläufige Arbeitgebererwartung der stän­
digen Erreichbarkeit birgt für die Beschäftigten
die Gefahr einer höheren Arbeitsintensität und
unzureichender Erholungsphasen. Hier zeigt
sich die Ambivalenz der neuen Arbeitswelt:
Während sich für die einen mehr Freiheiten
eröffnen, sehen sich andere wegen der zeit­
lichen und räumlichen Entgrenzung immer
mehr unter Druck gesetzt.
Neue Arbeitsformen, neue Bürokultur?
Ein ähnlicher Widerspruch gilt für die ver­
stärkte Implementierung neuer Informations-
und Kommunikationstechnologien in den Ar­
beitsalltag: Auf der einen Seite steht Informati­
onsüberfluss, der zu Arbeitsverdichtung führt,
auf der anderen Seite der Vorteil des kurzen
Kommunikationsweges. Die Ergebnisse der
Untersuchung zeigen diesen Gegensatz deut­
lich auf: Zwar sieht mehr als ein Drittel der
befragten BetriebsrätInnen einen positiven
Effekt, fast genauso viele (31%) konstatieren
aber eine Verschlechterung. Schon jetzt erlebt
mehr als ein Drittel der Befragten, dass sich
das Betriebsklima im letzten halben Jahr ver­
schlechtert hat.
Neue Kommunikationsmethoden lassen sich
am besten in einer modernen Arbeitsum­
gebung umsetzen. So präsentiert sich bei­
spielsweise das neue Headquarter der Erste
Bank Group am Gelände des ehemaligen
Südbahnhofs nicht nur architektonisch, son­
dern auch technisch am neuesten Stand. Der
neue Campus bietet seit Februar 2016 für die
rund 5.000 Beschäftigten viel Grün, Wohn­
ABBILDUNG 2: WIE HAT SICH DIE EINFÜHRUNG DIGITALER TECHNOLOGIEN IM BETRIEB AUSGEWIRKT? (n=271)
Die Folge der permanenten Erreich­
barkeit ist ein starker Anstieg der
psychischen Belastungen.
8
12
18
36
37
49
42
28
46
31
40
37
49
59
34
31
21
13
0% 50% 100%
auf	
  die	
  Situation	
  älterer	
  Beschäftigter	
  im	
  Betrieb
auf	
  die	
  Arbeitsbelastungen
auf	
  die	
  Vereinbarkeit	
  von	
  Beruf	
  und	
  Privatleben
auf	
  die	
  Kommunikation	
  zwischen	
  KollegInnen
auf	
  die	
  räumliche	
  und	
  zeitliche	
  Autonomie	
  der	
  Beschäftigten
auf	
  die	
  Qualität	
  und	
  das	
  Niveau	
  der	
  Arbeitsplätze	
  
Abbildung	
  2:	
  Wie	
  hat	
  sich	
  die	
  Einführung	
  digitaler	
  Technologien	
  im	
  Betrieb	
  ausgewirkt?	
  
(n=271)
eher	
  pos itiv weder	
  noch eher	
  negativ
Quelle:	
  AK-­‐Strukturwandelbarometer	
  2016,	
  IFESQuelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
Seite 9 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
zimmeratmosphäre und Open Space Office5
.
Mit dem Umzug in das neue Gebäude wurde
gleichzeitig eine neue Organisationsform – das
Desk-Sharing6
– eingeführt. Die kolportierten
Ziele dieses Konzepts sind Kostenerspar­
nisse, ideale Raumnutzung, eine produktivere
und attraktivere Arbeitsumgebung sowie zu­
friedenere MitarbeiterInnen.7
Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen
Rahmenbedingungen werden von der zu­
ständigen Betriebsratsvorsitzenden Ilse Fetik
so kommentiert: „In den schönen, modernen
Großraumbüros müssen die KollegInnen jeden
Tag aufs Neue einen Arbeitsplatz suchen, weil
sie keine eigenen Schreibtische mehr haben.
Viele kommen mit der Umstellung schwer
zurecht und vermissen ihre gewohnten Bü­
ronachbarn. Nach einem ­Arbeitstag muss
der Tisch absolut leer geräumt werden, ‘am
Abend lösche ich mich aus‘, sagt ein Kollege
dazu. Nur noch der Vorstand hat zugeordnete
Schreibtische.“8
Der informelle Austausch
zwischen KollegInnen wird in dieser Facette
der neuen Arbeitswelt offenbar erschwert. Es
wird sich zeigen, wie sich diese Entwicklung
künftig auf das Betriebsklima auswirkt.
Die Balance finden zwischen Arbeit und
Leben
Deutlich negativ fällt die Beurteilung der Be­
triebsrätInnen dann aus, wenn es um die
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ver­
einbarkeit von Beruf und Privatleben geht.
Nur 18% der Befragten sind der Meinung,
dass sich die Digitalisierung positiv auf die
„Work-Life-Balance“ ausgewirkt hat, fast dop­
pelt so häufig (34%) werden Nachteile festge­
stellt. Bestätigt wird dies durch eine Untersu­
chung der Arbeiterkammer Niederösterreich
in Kooperation mit der TU Wien vom April
20169
. Bei den dabei knapp 750 Befragten
aus der Dienstleistungsbranche waren bis
zu 70% in der Freizeit permanent erreichbar,
selbst im Krankenstand waren es fast 60%.
Sogar im Urlaub und am Wochenende ist fast
jede/r Zweite/r stets erreichbar. Die dramati­
sche Folge dieser permanenten Erreichbarkeit
ist ein starker Anstieg der psychischen Belas­
tungen: Der Anteil der Beschäftigten mit De­
ABBILDUNG 3: EINBINDUNG DES BETRIEBSRATS BEI EINFÜHRUNG NEUER TECHNOLOGIEN (n=271)
„Am Abend lösche ich mich aus“,
sagt ein Kollege.
14
15
65
12
0 10 20 30 40 50 60 70
aktiv	
  in	
  die	
  Entscheidung	
  eingebunden
aktiv	
  in	
  die	
  Planung	
  eingebunden
nur	
  informiert
gar	
  nichts/nichts	
  davon
Abbildung	
  3:	
  Einbindung	
  des	
  Betriebsrats	
  bei	
  Einführung	
  neuer	
  Technologen	
  (n=271)
Quelle:	
  AK-­‐Strukturwandelbarometer	
  2016,	
  IFES
Quelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
Seite 10 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
pressionserscheinungen liegt bei jenen, die in
ihrer Freizeit nicht oder kaum erreichbar sind,
bei 11,3%. Bei ArbeitnehmerInnen mit einem
hohen Maß an Erreichbarkeit liegt dieser Wert
bereits doppelt so hoch (24%). Besonders be­
troffen sind Beschäftigte mit All-in-Verträgen
und Teilzeitkräfte. Ein wichtiger Schritt für eine
bessere Abgrenzung vom Beruf wäre, dass
mobile Geräte in der Freizeit abgeschaltet
bzw. nicht synchronisiert werden.
Die digitale Kluft wird größer
Aber auch ältere ArbeitnehmerInnen kommen
im digitalen Zeitalter häufig unter Druck: Nur
8% der BetriebsrätInnen geben an, dass sich
die Einführung digitaler Technologien für ältere
Beschäftigte im Betrieb vorteilhaft ausgewirkt
hat. Fast die Hälfte ist jedoch der Meinung,
dass sich ihre Situation verschlechtert hat. Die
große Herausforderung besteht gegenwärtig
wohl darin, den „Digital Divide“ – also die „di­
gitale Kluft“ – aufgrund von Alter, aber auch
von Geschlecht oder sozialer Zugehörigkeit
zu schließen.
Arbeitsbelastungen steigen
Für eine deutliche Mehrheit (59%) der Be­
triebsrätInnen geht die Einführung digitaler
Technologien mit einer Erhöhung der Ar­
beitsbelastungen einher, nur 12% assoziieren
damit eine Erleichterung. Die höheren Belas­
tungen sind Folgen der Entgrenzung und Ver­
längerung der Arbeitszeiten, der permanenten
Erreichbarkeit und der Arbeitsverdichtung.
Schon jetzt ist der Zeitdruck, der in 62% der
Fälle im letzten halben Jahr zugenommen hat,
eine massive Belastung für die Arbeitneh­
merInnen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt
auch der „Gute-Arbeit-­Index“10
des Deut­
schen Gewerkschafts­bundes (DGB): Von den
ArbeitnehmerInnen, die in hohem oder sehr
hohem Maß digitalisiert arbeiten, gibt fast die
Hälfte (46%) an, dass ihre ­Arbeitsbelastung
dadurch größer geworden ist, lediglich 9%
fühlen sich entlastet.
Mitbestimmung 4.0
Der digitale Wandel ist zumeist in weitrei­
chende organisatorische Änderungen im
Betrieb bzw. im Unternehmen eingebunden
und beeinflusst so die wirtschaftliche Mitbe­
stimmung. Typische Digitalisierungsthemen
sind beispielsweise Änderungen im Arbeits­
ablauf bzw. der Arbeitsorganisation, Daten­
schutz oder Personalplanung etc. Laut Gesetz
(§§  91ff Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG))
ist die Unternehmensleitung eigentlich ver­
pflichtet, rechtzeitig über „Planung und Ein­
führung neuer Technologien“ zu informieren,
damit die ArbeitnehmerInnenvertretung die
Interessen der MitarbeiterInnen einbringen
und entsprechende Maßnahmen setzen kann.
Die gelebte Unternehmenspraxis ist davon
jedoch weit entfernt, wie der AK-Strukturwan­
delbarometer feststellt: Der Betriebsrat wird in
knapp zwei Drittel (65%) der Fälle überhaupt
nur informiert (vgl. Abbildung 3), lediglich 14%
der BetriebsrätInnen stellen eine aktive Ein­
bindung in Entscheidungen bzw. 15% in die
Planung fest. 12% der befragten Betriebs­
rätInnen wussten gar nichts von der Einfüh­
rung neuer Technologien. Die Geschäftslei­
tungen treiben die Digitalisierung voran, ohne
die Beschäftigten und ArbeitnehmerInnenver­
tretungen aktiv einzubinden. Dabei hält die
Mitbestimmungsforschung fest, dass eine
frühzeitige Einbindung von BetriebsrätInnen
schon in der Planungsphase zur Beschleuni­
gung von Entscheidungsprozessen im Unter­
nehmen beiträgt, statt sie zu verlangsamen.11
Ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung
der Mitbestimmungsrechte – gerade beim
Der Zug der Digitalisierung fährt zwar mit Hochgeschwindig-
keit, bringt die Beschäftigten aber nicht von selbst in eine
bessere Arbeitswelt.
Seite 11 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
Phänomen digitaler Wandel – sind Betriebs­
vereinbarungen. In diesem Zusammenhang
geben fast 60% der BetriebsrätInnen an,
dass im letzten Jahr keine Betriebsverein­
barungen rund um Digitalisierungsthemen ab­
geschlossen wurden. In 26% der Fälle hat es
in den letzten zwölf Monaten neue Betriebs­
vereinbarungen zum Thema Datenschutz ge­
geben. Weitere 18% der Befragten führen an,
dass Betriebsvereinbarungen zur Abgrenzung
von Arbeitszeit und Freizeit sowie 14% zu
neuen digitalen Technologien abgeschlossen
wurden. Auffällig ist dabei, dass in 70% der
Fälle die Initiative zum Abschluss dieser Be­
triebsvereinbarungen vom Betriebsrat und
nicht von ArbeitgeberInnen ausgegangen ist.
„So muss Digitaler Wandel!“
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass
der digitale Wandel für hochwertige Arbeits­
plätze notwendig ist und einen hohen­Grad
an Raum-Zeit-Autonomie ermöglichen kann.
Die Digitalisierung trägt aber bis jetzt nicht
dazu bei, eine bessere Balance zwischen Ar­
beit und Freizeit zu finden und damit lebens­
phasenorientiertes Arbeiten zu unterstützen.
Eher das Gegenteil ist der Fall: Durch die
permanente Erreichbarkeit steigen der Druck
und die Arbeitsbelastungen weiter an. Diese
Beschleunigung und die steigenden Anforde­
rungen haben eine Zunahme von psychischen
Erkrankungen zur Folge – hier sind besonders
All-in-VertragsnehmerInnen und Teilzeitkräfte
betroffen. Aber auch ältere ArbeitnehmerInnen
haben es in diesem Veränderungsprozess be­
sonders schwer.
Der Zug der Digitalisierung fährt zwar mit
Hochgeschwindigkeit, bringt die Beschäf­
tigten aber nicht von selbst in eine bessere
Arbeitswelt: Dafür braucht es klare Arbeits­
zeitregelungen, ausreichende Erholungs­
phasen, betrieblichen Gesundheitsschutz
und gerechte Entlohnung – auch im Sinne der
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Für
eine faire Gestaltung der neuen Arbeitswelt
ist die Mitbestimmung ein entscheidender
Faktor. Nur die aktive Einbindung der Arbeit­
nehmerInnen und ihrer BetriebsrätInnen ge­
währleistet, dass gute Arbeit nicht auf der
Strecke bleibt.
1	 Vgl. Strukturwandelbarometer 2016, Digitaler Wandel – aus Sicht von BetriebsrätInnen (AK-Wien, durchgeführt von IFES)
https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/studien/Strukturwandelbarometer_2016.pdf (abgerufen am 22.09.2016).
2	 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 85 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 23.09.2016).
3	Vgl. http://www.tzl.de/blog/wp-content/uploads/2014/06/Whitepaper_Wohlbefinden.pdf (abgerufen am 22.09.2016).
4	 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 32 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 28.09.2016).
5	 Große Büros ohne Trennwände und ohne verschließbare Zellentüren.
6	 Desksharing, auch „Shared Desk“ oder „Flexible Office“ genannt, ist eine Organisationsform, bei der innerhalb einer Organisationseinheit
weniger Arbeitsplätze als MitarbeiterInnen verfügbar sind. Die MitarbeiterInnen wählen ihren Arbeitsplatz täglich aufs Neue.
7	Vgl. http://www.smartworkers.net/2014/12/desk-sharing-klappt-es-mit-dem-teilen-im-buero-teil-2/ (abgerufen am 22.09.2016).
8	 Vgl. APA-Meldung vom 18.05.2015: AK: Beschäftigte durch digitalen Wandel immer mehr unter Druck (abgerufen am 22.09.2016).
9 	 Vgl. https://media.arbeiterkammer.at/noe/pdfs/presse/Pressepapier_PK_Staendig_erreichbar.pdf (abgerufen am 29.09.2016).
10	 Vgl. DGB-Index „Gute Arbeit“ (04/2016): Mehrbelastung durch Arbeit 4.0 – Die Auswirkungen der Digitalisierung aus Beschäftigtensicht.
11	 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 105 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 28.09.2016).
Für eine faire Gestaltung der neuen
Arbeitswelt ist die Mitbestimmung ein
entscheidender Faktor.

Seite 12 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
STUDIENHINWEIS
STRUKTURWANDELBAROMETER 2016 – AK/IFES
Die regelmäßige Erhebung und Analyse der Inhalte, Dynamik und Auswirkungen
des betrieblichen Strukturwandels aus ArbeitnehmerInnenperspektive.
Die Erhebung – durchgeführt von IFES im Auftrag der AK-Wien – erfolgte nun
zum vierten Mal. Fast 300 BetriebsrätInnen österreichischer Unternehmen
wurden online nach verschiedenen Indikatoren, etwa Zeitdruck, Anteil von
Leiharbeit, Outsourcing, Investitionen in Personal und betriebliche Mitbestim­
mung befragt.
	
Diesmal mit dem Schwerpunkt:
Einsatz digitaler Technologien als Indikator des Strukturwandels
StudienautorInnen: Georg Michenthaler, Nedeljko Beier, Claudia Pflügl
AK-Projektteam: Ursula Filipić, Roland Lang, Heinz Leitsmüller, Ulrich
­Schönbauer, Christina Wieser, Michael Heiling, Silvia Hruška-Frank
Die Studie als Download unter:
https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/Arbeitsmarkt/Strukturwandelbarometer.html
GERECHTIGKEIT MUSS SEIN
EINE STUDIE DER AK WIEN DURCHGEFÜHRT VON IFES
STRUKTURWANDELBAROMETER 2016
Digitaler Wandel – Aus Sicht von BetriebsrätInnen
Seite 13 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
ÖFFENTLICHE AUFTRAGSVERGABE:	
NACHHALTIG UND SOZIAL
In Österreich sollen bis zum Jahresende 2016 die EU-Vergaberichtlinien umgesetzt werden. Diese
eröffnen unter anderem die Möglichkeit, das sog. „Bestbieterprinzip“ stärker in das österreichische
Vergaberecht zu verankern sowie soziale und ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe vermehrt
zu berücksichtigen. Vor allem aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive ist es dringend geboten,
sich gegenüber diesen progressiven Möglichkeiten nicht zu verschließen.
Das Vergaberecht, eine auf europäischer
Ebene harmonisierte Rechtsmaterie, beruht
auf der Idee, dass öffentliche Aufträge EU-
weit und in transparenter Form zu vergeben
sind. Die rechtlichen Rahmenbedingungen
sollen dabei einen fairen Wettbewerb sowie
die effiziente Nutzung von Steuergeldern ge­
währleisten. Ließ die EU-Kommission aus
ebendiesen Gründen lange Zeit grundsätzlich
nur den Preis als Kriterium für die Auswahl
zu, wurde in den letzten Jahren ein deutlicher
Kurswechsel vorgenommen. Die Einsicht,
dass eine ausschließliche Fokussierung auf
den Preis sich in weiterer Folge als sehr kost­
spielig für die Allgemeinheit erweisen kann,
aber auch die Lehren, die man aus der Fi­
nanz- und Wirtschaftskrise in Bezug auf nach­
haltiges Wirtschaften gezogen hatte, führten
schließlich zu einer umfassenden Reform des
EU-Vergaberechts zu Beginn des Jahres 2014.
Die öffentliche Auftragsvergabe, dem eine
beträchtliche volkswirtschaftliche Relevanz
zukommt, soll nunmehr unter Beachtung von
sozial- und umweltpolitischen Aspekten ­einen
Beitrag zu einer nachhaltigen Konjunkturan­
kurbelung leisten. Die Vergabe-Richtlinien
eröffnen hierfür den nötigen Raum, um in der
Beschaffung wirtschafts- und gesellschafts­
politische Ziele strategisch zu befolgen. Die
Umsetzung der Richtlinien soll noch 2016 er­
folgen.
In Österreich trat bereits im März 2016 eine
„Kleine Novelle“ zum Vergaberecht in Kraft,
welche eine Annäherung an die Vorstellungen
des Unionsgesetzgebers brachte. Die auf eu­
ropäischer Ebene geschaffenen rechtlichen
Möglichkeiten, das österreichische Vergabe­
gesetz für Sozial- und Umweltkriterien stärker
zu öffnen, sowie unlauteren Wettbewerb durch
Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten,
wurden bis dato allerdings unzureichend ge­
nützt.
Nährboden für Sozialbetrug
In Österreich gibt es vorrangig dort Hand­
lungsbedarf, wo die rechtlichen Rahmenbe­
dingungen Lohn-und Sozialdumping begüns­
tigen. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere
lange Subunternehmerketten den idealen
Nährboden hierfür bieten. Das Problem stellt
sich in der Praxis wie folgt: Es werden Bauleis­
tungen an Auftragnehmer vergeben, die bei
der Ausführung des Auftrags auf Subunter­
nehmen zurückgreifen, welche ihrerseits eben­
falls Teile des Auftrags an weitere Sub-Subun­
ternehmen delegieren. Es entstehen so häufig
zum Teil unübersichtlich lange Subunterneh­
merketten an deren ­Enden häufig Arbeitneh­
merInnen stehen, deren Löhne und Sozial­
versicherungsbeiträge nicht korrekt geleistet
werden. Der hohe Kostendruck in der öffentli­
chen Beschaffung wird damit auf die unterste
Ebene der Subunternehmerkette überwälzt.
Beim – häufig bereits im Voraus geplanten –
Von Lena Karasz,
Arbeiterkammer Wien,
Abteilung Wirtschaftspolitik
Die unionsrechtlichen Möglichkeiten, unlauteren Wettbewerb
durch Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten, wurden bis
dato unzureichend genützt.
Seite 14 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
Konkurs ihrer direkten Arbeitgeber bleibt den
betroffenen Beschäftigten oft nur noch der
Weg zum Insolvenz-Entgelt-Fonds, um ihre
Lohnansprüche durchzusetzen.
Die „kleine Novelle“ brachte in dieser Hinsicht
insofern eine Verbesserung, als die Transpa­
renz in der Subauftragnehmerkette erhöht
wurde. Auftragnehmer müssen nunmehr im
Angebot alle Teile, die sie beabsichtigen an
Subauftragnehmer weiterzureichen, anführen.
Zudem bedarf nach der Zuschlagserteilung
grundsätzlich jeder Wechsel von beteiligten
Unternehmen der Zustimmung des Auftrag­
gebers. Damit sollen die Kontrollmöglich­
keiten der Auftraggeber zu jedem Zeitpunkt
der Vertragsausführung gesichert werden.
Von der Möglichkeit zur Kontrolle wird in der
Praxis allerdings selten Gebrauch gemacht.
Als weitaus effektivere Maßnahme im Kampf
gegen Lohn- und Sozialdumping würde sich
eine gesetzliche Beschränkung der Subauf­
tragnehmerkette auf maximal zwei Ebenen
erweisen.
Zielführend wäre überdies, Auftragnehmer, die
bereits in der Vergangenheit gegen bestimmte
arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften ver­
stoßen und damit ihre berufliche Zuverlässig­
keit in Frage gestellt haben, für festgelegte
Zeiträume von der Teilnahme an öffentlichen
Vergabeverfahren auszuschließen. Die Verga­
berichtlinien bieten dazu explizit die Möglich­
keit, da ein solcher Ausschluss auch unfairen
Wettbewerb verhindern soll. Die derzeitige
Rechtsprechung in Österreich erlaubt unzu­
verlässigen Bietern jedoch eine sogenannte
„Reinwaschung“, noch dazu unter milden Vo­
raussetzungen. Hier wäre jedoch eine striktere
Handhabung wichtig – sowohl im Sinne des
fairen Wettbewerbs als auch im Hinblick auf
die dadurch entstehenden Folgekosten für die
Allgemeinheit.
Wer billig kauft, kauft letztlich teuer
In der öffentlichen Auftragsvergabe war lange
Zeit das Billigstbieterprinzip vorherrschend.
Die öffentliche Hand, so die Idee, sollte sich
in ihrer Entscheidung ausschließlich am Preis
der vorgelegten Angebote orientieren, um
Transparenz zu gewährleisten und Diskrimi­
nierungen zu vermeiden. Diese ausschließ­
liche Fokussierung auf den Preis sollte dafür
sorgen, Steuergelder möglichst sparsam ein­
zusetzen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt
aber, dass sich vor allem die billigsten („güns­
tigsten“) Angebote im Nachhinein als die kost­
spieligsten erweisen.
Es kann daher als Fortschritt gewertet werden,
dass die letzte Vergaberechtsnovelle die Krite­
rien zur Zulässigkeit des Billigstbieterprinzips
weiter eingeengt hat. Als besonders positive
Neuerung ist die gesetzliche Verankerung des
Bestbieterprinzips im Bausektor hervorzu­
heben: Bei öffentlichen Bauauf­trägen ab einer
Million Euro muss nunmehr verpflichtend das
Bestbieterprinzip angewendet werden.
Gesamtwirtschaftlich gesehen ist es wichtig,
diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen
und das verpflichtende Bestbieterprinzip auch
auf andere Branchen, wie z.B. Bewachungs­
leistungen, gesundheitliche Dienstleistungen,
etc. auszudehnen. Solcherart würde nicht nur
der Qualitätswettbewerb gefördert, sondern
auch Lohn- und Sozialdumping ein Riegel
vorgeschoben werden, das auch jenseits der
Baubranche weit verbreitet ist. Regelmäßig
Der hohe Kostendruck in der öffentlichen Beschaffung wird
auf die unterste Ebene der Subunternehmerkette überwälzt.
Eine effektive Maßnahme im Kampf
gegen Lohn- und Sozialdumping wäre
eine gesetzliche Beschränkung der
Subauftragnehmerkette auf maximal
zwei Ebenen.
Seite 15 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
werden bei öffentlichen Ausschreibungen
Anbieter, die Beschäftigte fair entlohnen, von
Mitbewerbern mit unseriösen Kostenkalkulati­
onen aus dem Rennen gedrängt.
Ein anschauliches Beispiel von Lohndumping
bei der öffentlichen Auftragsvergabe bietet
der öffentliche Verkehrsdienst per Bus: Bus­
betriebe, die im Bewusstsein ihrer sozialen
Verantwortung auch älteres und gut ausge­
bildetes Personal zu angemessenen Kondi­
tionen beschäftigen, werden durch Mitbe­
werber, die ihr Personal nicht fair entlohnen,
sehr unter Druck gesetzt. Da bei der Preisbil­
dung im Busbereich die Kosten für das Per­
sonal bei etwa 50% liegen, können öffentliche
Aufträge vor allem dann lukriert werden, wenn
bei den Beschäftigten gespart wird. Der bil­
ligste Preis wird so zu Lasten des Personals
erreicht und belastet zudem die Sozialkassen
und den Staat, wenn die anderen (gut quali­
fizierten) Beschäftigten in die (Alters-)Arbeits­
losigkeit gedrängt werden. Überdies bedeutet
Lohndumping weniger Steuereinnahmen für
die öffentliche Hand.
Schutz der Beschäftigten
bei Betreiberwechsel
Ein weiteres Problem, das für Beschäftigte
im Personennahverkehr aus öffentlichen Auf­
tragsvergaben resultieren kann, ist der Be­
treiberwechsel. Diese Problematik tritt für die
Beschäftigten von Buslinien dann ein, wenn
nicht der Betreiber, bei dem sie beschäftigt
sind, den öffentlichen Auftrag erhält, sondern
ein anderer Mitwerber. Besonders im länd­
lichen Raum, wo die Einsatzorte begrenzt
sind, können Beschäftigte in einem solchen
Fall massiv unter Druck geraten. Busbetreiber
sind gesetzlich nicht verpflichtet, das Personal
des bisherigen Betreibers zu übernehmen. In
der Praxis kann dies dazu führen, dass sich
ArbeitnehmerInnen gezwungen sehen, zu
schlechteren Bedingungen zum neuen Ar­
beitgeber zu wechseln, dabei Dumping­löhne
in Kauf zu nehmen und auf bisher erworbene
Rechte, wie z.B. das Recht auf die 6. Urlaubs­
woche, zu verzichten.
Unionsrechtlich besteht allerdings die Mög­
lichkeit, in solchen Fällen den Bestbietenden
dazu zu verpflichten, die bisherigen Beschäf­
tigten unter Anerkennung ihrer erworbenen
Rechte zu übernehmen. Unter den EU-Mit­
gliedstaaten hat bislang Schweden von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht. Eine ver­
pflichtende Personalübernahme beim Betrei­
berwechsel ist dort gängige Praxis. Dies wäre
auch für Österreich erstrebenswert, um Be­
schäftigungsverhältnisse langfristig zu ­sichern
und der Beschneidung von ArbeitnehmerIn­
nenrechten entgegenzuwirken.
Berücksichtigung von sozialen, ökologischen
und qualitativen Mindestanforderungen
In der Vergangenheit spielten in Österreich vor
allem soziale und umweltbezogene ­Aspekte
in der öffentlichen Auftragsvergabe eine eher
untergeordnete Rolle. Argumentiert wurde,
dass das Bundesvergabegesetz kein sozi­
alpolitisches Instrument sei, sondern aus­
schließlich die „effizienteste“ Beschaffung
durch die öffentliche Hand sicherstellen sollte.
Andere Kriterien als der Preis wurden als „ver­
gabefremd“ qualifiziert. Mittlerweile hat sich
jedoch die Einsicht durchgesetzt, dass es vor
allem volkswirtschaftlich vernünftig ist, so­
ziale, ökologische und qualitative Kriterien bei
der Bewertung zu berücksichtigen. Die neue
allgemeine Vergabe-Richtlinie sieht daher
ausdrückliche Möglichkeiten für öffentliche
Auftraggeber vor, im Zuge der Beschaffung
Mittlerweile hat sich die Einsicht
durchgesetzt, dass es vor allem volks-
wirtschaftlich klug ist, soziale, ökolo-
gische und qualitative Kriterien bei der
Bewertung zu berücksichtigen.
Seite 16 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele
zu verfolgen. Nicht zuletzt vor diesem Hinter­
grund wäre eine Stärkung des Bestbieterprin­
zips erforderlich.
Um diese strategische Beschaffung noch zu­
sätzlich zu stärken, müssten beim Bestbie­
terprinzip neben dem Preis weitere soziale,
ökologische oder qualitative Kriterien als ver­
pflichtend miteinbezogen werden. Als soziale
Kriterien könnten beispielsweise das Vorhan­
densein spezieller Ausbildungsprogramme
für Lehrlinge oder der Anteil von ehemaligen
Langzeitarbeitslosen am Gesamtbeschäfti­
gungsstand herangezogen werden. Damit
würden wichtige beschäftigungspolitische
Impulse gesetzt. 2015 machte die Vergabe
der öffentlichen Hand in Österreich insgesamt
13,2% der Wirtschaftsleistung (BIP) aus. Sie
ist damit ein besonders starker ­Hebel,­um
Beschäftigung zu sichern. Aus einer gesamt­
wirtschaftlichen Perspektive ist es daher drin­
gend geboten, dass öffentliche Auftraggeber
über kurzfristige Aufträge hinausdenken und
einer nachhaltigen Ökonomie, die mit fairer
Beschäftigung und sozialer Sicherheit einher­
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politik (EU – Kanada) und HIV/Aid
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sind die grundlegenden
Probleme nicht bewältigt.
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reagiert. Dennoch ist
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Kritik
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Ausgabe 3 | Juni 2010
Aus dem Inhalt
Impressum: Herau
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für Wien,
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Wien,
Prinz Eugen
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Editorial
Liebe Leserin! Lieber Leser!
Vor Ihnen liegt doppelt Neues.
Durch professionelles Layout
erscheinen wir in neuem Gewand.
Auch inhaltlich haben wir uns
bemüht, die internationalen Brenn-
punkte durch neue Formate besser
zu fokussieren: Langbeiträge als
Raum für grundlegende Analysen.
Damit starten Markus Marterbauer
und Lukas Oberndorfer. Ersterer
zeigt auf, dass simultanes Kon-
solidieren die EU in den nächsten
Abschwung führen könnte. Zweiterer
setzt sich mit dem Monti-Bericht –
dem Versuch eines neuen Konsenses
für eine angebotseitige Binnen-
marktpolitik – auseinander. Produk-
tion von Konsens und Dissens darin
spielen Bücher eine wichtige Rolle.
Daher eröffnen wir mit zwei Rezensi-
onen eine neue Rubrik: Die Buchbe-
sprechung. Die bekannten Stärken
unserer Zeitschrift bleiben erhal-
ten: aktuelle Themen informativ 
prägnant aufbereitet. Das zeigen
Elisabeth Beer, Norbert Templ, Iris
Strutzmann, Walter Sauer  Susan
Leather mit ihren Beiträgen zu
Investitionsschutzabkommen,
Wachstumshindernissen, Handels-
politik (EU – Kanada) und HIV/Aids.
Ebenso setzt Claudia Schürz unseren
China-Schwerpunkt fort. Diesmal:
WanderarbeiterInnen.
Ihr AK Redaktionsteam
Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es
der EU gelungen, durch pragmatische Notfallmaßnahmen das
Bankensystem, die Konjunktur und den Markt für Staatsschuld-
verschreibungen zu stabilisieren, jedoch sind die grundlegenden
Probleme nicht bewältigt.
Europas Wirtschaft
An einer entscheidenden
Weggabelung
Die weitere Konjunkturentwicklung
hängt davon ab, ob die von Asien
ausgehenden Auftriebskräfte oder
die Dämpfung durch die simultane
Budgetkonsolidierung in der EU stär-
ker wirken. Die Bewältigung der ho-
hen Staatsschulden bleibt ein zent-
rales Thema, für dessen Bewältigung
unkonventionelle Ansätze notwendig
sind.
EU-Wirtschaftspolitik
schafft
Stabilisierung ■ Die wirtschaftliche
Krise hat in der Europäischen
Uni-
on in den letzten Wochen ihr drittes
Stadium erreicht:
■ Die Krise ging zunächst in den
Jahren 2007 und 2008 von den
Finanzmärkten und Banken aus,
das weltweite Finanzsystem
ge-
riet mehrmals an den Rand des
Zusammenbruchs.
■ Dadurch
wurde von Mitte 2008
bis Mitte 2009 ein tiefer Einbruch
der Realwirtschaft ausgelöst. Das
Bruttoinlandsprodukt ging
2009
real um 4,2%
zurück, die saison-
bereinigte Zahl der Arbeitslosen
stieg
vom Tiefstand im Frühjahr
2008 bis Mai 2010 von 16 Mio auf
23 Mio.
■ Als Folge des durch den finanz-
und realwirtschaftlichen Einbruch
entstandenen
Ausfalls an Steu-
ereinnahmen und der zusätzli-
chen Staatsausgaben entwickelte
sich ab dem Frühjahr 2010 eine
Staatsschuldenkrise.
Die EU-Politik
hat die Krisenzeichen
in allen
drei Stadien spät erkannt,
sie hat – bedingt durch langwierige
Entscheidungsprozesse, vor allem
aber geprägt durch ein neoliberales
Weltbild, das den Märkten Effizienz
zuspricht und staatliche Eingriffe für
falsch hält – mit Zögern und Zaudern
reagiert. Dennoch
ist es schließlich
in jedem Stadium der Krise gelun-
gen, durch Notfallmaßnahmen eine
Stabilisierung zu erreichen:
Europas Wirtschaft
1
Die faktische Macht
multinationaler Unternehmen
6
Wachstumshemmnisse
9
Analyse des Monti-Berichts
10
EU-Kanada Abkommen
15
China – Illegale im eigenen Land
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HIV/Aids
18
Kritik des Kapitalismus
20
Die europäische Chance
21
eu
international
infobrief
Ausgabe 3 | Juni 2010
Aus dem Inhalt
Impressum: Herausgeber und Medieninhaber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Strasse 20-22 •
Redaktion: Elisabeth Beer, Éva Dessewffy, Lukas Oberndorfer, Iris Strutzmann Norbert Templ, Valentin Wedl • Kontakt:
Lukas Oberndorfer (lukas.oberndorfer@akwien.at) Layout und Satz: Julia Stern • Verlags- und Herstellungsort: Wien •
Erscheinungsweise: zweimonatlich • Kostenlose Bestellung unter: http://wien.arbeiterkammer.at/euinfobrief
Editorial
Liebe Leserin! Lieber Leser!
Vor Ihnen liegt doppelt Neues.
Durch professionelles Layout
erscheinen wir in neuem Gewand.
Auch inhaltlich haben wir uns
bemüht, die internationalen Brenn-
punkte durch neue Formate besser
zu fokussieren: Langbeiträge als
Raum für grundlegende Analysen.
Damit starten Markus Marterbauer
und Lukas Oberndorfer. Ersterer
zeigt auf, dass simultanes Kon-
solidieren die EU in den nächsten
Abschwung führen könnte. Zweiterer
setzt sich mit dem Monti-Bericht –
dem Versuch eines neuen Konsenses
für eine angebotseitige Binnen-
marktpolitik – auseinander. Produk-
tion von Konsens und Dissens darin
spielen Bücher eine wichtige Rolle.
Daher eröffnen wir mit zwei Rezensi-
onen eine neue Rubrik: Die Buchbe-
sprechung. Die bekannten Stärken
unserer Zeitschrift bleiben erhal-
ten: aktuelle Themen informativ 
prägnant aufbereitet. Das zeigen
Elisabeth Beer, Norbert Templ, Iris
Strutzmann, Walter Sauer  Susan
Leather mit ihren Beiträgen zu
Investitionsschutzabkommen,
Wachstumshindernissen, Handels-
politik (EU – Kanada) und HIV/Aids.
Ebenso setzt Claudia Schürz unseren
China-Schwerpunkt fort. Diesmal:
WanderarbeiterInnen.
Ihr AK Redaktionsteam
Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es
der EU gelungen, durch pragmatische Notfallmaßnahmen das
Bankensystem, die Konjunktur und den Markt für Staatsschuld-
verschreibungen zu stabilisieren, jedoch sind die grundlegenden
Probleme nicht bewältigt.
Europas Wirtschaft
An einer entscheidenden
Weggabelung
Die weitere Konjunkturentwicklung
hängt davon ab, ob die von Asien
ausgehenden Auftriebskräfte oder
die Dämpfung durch die simultane
Budgetkonsolidierung in der EU stär-
ker wirken. Die Bewältigung der ho-
hen Staatsschulden bleibt ein zent-
rales Thema, für dessen Bewältigung
unkonventionelle Ansätze notwendig
sind.
EU-Wirtschaftspolitik schafft
Stabilisierung ■ Die wirtschaftliche
Krise hat in der Europäischen Uni-
on in den letzten Wochen ihr drittes
Stadium erreicht:
■ Die Krise ging zunächst in den
Jahren 2007 und 2008 von den
Finanzmärkten und Banken aus,
das weltweite Finanzsystem ge-
riet mehrmals an den Rand des
Zusammenbruchs.
■ Dadurch wurde von Mitte 2008
bis Mitte 2009 ein tiefer Einbruch
der Realwirtschaft ausgelöst. Das
Bruttoinlandsprodukt ging 2009
real um 4,2% zurück, die saison-
bereinigte Zahl der Arbeitslosen
stieg vom Tiefstand im Frühjahr
2008 bis Mai 2010 von 16 Mio auf
23 Mio.
■ Als Folge des durch den finanz-
und realwirtschaftlichen Einbruch
entstandenen Ausfalls an Steu-
ereinnahmen und der zusätzli-
chen Staatsausgaben entwickelte
sich ab dem Frühjahr 2010 eine
Staatsschuldenkrise.
Die EU-Politik hat die Krisenzeichen
in allen drei Stadien spät erkannt,
sie hat – bedingt durch langwierige
Entscheidungsprozesse, vor allem
aber geprägt durch ein neoliberales
Weltbild, das den Märkten Effizienz
zuspricht und staatliche Eingriffe für
falsch hält – mit Zögern und Zaudern
reagiert. Dennoch ist es schließlich
in jedem Stadium der Krise gelun-
gen, durch Notfallmaßnahmen eine
Stabilisierung zu erreichen:
Europas Wirtschaft 1
Die faktische Macht
multinationaler Unternehmen 6
Wachstumshemmnisse 9
Analyse des Monti-Berichts 10
EU-Kanada Abkommen 15
China – Illegale im eigenen Land 17
HIV/Aids 18
Kritik des Kapitalismus 20
Die europäische Chance 21
eu
internationalinfobrief
Ausgabe 3 | Juni 2010
Aus dem Inhalt
Der EU-Infobrief erscheint 5x jährlich im digitalen
Format und liefert eine kritische Analyse der Entwicklungen
auf europäischer und internationaler Ebene. Die Zeitschrift
der Abteilung EU  Internationales der AK-Wien fokussiert dabei
Themen an der Schnittstelle von Politik, Recht und Ökonomie.
Anspruch ist nicht nur die Prozesse in den europäischen
Institutionen zu beschreiben, sondern auch Alternativen zur
Hegemonie des Neoliberalismus zu entwickeln. Kurze Artikel
informieren in prägnanter Form über aktuelle Themen.
Langbeiträge geben den Raum für grundlegende Analysen,
Buchbesprechungen bieten eine kritische Übersicht einschlägiger
Publikationen.
Seite 17 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
ERNTEDANK DEN STEUERZAHLERiNNEN:
WAS DER AGRARSEKTOR 2016 EXTRA BEKOMMT
In gewöhnlichen Jahren betragen die Agrarsubventionen an die österreichische Landwirtschaft mehr
als 2 Milliarden Euro. Wenn aufgrund hoher Erntemengen die Preise verfallen und gleichzeitig ein
Teil der Betriebe wegen Dürre und/oder Frost geringe Mengen erntet, steigen die Begehrlichkeiten
nach mehr öffentlichen Geldern. Für 2016 sind es einige Hundert Millionen mehr an Zuschüssen. Von
Steuer­mitteln für die Ernteversicherung über Zahlungen für Frostschäden, Hilfspaketen für Schweine-
und Milchbauern bis hin zum Entfall der Sozialversicherungsbeiträge reicht die Palette. Egal wie hoch
die Agrarsubventionen sind, der Eindruck bleibt, es gehe allen immer schlechter. Ist das tatsächlich
so? Oder liegt es daran, dass die Mittel nicht zielgerichtet eingesetzt werden?
Bemerkenswert ist, dass der Großteil dieser
zusätzlichen Subventionen nicht aus dem
Agrarbudget kommt, sondern aus anderen
Steuertöpfen. Das bewirkt, dass die tatsäch­
lichen Agrarausgaben nicht im vollen Ausmaß
sichtbar sind. Auch für die statistische Ein­
kommensberechnung zählen manche Sub­
ventionen nicht. Daher wird weiterhin ein
Durchschnittseinkommen berechnet werden,
das als Begründung für weitere zukünftige
Unterstützungsmaßnahmen herhalten muss.
Nichtzahlung der Sozialversicherung
für ALLE LandwirtInnen
Die Nichtzahlung des 4. Quartalsbeitrags
an die Sozialversicherung der Bauern (SVB)
kostet 167 Mio €. Noch keine Einigung gibt
es bisher, ob es sich dabei um eine Stundung
oder eine Streichung des Beitrages handelt.
Diese sehr außergewöhnliche Maßnahme, die
bisher keine Branche gefordert hatte, wurde
mit der schlechten Marktsituation für die
MilchproduzentInnen begründet. Profitieren
werden jedoch alle LandwirtInnen – und zwar
unabhängig von ihrer tatsächlichen Einkom­
menssituation.
Was, so die berechtigte Frage, hat die Sozial­
versicherung mit dem Milchpreis zu tun? Und
warum sollen auch kuhlose LandwirtInnen
ihren Eigenbeitrag zum Solidarsystem nicht
leisten? Klar ist, diese Maßnahme löst keine
Marktprobleme. Es wird damit kein Liter we­
niger produziert oder mehr verkauft. Denn das
Dilemma am Milchmarkt ist durch die stei­
gende Milchproduktion in Kombination mit der
weniger wachsenden Nachfrage verursacht.
MilchproduzentInnen, die aufgrund der nied­
rigen Preise Verluste schreiben, haben keine
Steuern abzuführen. Viele landwirtschaftliche
Betriebe zahlen systemimmanent keine Ein­
kommenssteuern. Aber ein gewisser Eigen­
beitrag aller LandwirtInnen an die SVB wurde
bisher außer Streit gestellt. Zahlt doch die öf­
fentliche Hand ohnehin annähernd 80% der
Beiträge an das Pensionssystem der SVB1
,
da es aufgrund der Differenzen zwischen Bei­
trägen und Pensionszahlungen sonst nicht
finanzierbar wäre. So gesehen stellt jede Bei­
tragskürzung eine Erhöhung der öffentlichen
Mittel dar, die außerhalb des Agrarbudgets
aufzubringen ist.
Streichung des Sozialversicherungsbeitrags
begünstigt höhere Einkommen am stärksten
Größere Betriebe mit höherem Einkommen
zahlen für gewöhnlich höhere SVB-Beiträge
und profitieren dadurch am meisten von der
Nichtzahlung des Beitrags an die SVB. Kon­
kret würde ein Kleinbetrieb mit 933 € und ein
größerer Betrieb mit 3.313 € davon profitieren.
Von Maria Burgstaller,
Arbeiterkammer Wien,
Abteilung Wirtschaftspolitik
Der Großteil der zusätzlichen Subventionen kommt nicht aus
dem Agrarbudget, sondern aus anderen Steuertöpfen.
Seite 18 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
In der Abbildung ist das extrem unterschied­
liche Einkommen in der Landwirtschaft abge­
bildet.
Laut offiziellen Daten des Bundesministe­
riums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft verdienen 25% der
LandwirtInnen im Durchschnitt zumindest
mehr als 42.000 €. Spitzeneinkommen und
Großbetriebe sind bei dieser Erhebung kaum
berücksichtigt, da die Ergebnisse aus freiwil­
ligen Buchführungsdaten berechnet werden.
Für das unterste Viertel der LandwirtInnen,
das in der Berechnung überrepräsentiert ist,
wird ein deutlicher Verlust ausgewiesen. Auf
die großen Einkommensunterschiede weist
auch die Differenz zwischen dem Medianein­
kommen von 11.429 € und dem Durchschnitt­
seinkommen in der Höhe von 15.847 € hin.
Einkommen, die nicht aus landwirtschaftlicher
Tätigkeit stammen, bleiben bei dieser Statistik
vollkommen unberücksichtigt.
Steuergeld für die Ernteversicherung
Im Mai dieses Jahres wurden 76  Mio  € an
Budgetmitteln für die Erweiterung der sub­
ventionierten Ernteversicherung beschlossen.
Obwohl diese Maßnahme eine eindeutige
Subventionierung an den Agrar­sektor be­
deutet, werden die öffentlichen Zuschüsse
aus dem Katastrophenfonds des Bundes
und aus Ländermitteln kommen. Das ohnehin
reichlich dotierte Agrarbudget wird dadurch
geschont und kann für andere Agra­rausgaben
verwendet werden. Auch mögliche EU-Bud­
getmittel werden dafür nicht herangezogen.2
Steuergeld für Frostschäden
Obwohl schon bisher Frostschäden für be­
stimmte Kulturen versicherbar waren, werden
heuer extra Steuergelder für die Entschädi­
gung von Frostschäden bezahlt. Denn nicht
alle LandwirtInnen sind gegen Frost versi­
ABBILDUNG: VIERTELGRUPPIERUNG: PRO-KOPF-EINKOMMEN IN DER LANDWIRTSCHAFT 2015
EuroproJahr
-10.000
0
10.000
20.000
30.000
40.000
50.000
Durchschnittseinkommen = 15.847
Erstes
Viertel
-8.612
-6.123 -17.041 42.386
Zweites
Viertel
Drittes
Viertel
Viertes
Viertel
Medianeinkommen = 11.429
Quelle: Grüner Bericht 2016; Tab. 4.8.4: Viertelgruppierung; Darstellung: Pro-Kopf-Einkommen (je Familienarbeitskraft) im Median, im Durchschnitt
und im Durchschnitt nach Viertelgruppierung.
Klar ist, dass z.B. der Entfall oder die Stundung der Sozialver-
sicherungsbeiträge keine Marktprobleme löst.
Seite 19 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
chert, obwohl auch bereits bisher die Hälfte
der Prämie subventioniert war. 100 Mio  €
werden unter diesem Titel bezahlt3
. Auch
dafür kommen die Budgetmittel nicht aus dem
„eigenen“ Agrarbudget, sondern aus dem Ka­
tastrophenfonds und aus zusätzlichen Län­
dermitteln. Die geplanten Entschädigungs­
leistungen der öffentlichen Hand sind zum
Teil höher als die von der Versicherung ausbe­
zahlten Beträge. Versicherten Land­wirtInnen
wird in diesem Fall der Differenzbetrag zwi­
schen Versicherungsleistung und öffentlicher
Frostentschädigungszahlung ausgeglichen.
Außerdem ist zu bedenken, dass die „Beloh­
nung“ für Nicht-Versicherte nicht gerade zur
Versicherungsmoral der LandwirtInnen bei­
trägt. Weil, so der bleibende Eindruck: Wenn
wieder was passiert, springt ohnehin der
Staat ein.
Erstes EU-Hilfspaket – 500 Mio Euro
Davon wurden in Österreich sieben Mio € als
„besondere Marktstützungsmaßnahme für
Erzeuger“ der Sektoren Schweinefleisch und
Milch als direkte Beihilfe ausbezahlt. Diese
Zuschüsse haben die Marktlage nicht ver­
bessert. Zusätzlich gab es Preisstützungs­
maßnahmen in Form von Beihilfen für die
private Lagerhaltung von Schweinefleisch,
die den Markt entlasten sollten. Der Preis für
Schweine­fleisch hat sich tatsächlich inzwi­
schen erholt, wobei vor allem die Grillsaison
und der Appetit im Asiatischen Raum dafür
gesorgt haben, dass für heuer wahrschein­
lich keine zusätzlichen Subventionen in diese
Branche fließen.
Zweites Milch-Hilfspaket zum Jahresende 2016
Die Milchmenge am Europäischen Markt ist
weiterhin zu hoch – darüber herrscht Einigkeit
zwischen den Mitgliedstaaten. Während über­
legt wurde, wie Angebot und Nachfrage am
Markt einander angenähert werden könnten,
haben einige MilchproduzentInnen trotz Preis­
tiefs ihre Produktionsmengen ausgeweitet.
Ihre betriebswirtschaftliche Sicht der Dinge
war, den Umsatz zu steigern in der Hoffnung,
zumindest die Kosten zu decken. 2015 be­
trug der Anstieg der Milchproduktion in der
gesamten EU 2,1%. Nach monatelanger
Diskussion auf Brüsseler Ebene kamen die
AgrarministerInnen mit einem weiteren 500-
Mio €-Milchpaket erfolgreich nach Hause.
Österreichs LandwirtInnen werden davon
5,863 Mio € als „außergewöhnliche Anpas­
sungsmaßnahme“ fix bekommen und einen
noch nicht bekannten Teil, der für die EU-weite
Milchreduktionsmaßnahme beantragt werden
kann. MilcherzeugerInnen erhalten eine Bei­
hilfe4
, wenn sie ihre Lieferung reduzieren.
Damit soll EU-weit eine Produktionsmenge
von etwas mehr als 1 Mio Tonnen „herausge­
kauft“ werden. Ob die gesamte Milchmenge
am Markt tatsächlich um diesen Betrag verrin­
gert wird, hängt nicht nur von der freiwilligen
Teilnahme ab. Falls sich der Milchpreis erholt
– und das zeichnet sich bereits jetzt, vor dem
Beginn dieser Aktion, ab – könnten jene, die
nicht am Programm teilnehmen, ihre Produk­
tion ankurbeln, was letztlich ein mengenmä­
ßiges Nullsummenspiel mit hohem Einsatz
bedeuten könnte. Es gibt ein beachtliches
Produktionspotenzial, und sobald der Milch­
preis wieder steigt, könnten auch die Mengen
weiter in die Höhe gehen. Ein Teufelskreis, der
auch mit dieser Maßnahme nicht in den Griff
zu bekommen ist. Privatrechtliche Verträge
zwischen MilcherzeugerInnen und Milchver­
arbeiterInnen, die das Marktgleichgewicht an­
streben, sind bisher gescheitert. Eine andere
Möglichkeit, die Ausweitung der Produktions­
mengen zumindest nicht mehr zu subventio­
nieren wäre, Steuergelder für die Investitions­
förderungen in Stallbauten nur bis zu einer
Die öffentliche Hand begleicht annähernd 80% der Zahlungen
an das Pensionssystem der Sozialversicherung der Bauern.
Seite 20 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
bestimmten Größe bereitzustellen. Dadurch
sollten Betriebe, die ihre Produktionskapazität
deutlich erhöhen wollen, ihre Kosten selbst
tragen. Diese Idee stößt allerdings in Öster­
reich auf heftigen Widerstand. Denn es gab
und gibt großes Interesse die Milchproduk­
tion weiter auszubauen. Seit dem EU-Beitritt
ist in Österreich die Milchproduktion enorm
gestiegen. Der Selbstversorgungsgrad von
Milch liegt bei 150%. Auf den Exportmärkten
konnten diese Mengen nicht in ausreichendem
Maße abgesetzt werden. Mehr Milchprodukte
können die europäischen KonsumentInnen
nicht verdauen. Am niedrigen Milchpreis, den
die MilcherzeugerInnen von ihren Molkereien
ausbezahlt bekommen, sind nicht die Steuer­
zahlerInnen schuld.
Einkommensversicherung mit
Steuergeld für die Zukunft?
Schätzungen für die Zukunft bringen gute
und schlechte Nachrichten: Einerseits gibt
es positive Signale für die Welternährung.
So schätzt das U.S. Department of Agricul­
ture (USDA) die kommende Welt-Maisernte
auf annähernd 1  Milliarde Tonnen und die
Welt-Weizenernte auf 740 Mio Tonnen, was
eine Steigerung im Zehnjahresmittel um 16%
bzw. 8% bedeutet. Die wachsende Weltbe­
völkerung könnte ausreichend ernährt werden
– aber: Es ist und bleibt eine Verteilungsfrage.
Hohe Erntemengen bringen jedoch auch
Preisschwankungen und Einkommensun­
sicherheiten für die LandwirtInnen mit sich.
Daher wird in letzter Zeit immer lauter über
Einkommensversicherungen nachgedacht.
Damit sollen nicht nur durch wetterbedingte
Risiken verursachte geringere Erntemengen
versicherbar werden, sondern auch Einkom­
mensverluste bedingt durch niedrige Preise.
Die schlechte Nachricht dabei: Würde diese
neue Versicherung nicht zu einem kompletten
Umbau des Agrarsubventionssystems führen,
wäre mit enormen zusätzlichen Budgetmitteln
zu rechnen. Ideal wäre ein Modell, das sich
aus dem Agrarsektor selbst finanziert, sodass
zusätzliche Steuermittel nicht mehr aufge­
bracht werden müssen. Denn die Frage ist
naheliegend, ob z.B. Steuer­zahlerInnen mit
niedrigen Einkommen, wie VerkäuferInnen
oder LandarbeiterInnen, tatsächlich auch
Einkommen von großen Landwirtschaftsbe­
trieben auf unbestimmte Zeit finanziell ab­
sichern sollen.
1	 Vgl. www.gruenerbericht.at S. 217, Tabelle 5.5.11
2	 Vgl. http://blog.arbeit-wirtschaft.at/ernteausfall-eu-mittel-bleiben-liegen-kosten-werden-sozialisiert/
3	 Vgl. https://bgld.lko.at/?+Details-zur-Abwicklung-der-Frostentschaedigung-bei-Obst-und-Wein+id=2500,2457764
4	 Vgl. https://www.ama.at/Allgemein/Presse/2016/Zwei-Beihilfemassnahmen-zur-Milchmengenreduktion
Auf die großen Einkommensunterschiede weist auch die
­Differenz zwischen dem Medianeinkommen und dem Durch-
schnittseinkommen hin.
Seite 21 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
INNOVATIONSAKTIVITÄTEN IM UNTERNEHMEN:
BRINGEN SIE AUCH VORTEILE FÜR DIE BESCHÄFTIGTEN?
Die Chancen der österreichischen Wirtschaft – und damit auch die für die Zukunft der heimischen
­Arbeitsplätze – liegen im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung und zunehmenden Digitalisierung
(Industrie 4.0) im Angebot innovativer und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienst­leistungen
und nicht in einer kostenorientierten Strategie, die auf billige Massenprodukte, Lohndruck und niedri-
ge Umweltstandards abzielt. Ein Land wie Österreich kann im globalen Wettbewerb nur über Qualität
und technologischen Vorsprung bestehen. Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Innovati-
onsaktivitäten sind daher auch in Zeiten eines relativ schwachen wirtschaftlichen Aufschwungs ohne
Alternative.
DassInnovationeinSchlüsselfürdieSchaffung
und Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, konnte
bereits durch frühere Studien nachgewiesen
werden, wie z.B. durch die im Auftrag der
AK Wien 2013 veröffentlichten ­WIFO-Studie
„Innovation und Beschäftigung“1
, die nach­
weisen konnte, dass insgesamt in Österreich
jährlich 19.000 neue Arbeitsplätze durch Inno­
vation geschaffen werden.
Die ebenfalls im Auftrag der AK Wien und des
Bundesministeriums für Verkehr, Innovation
und Technologie vom Österreichischen Ins­
titut für Wirtschaftsforschung (WIFO) durchge­
führte Studie mit dem Titel „Die Wirkung von
Innovationsaktivitäten geförderter österrei­
chischer Unternehmen auf die Belegschaft“2
geht noch einen Schritt weiter und untersucht
die Auswirkungen von Innovationsaktivitäten
eines Unternehmens für die gesamte Beleg­
schaft hinsichtlich Arbeitsplatzstabilität und
Arbeitskräfteumschlag, Entlohnung und Be­
legschaftsstruktur.
Um sich diesen Fragestellungen widmen
zu können, musste zwischen innovierenden
und nicht innovierenden Unternehmen (Ver­
gleichsgruppe) unterschieden werden. Unter
der Annahme, dass innovierende Unter­
nehmen i.d.R. auch Innovationsförderungen
in Anspruch nehmen, konnte mithilfe der
Daten der Forschungsförderungsgesellschaft
(FFG) zwischen innovationsgeförderten und
nicht-innovationsgeförderten Unternehmen
unterschieden werden. Dabei wurde erstmalig
für Österreich ein Datensatz erstellt, der Infor­
mationen zu den Förderaktivitäten der Unter­
nehmen sowie zu ihren unternehmens- und
belegschaftsspezifischen Merkmalen ver­
knüpft. Neben den Daten der FFG zu den ge­
förderten Innovationsaktivitäten wurden auch
Daten der „AURELIA-Datenbank“ (Informati­
onen zu Umsatzzahlen) und Daten des Haupt­
verbandes der österreichischen Sozialversi­
cherungsträger (HV) miteinander verknüpft.
Die Analysen beruhen auf einem Datensatz
von 224.781 Unternehmen (darin enthalten
sind 3.646 Unternehmen, die substanzielle4
Förderungen erhalten haben), die in den
Jahren 2000 bis 2014 tätig und jedenfalls im
Jahr 2014 aktiv waren. Ein-Personen-Unter­
nehmen, Forschungsinstitute, Universitäten,
etc. wurden dabei nicht in den Datensatz auf­
genommen.
Die Studie zeigt, dass von (geförderten) In­
novationsaktivitäten nicht nur die innovie­
renden Unternehmen selbst profitieren (hö­
Von Miron Passweg,
Arbeiterkammer Wien,
Abteilung Wirtschaftspolitik
Innovierende Unternehmen bieten ihren
Beschäftigten vielfach bessere Arbeits-
bedingungen.
Seite 22 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
heres Wachstum), sondern auch die Beleg­
schaft. Darüber hinaus konnte nachgewiesen
werden, dass sogar Arbeitskräfte, die vormals
arbeitslos waren, bessere Chancen im Job
haben, wenn sie eine Beschäftigung in einem
innovierenden Unternehmen aufnehmen.
Konkret zeigt sich, dass …
nn … Innovationen Wachstum bringen:
Innovationstätigkeiten ziehen Veränderun­
gen in der Belegschaftsstruktur nach sich.
Innovative Unternehmen wachsen stärker
(rund plus 2,5% gegenüber der Vergleichs­
gruppe).
nn … junge ArbeitnehmerInnen profitie-
ren: Der Anteil junger Arbeitskräfte (15 bis
24 Jahre) steigt (plus 2,5%-Punkte gegen­
über der Vergleichsgruppe), während der
Anteil älterer Arbeitskräfte (ab 50 Jahre)
tendenziell abnimmt (minus 2,9%-Punkte).
nn … Männer bevorzugt werden: Es werden
mehr Männer als Frauen eingestellt, infol­
gedessen sinkt der Frauenanteil an den
Beschäftigten (minus 2,3%-Punkte gegen­
über der Vergleichsgruppe).
nn … höhere Qualifikation sich auszahlt:
Die Anteile der Arbeitskräfte, vor allem mit
mittlerem und tendenziell auch mit gerin­
gem Ausbildungsniveau gehen zurück –
zugunsten von höher qualifizierten Arbeits­
kräften.
nn … die Arbeitsplätze stabiler sind:
Beschäftigte in innovativen Unternehmen
wechseln nicht so oft den Arbeitsplatz wie
jene in der Vergleichsgruppe.
nn … ehemals arbeitslose Personen profi-
tieren: Betrachtet man etwa die Beschäf­
tigungsaufnahmen vormals Arbeitsloser in
innovierenden Betrieben, so wiesen diese
eine um rund neun Prozent längere Job­
dauer auf.
nn … innovative Unternehmen besser zah-
len: Wer in einem innovierenden Unterneh­
men aufgenommen wird, erzielt im Rah­
men dieser Tätigkeit im Durchschnitt einen
um etwa 2% höheren Monatslohn als ver­
gleichbare Personen in einem vergleich­
baren nicht-innovierenden Betrieb.
Die Studie zeigt daher auf, dass innovie­
rende Unternehmen ihren Beschäftigten viel­
fach bessere Arbeitsbedingungen bieten als
nicht-innovierende. Gleichzeitig wird aber
durch die Studie auch deutlich, dass nicht
alle Beschäftigten gleichermaßen profitieren
und dass daher neben wirtschaftspolitischen
Maßnahmen, die die Innovationskraft von
Unternehmen unterstützen bzw. mehr Unter­
nehmen dazu anregen Innovationsaktivitäten
zu setzen, insbesondere auch bildungs- und
gesellschaftspolitische Maßnahmen not­
wendig sind, damit in Zukunft auch Ältere,
weniger Qualifizierte und Frauen stärker profi­
tieren können. Schritte in die richtige Richtung
wären beispielsweise die Einführung eines ge­
setzlichen Rechtsanspruchs auf eine Woche
Weiterbildung pro Jahr in der bezahlten Ar­
beitszeit, Qualifizierungsstipendien für Arbeit­
nehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ver­
stärkte Maßnahmen zur Frauenförderung in
technischen und nicht-traditionellen Berufen.
Nicht alle Beschäftigten profitieren
jedoch gleichermaßen.
Bildungs- und gesellschaftspolitische
Maßnahmen sind notwendig, damit in
Zukunft auch Ältere, weniger Qualifi-
zierte und Frauen stärker profitieren.
Seite 23 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
1	 Vgl. https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/WirtschaftundPolitik/studien/Innovation_und_Beschaeftigung.html
2	 Julia Bock-Schappelwein, Rainer Eppel, Ulrike Famira-Mühlberger, Agnes Kügler, Helmut Mahringer, Fabian Unterlass, Christine
Zulehner, „Die Wirkung von Innovationsaktivitäten geförderter österreichischer Unternehmen auf die Belegschaft“, Österreichisches
Institut für Wirtschaftsforschung, Mai 2016; im Internet unter: https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/Innov___Arbeit_Studie_WIFO_
Endbericht_2016-05_V2.pdf
3	 Das heißt, Unternehmen, die nur Beratungsleistungen oder nur geringfügige finanzielle Förderungen erhalten haben, wurden aus der Analyse
ausgeschlossen.
Studien, Kurzfassungen,
Analysen und Hintergründe auf:
Genug vom
Fischen im
Trüben?
www.arbeit-wirtschaft.atHerausgegeben von AK und ÖGB
AW-Blog-Inserat-FISCHEN--Falter-A5quer-V01.indd 2 22.09.16 15:13
Seite 24 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
LEHREN AUS DER FINANZKRISE:
REFORM DER ABSCHLUSSPRÜFUNG
Die Finanzkrise 2008 hat das Vertrauen in die Qualität der Rechnungslegung und der Abschlussprü-
fung massiv erschüttert. Nach mehrjährigen Verhandlungen wurde auf europäischer Ebene eine Re-
form der Abschlussprüfung mit dem Ziel beschlossen, einerseits die Unabhängigkeit der Abschluss-
prüfer zu stärken, und andererseits die Qualität der Abschlussprüfung zu erhöhen. Die Änderungen
betreffen vor allem kapitalmarktorientierte Unternehmen, das sind Banken, Versicherungen und
börsennotierte Unternehmen. Im Rahmen der nationalen Umsetzung wurden zwei Gesetze beschlos-
sen – das Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz (APRÄG) und das Abschlussprüferaufsichtsge-
setz (APAG). Nachstehend die wichtigsten Neuerungen, die für Geschäftsjahre gilt, die nach dem
17.06.2016 beginnen.
Erstmals externe Rotation
der Abschlussprüfer
Banken, Versicherungen und börsennotierte
Unternehmen sind erstmals verpflichtet, in
bestimmten Abständen den Abschlussprüfer
und Prüfungsgesellschaft zu wechseln. Es
gilt der Grundsatz, dass diese nicht länger als
über zehn Jahre hindurch mit dieser Tätigkeit
für die betroffenen Unternehmen beauftragt
werden sollen. Nach Ablauf der Übergangs­
fristen kommt die externe Rotation erstmals
ab Juni 2020 (d.h. für Jahresabschlüsse mit
Abschlussjahr 2021) zur Anwendung. Be­
troffen sind zunächst jene Unternehmen, die
zum 16. Juni 2014 mehr als 20 Jahre von der­
selben Prüfungsgesellschaft geprüft wurden.
Nach vier Jahren „Abkühlphase“ kann die
Prüfungsgesellschaft wieder bestellt werden.
Der Wechsel des Abschlussprüfers inner­
halb der Prüfungsgesellschaft ist bereits jetzt
geltendes Recht und betrifft neben den ka­
pitalmarktorientierten auch die nicht börsen­
notierten, sogenannten „XL-Unternehmen“
(Umsätze 200 Mio Euro, Bilanzsumme 100
Mio Euro, ArbeitnehmerInnen 250). Die gel­
tende Regelung, wonach ein interner Prüfer­
wechsel nach fünf Jahren stattzufinden hat,
wurde um zwei Jahre auf sieben Jahre verlän­
gert. Die „Abkühlphase“ wurde von zwei auf
drei Jahre verlängert.
Stärkung des Prüfungsausschusses durch
zusätzlichen schriftlichen Bericht
Der Prüfungsausschuss (auch von nicht bör­
sennotierten XL-Unternehmen) wird stark auf­
gewertet. Dieser bekommt einen zusätzlichen
schriftlichen Bericht zum Abschlussprüfbe­
richt. Ziel ist es, die Kommunikation zwischen
Abschlussprüfer und Prüfungsausschuss zu
verbessern. Der Zusatzbericht hat u.a. zu ent­
halten:
nn Umfang und Zeitplan der Prüfung,
nn Kommunikation mit dem Prüfungs­
auschuss,
nn Prüfungsmethoden,
nn Bewertungsmethoden,
nn Mängel im internen Finanzkontroll- oder
Rechnungslegungssystem,
nn Schwierigkeiten, die während der
Abschlussprüfung aufgetreten sind,
nn Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften
sowie
Von Helmut Gahleitner,
Abteilung Wirtschaftspolitik
und Markus Oberrauter,
Abteilung Betriebswirtschaft,
beide Arbeiterkammer Wien
Banken, Versicherungen und börsen-
notierte Unternehmen sind erstmals
verpflichtet, Abschlussprüfer und Prü-
fungsgesellschaft zu wechseln.
Seite 25 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
nn sonstige Sachverhalte, die für die Auf­
sicht über den Rechnungslegungsprozess
bedeutsam sind.
Der schriftliche Zusatzbericht wird damit eine
wichtige Ergänzung zum Abschlussprüfbericht
darstellen und ist die wichtigste inhaltliche
Neuerung.
Nichtprüfungsleistungen nur mit
Zustimmung des Prüfungsausschusses
Um die Unabhängigkeit des Abschlussprü­
fers zu verbessern, wurde die Erbringung
von zusätzlichen Nichtprüfungsleistungen
(z.B. Steuerberatungs- oder Bewertungsleis­
tungen) durch den Abschlussprüfer weitge­
hend eingeschränkt. Darüber hinaus bedürfen
die noch erlaubten Beratungsleistungen der
vorherigen Zustimmung durch den Prüfungs­
ausschuss. Der Prüfungsausschuss muss
hierbei die europäischen Unabhängigkeits­
bestimmungen beachten, dazu zählen etwa
bestimmte Obergrenzen für das Gesamt­
honorar (max. 70% des Durchschnitts der
Prüfungshonorare der letzten drei Jahre). Die
Bestimmungen zu den Nichtprüfungsleis­
tungen gelten nur für Banken, Versicherungen
und börsennotierte Unternehmen. Für die
genannten kapitalmarktorientierten Unter­
nehmen sind noch weitere neue Regelungen
vorgesehen: So muss der Prüfungsausschuss
insgesamt mit dem Unternehmenssektor ver­
traut sein und ist künftig verpflichtet, Empfeh­
lungen zur Überwachung des Rechnungsle­
gungsprozesses abzugeben. Erweitert wurde
auch der Bestätigungsvermerk für Banken,
Versicherungen und börsennotierte Unter­
nehmen. Hierbei geht es vor allem um die Be­
urteilung von Risiken aufgrund wesentlicher
Falschdarstellungen.
Befreiungsbestimmungen für XL-Unternehmen
Hält das Mutterunternehmen unmittelbar oder
mittelbar mehr als 75% der Anteile (bislang
100%), und werden die Pflichten des Prü­
fungsausschusses auf Konzernebene erfüllt,
ist bei großen, nicht börsennotierten XL-Un­
ternehmen (Größenkriterien siehe oben) kein
Prüfungsausschuss einzurichten. Wird die Be­
freiung in Anspruch genommen, dann ist der
Zusatzbericht des Abschlussprüfers sowohl
dem Mutterunternehmen als auch dem Auf­
sichtsrat des Tochterunternehmens zu über­
mitteln. Besteht der Aufsichtsrat eines XL-Un­
ternehmens aus weniger als vier Mitgliedern
(Kapitalvertreter), ist kein Prüfungsausschuss
einzurichten. In diesem Fall nimmt der Ge­
samtaufsichtsrat die Agenden des Prüfungs­
ausschusses wahr.
Neue unabhängige Abschlussprüfer-
Aufsichtsbehörde
Neben diesen umfangreichen inhaltlichen
Änderungen wurde auch das System der Ab­
schlussprüferaufsicht grundlegend auf neue
Beine gestellt. Die Aufsicht und das Quali­
tätssicherungssystem für Abschlussprüfer
wurden im Rahmen des neu geschaffenen Ab­
Erweitert wurde auch der Bestätigungs-
vermerk für Banken, Versicherungen und
börsennotierte Unternehmen in Bezug
auf die Beurteilung von Risiken aufgrund
wesentlicher Falschdarstellungen.
Die neue Abschlussprüfer-Aufsichtsbe-
hörde unterliegt verschärften Unabhän-
gigkeitserfordernissen und verfügt über
mehr Kompetenzen.
Ein Zusatzbericht zum Abschlussprüferbericht soll zur Ver-
besserung der Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und
Prüfungsausschuss beitragen.
Seite 26 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016
schlussprüfer-Aufsichtsgesetzes (APAG) um­
organisiert, welches das bisherige Abschluss­
prüfungs-Qualitätssicherungsgesetz (A-QSG)
ersetzt. Im Mittelpunkt steht die Schaffung
einer eigenen, letztverantwortlichen und un­
abhängigen Behörde. Diese neue „Abschluss­
prüfer-Aufsichtsbehörde (ABAB) übernimmt
die Aufgaben der bisherigen Behörden und
unterliegt verschärften Unabhängigkeitserfor­
dernissen im Verhältnis zum Berufsstand und
verfügt über mehr Kompetenzen.
Angesichts der erheblichen öffentlichen und
volkswirtschaftlichen Bedeutung, die Unter­
nehmen von öffentlichem Interesse (PIEs oder
PublicInterestEntities)aufgrunddesUmfangs,
der Komplexität und der Art ihrer Geschäftstä­
tigkeit zukommt, werden an Abschlussprüfer
und Prüfungsgesellschaften, die PIEs prüfen,
strengere Maßstäbe als bisher angelegt.
Regelmäßige Inspektionsprüfungen bei PIEs
Zusätzlich zu den geltenden Qualitäts­siche­
rungsprüfungen unterliegen die PIEs auch
regelmäßigen Inspektionsprüfungen. Diese
werden durch berufsunabhängige, bei der Be­
hörde angestellte, Inspektoren durchgeführt.
Darüber hinaus können auch Berufsangehö­
rige, insbesondere Qualitätssicherungsprüfer,
bei den Inspektionen als Sachverständige
mitwirken.
Fazit
Nach langjähriger Debatte wurden nun mit
den beiden Gesetzen auch im Bereich der
Abschlussprüfung erste Lehren aus der
Finanzkrise gezogen. Die Neuregelungen
(insbesondere die externe Rotation) stärken
die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers
und erweitern die Aufgaben des Aufsichtsrats
bzw. des Prüfungsausschusses. Als neues
wertvolles Instrument für AufsichtsrätInnen
wird sich der neue schriftliche Zusatzbericht
im Prüfungsausschuss erweisen.
WIRTSCHAFTSPOLITIK – STANDPUNKTE
Meinung, Position, Überzeugung. Der digitale Newsletter der Abteilung
­Wirtschaftspolitik in der Wiener Arbeiterkammer behandelt Aspekte der
Standort­politik, des Wirtschaftsrechts, der Regulierung diverser Branchen
und allgemeine wirtschaftspolitische Fragestellungen aus der Perspektive
von ArbeitnehmerInnen.
Kostenlose Bestellung und alle Ausgaben unter:
wien.arbeiterkammer.at/wp-standpunkte
Nr X | Monat 0000
Wirtschaftspolitik
Standpunkte
EDITORIAL
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acipsunt a voloriame il eum voluptat doluptaquame eos estiis sed utetur?
Quiant vellacc uptatum voleni aut labores tiorepu daessim invent.
Bisquam sin repedic te est estis dolendam, ut evellup taquam ditiasp erisinvel
illorrum quam esed maximi, qui resectes dolupidunt magnis sit, alicabo. Ut
facepta vernam quia doluptus autent.
Molut hilit quam nisquos pratem quodiatiis enitecta etus plis aspis doluptae
sam quia nem ullanient alitia nissequam is peribustrum cuptatet aperspe lla-
bor aborit volenim illoribus modi dollupta num vendisque non non comnitatur
ari omniendus, assitae dem reror sunt ped quam, sit maximax imaximi, se-
quae cusam nimi, veremol orempor aperit aliquatur si omnis et eossinveliti
id ulpa si odios alias modions erspell aborro etur acidel iligenihit que dolore,
sum as veles endigendel excepere, venia veni quunt eum lab ius mi, non cor-
pore porumquo blab iur, que neseces citatur am, tem voluptatur sam fugitios
imperum renis nost faccation porum hitas modignam ipsam, tectaer uptam,
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Nam aciae por assimusdam
rerum rem quunt 2
Onsequam et evenda:
Nam aciae por assimusdam
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Molut hilit quam:
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Nam aciae assimusdam
rerum rem quunt 19
Assimusdam Molut:
Unternehmenszusammen-
schlüsse 2015 27
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rerum rem quunt 35
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Wirtschaftspolitik-Standpunkte erscheint 4-mal jährlich und wird per Email versandt.
Die gesetzlichen Neuregelungen stärken die Unabhängigkeit
des Abschlussprüfers und erweitern die Aufgaben des Auf-
sichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses.
Ak wirtschaftspolitik 03_2016
Ak wirtschaftspolitik 03_2016
Ak wirtschaftspolitik 03_2016
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Ak wirtschaftspolitik 03_2016

  • 1. Nr 3 | Oktober 2016 Wirtschaftspolitik Standpunkte EDITORIAL In der neuen Ausgabe der Standpunkte fordert die AK die Umsetzung von Kon- sumentenrechten im Kartellrecht, z.B. die längst fällige Zweckwidmung von Bußgeldern für den VKI und die Einführung von Gruppenklagen. Der ­heurige AK-Strukturwandelbarometer – diesmal mit dem Schwerpunkt Digitalisie- rung der Wirtschaft – zeigt: Für eine faire Arbeitswelt, sowohl im Sinne der Beschäftigten als auch der Unternehmen, sind Mitbestimmung sowie Mitge­ staltung der ArbeitnehmerInnen und ihrer Interessensvertretungen entschei­ dende Faktoren. Bei öffentlicher Auftragsvergabe hat sich mittlerweile herum­ gesprochen, dass es klug ist, soziale, ökologische und qualitative Kriterien zu berücksichtigen, da solche Entscheidungen langfristig auch volkswirtschaft­ lich die günstigsten sind – auch für die SteuerzahlerInnen. Genau diese Gruppe – sprich: wir alle – finanzieren übrigens einen Großteil der heurigen Zusatzsub- ventionen für die österreichische Landwirtschaft, in der die Einkommensver­ teilung eine sehr ungleiche ist, wie ein Artikel der Standpunkte zeigt. Ein anderer Beitrag geht der Frage nach, ob innovierende Unternehmen auch bessere Arbeitsbedingungen bieten. Bei Unternehmensbilanzen hingegen ist Kreativität gar nicht gefragt. Als eine Lehre aus der Finanzkrise wurden nun strengere Kriterien für die Abschlussprüfung eingeführt. Und schließlich veranschau­ lichen ein Appell für eine sozialere Europäische Union und ein Bericht über das Leben von Erwerbsarbeitslosen in Deutschland einmal mehr den großen sozial-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf. Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Die Redaktion Abo und Download: wien.arbeiterkammer.at/wp-standpunkte Inhalt Kartellgesetznovelle 2016: AK für stärkere Konsumentenrechte 2 AK-Strukturwandelbarometer: Rushhour in der Arbeitswelt 6 Öffentliche Auftragsvergabe: Nachhaltig und sozial 13 Erntedank den SteuerzahlerInnen: Was der Agrarsektor 2016 extra bekommt 17 Innovationsaktivitäten im Unter- nehmen: Bringen sie auch Vorteile für die Beschäftigten? 21 Lehren aus der Finanzkrise: Reform der Abschlussprüfung 24 Soziales Europa: Aufbruch oder Abbruch? 27 Hartz IV und das Hamsterrad von Erwerbsarbeitslosen und Beschäftigten 31
  • 2. Seite 2 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 KARTELLGESETZNOVELLE 2016: AK FÜR STÄRKERE KONSUMENTENRECHTE Der Entwurf der Kartellgesetznovelle 2016 hat maßgeblich zum Ziel, die EU-Schadenersatzrichtlinie in Zusammenhang mit Wettbewerbsverletzungen umzusetzen sowie die Vollzugstätigkeit der Wett- bewerbsbehörden, insbesondere der Bundeswettbewerbsbehörde, zu stärken. Wesentliche Anliegen der AK wurden allerdings nicht aufgegriffen. Nachfolgend werden die Eckpunkte des Entwurfs und die Forderungen der AK dargestellt. Eckpunkte des Entwurfs: Hauptaugenmerk der Reform des Kartellge­ setzes ist die Umsetzung der EU-Schaden­ ersatzrichtlinie. Ziel hierbei ist es, die private Rechtsdurchsetzung aufgrund von Kartellver­ stößen zu stärken. Nach Ansicht der AK ist dies aber nur teilweise gelungen. Vor allem für geschädigte KonsumentInnen bleibt der Weg zur Schadenskompensation weiterhin versperrt, weil wichtige konsumentenschutz­ relevante Instrumente fehlen. Weiters soll mit der Novelle die Vollzugstä­ tigkeit der Wettbewerbsbehörden gestärkt werden. Hierzu zählen etwa die Unterbre­ chung der Verjährungsfristen bei Einleitung von Ermittlungen durch die Bundeswettbe­ werbsbehörde (BWB) oder die Möglichkeit, die Verhängung von Zwangsgeldern zu bean­ tragen, wenn Unternehmen im Rahmen einer Hausdurchsuchung den Zugang zu elektro­ nisch abrufbaren Daten verweigern. Positiv zu erwähnen sind die geplanten Maß­ nahmen zur Verbesserung der Transparenz – dazu zählen die Veröffentlichung auch von abweisenden Entscheidungen und Einstwei­ ligen Verfügungen sowie die Unzulässigkeit von verkürzten (begründungslosen) Entschei­ dungen bei Settlement-Verfahren. Weiters soll die beim Kartellgericht geführte Sachver­ ständigenliste in die allgemeine Sachverstän­ digenliste übergeführt werden, um damit die Mechanismen der Qualitätssicherung nach dem Sachverständigen- und Dolmetscherge­ setz auch für Kartellangelegenheiten zu ge­ währleisten. Materiellrechtliche Neuerungen betreffen die Möglichkeit des Kartellgerichts, bei Ge­ meinschaftsunternehmen im Rahmen des Fusionsverfahrens auch Aussagen über die kartellrechtlichen Auswirkungen zu treffen (Fusions- und Kartellkontrolle in einem Ver­ fahren). In Verfahrensrechtlicher Hinsicht soll der Oberste Gerichtshof (OGH) als Kartell­ obergericht nunmehr auch bestimmte qua­ lifizierte Feststellungsmängel im Rekursweg überprüfen können (2. Tatsacheninstanz). Dem Entwurf sind zahlreiche Sitzungen der interministeriell eingesetzten Arbeitsgruppe „Wettbewerb“ vorausgegangen, die nach Fertigstellung der Studie des Beirats für Wirt­ schaft- und Sozialfragen Nr. 871 , 2014 ihre Tätig­keit aufnahm. Wiewohl in den Begutachtungsentwurf viele Empfehlungen der AK und des Beirats über­ nommen wurden, fehlen aber wichtige Forde­ rungen der AK weiterhin. Diese werden nach­ folgend kurz dargestellt: Von Ulrike Ginner und Helmut Gahleitner, beide Arbeiterkammer Wien, Abteilung Wirtschaftspolitik Die im Regierungsprogramm festgeschriebene Zweckwidmung von Buß­geldern für Konsumentenschutz an den Verein für Konsu- menteninformation (VKI) wurde immer noch nicht realisiert.
  • 3. Seite 3 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 Forderungen der AK 1. Zweckwidmung von Geldbußen für ­Anliegen des Konsumentenschutzes DieimRegierungsprogrammunter„Wachstum und Beschäftigung für Österreich“ festge­ schriebene Zweckwidmung von Bußgeldern für Konsumentenschutz an den Verein für Konsumenteninformation (VKI) wurde immer noch nicht realisiert. Aus Sicht der AK ist die Regierungsvereinbarung aus mehreren Gründen umgehend umzusetzen: nn Der VKI ist eine unverzichtbare Institu­ tion, die allen KonsumentInnen individu­ elle Beratung und Unterstützung bei kon­ sumentenrechtlichen Problemen anbietet. Von den Tests, Publikationen, der Medien­ arbeit und den Aktivitäten zur Rechts­ durchsetzung profitieren alle Konsumen­ tInnen, egal ob sie z.B. unselbständig Beschäftigte, UnternehmerInnen, Beam­ tInnen oder LandwirtInnen sind. Die Ange­ bote sind umso wichtiger, je globaler und komplexer Märkte werden, wie z.B. auch das erfolgreiche VKI-Projekt „Energiekos­ tenstopp“ eindrücklich gezeigt hat. nn Aus der Geldbußenstatistik der Bundes­ wettbewerbsbehörde ist ersichtlich, dass überwiegend EndverbraucherInnen die Geschädigten von wettbewerbswidrigen Absprachen sind. Alleine im Lebensmittel­ bereich wurden in den letzten drei Jahren Geldbußen in Höhe von rund 70 Mio Euro verhängt, weil Unternehmen des Lebens­ mitteleinzelhandels sowie Lebensmittelpro­ duzenten auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten verbotene Absprachen durchführten. nn Häufig sind dies so genannte Streu­ schäden, die von KonsumentInnen ange­ sichts ihrer geringen Höhe nie eingeklagt werden. Auch höhere Schadensbeträge werden wegen des Prozesskostenrisikos individuell in aller Regel nicht verfolgt. Eine teilweise Zweckwidmung von Geld­ bußen für den Konsumentenschutz an den VKI ist daher sachlich gerechtfertigt und zwin­ gend geboten. Die AK fordert eine Gesetzes­ änderung, wonach 20% der im vergangenen Budgetjahr eingetriebenen Geldbußen, min­ destens jedoch zwei und höchstens vier Mil­ lionen Euro, dem VKI zur Förderung von Kon­ sumenteninteressen zugutekom­men sollen. 2. Akteneinsicht für die Vorbereitung von Schadenersatzklagen: Die AK hat sich stets dafür ausgesprochen, dass die „vorprozessuale“ Akteneinsicht i.S. der EuGH-Rechtsprechung „Donauchemie Rs. C-536/11“ ebenfalls in der Novelle umge­ setzt werden soll. Anders als im Vorentwurf, welcher der Arbeitsgruppe zur Diskussion vor­ gelegt wurde, findet sich im aktuellen Entwurf der Novelle nun doch keine Adaptierung des § 39 KartG (Akteneinsicht). Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist not­ wendig, um überhaupt feststellen zu können, ob Dritte tatsächlich durch den konkreten Wettbewerbsverstoß einen Schaden erlitten haben. Durch das Einsichtsrecht ist es dem Geschädigten möglich zu entscheiden, ob eine Schadenersatzklage aussichtsreich wäre bzw ein Offenlegungsantrag i.S. der Richtlinie Die Einführung einer Gruppenklage ist vor allem aus konsu- mentenpolitischer Sicht dringend erforderlich. Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist notwendig, um überhaupt feststellen zu können, ob Dritte durch den konkreten Wettbewerbsverstoß einen Schaden erlitten haben.
  • 4. Seite 4 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 für bestimmte Beweismittel präziser formuliert werden könnte. Die „vorprozessuale“ Akteneinsicht ist einer­ seits für die Abschätzung des Prozesskos­ tenrisikos wesentlich und andererseits auch europarechtlich geboten, wie folgendes Bei­ spiel zeigt: Bei einer angenommenen Scha­ denshöhe von € 500 betragen die Kosten bei Klagseinbringung rund € 300 (Gerichtsge­ bühren, Rechtsanwaltshonorar). Geschädigte ohne ausreichende Informationsbasis werden daher zumeist ihre Ansprüche nicht geltend machen. Nach Ansicht der AK sollte daher die im Vor­ entwurf enthaltene Regelung, die unter be­ stimmten Umständen eine Akteneinsicht noch vor Klagseinbringung erlaubt, wieder in die Kartellgesetznovelle aufgenommen werden. 3. Gruppenklagen wichtig bei Schaden­ ersatzansprüchen Weder auf EU- noch auf nationaler Ebene wurde die Möglichkeit ergriffen, durch Ein­ führung einer Gruppenklage ein wirkungs­ volles Instrument zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zur Verfügung zu stellen. Die derzeit angewandte Verfahrens­ möglichkeit („Sammelklage nach österrei­ chischem Recht“) ermöglicht keine effiziente Prozessführung bei gleichartig gelagerten Sachverhalten. Die Einführung einer Gruppen­ klage ist vor allem aus konsumenten­politischer Sicht dringend erforderlich. Gruppenklagen reduzieren die Prozesskosten für den ein­ zelnen, vermeiden divergierende Entschei­ dungen und bieten somit einen verbesserten Rechtszugang für geschädigte Konsumen­ tInnen. Darüber hinaus führen Einzelverfahren bei gleichartig gelagerten Sachverhalten zu einer enormen Belastung der Gerichtsbarkeit (z.B. durch mehrfache Zeugenbefragung ein und derselben Person). Die Einführung einer Gruppenklage ist daher auch ein wirkungs­ volles Instrument zur oftmals geforderten Ver­ waltungsvereinfachung. 4. Keine unrechtmäßigen Gewinne für rechtswidrig handelnde Unternehmen Wie schon erwähnt, werden die neuen scha­ denersatzrechtlichen Bestimmungen für KonsumentInnen keinen Vorteil bringen. Das Prozesskostenrisiko bleibt, die Streuschä­ den-Problematik wird gar nicht aufgegriffen, kollektive Rechtsdurchsetzungs­instrumente werden vom Gesetzgeber nicht zur Verfügung gestellt. Aus diesen Gründen kann nach An­ sicht der AK nur ein Gewinnabschöpfungs­ verfahren gewährleisten, dass unrechtmäßige Erlöse nicht bei den rechtswidrig handelnden Unternehmen verbleiben. 5. Stärkere Berücksichtigung der volks- wirtschaftlichen Rechtfertigung bei Zusammenschlüssen Aus AK-Sicht soll der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung (z.B. Arbeitsplatzsicherung, Sicherung der Nahversorgung) im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle größere Be­ deutung zukommen. Es ist nicht sachgemäß, dass die Berücksich­ tigung der volkswirtschaftlichen Rechtferti­ gung nur in Verbindung mit der internationalen Bei Zusammenschlüssen soll der volkswirtschaftlichen Recht- fertigung (z.B. Arbeitsplatzsicherung, Sicherung der Nahver- sorgung) größere Bedeutung zukommen. Nur ein Gewinnabschöpfungsverfahren kann gewährleisten, dass unrechtmä- ßige Erlöse nicht bei den rechtswidrig handelnden Unternehmen verbleiben.
  • 5. Seite 5 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 Wettbewerbsfähigkeit zum Tragen kommt. Dies hat nämlich zur Konsequenz, dass bei rein nationalen Sachverhalten (oftmals im Be­ reich des Einzelhandels) die volkswirtschaft­ liche Dimension eines Zusammenschlusses im Rahmen des Prüfverfahrens nicht ausrei­ chend berücksichtigt werden kann. Die fusi­ onsrechtliche Regelung muss daher an dieses Erfordernis angepasst werden. Eine alternative Überlegung wäre auch die Einführung einer sogenannten „Ministerer­ laubnis“, wie sie auch in anderen Mitglied­ staaten (Deutschland, Großbritannien und Frankreich) gesetzlich verankert ist. 6. Digitalisierung der Wirtschaft Um die zunehmende Digitalisierung der Wirt­ schaft auch unter dem Kartellrechtsregime zu erfassen, ist es wichtig, auf Märkten, die unentgeltliche Leistungen anbieten, bzw. bei mehrseitigen Märkten (Plattformen) eine um­ fassende Kontrollmöglichkeit einzuführen. Ein Beispiel dazu ist die Übernahme von WhatsApp durch Facebook, die – mangels Er­ reichen der Umsatzschwellenwerte – trotz eines Transaktionsvolumens in der Höhe von 18 Mrd US-$ nicht der Fusionskontrolle unterlag. In Deutschland liegt bereits ein „Referente­ nentwurf“ für die neunte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (dGWB) vor, der auch der zunehmenden Digitalisierung Rechnung trägt. Die AK schlägt daher vor, auch in Österreich gleichartige Bestimmungen hinsichtlich Fusionskontrolle, Marktdefinition und Kriterien zur Marktstellung eines Unter­ nehmens vorzusehen. Das Begutachtungsverfahren läuft bis 5. Okto­ ­ber 2016. Im Anschluss daran wird eine Re­ gierungsvorlage erstellt und der parlamenta­ rischen Behandlung zugeleitet. Die AK wird im Rahmen dieses Prozesses weiterhin auf eine Erfüllung der aufgezeigten Forderungen drängen. 1 http://www.sozialpartner.at/wp-content/uploads/2015/08/Beirat_Nr.87_2014_WEB.pdf Das Kartellrechtsregime sollte auch die zunehmende Digitali- sierung der Wirtschaft berücksichtigen.
  • 6. Seite 6 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 AK-STRUKTURWANDELBAROMETER: RUSHHOUR IN DER ARBEITSWELT Der Strukturwandelbarometer 2016 der AK Wien zeigt, wie die BetriebsrätInnen den Wandel in ihren Unternehmen beurteilen: Haupttreiberin der betrieblichen Veränderungsprozesse ist die fortschrei- tende Digitalisierung der Arbeitswelt, die gravierende Auswirkungen für die Beschäftigten nach sich zieht. Die Geschwindigkeit in der Arbeitswelt nimmt rapide zu, das zeigt der aktuelle AK-Struktur­ wandelbarometer als österreichweiter Stim­ mungstest1 unter 271 BetriebsrätInnen: Die Beschäftigten sehen sich gegenwärtig mit zu­ nehmenden Flexibilitätsanforderungen, stei­ gendem Zeitdruck und einer Verschlechterung des Betriebsklimas konfrontiert. Während die Zunahme der Flexibilität zumindest aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive als sinn­ voll erachtet wird, gilt dies für die anderen beiden Faktoren nicht: Für 61% der befragten BetriebsrätInnen hat die Erhöhung des Drucks auch negative Konsequenzen auf die wirt­ schaftliche Performance des Unternehmens; sogar 90% sind der Meinung, dass schlechtes Betriebsklima wirtschaftliche Nachteile bringt. Zum Abkühlen des Betriebsklimas trägt vor allem Personalabbau bei, der unter den ver­ bleibenden Beschäftigten Verunsicherung hervorruft und zur Entsolidarisierung führen kann.2 Dabei ist ein gutes Betriebsklima so­ wohl ein entscheidender Schlüssel zur Zufrie­ denheit am Arbeitsplatz als auch ein wichtiger (weil motivierender) Wettbewerbsfaktor.3 Vom Strukturwandel insgesamt profitieren laut Be­ fragung das Unternehmen und deren Eigen­ tümer, während die Auswirkungen auf die Beschäftigten (z.B. Arbeitsbedingungen, Ein­ kommen) als negativ erachtet werden. Maßgeblich getrieben wird der betriebliche Wandel von der fortschreitenden Digitalisie­ rung: So werden zwar neue Formen der Arbeit­ und der Arbeitszeitgestaltung generiert, gleich­ zeitig wächst aber das Risiko der Arbeitsver­ dichtung und der Entgrenzung von Arbeit und Freizeit. Der AK-Strukturwandelbarometer 2016 zeigt, wie der digitale Wandel bisher in den österreichischen Betrieben angekommen ist: Von 43% der Unternehmen werden be­ reits virtuelle Arbeitsformen eingesetzt. Zwei Drittel der Unternehmen nutzen Softwaresys­ teme zur Steuerung und Planung. Und bereits drei Viertel verwenden mobile Endgeräte mit Anbindung an das Firmennetzwerk. Zu be­ obachten ist, dass der Einsatz von digitalen Technologien mit zunehmender Betriebsgröße steigt. Konzernbetriebe und dabei vor allem jene, bei denen die Entscheidungskompe­ tenz bei einer Muttergesellschaft im Ausland liegt, weisen weitaus höhere Digitalisierungs­ raten auf. Der Prozess der Digitalisierung er­ folgt branchenübergreifend, unterscheidet sich jedoch je nach Sparte in der konkreten Einsatzform: Produktionsbetriebe mit langen Lieferketten bis hin zu EndverbraucherInnen benötigen beispielsweise andere Planungs-, und Produktionstechnologien oder Transport­ logistiken als Dienstleistungsunternehmen. Grundsätzlich stehen die befragten Betriebs­ rätInnen der Digitalisierung positiv gegenüber: Fast drei Viertel sind der Meinung, dass die stärkere Verwendung digitaler Technologien in ihren Unternehmen eher von Vorteil ist, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung geht. Der betriebliche Wandel wird von der fortschreitenden Digitalisierung getrieben. Von Christina Wieser, Abteilung Betriebswirtschaft und Vera Lacina, Abteilung Wirtschaftspolitik, beide Arbeiterkammer Wien
  • 7. Seite 7 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 Richtet sich der Blick jedoch auf die Arbeits­ bedingungen, sind die BetriebsrätInnen nur mehr knapp zur Hälfte positiv gestimmt. Für ein Sechstel der Befragten hat die Digitalisie­ rung eher nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen, da sich dadurch das Ar­ beitstempo noch mehr beschleunigt und der Druck weiter zunimmt (vgl. Abbildung 1). Auswirkungen der Digitalisierung Neues Arbeiten, neue Qualität? Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Qualität der Arbeit und insbesondere auf den Qualifikationsbedarf stehen im Zentrum des gegenwärtigen Diskurses rund um die Zukunft der Arbeit. Offen ist, wie sich die Beschäfti­ gungssituation weiter entwickeln wird, die Dynamik am Arbeitsmarkt wird jedenfalls zu­ nehmen und die Bedeutung von Qualifizierung und Weiterbildung weiter wachsen.4 Fast die Hälfte (49%) der BetriebsrätInnen vertritt die Auffassung, dass sich die Einführung neuer Technologien auf die Qualität und das Niveau der Arbeitsplätze positiv ausgewirkt hat. Die technologische Ausgangsbasis der österrei­ chischen Unternehmen ist demnach aus der Perspektive der ArbeitnehmerInnenvertretung gut. Dies bestätigen Daten der Statistik Aus­ tria, etwa zur Industrieproduktion, den Ex­ porten oder der Forschungs- Entwicklungs­ quote. Auch im europäischen Vergleich weist Österreich eine positive Entwicklung auf. Um diese Position zu festigen, Beschäftigung und Einkommen zu generieren und eine Spitzen­ position im digitalen Bereich zu erreichen, be­ darf es jedoch weiterer Investitionen. Der Strukturwandelbarometer liefert zudem Informationen über die neuen Anforderungen im Hinblick auf Qualifikationsstrukturen und Kompetenzprofile der MitarbeiterInnen: Mehr als die Hälfte (57%) der BetriebsrätInnen meint, dass die betriebliche Weiterbildung zur Erweiterung digitaler Kompetenzen zuge­ nommen hat. Fast zwei Drittel (63%) der Be­ fragten geben an, dass digitale Kompetenzen bei Neuanstellungen zunehmend wichtiger werden. Gleichzeitig sehen aber nur 20%, dass die digitale Qualifikation als zusätzliches Kriterium bei der Entlohnung neuer Kolle­ gInnen berücksichtigt wird. Flexibel, aber selbstbestimmt Durch die zunehmende Digitalisierung sind dem flexiblen Arbeiten kaum Grenzen gesetzt. Bereits jetzt orten 63% der Befragten, dass die Flexibilitätsanforderungen steigen. Arbeit ist längst nicht mehr an einen bestimmten Ort und an fixe Zeiten gebunden: Wie beurteilt die ArbeitnehmerInnenvertretung die neu erlangte ABBILDUNG 1: IST DIE DIGITIALISIERUNG ALLES IN ALLEM EHER VON VORTEIL ODER EHER VON NACHTEIL? (N=271) 48 71 35 26 14 3 3 0% 50% 100% für  die  Arbeitsbedingungen für  die  wirtschaftliche   Entwicklung   Abbildung  1:  Ist  die  Digitalisierung  alles  in  allem  eher  von  Vorteil   oder  eher  von  Nachteil?  (n=271) eher  positiv weder  noch eher  negativ k.A. Quelle:  AK-­‐Strukturwandelbarometer  2016,  IFES Quelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
  • 8. Seite 8 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 räumliche und zeitliche Flexibilität? Mehr als ein Drittel (37%) der Befragten sieht bei dieser Frage positive Auswirkungen. Für diese Gruppe ergeben sich offenbar neue Freiräume und interessante Alternativen zur Präsenz­ kultur, die gerne genutzt werden. Allerdings hat sich die Einführung digitaler Technologien für jede/n Fünfte/n eher negativ auf die Autonomie ausgewirkt, gibt doch nach wie vor das Unternehmen den Takt an. Die landläufige Arbeitgebererwartung der stän­ digen Erreichbarkeit birgt für die Beschäftigten die Gefahr einer höheren Arbeitsintensität und unzureichender Erholungsphasen. Hier zeigt sich die Ambivalenz der neuen Arbeitswelt: Während sich für die einen mehr Freiheiten eröffnen, sehen sich andere wegen der zeit­ lichen und räumlichen Entgrenzung immer mehr unter Druck gesetzt. Neue Arbeitsformen, neue Bürokultur? Ein ähnlicher Widerspruch gilt für die ver­ stärkte Implementierung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in den Ar­ beitsalltag: Auf der einen Seite steht Informati­ onsüberfluss, der zu Arbeitsverdichtung führt, auf der anderen Seite der Vorteil des kurzen Kommunikationsweges. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen diesen Gegensatz deut­ lich auf: Zwar sieht mehr als ein Drittel der befragten BetriebsrätInnen einen positiven Effekt, fast genauso viele (31%) konstatieren aber eine Verschlechterung. Schon jetzt erlebt mehr als ein Drittel der Befragten, dass sich das Betriebsklima im letzten halben Jahr ver­ schlechtert hat. Neue Kommunikationsmethoden lassen sich am besten in einer modernen Arbeitsum­ gebung umsetzen. So präsentiert sich bei­ spielsweise das neue Headquarter der Erste Bank Group am Gelände des ehemaligen Südbahnhofs nicht nur architektonisch, son­ dern auch technisch am neuesten Stand. Der neue Campus bietet seit Februar 2016 für die rund 5.000 Beschäftigten viel Grün, Wohn­ ABBILDUNG 2: WIE HAT SICH DIE EINFÜHRUNG DIGITALER TECHNOLOGIEN IM BETRIEB AUSGEWIRKT? (n=271) Die Folge der permanenten Erreich­ barkeit ist ein starker Anstieg der psychischen Belastungen. 8 12 18 36 37 49 42 28 46 31 40 37 49 59 34 31 21 13 0% 50% 100% auf  die  Situation  älterer  Beschäftigter  im  Betrieb auf  die  Arbeitsbelastungen auf  die  Vereinbarkeit  von  Beruf  und  Privatleben auf  die  Kommunikation  zwischen  KollegInnen auf  die  räumliche  und  zeitliche  Autonomie  der  Beschäftigten auf  die  Qualität  und  das  Niveau  der  Arbeitsplätze   Abbildung  2:  Wie  hat  sich  die  Einführung  digitaler  Technologien  im  Betrieb  ausgewirkt?   (n=271) eher  pos itiv weder  noch eher  negativ Quelle:  AK-­‐Strukturwandelbarometer  2016,  IFESQuelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
  • 9. Seite 9 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 zimmeratmosphäre und Open Space Office5 . Mit dem Umzug in das neue Gebäude wurde gleichzeitig eine neue Organisationsform – das Desk-Sharing6 – eingeführt. Die kolportierten Ziele dieses Konzepts sind Kostenerspar­ nisse, ideale Raumnutzung, eine produktivere und attraktivere Arbeitsumgebung sowie zu­ friedenere MitarbeiterInnen.7 Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Rahmenbedingungen werden von der zu­ ständigen Betriebsratsvorsitzenden Ilse Fetik so kommentiert: „In den schönen, modernen Großraumbüros müssen die KollegInnen jeden Tag aufs Neue einen Arbeitsplatz suchen, weil sie keine eigenen Schreibtische mehr haben. Viele kommen mit der Umstellung schwer zurecht und vermissen ihre gewohnten Bü­ ronachbarn. Nach einem ­Arbeitstag muss der Tisch absolut leer geräumt werden, ‘am Abend lösche ich mich aus‘, sagt ein Kollege dazu. Nur noch der Vorstand hat zugeordnete Schreibtische.“8 Der informelle Austausch zwischen KollegInnen wird in dieser Facette der neuen Arbeitswelt offenbar erschwert. Es wird sich zeigen, wie sich diese Entwicklung künftig auf das Betriebsklima auswirkt. Die Balance finden zwischen Arbeit und Leben Deutlich negativ fällt die Beurteilung der Be­ triebsrätInnen dann aus, wenn es um die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ver­ einbarkeit von Beruf und Privatleben geht. Nur 18% der Befragten sind der Meinung, dass sich die Digitalisierung positiv auf die „Work-Life-Balance“ ausgewirkt hat, fast dop­ pelt so häufig (34%) werden Nachteile festge­ stellt. Bestätigt wird dies durch eine Untersu­ chung der Arbeiterkammer Niederösterreich in Kooperation mit der TU Wien vom April 20169 . Bei den dabei knapp 750 Befragten aus der Dienstleistungsbranche waren bis zu 70% in der Freizeit permanent erreichbar, selbst im Krankenstand waren es fast 60%. Sogar im Urlaub und am Wochenende ist fast jede/r Zweite/r stets erreichbar. Die dramati­ sche Folge dieser permanenten Erreichbarkeit ist ein starker Anstieg der psychischen Belas­ tungen: Der Anteil der Beschäftigten mit De­ ABBILDUNG 3: EINBINDUNG DES BETRIEBSRATS BEI EINFÜHRUNG NEUER TECHNOLOGIEN (n=271) „Am Abend lösche ich mich aus“, sagt ein Kollege. 14 15 65 12 0 10 20 30 40 50 60 70 aktiv  in  die  Entscheidung  eingebunden aktiv  in  die  Planung  eingebunden nur  informiert gar  nichts/nichts  davon Abbildung  3:  Einbindung  des  Betriebsrats  bei  Einführung  neuer  Technologen  (n=271) Quelle:  AK-­‐Strukturwandelbarometer  2016,  IFES Quelle: AK-Strukturwandelbarometer 2016, IFES
  • 10. Seite 10 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 pressionserscheinungen liegt bei jenen, die in ihrer Freizeit nicht oder kaum erreichbar sind, bei 11,3%. Bei ArbeitnehmerInnen mit einem hohen Maß an Erreichbarkeit liegt dieser Wert bereits doppelt so hoch (24%). Besonders be­ troffen sind Beschäftigte mit All-in-Verträgen und Teilzeitkräfte. Ein wichtiger Schritt für eine bessere Abgrenzung vom Beruf wäre, dass mobile Geräte in der Freizeit abgeschaltet bzw. nicht synchronisiert werden. Die digitale Kluft wird größer Aber auch ältere ArbeitnehmerInnen kommen im digitalen Zeitalter häufig unter Druck: Nur 8% der BetriebsrätInnen geben an, dass sich die Einführung digitaler Technologien für ältere Beschäftigte im Betrieb vorteilhaft ausgewirkt hat. Fast die Hälfte ist jedoch der Meinung, dass sich ihre Situation verschlechtert hat. Die große Herausforderung besteht gegenwärtig wohl darin, den „Digital Divide“ – also die „di­ gitale Kluft“ – aufgrund von Alter, aber auch von Geschlecht oder sozialer Zugehörigkeit zu schließen. Arbeitsbelastungen steigen Für eine deutliche Mehrheit (59%) der Be­ triebsrätInnen geht die Einführung digitaler Technologien mit einer Erhöhung der Ar­ beitsbelastungen einher, nur 12% assoziieren damit eine Erleichterung. Die höheren Belas­ tungen sind Folgen der Entgrenzung und Ver­ längerung der Arbeitszeiten, der permanenten Erreichbarkeit und der Arbeitsverdichtung. Schon jetzt ist der Zeitdruck, der in 62% der Fälle im letzten halben Jahr zugenommen hat, eine massive Belastung für die Arbeitneh­ merInnen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der „Gute-Arbeit-­Index“10 des Deut­ schen Gewerkschafts­bundes (DGB): Von den ArbeitnehmerInnen, die in hohem oder sehr hohem Maß digitalisiert arbeiten, gibt fast die Hälfte (46%) an, dass ihre ­Arbeitsbelastung dadurch größer geworden ist, lediglich 9% fühlen sich entlastet. Mitbestimmung 4.0 Der digitale Wandel ist zumeist in weitrei­ chende organisatorische Änderungen im Betrieb bzw. im Unternehmen eingebunden und beeinflusst so die wirtschaftliche Mitbe­ stimmung. Typische Digitalisierungsthemen sind beispielsweise Änderungen im Arbeits­ ablauf bzw. der Arbeitsorganisation, Daten­ schutz oder Personalplanung etc. Laut Gesetz (§§  91ff Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG)) ist die Unternehmensleitung eigentlich ver­ pflichtet, rechtzeitig über „Planung und Ein­ führung neuer Technologien“ zu informieren, damit die ArbeitnehmerInnenvertretung die Interessen der MitarbeiterInnen einbringen und entsprechende Maßnahmen setzen kann. Die gelebte Unternehmenspraxis ist davon jedoch weit entfernt, wie der AK-Strukturwan­ delbarometer feststellt: Der Betriebsrat wird in knapp zwei Drittel (65%) der Fälle überhaupt nur informiert (vgl. Abbildung 3), lediglich 14% der BetriebsrätInnen stellen eine aktive Ein­ bindung in Entscheidungen bzw. 15% in die Planung fest. 12% der befragten Betriebs­ rätInnen wussten gar nichts von der Einfüh­ rung neuer Technologien. Die Geschäftslei­ tungen treiben die Digitalisierung voran, ohne die Beschäftigten und ArbeitnehmerInnenver­ tretungen aktiv einzubinden. Dabei hält die Mitbestimmungsforschung fest, dass eine frühzeitige Einbindung von BetriebsrätInnen schon in der Planungsphase zur Beschleuni­ gung von Entscheidungsprozessen im Unter­ nehmen beiträgt, statt sie zu verlangsamen.11 Ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte – gerade beim Der Zug der Digitalisierung fährt zwar mit Hochgeschwindig- keit, bringt die Beschäftigten aber nicht von selbst in eine bessere Arbeitswelt.
  • 11. Seite 11 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 Phänomen digitaler Wandel – sind Betriebs­ vereinbarungen. In diesem Zusammenhang geben fast 60% der BetriebsrätInnen an, dass im letzten Jahr keine Betriebsverein­ barungen rund um Digitalisierungsthemen ab­ geschlossen wurden. In 26% der Fälle hat es in den letzten zwölf Monaten neue Betriebs­ vereinbarungen zum Thema Datenschutz ge­ geben. Weitere 18% der Befragten führen an, dass Betriebsvereinbarungen zur Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit sowie 14% zu neuen digitalen Technologien abgeschlossen wurden. Auffällig ist dabei, dass in 70% der Fälle die Initiative zum Abschluss dieser Be­ triebsvereinbarungen vom Betriebsrat und nicht von ArbeitgeberInnen ausgegangen ist. „So muss Digitaler Wandel!“ Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der digitale Wandel für hochwertige Arbeits­ plätze notwendig ist und einen hohen­Grad an Raum-Zeit-Autonomie ermöglichen kann. Die Digitalisierung trägt aber bis jetzt nicht dazu bei, eine bessere Balance zwischen Ar­ beit und Freizeit zu finden und damit lebens­ phasenorientiertes Arbeiten zu unterstützen. Eher das Gegenteil ist der Fall: Durch die permanente Erreichbarkeit steigen der Druck und die Arbeitsbelastungen weiter an. Diese Beschleunigung und die steigenden Anforde­ rungen haben eine Zunahme von psychischen Erkrankungen zur Folge – hier sind besonders All-in-VertragsnehmerInnen und Teilzeitkräfte betroffen. Aber auch ältere ArbeitnehmerInnen haben es in diesem Veränderungsprozess be­ sonders schwer. Der Zug der Digitalisierung fährt zwar mit Hochgeschwindigkeit, bringt die Beschäf­ tigten aber nicht von selbst in eine bessere Arbeitswelt: Dafür braucht es klare Arbeits­ zeitregelungen, ausreichende Erholungs­ phasen, betrieblichen Gesundheitsschutz und gerechte Entlohnung – auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Für eine faire Gestaltung der neuen Arbeitswelt ist die Mitbestimmung ein entscheidender Faktor. Nur die aktive Einbindung der Arbeit­ nehmerInnen und ihrer BetriebsrätInnen ge­ währleistet, dass gute Arbeit nicht auf der Strecke bleibt. 1 Vgl. Strukturwandelbarometer 2016, Digitaler Wandel – aus Sicht von BetriebsrätInnen (AK-Wien, durchgeführt von IFES) https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/studien/Strukturwandelbarometer_2016.pdf (abgerufen am 22.09.2016). 2 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 85 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 23.09.2016). 3 Vgl. http://www.tzl.de/blog/wp-content/uploads/2014/06/Whitepaper_Wohlbefinden.pdf (abgerufen am 22.09.2016). 4 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 32 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 28.09.2016). 5 Große Büros ohne Trennwände und ohne verschließbare Zellentüren. 6 Desksharing, auch „Shared Desk“ oder „Flexible Office“ genannt, ist eine Organisationsform, bei der innerhalb einer Organisationseinheit weniger Arbeitsplätze als MitarbeiterInnen verfügbar sind. Die MitarbeiterInnen wählen ihren Arbeitsplatz täglich aufs Neue. 7 Vgl. http://www.smartworkers.net/2014/12/desk-sharing-klappt-es-mit-dem-teilen-im-buero-teil-2/ (abgerufen am 22.09.2016). 8 Vgl. APA-Meldung vom 18.05.2015: AK: Beschäftigte durch digitalen Wandel immer mehr unter Druck (abgerufen am 22.09.2016). 9 Vgl. https://media.arbeiterkammer.at/noe/pdfs/presse/Pressepapier_PK_Staendig_erreichbar.pdf (abgerufen am 29.09.2016). 10 Vgl. DGB-Index „Gute Arbeit“ (04/2016): Mehrbelastung durch Arbeit 4.0 – Die Auswirkungen der Digitalisierung aus Beschäftigtensicht. 11 Vgl. Arbeiten 4.0 – Werkheft 2, S. 105 http://www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/BMAS_Werkheft-2.pdf (abgerufen am 28.09.2016). Für eine faire Gestaltung der neuen Arbeitswelt ist die Mitbestimmung ein entscheidender Faktor. 
  • 12. Seite 12 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 STUDIENHINWEIS STRUKTURWANDELBAROMETER 2016 – AK/IFES Die regelmäßige Erhebung und Analyse der Inhalte, Dynamik und Auswirkungen des betrieblichen Strukturwandels aus ArbeitnehmerInnenperspektive. Die Erhebung – durchgeführt von IFES im Auftrag der AK-Wien – erfolgte nun zum vierten Mal. Fast 300 BetriebsrätInnen österreichischer Unternehmen wurden online nach verschiedenen Indikatoren, etwa Zeitdruck, Anteil von Leiharbeit, Outsourcing, Investitionen in Personal und betriebliche Mitbestim­ mung befragt. Diesmal mit dem Schwerpunkt: Einsatz digitaler Technologien als Indikator des Strukturwandels StudienautorInnen: Georg Michenthaler, Nedeljko Beier, Claudia Pflügl AK-Projektteam: Ursula Filipić, Roland Lang, Heinz Leitsmüller, Ulrich ­Schönbauer, Christina Wieser, Michael Heiling, Silvia Hruška-Frank Die Studie als Download unter: https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/Arbeitsmarkt/Strukturwandelbarometer.html GERECHTIGKEIT MUSS SEIN EINE STUDIE DER AK WIEN DURCHGEFÜHRT VON IFES STRUKTURWANDELBAROMETER 2016 Digitaler Wandel – Aus Sicht von BetriebsrätInnen
  • 13. Seite 13 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 ÖFFENTLICHE AUFTRAGSVERGABE: NACHHALTIG UND SOZIAL In Österreich sollen bis zum Jahresende 2016 die EU-Vergaberichtlinien umgesetzt werden. Diese eröffnen unter anderem die Möglichkeit, das sog. „Bestbieterprinzip“ stärker in das österreichische Vergaberecht zu verankern sowie soziale und ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe vermehrt zu berücksichtigen. Vor allem aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive ist es dringend geboten, sich gegenüber diesen progressiven Möglichkeiten nicht zu verschließen. Das Vergaberecht, eine auf europäischer Ebene harmonisierte Rechtsmaterie, beruht auf der Idee, dass öffentliche Aufträge EU- weit und in transparenter Form zu vergeben sind. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollen dabei einen fairen Wettbewerb sowie die effiziente Nutzung von Steuergeldern ge­ währleisten. Ließ die EU-Kommission aus ebendiesen Gründen lange Zeit grundsätzlich nur den Preis als Kriterium für die Auswahl zu, wurde in den letzten Jahren ein deutlicher Kurswechsel vorgenommen. Die Einsicht, dass eine ausschließliche Fokussierung auf den Preis sich in weiterer Folge als sehr kost­ spielig für die Allgemeinheit erweisen kann, aber auch die Lehren, die man aus der Fi­ nanz- und Wirtschaftskrise in Bezug auf nach­ haltiges Wirtschaften gezogen hatte, führten schließlich zu einer umfassenden Reform des EU-Vergaberechts zu Beginn des Jahres 2014. Die öffentliche Auftragsvergabe, dem eine beträchtliche volkswirtschaftliche Relevanz zukommt, soll nunmehr unter Beachtung von sozial- und umweltpolitischen Aspekten ­einen Beitrag zu einer nachhaltigen Konjunkturan­ kurbelung leisten. Die Vergabe-Richtlinien eröffnen hierfür den nötigen Raum, um in der Beschaffung wirtschafts- und gesellschafts­ politische Ziele strategisch zu befolgen. Die Umsetzung der Richtlinien soll noch 2016 er­ folgen. In Österreich trat bereits im März 2016 eine „Kleine Novelle“ zum Vergaberecht in Kraft, welche eine Annäherung an die Vorstellungen des Unionsgesetzgebers brachte. Die auf eu­ ropäischer Ebene geschaffenen rechtlichen Möglichkeiten, das österreichische Vergabe­ gesetz für Sozial- und Umweltkriterien stärker zu öffnen, sowie unlauteren Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten, wurden bis dato allerdings unzureichend ge­ nützt. Nährboden für Sozialbetrug In Österreich gibt es vorrangig dort Hand­ lungsbedarf, wo die rechtlichen Rahmenbe­ dingungen Lohn-und Sozialdumping begüns­ tigen. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere lange Subunternehmerketten den idealen Nährboden hierfür bieten. Das Problem stellt sich in der Praxis wie folgt: Es werden Bauleis­ tungen an Auftragnehmer vergeben, die bei der Ausführung des Auftrags auf Subunter­ nehmen zurückgreifen, welche ihrerseits eben­ falls Teile des Auftrags an weitere Sub-Subun­ ternehmen delegieren. Es entstehen so häufig zum Teil unübersichtlich lange Subunterneh­ merketten an deren ­Enden häufig Arbeitneh­ merInnen stehen, deren Löhne und Sozial­ versicherungsbeiträge nicht korrekt geleistet werden. Der hohe Kostendruck in der öffentli­ chen Beschaffung wird damit auf die unterste Ebene der Subunternehmerkette überwälzt. Beim – häufig bereits im Voraus geplanten – Von Lena Karasz, Arbeiterkammer Wien, Abteilung Wirtschaftspolitik Die unionsrechtlichen Möglichkeiten, unlauteren Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten, wurden bis dato unzureichend genützt.
  • 14. Seite 14 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 Konkurs ihrer direkten Arbeitgeber bleibt den betroffenen Beschäftigten oft nur noch der Weg zum Insolvenz-Entgelt-Fonds, um ihre Lohnansprüche durchzusetzen. Die „kleine Novelle“ brachte in dieser Hinsicht insofern eine Verbesserung, als die Transpa­ renz in der Subauftragnehmerkette erhöht wurde. Auftragnehmer müssen nunmehr im Angebot alle Teile, die sie beabsichtigen an Subauftragnehmer weiterzureichen, anführen. Zudem bedarf nach der Zuschlagserteilung grundsätzlich jeder Wechsel von beteiligten Unternehmen der Zustimmung des Auftrag­ gebers. Damit sollen die Kontrollmöglich­ keiten der Auftraggeber zu jedem Zeitpunkt der Vertragsausführung gesichert werden. Von der Möglichkeit zur Kontrolle wird in der Praxis allerdings selten Gebrauch gemacht. Als weitaus effektivere Maßnahme im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping würde sich eine gesetzliche Beschränkung der Subauf­ tragnehmerkette auf maximal zwei Ebenen erweisen. Zielführend wäre überdies, Auftragnehmer, die bereits in der Vergangenheit gegen bestimmte arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften ver­ stoßen und damit ihre berufliche Zuverlässig­ keit in Frage gestellt haben, für festgelegte Zeiträume von der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen. Die Verga­ berichtlinien bieten dazu explizit die Möglich­ keit, da ein solcher Ausschluss auch unfairen Wettbewerb verhindern soll. Die derzeitige Rechtsprechung in Österreich erlaubt unzu­ verlässigen Bietern jedoch eine sogenannte „Reinwaschung“, noch dazu unter milden Vo­ raussetzungen. Hier wäre jedoch eine striktere Handhabung wichtig – sowohl im Sinne des fairen Wettbewerbs als auch im Hinblick auf die dadurch entstehenden Folgekosten für die Allgemeinheit. Wer billig kauft, kauft letztlich teuer In der öffentlichen Auftragsvergabe war lange Zeit das Billigstbieterprinzip vorherrschend. Die öffentliche Hand, so die Idee, sollte sich in ihrer Entscheidung ausschließlich am Preis der vorgelegten Angebote orientieren, um Transparenz zu gewährleisten und Diskrimi­ nierungen zu vermeiden. Diese ausschließ­ liche Fokussierung auf den Preis sollte dafür sorgen, Steuergelder möglichst sparsam ein­ zusetzen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aber, dass sich vor allem die billigsten („güns­ tigsten“) Angebote im Nachhinein als die kost­ spieligsten erweisen. Es kann daher als Fortschritt gewertet werden, dass die letzte Vergaberechtsnovelle die Krite­ rien zur Zulässigkeit des Billigstbieterprinzips weiter eingeengt hat. Als besonders positive Neuerung ist die gesetzliche Verankerung des Bestbieterprinzips im Bausektor hervorzu­ heben: Bei öffentlichen Bauauf­trägen ab einer Million Euro muss nunmehr verpflichtend das Bestbieterprinzip angewendet werden. Gesamtwirtschaftlich gesehen ist es wichtig, diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen und das verpflichtende Bestbieterprinzip auch auf andere Branchen, wie z.B. Bewachungs­ leistungen, gesundheitliche Dienstleistungen, etc. auszudehnen. Solcherart würde nicht nur der Qualitätswettbewerb gefördert, sondern auch Lohn- und Sozialdumping ein Riegel vorgeschoben werden, das auch jenseits der Baubranche weit verbreitet ist. Regelmäßig Der hohe Kostendruck in der öffentlichen Beschaffung wird auf die unterste Ebene der Subunternehmerkette überwälzt. Eine effektive Maßnahme im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping wäre eine gesetzliche Beschränkung der Subauftragnehmerkette auf maximal zwei Ebenen.
  • 15. Seite 15 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 werden bei öffentlichen Ausschreibungen Anbieter, die Beschäftigte fair entlohnen, von Mitbewerbern mit unseriösen Kostenkalkulati­ onen aus dem Rennen gedrängt. Ein anschauliches Beispiel von Lohndumping bei der öffentlichen Auftragsvergabe bietet der öffentliche Verkehrsdienst per Bus: Bus­ betriebe, die im Bewusstsein ihrer sozialen Verantwortung auch älteres und gut ausge­ bildetes Personal zu angemessenen Kondi­ tionen beschäftigen, werden durch Mitbe­ werber, die ihr Personal nicht fair entlohnen, sehr unter Druck gesetzt. Da bei der Preisbil­ dung im Busbereich die Kosten für das Per­ sonal bei etwa 50% liegen, können öffentliche Aufträge vor allem dann lukriert werden, wenn bei den Beschäftigten gespart wird. Der bil­ ligste Preis wird so zu Lasten des Personals erreicht und belastet zudem die Sozialkassen und den Staat, wenn die anderen (gut quali­ fizierten) Beschäftigten in die (Alters-)Arbeits­ losigkeit gedrängt werden. Überdies bedeutet Lohndumping weniger Steuereinnahmen für die öffentliche Hand. Schutz der Beschäftigten bei Betreiberwechsel Ein weiteres Problem, das für Beschäftigte im Personennahverkehr aus öffentlichen Auf­ tragsvergaben resultieren kann, ist der Be­ treiberwechsel. Diese Problematik tritt für die Beschäftigten von Buslinien dann ein, wenn nicht der Betreiber, bei dem sie beschäftigt sind, den öffentlichen Auftrag erhält, sondern ein anderer Mitwerber. Besonders im länd­ lichen Raum, wo die Einsatzorte begrenzt sind, können Beschäftigte in einem solchen Fall massiv unter Druck geraten. Busbetreiber sind gesetzlich nicht verpflichtet, das Personal des bisherigen Betreibers zu übernehmen. In der Praxis kann dies dazu führen, dass sich ArbeitnehmerInnen gezwungen sehen, zu schlechteren Bedingungen zum neuen Ar­ beitgeber zu wechseln, dabei Dumping­löhne in Kauf zu nehmen und auf bisher erworbene Rechte, wie z.B. das Recht auf die 6. Urlaubs­ woche, zu verzichten. Unionsrechtlich besteht allerdings die Mög­ lichkeit, in solchen Fällen den Bestbietenden dazu zu verpflichten, die bisherigen Beschäf­ tigten unter Anerkennung ihrer erworbenen Rechte zu übernehmen. Unter den EU-Mit­ gliedstaaten hat bislang Schweden von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Eine ver­ pflichtende Personalübernahme beim Betrei­ berwechsel ist dort gängige Praxis. Dies wäre auch für Österreich erstrebenswert, um Be­ schäftigungsverhältnisse langfristig zu ­sichern und der Beschneidung von ArbeitnehmerIn­ nenrechten entgegenzuwirken. Berücksichtigung von sozialen, ökologischen und qualitativen Mindestanforderungen In der Vergangenheit spielten in Österreich vor allem soziale und umweltbezogene ­Aspekte in der öffentlichen Auftragsvergabe eine eher untergeordnete Rolle. Argumentiert wurde, dass das Bundesvergabegesetz kein sozi­ alpolitisches Instrument sei, sondern aus­ schließlich die „effizienteste“ Beschaffung durch die öffentliche Hand sicherstellen sollte. Andere Kriterien als der Preis wurden als „ver­ gabefremd“ qualifiziert. Mittlerweile hat sich jedoch die Einsicht durchgesetzt, dass es vor allem volkswirtschaftlich vernünftig ist, so­ ziale, ökologische und qualitative Kriterien bei der Bewertung zu berücksichtigen. Die neue allgemeine Vergabe-Richtlinie sieht daher ausdrückliche Möglichkeiten für öffentliche Auftraggeber vor, im Zuge der Beschaffung Mittlerweile hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass es vor allem volks- wirtschaftlich klug ist, soziale, ökolo- gische und qualitative Kriterien bei der Bewertung zu berücksichtigen.
  • 16. Seite 16 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele zu verfolgen. Nicht zuletzt vor diesem Hinter­ grund wäre eine Stärkung des Bestbieterprin­ zips erforderlich. Um diese strategische Beschaffung noch zu­ sätzlich zu stärken, müssten beim Bestbie­ terprinzip neben dem Preis weitere soziale, ökologische oder qualitative Kriterien als ver­ pflichtend miteinbezogen werden. Als soziale Kriterien könnten beispielsweise das Vorhan­ densein spezieller Ausbildungsprogramme für Lehrlinge oder der Anteil von ehemaligen Langzeitarbeitslosen am Gesamtbeschäfti­ gungsstand herangezogen werden. Damit würden wichtige beschäftigungspolitische Impulse gesetzt. 2015 machte die Vergabe der öffentlichen Hand in Österreich insgesamt 13,2% der Wirtschaftsleistung (BIP) aus. Sie ist damit ein besonders starker ­Hebel,­um Beschäftigung zu sichern. Aus einer gesamt­ wirtschaftlichen Perspektive ist es daher drin­ gend geboten, dass öffentliche Auftraggeber über kurzfristige Aufträge hinausdenken und einer nachhaltigen Ökonomie, die mit fairer Beschäftigung und sozialer Sicherheit einher­ geht, den Vorzug geben. Bestellen! Unter http://wien.arbeiterkammer. at/infobrief-bestellen können Sie den EU-Infobrief kostenlos bestellen. EU-Infobrief: Europa und Internationales in kritischer und sozialer Perspektive – kostenlos beziehen Im pre ssum : H er au sg eb er un d M ed ie ni nh ab er : Ka m m er fü r Ar be ite r un d An ge st el lte fü r W ie n, 10 40 W ie n, Pr in z Eu ge n St ra ss e 20 -2 2 • R ed ak ti on : El is ab et h Be er , Év a D es se w ffy , Lu ka s O be rn do rf er , Ir is St ru tz m an n Nor be rt Te m pl , Va le nt in W ed l • K on ta kt : Lu ka s O be rn do rf er (luk as .o be rn do rf er @ ak w ie n. at ) La yo ut un d Sa tz : Ju lia St er n • Ver la gs - un d H er st el lu ng so rt : W ie n • Er sc he in un gs w ei se : zw ei m on at lic h • K os te nl os e Bes te llu ng un te r: ht tp :/ /w ie n. ar be ite rk am m er .a t/ eu in fo br ie f Edit oria l Lie be Leserin! Lie ber Leser! Vor Ih nen liegt doppelt Neues. Durc h pro fe ssio nelles Layout ers chein en w ir in neuem Gew and. Auch in haltlich haben w ir uns bem üht, die in te rn ationale n Bre nn- punkte durc h neue Form ate besser zu fo kussie re n: Langbeiträ ge als Raum fü r gru ndle gende Analy sen. Dam it sta rt en M ark us M art erb auer und Lukas Obern dorfer. Ers te re r zeig t auf, dass sim ultanes Kon- solidie re n die EU in den nächste n Abschw ung fü hre n könnte . Zw eitere r setz t sich m it dem M onti-B ericht – dem Vers uch ein es neuen Konsenses fü r ein e angebots eitig e Bin nen- m ark tp olitik – ausein ander. Pro duk- tion von Konsens und Dissens darin spie le n Bücher ein e w ichtige Rolle. Daher erö ffnen w ir m it zw ei Rezensi- onen ein e neue Rubrik: Die Buchbe- spre chung. Die bekannte n Stä rk en unsere r Zeitschrift ble ib en erh al- te n: aktu elle Them en in fo rm ativ prä gnant aufb ere itet. Das zeig en Elisabeth Beer, Norb ert Tem pl, Ir is Str utz m ann, W alter Sauer Susan Leath er m it ih re n Beiträ gen zu In vestitionsschutz abkom m en, W achstu m shin dern issen, Handels- politik (E U – Kanada) und HIV /A id s. Ebenso setz t Cla udia Schürz unsere n Chin a-S chw erp unkt fo rt . Die sm al: W andera rb eiterI nnen. Ih r AK Redaktionste am Seit Begin n der Fin anz- und W ir tschaft skris e is t es der EU gelu ngen, durc h pra gm atische Notfallm aßnahm en das Bankensyste m , die Konju nktu r und den M ark t fü r Sta ats schuld - vers chre ib ungen zu sta bilis ie re n, je doch sin d die gru ndle genden Pro ble m e nic ht bew ältig t. Europas W irtschaft An einer entscheidenden W eggabelung Die w eitere Konju nktu re ntw ic klu ng hängt davon ab, ob die von Asie n ausgehenden Auftriebskrä fte oder die Däm pfu ng durc h die sim ultane Budgetk onsolidie ru ng in der EU stä r- ker w irken. Die Bew ältig ung der ho- hen Sta ats schuld en ble ib t ein zent- ra le s Them a, fü r dessen Bew ältig ung unkonventionelle Ansätz e notw endig sin d. EU -W ir ts chaft spoliti k schaff t Sta bilis ie rung ■ Die w irts chaftliche Krise hat in der Euro päis chen Uni- on in den le tz te n W ochen ih r dritt es Sta diu m err eic ht: ■ Die Krise gin g zunächst in den Ja hre n 2007 und 2008 von den Fin anzm ärk te n und Banken aus, das w eltw eite Fin anzsyste m ge- riet m ehrm als an den Rand des Zusam m enbru chs. ■ Dadurc h w urd e von M itte 2008 bis M itte 2009 ein tiefe r Ein bru ch der Realw irts chaft ausgelö st. Das Bru tt oin la ndspro dukt gin g 2009 re al um 4,2 % zurü ck, die sais on- bere in ig te Zahl der Arb eitslo sen stieg vom Tie fs ta nd im Frü hja hr 2008 bis M ai 2010 von 16 M io auf 23 M io . ■ Als Folg e des durc h den finanz- und re alw irts chaftlichen Ein bru ch ents ta ndenen Ausfa lls an Ste u- ere in nahm en und der zusätz li- chen Sta ats ausgaben entw ic kelte sic h ab dem Frü hja hr 2010 ein e Sta ats schuld enkrise. Die EU-P olitik hat die Krisenzeic hen in allen dre i Sta die n spät erk annt, sie hat – bedin gt durc h la ngw ie rige Ents cheid ungspro zesse, vor allem aber geprä gt durc h ein neolibera le s W eltbild, das den M ärk te n Effi zie nz zuspricht und sta atlic he Ein griffe fü r fa ls ch hält – m it Zögern und Zaudern re agie rt . Dennoch is t es schließlich in je dem Sta diu m der Krise gelu n- gen, durc h Notfallm aßnahm en ein e Sta bilis ie ru ng zu err eic hen: Euro pas W irts ch aft 1 Die fa ktisc he M ach t m ultin ationale r Unte rn ehm en 6 W ach st um sh em m nis se 9 Analy se des M onti-B erich ts 10 EU-K anada Abkom m en 15 Chin a – Ille gale im eig enen Land 17 HIV /A id s 18 Kritik des Kapitalis m us 20 Die euro päis ch e Chance 21 eu international infobriefAusg abe 3 | Ju ni 2010 Aus dem Inhalt Im pr es su m : He ra us ge be r un d Med ie ni nh ab er : Ka mmer fü r Ar be ite r un d An ge ste llte fü r Wien , 10 40 Wien , Pr inz Eu ge n St ra ss e 20 -2 2 • Re da kt io n: Eli sa be th Be er, Év a De ss ew ffy , Lu ka s Ob er nd or fer, Iri s St ru tzm an n No rb er t Te mpl, Va len tin We dl • Ko nt ak t: Lu ka s Ob er nd or fer (lu ka s.o be rn do rfe r@ ak wi en .at) La yo ut un d Sa tz : Ju lia St er n • Ve rla gs - un d He rs te llu ng so rt: Wien • Er sc he in un gs wei se : zw eim on at lic h • Ko st en lo se Be st el lu ng un te r: ht tp :// wi en .arb eit er ka mmer. at /e uin fobr ief Editoria l Lieb e Le se rin! Lieb er Le se r! Vor Ih ne n lie gt do pp elt Neu es . Dur ch pr ofes sion elles La yo ut er sc he inen wir in ne ue m Gew an d. Auc h inha ltlich ha be n wir un s be müh t, die intern ationa len Bre nn - pu nk te du rch ne ue Fo rm ate be ss er zu foku ss iere n: La ng be itr äg e als Rau m für gr un dleg en de Ana lyse n. Dam it star ten Mar ku s Mar terb au er un d Lu ka s Obe rn do rfer . Er ster er ze igt au f, da ss simultane s Kon - so lid iere n die EU in de n nä ch sten Abs ch wun g führ en kö nn te. Zweitere r se tzt sich mit de m Mon ti- Ber icht – de m Ver su ch eine s ne ue n Kon se ns es für eine an ge bo tseitig e Binne n- mar ktpo litik – au se inan de r. Pr od uk - tio n vo n Kon se ns un d Disse ns da rin sp ielen Büc he r eine wicht ige Rolle. Dah er er öffnen wir mit zw ei Rez en si- on en eine ne ue Rub rik: Die Buc hb e- sp re ch un g. Die be ka nn ten Stärken un se re r Zeitsch rift bleibe n er ha l- ten: ak tu elle Th em en inform ativ pr äg na nt au fber eitet. Das ze igen Elisab eth Bee r, Nor be rt Te mpl, Iris Strut zm an n, Walter Sau er Sus an Le athe r mit ihre n Beiträg en zu In ve stition ss ch ut za bk om men , Wac hs tu msh inde rn isse n, Han de ls- po litik (E U – Kan ad a) un d HIV /A ids. Eb en so se tzt Claud ia Sch ür z un se re n China -S ch wer pu nk t fort. Diesm al: Wan de ra rb eiterInn en . Ih r AK Red ak tion stea m Seit Begin n der Fin anz- und W irts chaftskrise ist es der EU gelu ngen, durch pra gmatisc he Notfallm aßnahmen das Bankensy stem, die Konjunktu r und den Mark t für Staatssc huld- versch re ibungen zu stabilisiere n, jedoch sind die gru ndlegenden Pro bleme nicht bewältigt. Euro pas Wirtschaft An einer entscheidenden W eggabelung Die weitere Kon junk tu re nt wicklun g hä ng t da vo n ab , ob die vo n Asien au sg eh en de n Auftriebs kr äfte od er die Däm pfun g du rch die simultane Bud ge tkon so lid ieru ng in de r EU stär - ke r wirke n. Die Bew ältigu ng de r ho - he n Staatss ch ulde n bleibt ein ze nt - ra les Th em a, für de ss en Bew ältigu ng un ko nv en tion elle Ans ätze no tw en dig sind . EU-W irts ch aftsp olitik sc hafft Sta bilisie ru ng ■ Die wirtsch aftliche Krise ha t in de r Eu ro pä isch en Uni- on in de n letzten Woc he n ihr dr ittes Stadium er re icht : ■ Die Krise ging zu nä ch st in de n Ja hr en 20 07 un d 20 08 vo n de n Fina nz mär kten un d Ban ke n au s, da s weltw eite Fina nz sy stem ge - riet meh rm als an de n Ran d de s Zus am men br uc hs . ■ Dad ur ch wur de vo n Mitte 20 08 bis Mitte 20 09 ein tiefer Einb ru ch de r Rea lw irtsch aft au sg elös t. Das Bru ttoinlan ds pr od uk t ging 20 09 re al um 4,2% zu rü ck , die sa ison - be re inigte Zah l de r Arb eitslose n stieg vo m Tiefstan d im Fr üh jahr 20 08 bis Mai 20 10 vo n 16 Mio au f 23 Mio. ■ Als Fo lge de s du rch de n fin an z- un d re alwirtsch aftliche n Einb ru ch en tstand en en Aus falls an Steu- er einn ah men un d de r zu sä tzli- ch en Staatsa us ga be n en tw icke lte sich ab de m Fr üh jahr 20 10 eine Staatss ch ulde nk rise . Die EU -P olitik ha t die Krise nz eich en in allen dr ei Stadien sp ät er ka nn t, sie ha t – be ding t du rch lang wierige En tsch eidu ng sp ro ze ss e, vo r allem ab er ge pr äg t du rch ein ne oliber ales Weltb ild , da s de n Mär kten Effiz ienz zu sp rich t un d staa tliche Eing riffe für falsch hä lt – mit Zög er n un d Zau de rn re ag iert. Den no ch ist es sc hließlich in jede m Stadium de r Krise ge lun- ge n, du rch Not fallm aß na hm en eine Stabilis ieru ng zu er re iche n: Eu ro pa s Wirt sc ha ft 1 Die faktisch e Mac ht multin ationa ler Unt er ne hm en 6 Wac hs tu msh em mniss e 9 An alys e de s Mon ti- Be ric ht s 10 EU -K an ad a Ab ko mmen 15 Ch ina – Illeg ale im eige ne n La nd 17 HIV /A ids 18 Kr itik de s Ka pitalis mus 20 Die eu ro pä isch e Ch an ce 21 eu international infobrief Au sg ab e 3 | Ju ni 20 10 Aus dem In halt Im pressum: He rau sge ber und Me die nin haber : Kam me r für Arb eite r und Ang est ellt e für Wie n, 104 0 Wie n, Prin z Eug en Str ass e 20- 22 • Re dak tio n: Elis abe th Bee r, Éva Des sew ffy, Luk as Obern dor fer, Iris Str utz ma nn Nor ber t Tem pl, Val ent in We dl • Ko nta kt: Luk as Obern dor fer (luk as. obe rnd orfer@ akw ien .at) Lay out und Satz: Juli a Ste rn • Verla gs- und He rst ellu ngsor t: Wie n • Ers che inu ngsw eis e: zwe imo nat lich • Ko ste nlo se Beste llung unter : http:/ /wi en. arb eite rka mm er.a t/e uin fob rief Editorial Liebe Leserin! Lieber Leser! Vor Ihnen liegt doppelt Neues. Durch profe ssion elles Layout erscheine n wir in neuem Gewand. Auch inh altlich haben wir uns bemüht, die internationalen Brenn- punkte durch neue Formate besser zu fok ussieren: Langbeiträge als Raum für grundle gende Analysen. Damit sta rten Markus Marterbauer und Lukas Oberndorfer. Erste rer zeigt auf, dass sim ultanes Kon- solidieren die EU in den nächste n Abschwung führen könnte. Zw eiterer setzt sich mit dem Monti-Bericht – dem Versu ch ein es neuen Konsenses für ein e angebotse itig e Bin nen- marktpolitik – auseina nder. Produk- tion von Konsens und Dissens darin spielen Bücher ein e wichtige Rolle. Daher eröffnen wir mit zwei Rezensi- onen ein e neue Rubrik: Die Buchbe- sprechung. Die bekannten Stärken unserer Zeitschrift ble ibe n erhal- ten: aktuelle Them en informativ prägnant aufbereitet. Das zeigen Elisabeth Beer, Norbert Templ, Iris Strutzm ann, Walter Sauer Susan Leather mit ihren Beiträgen zu Investitionsschutza bkom men, Wachstumshind ernissen, Handels- politik (EU – Kanada) und HIV/Aid s. Ebenso setzt Claudia Schürz unseren China -Schwerpunkt fort. Diesmal: WanderarbeiterInnen. Ihr AK Redaktion ste am Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es der EU gelungen, durch pragmatische Notfallm aßnahm en das Bankensystem , die Konjunktur und den Markt für Staatsschuld- verschreibungen zu stabilisieren, jedoch sind die grundlegenden Probleme nicht bewältigt. Europas Wirtschaft An einer entscheidenden Weggabelung Die weitere Konjunkturentwicklun g hängt davon ab, ob die von Asien ausgehenden Auftrieb skräfte oder die Dämpfung durch die sim ultane Budgetkonsolidie rung in der EU stä r- ker wirken. Die Bewältigung der ho- hen Staatsschuld en ble ibt ein zent- rales Them a, für dessen Bewältigung unkonventionelle Ansätze notwendig sind. EU -W irtschafts politik schafft Stabilisierung ■ Die wirtschaftliche Krise hat in der Europäischen Uni- on in den letzte n Wochen ihr drittes Stadium erreicht: ■ Die Krise gin g zunächst in den Jahren 2007 und 2008 von den Fin anzm ärkten und Banken aus, das weltw eite Fin anzsystem ge- riet mehrmals an den Rand des Zusammenbruchs. ■ Dadurch wurde von Mitte 2008 bis Mitte 2009 ein tiefer Ein bruch der Realw irtschaft ausgelö st. Das Bruttoinlandsprodukt gin g 2009 real um 4,2% zurück, die saison- bereinigte Zahl der Arbeitslosen stieg vom Tie fstand im Frühjahr 2008 bis Mai 2010 von 16 Mio auf 23 Mio. ■ Als Folge des durch den finanz- und realw irtschaftlichen Ein bruch entstandenen Ausfa lls an Steu- erein nahm en und der zusätzli- chen Staatsa usgaben entwickelte sich ab dem Frühjahr 2010 ein e Staatsschuld enkrise. Die EU-Politik hat die Krisenzeichen in allen drei Stadien spät erkannt, sie hat – bedin gt durch lan gwierige Entscheidu ngsprozesse, vor allem aber geprägt durch ein neoliberales Weltbild, das den Märkten Effizien z zuspricht und sta atliche Ein griffe für falsch hält – mit Zögern und Zaudern reagiert. Dennoch ist es schließlich in jedem Stadium der Krise gelun - gen, durch Notfallm aßnahm en ein e Stabilisierung zu erreichen: Europ as Wirtschaft 1 Die fak tische Macht mu ltin ationale r Unternehm en 6 Wa chstu ms hemm nisse 9 Analy se des Monti-Berichts 10 EU-Kanada Abkomm en 15 China – Ille gale im eig enen Land 17 HIV/Aid s 18 Kritik des Kapitalism us 20 Die europ äische Chance 21 eu international infobrief Ausgabe 3 | Juni 2010 Aus dem Inhalt Impressum: Herau sgebe r und Medie ninha ber: Kamm er für Arbeit er und Anges tellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Strass e 20-22 • Redaktion : Elisab eth Beer, Éva Desse wffy, Lukas Obern dorfer , Iris Strutz mann Norbe rt Templ , Valentin Wedl • Konta kt: Lukas Obern dorfer (lukas .obern dorfer @akw ien.at ) Layou t und Satz: Julia Stern • Verla gs- und Herst ellungsort : Wien • Ersch einun gswe ise: zweim onatlich • Koste nlose Beste llung unter : http:/ /wien.arbei terkam mer.at/euin fobrie f Editorial Liebe Leserin! Lieber Leser! Vor Ihnen liegt doppelt Neues. Durch professionelles Layout erscheinen wir in neuem Gewand. Auch inhaltlich haben wir uns bemüht, die internationalen Brenn- punkte durch neue Formate besser zu fokussieren: Langbeiträge als Raum für grundlegende Analysen. Damit starten Markus Marterbauer und Lukas Oberndorfer. Ersterer zeigt auf, dass simultanes Kon- solidieren die EU in den nächsten Abschwung führen könnte. Zweiterer setzt sich mit dem Monti-Bericht – dem Versuch eines neuen Konsenses für eine angebotseitige Binnen- marktpolitik – auseinander. Produk- tion von Konsens und Dissens darin spielen Bücher eine wichtige Rolle. Daher eröffnen wir mit zwei Rezensi- onen eine neue Rubrik: Die Buchbe- sprechung. Die bekannten Stärken unserer Zeitschrift bleiben erhal- ten: aktuelle Themen informativ prägnant aufbereitet. Das zeigen Elisabeth Beer, Norbert Templ, Iris Strutzmann, Walter Sauer Susan Leather mit ihren Beiträgen zu Investitionsschutzabkommen, Wachstumshindernissen, Handels- politik (EU – Kanada) und HIV/Aids. Ebenso setzt Claudia Schürz unseren China-Schwerpunkt fort. Diesmal: WanderarbeiterInnen. Ihr AK Redaktionsteam Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es der EU gelungen, durch pragmatische Notfallmaßnahmen das Bankensystem, die Konjunktur und den Markt für Staatsschuld- verschreibungen zu stabilisieren, jedoch sind die grundlegenden Probleme nicht bewältigt. Europas Wirtschaft An einer entscheidenden Weggabelung Die weitere Konjunkturentwicklung hängt davon ab, ob die von Asien ausgehenden Auftriebskräfte oder die Dämpfung durch die simultane Budgetkonsolidierung in der EU stär- ker wirken. Die Bewältigung der ho- hen Staatsschulden bleibt ein zent- rales Thema, für dessen Bewältigung unkonventionelle Ansätze notwendig sind. EU-Wirtschaftspolitik schafft Stabilisierung ■ Die wirtschaftliche Krise hat in der Europäischen Uni- on in den letzten Wochen ihr drittes Stadium erreicht: ■ Die Krise ging zunächst in den Jahren 2007 und 2008 von den Finanzmärkten und Banken aus, das weltweite Finanzsystem ge- riet mehrmals an den Rand des Zusammenbruchs. ■ Dadurch wurde von Mitte 2008 bis Mitte 2009 ein tiefer Einbruch der Realwirtschaft ausgelöst. Das Bruttoinlandsprodukt ging 2009 real um 4,2% zurück, die saison- bereinigte Zahl der Arbeitslosen stieg vom Tiefstand im Frühjahr 2008 bis Mai 2010 von 16 Mio auf 23 Mio. ■ Als Folge des durch den finanz- und realwirtschaftlichen Einbruch entstandenen Ausfalls an Steu- ereinnahmen und der zusätzli- chen Staatsausgaben entwickelte sich ab dem Frühjahr 2010 eine Staatsschuldenkrise. Die EU-Politik hat die Krisenzeichen in allen drei Stadien spät erkannt, sie hat – bedingt durch langwierige Entscheidungsprozesse, vor allem aber geprägt durch ein neoliberales Weltbild, das den Märkten Effizienz zuspricht und staatliche Eingriffe für falsch hält – mit Zögern und Zaudern reagiert. Dennoch ist es schließlich in jedem Stadium der Krise gelun- gen, durch Notfallmaßnahmen eine Stabilisierung zu erreichen: Europas Wirtschaft 1 Die faktische Macht multinationaler Unternehmen 6 Wachstumshemmnisse 9 Analyse des Monti-Berichts 10 EU-Kanada Abkommen 15 China – Illegale im eigenen Land 17 HIV/Aids 18 Kritik des Kapitalismus 20 Die europäische Chance 21 eu international infobrief Ausgabe 3 | Juni 2010 Aus dem Inhalt Impressum: Herausgeber und Medieninhaber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1040 Wien, Prinz Eugen Strasse 20-22 • Redaktion: Elisabeth Beer, Éva Dessewffy, Lukas Oberndorfer, Iris Strutzmann Norbert Templ, Valentin Wedl • Kontakt: Lukas Oberndorfer (lukas.oberndorfer@akwien.at) Layout und Satz: Julia Stern • Verlags- und Herstellungsort: Wien • Erscheinungsweise: zweimonatlich • Kostenlose Bestellung unter: http://wien.arbeiterkammer.at/euinfobrief Editorial Liebe Leserin! Lieber Leser! Vor Ihnen liegt doppelt Neues. Durch professionelles Layout erscheinen wir in neuem Gewand. Auch inhaltlich haben wir uns bemüht, die internationalen Brenn- punkte durch neue Formate besser zu fokussieren: Langbeiträge als Raum für grundlegende Analysen. Damit starten Markus Marterbauer und Lukas Oberndorfer. Ersterer zeigt auf, dass simultanes Kon- solidieren die EU in den nächsten Abschwung führen könnte. Zweiterer setzt sich mit dem Monti-Bericht – dem Versuch eines neuen Konsenses für eine angebotseitige Binnen- marktpolitik – auseinander. Produk- tion von Konsens und Dissens darin spielen Bücher eine wichtige Rolle. Daher eröffnen wir mit zwei Rezensi- onen eine neue Rubrik: Die Buchbe- sprechung. Die bekannten Stärken unserer Zeitschrift bleiben erhal- ten: aktuelle Themen informativ prägnant aufbereitet. Das zeigen Elisabeth Beer, Norbert Templ, Iris Strutzmann, Walter Sauer Susan Leather mit ihren Beiträgen zu Investitionsschutzabkommen, Wachstumshindernissen, Handels- politik (EU – Kanada) und HIV/Aids. Ebenso setzt Claudia Schürz unseren China-Schwerpunkt fort. Diesmal: WanderarbeiterInnen. Ihr AK Redaktionsteam Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es der EU gelungen, durch pragmatische Notfallmaßnahmen das Bankensystem, die Konjunktur und den Markt für Staatsschuld- verschreibungen zu stabilisieren, jedoch sind die grundlegenden Probleme nicht bewältigt. Europas Wirtschaft An einer entscheidenden Weggabelung Die weitere Konjunkturentwicklung hängt davon ab, ob die von Asien ausgehenden Auftriebskräfte oder die Dämpfung durch die simultane Budgetkonsolidierung in der EU stär- ker wirken. Die Bewältigung der ho- hen Staatsschulden bleibt ein zent- rales Thema, für dessen Bewältigung unkonventionelle Ansätze notwendig sind. EU-Wirtschaftspolitik schafft Stabilisierung ■ Die wirtschaftliche Krise hat in der Europäischen Uni- on in den letzten Wochen ihr drittes Stadium erreicht: ■ Die Krise ging zunächst in den Jahren 2007 und 2008 von den Finanzmärkten und Banken aus, das weltweite Finanzsystem ge- riet mehrmals an den Rand des Zusammenbruchs. ■ Dadurch wurde von Mitte 2008 bis Mitte 2009 ein tiefer Einbruch der Realwirtschaft ausgelöst. Das Bruttoinlandsprodukt ging 2009 real um 4,2% zurück, die saison- bereinigte Zahl der Arbeitslosen stieg vom Tiefstand im Frühjahr 2008 bis Mai 2010 von 16 Mio auf 23 Mio. ■ Als Folge des durch den finanz- und realwirtschaftlichen Einbruch entstandenen Ausfalls an Steu- ereinnahmen und der zusätzli- chen Staatsausgaben entwickelte sich ab dem Frühjahr 2010 eine Staatsschuldenkrise. Die EU-Politik hat die Krisenzeichen in allen drei Stadien spät erkannt, sie hat – bedingt durch langwierige Entscheidungsprozesse, vor allem aber geprägt durch ein neoliberales Weltbild, das den Märkten Effizienz zuspricht und staatliche Eingriffe für falsch hält – mit Zögern und Zaudern reagiert. Dennoch ist es schließlich in jedem Stadium der Krise gelun- gen, durch Notfallmaßnahmen eine Stabilisierung zu erreichen: Europas Wirtschaft 1 Die faktische Macht multinationaler Unternehmen 6 Wachstumshemmnisse 9 Analyse des Monti-Berichts 10 EU-Kanada Abkommen 15 China – Illegale im eigenen Land 17 HIV/Aids 18 Kritik des Kapitalismus 20 Die europäische Chance 21 eu internationalinfobrief Ausgabe 3 | Juni 2010 Aus dem Inhalt Der EU-Infobrief erscheint 5x jährlich im digitalen Format und liefert eine kritische Analyse der Entwicklungen auf europäischer und internationaler Ebene. Die Zeitschrift der Abteilung EU Internationales der AK-Wien fokussiert dabei Themen an der Schnittstelle von Politik, Recht und Ökonomie. Anspruch ist nicht nur die Prozesse in den europäischen Institutionen zu beschreiben, sondern auch Alternativen zur Hegemonie des Neoliberalismus zu entwickeln. Kurze Artikel informieren in prägnanter Form über aktuelle Themen. Langbeiträge geben den Raum für grundlegende Analysen, Buchbesprechungen bieten eine kritische Übersicht einschlägiger Publikationen.
  • 17. Seite 17 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 ERNTEDANK DEN STEUERZAHLERiNNEN: WAS DER AGRARSEKTOR 2016 EXTRA BEKOMMT In gewöhnlichen Jahren betragen die Agrarsubventionen an die österreichische Landwirtschaft mehr als 2 Milliarden Euro. Wenn aufgrund hoher Erntemengen die Preise verfallen und gleichzeitig ein Teil der Betriebe wegen Dürre und/oder Frost geringe Mengen erntet, steigen die Begehrlichkeiten nach mehr öffentlichen Geldern. Für 2016 sind es einige Hundert Millionen mehr an Zuschüssen. Von Steuer­mitteln für die Ernteversicherung über Zahlungen für Frostschäden, Hilfspaketen für Schweine- und Milchbauern bis hin zum Entfall der Sozialversicherungsbeiträge reicht die Palette. Egal wie hoch die Agrarsubventionen sind, der Eindruck bleibt, es gehe allen immer schlechter. Ist das tatsächlich so? Oder liegt es daran, dass die Mittel nicht zielgerichtet eingesetzt werden? Bemerkenswert ist, dass der Großteil dieser zusätzlichen Subventionen nicht aus dem Agrarbudget kommt, sondern aus anderen Steuertöpfen. Das bewirkt, dass die tatsäch­ lichen Agrarausgaben nicht im vollen Ausmaß sichtbar sind. Auch für die statistische Ein­ kommensberechnung zählen manche Sub­ ventionen nicht. Daher wird weiterhin ein Durchschnittseinkommen berechnet werden, das als Begründung für weitere zukünftige Unterstützungsmaßnahmen herhalten muss. Nichtzahlung der Sozialversicherung für ALLE LandwirtInnen Die Nichtzahlung des 4. Quartalsbeitrags an die Sozialversicherung der Bauern (SVB) kostet 167 Mio €. Noch keine Einigung gibt es bisher, ob es sich dabei um eine Stundung oder eine Streichung des Beitrages handelt. Diese sehr außergewöhnliche Maßnahme, die bisher keine Branche gefordert hatte, wurde mit der schlechten Marktsituation für die MilchproduzentInnen begründet. Profitieren werden jedoch alle LandwirtInnen – und zwar unabhängig von ihrer tatsächlichen Einkom­ menssituation. Was, so die berechtigte Frage, hat die Sozial­ versicherung mit dem Milchpreis zu tun? Und warum sollen auch kuhlose LandwirtInnen ihren Eigenbeitrag zum Solidarsystem nicht leisten? Klar ist, diese Maßnahme löst keine Marktprobleme. Es wird damit kein Liter we­ niger produziert oder mehr verkauft. Denn das Dilemma am Milchmarkt ist durch die stei­ gende Milchproduktion in Kombination mit der weniger wachsenden Nachfrage verursacht. MilchproduzentInnen, die aufgrund der nied­ rigen Preise Verluste schreiben, haben keine Steuern abzuführen. Viele landwirtschaftliche Betriebe zahlen systemimmanent keine Ein­ kommenssteuern. Aber ein gewisser Eigen­ beitrag aller LandwirtInnen an die SVB wurde bisher außer Streit gestellt. Zahlt doch die öf­ fentliche Hand ohnehin annähernd 80% der Beiträge an das Pensionssystem der SVB1 , da es aufgrund der Differenzen zwischen Bei­ trägen und Pensionszahlungen sonst nicht finanzierbar wäre. So gesehen stellt jede Bei­ tragskürzung eine Erhöhung der öffentlichen Mittel dar, die außerhalb des Agrarbudgets aufzubringen ist. Streichung des Sozialversicherungsbeitrags begünstigt höhere Einkommen am stärksten Größere Betriebe mit höherem Einkommen zahlen für gewöhnlich höhere SVB-Beiträge und profitieren dadurch am meisten von der Nichtzahlung des Beitrags an die SVB. Kon­ kret würde ein Kleinbetrieb mit 933 € und ein größerer Betrieb mit 3.313 € davon profitieren. Von Maria Burgstaller, Arbeiterkammer Wien, Abteilung Wirtschaftspolitik Der Großteil der zusätzlichen Subventionen kommt nicht aus dem Agrarbudget, sondern aus anderen Steuertöpfen.
  • 18. Seite 18 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 In der Abbildung ist das extrem unterschied­ liche Einkommen in der Landwirtschaft abge­ bildet. Laut offiziellen Daten des Bundesministe­ riums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft verdienen 25% der LandwirtInnen im Durchschnitt zumindest mehr als 42.000 €. Spitzeneinkommen und Großbetriebe sind bei dieser Erhebung kaum berücksichtigt, da die Ergebnisse aus freiwil­ ligen Buchführungsdaten berechnet werden. Für das unterste Viertel der LandwirtInnen, das in der Berechnung überrepräsentiert ist, wird ein deutlicher Verlust ausgewiesen. Auf die großen Einkommensunterschiede weist auch die Differenz zwischen dem Medianein­ kommen von 11.429 € und dem Durchschnitt­ seinkommen in der Höhe von 15.847 € hin. Einkommen, die nicht aus landwirtschaftlicher Tätigkeit stammen, bleiben bei dieser Statistik vollkommen unberücksichtigt. Steuergeld für die Ernteversicherung Im Mai dieses Jahres wurden 76  Mio  € an Budgetmitteln für die Erweiterung der sub­ ventionierten Ernteversicherung beschlossen. Obwohl diese Maßnahme eine eindeutige Subventionierung an den Agrar­sektor be­ deutet, werden die öffentlichen Zuschüsse aus dem Katastrophenfonds des Bundes und aus Ländermitteln kommen. Das ohnehin reichlich dotierte Agrarbudget wird dadurch geschont und kann für andere Agra­rausgaben verwendet werden. Auch mögliche EU-Bud­ getmittel werden dafür nicht herangezogen.2 Steuergeld für Frostschäden Obwohl schon bisher Frostschäden für be­ stimmte Kulturen versicherbar waren, werden heuer extra Steuergelder für die Entschädi­ gung von Frostschäden bezahlt. Denn nicht alle LandwirtInnen sind gegen Frost versi­ ABBILDUNG: VIERTELGRUPPIERUNG: PRO-KOPF-EINKOMMEN IN DER LANDWIRTSCHAFT 2015 EuroproJahr -10.000 0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 Durchschnittseinkommen = 15.847 Erstes Viertel -8.612 -6.123 -17.041 42.386 Zweites Viertel Drittes Viertel Viertes Viertel Medianeinkommen = 11.429 Quelle: Grüner Bericht 2016; Tab. 4.8.4: Viertelgruppierung; Darstellung: Pro-Kopf-Einkommen (je Familienarbeitskraft) im Median, im Durchschnitt und im Durchschnitt nach Viertelgruppierung. Klar ist, dass z.B. der Entfall oder die Stundung der Sozialver- sicherungsbeiträge keine Marktprobleme löst.
  • 19. Seite 19 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 chert, obwohl auch bereits bisher die Hälfte der Prämie subventioniert war. 100 Mio  € werden unter diesem Titel bezahlt3 . Auch dafür kommen die Budgetmittel nicht aus dem „eigenen“ Agrarbudget, sondern aus dem Ka­ tastrophenfonds und aus zusätzlichen Län­ dermitteln. Die geplanten Entschädigungs­ leistungen der öffentlichen Hand sind zum Teil höher als die von der Versicherung ausbe­ zahlten Beträge. Versicherten Land­wirtInnen wird in diesem Fall der Differenzbetrag zwi­ schen Versicherungsleistung und öffentlicher Frostentschädigungszahlung ausgeglichen. Außerdem ist zu bedenken, dass die „Beloh­ nung“ für Nicht-Versicherte nicht gerade zur Versicherungsmoral der LandwirtInnen bei­ trägt. Weil, so der bleibende Eindruck: Wenn wieder was passiert, springt ohnehin der Staat ein. Erstes EU-Hilfspaket – 500 Mio Euro Davon wurden in Österreich sieben Mio € als „besondere Marktstützungsmaßnahme für Erzeuger“ der Sektoren Schweinefleisch und Milch als direkte Beihilfe ausbezahlt. Diese Zuschüsse haben die Marktlage nicht ver­ bessert. Zusätzlich gab es Preisstützungs­ maßnahmen in Form von Beihilfen für die private Lagerhaltung von Schweinefleisch, die den Markt entlasten sollten. Der Preis für Schweine­fleisch hat sich tatsächlich inzwi­ schen erholt, wobei vor allem die Grillsaison und der Appetit im Asiatischen Raum dafür gesorgt haben, dass für heuer wahrschein­ lich keine zusätzlichen Subventionen in diese Branche fließen. Zweites Milch-Hilfspaket zum Jahresende 2016 Die Milchmenge am Europäischen Markt ist weiterhin zu hoch – darüber herrscht Einigkeit zwischen den Mitgliedstaaten. Während über­ legt wurde, wie Angebot und Nachfrage am Markt einander angenähert werden könnten, haben einige MilchproduzentInnen trotz Preis­ tiefs ihre Produktionsmengen ausgeweitet. Ihre betriebswirtschaftliche Sicht der Dinge war, den Umsatz zu steigern in der Hoffnung, zumindest die Kosten zu decken. 2015 be­ trug der Anstieg der Milchproduktion in der gesamten EU 2,1%. Nach monatelanger Diskussion auf Brüsseler Ebene kamen die AgrarministerInnen mit einem weiteren 500- Mio €-Milchpaket erfolgreich nach Hause. Österreichs LandwirtInnen werden davon 5,863 Mio € als „außergewöhnliche Anpas­ sungsmaßnahme“ fix bekommen und einen noch nicht bekannten Teil, der für die EU-weite Milchreduktionsmaßnahme beantragt werden kann. MilcherzeugerInnen erhalten eine Bei­ hilfe4 , wenn sie ihre Lieferung reduzieren. Damit soll EU-weit eine Produktionsmenge von etwas mehr als 1 Mio Tonnen „herausge­ kauft“ werden. Ob die gesamte Milchmenge am Markt tatsächlich um diesen Betrag verrin­ gert wird, hängt nicht nur von der freiwilligen Teilnahme ab. Falls sich der Milchpreis erholt – und das zeichnet sich bereits jetzt, vor dem Beginn dieser Aktion, ab – könnten jene, die nicht am Programm teilnehmen, ihre Produk­ tion ankurbeln, was letztlich ein mengenmä­ ßiges Nullsummenspiel mit hohem Einsatz bedeuten könnte. Es gibt ein beachtliches Produktionspotenzial, und sobald der Milch­ preis wieder steigt, könnten auch die Mengen weiter in die Höhe gehen. Ein Teufelskreis, der auch mit dieser Maßnahme nicht in den Griff zu bekommen ist. Privatrechtliche Verträge zwischen MilcherzeugerInnen und Milchver­ arbeiterInnen, die das Marktgleichgewicht an­ streben, sind bisher gescheitert. Eine andere Möglichkeit, die Ausweitung der Produktions­ mengen zumindest nicht mehr zu subventio­ nieren wäre, Steuergelder für die Investitions­ förderungen in Stallbauten nur bis zu einer Die öffentliche Hand begleicht annähernd 80% der Zahlungen an das Pensionssystem der Sozialversicherung der Bauern.
  • 20. Seite 20 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 bestimmten Größe bereitzustellen. Dadurch sollten Betriebe, die ihre Produktionskapazität deutlich erhöhen wollen, ihre Kosten selbst tragen. Diese Idee stößt allerdings in Öster­ reich auf heftigen Widerstand. Denn es gab und gibt großes Interesse die Milchproduk­ tion weiter auszubauen. Seit dem EU-Beitritt ist in Österreich die Milchproduktion enorm gestiegen. Der Selbstversorgungsgrad von Milch liegt bei 150%. Auf den Exportmärkten konnten diese Mengen nicht in ausreichendem Maße abgesetzt werden. Mehr Milchprodukte können die europäischen KonsumentInnen nicht verdauen. Am niedrigen Milchpreis, den die MilcherzeugerInnen von ihren Molkereien ausbezahlt bekommen, sind nicht die Steuer­ zahlerInnen schuld. Einkommensversicherung mit Steuergeld für die Zukunft? Schätzungen für die Zukunft bringen gute und schlechte Nachrichten: Einerseits gibt es positive Signale für die Welternährung. So schätzt das U.S. Department of Agricul­ ture (USDA) die kommende Welt-Maisernte auf annähernd 1  Milliarde Tonnen und die Welt-Weizenernte auf 740 Mio Tonnen, was eine Steigerung im Zehnjahresmittel um 16% bzw. 8% bedeutet. Die wachsende Weltbe­ völkerung könnte ausreichend ernährt werden – aber: Es ist und bleibt eine Verteilungsfrage. Hohe Erntemengen bringen jedoch auch Preisschwankungen und Einkommensun­ sicherheiten für die LandwirtInnen mit sich. Daher wird in letzter Zeit immer lauter über Einkommensversicherungen nachgedacht. Damit sollen nicht nur durch wetterbedingte Risiken verursachte geringere Erntemengen versicherbar werden, sondern auch Einkom­ mensverluste bedingt durch niedrige Preise. Die schlechte Nachricht dabei: Würde diese neue Versicherung nicht zu einem kompletten Umbau des Agrarsubventionssystems führen, wäre mit enormen zusätzlichen Budgetmitteln zu rechnen. Ideal wäre ein Modell, das sich aus dem Agrarsektor selbst finanziert, sodass zusätzliche Steuermittel nicht mehr aufge­ bracht werden müssen. Denn die Frage ist naheliegend, ob z.B. Steuer­zahlerInnen mit niedrigen Einkommen, wie VerkäuferInnen oder LandarbeiterInnen, tatsächlich auch Einkommen von großen Landwirtschaftsbe­ trieben auf unbestimmte Zeit finanziell ab­ sichern sollen. 1 Vgl. www.gruenerbericht.at S. 217, Tabelle 5.5.11 2 Vgl. http://blog.arbeit-wirtschaft.at/ernteausfall-eu-mittel-bleiben-liegen-kosten-werden-sozialisiert/ 3 Vgl. https://bgld.lko.at/?+Details-zur-Abwicklung-der-Frostentschaedigung-bei-Obst-und-Wein+id=2500,2457764 4 Vgl. https://www.ama.at/Allgemein/Presse/2016/Zwei-Beihilfemassnahmen-zur-Milchmengenreduktion Auf die großen Einkommensunterschiede weist auch die ­Differenz zwischen dem Medianeinkommen und dem Durch- schnittseinkommen hin.
  • 21. Seite 21 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 INNOVATIONSAKTIVITÄTEN IM UNTERNEHMEN: BRINGEN SIE AUCH VORTEILE FÜR DIE BESCHÄFTIGTEN? Die Chancen der österreichischen Wirtschaft – und damit auch die für die Zukunft der heimischen ­Arbeitsplätze – liegen im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung und zunehmenden Digitalisierung (Industrie 4.0) im Angebot innovativer und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienst­leistungen und nicht in einer kostenorientierten Strategie, die auf billige Massenprodukte, Lohndruck und niedri- ge Umweltstandards abzielt. Ein Land wie Österreich kann im globalen Wettbewerb nur über Qualität und technologischen Vorsprung bestehen. Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Innovati- onsaktivitäten sind daher auch in Zeiten eines relativ schwachen wirtschaftlichen Aufschwungs ohne Alternative. DassInnovationeinSchlüsselfürdieSchaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, konnte bereits durch frühere Studien nachgewiesen werden, wie z.B. durch die im Auftrag der AK Wien 2013 veröffentlichten ­WIFO-Studie „Innovation und Beschäftigung“1 , die nach­ weisen konnte, dass insgesamt in Österreich jährlich 19.000 neue Arbeitsplätze durch Inno­ vation geschaffen werden. Die ebenfalls im Auftrag der AK Wien und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom Österreichischen Ins­ titut für Wirtschaftsforschung (WIFO) durchge­ führte Studie mit dem Titel „Die Wirkung von Innovationsaktivitäten geförderter österrei­ chischer Unternehmen auf die Belegschaft“2 geht noch einen Schritt weiter und untersucht die Auswirkungen von Innovationsaktivitäten eines Unternehmens für die gesamte Beleg­ schaft hinsichtlich Arbeitsplatzstabilität und Arbeitskräfteumschlag, Entlohnung und Be­ legschaftsstruktur. Um sich diesen Fragestellungen widmen zu können, musste zwischen innovierenden und nicht innovierenden Unternehmen (Ver­ gleichsgruppe) unterschieden werden. Unter der Annahme, dass innovierende Unter­ nehmen i.d.R. auch Innovationsförderungen in Anspruch nehmen, konnte mithilfe der Daten der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) zwischen innovationsgeförderten und nicht-innovationsgeförderten Unternehmen unterschieden werden. Dabei wurde erstmalig für Österreich ein Datensatz erstellt, der Infor­ mationen zu den Förderaktivitäten der Unter­ nehmen sowie zu ihren unternehmens- und belegschaftsspezifischen Merkmalen ver­ knüpft. Neben den Daten der FFG zu den ge­ förderten Innovationsaktivitäten wurden auch Daten der „AURELIA-Datenbank“ (Informati­ onen zu Umsatzzahlen) und Daten des Haupt­ verbandes der österreichischen Sozialversi­ cherungsträger (HV) miteinander verknüpft. Die Analysen beruhen auf einem Datensatz von 224.781 Unternehmen (darin enthalten sind 3.646 Unternehmen, die substanzielle4 Förderungen erhalten haben), die in den Jahren 2000 bis 2014 tätig und jedenfalls im Jahr 2014 aktiv waren. Ein-Personen-Unter­ nehmen, Forschungsinstitute, Universitäten, etc. wurden dabei nicht in den Datensatz auf­ genommen. Die Studie zeigt, dass von (geförderten) In­ novationsaktivitäten nicht nur die innovie­ renden Unternehmen selbst profitieren (hö­ Von Miron Passweg, Arbeiterkammer Wien, Abteilung Wirtschaftspolitik Innovierende Unternehmen bieten ihren Beschäftigten vielfach bessere Arbeits- bedingungen.
  • 22. Seite 22 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 heres Wachstum), sondern auch die Beleg­ schaft. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass sogar Arbeitskräfte, die vormals arbeitslos waren, bessere Chancen im Job haben, wenn sie eine Beschäftigung in einem innovierenden Unternehmen aufnehmen. Konkret zeigt sich, dass … nn … Innovationen Wachstum bringen: Innovationstätigkeiten ziehen Veränderun­ gen in der Belegschaftsstruktur nach sich. Innovative Unternehmen wachsen stärker (rund plus 2,5% gegenüber der Vergleichs­ gruppe). nn … junge ArbeitnehmerInnen profitie- ren: Der Anteil junger Arbeitskräfte (15 bis 24 Jahre) steigt (plus 2,5%-Punkte gegen­ über der Vergleichsgruppe), während der Anteil älterer Arbeitskräfte (ab 50 Jahre) tendenziell abnimmt (minus 2,9%-Punkte). nn … Männer bevorzugt werden: Es werden mehr Männer als Frauen eingestellt, infol­ gedessen sinkt der Frauenanteil an den Beschäftigten (minus 2,3%-Punkte gegen­ über der Vergleichsgruppe). nn … höhere Qualifikation sich auszahlt: Die Anteile der Arbeitskräfte, vor allem mit mittlerem und tendenziell auch mit gerin­ gem Ausbildungsniveau gehen zurück – zugunsten von höher qualifizierten Arbeits­ kräften. nn … die Arbeitsplätze stabiler sind: Beschäftigte in innovativen Unternehmen wechseln nicht so oft den Arbeitsplatz wie jene in der Vergleichsgruppe. nn … ehemals arbeitslose Personen profi- tieren: Betrachtet man etwa die Beschäf­ tigungsaufnahmen vormals Arbeitsloser in innovierenden Betrieben, so wiesen diese eine um rund neun Prozent längere Job­ dauer auf. nn … innovative Unternehmen besser zah- len: Wer in einem innovierenden Unterneh­ men aufgenommen wird, erzielt im Rah­ men dieser Tätigkeit im Durchschnitt einen um etwa 2% höheren Monatslohn als ver­ gleichbare Personen in einem vergleich­ baren nicht-innovierenden Betrieb. Die Studie zeigt daher auf, dass innovie­ rende Unternehmen ihren Beschäftigten viel­ fach bessere Arbeitsbedingungen bieten als nicht-innovierende. Gleichzeitig wird aber durch die Studie auch deutlich, dass nicht alle Beschäftigten gleichermaßen profitieren und dass daher neben wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die Innovationskraft von Unternehmen unterstützen bzw. mehr Unter­ nehmen dazu anregen Innovationsaktivitäten zu setzen, insbesondere auch bildungs- und gesellschaftspolitische Maßnahmen not­ wendig sind, damit in Zukunft auch Ältere, weniger Qualifizierte und Frauen stärker profi­ tieren können. Schritte in die richtige Richtung wären beispielsweise die Einführung eines ge­ setzlichen Rechtsanspruchs auf eine Woche Weiterbildung pro Jahr in der bezahlten Ar­ beitszeit, Qualifizierungsstipendien für Arbeit­ nehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ver­ stärkte Maßnahmen zur Frauenförderung in technischen und nicht-traditionellen Berufen. Nicht alle Beschäftigten profitieren jedoch gleichermaßen. Bildungs- und gesellschaftspolitische Maßnahmen sind notwendig, damit in Zukunft auch Ältere, weniger Qualifi- zierte und Frauen stärker profitieren.
  • 23. Seite 23 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 1 Vgl. https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/WirtschaftundPolitik/studien/Innovation_und_Beschaeftigung.html 2 Julia Bock-Schappelwein, Rainer Eppel, Ulrike Famira-Mühlberger, Agnes Kügler, Helmut Mahringer, Fabian Unterlass, Christine Zulehner, „Die Wirkung von Innovationsaktivitäten geförderter österreichischer Unternehmen auf die Belegschaft“, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Mai 2016; im Internet unter: https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/Innov___Arbeit_Studie_WIFO_ Endbericht_2016-05_V2.pdf 3 Das heißt, Unternehmen, die nur Beratungsleistungen oder nur geringfügige finanzielle Förderungen erhalten haben, wurden aus der Analyse ausgeschlossen. Studien, Kurzfassungen, Analysen und Hintergründe auf: Genug vom Fischen im Trüben? www.arbeit-wirtschaft.atHerausgegeben von AK und ÖGB AW-Blog-Inserat-FISCHEN--Falter-A5quer-V01.indd 2 22.09.16 15:13
  • 24. Seite 24 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 LEHREN AUS DER FINANZKRISE: REFORM DER ABSCHLUSSPRÜFUNG Die Finanzkrise 2008 hat das Vertrauen in die Qualität der Rechnungslegung und der Abschlussprü- fung massiv erschüttert. Nach mehrjährigen Verhandlungen wurde auf europäischer Ebene eine Re- form der Abschlussprüfung mit dem Ziel beschlossen, einerseits die Unabhängigkeit der Abschluss- prüfer zu stärken, und andererseits die Qualität der Abschlussprüfung zu erhöhen. Die Änderungen betreffen vor allem kapitalmarktorientierte Unternehmen, das sind Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen. Im Rahmen der nationalen Umsetzung wurden zwei Gesetze beschlos- sen – das Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz (APRÄG) und das Abschlussprüferaufsichtsge- setz (APAG). Nachstehend die wichtigsten Neuerungen, die für Geschäftsjahre gilt, die nach dem 17.06.2016 beginnen. Erstmals externe Rotation der Abschlussprüfer Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen sind erstmals verpflichtet, in bestimmten Abständen den Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaft zu wechseln. Es gilt der Grundsatz, dass diese nicht länger als über zehn Jahre hindurch mit dieser Tätigkeit für die betroffenen Unternehmen beauftragt werden sollen. Nach Ablauf der Übergangs­ fristen kommt die externe Rotation erstmals ab Juni 2020 (d.h. für Jahresabschlüsse mit Abschlussjahr 2021) zur Anwendung. Be­ troffen sind zunächst jene Unternehmen, die zum 16. Juni 2014 mehr als 20 Jahre von der­ selben Prüfungsgesellschaft geprüft wurden. Nach vier Jahren „Abkühlphase“ kann die Prüfungsgesellschaft wieder bestellt werden. Der Wechsel des Abschlussprüfers inner­ halb der Prüfungsgesellschaft ist bereits jetzt geltendes Recht und betrifft neben den ka­ pitalmarktorientierten auch die nicht börsen­ notierten, sogenannten „XL-Unternehmen“ (Umsätze 200 Mio Euro, Bilanzsumme 100 Mio Euro, ArbeitnehmerInnen 250). Die gel­ tende Regelung, wonach ein interner Prüfer­ wechsel nach fünf Jahren stattzufinden hat, wurde um zwei Jahre auf sieben Jahre verlän­ gert. Die „Abkühlphase“ wurde von zwei auf drei Jahre verlängert. Stärkung des Prüfungsausschusses durch zusätzlichen schriftlichen Bericht Der Prüfungsausschuss (auch von nicht bör­ sennotierten XL-Unternehmen) wird stark auf­ gewertet. Dieser bekommt einen zusätzlichen schriftlichen Bericht zum Abschlussprüfbe­ richt. Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und Prüfungsausschuss zu verbessern. Der Zusatzbericht hat u.a. zu ent­ halten: nn Umfang und Zeitplan der Prüfung, nn Kommunikation mit dem Prüfungs­ auschuss, nn Prüfungsmethoden, nn Bewertungsmethoden, nn Mängel im internen Finanzkontroll- oder Rechnungslegungssystem, nn Schwierigkeiten, die während der Abschlussprüfung aufgetreten sind, nn Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften sowie Von Helmut Gahleitner, Abteilung Wirtschaftspolitik und Markus Oberrauter, Abteilung Betriebswirtschaft, beide Arbeiterkammer Wien Banken, Versicherungen und börsen- notierte Unternehmen sind erstmals verpflichtet, Abschlussprüfer und Prü- fungsgesellschaft zu wechseln.
  • 25. Seite 25 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 nn sonstige Sachverhalte, die für die Auf­ sicht über den Rechnungslegungsprozess bedeutsam sind. Der schriftliche Zusatzbericht wird damit eine wichtige Ergänzung zum Abschlussprüfbericht darstellen und ist die wichtigste inhaltliche Neuerung. Nichtprüfungsleistungen nur mit Zustimmung des Prüfungsausschusses Um die Unabhängigkeit des Abschlussprü­ fers zu verbessern, wurde die Erbringung von zusätzlichen Nichtprüfungsleistungen (z.B. Steuerberatungs- oder Bewertungsleis­ tungen) durch den Abschlussprüfer weitge­ hend eingeschränkt. Darüber hinaus bedürfen die noch erlaubten Beratungsleistungen der vorherigen Zustimmung durch den Prüfungs­ ausschuss. Der Prüfungsausschuss muss hierbei die europäischen Unabhängigkeits­ bestimmungen beachten, dazu zählen etwa bestimmte Obergrenzen für das Gesamt­ honorar (max. 70% des Durchschnitts der Prüfungshonorare der letzten drei Jahre). Die Bestimmungen zu den Nichtprüfungsleis­ tungen gelten nur für Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen. Für die genannten kapitalmarktorientierten Unter­ nehmen sind noch weitere neue Regelungen vorgesehen: So muss der Prüfungsausschuss insgesamt mit dem Unternehmenssektor ver­ traut sein und ist künftig verpflichtet, Empfeh­ lungen zur Überwachung des Rechnungsle­ gungsprozesses abzugeben. Erweitert wurde auch der Bestätigungsvermerk für Banken, Versicherungen und börsennotierte Unter­ nehmen. Hierbei geht es vor allem um die Be­ urteilung von Risiken aufgrund wesentlicher Falschdarstellungen. Befreiungsbestimmungen für XL-Unternehmen Hält das Mutterunternehmen unmittelbar oder mittelbar mehr als 75% der Anteile (bislang 100%), und werden die Pflichten des Prü­ fungsausschusses auf Konzernebene erfüllt, ist bei großen, nicht börsennotierten XL-Un­ ternehmen (Größenkriterien siehe oben) kein Prüfungsausschuss einzurichten. Wird die Be­ freiung in Anspruch genommen, dann ist der Zusatzbericht des Abschlussprüfers sowohl dem Mutterunternehmen als auch dem Auf­ sichtsrat des Tochterunternehmens zu über­ mitteln. Besteht der Aufsichtsrat eines XL-Un­ ternehmens aus weniger als vier Mitgliedern (Kapitalvertreter), ist kein Prüfungsausschuss einzurichten. In diesem Fall nimmt der Ge­ samtaufsichtsrat die Agenden des Prüfungs­ ausschusses wahr. Neue unabhängige Abschlussprüfer- Aufsichtsbehörde Neben diesen umfangreichen inhaltlichen Änderungen wurde auch das System der Ab­ schlussprüferaufsicht grundlegend auf neue Beine gestellt. Die Aufsicht und das Quali­ tätssicherungssystem für Abschlussprüfer wurden im Rahmen des neu geschaffenen Ab­ Erweitert wurde auch der Bestätigungs- vermerk für Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen in Bezug auf die Beurteilung von Risiken aufgrund wesentlicher Falschdarstellungen. Die neue Abschlussprüfer-Aufsichtsbe- hörde unterliegt verschärften Unabhän- gigkeitserfordernissen und verfügt über mehr Kompetenzen. Ein Zusatzbericht zum Abschlussprüferbericht soll zur Ver- besserung der Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und Prüfungsausschuss beitragen.
  • 26. Seite 26 | Wirtschaftspolitik Standpunkte 3/2016 schlussprüfer-Aufsichtsgesetzes (APAG) um­ organisiert, welches das bisherige Abschluss­ prüfungs-Qualitätssicherungsgesetz (A-QSG) ersetzt. Im Mittelpunkt steht die Schaffung einer eigenen, letztverantwortlichen und un­ abhängigen Behörde. Diese neue „Abschluss­ prüfer-Aufsichtsbehörde (ABAB) übernimmt die Aufgaben der bisherigen Behörden und unterliegt verschärften Unabhängigkeitserfor­ dernissen im Verhältnis zum Berufsstand und verfügt über mehr Kompetenzen. Angesichts der erheblichen öffentlichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung, die Unter­ nehmen von öffentlichem Interesse (PIEs oder PublicInterestEntities)aufgrunddesUmfangs, der Komplexität und der Art ihrer Geschäftstä­ tigkeit zukommt, werden an Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die PIEs prüfen, strengere Maßstäbe als bisher angelegt. Regelmäßige Inspektionsprüfungen bei PIEs Zusätzlich zu den geltenden Qualitäts­siche­ rungsprüfungen unterliegen die PIEs auch regelmäßigen Inspektionsprüfungen. Diese werden durch berufsunabhängige, bei der Be­ hörde angestellte, Inspektoren durchgeführt. Darüber hinaus können auch Berufsangehö­ rige, insbesondere Qualitätssicherungsprüfer, bei den Inspektionen als Sachverständige mitwirken. Fazit Nach langjähriger Debatte wurden nun mit den beiden Gesetzen auch im Bereich der Abschlussprüfung erste Lehren aus der Finanzkrise gezogen. Die Neuregelungen (insbesondere die externe Rotation) stärken die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und erweitern die Aufgaben des Aufsichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses. Als neues wertvolles Instrument für AufsichtsrätInnen wird sich der neue schriftliche Zusatzbericht im Prüfungsausschuss erweisen. WIRTSCHAFTSPOLITIK – STANDPUNKTE Meinung, Position, Überzeugung. Der digitale Newsletter der Abteilung ­Wirtschaftspolitik in der Wiener Arbeiterkammer behandelt Aspekte der Standort­politik, des Wirtschaftsrechts, der Regulierung diverser Branchen und allgemeine wirtschaftspolitische Fragestellungen aus der Perspektive von ArbeitnehmerInnen. Kostenlose Bestellung und alle Ausgaben unter: wien.arbeiterkammer.at/wp-standpunkte Nr X | Monat 0000 Wirtschaftspolitik Standpunkte EDITORIAL Ciatiam quatem quis ut porecti commolupit dem qui aut aut aut la ipsam aut acipsunt a voloriame il eum voluptat doluptaquame eos estiis sed utetur? Quiant vellacc uptatum voleni aut labores tiorepu daessim invent. Bisquam sin repedic te est estis dolendam, ut evellup taquam ditiasp erisinvel illorrum quam esed maximi, qui resectes dolupidunt magnis sit, alicabo. Ut facepta vernam quia doluptus autent. Molut hilit quam nisquos pratem quodiatiis enitecta etus plis aspis doluptae sam quia nem ullanient alitia nissequam is peribustrum cuptatet aperspe lla- bor aborit volenim illoribus modi dollupta num vendisque non non comnitatur ari omniendus, assitae dem reror sunt ped quam, sit maximax imaximi, se- quae cusam nimi, veremol orempor aperit aliquatur si omnis et eossinveliti id ulpa si odios alias modions erspell aborro etur acidel iligenihit que dolore, sum as veles endigendel excepere, venia veni quunt eum lab ius mi, non cor- pore porumquo blab iur, que neseces citatur am, tem voluptatur sam fugitios imperum renis nost faccation porum hitas modignam ipsam, tectaer uptam, audi officil eaquis sinctist late eumquassimi, officiur mintur molumque illes quamusda et, erum venimol uptatiume pa nullati onsersped ma doluptatur sequo id es exerovi tempore pudament rerum a con estrumquas core sit etur ani utatio consendi temquo estoris doluptaspe quas aut et liquo ipsunti non- sequam adigenima non cuscipsamus quo ex et molorec tectota tquunt. Onsequam et evenda quia dist, utat. Cus aut etusae voluptio. Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt liquo volorporrum reperep elluptis nectemp eliquatia consequasit vit di dolesen ihi- cit ped moditiorem dolo volorepe nobis sit omnihicium reribus discillitat Abo und Download wien.arbeiterkammer.at/wp-standpunkte Inhalt Assimusdam: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt 2 Onsequam et evenda: Nam aciae por assimusdam rem quunt 6 Molut hilit quam: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt 10 Onsequam et evenda? Nam por assimusdam rerum rem quunt 15 Assimusdam: Nam aciae assimusdam rerum rem quunt 19 Assimusdam Molut: Unternehmenszusammen- schlüsse 2015 27 Molut hilit quam: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt 31 Onsequam et evenda: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt 35 Assimusdam: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt 38 Onsequam et evenda: Nam aciae por assimusdam rerum rem quunt? 43 Wirtschaftspolitik-Standpunkte erscheint 4-mal jährlich und wird per Email versandt. Die gesetzlichen Neuregelungen stärken die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und erweitern die Aufgaben des Auf- sichtsrats bzw. des Prüfungsausschusses.