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Presseinformation
Berlin, 09.06.2009
Starke Beruhigungsmittel gefährden jeden dritten
Demenzkranken
Zum neunten Mal veröffentlicht der Arzneimittel-Report der Gmünder
ErsatzKasse die aktuellen Ausgabentrends und Daten zur
Versorgungsqualität im Arzneimittelsektor. Wesentliche Ergebnisse:
Steigerung der Ausgaben von rund 9 Prozent pro Versichertem im Jahr
2008 und überproportionales Ausgabenwachstum bei Spezialpräparaten
gegen Multiple Sklerose, rheumatische Arthritis und Krebs. Bei der
Versorgungsqualität fällt unter anderem auf: Trotz bekannter Risiken
erhielten rund 30 Prozent der Demenzpatienten bei der GEK stark wirkende
Beruhigungsmittel, sogenannte Neuroleptika, verordnet.
Seit 2001 erscheint der GEK-Arzneimittel-Report. Im selben Jahr überstiegen die
Ausgaben für Arzneimittel in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstmals die
Aufwendungen für ärztliche Behandlungen. Aus dem Jahr 2008 hat nun das Zentrum für
Sozialpolitik der Universität Bremen (ZeS) rund 10,9 Millionen Arzneimittelverordnungen
der GEK für den GEK-Arzneimittel-Report 2009 ausgewertet.
Die Einzelanalysen des Reports, die sich schwerpunktmäßig der Verordnung von
Psychopharmaka bei älteren Menschen und Kindern widmen, zeigen hervorstechende
Ergebnisse: Beinahe jeder dritte GEK Versicherte mit einer Demenz-Diagnose bekam
2008 ein Neuroleptikum verordnet, obwohl das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch die
Einnahme bekannt ist. Nach dem Konsum dieser stark wirkenden Beruhigungsmittel
zeigen sich bei Demenzkranken immer wieder gefährlichste Arzneimittelwirkungen wie
kardiovaskuläre Probleme, Infektionen oder Schlaganfälle.
Professor Gerd Glaeske, Hauptautor des Reports und Mitglied im Sachverständigenrat
zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen fordert: "Die Neuroleptika-
Verordnungen müssen drastisch gesenkt werden, sie bedeuten eine erhebliche
Gefährdung für Demenzpatienten. Vorhandene Therapiehinweise werden offensichtlich
nicht ausreichend berücksichtigt - zum Schaden der älteren Menschen."
Bei den Ausgaben hält der Trend an: Die Arzneimittelausgaben der GEK stiegen im Jahr
2008 von 421 auf 487 Millionen Euro, ein Plus von 9 Prozent je Versichertem. Ein Grund
sind überproportionale Steigerungen bei biotechnologisch hergestellten Präparaten
(Biologicals), die etwa bei multipler Sklerose oder rheumatoider Arthritis eingesetzt
werden und extrem teuer sind. Bei einigen Biologicals summieren sich die
Jahrestherapiekosten oft auf 70.000 bis 80.000 Euro.
Kontakt Berlin: Dr. Kai Behrens, Kronenstraße 3, 10117 Berlin, Tel: 030/20 61 87 99-18 Fax: 030/20 61 87 99-33, E-Mail: Kai.Behrens@gek.de
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Presseinformation
Der Anteil der Biologicals an den Arzneimittelausgaben insgesamt macht in der GKV
bereits rund 13 Prozent aus und wächst stetig. Unter die sechs ausgabenstärksten
Arzneimittel der GEK im Jahr 2008 fallen schon fünf Biologicals. Für Arzneimittel mit
Anwendungsschwerpunkt rheumatoide Arthritis wurde eine absolute Steigerung von
rund 43 Prozent verzeichnet. Pro Versichertem liegen diese Ausgabenzuwächse
zwischen 13 und 45 Prozent, das bedeutet absolut zwischen 20 und 55 Prozent.
Für den Arzneimittelexperten Glaeske haben die Steigerungsraten der Spezialpräparate
eine kritische Grenze erreicht: "Dass die Pharma-Unternehmen ihre Preise noch immer
selbst festlegen dürfen, wirkt auf die Versorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung
systemsprengend." Er fordert, dass kein Arzneimittel mehr ohne Preisverhandlung auf
dem GKV-Markt zugelassen wird.
Angesichts steigender Ausgaben und inkompatibler Regulierungsinstrumente mahnte der
GEK Vorstandsvorsitzende, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, eine grundlegende Reform des
Arzneimittelsektors an: "Wir brauchen weniger Steuerungsinstrumente und neue
Steuermänner." Schlenker ließ Sympathie für den Vorschlag der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung erkennen, wonach Ärzte den angemessenen Wirkstoff verordnen und
Apotheker dazu das wirtschaftlichste Arzneimittel heraussuchen. Schlenker weiter: "Die
Pharmakotherapie gewinnt weiter an Bedeutung, eine Aufwertung des Apothekers im
deutschen Gesundheitswesen wäre daher sinnvoll. Dass diese Position kein bloßes
Lippenbekenntnis ist, belegen unsere laufenden Gespräche mit dem Deutschen
Apotheker Verband über die Einführung eines Zielpreismodells."
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