[PDF] Pressemitteilung: Aigner fordert von Banken und Sparkassen Nachbesserungen bei "Beipackzetteln" für Geldanleger
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DATUM 14. März 2012
NUMMER 70
SPERRFRIST
Aigner fordert von Banken und Sparkassen
Nachbesserungen bei „Beipackzetteln“ für Geldanleger
Stichprobe deckt gravierende Mängel bei Produktinformationsblättern auf
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner hat Banken und Sparkassen aufgefordert, die
Produktinformationsblätter für Geldanlageprodukte deutlich nachzubessern. Eine Stichprobe
im Auftrag des Bundesministeriums hat ergeben, dass die seit 1. Juli 2011 vorgeschriebenen
Produktinformationsblätter etwa zur Hälfte nicht den gesetzlichen Anforderungen an
Vollständigkeit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit entsprechen. 43 Prozent aller
untersuchten „Beipackzettel“ waren schon deshalb formal unvollständig bzw. unrichtig, weil
überflüssige und unzulässige Angaben gemacht wurden oder wichtige Angaben fehlten. Dies
ist das Ergebnis einer Evaluation des Beratungsunternehmens „evers & jung“ und dem
Markt- und Meinungsforschungsinstitut „YouGov Deutschland“. Im Rahmen des vom
Bundesverbraucherministeriums in Auftrag gegebenen Forschungsberichts wurden 160
Produktinformationsblätter fachlich ausgewertet und 2.000 Verbraucher befragt.
„Die Untersuchung verdeutlicht, dass es richtig war, Produktinformationsblätter für
Anlageprodukte gesetzlich vorzuschreiben. Rund drei Viertel aller befragten Verbraucher
bewerteten den Beipackzettel für ihre Anlageentscheidung als wichtig oder eher wichtig.
Deshalb haben auch fast alle Verbraucher die in der Anlageberatung übergebenen
Produktinformationsblätter intensiv gelesen oder zumindest überflogen“, so
Bundesverbraucherministerin Aigner. Nur ein Prozent der Befragten gab an, das
Produktinformationsblatt ungelesen abgeheftet zu haben. Die Studie bescheinigt dem
Beipackzettel als Informationsinstrument einen erfreulich hohen Bekanntheitsgrad.
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In der Praxis von Banken und Sparkassen jedoch besteht laut Aigner „noch erheblicher
Verbesserungsbedarf“. Der Forschungsbericht deckt etliche Schwachstellen in den
eingesetzten Produktinformationsblättern auf. Aigner: „Mehr als ein Viertel der
Produktinformationsblätter waren wegen langen, verschachtelten Sätzen, nicht erläuterten
Fachbegriffen, zu detaillierten Angaben oder schwammigen Formulierungen kaum
verständlich. Weniger als die Hälfte der Produktinformationsblätter waren so gestaltet, dass
sie einen Vergleich mit anderen Produkten ermöglichten. Dafür habe ich keinerlei
Verständnis – die Institute hatten lange genug Zeit, die Informationsblätter vorzubereiten.“
Die Ministerin betonte: „Ich werde Banken, Sparkassen und Verbraucherorganisationen noch
im März an einen Tisch holen, um zu klären, wie diese Defizite zuverlässig beseitigt werden
können. Die Geldinstitute müssen ihrer seit Juli 2011 geltenden Pflicht nachkommen, den
Verbrauchern leicht verständliche Produktinformationsblätter über Wertpapiere
bereitzustellen. Darauf haben die Verbraucher einen Anspruch“, so Aigner. „Ich werde die
Finanzwirtschaft nicht aus der Verantwortung entlassen, Kosten und Risiken von
Finanzprodukten verständlich darzustellen.“ Aigner betonte, natürlich bleibe dabei auch die
Frage der Standardisierung solcher Informationen auf dem Tisch – insbesondere die
Vereinheitlichung verständlicher und vollständiger Information über die Kosten und über die
Risiken der Finanzprodukte: „Sollte es der Finanzwirtschaft nicht gelingen, im Laufe des
Jahres zu Verbesserungen und einer Vereinheitlichung zu kommen, werde ich mich dafür
einsetzen, den Inhalt der Produktinformationsblätter noch konkreter durch Rechtsverordnung
vorzuschreiben. Diese Option bleibt auf dem Tisch.“
Im Rahmen des Forschungsberichts waren in einer Stichprobe 160
Produktinformationsblätter zu Inhaberschuldverschreibungen/Anleihen, Aktien, Zertifikaten,
Investmentfonds, geschlossenen Fonds und Sparplänen untersucht worden. Die Autoren
kommen u.a. zu folgenden Ergebnissen:
• Das primäre Ziel eines Produktinformationsblattes, Verbraucher kurz und prägnant über
wesentliche Eigenschaften des Anlageprodukts zu informieren und Vergleiche zu ermöglichen,
wird derzeit meist noch nicht erreicht. Somit werden auch die Verbrauchererwartungen an die
Produktinformationsblätter nur teilweise erfüllt.
• Die Produktinformationsblätter entsprechen überwiegend nicht den Anforderungen an
Vollständigkeit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit.
• Die Darstellung der Rendite ist bei 64 Prozent, die Darstellung der Kosten bei 33 Prozent der
untersuchten Produktinformationsblätter verständlich, die Kostendarstellung bei komplexen
Produkten sogar nur bei 16 Prozent. Als ursächlich wird eine fehlende Konkretisierung der
Anbieteraussagen in den zentralen Rubriken gesehen.
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• Die Einheitlichkeit in der Informationsdarstellung als Grundvoraussetzung für Vergleichbarkeit ist
meist nicht gegeben. Die untersuchten Produktinformationsblätter unterscheiden sich in
Detailtiefe, Sprachqualität und Begriffsverwendung. So werden insgesamt nur 45 Prozent und bei
komplexen Produkten nur 20 Prozent als für einen Produktvergleich nutzbar beurteilt.
Die inhaltliche Überprüfung der Produktinformationsblätter soll laut
Bundesverbraucherministerium ab nächsten Jahr auch ein künftiger Schwerpunkt der
„Stiftung Warentest sein“. Sie erhält nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses vom 4.
März 2012 zusätzliche Finanzmittel, um Finanzprodukte intensiver zu prüfen und
Verbraucher darüber zu informieren. Aigner: „Wir werden auf die Stiftung Warentest mit ihrer
Expertise zurückgreifen. Wir wollen die Stiftung auch deshalb ab 2013 mit zusätzlichen 1,5
Millionen Euro pro Jahr ausstatten. Als eine ihrer ersten Aufgaben wird die Stiftung
Warentest die Ausgestaltung der Produktinformationsblätter in der Praxis prüfen. Damit
werden wir für die Verbraucher transparent machen, wo dem Informationsinteresse der
Kunden auf vorbildliche Art und Weise nachgekommen wird und wo Defizite bestehen.“
Der vollständige Forschungsbericht kann auf der Homepage des
Bundesverbraucherministeriums unter www.bmelv.de heruntergeladen werden.