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Kernenergie: Die Entsorgung der Abfälle ist
technisch gelöst
Wissenschaftler haben geeignete Gesteinsschichten gefunden
Radioaktive Abfälle sind unvermeidlich: Sie entstehen beim Betrieb von Kernkraftwerken und beim
Einsatz der Nukleartechnik in Medizin, Industrie und Forschung. Sie werden nach heutigem Stand der
Technik sorgfältig eingeschlossen und im Zwischenlager Würenlingen (AG) gelagert. Nach jahr-
zehntelangen, wissenschaftlichen Vorarbeiten der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung
radioaktiver Abfälle (Nagra) hat der Bundesrat anerkannt, dass alle Arten von nuklearen Abfällen in
der Schweiz ohne Gefährdung von Mensch und Umwelt in Tiefenlagern entsorgt werden können.
Bereits 1988 hat der Bundesrat diesen sogenannten Entsorgungsnachweis für schwach- und
mittelradioaktive Abfälle genehmigt – 2006 auch für die hochradioaktiven Abfälle.

Damit hat die Nagra aufgezeigt, dass in der Schweiz aus wissenschaftlicher Sicht sichere geologische
Tiefenlager für beide Abfalltypen gebaut werden können. Für die hochradioaktiven Abfälle favorisieren
die Fachleute den sogenannten Opalinuston, weil dieser gegenüber anderen geologischen Schichten
sicherheitstechnische Vorteile hat. Beim Opalinuston handelt es sich um eine Gesteinsschicht, die vor
180 Millionen Jahren in einem Meer abgelagert wurde. In den ins Auge gefassten Gebieten liegt sie
heute in der günstigen Tiefe von 400 bis 900 Metern. Die grosse Stabilität des Opalinustons erlaubt es
den Wissenschaftlern, mögliche zukünftige Veränderungen im Gestein für über eine Million Jahre
zuverlässig abzuschätzen. Zudem ist Ton selbstabdichtend und damit praktisch wasserundurchlässig.

Volk entscheidet über die Standortwahl
Die Nagra hat sechs Standortgebiete vorgeschlagen, wo sich die geeigneten Gesteinsschichten
befinden (drei davon eignen sich auch für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle). Die weitere
Standortsuche ist nun vor allem eine politische Frage. Der Bund führt zu diesem Zweck gegenwärtig
ein Sachplanverfahren durch, das in mehreren Schritten den definitiven Standort der Tiefenlager
bestimmen soll. Um die nötige Transparenz zu gewährleisten, sind die betroffenen Regionen stark in
diesen Entscheidungsprozess eingebunden. Wichtigstes Kriterium bei allen Abwägungen ist die
Sicherheit. Das Schweizer Stimmvolk wird abschliessend über die Standortwahl befinden können.
Andere Länder sind punkto Entsorgung bereits einen Schritt weiter. Lager für schwach- und
mittelradioaktive Abfälle sind heute weltweit über 20 in Betrieb. In Finnland befindet sich das
Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle bereits im Bau, und in Schweden und Frankreich ist dessen
Standort festgelegt. Sowohl in Schweden wie in Finnland stimmte die grosse Mehrheit der Anwohner
dem Bau dieser Tiefenlager zu.

Volumen von sieben Einfamilienhäusern
Das Volumen der anfallenden Abfälle ist sehr klein. Nach fünfzig Jahren Betrieb unserer Schweizer
Kernkraftwerke fällt eine Menge von rund 7300 Kubikmetern hochradioaktiver, sicher verpackter
Abfälle an – dies entspricht dem Volumen von sieben Einfamilienhäusern. Dazu kommen 90 000
Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Ein Drittel davon stammt aus Medizin, Industrie
und Forschung, zwei Drittel stammen aus den Kernkraftwerken. Zudem wird weltweit im Bereich der
Transmutation geforscht. Dadurch könnte es dereinst möglich sein, langlebige radioaktive Abfälle in
kurzlebigere und weniger gefährliche Stoffe umzuwandeln.
Kosten für die Entsorgung sind im Strompreis enthalten
Die Kosten für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus dem Betrieb der Schweizer Kernkraftwerke
sowie für deren späteren Rückbau (insgesamt 15,5 Milliarden Franken) sind nach dem Verursacher-
prinzip im Preis des Atomstroms enthalten. Durchschnittlich sind dies rund 0,8 Rappen pro Kilowatt-
stunde. Für die Berechnung wurde davon ausgegangen, dass die heutigen Kernkraftwerke 50 Jahre in
Betrieb stehen. Bis Ende 2009 haben die Kernkraftwerksbetreiber insgesamt schon 8,6 Milliarden
Franken in die Entsorgung investiert oder im Stilllegungs- beziehungsweise Entsorgungsfonds
sichergestellt. Die Kostenstudien werden mindestens alle fünf Jahre aktualisiert.

Fazit: Eine gute Lösung für unsere Nachkommen finden
Der technische Nachweis für eine sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus Medizin,
Forschung und Energieproduktion ist nach fundierten Abklärungen erbracht und die Finanzierung
geregelt. Die weitere Standortsuche ist damit eine politische Frage, über die am Ende das Volk
abstimmen muss. Die Entsorgung der bestehenden radioaktiven Abfälle muss unabhängig von der
Frage nach der Zukunft der Kernenergie gelöst werden, das sind wir unseren Nachkommen schuldig.
Tiefenlager aus politischem Kalkül zu verhindern ist verantwortungslos.

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  • 2. Kosten für die Entsorgung sind im Strompreis enthalten Die Kosten für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus dem Betrieb der Schweizer Kernkraftwerke sowie für deren späteren Rückbau (insgesamt 15,5 Milliarden Franken) sind nach dem Verursacher- prinzip im Preis des Atomstroms enthalten. Durchschnittlich sind dies rund 0,8 Rappen pro Kilowatt- stunde. Für die Berechnung wurde davon ausgegangen, dass die heutigen Kernkraftwerke 50 Jahre in Betrieb stehen. Bis Ende 2009 haben die Kernkraftwerksbetreiber insgesamt schon 8,6 Milliarden Franken in die Entsorgung investiert oder im Stilllegungs- beziehungsweise Entsorgungsfonds sichergestellt. Die Kostenstudien werden mindestens alle fünf Jahre aktualisiert. Fazit: Eine gute Lösung für unsere Nachkommen finden Der technische Nachweis für eine sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus Medizin, Forschung und Energieproduktion ist nach fundierten Abklärungen erbracht und die Finanzierung geregelt. Die weitere Standortsuche ist damit eine politische Frage, über die am Ende das Volk abstimmen muss. Die Entsorgung der bestehenden radioaktiven Abfälle muss unabhängig von der Frage nach der Zukunft der Kernenergie gelöst werden, das sind wir unseren Nachkommen schuldig. Tiefenlager aus politischem Kalkül zu verhindern ist verantwortungslos.