1. Lockdown Family Report
Was macht Corona mit berufstätigen Eltern?
Insight-Interviews mit Berufstätigen aus Marketing/Sales, Innovation, Product Mgmt.
Zürich, 30.3.20 / Ole@Wassermann.Consulting
2. Mütter und Väter im Home Office
Da ist noch mehr zwischen Kinderbetreuung und Kader-Meeting
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15 Video-/Telefongespräche 30-75 Min. Länge;
zwischen 23.-28.3. / 8 Interviews in der Schweiz, 7 in Deutschland
Alle haben 1-3 Kinder im Alter zwischen 0-12 Jahren im Haushalt
Job-Profile: Marketing Research & Development, Business
Intelligence, Innovation, Product Management, Key Account
Management, Insight Consulting, Geschäftsleitung,
Kampagnenentwicklung
Mix aus Angestellten (2/3) und Selbständigen (1/3)
LUZERN
ZURICH
AREA
MüNCHEN
ULM
FREIBURG
HAMBURG AREA
BERLIN AREA
3. Wenn nur dieses Restrisiko nicht wäre!
Für uns alle ist Corona ungefährlich, oder doch nicht?
Fragen, die sich plötzlich jeder stellt
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit zu sterben?
Wie hoch ist der Anteil der Toten in unseren
Altersgruppen?
Wie hoch ist die Kindersterblichkeit?
Haben wir in der Familie Vorerkrankungen?
Und Antworten, die erstmal beruhigen
Unterstützend: «Vielleicht hatte ich das aber auch schon. Da
war doch dieser Husten. Ich bin mir sicher.»
ABER: Es wird immer wieder von jüngeren
vestorbenen Patienten berichtet, die angeblich
fit waren
Diese «Einzelfälle» verunsichern. Immer wieder.
4. Diszipliniert Kontrolle zurückgewinnen
Im Kopf ist aber nur die Prävention
Das Verhalten richtet sich darauf, das Virus
nicht an sich und die Familie heranzulassen
Social Distancing wirklich befolgen, zu Hause bleiben
Häufiges Hände waschen und desinfizieren Kinder
werden kontinuierlich daran erinnert
Kein Hände schütteln
Ohne Kinder einkaufen gehen, so wenig wie möglich
einkaufen gehen (massvoller Vorratsaufbau mit Basis-
Produkten – Hamsterkäufe light)
Desinfektionsmittel an der Eingangstür platzieren
Vereinzelt: Einweghandschuhe/Atemschutzmaske
zum Einkaufen mitnehmen
Vitalisieren: Regelmässig Sport machen
Das Auftreten von
Husten würde aber
erneut beunruhigen
5. Was wäre wenn?
Im Bekanntenkreis gibt es schon Fälle
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Viele Eltern sind unvorbereitet im Falle einer
Diagnose. Das Thema ist eher unangenehm:
Wer versorgt und kümmert sich um die Kinder?
Muss ich von meiner Familie getrennt werden und
evtl. ins Hotel gehen?
Gibt es bleibende Gesundheitsschäden? Sterbe ich
vielleicht doch daran?
Lösungen sind kaum durchdacht. Die
Unsicherheit im Umgang mit einer
tatsächlichen Infizierung macht Angst. Es ist
Zeit sich zu informieren, sich Gedanken zu
machen und diese zu Ende zu denken.
Versorgung über persönliches Netzwerk,
Kinder-Notfallbetreuung sicherstellen
Quarantäne-Raum in der Wohnung
einrichten, relevante Spitäler identifizieren
Patientenverfügung erstellen
6. Alle sind bereit für Remote Work
(v.a. Selbständige)
Immer wieder Nutzung eines eigenen Home
Offices in der Vergangenheit
Regelmässige Erfahrungen mit Tools wie MS
Teams, slack, zoom, etc.
Intensive Erfahrungen im Projekt Home Office
Kein Platz für Gedanken an eine mögliche Covid-19-Erkrankung
Neu bei Full Remote Work
Deutlich mehr online-Meetings
Spürbar mehr Abstimmungsbedarf im Detail
Mehr Arbeit an parallel genutzten Dokumenten
Geduldiger Umgang mit Technikproblemen
Das intensive Kommunizieren über digitale Kanäle
bei gleichzeitig ständiger Erreichbarkeit kostet
sehr viel Kraft. Der Wunsch nach Ruhezeiten wird
teilweise schon in Woche 1 stärker. Präsenz
zeigen ist aber wichtig (=man arbeitet)
7. Die Video-Konferenz: Der Moment of Truth
Das online-Meeting beginnt und plötzlich schreit mein Kind
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«Wirke ich unprofessionell?»
«Wirke ich inkompetent?»
«Muss ich mich schämen?»
Aber: Niemand erwartet Perfektionismus unter
den derzeitigen Bedingungen. Vorgesetzte
nehmen viel Druck aus solchen Situationen,
wenn sie dies proaktiv kommunizieren
Möglich ist sogar die abgesprochene Integration
des Kindes bei einem ausgewählten Meeting,
z.B. tägliches Stand-Up-Meeting
In anderen Fällen werden Beschäftigungs-
möglichkeiten vorab ausgesucht oder der
TV/Tablet-Joker gezogen (Ruhegarantie).
Die «alten» Glaubenssätze sind oft lebendig
8. Der „Akku“ wird neben der Arbeit stark belastet
Wenn man doch die Energie der Kinder hätte
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Haushalt und Kinder sind in normalen Zeiten dank Delegation gut zu managen. Nun muss alles selbst
erledigt werden. Es braucht uneingeschränkte Solidarität zwischen den Eltern, um das zu schaffen
Dadurch, dass alle zu Hause sind, entsteht:
Mehr Abfall, Kochreste, Verpackungsmüll
Mehr Wäsche/benutztes Geschirr
Mehr Unordnung in allen Zimmern
Aber es gibt keinen externen Support mehr
Keine Reinigungskräfte
Wäschereien sind geschlossen
Restaurants überwiegend geschlossen
Da so gut wie keine Kinderbetreuung mehr
angeboten wird und auch die Grosseltern
nicht zur Verfügung stehen, entsteht:
Ermüdende Suche nach immer wieder neuen,
gerne analogen Beschäftigungsmöglichkeiten
Ständige Motivationsarbeit: Hausaufgaben
erledigen, Kinderzimmer aufräumen, etc.
Zeitintensive Korrektur der Hausaufgaben
Einführung in die Neue Medien-Nutzung und
Einrichtung von Lern-Tools der Schule
«Bei Corona-Kranken ist es wohl so, als ob einem der Power-Stecker gezogen wird. So fühle ich mich auch.»
9. Irgendwann kommt der Familien-Lagerkoller
Das Konfliktpotenzial steigt, darf aber nicht eskalieren
Für jüngere Kinder erscheint die neue Situation
widersprüchlich und schwer verständlich
Warum sind die Eltern jetzt immer da, aber
ich darf nicht immer zu ihnen so wie früher am
Wochenende oder abends?
Warum darf ich jetzt nicht mehr zu meinen Grosseltern?
Wieso muss ich mir immer wieder die Hände waschen,
obwohl ich nichts Dreckiges angefasst habe?
Wieso muss ich so viele Schulaufgaben machen,
obwohl ich immer zu Hause bin?
Warum darf ich nicht mehr auf den Spielplatz, wenn
doch die Sonne scheint?
Reihenweise Frusterfahrungen
und überschüssige Energien
Ohne Schule, Kindergarten und Hort
sind Kinder abends nicht ausgepowert
Ohne Freunde fehlt soziale Interaktion
Anspannung durch angespannte /
nicht spielbereite Eltern
Positive Reaktion auf kindliche
Provokationen/Aggressionen:
Körperkontakt (in den Arm nehmen
oder miteinander kämpfen)
10. Lösungen bei 300% Vollpräsenz
Die Überforderungswelle annehmen
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60-100% Beruf
100% Haushalt
100% Kinderbetreuung
Durchatmen und Akzeptanz der
momentanen Überlast-Situation
Priorisieren: Was ist wirklich wichtig?
Mit Partner*in Aufgaben und
Verantwortlichkeiten klar (zeitlich) aufteilen
Sich körperlich aktivieren/Stress abbauen:
joggen/spazieren, aufräumen
Rückzugsraum schaffen und einfordern
Sich belohnen (z.B. Home Cinema)
Kindern klare Tagesstruktur/Aufgaben geben
Grosseltern, Freunde digital integrieren
(Vorlesestunde, Facetime/Skype-Meetings)
Einrichtung Whatsapp-Elterngruppe
(Austausch für neue Spielideen und
Erfahrungen)
Kindern nicht jedes Bedürfnis erfüllen
(wollen) / Frustbewältigung ist auch ein
wichtiger Lernprozess
«Ich werde anders gefordert. Viel intensiver. Ohne Plan schaffe ich das nicht.»
«Kurzarbeit wäre jetzt toll.» «Ich ertrage keinen Lärm mehr.»
11. Lustvolle Gegenbewegung nach dem Lockdown
Die Freiheit wird erst einmal in vollen Zügen genossen
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Angst vor Jobverlust hat vorerst niemand (aber die Rezession bahnt sich an)
Es überwiegt die Vorfreude auf die nahe Zukunft. Mit einer starken freiheitlichen
Gegenreaktion ist im Sommer zu rechnen – es braucht dringend neuen Input
Soziale Aktivitäten aller Art: Reisen, Partys, Restaurant- und Stadion-Besuche
Aber: Mehr räumliche Distanz, mehr Vorräte, mehr Augenmerk auf Hygiene (speziell Hände)
Und der Job? Keine Überraschung – Die Arbeit bleibt klar
effizienz-orientiert, aber:
Das Home Office wird eine akzeptierte Alternative, auch weniger
Geschäftsreisen
Spürbar grössere Akzeptanz bei der häufigen Nutzung von
Kommunikations-Tools
Das Büro erhält neue Attraktivität als sozialer Treffpunkt