1. AKE Arbeitskreis Energiewende der CSU
Autor: Arbeitsgruppe Internationale Abkommen
04. Juli 2016
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Stellungnahme des Arbeitskreises Energiewende (AKE) der CSU
Höchste Legitimationsstandards
für Internationale Abkommen der EU gewährleisten
Die Europäische Union gehört zu den führenden Wirtschaftsräumen in der internationalen Handelspoli-
tik. Insbesondere Deutschland profitiert von einem freien Handel, der wichtige Impulse für unser Wirt-
schaftswachstum setzt und damit die Beschäftigung und den Wohlstand in unserem Land sichert. Inter-
nationale Handels-, Dienstleistungs- und Investitionsabkommen sind dabei ein sinnvolles Instrument,
um die europäische Wirtschaft in einen globalen Kontext zu setzen und eine harmonische Entwicklung
des Welthandels zu erreichen.
Der CSU-Arbeitskreis Energiewende (AKE) sieht in der Liberalisierung von Wirtschaftsräumen durch bi-
oder multilaterale Abkommen grundsätzlich große Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
In sensiblen Bereichen wie beispielsweise den Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz bedarf es je-
doch der Einhaltung von politischen Standards, die auch durch internationale Abkommen berücksichtigt
werden müssen. Im Hinblick auf die klima- und energiepolitischen Ziele der Europäischen Union, den
Umsetzungen des Klimaschutzabkommens von Paris und auch nationale Regelungen zum Ausbau ei-
ner nachhaltigen Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien, sind die Forderungen der euro-
päischen Zivilgesellschaft gegenüber internationale Handelsinteressen zu schützen.
Internationale Handelsabkommen wie das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) mit
Kanada, die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) mit den USA oder die multilateralen
Vereinbarungen innerhalb des Trade in Services Agreement (TiSA) stehen derzeit stark im Fokus der
öffentlichen Diskussion. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Vertrauensverlustes der Bürger ge-
genüber den europäischen Institutionen, sehen wir es als notwendig an, die demokratisch legitimierten
Strukturen bei komplexen Verhandlungen der Europäischen Union erneut auf den Prüfstand zu stellen.
Das britische Referendum über den Verbleib in der Europäischen Union und die daraus folgenden Kon-
sequenzen bieten dafür eine einmalige Möglichkeit.
Für den AKE ist es unabdingbar, dass die Prozesse bei europäischen Beschlüssen transparent und für
jeden nachvollziehbar gestaltet werden müssen, wenn eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht
werden soll. Zudem sehen wir es als notwendig an, dass in allen europäischen Prozessen, in denen
nationale Kompetenzen berührt werden, eine umfängliche juristische Prüfung über ein Zustimmungs-
recht der nationalen Parlamente vollzogen wird. Ebenfalls muss gewährleistet werden, dass über den
Abschluss von internationalen Abkommen durch die EU oder auch deren vorläufige Anwendung nicht
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Autor: Arbeitsgruppe Internationale Abkommen
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nur die exekutiven Gremien beteiligt werden, sondern auch der Legislative ein Stimmrecht zugespro-
chen wird. Dies können bei nationaler Beteiligung die entsprechenden Parlamente der Mitgliedstaaten
sein oder auch bei EU-only-Abkommen das Europäische Parlament.
Bezüglich der in der Bevölkerung stark umstrittenen Abkommen CETA, TTIP und TiSA, ist es notwendig,
gegenüber den Institutionen der Europäischen Union darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Han-
delsübereinkommen um gemischte Abkommen handelt. Wir sehen es essentiell an, dass die Mitglied-
staaten und die Europäische Union in diesen Fällen gemeinsam als Vertragspartner gegenüber Dritt-
staaten auftreten. Eine Kompetenztrennung, wie von Bundesminister Heiko Maas vorgeschlagen, hätte
zur Folge, dass die Zustimmungsplicht von nationalen Parlamenten nur bestimmte Vertragsteile um-
fasst, die ausschließlich in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten fallen. Wenn die Europäische
Union und die Mitgliedstaaten gemeinsam als völkerrechtlicher Vertragspartner auftreten, muss das
gesamte Abkommen auch in diesem Kontext zur Abstimmung gestellt werden. Eine derartige Kompe-
tenztrennung wird deshalb von uns entscheiden abgelehnt. Falls sich die Europäischen Institutionen
diesem Anspruch entgegenstellen sollten, sehen wir es als notwendig an, dass die Bundesregierung
ein Gutachten des Europäischen Gerichtshofes über die Vereinbarkeit des geplanten Abkommens mit
den Verträgen einholt. Hierbei sollte die Bundesregierung umfänglich prüfen lassen, inwieweit der Sub-
sidiaritätsgrundsatz eingehalten oder möglicherweise Kompetenzen durch die Europäische Union über-
schritten wurden.
Die Pläne der Europäischen Kommission, das CETA-Abkommen bereits vor der Ratifizierung anwenden
zu lassen, beurteilt der AKE als kritisch. Auch wenn es der gängigen Praxis entspricht, sehen wir hierbei
ein grundlegendes Legitimationsdefizit. Mit einer vorläufigen Anwendung von Abkommen treten durch
Beschluss des Rates der Europäischen Union bereits vor einer Ratifizierung durch die nationalen Par-
lamente die Vertragsteile in Kraft, die in die alleinige Zuständigkeit der Europäischen Union fallen. Das
Europäische Parlament erhält keinerlei Beschlussrechte, wenn dies nicht ausdrücklich von der Europä-
ischen Kommission und dem Rat ermöglicht wird. Wir sehen es daher als notwendig an, dass die Bun-
desregierung sich ausdrücklich für eine Zustimmungsbedürftigkeit des Europäischen Parlaments ein-
setzt, um hier einen wirksamen Kontrollmechanismus zu etablieren.